zu ziahen sowie Richtungspunkte für unser Handeln Ferner haben wir zwar neuerdings der † mit dem Manne eingeräumt, dagegen die Stellung und di Arbeit der Frauen in der Eeschichte der Menschheit zu wenig beachtet. Es bieß bs vor 20 oder 30 Jahren stets« der „Mensch⸗ sei erst Jäger, dann Hirte und zuletzt Ackerbauer ge⸗ worden, wobei man gar nicht bedachte, daß er durch bloße Fleisch⸗ nahrung längst an Skorbut zugrunde gegangen wäre; die Rolle der Frauenarbeit neben der Jägertäͤt gkeit des Mannes für die Erhaltung der Menschheit ist kaum erwähnt worden, denn die Frauen und de Kinder erhielten in der Regel nichts von der Jagdbeute. Die Nahrung aber hat eine Geschichte. Wir haben keinen Fehier, den Lir nur machen konnten, im Krsege vermieden und haben auch das Seelii⸗ be, was mit der Nahrung zusammenhängt, arg vernachlässigt. Die Vortragende behandelte das Thema der Dauernahru ng vom ethnologi chen Standpunkte aus. Sie wies darauf hin, daß bei fast allen Natzpölkern um die Zeit der Mann⸗ barkeitsfeste die jungen Männer eine Hungerperiode durchzu⸗ mochen haben, durch die der Körper eine gewisse Schönheit und Kräftigung nach der Volksanschauung gewinnt, und vielleicht haben sie Hiermit etwas Richtiges getroffen. Da nun auch bei allen Natur⸗ bölkern die Küche in der Hand der Frauen liegt und die Männer eine eigne Küche auf der Jagd führen, so konnten unsere Forscher nur schwer die Nahrungsbereitung bei den Naturvölkern erkennen, dennoch sind manche wichtige Kenntnisse über die Nahrungsbereitung der Naturvölker zu uns gelangt. Es gilt zumeist der Satz: „Der Mann brät, die Frau kocht.“ Die Jagd spielt für die Nahrung der Familie gar nicht eine so goße Rolle, als man bieher annahm. Wir keunen die Gehräuche, nach denen die Jagd⸗ beute verteilt wird, die vielfach sehr streng sind, aber der Be⸗
8 zu erlangen. Frau gleiche Rechte
reitung der Pflanzennahrung, die das wichtigste ist, hat man erst seit Eduard Hahns Forschungen größere Aufmerk⸗
samkeit zugewendet. Die älteren Forscher, wie Leichhardt und Gray, haben sich darüber gewundert, wie die Australier ihre bitteren und biftigen Pflanzen für die Nahrung gewinnen. Dieses Ergebnis wird durch sehr sorgfältige Behandlung der Pflanzen und durch Her⸗ stellung von Dauernahrung aus ihnen erreicht; denn in dieser Arbeit erweist sich der „Wilde“ durchaus nicht als ein Kind des I genblicks, vielmehr versteht er es sehr wohl, für die Zukunft sich Nadrungsmittel zu bereiten. So wird bei den Austratnegern die Zamia stark geröstet, dann wiederholt gewaschen, ebenso werden die nospen des Palladiums gebacken, dann geriehen, bis die Masse zu⸗ ammenklebt und eßbar wird. Andere Pflanzen, die gleichfalls Gifte enthalten, werden gewässert, gehämmert, geröstet und wieder zusgewässert, und aus den bitteren Pflanzen entsteht die beste Nahrung. Wir kennen 27 Pflanzen, die bei den Australnegern eine slche Behandlung erfahren. Von den Fidjiinsulanern ist aäͤbhnliches
annt. Auf Namu und auf Ponape wird die Brotbaumfrucht gesäuert. Bei der Geburt eines Mädchens begeben sich dessen
beibliche Verwandte
1 1 in den Wald, wo sie in eine Grube, die mit Sananenblättern
ausgelegt wird, Brotfrucht tun, die dort bis zur Verheiraturg des Mädchens, etwa 15 Jahre, gesäuert wird. Auch sonst werden die Früchte des Brstbaum es etwa 16 Tage lang ge⸗ röstet, dann gewässert und in Verbindung mit Bananen und Kokus⸗ uüssen gerossen, ein Gericht, das alle Reisenden als vortreff⸗ lich im Geschmack rüöhmen. In demselben Gehiet bereitet man
den Pardanus auf ähnliche Weise zu. Man kratzt das Mark mit Muscheln aus, trocknet es dann über dem Feuer, legt es auf Bananenblätter und rollt es in diese ein. So wird eine
Dauernahrung gewonnen, die man auf die Jagd oder auf Reisen mitnehmen kann. Von Ir donecsien, Indochina und China sind, bisher nur wenig Nachrichten über die Herstellung schwer zu gewinnender Nahrungsmittel zu urs gekemmen. Der Reis wird nicht so zu⸗ hereitet, wie wir es tun, es werden vielmehr aus ihm in langwierigen Prozessen Reizmittel gewonnen. In Japan kocht man die Soja⸗ bohne mit Kalk oder mit Magnesiasalz, um sie genießbar zu machen, und gewinnt aus ihr eine Dauernahrung; durch Zusetzen eines Pilies wird ein Köse hergestellt. Die Naturstämme Zential⸗ und Süd⸗ rmerikas backen aus dem Mehl der Mandiofa Psannkuchen oder ibre Tortilia, das sind Fladen, die sich lange halten. Koch⸗Grünberg berichtet rvon brasilianischen Staämmen, die daes Mammokamehl einige Tage gäten lassen und dann rösten um rch aus dem Mehyl ein Getränk zu bereiten, während sonst der Saft aus der Pflauze ausgepreßt wird. Die Kartoffel wird um eine Dauernahrung zu hefe rn, in ihrer Heimat einem langen Prozeß unserworfen. Man läfßt sie bis zu 16 Tagen frienen und vimmt sie dann aus. Den Mais kecht der nordameri⸗ kantsche Indianer mit Kalk, dann wud er gewässert. Die Kartoffeln, den Mais, die Tomaten, olle Boh enarten (mit Ausnahme der Sau⸗ Fobnen) haben wir aus Amerika; aus allen diesen Pflanzen wissen die Eingeborenen durch Kochen, Ticcknen, duꝛch Versetzung mit Sal; und Fett sich Dauernahreng herzustellen. Die Agave wird 24 Stunden unter der Erde geröstet; wo Salz fehlt wird
die Pflanze ‚wischen Salzsträucher gesteckt und dann gerbstet, die Aloe wird ährlich bkehandelt. Die, Eichel wird von
den Eingeborenen in Amerika tagelang in Wasser gekocht, um sie für den Menschen genießbar zu machen. Auch in der europäischen Vor⸗ eschichte war die ECichel menschlich s Nahrungemittel. Fleisch⸗ onserven stelen die Indianer Mexikos und Südamerikas sich derart hker, daß sie das frische Fleisch in dünne Scheiben schneiden, es dann rösten und zerstoßen; in diesem Zustande in Talg gelegt, hält es sich jahrelang. Die Herstellung des Ahornzuckers wird von den Nord⸗ amerikanern ihrem Kulturheros Hiawatha zugeschrieben, der Wasser über die Ahornpflanzen gegossen haben soll. Beerenwurzeln, die an sich bitter sind, werden von den Kanadiern durch treitägiges Kochen und Rösten genießbar gemacht. Auch die“ Af ikaner i, Kamerun vergraben die Mandioka mehrere Tage lang, um sie dann zu waschen und zur Nahrung zu benutzen. DTas älteste Produkt des Packbaus, die Hirse, wissen die Afrikaner gut zu entb itern; wir be⸗ Koen gute Nachrichten, wonach in Griechenkand die Gerste mehrfach geröstet und gewaschen wurde. Die Tatsache, daß wir im Kriege sehr stark die Bitterkeit des Mehls empfunden haben, sollte uns zur Unterfuchnng der Frage anregen, ob nicht unsere Getreidearten von Pflanzen abstammen, bie ursprünglich bitter waren wie der Knöterich, ob nicht jede Kulturrflanze aus einer bittenen Pflanze stammen könnte. Aus dem Gegensatze, den Mann und Frau hinsichtlich der Nahrung bieten, indem die Frau die Dauernahrung herstellt, bei ge⸗ ringerem eigenen Bedürfnis als der Mann, der Gäste zum Verzehren der Jagdbeute zu laden pflegt, während de Frau auch für die Errährung der Kinder Sorge tragen muß, hat sich die Möglichkeit ergeben, daß die Frau dem Manne Nahrung abzugeben vermag. Daher kommt auch die Sitte, daß vielfach hei Naturstömmen die alten Frauen die Entscheidung über den Begion eines Krieges zu geben haben, da sie wissen, ob für ein solches Unternehmen Proviant genug vorhanden ist. Diese Tatsachen ergeben für uns das Gebot, daß wir die Frauen nicht hindern sollen, die Nahrung zu pflegen und sie nicht zum Hamstern der Nahrung verleiten sollen. Zum Schlusse empfahl die Vortragende, alles Ge⸗ treide in Rigen einem Rösteprozeß zu unterwerfen um gutes Mehl zu erhalten. Professor Mielke und Frau Professor Seler ergänzten die Darlegungen. Zum Schlusse besprach vom Standpunkte der ver⸗ gleichenden Anatomie Gehrimrat Professor Hans Virchow die Formverhältnisse der Milchwangenzähne des Menschen.
0
Nr. 24 des Zentralblatts für das Deutsche Reich, hberausgegeben im Reichsministerium des Innern am 18. Juli 1919, bat folgenden Inhalt: Schul⸗ und Unterrichtswesen: Bekanntmachung, betreffend Nachweis der Lateinkenntnisse durch Inhaber des Reife⸗ zengnisses einer Oberrealschufe bei der Zulassung zu den Prüfungen für Aernte, Zahnärzte und Apotheker. — Versicherungswesen: Ver⸗
leneffend 1915.
heitsamts“ stand und Gang Milcherhitzer.
Abänderung der Ausfü Einschränkun 88 ge
(Oldenburg). Gebührenordnung fü
Bayern, Reuß ä. L.). Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 — Desgleichen in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Krankenhäusern denticher Großstädte. — Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung.
Nr. 29 der „Veröffentlichungen des Reichsgesund vom 16. Juli 1919 hat folgenden Inhalt: Gesun heits der Volskrankbeiten. — Gesetzgebung usw. (Preu — Dibphtherieheilserum.
hrungsbestimmungen zu der Bekanntmachung, g der Trinkbranntweinerzeugung, vom 15. April
ßen). — Schlachtverbot für Ziegen⸗ mutter⸗ und Schaflämmer. — Säatistik des tierärztlichen Personals. — r Hebammen. — (Deutschösterreich). Schutz von Ziehkindern und unehelichen Kindern. — Durchführung des Kinderarbeitsgesetzes. — (Spanien). — Zei weilige Maßregeln gegen Tierseuchen. (Mecklenbur Schwerin,
— Gechenküifte. — Wochentabelle über die
Arbeitszeit im Handelsgewerbe.
und mehr Einwohnern.
Desgleichen in deutschen
Heut che wurden 55
Ost, Armee in Tauenzin Köslin) je 1, in
Wattenschei
in Junkerha Reg.⸗Bez.
Nachträglich 22. bis 28.
S hausen,
Rothenvurg i. O 104 — davon in
hütte je 1, Biskupitz 5, schütz 11, in B
Halemba Königshütte witz, Trocke Reg.⸗Bez. B-⸗z. Wiesbaden) Ostritz
Anhalt) 1.
Salzburg 1. in Niederöste
Deutsches wurden in der
zwar Küssow (Kreis Querfurt, kronkuͤngen bei de geteilt, nämlich
Nord Marienwerder) u
havelland) 1, barnim), in Breslan) 4.
Ungarn. krankungen, und
Komitaten Heve je 2, Jasz⸗Na⸗
Preußen. 7 Erkrankungen
Regierungsb Beilin 2 ()
Krossen], Köni
15. bis 21. Juni [Köni shütte Sta 288 Juni: Ko [Solinaen Land]. Schweiz. im
177 Erkran
Berlin 21
Stadt]’, Cöln 3
üsderungsnachmels über Ortslöhne. — Handelt⸗ und Gewerbewesen:
Frankfurt 1
hübel (Kreis Hirschberg), je 1 und in Gbrlitz Alfeld) und in S t. An beim) je 1, in Gel
₰
hütte und Domb je 2, in und Laurahütte
Hildesheim) 1,
in VBerlin 2,
Bautzen 7 — bei
11 Erkrankungen in Nie 28. Juni 5 Erkrankungen in demselben Orte. 1
In der Zeit vom 26. Mai bis 1. Juni 46 Er⸗ zwar in den Städten Budapest 11, Kecs⸗ Stuhlweißenburg 4, in den grad und pest
kemet 6, Miskolcz 12,
Regierungsbezirken (2) [Berlin Stadt 12 Wilmersdorf 2, Berlin⸗L chtenberg 3], Reg.⸗Bezirke A [Neidenburg, Sensburg je 1], Dortmund Stadt 6, Dortn Stadt, Herne je 1,
„
Gesunbheitöwesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗
maßregeln.
vom 16. Juli Pocken. s Reich.
Erkrankungen sestgestellt, und zwar 8' rn. p pe
und in Niesky
use
wurden noch zuni 11 und
Erfurt) je 1; v
N
Beu
in Kunzendor
aing ow 4, Eich
12, nberg in St.
in und
in Fr 2, Chemnitz
in
und Rusdorf (Amtshauptmannschaft Zittau, kauptmannschaft Bautzen) je 1,
Vom 22. bis 28. rreich 1 und in St
Fleckfieber. 6 In der Woche vom 66. bis 12. Juli
Reich.
Ahenstein) 7,
1919
In der Wrche vom 6. bis 12. Juli beim Grenzschutz Nord 1, in Angerburg und Trake⸗ ningken (Kreis Tilsit, Reg.⸗Bez. Gumbinnen) je 1, in Berlin 4,
Zewitz (Kreis Lauenburg, (Kreis Rothenburg, O. L.), in Krumm⸗
in Haynau (Kreis Goldberg⸗Haynau) (Reg.⸗Bez. Liegnitz) 2, in Limmer (Kreis dreasberg (Kreis Zellerfeld, Reg.⸗Bez. Hildes⸗ senkirchen l, in Röhlinghausen und d (Kreis Gelsenkirchen) je 3, in Hörde und in Annen (Kreis Hörde, Neg.⸗Bez. Arnsberg) je 2, in Dut Meiderich (Reg.⸗B
Reg.⸗B
Dresden), Kreishauptman
f (Amtshauptmannschaft Zwickau) g⸗Sondershausen) 5. mitgeteilt für die Erkrankungen, (Kreis Sensburg, Reg.⸗Bez. nellmannshausen Reg.⸗Bez. 24 Erkrankungen, und zwar in Schöm b bach, Blas dorf, Alb Landeshut) je 1, in Jä
in in Treffurt Diedorf (Kreis om 29. Juni
nämlich
Nöe
in Neuheiduk
in Hindenburg 12, in in Zaborze, Biel⸗ chowitz und Ruda (Kreis Hindenburg) je 1,
9 2,
in Bogut
in Bittkow 3, in Antonien⸗ Stiemianowitz, (Kreis Kattowitz) je 1, in Mikultsch Radzionkau Andreasberg
enau,
ũ tz in Tarno
7
ankfurt a. 2, in Grunau
82
(Reg
eiermark 6.
Zivilbevölkerung 6 Erkrankungen angezeigt, un
Reg.⸗Bez. ersebu
(Kreishauptmannschaft Zwickau) je 1.
beim G nd
in Berlin⸗Friedrichsfelde ( Groß Kniegnitz (Kreis Nimptsch, Reg.⸗Bez.
Deutsch⸗Oesterreich. In der Woche vom 15. bis 21. Jun derösterreich (Wien).
s und Veszpram gykunszolnok 7.
Genickstarr
In der Woche vom 29. Juni bis 5. Juli kamen 4 Todesfälle) zur Anzeige in Kreisen]:
Reg.⸗Bezirke Usberg 1 Königsherg Stadt], [Bouthen Land 1 1 (1), Rybnik 1], P Wiesbaden — (1) [Unterw
(und ezirken [und [(Berlin Stadt],
wurden nachträglich dt, blenz
Ruhr.
en. In der Woche vom 29. Juni bis 5. ungen (und 27 Todesfälle) zur Anzeige in lund Kreisen]:
Witten 1 (1)), 4 (2) Cöln Stadt), Landsherg!, Gumb
Berlin⸗Wilme (Kreis Pyritz. 0
ots dam 1 [W esterwaldkreis]; f
Gr. Strehlitz je 1 (1) ;
rsdorf, Stettin), rg) und
Wernsdor
Armeegrupp
2
2₰
Perwenitz (Kreis Ost
reis Nieder
je 1, N.
e:
gemeldet:
68
bis 5. Juli 1 Er⸗
Juli gelangten
salhgen Landespolizeibezirk (2), Neukölln 4, Berlin⸗ llenstein 2
Arnberg 13 (2) [Bochum Lard 1 (1), nund Land 1, Gels⸗
nkirchen Stadt 2, Hagen
Breslau — (1), (Breslau
Danzig 1 [Manꝛienburg)], innen 4 (1) (FInsterburg
sburg⸗ ez. Düfseldorf) 1, in Wargolshausen 5, n und Hollstadt (Bezirksamt Neustadt, Unterfranken) je 1, in Dresden 12, (Amtshauptmannschaft Pirna, Krrishauptmannschaft Neugersdorf (Amishauptmannschaft Löbau, schaft Bautzen) und in Cains dor je 1, in Arnstadt (Schwarzbur
in Lohmen
Woche vom Grunau
Mühl⸗ bis 5. Juli erg 3, in Ditters⸗ endorf und Görtelsdorf (Kreis nkendorf 2 und in Mühlrose (reis g.⸗Bez. Ltegnitz) 1, im Reg.⸗Bez. Oppel then 9, in Frie denshütte (Stadtkreis Beuthen) 3, in Schomberg, Godullabuütte, Bismark⸗ in Schwientochlowitz 2, und Lipine (Landkreis Beuthen) 19
(Kreis Tarno⸗ (Kreis Zellerfeld,
b Kreis⸗ in Biendorf Ereis Cöthen,
Deutsch⸗Oesterreich. In der Wocke vom 15. bis 21. Juni 6 Erkranlungen, und zwar in Steiermark 5 und im Bezirk
Juni 7 Erkrankungen, nämlich 1
Groß
in Glauchau ußerdem wurden 16 Er⸗ ulschen Soldaten und 7 bei Kriegsgefangenen mit⸗ renzschutz Ost, 9, in Königsberg i. Pr. 3, in Culm (Reg.⸗Bez. in Görlitz (Reg.⸗Bez. Liegnitz) je 3 Kriegsgefangenen —.
„Niachträglich wurden noch gemeldet für die Woche vom 29. Juni bis 5. Juli 7 Erkrankungen, und zwar in
in
Vom 22. bis
folgenden Landespolizeibezirk Frankfurt 1 Oppeln 2 (1) Westhavellan d., ür die Woche vom
Oppeln 2 (2) desgl. vom 22. bis 1 [Neuwied!), Dusseldorf — (1)
In der Woche vom 15. bis 21 Kanton Waadt. Spinale Kinderlähmung.
Preußen. In der Woche vom 29. Juni krankung im Reg. Brz. Arnsberg [Bochum Land].
.Juni 1 Erkrankung
Gesundheitsstand und Gang der Vollskrankheiten.
(Nach den „Veröffentlichungen des öeecgbe Nr. 29
ez.
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2 89'
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1
8 4 8
1“ 8 8 8 * 88 58 Stadt 2, Insterburg Land 1 (1), Goldap 1), Königsberg lz [Mohrungen], Liegnitz 2 (Hieschbergl, Magdeburg 2 [Mg burg), Marienwerder 2 Schlochau, Stuhm je 1]‧, Mer burg 63 (9) [Mansfelder Seekreis 1, Weißenfels 56 (6), Halen Stadt 6 (3)], Oppeln 10 (2) [Beuthen Stadt 2, Hindenbu Kartowitz Land 1 4 (2)) , Potsdam 4 Niederbarnim, Pot je 2], Stettin 2 (1) [(Stetlin’, Wiesbaden 1 (1) Wiern Land]; nachträglich füx die Zeit vom 15. bis 21. Junf: Oppel [Hindenburg, Kattowitz Land II je 1, Leobschütz 3]; desgl. 22. bis 28. Juni: Aachen 2 ([Aachen Land]l, Koblen [Ahrweiler 1, Koblenz Stadt 2, Koblenz Land 117, Düss dorf 55 (4) [Düsseldorf Land 7, Duͤsseldorf Stadt 3 Duisburg 21, Elberfeld 1, Essen Land 1 (1), Essen Stadt 7 * born 3, Lennep 1 (1), Mörs 2 (1), Neuß Stadt 3, Rees 2, scheid 1, Rheydt 3]2, Lüneburg 2 (Soltau], Trier 4 brücken Stadt, Trier Stadt je 2].
8 Verschiedene Krankheiten in der Woche vom 29. Juni bis 5. Juli 19190. Pocken: Prag und Vororte 1 Erkrankung; Varizell Budapeft 32, Kopenhagen 5, Wien 31 Erkrankungen; Fleckfie Budapest 9, Wien 4 Todeefälle, Budapest 14, Wien 11
krankungen; Tollwut: Reg.⸗Bez. Oppeln (vom 15. bis 21. 1 Todesfall, 1 Erkrankung; Bißverletzungen durch to wutverdächtige Tiere: Reg.⸗Bezirke Breslau 3 (Br Stadt) 1, Koblenz (Vorwoche) 1, Köslin (Vorwoche) 2, M. burg 1, Oppeln (vom 15. bis 21. Juni) 1, Trier ( orwoche Influenza: Berlin 2, Breslau 3, Halle g. S. 1. Reg. Düsseldorf (Vorwoche) 2, Budapest 4, Christiania 2, Stockhol⸗ Wien 4 Todesfälle, Reg.⸗Bez. Düsseldorf (Vorwoche) 19, Nürnben Hessen 2, Budapest 1, Kopenhagen 52, Stockholm 1 Erkrankun Genickstarre: Stockholm 1 Todesfall, Hessen, Kopenhagen, S 8l
1
holm je Erkrankung; Malaria: Reg.⸗Bezirke Aurich 106, b (vom 15. bis 21. Juni) 31, Hessen 3, Wien 45 Erkrankungen. Nürnberg 1, Krakau 12, Lemberg 1, Wien 11 Todesfälle, Nürn Braunschweig je 1, Stuttgart 6, Hessen, Mecklenbura⸗Sch je 3, Budapest 4, Prag und Vororte 1, Wien 11 Erkrankun Krätze: Kopenhagen 146, niederländische Orte (22. bis 28. JI. Haag 27, Kloetinge, Middelburg je 2 Erkrankungen; Nahrun mittelvergiftung: Reg. Bezirke Arntberg, Magdeburn 1 Todesfall, Breslau Stadt, Reg.⸗Bezirke Arnsberg, Gumbin Magdeburg, Oppeln, Schleswig je 1 E enkacg Mehr als Zehntel aller Gestorbenen ist an Scharlach (8 schnitt aller deutschen Berichtsorte 1895/1904: 1,04 %) gestg in Buer — Erkrankungen wurden gemeldet in Berlin 26, burg 33, Amsterdam 23, Kopenhagen 38, Stockholm 25. 1 wurden Erkrankungen angezeigt an: Masern und Röteln Stockholm 34; Diphtherie und Krupp im Landespolizeib Berlin 116 (Stadt Berlin 78), Hamburg 47, Amsterdam Kristiania 21, Kopenhagen 33, Stockholm 42, Wien 34; Ker husten in Nürnberg 22, Budapest 33, Kopenhagen 96; Typh 88 b 24 (Bez. Pforzheim 22) (Vorwoche) 40 (Bez. N heim 38).
Nachweisung über den Stand von Viehseuchtn in Deutsch⸗Osterreich am 9. Juli 1919.
(Auszug aus den amtlichen Wochenausweisen.)
- Schweine⸗ Rot
8 Rotz Klauen⸗ escece da 8 seuchesernche) Sch 8 Zahl der verseuchten 9 8 5 5 5 8 S228S28 2 S SSS8S28 8 8583 8 S9 S S 1 2 351215725728s5 1]1 Niederösterrelech 2 2ʃ y1 11 1 1¹ 9 3 2 g9 9 0 0 99 .——nN—— s“ 2 8 4 3 3 2 ..„ .5 1 10 4— 4] 19 5 1 Oberssterreich. ——— — 1 1 4 6 2 9 % % % 0 0⸗ 1 1 „ ecad. 3 3 7 3 9 „ °0 b6%0 m §5. ——-,— 1 2 — 1 8 Salzburs —— 14 9— — — 10 2 9 0 0% „ 2 7⸗ —,— — E“ ge 5 11 3 8 ö 11 2 3 — 4 13 2 9 % 0002224⸗70„ 1 1 1 6 * 18 2 89 00000000bb0böb0be— — 2 6 —₰ 1 20 Vorarlbeg ——1,2 4— — — Die periodische Sechwei6 über den Stand von Viehsen ist für Ungarn seit dem 23. Juli und für Kroatien⸗Slavonien
dem 17. Juli 1918 in der bisberigen Ausfertigung — ungarisch⸗de — nicht eingegangen, ebenso fehlen die Angaben für die übrigen! reichtschen Länder.
Zusammen Gemeinden (Gehöfte): „Rotz 10 (11), Maul. und Klauenseuche 27 (137), Schwein (Schweineseuche) 14 (22), Rotlauf der Schweine 58 (82).
Außerdem Pockenseuche der Schafe im Sperrgebiete Nr.] 2 Gemeinden und 2 Gehöften.
Lungenseuche des Rindviehs und Beschälseuche der Zuchty sind nicht aufgetreten. 1 nd Beschälseuche der Zuch
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilagez
Familiennachrichten.
Verlobt: Frl. Hildegard Schweitzer mit Hrn. Privatdoze ¶Stabsarzt d. R. Dr. med. Walter Klestadt (Breslau). Gestorben: Hr. Major a. D. Heinrich von Willert (6 dorf. — Frau Geheime Regierungsrat Louise Vötticher, Knoblauch (Magdeburg). 16“
8
J
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlotte
Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäfte Rechnungsrat Mengerina in Berlin.
Verlag der Geschäftsstelle (Mengerin g) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verl talt . erlin, Wilbekmnstraße und Derlacsanse Vier Beilagen
“ (einschließlich Börsenbeilage) enff und Erste. Zweite und Dritte Zentral⸗Handelsreaister⸗Beilas sowie das Verzeichnis gezogeuer Prioritätsobligatio
der Bergisch⸗Märkischen Eisenbahngesellfchaft.
1
mun Deutsch
No. 164
Deutsche Nationalversammlung in Weimar.
63. Sitzung vom 22. Juli 1919.
(Bericht von Wolffs Telegraphenbüro).
Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung um 19 Uhr 10 Minuten.
Die zweite Beratung des Verfassungs⸗ entwurfs wird mit dem Artikel 1 8 iterritoriale Gliede⸗ rung des Reiches) fortgesetzt, zu dem der Kompromißantrag Löbe (Soz.), Trimborn (Zentr.), Heile (Dem.). vorliegt. Nach diesem Antrag bedürfen Gebietsänderungen oder Neu⸗
bildungen von Ländern innerhalb des Reiches der “ der beteiligten Länder mit der Bestätigung durch Reichsgesetz.
Stimmen die Länder nicht zu, so kann eine Neubildung durch Keichsgesetz (Ausschußbeschluß), verfassungsänderndes Reichs⸗ gesetz) erfolgen, wenn die Bevölkerung sie will und ein über⸗ wiegendes Allgemeininteresse sie erheischt. Die Abstimmung der Bevölkerung erfolgt, wenn ein Drittel der Wahlberechtigten des abzutrennenden Gebietes es verlangt. (Ausschuß: Wenn ein Viertel der Wahlberechtigten oder die politischen oder die kommunalen Vertretungen eines Viertels der beteiligten Be⸗ »ölkerung es verlangen.) Zum Beschluß einer Gebietsände⸗ rung sind mindestens drei Fünstel der Stimmen aller Wahl⸗ berechtigten erforderlich. Bei Abtrennung von Bezirksteilen ist der Volkswille des ganzen Bezirks festzustellen. Ein Streit über die Vermögensauseinandersetzung wird durch den Staats⸗ serichtshof für das Deutsche Reich entschieden. Der Kom⸗ yromißantrag will ferner in die Uebergangsbestimmungen einen neuen Artikel 164 a aufnehmen, wonach die Bestim⸗ mungen des Artikels 18, die für den Fall gelten, daß die Länder nicht zustimmen, erst zwei Jahre nach Verkündung der Reichsverfassung in Kraft treten. Durch den Kom bromiß⸗ antrag sind die meisten zur Ausschußfassung gestellten Anträge hinfällig geworden. 1
Ein Antrag der Abgg. Dr. Graf von Posadowsky (D. Nat.) u. Gen. will die Bestimmungen, die sich auf die mangelnde Zustimmung der Länder beziehen, ganz streichen.
Die Abgg. Dr. Heinze (D. V.) u. Gen. beantragen, daß bei mangelnder Zustimmung der Länder eine Neubildung oder Gebietsänderung nur durch ein verfassungsänderndes Reichsgesetz erfolgen kann, wenn das Reichsinteresse es erheischt. 1
In Verbindung mit Artikel 18 werden die Artikel 62 und 64 (Stimmrecht und Vertretung der Länder im Reichs⸗ vat) beraten. Nach Artikel 62 hat im Reichsrat jedes Land mindestens eine Stimme, bei den größeren Ländern ent⸗ fällt auf eine Million Einwohner eine Stimme. Kein Land darf durch mehr als zwei Fünftel aller Stimmen vertreten sein. Deutsch⸗Oesterreich erhält nach seinem Anschluß Sitz und Stimme im Reichsrat. Nach Artikel 64 werden die Länder im Reichsrat durch Mitglieder ihrer Regierung ver⸗ treten, jedoch wird die Hälfte der preußischen Stimmen nach Maßgabe eines Landesgesetzes von den Verwaltungen der preußischen Provinzen gestellt.
Zu Artikel 62 beantragen die Sozialdemo⸗ Iraten Auer u. Gen. die Abänderung, daß Länder, die weniger als eine Million Einwohner haben, nur dann stimmberechtigt sind, wenn durch Reichsgesetz anerkannt wird, daß überwiegende wirtschaftliche Gründe eine besondere Ver⸗ tretung erfordern. “
Zu Artikel 64 beantragen die Unabhängigen Sozial⸗ demokraten Frau Agnes u. Gen., daß die preußischen Stimmen nicht von den Provinzialverwaltungen, sondern von den Provinziallandtagen, und zwar auf Grund des Reichs⸗ tagswahlrechts, zu bestellen sind.
Die Abgg. Dr. Heinze (D. V.) u. Gen. beantragen den Zusatz, daß die Stimmen einheitlich für jedes Land abzu⸗ geben sind.
Abg. Sollmann (Soz.): Wir stimmen dem Kompromiß⸗ antrag zu und lehnen den Antrag der Deutschnationalen ab. Wir hätten allerdings das Erfordernis eines verfassungsändernden Reichs⸗ gesetzes gewünscht, mußten aber die Berechtigung der Gründe des Zentrums dagegen anerkennen. Die Gebietsänderungen sind durch den Kompromißantrag wesentlich erleichtert. Dagegen sind die Be⸗ dingungen für die Volksabstimmung wesentlich erschwert. Denn nicht nur die einfache Mehrheit, sondern drei Fünftel der Stimmen sollen den Willen der Bevölkerung zum Ausdruck bringen. Die Vorschriften über Gebietsänderungen ohne Zustimmung der unmittelbar beteiligten Länder sollen erst zwei Jahre nach Verkündung der Reichsverfassung in Kraft treten. Diese Sperrfrist ist in der Hauptsache im Hinblick auf die Verhältnisse im Westen unseres Vaterlandes eingeführt worden. Ich glaube ohne Widerspruch feststellen zu können, daß alle
Vertreter der Rheinlande einig sind in der Auffassung, daß jetzt
irgendwelche Loslösungsexperimente im Rheinland nicht vorgenommen werden dürfen, daß es vielmehr für alle Parteien ohne Ausnahme gilt, eine Einheitsfront gegen die Franzosen herzustellen. Hoffentlich wird diese Absicht in den Landesteilen, in denen Loslösungsbestrebungen sich geltend machen, nicht mißverstanden und nicht mißdeutet werden. Es handelt sich lediglich darum, solange die Regierung innerhalb Deutsch⸗ lands nicht zu einem gewissen Abschluß gekommen ist, neue Zerfalls⸗ erscheinungen und Zerfallsmöglichkeiten hintanzuhalten. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) “ Abg. Kaas (Zentr.): Wir verzichten auf die Wiederbelebung der Gegensätze, die in der Länderfrage bestehen, weil wir in dem vor⸗ liesenden Kompromißantrage den Vorwurf einer ehrlichen Verständi⸗ zuns gefunden zu haben glauben. Der 9. Novemher bedeutet auch in dieser Frage einen Wendepunkt, doch sind damals daraus nicht die erforderlichen Konseauenzen gezogen worden. Man darf an den politi⸗ schen und vsychologischen Tatsachen, die für eine Aenderung der bunt⸗ scheckigen Vielgestaltigkeit Deutschlands sprechen, nicht vorbeigehen. Berechtigten Wünschen nach Neubildungen mußz der Weg geöffne werden, ebenso nachdrücklich sind aber wilde Staatengründungen zu verhindern. Die Bewegung nach Selbständigkeit der Rheinlande ist da, es bleibt nur die Wahl, entweder die Hand zur legalen Verwirk⸗ lichung der rheinischen Wünsche zu reichen oder die Gefahr eines er⸗ plosiven Ausbruchs des Volkswillens herbeizuführen. Der Kompro⸗
mißantrag, der nach schwierigen, oftmals fast aussichtslos erscheinenden
2
Freunden und Gegnern er Delbständigkeitsbestrebungen harte Opfer zu. Sie mußten 1b Fracht werden, um den Bestand des Reiches nicht zu gefährden. In der rheinischen Frage muß namentlich die Schwerhörigkeit der preußi⸗ sen Regierung nunmehr aufhören. Die Rheinländer werden sich unauflöslich mit dem Reich verbunden fühlen, wenn sie in ihm eine
erhandlungen zustande gekommen ist, mutet
g ½ E⸗
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Stellung bekommen, die ihrer politischen und kulturellen Leistungs⸗ fähigkeit entspricht. Nehmen Sie den Antrag an, er dient zur Stär⸗ kung der Widerstandskraft der Westmark gegenüber Vergeltungsbestre⸗ bungen im Interesse des gesamten Vaterlandes. (Lebhafter Beifall.)
Abg. Falk (Dem.): Der Artikel 18 hat eine besondere Bedeutung für das ganze Verfassungswerk. Er ist die Krönung des Gebäudes. Die Revolution hat wohl Throne gestürzt, aber die Zersplitterung Deutschlands hat sich als eine Macht erwiesen, an der auch die Revo⸗ lution zerschellte. Heute marschiert aber bereits der Gedanke des Einheitsstaates. Außerhalb der Welt der Ideen zwingt uns aber auch die rauhe Wirklichkeit auf den verschiedensten Gebieten zum Unitaris⸗ mus. Wir dürfen aber alte Klammern erst lockern, wenn wir Neues an die Stelle des Alten setzen können, von dessen Standhaftigkeit wir überzeugt sind. Eine Zertrümmerung oder Atomisierung Preußens in
dieser Zeit würden wir für ganz besonders schädlich und unheilvoll halten. Ich bin Gegner der rheinischen Republik und beurteile die
Bewegung unter meinen Landsleuten wesentlich anders, als das meist geschieht. Ich glaube, daß es sich bei der Selbständigkeitsbewegung im Grunde um echtes, kerniges, deutsches Nationalgefühl handelt, das nur irregeleitet worden ist. Man hat verkannt, daß den Rheinlanden Kultur innewohnt, die manchen Stürmen getrotzt hat, und die das Ostelbiertum aufs schärfste ablehnt. Die Loslösung der Rheinlande von Preußen in diesem Augenblick würde aber gleichbedeutend sein mit ihrer Loslösung von Deutschland. Deshalb erscheint uns der Artikel 164 a besonders wichtig, weil er eine Klärungszeit von zwei Jahren schafft. In dieser Zeit wird unser Volkskörper wieder gesund geworden sein, und die Menschen werden wieder arbeiten wollen; dann aber wird die gesunde, mannhafte und kernige Denkungsart der Rhein⸗ länder allen feindlichen Verführungskünsten widerstehen. Noch ein Wort an die vom Feind bedrohten Gebiete. Die Unannehmbar⸗Rede Scheidemanns enthielt das Wort von dem „Verdorren der Hand“, die den Versklavungsantrag unterschreiben würden Das Wort stammt aus dem gewaltigen Psalm: „An den Wassern Babylons saßen wir und weineten, wenn wir Zions gedachten.“ Möge nicht der Tag erscheinen, an dem wir sagen müßten: „An den Ufern des Rheins stehen wir und beweinen unsere verlorene Freiheit.“ (Lebh. Beifall.)
Abg. Dr. Philipp (D. Nat.): Den Streit, der hier zum Austrag gebracht werden soll, hat das alte Reich Bismarcks besser gelöst, als es dem vorgeschlagenen Artikel 18 der neuen Reichs⸗ verfassung möglich sein wird. Keine Partei hat er ganz befriedigt. Zeugnis dafür legen die zahlreichen Abänderungsanträge ab. Wenn nun aber drei Fünftel der Bevölkerung einer altpreußischen Provinz die Einsetzung der Monarchie verlangen, will man ihr dann auch will⸗ fahren? Wir werden alle Kräfte in Bewegung setzen, um die Teilung Preußens zu verhindern, denn die Zertrümmerung Preußens ist das letzte Kriegsziel des Feindes. Und diesen Liebesdienst kann ihm Artikel. 18 nur erleichtern. Die quietistische Zeit haßt Preußen. Sie beruft sich auf die Stammeseigentümlichkeiten, die geschon werden müßten, d. h. den Erbfeind der deutschen Geschichte, den Partikularis⸗ mus. Auch der Machthunger gewisser Parteien glaubte auf den Trümmern Preußens sein Ziel zu erreichen. Die rheinische Republik bestand zuerst nur in den Köpfen einiger Phantasten. Jetzt greift sie hinüber bis zum Oberrhein und bis zur Nordsee. In jenem Augen⸗ blick, wo von ihr nicht gesprochen wird, lebt sie wieder auf. Eins der schimpflichsten Stücke der deutschen Geschichte, weil es sich teilweise im Bunde mit dem Feinde vollzog. Dabei dankt das Rheinland, bis zu jener Zeit nur ein Semmeliitum ätlcher und weltlicher Herr⸗ schaften, Preußen seine politische inheit. Die Voraussetzungen schufen freilich die Franzosen, aber hoffentlich wird die Erinnerung nicht die Wahrheit übertönen. Wenn man im Rheinland sich auf den Druck des Feindes beruft, liegt darin nicht eine gewisse Drohung? Da muß es heißen: Landgraf werde hart! Und die Grafschaft Mark, von jeher gut preußisch gesinnt, wird sich von Cöln nicht regieren lassen wollen. Nur das Rheinland wird wieder gespalten werden. In Hannover und Schleswig⸗Holstein wird man sich auf Artikel 18 berufen; wenn ihnen nun die Altpreußischen folgen, so entsteht erst recht die große nationale Gefahr. Das Rad der Geschichte wird in dieser angeblich fortschrittlichen Zeit rückwärts gedreht. Dem gegen⸗ über erscheint uns der Einheitsstaat mit dem Unitarismus als das kleinere Uebel. Bis zuletzt werden wir den preußischen Staat als ein Ganvres verteidigen. (Beifall rechts.) In Politik und Geschichte gilt Dank nichts. Aber die Zerstückelung Preußens wäre der schmählichste Undank, den die Weltgeschichte kennt. Preußen hat bisher territorial und wirtschaftlich die Kriegsrechnung bezahlt. Es ist die notwendige Voraussetzung für die Aufrechterhaltung des Deutschen Reiches. Wir in Leipzig wissen gut, was es heißt, einen starken Nachbar zu haben, sonst säßen wir unter der Herrschaft der Dynastie Gever. Wie 1812 ist Preußen auch heute noch das Rückgrat Deutschlands. Und wenn für das deutsche Volk die politische Genesung wiederkommt, dann wird die Genesung von Preußen ausgehen. (Sehr richtig! rechts. Zuruf bei den Sozialdemokraten; Dreiklassenwahrechte!) Wer sell Preußen denn auch zertrümmern? Soll es sich etwa selbst strangulierens Stein nannte solche Pläne eine Sünde. Und die Zertrümmerung Preußens wäre eine Sünde an 300 Jahren deutscher Geschichte. Ohne Preußen hätte gerade die Sozialdemokratie keine Existeneberechtigung. Morden Sie (nach links) Preußen und Sie morden sich selbst. (Sehr richtig! rechts.) 3 b
Preußischer Minister des Innern Heine: Preußen ist weit
entfernt von jedem preußischen Partikularismus. Wir in Preußen verstehen auch die Gründe, die leider zu einer gewissen Abneigung ischen Bevölkerung
gegen Peeähaen leider auch bei einem Teil der preußise nh selbst, geführt haben. Aber das Preußen, das wir aufbauen wollen, ist nicht das alte Preußen, und wenn wir Preußen stark erhalten wollen, so tun wir es, um es stark und kräftig zu machen für die Aufgaben des Reiches. Wort Unitarismus gehört zu den häufig gebrauchten Schlagworten, bei denen der Mensch glaubt, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen (sehr gut!), und bei dem deshalb jeder etwas anderes sich denkt. Ein Unitarismus, der daͤmit anfangen wollte, daß er zunächst mal die bestehenden Kräfte der Einheit zerstückelt, wäre vollkommen gedankenlos, und auf dem Wege würde es nicht vorwärts gehen, sondern rückwärts. (Sehr richtig!) Preußen ist nicht abge⸗ neigt, im Interesse der Vereinheitlichung auch preußische Gebietsteile herzugeben, und es verhandelt über solche Absichten bereits mit dem Freistaat Hamburg und mit den thüringischen Staaten. Aber es ist selbstverständlich, daß auch dann die Staaten, denen wir mit Gebiets⸗ abtretungen helfen, dem Wunsche nach Vereinheitlichung der Ver⸗ waltung Rechnung tragen. Aber so etwas macht man nicht vom grünen Tisch aus, sondern von unten her, aus den Bedürfnissen, die aus den einzelnen Ländern und Gebieten von selbst herauswachsen. Deshalb ist Artikel 18 meiner Meinung nach gar nicht von der übergroßen Wichtigkeit, die man ihm beigemessen hat. Wenn irgendwo sich im Reiche ein unbezwinglicher Drang des Volkes geltend machte, aus den alten Formen herauszustreben, dann würde es keinen großen Unter⸗ schied machen, ob das auf Grund eines verfassungsändernden oder ein⸗ fachen Reichsgesetzes geschähe. Aber es ist notwendig, daß solche Dinge nicht aus der Stimmung, vielleicht aus der Verärgerung und aus den Schmerzen einer Zeit heraus geschehen, die, sagen wir es mal offen, nicht mehr in jeder Beziehung völlig zurechnungsfähig ist. Nach dem Fürchterichen, was wir erlebt haben, können wir nicht gesund sein, wir sind krank. Deshalb hat auch die preußische Regierung besonderen Wert darauf gelegt, daß durch den Fet det cc eine gewisse Sperr⸗ frist eingeführt wird. Wir stehen im Augenblick auf einem Boden, den ein Erdbeben erschüttert hat. Noch grollt und kracht es fort⸗
T.] Das
aber auch die süddeutschen Staaten folgen.
daß wir ein Fundament darauf legen können. In den zwei Jahren sold er sich erst mal setzen, und dann können wir überlegen, ob wir an eine Aenderung der Sltaaten herantreten sollen. Es gibt für den Augen⸗ blick genug Probleme, die der Lösung harren. Wir wissen nicht, wo wir Essen und Kleidung hernehmen, wovon wir unsere Schulden be⸗ zahlen sollen. Da sollten wir uns doch die Arbeit nicht noch dadurch erschweren, daß wir das, was da ist und was brauchbar ist, den Apparal des preußischen Staates mit seiner Verwaltungsorganisation und den Mähnnern, die an seiner Spitze stehen, über den Haufen werfen. Ich glaube daher, der Artikel 18 entspricht in seiner jetzigen Fassung den Bedürfnissen, die sowohl bezüglich der freien Weiterentwicklung der bestehenden Organisationen, wie auch der Sicherung und Benutzung dessen, was schon vorhanden ist, bestehen. (Beifall.)
„Abg. Dr. Heinze (D. V.): Daß Gebietsänderungen eintreten können, wenn alle Beteiligten einig sind, ist eigentlich selbstverständ⸗ lich. Worum es sich hier handelt, ist die Frage: Was soll geschehen, wenn ein Gliedstaat sich gegn die Aenderung seines Gebietes sträubt?⸗ Das ist das politische Problem unserer . useinandersetzungen, und dies Problem gestaltet sich zu einer preußischen Frage. Ich stehe als Sachse der preußschen Frage vollkommen objktv ggenüber, aber ge⸗ rade deshalb bedaure ich um so tiefer die Asneigung, die sich vielfach gegen Preußen geltend gemacht hat. Eins der Krisgsziele unserer Gegner ist die Zertrümmerung Preußens gewesen. Wenn man den preußischen Staat vernichtet, so trifft man Deutschland ins Herz und macht den Wiederaufbau Deutschlands unmöglich. (Beifall rechts.) Gewiß, moralische Eroberungen zu machen, ist Preußen vielfach nicht imstande gewesen. Aber Preußen ist nun einmal ein harter Staat, falls harte Notwendigkeiten erwachsen, und vielfach liegt die Schuld auch nicht bei Preußen, sondern auf der anderen Seite. Die Frage, ob ohne ein starkes Preußen ein Wiederaufbau Deutschlands möglich ist, müssen wir verneinen. Wenn Preußen zerschlagen wird, so zer⸗ fällt es in ein Dutzend Mittelstaaten, denen vor allem das Wichtigste, das gesunde Staatsgefühl, fehlt. (Sehr richtig!) Im neuen Riich wird es schwer sein, Staats⸗ und Reichsgefühl zu entwickeln. Diese preußischen Provinzen, als Länder konstituiert, werden nur dem Partikularismus leben, schon um ihre Loslösung vom Staate zu recht⸗ fertigen. Die Mittelstaaten widerstreben der Einheit, wie das Verhalten Sachsens und Bayerns beweist. Dagegen hat Preußen mit seinen Soldaten die Reichseinheit wieder hergestellt. Mindestens müssen Preußen die vollkommensten Rechtsbürgschaften gegeben werden gegen eine Zerstückelung. Wer für den Bestand Preußens arbeitet, arbeitet im weitesten Sinne für die Zukunft Deutschlands.
Hessischer Justizminister von Brentanöo di Trenaz P: Ver⸗
Der Abgeordnete Dr. Philipp ist gänzlich unorientiert über die hältnisse im Süden, wie es seiner Partei oft passiert, und wie es
für die Psyche der Norddeutschen charakteristisch ist. Sie verstehen es nicht, die Anschauungen, das Innere, den Charakter und die Seele
der Völker zu erkennen. In der heillosen Vernürrung, die getreten ist, werden wir oftmals falsch beurteilt. Auch in Preußen haben sogar hochgestellte Beamte autonomistische Pläne vertreten. Uns gegenüber wird man direkt beleidigend. Es wird von einem landesverräterischen System gesprochen und sogar der kulturkämpfe⸗ rische abgetriebene Gaul wieder hervorgezogen. Der Staat, wie wir ihn etwa planen, würde ein größeres Bollwerk für die deutsche Sache sein, als es andere Staaten mit hakatistischer Färbung gewesen sind. Der Redner mrd schließlich durch lebhafte Schlußrufe aus allen Teilen des Hattses unterbrochen. g
Abg. Dr. Haase (U. Soz.): klaren Entscheidung aus, die staat hinaus. Preußen
jett ein⸗
Der Kompromiß weicht einer ie Entwicklung geht auf den Einheits⸗ muß in das Reich aufgehen, dann müssen
Ein Schlußantrag Groeber (Zentr.), Löbe (Soz.), Blunck (Dem.) wird mit geringer Mehrheit angenommen.
Abg. Heile (Dem.) bedauert zur Geschäftsordnung, daß durch den Beschluß den Freunden des Kompromißantrages, insbesondere aus Hannover, es unmöglich gemacht ist, dem Gegner des Antrages zu erwidern.
Abg. Dr. Ludewig (Dem.) bedauert daß er infolge des Schlusses nicht als Vertreter von Groß Thüringen zu Worte ge⸗ kommen sei.
„Abg. Mittelmann (D. Nat.) bedauert, daß er verhindert sei, über den Anschluß von Deutsch⸗Oesterreich zu sprechen. Ebenso brdauern die Wortabschneidung die Abg. Hoffmann⸗Ludwigshafen (Bentro, Wachhorst (Dem.), Hampe⸗Braunschweig (D. Nat.) und Dr. Luppe⸗
einiger von den Abgeordneten Luppe und
Frankfurt a. M. (Dem.)
Nach Annahme Ludewig (Dem.) beantragten geringen Aenderungen wird der Kompromißantrag Löbe⸗Trimborn⸗Heile zu Artikel 18 in namentlicher Abstimmung mit 169 gegen 71 Stimmen bei 16 Stimmenenthaltungen angenommen.
Artikel 52 wird in der Ausschußfassung mit einem von dem Abg. Luppe (Dem.) beantragten Zusatz ange⸗ nommen, wonach das Stimmverhältnis im Reichsrat jeweils entsprechend der Volkszählung neu geregelt werden soll.
Artikel 64 wird unter Ablehnung aller Anträge un⸗ verändert in der Ausschußfassung angenommen. Ebenso wird der Artikel 164 a genehmigt.
Das Haus nimmt nunmehr die gestern a u Abstimmung über den Artikel 162 vor, in der sämtliche Abänderungsanträge abgelehnt werdern bis auf den Antra g‚ Delius, der im Reichswirtschaftsra und in den Bezirkswirtschaftsräten nicht „die wichtigsten Be rufsgruppen“, sondern „alle wichtigen Berufsgruppen“ ver treten sehen will. Mit dieser Aenderung wird der Artikel 162 in der Ausschußfassung angenommen. Zu dem gestern er ledigten Artikel 152 (Bodennutzung) ist noch rückständig di namentliche Abstimmung über den Antrag Auer (Soz.), de die Arfhebung der privaten Regale und Mutungsrechte ver langt. Sie ergibt die Annahme des Antrages mit 132 geger 118 Stimmen.
Die Sitzung wird abgebrochen. Weiterberatung 4 Uhr. Uebergangs⸗ und Schlußbestimmungen.
Schluß 1 ½ Uhr. “
Die Sitzung wird um 4,20 Uhr vom Präsidenten Fehrenbach wieder eröffnet. 8 Die Beratung setzt ein bei dem Abschnitt „Ueber⸗ gangs⸗ und Schlußbestimmungen“. Ar⸗ tikel 164 bestimmt, daß in den nächsten 15 Jahren Mit⸗ glieder der Familien von Landesherren, die 1918 in Deutsch⸗ land regiert haben, nicht zum Reichspräsidenten gewählt werden können. Je ein Antrag Arnstadt (D. Nat.) und Dr. Heinze (D. V.) wollen die Bestimmung streichen; ein Antrag Frau Agnes (U. Soz.) und Gen. will, daß die Mitglieder solcher Familien, die in Deutschland regiert haben, überhaupt nicht zum Reichspräsidenten gewählt werden können. Abg. Gröber (Zentr.): Merkwürdig, daß in der freiesten Ver⸗ fassung die Freiheit der Wahl in einem wichtigen Punkt durchbrochen wird durch eine Art Ausnahmegesetz. Ein praktisches Bedürfnis dafür
s gesetzte (Räteartikel
während und noch ist der Boden nicht soweit zur Ruhe gekommen,
liegt nicht vor. Die Bestimmung sieht aus wie ein ganz unmotiviertes Angstprodukt. “ 8 8