“ — 111“ 3 S 1““ 8 “¹“ bestimmt, in der äußeren Form der Zeichen sind gewisse An⸗ kehnungen an die ägyptische Schrift vorl anden; dennoch birtet nach Sethe die ägyptische Schrift nicht das Urbild, sondern nur ein Porbild für unser in der hebräischen Tradition über⸗ liefertes Alphabet. In der Darstellung der Konsonanten als Buchstaben liegt die gedankliche Leistung. Obwohl das Aepyptische ebenfalls den Stammbegriff an dem Konsonanten haften läßt, hat es doch nicht die letzte Folgerung aus dieser Tatsache gezogen. Es blieben Lautzeichen bestehen, wober die grehe Zahl der Hieroglyphen stammt; von einem ägyptischen Alphabet kann nicht gesprochen werden. Die semitischen Entdecker des Alphabets machten eben die Konsonanten, d. h. die wesentlichen Lautelemente, zu den Buchstaben; die Vokale ließen sie zunächst fort. Der Vor⸗ tragende behandelte alsdann das Verhältnis der ägvptischen zur femitischen Schrift mit Rücksicht auf die von Flinders Petrie ver⸗ öffentlichten Sinalinschriften. 29 oder 30 Zeichentypen dieser 11 kurzen Inschriften haben zu agyptischen Schriftformen Beziehungen, 11 Zeichen sind nicht genetisch mit der ägvprischen in Zusammenhang zu bringen, 10 weuere Zeichen sind gar nicht vergleichbar; ähnlich steht es mit dem Verhältnis der Sinaiinschrift n zur altsemitischen Schrift. Es ist demnach beute nech zweifelhaft, ob de Sinaischrift eine Buch⸗ stabenschrift ist, eine weitere Vergleichung der Sinaischrift mit den alt emitischen Inschriften von Siloah, Marsu und anderen führt zu dem Schlusse: Die Sinaischrift ist noch keine reine Buchstabenschrift. Es scheint nun, daß die Semiten zwar die äußeren Formen von den ägyptischen Hieroglyphen zum Teil übernommen haben, während die Idee selbst, die Konsonanten zu Trägern des Alphabets zu machen, ihr geistiges Eigentum ist. Von einer anderen Gedankenreihe aus, nämlich aus den Namen der Buchstaben her, wie sie teils das hebräische, teils das seschtsche Alphabet trägt, suchte der Vortragende Licht auf das chwierige Problem zu werfen. Zunächst erhebt sich die Frage: Sind die Buchstabennamen hebräisch? Darauf ist zu antworten: Sie sind nicht aus der Sprachfamilie des alttestamentlichen Hebräisch, aber 18— können wegen gewisser Erscheinungen nur in einer semitischen Spra ze entstanden sein; denn auch die Phön zier nennen die Buchtaben mit denselben Namen. Hätten nun die Hebräer von den Phöniziern die Namen übernommen, so wirden sie sie in ihre Sprache übertragen baben, denn die Phönizier haben es so gemacht. Die Hebräer haben die Namen beibehalten, weil sie sie aus einem ihrer Sprache ver⸗ wandten Dialekt, dem alten Uraramäischen, übernommen haben, wie Dr. Auerbach im einzelnen nachzuweisen suchte, indem er Namen des alten Testaments anführte wie Nun Debora u. g., die gleich⸗ falls keine hebräische Form tragen. Es ist die Sprache des U r⸗ aramäer, deren die Istaeliten vor ihrer Seßhaftmachung in 11 sich bedienten, der auch die Namen der Buchstaben ent⸗ tammen, obwohl heute noch viele in ihrer Bedeutung unerklärlich sind. Das würde mit der Vätersage der Hebräer übereinstimmen, nach der die Arami ihre Ahnen sind. Man muß auch annehmen, daß die Namen der Buchstaben mit diesen zugleich entstanden sind, wofor uns die griechischen Namen den Beweis bieten; denn da die Hellenen die Formen von den Phöniziern übernahmen, sind ihnen deren Namen Fremdwö ter, die sie ihrem Idicm gemäß umformen; so vermösen wir aus dem Griechischen zu schließen, wie die Buchstabennamen bei den Phöniziern gelautet haben müssen, die sie aber wieder ihrer Sprache angepaßt haben; sie müssen sie demnach gleichfalls entlehnt haben. Nun kann uns das Inschriften⸗ malerial auch Hinweise bieten, wer die eigentlichen Erfinder des Alphabets sind. Aus den Einzeluntersuchungen ergibt sich, daß die israelitische Schrift ihre Form beibehalten hat, die sie um 700 vor Cbristus schon besaß; sie hat demnach die mehr ursprüngliche Form bewahit als die phönizische. Demnach stehen die Israeliten den Er⸗ 5 des Alphabets näher als die Phönizier, die man als die Ver⸗ reiter des Alphabets ansprechen muß, während den Israeliten die Rolle der Erfinder des Alphabets zukommen würde, die sie etwa um 1400 vor Christus gewesen sind. Als eine Vermutung wies der Vor⸗ tragende in Uebereinstimmung mit Professor Lehmann⸗Haupt und in Anlehnung der Bedeutung des biblischen Loosorakels der Urim und Thu⸗ mim, das nur mit ja oder nein antwortet, auf den levitischen Priester⸗ stamm innerhalb der Israeliten hin, dem vielleicht diese Erfindung ge⸗ ge'ückt ist und innerhalb der Priesterfamilien auf Moses selbst, den (eistigen Heros. Für die Wahr cheinlichkeit dieser Vermutung spricht die Zeit, um die das Alphabet entstanden sein muß, sowie die Be⸗ ziehungen von Palastina zum Südosten des semiti chen Sprachgebiets. Das Alphabet ma somit bei den südtsraelitischen Stämmen ent⸗ standen sein, die ja gegenüber den Nordstämmen als kie Träger der eigentlichen Stammestultur, der Id en des Monotheismus und der Gerechtigkeit, gelten müssen. Alle Propheten, die schrift!iche Auf⸗ zeichnm gen hinterlassen haben, kommen aus dem Suͤden des Landes. Sonach kann man die Efinder des Alphabets bei denselben Stämmen suchen, die auch die Schriften des alten und des niuen Testaments geschaffen haben. Die Ausführungen des Vortragenden wurden von Prof. Schaefer, Direktor Prof. Weber und Dr. Täubler krilisch besprochen und ergänzt.
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Wohlfahrtspflege.
Nationalstiftung für die Hinter⸗ hliebenen der im Kriege Gefallenen in die Schweiz zur Erholung entsandten Kriegerwaisen, die sich in Adelboden im Berner Oberland befinden, hat vor kurzem der deutsche Gesandte in Bern einen Besuch abgestattet. Die Kinder sind dort in einer Reihe zusammenliegender Heime aufs beste unter⸗ gebracht. Alle Einrichtungen hat der mit großem Jubel auf⸗ genommene Gesandte eingehend besichtigt und vorbildlich vor⸗ gefunden. Er konnte mit Genugtnung feststellen, daß die Kinder, die in einem äußerst schlechten Ernährungszustande angekommen waren, nach ihrem bisherigen Aufenthalt von etwa vier Wochen sich außerordentlich erholt haben und nur ungern das Ende ihrer Ferien kommen sehen. Besonders erfreulich ist, daß sich ein freundschaftliches Verhältnis der deutschen Kinder zur schweizer Be⸗ völkerung herausgebildet hat, sodaß den kommenden Transporten deutscher Kinder, die gleichfalls von der Nationak⸗Stiftung in Adelboden untergebracht werden sollen, von vornherein ein freund⸗ licher Empfang g sichert ist.
Den von der
Ein neuer Blindenberuf. Die Berufsberatung unserer Kriegsinvaliden ist eine der dringendsten Aufgaben unserer traurigen Gegenwart. Deshalb dürfte folgender Hinweis auf die aus verschiedenen Gruͤnden ganz besonders zu beobachtende Gruppe von Kriegsblinden vielleicht für weitere Kreise bemerkenswert sein, den der Professor Dr. Johannes Dück in der Frankfurter Wochenschrift „Die Umschau“ macht: In Innsbruck wurde auf seine Veranlassung der Versuch ge⸗ macht, eine Teilbeschäftigung des Friseurgewerbes, das sogenannte Dressieren“ der Haare, als Blindenarbeit zu vergeben. Diese Beschaftigung besteht im Auffassen, Eindrehen und Verflechten feiner Haarstränge zwischen ausgespannten Fäden; sie ist sehr leicht erlern⸗ bar, benötigt die Führung des Auges gar nicht oder kann sie wenigstens leicht entbehren und erfordert keine Maschinen, weshalb sie also auch als Heimarbeit ohne weiteres ausgeübt werden kann. Sie kann sowohl im Sitzen wie im Stehen und natürlich bei ent⸗ sprechenden Witterungeverhältnissen auch in einem luftigen Raum, etwa auf einem offenen Balkon oder ganz im Freien ausgeführt werden, Um⸗ stände, die gesundheitlich bei langer Dauer der Beschäftt ung als günstig bezeichnet werden müssen. Außerdem ist es für Geübtere sehr leicht möglich, daß sie ihre Aufmerksamkeit, auch noch einem anderen Vorgang zuwenden, ohne daß der Wert ihrer Arbeit beein⸗ trächtigt würde, so daß also durch Vorlesen und Unterhaltung für geistige vnreghng und Weiterbildung genügend Spielraum vorhanden ist. Nach Mitteilung des Fergeserber Fachmanns kann ein Anfänger etwa 1 m, ein Geübter leicht 1 ½ m der Arbeit in 1 Stunde fertigstellen; auch sei die Arbelt, feibt bei
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ist es hier zu einer vorübergehenden Einstellung Eisenbahnbetriebes gekommen.
der Einstellung des Güterverkehrs und abends auch des Personen⸗ verkehrs. In einer in den späten Abend unden abgehaltenen Ver⸗ sammlung der Lokomotivführer wurde eine Verständigung dahin erzielt, daß der Betrieb wieder aufzunehmen sei. Morgenstunden
Blättern vom 21. Jult kam es am Sonnabend, dem Tage der Friedensfeier, in mehreren englischen und irischen Städten zu Gewalttätigkeiten. Brand gesteckt, Vereinigung des Verbandes entlass ner Soldaten und Seelcute die Ve⸗ nutzung des Parkes zu einer Erinnerungsfeier für ihre gefallenen Kameraden zu gestalten. In der irischen Stadt Cork kam es nach der Friedensfeier zu Tumultszenen. anderen irischen Stadt wurde der Aufruf der Regierung zur Friedens⸗ feier mit Teer übermalt. gebäude eine republikanische fall der Meuge von Soldaten heruntergeholt wurde.
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dauernder Ausführung, nicht ermüdend; keinesfalls erfolge eine Ueber⸗ anstrengung. Die Zahlung erfolgt in Insbruck als Stücklohn und sichert nach Mitteilung des erwähnten Meisters einen durchaus genügenden Unter⸗ halt. Gerade der Umstand, daß bei dieser Beschäftigung eine geistige Weiterbildung und damit auch gegebenenfalls später der Uebergang zu einer andern vielleicht noch mehr Befriedigung gewährenden Pe⸗ rufsarbeit möglich ist, sollte manchen Kriegsblinden zu einem Versuch damit ermutigen; die Meister aber sind nach den Insbrucker Er⸗ fahrungen froh, ständige und verläßliche Dresseure zu haben.
Verkehrswesen.
Daos Pressebüro „Radio“ meldet aus New York, daß der Post⸗ verkehr mit Deutschland am 22. Juli mit der Verschiffung von 400 Postsäcken mit 350 000 Briefen auf dem skandinavischen Dampfer „United States“ begonnen hat. Die Post wird in Kopen⸗ hagen ausgeschifft und von dort nach Deutschland weitergeschickt werden. Man erwartet, daß bis zur Wiederaufnahme des direkten Dienstes nach Deutschland die Brief⸗ und Paketpost einmal wöchent⸗ lich befördert werden wird
Mannigfaltiges.
Neue Gläser für Treibhäuser und Frühbeete. Ein bedeutsamer Einfluß des Lichtes auf die Ernährung des Menschen besteht darin, daß durch die Lichtwirkung sich unter Mithilfe des Blattgrüns die Umwandlung von Kohlesäure, Wasser und Stickstoff, in Stärke, Elweiß und Fett im Pflanzenkörper vollzieht. Ueber den Einfluß des Lichts auf die Gestaltung des Pflanzenwuchs hat nun Fritz Schanz wichtige Versuche angestellt, indem er bestimmten Pflanzen den ultravioletten Anteil des Lichts durch Anwendung eines bestimmten Glases, des sogenannten Euphoglases, entzog. Solche Versuche wurden mit Edelweiß, mit Roggen mit Hafer, mit Gerste angestellt. Das ultraviolette Licht beeinflußt die Gestaltung der Pflanzen. Sie werden bei dessen Abschwächung größer, ihre Stengelglieder länger, die Blätter länger, schmaler und dünner. Deutlich zeigt sich dies am Edelweiß, und man erkennt diesen Einfluß leicht, wenn man beobachtet, wie das aus dem Hochgebirge nach der Tiefebene versetzte Edelweiß seine Gestalt verändert. Aus dem karzen gedrungenen Gewächs wird eine lang⸗ aufgeschossene Pflanze, von deren alpinem Charakter kaum mehr etwas übrig bleibt, und diese Wirkung ist nur auf den Einfluß des ultra⸗ violetten Lichts zurückzuführen. Die Versuche von Schanz haben auch gezeigt, wie sich unter dem Euphoglas nicht nur die Gestalt der Pflanze, fondern auch ihr Anpassungsorgan vergrößert. Diese Beobachtung könnte in der Landwirtschaft und im Gartenbau aus⸗ genutzt werden, indem man den Treibbeeten mehr als bisher das ultraviolette Licht entzieht.
Erfurt, 23. Juli. (W. T. B.) Infolge der Kündigung von zwei Angestellten kam es in der ehemaligen Köͤniglichen Gewehr⸗ fabrit in Erfurt zu Ruhestörungen. Ein Teil der Arbeiter⸗ schaft rottete sich zusammen, um von der Direktion die Zurücknahme der ausgesprochenen Kündigung zu erzwingen, drang in das Ver⸗ waltungsgebäude der Fabrik ein, mißhandelte dort einen Vertreter der Arbeiterschaft, der zu Verhandlungen dort weilte, und bedrohte das Personal der Fabrikleitung; jegliche geschäftliche Arbeit wurde verhindert. Die Leitung sah sich daher gezwungen, den gesamten Betriebeinzustellen. Die esge wurden zum Schutz vor Sabotage durch Reichswehrtruppen des Erfurter Kommandos besetzt.
Wesel, 23. Juli. (W. T. B.) Gestern abend trafen von Rotterdam die Besatzung der „Emden“ und Mann⸗ schaften aus Tsingtau im Heimkehrlager von Friedrichsfeld ein, ferner ein Zwilgefangenentranport, sämtlich aus Ausstralien. Heute früh kam ein Verwundetentransport aus England an.
Kiel, 23. Juli. (W. T. B.) Im Laufe des gestrigen Tages des n In den Kieler Eisenbahn⸗ betriebewerkstätten waren gestern vormittag zwischen den Betriebs⸗ leitern und den Arbeitern Meinungsverschtedenheiten entstanden, die damit endeten, daß die Arbeiter die Betriebsleiter gewaltsam aus den
Werkstätten entfernten. Hicrauf antworteten die Lokomotipführer mit
— In den heutigen war der Betrieb wieder normal.
msterdam, 23. Juli. (W. T. B.) Nach den englischen
In Luton wurde das Rathaus in weil der Stadtrat sich geweigert hatte, der örtlichen Mehrere Schutzleute wurden verwundet. Die Polizei war gezwungen zu feuern. In einer
In Tipperary wurde auf dem Post⸗ Fahne gehißt, die unter ironischem Bei⸗
Geschäftsräumen
glidern beabsichtigte Zuwahl zum Aussichtsrat wurde vertagt. Hierauf be⸗ richtete der Vorsitzende des Aufsichtsrats Generaldirektor Dunker über einen mit dem abzuschließenden Vertrag, dem
grundsätzlich zugestimmt habe. Kenntnis. Inzwischen hat auch der Aufsichtsrat der Deutschen Ueber⸗ seedienst G. m. b. H. in Berlin diesen Vertrag genehmigt, wodurch
eine gemeinsam zu betreiben.
Berichte von auswärtigen Wertpapiermärkten.
vertrages über die Aufteilung der Kriegsschulden hat an der B oͤrse auf die Preisbildung der Bankaktien ungünstig zurückgewirkt. Sonst 1“
Handel und Gewerbe.
— In Hamburg fand laut Meldung des „W. T. B.“ in den — der Seedienst A.⸗G. eine außerordent⸗ liche Generalversammlung statt, bei der 320 Stimmen vertreten waren. Es wurde einstimmig beschlossen, den Gesellschaftsvertrag dahin abzuändern, daß der Aufsichts⸗ rat ars mindestens sechs Mitgliedern und höchstens 16 Mit⸗ bestehen soll. Die nach der Tagesordnung
Deutschen Ueberseedienst G. m. b. H. dem der nach § 2 des Gesell⸗ Aufsichtsrat der Seedienst A.⸗G.
schaftsvertrags hierfür zuständige Die Generalversammlung nahm davon
beide Gesellschaften ene Interessengemeinschaft eingehen, um fortan Zersplitterung wichtiger Kräfte zu verm iden und im Interesse des baldigen Wiederaufbaus unserer Wirtschaft, den Nachrichtendienst über Schiffahrt, Ueberseehandel, Exportindustrie, Versicherung usw.
Wien, 23. Jult. (W. T. B.) Die Bestimmung des Friedens⸗
fanden in Skodaattien statt, die für tschechische nung aus dem Markte genommen wurden und um 27 Kronen stiegen. Auch die in der Kulisse gehandelten Bergwerks⸗ und Tabakwerte haben sich nam⸗ haft im Kurse gehoben. Im Schranken herrschte gleichfalls Kauflust vor, insbesondere verkehrten einzelne Schiffahrts⸗, Eisen⸗ und Kohlen⸗ papiere in steigender Richtung. Die Renten schwächten sich um
Bruchteile gb.
Wien, 23. Juli. (W. T. B.) Notierungen der Deutsch⸗ Oesterreichischen Devisenzentrale. Berlin 222,00 G., 222,50 B., Amsterdam 1247,50 G., 1249,50 B., Zürich 603,50 G., 605,00 B., Kopenhagen 737,50 G., 739,00 B., Stockholm 801,00 G., 802,50 B., Christiania 790,00 G., 791,50 B., Marknoten 220,25 G., 220,85 B. „Wien, 23. Juli. (W. T. B.) (Börsenschlußkurse.) Türkische Loose 420,00, Orientbahn 1994,00, Staatsbahn 975,00, Südbahn 176,25, Oesterreichische Kredit 264 00, Ungarische Kredit 631,00, Anglobank 356,00, Untonbank 493,00, Baniverein 430,00, Landerbank 468,00, Tabakaktien 2225,00 Alpine Montan 1041,00, Prager Eisen 2625,00, Rima Muranyer 990,00, Skodawerke 774,00, Salgo⸗Kohlen 981,00, Brüxer Kohlen —,—, Gallzia 1838,00, Waffen 942,00, Lloyd⸗Aktien 3790,00, Poldi⸗Hütte 864,00, Daimler 620,00, Oesterreichische Goldrente —,—, esterreichische Kronen⸗ rente 81,50, Februarrente 82,50, Mairente 82,25, Ungarische Gold⸗ rente —,—, Ungarische Kronenrente 70,00.
7 7 London, 21. Juli. (W. T. B.) Privatdiskont 3 ⁄16, Silber 54 ½. London, 22. Juli. (W. T. B.) 2 ½ % Englische Konsols 51 ⅛,
5 % Argentinier von 1886 97, 4 % Brasilianer von 1889 63, 4 % Japaner von 1889 69, 3 % Portugiesen 54, 5 % Russen von 1906 —, 4 ½ % Russen von 1909 42, Baltimore and Ohio 53 Canadian Pacific 185, Erie 22 ½¼, National Railways of Mexico 1 1 ⅛, Pennsylvania —,—, Southern Pacific 120, Union Pactfic 152, United States Steel Corporation 125, Anaconda Copper —, Rio Tinto 62 ¼, Chartered 24/1, De Beers def. 24, Goldfields 2 ⅛, Randmines 3 ⁄⁄6.
Amsterdam, 23. Juli. (W. T. B.) Wechsel auf Berlin ha
war die Stimmung bei verringertem Verkehr fest Große Umsätz ech
Wechsel auf Wien 7,75, Wechsel auf Schweiz 46,60, Wechsel au Kopenhagen 59,25, Wechsel auf Stockholm 65,55, Wechsel au New York 265,00, Wechsel auf London 11,62, Wechsel auf Paris 37,70, Wechsel auf Christiania 62,25. 5 % Niederländische Staatsanleihe von 1915 92 ¾RS, 3 % Niederländische Staatsanleihe 59 ¼, Königl. Niederländ. Petroleum 778 ½, Holland⸗Amerika⸗Linie 4.5 ½, Niederländisch⸗Indische Handelsbank 285, Atchison, Topeka u. Santa Fé 104, Rock Island —,—, Southern Pacific 110 ¾, Southern Railway —, Union Pacisic 144, Anaconda 169 ½, United States Steel Corp. 116 ¾, Französisch⸗Englische Anleihe —, Hamburg⸗ Amerika⸗Linie —. — Tendenz: Fest.
Kopenhagen, 23. Jult. (W. T. B.) Sichtwechsel auf Hamburg 27,75, do. auf Amsterdam 169,25, do. auf schweiz. Plätze 79,25, do. auf New York 452,00, do. auf London 19,59, do. auf Paris 63,50, do. auf Antwerpen 62,50, do. auf Helsingfors 33,00.
Stockholm, 23. Juli. (W. T. B.) Sichtwechsel auf Berlin 26,00, do. auf Amsterdam 153,00, do. auf schmeiz. Plätze 71,0, do. auf Washington 408,00, do. auf London 17,75, do. auf Paris 57,50, do. auf Brüssel 55,50, do. auf Helsingfors 28,75.
New York, 22. Juli. (Schluß.) (W. T. B.) Die Börse eröffnete in schwankender Haltung. Während Akltien von Stahl⸗ und Motorfabriken sowie Schiffahrtswerte feste Haltung zeigten, waren Spezialpapiere schwach. In Eisenbahnatktien gestaltete sich das Geschäft zeitweilig lebhaft, besonders für niedrig im Kurse stehende Werte bestand Nachmittags lebhaftere Nachfrage. Bei Schluß der Börse war die Haltung unter Führung von Bahnen und Aktien von Eisenbahnbedarfsfabriken fest. Umgesett wurden 1 400 000 Aktien. Tendenz für Geld: Behauptet. — Geld auf 24 Stunden Durchschnittssatz 6, Geld auf 24 Stunden letztes Darlehen 7, Wechsel auf London (60 Tage) 4.29,50, Cable Transfers 4 36,00, Wechsel auf Paris auf Sscht 7,09.,00, Silber in Barren 104 ½ 3 % Northern Pacific Bonds 58 ½, 4 % Verein. Staaten Bonds 1925 106 ½, Atchison, Topeka u. Santa 6 100 ½, Baltimore und Ohio 46, Canadian Pacific 174. Chesapeake u. Ohio 65, Chicago, Milwaukee u. St. Paul 48 ½, Denver u. Rio Grande 10 ⅛, Illinots Central 101, Louisville u. Nashville 115, New PYorf
entral 81, Norfolk u. Western 106 % Pennsylvania 45 ⅛, Reading 89. Southern Pacisic 106, Unton Pacifte 133 ½, Angconda 8 „ Penüng 75, United States Steel Corporation 109 ¾, do. pref. 117 . —
3 b“
Berichte von auswärtigen Warenmärkten.
London, 21. Juli. (W. T. B.) Kupfer per Kasse 104 ½.
London, 22. Juli. (W. T. B.) Wollauttion. Es wurden 6542 Ballen augeboten, fast alles wurde verkauft. Feine Sorten erreichten volle Preise, geringere sowie Croßbreds waren ge⸗
drückt und unregelmäßig. Liverpool, 22. Juli. (W. T. B.) Baumwolle. Ums 3000 Ballen. Einfuhr 12 000 Ballen, davon 9900 Ballen ameri⸗
kanische Baumwolle. — Für Juli 21,38, für September 21,54, für
Oktober 21,63.
New York, 22. Juli. (W. T. B.) (Schluß.) Baumwolle loko middling 36,05, do. für Juli 35,25, do. für August 35,20, do. für Sept. 35,50, New Orleans loko middling 34,50, Petroleum resined (in Cases) 20,25, do. Stand. white in New Pork 17,25, do. in tanks 9,25, do. Credit Balances at Oil City 4,00, Schmalz prime Western 34,90, do. Rohe u. Brothers 37,00, Zucker Zentri⸗ sugal 7,28, Weizen Winter 237 ½, Mehl Spring⸗Whegt clearg 9,50 — 10,25, Getreidefracht nach Liverpool nom., Kaffee Rio Nr. 7 loko 22 ½, do. für Juli 22,00, do. für September 21,60. 1u
Familiennachrichten.
8 Verlobt;: Frau Amalie Wagner, geb. Dieckmann, mit Hrn. Haupt mann Hans von Kaltenvorn⸗Stachau (Berlin). — Frl. Elisabeth Loetze mit Hrn. Oberleutnant und Adiutant Fritz Schreiber (Usingen—Brandenburg a. H.). — Frl. Friedel von BismarcVh mit Hrn. Rittergutsbesitzer Georg Prankel (Obergruppe W. Pr.— Seiffersdorf, Kr. Grottkau). Gestorben: Hr. Kammerherr Otto Frhr. Raßler von Gamer⸗
schwang (Schloß Weitenburg, O.⸗O. Horb, Württbg.).
Verantwortlicher Schristleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteber der Geschäftsstelle,
Rechnungsvat engerina in Berlin. Verlag der Geschäftsstelle (Mengerinag) in Berlin. 1 Druck der Norddeutschen Buchdruckerei Berlin, Wilhelmstraße 52. Vier Beilagen leimschließlich Börsenbeibage) und Erste, Zweite und Dritte Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage, )
sowie die Inhaltsangabe Nr. 29 zu Nr. 5 des öffentlichen Anzeigers.
.
Reichsanzeiger in Preußischen
Berlin, Donnerstag, den 24. zul⸗
„55à5*
—
Dentsche Nationalversammlung — in Weimar.
4. Sitzung vom 23. Juli 1919, Vormittags 10 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphenbüro.)]
Am Regierungstische: die Reichsminister Bauer, Müller, Noske, Erzberger, Schmidt, Schlicke.
Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung 10 Uhr 25 Minuten. Einziger Gegenstand der Tagesordnung: Entge⸗ gennahme einer Erklärung der Reichsregierung.
Reichsministerpräsident Bauer: Meine Damen und Herren! Sie haben vor 14 Tagen unter dem Zwang der Weltlage den Friedens⸗ vertrag ratfiziert. Damit ist eine Eprche abgeschlossen, die den ge⸗ waltigen Aufstieg Deutschlands und seinen tragischen Zusammenbruch umfaßte.
Auch diejenigen, die im alten Reich in der schärfsten Opposition standen, haben in diesem Augenblick von manchem Ab⸗ schied nehmen müssen, was ihnen teuer und wert geresen ist. Aber das Leben geht weiter. Selbst der Abschiedsschmerz muß für jeden einzelnen ein Ansporn sein, mit beiden Händen bei der Aufgabe zuzufassen, unter der sich heute die Zukunft darstellt: bei der Er⸗ füllung, bei der Abtragung und schließlich bei der Revision des Vertrages von Versailles. Der bitterernste Augenblick muß uns Ver⸗ anlassung geben, die Bilanz unserer Lage zu ziehen, mehr aber noch, die zmukünftige Marschroute zu bestimmen, die für die deut che Republik sich ergibt. Ich lasse daher die Vergangenheit, lasse die Abrechnung über die Schuld dafür, daß alles so gekommen ist, und lasse den unveränderlichen Protest gegen die Vergewaltigung beiseite. Denn mun gilt es, nach vorn zu sehen und Blick und Schritt vorwärts Arbeit an der Erfüllung des Vertrages und Wiederaufbau unseres zusammengebrochenen Volkes, unserer zertrümmerten Wirtschaft unseres schwergefährdeten sittlichen Bewußtseins, all das muß mit den gleichen Mitteln auf dem gleichen Boden geleistet werden. Für das deutsche Volk gäbe es keine Entschuldigung und keine, Ausflüchte, wenn es dieser Arbeit nicht gerecht würde. Im neuen Deutschland bestimmt es selbst seine Geschicke und ist sein Wille das oberste Gebot. Wenn der großen Masse diese völlig veränderten Verhältnisse so oft noch nicht zum Bewußtsein kommen, so ist der Grund dafür, daß sie über dem immer noch bestehenden wertschaftlichen Elend der Kriegszeit die politische Umwandlung übersehen. Die
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Revolution hat uns freie Bahn geschaffen, aber es war die freie Bahn, wie sie die Vernichtung auf einem Schlachtfelde schafft. Acht Monate sind seither ins Land gegangen, größtenleils den Aufräumungsarbeiten ge⸗ widmet, aber auch dem Ausbau des neuen Staatshauses, das Sie in dieesen Tagen durch die Annahme der neuen Verfassung krönen werden. Damit ist die demokratische Repuhlik unter Dach und Fach, damit hat die Deutsche Nationalversammlung den ersten gro zen Teil ihrer Aufgaben gelöst. Es verdient festge iu werden, daß die Herren der äußersten Rechten gerade diesen Augenblick, der das Hohen⸗ zollernsche Kaiserreich auf Nimmerwiedersehen zu den Toten legt, dazu benutzt haben, die Wiederherstellung der Monarchie der Hohenzollern als ihren ersten Programmpunkt zu erklären. Daß sie die Revo⸗ lutionsregierung für diesen Frieden verentwortlich machen, nachdem das Kaisertum in unseliger Machtverblendung den Krieg und damit von vornherein den Frieden verloven hatte, daß sis der heutigen parlamenlarischen Regierung den Kampf ansagen bis aufs Messer, all das ist uns nichts Neues. Wir sind zum Kampf gerüstet, auch zum Kampf gegen Geschichtsfälschung. Die Geschichte selbst hat in den Novembertagen gerichtet, und es ist alter deutscher Rechtsgrundsatz, daß der Verurteilte drei Tage lang nach dem Urteil schimpfen darf. Aber die Herren von der Reochten verkennen auch heute wieder die Zeichen der Zeit, wie sie sie 70 Jahre lang verkannt haben. Vor über 70 Jahren, im Jahre 1848 in der Paulskirche, hat Ludwig Uhland das Wort gesprochen, das sich die Rechte zur Richtschnur hätte nehmen müssen, das Wort: „Es wird kein Haupt über Deutschland leuchten, das nicht mit einem Tropfen demokratischen Oels gesalbt ist. Dies Wort, rechtzeitig befolgt, hätte den Gang der Ereignisse vielleicht ändern können. Heut ist die Stunde für immer verpaßt: nicht das Haupt eines einzelnen, die Demokratie selbst erhebt sich heute und leuchtet über der neuen Republik, deren Verfassung die un⸗ vergänglichen Worte einleiten:
Das deutsche Volk, einig in seinen Stämmen und von dem Willen beseelt, sein Reich in Freiheit und Gerechtigkeit zu er⸗ neuern und zu festigen, dem inneren und dem äußeren Frieden zu dienen und den gesellschaftlichen Fortschritt zu fördern, hat sich diese Verfassung gegeben. 1 1 „Ich verzichte darauf, die demokratischen “
letzten 8 Monate aufzuzahlen. Kein anderes Volk kann sich solch reiner Demokratie rühmen. Ganz sicher ist noch das eine oder das andere zu tun und zu bessern. Ich erinnere nur an die grund⸗ legende Umgestaltung unseres Strafrechts und unseres bürgerlichen
Rechts, die bereits in vollem Gange ist und die Demokratisierung da und dort fehlt, so ist es nicht ein Fehlen von Rechten des Volkes, sondern vielmehr ein Fehlen von Fähigkeiten, bei der Zukunft und ihren Aufgaben. Wir müssen die Kräfte im Volk schaffen und ausbilden, welche die Demokratie, soweit sie noch Ausbilden muß da anfangen, wo der wahre Mensch selbst anfängt, in der Schule, in der Erziehung. Wir müssen die Waffen der die einzige Bewaffnung des Proletariats, die uns den Sieg für unser ganzes Volk verbürgt. Mit Gewaltsamkeiten ist keine Ent⸗ 8 Jedes 8 3 und das Regieren erst recht, obwohl Demagogen dem Volk heut vor⸗ reden wollen, dies verantwortungsvollste Handwerk lerne Resolutionen. Wir müssen wieder Respekt vor Sachkenntnis und Erfahrung bekommen, wir müssen jedem Befähigten die Erwerbung dieser Sachkenntnis 9 †⸗ schen Republik keine Aeußerlichkeit, sondern der Geist des Volkes werde. sie sind uns in der Verwirrung dieser Zeit fast verloren gegangen, Anrecht auf eine Führerstelle erblicken, ja wo ganze Parteien, trotz⸗ Mitalieder über die Mehrheit des Volkes proklamieren. Die 1t Unabhängigen sind es, die diese „Diktatur des Proletariats“ als die das Schlagwort an sich ist unrichtig. Weite Kreise des Proletariats lehnen diese Diktatur, wie selbst Friedrich Adler, der radikale österreichische Führer, hat bei der Wiener Reichskonferenz nachgewiesen, daß an eine Diktatur des Proletariats nicht gedacht
unserer Rechtsoroczung bringen wird. Aber wenn es wirklich noch diese Rechte in vollem Umfange auszuüben. Damit bin ich wieder auf dem Papier steht, ins Leben übertragen. Dies Schaffen und Bildung, und der Kenntnisse an das ganze Volk verteilen, das ist“ wicklung zu fördern. des Handwerk setzt seine Lehrzeit voraus, f sich in ein paar Volksversammlungen und mit ein paar 80 und Erfahrung möglich machen, damit die Demokratie in der deut⸗ Meine Damen und Herren, das sind Binsenwahrheiten, aber wo viele in der leicht erworbenen Mitgliedschaft einer Partei da dem sie die Minderheit darstellen, das Recht auf eine Diktatur ihrer politische Notwendigkeit der nächsten Zeit anpreisen. Aber schon jede andere ab, werden könne. Was die Unabhängigen wollen, wäre nicht einmal
eine Klassenherrschaft, sondern die Zwangsherrschaft eines Teiles
Feiner Klasse. Aber mit der übergroßen Mehrheit des Volkes lehnen wir jede Diktatur als ein brutales, geistloses und unzweckmäßiges Mittel, gufs entschiedenste ab. Eine Diktatux kann keine, neuer Kräfte schaffen, sie kann die innere Natur der Dinge nicht verändern, ganz besonders nicht auf wirtschaftlichem Gebiet. Ich bin mit dem
Die Herren
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Sozialisierungsminister Deutsch⸗OesterreichsS, Otto Bauer, einig in der Ueberzeugung, die Baue folgendermaßen formuliert hat: 1 Die politische Revolution war das Werk der Gewalt; die soziale Revolution kann nur das Werk aufbauender, organisierender Arbeit sein. Die politische Nevolution war das Werk weniger Stunden, die soziale Revolution wird das Ergebnis kühner, aber auch besonnener Arbeit vieler Jahre sein.“ „ Wenn Sie den Beweis dafür haben wollen, so sehen Sie doch nach Rußland, das genau, wie es einst in der zaristischen Sünden Maienblüte das Vorbild unserer Reaktion gewesen ist, heut als das gelobte Land unserer Allerradikalsten gilt. Dort hat eine Diktatur von heute auf morgen „sozialisiert“, das heißt, den Arbeitern den Betrieb unternehmer⸗ und direktorenrein in die Hand gegeben. Und was war die Folge? Schon seit Monaten sind Unternehmer und Direktoren wieder zurückgeholt worden, mit Riesengehältern und mit den alten Vollmachten, genau so, wie die Offiziere des Zaren in die „Rote Armee“ zurückgeholt worden sind, zusamt der Kommandogewalt und der blinden Disziplin! . . Meine Damen und Herren, eine Revolution der Experimente, hin der mißglückten Experimente, das mache ich nicht mit! Auf der ren Seite sind wir auch nicht ängstlich vor jedem Wagnis. Jeder ‚aber den Verhältnissen und Bedürfnissen angepaßte Fortschritt trägt sein ureigenes Tempo in sich, das sich gewaltsam nicht ändern läßt, ohne Rückschläge heraufzubeschwören. Wer dies Tempo über⸗ mäßig beschleunigt, ist kein Bahnbrecher der Revolution, sondern ein Schrittmacher der Reaktion. Er zerstört die wirtschaftlichen Grund⸗ lagen der A⸗ b er weckt die Abkehr, den Widerstand und ließlich die Gegenrevolution. 1 In dicfem Zusammenhang ein Wort zu den wilden Streiks, die seit Wochen rings um uns aufschießen, abflauen und plötzlich wieder losbrechen, und das in einem Augenblick, wo Nationalversammlung
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und Regierung mit der Zustimmung der großen Volksmehrheit ihr Wort für die Erfüllung des Friedensvertrages nach Kräften verpfändet haben. Die Parteileitung der Unabhängigen Sozialdemokratie hat in einem Aufruf an das arbeitende Volk Deutschlands erklärt: „Der Wahnglaube, durch Putsche eine Umwälzung des sozialen und politi⸗ schen Lebens herbeizuführen, ist ein für allemal abgetan. Wir wollen gern glauben, daß dies die Ansicht der offiziellen Parteileitung ist, und daß der Passus mehr ist als eine Salpierung für den Fall, daß dennoch Putsche kommen. Angesichts der Haltung der sogene nnten „vepo⸗ lutionären Obleute“, die in ihrer Mehrahl der Unabhängigen Se⸗
ist der Zweisel zumindestens erlaubt, ob
4 5 Fu1 . gvr. zialdemokratie angehörcn, ob
diese Ansicht der Parteileitung für die Gesamtpartei verbindlich Aber der Satz klingt noch seltsamer, wenn man betenkt, daß geschrieben wurde gerade zu einer Zeit sich ewig wiedechol Putsche!
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Denn was sind denn diese Strecks anders als unblutig Volk durch ih 9
der he! blutige Wunden schlagen und mehr Schaden zufügen, als Straßenkampf. 1
Nun haben alle die Berufskategorien, die in den letzzen durch Streiks die wirtschaftliche Existenz der Republik in Frage ge⸗ stellt haben, empört jede Behauptung zuxückgewiesen, gls handle es sich bei ihnen um politische Kämpfe. Es ist selbstverständlich, und eine Regierung, die in ihrer großen Mehrheit aus Sozialdemokraten besteht, wird es am allerwenigsten leugnen: die breiten Volksmassen haben Grund zur Unzufriedenheit. Die Unruhe in unserer Arbeiter⸗ schaft ist nicht auf Krakeelsucht und nicht auf Arbeitsscheu zurück⸗ zuführen. Der würde am allerletzten Abhilfe schaffen können, der nicht den berechtigten Kern in dieser Streikbewegung zu erkennen vermag. Auf der einen Seite Genußsucht und zügellose Verschwendung, ein Prassen denk einem sinnlos verteuernden Schleichhandel auf Kosten der Allgemeinheit, Kapitalflucht und Verschiebung von Vermögenswerten. Auf der anderen Seite, trotz aller Erhöhungen immer noch Löhne, die kaum zum Bezug der rationierten, ganz gewiß aber nicht zur Be⸗ zahlung von unrationierlen Lebensmitteln ausreichen. So stellt sich weiten Arbeiterkreisen heute die Lage dar. Und nun greifen sie zu dem
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einzigen Mittel, das nicht bessern, sondern nur verschlimmern kann: zum Streik! Auf wessen Anraten? Wer hat zumindestens nicht ab⸗ gevaten, nicht vor den Folgen gewarnt? Meine Damen und Heyren, nicht nur einzelne Vorgänge berechtigen uns, von frevelhaftem Miß⸗ brauch zu sprechen, den kommunistische und andere Drahttieher mit den Arbeitern, mit ihren berechtigten Forderungen, mit all diesen wilden Streiks getrieben haben. Die akademische Anerkennung von der Torheit der Putschtaktik nützt gar nichts. Hie
hier werden ja Putsche veranlaßt. Nicht am Maschinen er kennt man den Putsch, sondern an seiner Gefahr für das allgemeine Volksleben, an seinem Willen, gewaltsam Umgestaltung herbei⸗ zuführen. Herren Unabhängigen nicht den Mut auf⸗
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Front zu machen, müssen sie 1 gefallen lassen. Auf dem Bud lichen und davor gewarnt, Lohn⸗ und M Kommunist solche Worte gesunden eoder gar solchen Worten gleich⸗ gesonnene Taten folgen lassen? Nein, die Unabhängigen schweigen, und die Kommunisten rusen zum Ietzlen, unerbittlichen Kampf. Meine Damen und Herren! Eine Regierung, die diesen Namen verdient, muß handeln. lufgabe ist es nicht, vor jedem leicht⸗ fertig vom Zaune gebroche ik zu kapitulteren. Aber⸗ es ist ihre Aufgabe, berechtigte de zur Unufriedenheit eu beseitigen und ihre Volksgenossen darüber aufzuklärben, was heute durch ke Macht zu ändern, was als un fr des Krieges gemeinsam Was sich im neuen Der Seite außerordentliche Entwertung witals, auf anderen außerordentliche Steigerung d öhn; hat von Grund Anteil, den der eine und der andere aus der gemeinsamen Arbeit zieht, duldet keinen Alleinbesitz und kein alleiniges Bestimmungsrecht des Unternehmers mehr. Die Macht des Arbeiters, Sie werden ver⸗ stehen, daß ein Mann, der, wie ich, seit 30 Jahren in der Gewerk⸗ schaftsbewegung steht, also dort, wo seit Anbeginn gegen die Vormacht des Arbeitgebers gekämp rde, das mit Frcude feststellt — die Macht des Arbeiters ist sen, seine einstige Rechtlosigkeit gehört der Geschichte an. ö“ 1 1 8 . Diese Umschichtung im Einfluß cuf den Wirtschaftsprozeß muß ihren Ausdruck auch in unseren öffentlichen Einrichtungen finden. Darum wird Ihnen die Reichsregierung ein Gesetz über Arbeiter⸗Räte und Wirtschafks⸗Räte vorlegen, das den Arbeiter aus seiner bisherigen Stallung, lediglich als Arbeitskraft, heraushebt und ihn zum Mit⸗ bestimmer im Produktionsproeß macht. Nicht mehr allein der kapitalistische Besitz, sondern die produktive Mitarbeit verleihen im neuen Deutschlaind Recht und Anteil. Das ist der große Gedanke
Idee des Kapitalismus endgültig ver⸗ neint. Es beseitigt nicht den Unternehmer, aber sein einseitiges Uebergewicht, es setzt über des Priwat⸗Interesse das Allgemein⸗ Interesse, es beendet ein für allemal das Zeitalter der „lebendigen Maschine“ und bahnt den Weg zum Ideal des Sozialismus: zum gleichberechtigten Mitarbeiter und Mitbesitzer. b
ründlichsten geändert hat, der E.
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Während die Reichsregierung so generell das Machtverhältnis innerhalb des Wirtschaftslebens auf neue Grundlagen stellt, geht sie in besonderen dazu geeigneten Fällen weiter. Sie zieht aus dem Arbeitsprogramm des Kabinetts Scheidemann, das von ihr über⸗ nommen wurde, die Konseqvenzen, indem sie diesem hohen Haufe in den nächsten Tagen einen Gesetzentwurf vorlegen wird, wonach die dem öffentlichen Verkehr dienenden Stromerzeugungsanlagen (über
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5000 Kilowatt), soweit sie nicht bereits kommunalisiert oder im Besi der Freistaaten sind, sowie die Hochspannungsleitungen (über 50
Volt) in den Besitz des Reiches übergeführt werden. Ein weiteres Gesetz, das die Braunkohlen⸗Erzeugung sozialisieren soll, hoffen wir binnen kurzem zur Vorlage reif zu machen. Damit werden zwei Wirtschaftsgebiete von kaum zu unterschätzzender Bedeutung in den Allgemeinbesitz überführt. Was es bedeutet, wenn die Gesamtheit die Kraftquellen in der Hand hält, ohne die fast kein Betrieb zu leben vermag, brauche ich nicht aufzuführen. Aber auf eines darf ich hin⸗ weisen: Der Herr Reichsfinanzminister hat Ihnen seine Pläne mit⸗ geteilt. Das Reichsnotopfer und die Umsatzsteuer sind bereits dem Staatenausschuß zugegangen, Entwurf einer Reichsabgaben⸗ ordnung folgt dieser Tage. Gekrönt werden soll diese neue von sorigler Gerechtigkeit getragene Steuergesetzgebung durch eine Reichs⸗ einkommensteuer, die durch das ganze Reich gleichmäßig veranlagt werden soll, ihrerseits wrederum notwendigerweise zur Schaffung einer Reichssteuerverwaltung führen wird. Damit ruht die Finanzgesetz8ebung im weitesten Umfang in den Händen des Reichs. Die Verfassung schefft die Mcichs⸗Eisenbahnen. Die oziglisierung von Elektrizität und Braunkohle, der bald der übrige rgbau folgen soll, macht das Reich zum wichtigsten Faktor des Werlschaftslebens! Mit diesen drei Machtmitteln ist im demokra⸗ Staet die Mehrheit des Volkes jederzeit in der Lage, dem zirtschaftsleben die Form und den Inhalt zu geben, den tig vnd möglich hält. Das Reich ist niemandem gegenüber, die Großindustrie, sei es sonst ein Konzern, in Zukunft machtlos. famit ist in der Tat die Zeit der gewaltsamen Umwälzungen für en demokratisch Denkenden abgeschlossen. Wen das Volk in die cegierung einsetzt, der kann sein Wirtschaftsideal verwirklichen, soweit
Ideale verwirklichen lassen, ohne eigennützige Hindernisse be⸗ ürchten zu müssen! Wie wir den uns gewordenen luftdag des Volkes erfüllen wollen, das zeigt Ihnen die Tatsache, daß wir diesen Zustand
rbeigeführt haben oder ihn ehestens auch durch Schaffung zweck⸗ zicher Monopole herbeisühren wollen. Nach den politischen
n wir guch die wirtschaftlichen Schicksalsbestimmungen in die
des Volkes selbst legen.
Meine Damen und Herren, im Unterschied zu den falschen Propheten wissen wir und sagen wir, daß diese Umgestaltung ohne Zerstörung auf absehbare Zeit nicht einen Hungrigen satt, nicht einen Armen wohlhabend, nicht einen Arbeiter reicher machen wird. Auch pann nicht, wenn wir die Lasten des Friedensvertrags nicht auf dem Buckel hätten. Für die Gegenwart aber kennen wir die Bedürfnisse unseres Volks und wollen nach Kräften auch ihnen genügen. Dazu bedarf es eines Wirtschaftsprogramms, das nicht negativ in der Ab⸗ lehnung der sogenannten „Planwirtschaft“ bestehen darf, sondern pöositiy zu planvoller, zielklarer Wirtschaftspolitik führen 2
Meine Damen und Herren, ein Wort zu der vielberedeten
„Planwirtschaft“.
Das Kahinett hat diese Zwangskartellierung aller Zweige der Wirtschaft abgelehnt, die sozialdemokratischen Mitglieder des Ka⸗ binetts vor allem, weil sie in der Planwirtschaft die ernsteste Gefahr für die völlige Durchführung des Soziglismus sehen! Die Regierung will die Zwangsjacke der Kriegsgesellschaften nicht gegen eine neue, für den Frieden zugeschnittene vertauschen.
Die Reichsregierung hat sich zur verfassungsmäßig und gesetzlich gelegten Schaffung von Betriebsräten und von Bezirkswirtschafts⸗
äten, die in einem Reichswirtschaftsrat ihre Spitze finden sollen, entschlossen. Das Gesetz über die Betriebsräte wird Ihnen in diesen zweite Teil über Bezirkswirtschaftsräte im Herbst zu⸗ diesen Organisatonen sieht die 8 die aus dem⸗ Volk heraufwachsenden Instanzen, die Vorbereiter und päter Träger der Sozialisierung sein sollen. In ihnen werden Organe geschaffen, auf denen eine kommende Gemeinwirtschaft ruhen muß, die nicht, wie die unter dem Schlagwort „Planwirtschaft“ G de, den Unternehmer verewigen, stärken und vor der Soziali⸗ sierung schützen wird, sondern, wie ich vorhin gesagt habe, den Arbeit⸗ nehmer als Mitarbeiter und Mitbesitzer neben den Arbeitgeber setzen wird. Die Regierung konnte sich nicht entschließen, diese zarfaßss⸗ vollen Organisationen von unten herauf durch eine behördliche Reglementierung von oben herunter ihrer Aufgabe und ihres Ein⸗ flusses zu berauben. Aber weiter: die Regierung hat den Vertrag von Versailles vor allem der Erhaltung der Reichseinheit wegen ichnet. Diese wäre aber — das wird mir dies hohe Haus — aufs ernsteste gefährdet, wenn wiederum von Berlin aus listisch und behördlich das ganze Wirtschaftsleben gegängelt
Dazuhin hat die Okkupation im Westen unsere
dem Schleichhandel .
end der loyale Handel nach wie vor in den Fesseln Vorschriften läge. Das bedeutet für die Industrie:
it unsauberen Schleichhandelserist
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Grund aber gegen eine Gestaltung des
nach einem Schema ist der, daß die Bedürfnisse der einzelnen Industrien völlig verschieden sind, daß die Krankheitserscheinungen der einzelnen Wirtschaftszweige nicht mit ein und derselben Medizin geheilt werden können.
All diese Ueberlegungen zu dem Entschluß gebracht, alten Zwang zu brechen und neuen Zwang nicht einzuführen. Wir werden daher entschlossen an den Abbau ber Reste 8 Kriegswirt⸗ schaft gehen; die Kriegsgesellschaften sind aus der Not der Blockade geboren, die Aufhebung der Blockade muß ihr Ende herbeiführen!
unsere künftige Wirtschaf itik werden drei Gebote ridh gebend sein: 1) Sozialisierung, soweit als möglich, und keinerlei neue Erschwerungen für die künftige durchgehende Sozialisierung 2) Sicherstellung des Bedarfs der Minderbemittelten an Nahrung und Kleidung. 3) Fernhaltung überflüssiger Luxuseinfuhr, die unsere Zahlungsmittel verschlechtern müßte, und überhaupt jeder Einfuhr, die unsern Arbeitsmarkt ungünstig beeinflussen würde. In de Grenzen dieser drei Gebote aber Freiheit der Wirtschaft, Heran⸗ ziehung jeder Initiative und jeden Kredits, Dezentrglisation der Mit
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arbeit an der Aufforstung unseres wirtschaftli
An der Spitze aller Bemühungen, die Volkslage zu bessern, muß natürlich die Ernährungsfrage stehen. Die Reichsregierung hat bereits 1 ½ Milliarden ausgeworfen, um eine Verbilligung der ausländischen Lebensmittel herbeizuführen. Das Ende der Blockade muß von ihr mit aller Energie dazu ausgenutzt werden, um weitere Verbilligungen zu erzielen, um durch günstige Abschlüsse und Erreichung vorteilhafter Krédite den Schleichhandel durch das einzige“Mittel unschädlich zu machen, das durchschlägt: durch billiges Angebot von Nahrungsmitteln. Auf eine Rationterung der wichtigsten Bestandteile der Volksernährung und der Polksversorgung werden wir einstweilen nicht verzichten können. Aber bei dem allgemeinen Abbau der Kriegsgesellschaften soll einzig und allein darauf Bedacht gelegt werden, daß auf allen Gebieten der freie Handel nicht wieder zu verantwortungslosem Handel mit den Interessen der Allgemeinheit werde. Danach wird zuerst die Bewirt⸗ schaftung der Textilien umgestaltet werden. Das Kabinett hat be