1919 / 196 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 29 Aug 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Verordnung nteignung und vorläufige Sicherstell 8* von Betriebsstoffen. 1“

8 Vom 27. August 1919. S 1G

luf Grund der die wirischaftliche Demobilmachung be⸗ treffenden Befugnisse wird nach Maßgabe des Erlasses, be⸗

treffend Auflösung des Reicheministeriums für wirtschaftliche

Demobilmachung, vom 26.

April S. 438) verordnet, was folgt:

1919 (Reichs⸗Gesetzbl.

§ 4 1) Rohbenzole, einschließlich der benzolhaltigen Vorerzeugnisse der Gasanstalten; ,2) Leichtöle destillation; 3) die bei der weiteren Aufarbeitung dieser Rohbenzole und Leichtöle entstehenden benzolartigen Körper, die bei der Destillation

aus der Steinkohlen⸗ und Braunkohlenteer⸗

bei 760 mm Barometerstand bis 200° Celsius mindestens 90 vom B. Benzolvorlauf, Benzol, Xylol,

Hundert Destillat ergeben, z. Lösungsbenzole und sogenanntes Schwerbenzol;

4) alle sonstigen benzal⸗ oder benzinartigen Körper, die aus Prozessen der Destillation, der pyrogenen Zersetzung, der Druck⸗ erwärmung, der Druckdestillation oder der Wasserstoffaddition von Kohle, Kohleerzeugnissen, Mineralölen oder Mineralölerzeugnissen stammen oder aus Erdgas hergestellt sind;

hinsichtlich deren gegen die Beschlagnahme⸗, Höchstpreis⸗, Verteilungs⸗ vorschriften und sonstigen einschlägigen Bestimmungen verstoßen wird, können von der Betriebsstoffabteilung der Mineralölversorgungs⸗ Gesellschaft m. b. H. enteignet werden.

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Die Enteignung erfolgt durch schriftliche Anordnung, die an den Eigentümer oder den Inhaber des Gewahrsams zu richten IZ

ihr ist diejenige Person zu bezeichnen, auf die das Eigentum über⸗ gehen soll. Der Eigentumsübergang ist vollzogen, sobald die An⸗

Der von der Anordnung Betroffene ist verpflichtet, die Gegen⸗ stände ordnungsgemäß zu verwahren und sie herauszugeben, ins⸗ besondere sie auf Verlangen und Kosten des neuen Eigentümers zu überbringen oder zu übersenden.

Der von dem neuen Eigentümer zu zahlende Uebernahmepreis

darf den zur Zeit der Enteignung geltenden geringsten Höchstpreis nicht Werden gegen diesen Preis Einwendungen erhoben, so

übersteigen. setzt die Betriebsstoffabteilung der Mineralölversorgungs⸗Gesellschaft m. b. H. den Uehernahmepreis fest.

Der Uebernahmepreis wird, Betriebsstoffabteilung der Mineralölversorgungs⸗Gesellschaft m. b. H. binnen einer Ausschlußfrist von vier Wochen nach Zustellung Ein⸗ spruch erhoben wird, durch das Reichswirtschaftsgericht endgültig fest⸗ gesetzt.

Besteht Grund zu der Annahme, nannten Stoffen die Voraussetzungen für eine Enteignung nach § 1 vorliegen, so sind die Beauftragten (Revisoren) der Betriebs⸗ stoffabteilung der Mineralölversorgungs⸗Gesellschaft m. b. H. berechtigtl, auch vor der Enteignung die Sicherstellung

daß bei den in § 1 ge⸗

zum Zwecke dieser Sicherstellung gegebenenfalls unter Hinzu- ziehung der zuständigen Ortspolizeibehörde die Fortschaffung und

vorläufige Aufbewahrung dieser Stoffe anordnen und durchführen.

Ueber die getroffenen Maßnahmen ist eine Verhandlung mit

dem Beteiligten aufzunehmen. 86

Die die vorläufige Sicherstellung betreffenden Anordnungen der Beauftragten treten außer Kraft, wenn nicht binnen vier Wochen

die Enteignung der sichergestellten Gegenstände durch die Betriebs⸗ stoffabteilung der Mineralölversorgungs⸗Gesellschaft m. b. H. erfolgt.

Soweit nicht nach den allgemeinen Strafgesetzen höhere Strafen sind, wird mit Geldstrafe bis zu einhunderttausend Mark

¹) wer vorsätzlich der Vorschrift des § 3 zuwiderhandelt,

2) wer unbefugt einen vorläufig sichergestellten oder enteigneten Gegenstand beiseite schafft, beschädigt oder zerstört, verwendet oder sonst über ihn verfügt.

8. Diese Verordnung tritt am 27. August 1919 in Kraft. Berlin, den 27. August 1919. Der Reichswirtschaftsminister. Schmidt.

Bekanntmachung über Aufhebung der Bezugscheinpflicht für Web⸗, Wirk⸗ und Strickwaren. Vom 26. August 1919. Auf Grund der Verordnung des Reichsregierung über

wirtschaftliche Maßnahmen auf dem Textilgebiete vom 1. Fe⸗ 2 1 Gehe im Finanzministerium ernannt worden.

bruar 1919 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 174) und des § 21 der Ver⸗ ordnung des Bundesrats über die Regelung des Verkehrs mit Web⸗, Wirk⸗ und Strickwaren vom 10. Juni/ 23. Dezember

1916 (Reichs⸗Gefetzbl. S. 1420) in der Fassung des § 6 der

Bekanntmachung vom 28. Februar 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 100) in Verbindung mit § 5 des Uebergangsgesetzes vom Es treten außer Kraft

1. die §§ 9 und 11 bis 13 der Verordnung des Bundesrats vom 10. Juni/23. Dezember 1916 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1420) in der

Föslung des § 6 der Bekanntmachung vom 28. Februar 1918 (Reichs⸗

esetzbl. S. 100),

2. die Bestimmung der §§ 14, 15, 18 und 20 der unter Ziffer 1 genannten Verordnung, soweit sie auf die §§ 9 und 11 bis 13 dieser Verordnung Bezug nehmen,

3. die Bekanntmachung des Reichskanzlers über Bezugscheine vom 31. Oktober 1916 in der Fassung der Bekanntmachung über Bezugscheine pom 8. Dezember 1916 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1218 und S. 1345).

§ 2.

1 8 Bekanntmachung tritt mit dem Tage der Verkündung Kraft. Berlin, den 26. August 1919. Der Reichswirtschaftsminister. v11X1X“ Bekanntmachung der Reichsbekleidungsstelle, betreffend Aufhebung der Bezugscheinpflicht sowie der Vorschriften über Einkaufsbücher, der Stoff⸗ verbrauchsbeschränkungen, des Verwendungs⸗ verbots für Gastwirtswäsche und der Waschmittel⸗ 1 bekanntmachung. 8 Vom 28. August 1919.

Auf Grund der Bundesratsverordnung über

der Reich bekleibungsstelle vom 22. März 1917 S. 257) wird folgendes bestimmte:

falls gegen die Entscheidung der

der Gegenstände zu veranlassen. Die Beauftragten können insbesondere

CEs treten außer Kraft:

Reichswirtschaftsministers uͤber Aufhebung der

1. Sämtliche Bestimmungen der Reichsbekleidungsstelle, betreffend

die Bezugscheinpflicht für Web⸗, Wirk⸗ und Strickwaren und die aus

ihnen gefertigen Erzeugnisse, soweit sie der Bekanntmachung des

Bezugscheinpflicht für

Web⸗, Wirk⸗ und Strickwaren vom 26. August 1919 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1477) entgegenstehen.

2. Bekanntmachung der Reichsbekleidungsstelle über Einkaufs⸗

bücher vom 8. Dezember 1916.

3. Bekanntmachung der Reichsbekleidungsstelle über den Stoff⸗

verbrauch bei Anfertigung von Kleidungs, und Wäschestücken vom

27. März 1917. 4. Bekanntmachung der Reichsbekleidungsstelle über die Ver⸗

1

wendung von Wäsche in Gastwirtschaften vom 14. Juli 1917 in der 8

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Fassung der Bekanntmachung über Ausdehnung des Tischwäsche⸗

verbots in Gastwirtschaften vom 8. Juni 1918.

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5. Bekanntmachung der Reichsbekleidungsstelle über Waschmitteln in gewerblichen Wäschereien vom 3. August 1918. Diese Bekanntmachung tritt sofort in Kraft. Berlin, den 28. August 1919. G Reichsbekleidungsstelle. Dr. Haaselau.

Bekanntmachung über die Aufhebung der Schuhbedarfsscheinpflicht. Vom 28. August 1919.

Auf Grund des § 3 der Bekanntmachung des Bundesrats

*

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über die Errichtung einer Reichsstelle für Schuhversorgung vom 28. Februar 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 100) wird an⸗

Es treten folgende Bekanntmachungen der Reichsstelle für Schuh⸗

va 19 Uzoge geordnet: ordnung dem Eigenkümer oder dem Inhaber des Gewahrsams zugeht.

versorgung außer Kraft:

Die Bekanntmachung der Reichsstelle für Schuhversorgung über

8ZE11“ vom 27. März 1918 „Reichsanzeiger“ ISEETE“

Die Bekanntmachung über Vordrucke für Schuhbedarfsscheine und Abgabebescheinigungen vom 15. April 1918 „Reichs⸗ anzeiger“ Nr. 9 Bekanntmachung über Sonderschuhbedarfsscheine vom 8. Juni 1918 „Reichsanzeiger“ Nr. 134

Bekanntmachung über die Regelung des Verkaufs von Schuh⸗ werk im Kleinhandel vom 8. Juni 1918 „Reichsanzeiger“ Nr. 134

Bekanntmachung über die Versorgung der Marineangehörigen sowie der Kriegs⸗ mit Schuhwaren vom 20. Nr. 147 3

Die Bekanntmachung über die Versorgung von Kindern mit bedarfsscheinpflichtigem Schuhwerk vom 1. Oktober 1918 „Reichsanzeiger“ Nr. 240

Die Bekanntmachung über die Vordrucke für Schuhbedarssscheine vom 9. Dezember 1918 „Reichsanzeiger“ Nr. 298 —.

Die Schuhhändler sollen die in die Kunden liste eingetragenen Personen vor den nicht eingetragenen beliefern.

2

Die

Heeres⸗ und 1 und Zivilgefangenen Juni 1918 ‚Reichsanzeiger“

Die Bekanntmachung über die Berechtigung zum Verkauf von Schuhwaren vom 19. August 1918 „Reichsanzeiger“ Nr. 199 wird dahin abgeändert:

In § 1 Absatz 1 fällt das Wort „bedarfsscheinpflichtiges“ fort.

Diese Bekanntmachung tritt am 1. September in Kraft.

Berlin, den 28. August 1919. Reichsstelle für Schuhversorgung. Der Vorstand. Thurmann. Strohm.

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Die Preußische Staatsregierung hat den Geheimen Ober⸗ baurat Dr.⸗Ing. Stübben in Berlin⸗Grunewald zum ordent⸗ lichen Mitglled der Akademie des Bauwesens,

den Geheimen Oberbaurat Hesse in Charlottenburg sowie den Regierungs⸗ und Baurat a. D., Generaldirektor Ries in Frankfurt a. M. zu außerordentlichen Mitgliedern dieser Akademie ernannt.

11““ 1“

Finanzministerium.

Der bisherige Oberzollsekretär Puhlmann aus Magde⸗ burg ist zum Geheimen expedierenden Sekretär und Kalkulator

Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung.

Der bisherige Privatdozent Dr. Straub in München ist zum außerordentlichen Professor in der medizinischen Fakultät der Universität Halle⸗Wittenberg und

der bisherige Seminarprorektor Seemann aus Aschers⸗ leben zum Kreisschulinspektor in Wittenberg ernannt worden.

““

Preußische Generallotteriedirektion.

Die Neulose und die Freilose zur 3. Klasse der 14. Preußisch⸗Süddeutschen (240. Preußischen) Klassenlotterie sind nach den 88 5, 6 und 13 des Lotterie⸗ plans unter Vorlegung der Vorklasselose bis zum Freitag, dem 5. September d. J., Abends 6 Uhr, bei Verlust des Anspruchs zu entnehmen.

Die Ziehung der 3. Klasse beginnt am Donnerstag, dem 11. September d. J., Morgens 8 ½ Uhr, im Ziehungssaa des Lotteriegebäudes, Jägerstraße Nr. 56. b

Berlin W. 56, den 29. August 1919.

Preußische Generallotteriedirektion. Ulrich. Gramms. Groß.

Anfragen betreffend die künftige Ostgrenze sind ausschließlich an das Preußische Ministerium des Innern Ost⸗

referat, zu Lichten.

Verwendung

Württemberg.

Der Reichspräsident Ebert und der Reichswehr⸗ minister Noske sind gestern vormittag, von München kommend, in Stuttgart eingetroffen, wo sie am Haupthahn⸗ hof von dem Minister des Innern Dr. Lindemann in Ver⸗ tretung des erkrankten Staatspräsidenten Blos, dem Kultus⸗ minister Heymann, dem Unterstaatssekretär Pitzler, dem General Haas und dem Oberstleutnant Wollwarth empfangen und auf das alte Schloß geleitet wurden, wo eine Begrüßungs⸗ sitzung des Staatsministe riums stattfand, an der auch der mürttembergische Gesandte in Berlin, Hildebrand, teilnahm. In dieser Sitzung sind, wie „W. T. B.“ meldet, insbesondere die Kohlennot, ihre immer schärfer werdenden Folgen und die notwendigen Einzelheiten einer besseren Versorgung der Industrie eingehend besprochen worden. Im Anschluß hieran sandte der Reichspräsident aus der Sitzung folgendes Tele⸗ gramm an den Reichswirtschaftsminister Robert Schmidt nach Berlin:

„Mit der Württembergischen Regierung hatte ich eine Aussprache, bei der es sich ergab, daß infolge des trockenen Sommers die Wasser⸗ kräfte stark nachgelassen haben. Die Kohlenversorgung des Landes ist so schlecht, daß große Werke bereits still liegen und die Stillegung einer Anzahl lebenswichtiger Betriebe in der nächsten Zeit nicht ab⸗ zuwenden ist. Ich bitte dringend, nach Prüfung der besonderen Not⸗ lage Württembergs dieser nach Möglichkelt bald abzuhelfen.

gez. Ebert.“

Des weiteren wurde die Frage der Kriegsgefangenen beraten, wobei der Reichspräsident mitteilte, es werde unab⸗ lässig gearbeitet, um die Gefangenen so rasch als möglich zurückzubringen. Die englische Regierung habe nach einer Mitteilung von zuständiger Stelle die Absicht geäußert, die in ihrem Bereich befindlichen Gefangenen zurückzuschicken, jedoch scheinen darüber noch Verhandlungen mit der sranzösischen Regierung notwendig geworden zu sein, und ein Beschluß sei seitens des Fünferrates in Paris noch nicht gefaßt worden. Es gebe niemanden in Deutschland, der nicht mit heißem Herzen den Sieg der Menschlichkeit wünsche.

Nachmittags 12 ½ Uhr fand im Gartensaal des Neuen Schlosses ein einfaches Mittagessen statt, an dem neben den Mitgliedern der Staatsregierung das Präsidium der Kammer sowie die Vertreter der Fraktionen, der Frauen, der Hochschulen, der schaffenden Stände usw. teilnahmen. Bei der heutigen Mittagstafel begrüßte an Stelle des erkrankten Staats⸗ präsidenten Blos Minister des Innern Dr. Lindemann den Reichspräsidenten Ebert und gab insbesondere der Freude der Süddeutschen darüber Ausdruck, daß gerabe ein Süddeutscher der erste Reichspräsident des demokralischen Deutschlands ge⸗ worden sei. b

Die schwere Zeit des Waffenstillstandes und der Demobilmachung, fuhr der Minister fort, liegt hinter uns, die nicht weniger schwere Zeit der ersten Friedensjahre steht vor uns. Die zerstörende Arbeit eines Häufleins verblendeter Nänner hat uns an den Rand des wirtschaftlichen Untergangs gebracht, und der Süden, vor allem auch

unser Land, in dem wir bisher im großen und ganzen Ruhe und

Ordnung aufrechterhalten haben, ist dazu verdammt, unter den Folgen unsinnniger Streiks und wahnwitziger Arbeitsverweigerung vor allem zu leiden. Kohle und Eisen, von ihrer Zufuhr wird es abhängen, ob die württembergische Industrie weiter arbeiten, Ruhe und Ordnung erhalten bleiben wird oder ob Arbeitslosigkeit, Hunger und Kälte zu Unruhen und Bedrohung unseres Slaatslebens führen werden. Als zweiten Punkt, der ihm besonders am Herzen liege, führte Minister Lindemann an, daß die deutschen Staaten nach dem Vorbild der französischen Revolution von 1789 zu Provinzen innerhalb des deutschen Einheitsstaates herabgedruückt werden sollten. Ohne Autonomie, ohne eigene Finanzverwaltung könne selbst die kleinste Gemeinde kein eigenes Leben führen, wie viel weniger ein politischer Körper, ein Staat. Man habe die alte Wurzel der Kraft des Deutschen Reiches zu durchhauen be⸗ gonnen, ohne die Bildung neuer abgewartet zu haben. Zudem habe die Geschichte des ungeheuren Krieges den Beweis geliefert, daß es unmöglich sei, auch unter Anwendung aller Gewallmittel das Deutsche Reich von einer Stelle aus zu verwalten, das wirtschaftliche und politische Leben zu meistern. Was in jahrhundertelanger Ge⸗ schichte langsam entstanden sei und tiefe Wurzeln im Leben eines Volkes geschlagen habe, lasse sich nicht vom grünen Tisch, und sei es auch von dem einer gesetzgebenden Versammlung aus wegdekretieren. Wenn er heute diese schweren Sorgen über die politische innere Ent⸗ wicklung seines Volks hier vortrage, so dürfe er das, weil Württem⸗ berg von jeher treuester Kämpfer für den Reichsgedanken gewesen sei. Es sei die erhabene Aufgabe des Reichspräsidenten, über den Tages⸗ streit der Parteien hinaus in dem wechselvollen Kampse vaterländischer Politik sich Geltung zu verschaffen. Möge, so schloß Lindemann, es unserem verehrten Gast vergönnt sein, diesem Kampf in den kommenden schweren Jahren die volle Kraft seines Geistes und Charakters zu widmen und ihn mit dem Geiste zu erfüllen, der die Größe des Reichs in der Blüte seiner Glieder findet.

Der Reichspräsident Ebert dankte dem Minister Dr. Lindemann für seine freundlichen Worte der Bewillkommnung und gedachte sodann des erkrankten Staatspräsidenten Blos.

Als Badener, dem Schwabenland kein Fremder, sagte der Reichs⸗ präsident weiter, fühle und denke ich mit Ihnen und habe Verständnis für die Sorge meines Vaterlandes, aber es muß doch eins berücksichtigt werden: Wir sind an die Schaffung der Verfassung gegangen nach einem furchtbaren Krieg, nach einem Zusammenbruch auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet, wie ihn noch kein Volk erlebt hat. Dazu sind uns Friedensbedingungen aufgezwungen worden von eminenter wirtschaftlicher und politischer Tragweite. Das machte es notwendig, die vorhandenen Kräfte des Reichs möglichst zu⸗ sammenzufassen in eine einheitliche, geschlossene Organisation. Das zwang uns, auch manchem in den Weg zu treten, was vielleicht gerade dem Süden lieb und wert war. Aber ich darf Sie versichern, wir haben bei dem Bestreben nach einheitlicher Zusammen⸗ fassung gleichfalls nicht verkannt, was für den Fortbestand des Reichs unerläßlich ist. Die Wahrung der Eigenheit unserer deutschen Stämme und die Wahrung des politischen staatlichen Eigenlebens der Einzel⸗ staaten, die Vereinheitlichung des Reichs und die Wahrung der Stammeseigenschaften lassen sich sehr gut vereinigen. Die Tatsache, daß Herr Haußmann, ein Württemberger und Süddeutscher von echtem Schrot und Korn, Vorsitzender des Verfassungsausschusses war und daß alle wichtigen und entscheidenden Fragen fast in Ueberein⸗ stimmung entschieden worden sind, darf Ihnen die Versicherung geben, daß nach der Richtung hin von der Reichsleitung alles geschehen ist, um die Eigenart der Süddeutschen und Württemberger zu schützen.

Zur auswärtigen Politik sagte der Präsident u. a.: Unsere Stellung zum Ausland ist so ungeheuer schwierig und unglück⸗ lich, wie sich nur denken läßt, und wenn wir dem Ausland gegen⸗ über die Stellung uns wiedererobern und erhalten wollen, die wir brauchen, um leben zu können, dann ist es notwendig, daß wir ohne

Unterschied der Stammeseigenschaften Schulter an Schulter uns fest

zusammenschließen und eine einheitliche Front gegenüber dem Aus⸗ land bilden. Dementsprechend muß auch die auswärtige Politik ganz in die Hand der Reichsleitung gelegt werden. Dann werden wir gezwungen, uns immer zu vereinheitlichen. Es blieb leider herzlich wenig an Soldaten übrig. Was lag da näher, als unsere verschi denen militärischen Kräfte in eine Hand zu legen und diese Einheitlich⸗ keit zu organisieren, um sie ungehemmt im ganzen Reiche verwenden zu können? Wir befinden uns da in Uebereinstimmung mit allen mili⸗

tärischen Stellen, und ich glaube, dafür bürgt mein Freund Noske,

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die Führung der militärischen Geschäfte so erfolgt, daß darin mplikationen zwischen Nord und Süd nicht entstehen werden. uif wirtschaftlichem Gebiet: Die Eisenbahnen ren ja ein Stolz der Staaten. Die Zeiten sind vorüber, und doch den sie die Grundlagen unseres Wirtschaftslebens. Darum halte ees für wichtig, sie edenfalls unter einheitliche Leitung zu bringen; och dürfen Sie versichert sein, daß auch hierbei die Interessen der süddeutschen Staaten gewahrt werden. Die Steuerfrage bildet ein bitterböses Kapitel. Ein Vielfaches von dem, was früher ausreichte, um unsere Gliedstaaten und unsere Gemeinden u finanzieren, muß heute unseren Gegnern zu⸗ geführt werden. Das können wir nicht, wenn wir keine Möglichkeit haben, die Finanzen des Reiches einheitlich auf die Leistungen einzu⸗ stellen. Das sind die wichtigsten Gebiete, die nach der neuen Ver⸗ fassung vereinheitlicht worden sind. Im übrigen ist der Charakter des Föderativstaates vollauf gewahrt. Sie dürfen versichert sein, daß die Reichsleitung und ich alles getan haben, um zu vermeiden, daß bei der Durchführung der Verfassung Komplikationen zwischen den einzelnen Volksstämmen entstehen. Ich glaube, daß Sie alle mit der neuen Grundlage für unser Staatswesen zufrieden sein werden, und wünsche, daß auf dieser Grundlage das neue Deutschland, die neue deutsche Republik sich festigen und glänzend entfalten werde z neuem Glück und zur neuen Freude des deutschen Volkes. Danach ein Wort über die wirtschaftlichen Sorgen. Die Ver⸗ fassung ist aufgebaut auf der Grundlage der Demokratie. Jeder hat das Recht der freien Meinungsäußerung und der freien politischen Betätigung, aber Freiheit ohne Zügel und Schranken ist Anarchie. Solchen Weg machen wir nicht mit. Jeder hat neben seinen Rechten im Staat auch Pflichten, und nachdem nun von der nach dem freiesten Wahlrecht der Welt gewählten National⸗ versammlung die Verfassung des Reichs festgestellt worden ist, verlangen wir von jedem, mag er stehen, wo er will, daß er diese Verfassung respektiert. Es wird uns aufgegeben, ihr den notwendigen Respekt zu verschaffen. Das gilt auch für die Pflichten des einzelnen gegenüber unserem gemeinsamen Wirtschafts⸗ leben. Wir können nicht zulassen, daß in wahnsinniger Verblendung die Grundlagen unseres Wirtschaftslebens systematisch zerstört werden durch sinnlose Streiks. Was vom Reich geschehen kann, um die Kohlenversorgung sicherzustellen und berechtigte Ansprüche zu be⸗ eed gen das wird geschehen mit allen möglichen Mitteln, die wir besitzen.

Schließlich gedachte der Präsident der Kriegsgefangenen und gab die Versicherung ab, daß alles, was in den Kräften der Re⸗ gierung stand, getan wurde, um unsere kriegsgefangenen Brüder sobald als möglich in die Heimat zurückzuführen. Leider würden der Durchführung der englischen Bereitwilligkeit, jeden Tag etwa 2000 deutsche Kriegsgefangene zurückzuführen, im Obersten Rat in

Paris festgesetzten Grundsätze

Paris neuerlich Schwierigkeiten gemacht. Ich benutze, fuhr der

Präsident fort, diese Gelegenheit, um an alle Menschenfreunde der Welt den dringenden Appell zu richten, uns in diesem Kampf um die Befreiung unserer Brüder beizustehen. Es gibt kein Menschen⸗ werk, das edler ist, als die Befreiung unserer unschuldigen Kriegs⸗ gefangenen in Frankreich und in England. (Bravo!) In diesem Sinne, meine Herren, möchte ich schließen und Sie bitten, mit mir das Glas zu erheben, daß es unserer gemeinsamen Arbeit gelingen möge, ein einheitliches, geschlossenes Reich und ein unzertrennbares Zusammenstehen aller Volksstämme herbeizuführen. Ich bitte, mit mir einzustimmen in den Ruf: Unser geliebtes deutsches Vaterland

8 Oesterreich.

Am 26. August fand in Wien die gründende Vertreter⸗ versammlung des Zentralrates geistiger Arbeiter statt, der unter Ausschluß jeder Parteipolitik ausschließlich die wirtschaftliche Besserstellung der geistigen Arbeiter anstrebt. Wie „W. T. B.“ meldet gehören dem Zentralrat bisher 74 Berufsorganisalionen mit mehr als 319000 Mitgliedern an. Es wurde vorgeschlagen, den jeweiligen Rektor der Wiener Universität mit dem Präsidium zu betrauen, um jede Partei⸗ politik auszuschließen.

Amtlich wird aus Wien verlautbart, daß der Staats⸗ sekretär für Heerwesen wegen herrschender Mißstände das Volkswehrbataillon 41 aufgelöst hat. Ein Teil, der sich Disziplinwidrigkeiten hat zuschulden kommen lassen, werde aus der Volkswehr ausgeschieden, die übrigen Leute würden auf and ere Volkswehrbataillone verteilt werden.

Tschecho⸗Slowakei.

Die „Neue Freie Presse“ meldet aus Br ünn neuer⸗ liche schwere deutschfeindliche Ausschreilungen. Deutsche Aufschrifttafeln und Firmenschilder wurden zertrümmert’ und herabgerissen und Glastafeln zerschlagen. Der Platzkomman⸗ dant versuchte vergeblich, die zerstörungslustige Menge zu be⸗ schwichtigen. Das Blalt bringt weitere Einzelheiten über die deutschfeindlichen und judenfeinvlichen Ausschreitungen in Lundenburg am Montag, wo die Sokoln deutschsprechende Spaziergänger anhielten und von ihnen verlangten, daß sie entweder tschechisch sprechen oder nach Wien abfahren sollten. Schließlich wurde die Bewegung judenfeindlich. Erst Abends trat Ruhe ein.

Ungarn. Wie „W. T. B.“ aus Budapest meldet, hat der bisherige

auf die Seite Englands und nicht auf die Amerikas gestellt

Debatte nur etwa 150 Abgeordnete bei.

Ministerpräsident Friedrich ein neues Ministerium mit folgender Zusammensetzung gebildet: Ministerpräsident und Innenministerium: Stefan Friedrich, Außenministerium: der frühere Legationsrat Graf Emmerich Czaky, Ackerbaumini⸗ sterium: Julius Rubinek, Handelsminister: Franz Heinrich, Finanzminister: Johann Gruen, Kriegsminister: General Schnetzer, Volksernährung: Karl Ereky, Kultus und Unterricht: Karl Huszar, Justiz: Georg Baloghy, Minister für nationale Minderheiten: Jakob Bleyer, Volksgesundheitswesen: Andreas Esillery, Propaganda: Stefan Haller, Minister für die kleinen Landwirte: Stefan Szabo und Minister der Industriearbeiter: Daniel Olah..

Der Ministerpräsident hat nach Mitteilung des „Ungar. Telegr. Korr. Bürosz“ an die interalliierte Militärkom⸗ mission in Budapest eine Zuschrift gerichtet, in der er die Bilbung der neuen Regierung mitteilt und ersucht, eine der Zuschrift beigefügte Note an Clemenceau gelangen zu lassen.

In der Note wird obiger Quelle zufolge betont, daß das neue Ministerium die Sympathie und das unbedingte Vertrauen der weit. aus überwiegenden Mehrheit der Nation genieße. Im Kabinett seien Klein⸗ und Großgewerbe, Handel, die Beamtenklasse, die Klasse der Landwirte und die industrielle Arbeiterschaft vertreten. Im Interesse der Möglichkeit eines erfolgreichen Arbeitens werde Clemenceau gebeten, zu veranlassen, daß die in Budapest weilenden Militärmissionen sich in die innere ungarische Politik nicht einmengten oder höchstens in der Richtung, daß sie die ungarische Regierung in der Aufrechterhaltung der Ordnung und bei der Wieder⸗ herstellung des wirtschaftlichen Gleichgewichts unterstützten. Ferner wird in der Note mitgeteilt, daß in drei bis vier Wochen die Wahlen zur Nationalversammlung auf Grund des gleichen, allgemeinen, geheimen Wahlrechtes stattfinden würden. Zur Beaufsichtigung der Wahlen möge Clemenceau eine Abordnung nach Ungarn entsenden, in der womöglich auch sozialdemokratische Vertreter sein sollten. Als Ziele der neuen Regierung werden bezeichnet:!

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4*

Vatikan wurde d'Ursel ernannt.

Niederringung des Bolschewismus, Wiederherstellung der Rechtsprechung und Verwaltung, Sicherung der ungestörten Verpflegung und Pro⸗ duktion, vollkommene Wiederherstellung der Sicherheit von Leben und Eigentum sowie der politischen Gleichberechtigung, schließlich Rie Vor⸗ bereitung der Wahlen zur Nationalversammlung. Die Note schließt mit der Bitte, die neue Regierung in der Erfüllung ihrer Aufgaben und in ihren Bestrebungen zur Wiederherstellung des Verfassungs⸗

lebens zu unterstützen. Frankreich. Der Oberste Rat hat nach einer durch „W. T. B.“

übermittelten Havas⸗Meldung beschlossen, das am 23. August

von Clemenceau an die rumänische Regierung gerichtete Telegramm zu veröffentlichen, in dem unter Hinweis auf die seitens Rumäniens bei der Friedenskonferenz eingegangenen Verpflichtungen und unter nochmaliger Darlegung der in für die Wiedergutmachung von der rumänischen Regierung folgende Erklärung ge⸗ fordert wird:

1) Die rumänische Regierung erkennt den Grundsatz an, daß die Güter der feindlichen Staaten eine für alle alluierten und assoziierten Mächte bestimmte Sicherheit darstellen; 2) die rumänische Regierung erkennt die Kommission für die Wiedergutmachung als einzige und ausschließliche Vertretung für die Prüfung und Zuteilung bezüglich der Wiedergulmachungen aus den feindlichen Gütern an; 3) die seit dem Waffenstillstand von Rumänien in Besitz genommenen ungarischen Aktiven werden ausführlich angegeben und der Wieder⸗ herstellungskommission zur Verfügung gestellt, eventuell bei. der durch die Friedenskonferenz bezeichneten Vermittelungsstelle. Rumänien behält sich nur das Recht vor, solche Güter zu behalten und über sie zu verfügen, die als altes rumänisches Eigentum identifiziert werden, und die vom Feinde genommen worden sind, und dies nur im Einverständnis mit der Kommission für die Wiederherstellung; 4) alle neuen Beförderungen ungarischer Güter

nach Rumänien werden sofort eingestellt, und es finden nur diejenigen

Beförderungen statt, die im Einverständnis mit der Frledenskonferenz oder ihren Vertretern vor sich gehen; 5) die rumänische Regierung wird das durch Antonescu unterzeichnete und signierte Abkommen vom 27. Juni ratifizieren.

Die Friedenskonferenz behält sich vor, fährt das Telegramm fort, die in Budapest befindlichen Generäle sowie Agenten zu bestimmen, die die Friedenskonferenz bei allen sich ergebenden Verhandlungen zu vertreten haben. Es heißt dann weiter, eine Nichtanerkennung des Abkommens vom 27. Juni würde den alliierten und assoziierten Regierungen ihre vollständige Handlungsfreiheit in bezug auf die Festlegung der Grundrechte für die Wiedergutmachungen sür das Gebiet der ehemaligen österreichisch⸗ ungarischen Monarchie zurückgeben. Die weiteren Konsequenzen, die durch das Vorgehen in das Bereich der Möglichkeit gezogen werden müßten, seien so schwerwiegender Natur und wären eine solche Gefahr für eine der Billigkeit entsprechende Wieder⸗ aufrichtung Europas, daß die alliierten und assoztierten Mächte sich gezwungen sehen könnten, falls die Notwendigkeit sie dazu treiben sollte, ihrerseits ein viel strengeres Verhalten zu beobachten, um das Eintreten dieser Konsequenzen zu verhindern. Falls der Grundsatz der Wiedergutmachung zu einer unheilvollen Zueignung und zum Wettbewerb unter den einzelnen interessierten Staaten ausarten sollte, so würde der Hunger nach Gütern erwachen, und in diesem Durch⸗ einander könnte sich der Feind seinen Verpflichtungen entziehen, oder es wäre unmöglich, eine endgültige Frist für die Wiederherstellung durchzusetzen.

In seiner gestrigen Sitzung hat der Oberste Rat der Alliierten über die Ereignisse in Oberschlesien beraten und die Feststellung des Textes des österreichischen Friedens⸗ vertrages fortgesetzt. Der Sitzung wohnte Tittoni nicht bei.

In der Kammer wurde gestern die Aussprache über die Ratifizierung des Friedensvertrages fort⸗ gesetzt.

Der Sozialist Dejecante vertrat, wie „W. T. B.“ aus Versailles meldet, den Standpunkt, daß die Völker den Krieg nicht gewollt hätten; wenn man sie, einschließlich des deutschen Volkes, gefragt hätte, hätten sie sich gegen den Krieg ausgesprochen. Die Friedensbedingungen seien aus einem engen Geiste heraus geboren und zögen aufs neue den Kampf der Völker gegeneinander groß. Der radikalsozialistische Abgeordnete Margaine erklärte, daß es zwei Völker gebe, die der Krieg nicht zugrunde gerichtet habe: England und Amerika. Er tadelte, daß Japan Schantung zugesprochen worden sei und daß Frankreich sich in dieser Fräge

abe. Der Abgeordnete Benoist führte aus, der Rhein sei die natürliche Grenze für Elsaß und die Saar für Lothringen. Die Entwaffnung Deutschlands an den Rheinufern bedeute nur eine negative Sicherheit. Es sei ein großer Fehler der französischen Regierung gewesen, die separatistischen Bestrebungen nicht stärker unterstützt zu haben. Man hätte nicht mit dem Reich, sondern mit den Vertretern der Einzel⸗ staaten verhandeln müssen. Der französisch⸗englisch⸗amerikanische Schutzvertrag sei ungenügend. Nach seiner Ansicht hätte man eine lateinische Allianz gründen müssen.

Alle drei Abgeordnete traten für die Ratifizierung ein. Die Besprechung wird heute fortgesetzt. Sie hat bis jetzt noch kein großes Interesse erweckt. Gestern wohnten der

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Rußland. Die Bolschewisten haben am 26. August Pskow ein⸗ genom men. „Times“ meldet aus Helsingfors vom 25.: Der Angriff der Bolschewisten auf Pskow hat sich mit großer

Heftigkeit und Schnelligkeit entwickelt. Nach starker Artillerie⸗

vorbereitung warfen die Bolschewisten vier Regimenter über

den Welikajafluß südlich Pskow. Die Bolschewisten haben, wie klar ersichtlich, die erwarteten Verstärkungen von der Koltschakfront erhalten. Man schätzt die Zahl der bolsche⸗ wistischen Truppen, die am Angriff auf Pfkow beteiligt sind, auf mehr als 20 000. Der Vormarsch des Generals Bala⸗ kowitsch ist zum Stehen gebracht worden. Im Hinblick auf die augenhlickliche Lage an der Front und den Angriff der

Bolschewisten müsse man auf alles gefaßt sein.

Dem „Temps“ wird aus Helsingfors gemeldet, daß nach militärischerseits bestätigten Nachrichten Kronstadt unter Feuer genommen worden sei und daß der Angriff auf die Bolschewisten an der Front in Karelien begonnen habe.

Belgien.

Die belgische Regierung hat laut Meldung des „W. T. B.“ beschlossen, ihren Vertretern im Quirinal und Vatikan den Rang der Botschafter zu verleihen. Zum Botschafter beim

Amerika.

Das Pressebüro „Radio“ meldet aus Washington, daß sich der vom Senatsausschuß für auswärtige An⸗ gelegenheiten angenommene Verbesserungsantrag be⸗ züglich des Friedensvertrags mit Deutschland im ganzen auf 50 Abänderungen erstrecke, denen zufolge die Be⸗ teiligung Amerikas bei der Regelung internationaler Europa

betreffender Fragen abgelehnt welde. Der Senator Mc. Cumber

erklärte, die Annahme dieses Antrags durch den

(Senat würde zweifellos eine deuten 2 z K zwischen den Vereinigten Staaten und Japan führen müßte.

politik undenkbar, wenn nicht Hand in Hand mit ihr

1166“

Beleidigung Japans be⸗ und eine Lage schaffen, die zum Krieg

Der Führer der Demokraten im Senat, Senator Hitch⸗ cock, hat nach derselben Quelle mit Wilson stundenlang über die Stellung des Senates gegenüber dem Friedensvertrag mit Deutschland verhandelt. Hitchcock habe den Präsidenten ver⸗ sichert, daß die Aussichten für die Genehmigung des Friedens⸗ vertrages „vollkommen befriedigend“ seien. Mindestens zwölf Republikaner würden gegen die Abänderung bezüglich Schan⸗ tungs stimmen, was zusammen mit den Regierungsdemo⸗ kraten die Ablehnung des Abänderungsantrages verbürge. Präsident Wilson habe seinem Vertrauen darauf Ausdruck gegeben, daß die Mehrheit des Senates den Friedensvertrag nicht durch die Ablehnung bezüglich Schantungs gefährden werde.

„Daily Herald“ vom 26. d. M. meldet aus Washington, daß Polk vor dem Senatsausschuß für auswärtige Angelegenheiten erklärte, Großbritannien habe gegenüber Aegypten wie ein Straßenräuber gehandelt. Das. an die Vereinigten Staaten gerichtete Ersuchen Englands, das britische Protektorat gutzuheißen, sei nichts anderes, als ein an der Unabhängigkeit Aegyptens begangener Raub. Polt sagte, er spreche im Auftrage der von der ägyptischen Regierung nach Paris entsandten Friedenskommission, die in Wirklichkeit augenblicklich von den Engländern in Paris gefangen gehalten werde und der mon die Reise nach den Vereinigten Staaten verwehre. Aegypten bitte den Senat um Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts.

„Times“ meldet aus Valparaiso, daß der deutsche Gesandte in Chile in einer Erklärung, die er in der Presse veröffentlichen ließ, mitteilte, daß das deutsche Privat⸗ eigentum in Chile durch die Verpflichtungen, die die deutsche Regierung übernommen habe, nicht angetastet werde. Ferner meldet dasselbe Blatt aus Valparaiso, daß sich der Appellationshof für nicht befugt erklärt habe, in der Frage der Versteigerung der gestrandeten deutschen Schiffe ein Urteil zu fällen. Es würden keinerlei Anstalten getroffen, um die große Zahl deutscher Dampfer, die mit deutscher Be⸗ mannung an Bord und unter deutscher Flagge in den chile⸗ nischen Gewässern liegen, den Alliierten auszuliefern. Als Grund hierfür werde angegeben, daß das Eigentumsrecht unveräußerlich und daß eine Musterung dieser Schiffe un⸗ möglich sei, bevor Amerika den Friedensvertrag rati⸗ fiziert habe.

Afrika.

Wie die Blätter melden, ist der abafrerantsche Premier⸗ minister Louis Botha in Pretoria gestorben.

Statistik und Volkswirtschaft.

Arbeitsstreitigkeiten.

In Düsseldorf sind, wie „W. T. B.“² meldet, die Hilfs⸗ arbeiter der Buch⸗ und Steindruckereien gestern wegen Lohnforderuugen in den Ausstand eingetreten.

Sämtliche Wiener und niederösterreichischen Landes⸗ beamten haben, wie der „Berl. Lok.⸗Anz.“ erfährt, gestern infolge der Nichtauszahlung des Anschaffungsbeitrages und der Notstands⸗ aushilfe die Arbeit niedergelegt.

„Im Hafen von Kopenhagen ist, wie dasselbe Blatt meldet, der Generalausstand ausgebrochen. Seit gestern ruht jede Arbeit sowohl im alten als auch im Freihafen. In Handels⸗

und Schiffahrtskreisen glaubt man, daß bolschewistische Einflüsse sich

geltend gemacht haben auf die Haltung der Arbeiter. Der Arbeit⸗ geberverein hat den Arbeitern mitgeteilt, daß mtliche Trans⸗ portarbeiter ausgesperrt werden sollen, wenn die Arbeit nicht bis zum 4. Seplember wieder aufgenommen wird. Nach einer vom „W. T. B.“ übermittelten Meldung des Presse⸗ büros „Radio“ aus New York kommen für den Ausstand der Arbeiter in Eisenbahnwerkstätten 500 000 M. Betracht. 6 1“ Literatur.

Finanzpolitik in Reich, Staat und Gemeinde. Von Dr. h. c. Otto Schwarz, Wirklichem Geheimen Ober⸗ finanzrat in Berlin. Die deutsche Valutapolitiknach dem Kriege. Von Karl Elster, Regierungsrat a. D. Die Zivilliste in den deutschen Staaten. Von Dr. F. W. R. Zimmermann, Kammerpräsidenten in Braunschweig. Die Bevölkerungsentwicklung nach dem Kriege. (Moriantur sequentes Germani?) Von Dr. Hans Guradze, Berlin. (Finanz⸗ und volkswirtschaftliche Zeitfragen, heraus⸗ gegeben von Geh. Rat, Prof. Georg Schanz in Würzburg und Geh. Regierungsrat, Professor Dr. Julius Wolf in Berlin, Hefte 58, 59, 60 und 61.) 106, 68, 103 und 37 Seiten. Preis 4,20 ℳ, 2,80 ℳ, 5 und 1,80 ℳ. Verlag von Ferdinand Enke, Stuttgart. Geheimrat Schwarz beschäftigt sich in seiner vor⸗ liegenden neuen Schrift mit den wichtigsten und schwersten Aufgaben zukünftiger deutscher Finanzpolitik. Nach einem kurzen Rückblick auf die finanzielle Entwicklung der jüngsten Vergangenheit vor und in dem Kriege behandelt er zunächst das Schuldenproblem, das dadurch so schwierig geworden ist, daß das Reich von den 200 Milliarden Kriegsschulden nur etwa die Hälfte langfristig decken konnte, den Rest dagegen in Korm von schwebenden Schulden aufnehmen mußte und die Gliedstaaten und Gemeinden im Interesse der Schonung des Reichskredits völlig auf die Aufnahme langfristiger Anleihen verzichten mußten und nach der Schätzung von Schwarz 15 bis 20 Mtlliarden kurzfristiger Schulden ausgenommen haben. Zu diesen schwebenden Reichs⸗, Staats⸗ und Gemeindeschulden werden noch die voraussichtlich ebenfalls in Form schwebender Schulden auf⸗ zubringenden Kriegskostenentschädigungen an die Feinde hinzukommen. Die Untersuchung der Frage, welche Wege uns zu einer mindestens teilweisen. Abtragung oder Konsolidierung dieser ungeheuren Schuld in absehbarer Zeit offen stehen, die für den Wieder⸗ aufbau unseres Wirtschaftslebens bei den großen Nachteilen jeder schwebenden Schuld dringend notwendig ist, führt den Verfasser zu dem wichtigsten vor uns stehenden Finanz⸗ problem, dem Steuerproblem. Es wird eingehend erörtert, welche direlten und indirekten Steuern für das Reich in erster Linie in Frage kommen, wie sich steuertechnisch eine allgemeine Gebrauchs⸗ und Verbrauchsbesteuerung am zweckmäßigsten durchführen läßt usw. Ein besonderes Kapitel ist der Gemeindefinanzpolitik, der Kom⸗ munalisierungs⸗ und Sozialisierungsfrage gewidmet. Zum Schluß geht der Verfasser noch auf das zum Steuerproblem in enger Be⸗ ziehung stehende allgemeine wirtschaftliche Problem ein. Wie wir unter keinen Umständen unsere großen finanziellen Leistungen im Kriege auch nur annähernd hätten vollbringen können, wenn wir nicht mit einem so gesunden und starken Wirtschaftskörper in den Krieg eingetreten wären, so sei auch nach dem Kriege eine gute und erfolgreiche Finanz⸗ eine gute Wirtschaftspolitik cinhergehe, ja ihr sogar nach Möglichkeit 8. schreite, und auch eine gute Wirtschaftspolitik nicht möglich, wenn nicht eine gewisse Wirtschaftstraft im Lande vorhanden sei. Daher müsse in absehbarer Zeit unsere Wirtschaftsenergie wieder auf die alte Höhe gebracht oder noch darüber hinaus gesteigsot

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