1919 / 216 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 22 Sep 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Dann noch einige Worte zu einer Bemerkung des Herrn Ab⸗ geordneten Brückner. Dieser hat darauf hingewiesen, daß die Sicherheit des der Eisenbahn anvertrauten Gutes heute zu wünschen übrig lasse. Leider ist es so. Ich beklage die

Zustände tief, die da eingerissen sind, und bin jedermann dankbar, der mir Mitteilung über bestimmte Vorfälle macht, so daß es möglich ist, sie zu verfolgen. Auch ich habe den Eindruck, daß wir alle die Verpflichtung haben, daran zu arbeiten, daß die Zuverlässigkeit un⸗ seres Personals wiederhergestellt wird. (Sehr wahr!) Es ist ganz selbstverständlich, daß wir schon im Interesse des guten Rufes der Personale jeden, der dabei ertappt wird, sei er Arbeiter oder Beamter, ungetreu zu sein, hinaussetzen müssen; denn ein solcher gehört nicht in einen anständigen Betrieb hinein. (Lebhafte Zustimmung. Zuruf rehts.) Und nicht wieder einstellen; ganz selbstverständlich. Ich habe die Hoffnung, daß, wenn wir die Betriebsräte bekommen haben, auf diesem Gebiete sich manches bessern wird. Ich bin selbst⸗ verständlich der Meinung, daß der Betriebsrat nicht nur Rechte, sondern ganz festumgrenzte Pflichten bekommen wird. Die Leute im Betriebe wissen ungefähr, wer verdächtig sein kann, und ich glaube, wenn der Betriebsrat unter der Verpflichtung seiner Verantwortung mitarbeitet, wird er schon die schlechten Elemente mit heraussuchen helfen, damit wir sie entfernen können. Der Herr Abgeordnete Dr. Seelmann hat darauf hingewiesen, daß die Staatseisenbahn 170000 Köpfe zu viel habe. Meine Damen und Herren, es ist überaus schwierig, das zahlenmäßig auszusprechen; denn die Verhältnisse sind in man her Hinsicht gegen früher sehr stark verändert. Wir müssen mit dem Achtstundentag rechnen, der selbstverständlich ein Mehr an Köpfen verlangt. Aber die Tatsache ist an und für sich richtig, daß die Staatseisenbahn heute bei einem verhältnismäßig eingeschrumpften Betriebe über ein Heer von über 800 000 Mann verfügt, während sie in Friedenszeiten mit 550 000 Mann einen erheblich größeren Betrieb glatt bewältigen konnte. (Hört, hört! rechts.) Es ist sicher, daß hievin allmählich wieder ein Ausgleich erfolgen muß. Nur möchte ich es ablehnen, nun etwa mit rauher Hand hinein⸗ zugreifen und 170 000 Mann oder eine ähnliche Zahl plötzlich auf die Straße zu setzen. Da bin ich nicht allein Eisenbahnminister, sondern Staatsminister und trage als solcher mit die Sorge, daß die Arbeitslosigkeit im Lande nicht vergrößert werde; die Arbeits⸗ losenunterstützung auszudehnen, halte ich für unwirtschaftlicher als einige Leute noch mit durchzubeschäftigen, die man vielleicht nicht braucht. (Zuruf.) Sie werden schon beschäftigt; wenn sie arbeiten wollen, finden sie recht gute Arbeit. Ich habe in Anbetracht dessen, daß wir einen Rückstrom aus dem Osten bekommen und sehr erfreulicherweise die Rückkehr unserer Kriegsgefangenen bevorsteht, angeordnet, daß Plätze freigemacht werden für alle jene unter ihnen, die schon früher bei der Staatseisenbahn beschäftigt waren. Dabei sind in erster Linie natürlich die jungen, nicht schon lange Zeit in der Eisenbahnverwaltung beschäftigten Kräfte zu entlassen. Diese Entlassung soll geschehen in Uebereinstimmung mit dem Arbeiterausschuß und auch än ständiger Verbindung mit dem Arbeitsnachweis. Denn es hat keinen großen Wert, die Leute auf die Straße zu fetzen, sie der Arbeitslosenunterstützung zuzuweisen. Ich halte es für viel besser, wenn man sie aus dem einen Platz in den anderen hinüberschieben kann, daß sie, wenn sie bei uns entlassen werden, bereits wissen, wo sie hinkommen. Die Arbeitsmöglichkeiten werden sich in der nächsten Zeit steigern. In den Kohlengebieten ist eine starke Arheitsmöglichkeit vorhanden. Der Wiederaufbau in Frankreich und Belgien wird ein starkes Heer von Arbeitskräften absorbieren. Also die Zeit wird kommen, wo man ohne große Schwierigkeiten hier eingreifen kann, ohne größere Mengen von Menschen brotlos zu machen. Ich habe darüber hinaus auch die An⸗ weisung gegeben, daß die Glemente, die nicht arbeiten wollen, aus den Werkstätten entfernt werden müssen. (Bravol rechts.) Ich habe mit den zsständigen Dezernenten persönlich in Berlin die ganze Sach⸗ lage durchgesprochen und habe ihnen dargelegt, daß die Erlasse, die ich in diesem Sinne herausgegeben habe, auch von ihnen zu erfüllen sind, und daß ich jeden einzelnen dafür verantwortlich mache, daß sie durchgeführt werden. (Sehr richtig! und Bravo!) Ich fühle mich in voller Uebereinstimmung mit allen anständigen Arbeitern, wenn ich so vorgehe, daß ich diejenigen, die erklären, daß sie aus dem oder jenem Grunde nicht zu arbeiten gedenken, daß sie nicht gewillt sind, für ehr⸗ lichen Lohn auch ehrliche Arbeit zu leisten, aus dem Betrieb wieder herausbringe. (Sehr richtigl)

Die übrigen Fragen, meine Damen und Herren, wollen wir dann in der Haushaltungskommission klären. (Bravot)

Oesterreich.

1 Das Ftaatsamt für Neußeres veröffentlicht diplo⸗ matische Aktenstücke zur Vorgeschichte des Krieges 1914, Ergänzungen und Nachträge zum österreichisch⸗ ungarischen Ro Das zunächst vorliegende erste Heft dieser Aktensammlung umfaßt die Zeit vom 28. Juni bis 23. Juli 1914. Die mitgeteilten Dokumente erscheinen in textlich genauer Wiedergabe ihrer Vorlagen. Bearbeitet erscheint das ge⸗ amte, auf die Entwicklung der Krise bezugnehmende Material. Die Kontinuität der Aktennücke erhellt aus den genau ange⸗ führten Kanzlei⸗ bezw. Verweisungszahlen. Gleichzeitig werden weitere Veröffentlichungen, und zwar ein Heft mit den Doku⸗ menten aus der Zeit von der Uebergabe des Ultimatums in Belgrad bis zur Kriegserklärung an Serbien (23. bis 28. Juli) und ein Heft mit den Aktenstücken bis zum 27. August (d. h. bis zur Kriegserklärung der Monarchie an Belgien) angekündigt.

Dem „Wiener Telegraphen⸗Korxrespondenzbüro“ ufala⸗ bildet den Anfang der Dokumentenreihe eine im K. u. K. Ministerium des Aeußern verfaßte Denkschrift über die europäische Lage, die am 5. Juli mit einem Handschreiben Kaiser Franz Josephs Kaifer Wilhelm in Berlin überreicht wurde. Der Hauptsache nach weist sie auf die unerläßliche Notwendigkeit der Klärung des Verhältnisses Oesterreich⸗Ungams zu Serbien und zu Ru⸗ mänien hin, das als höchst unbefriedigend und gefahrdrohend ge⸗ schildert und auf die russischen Einkreisungstendenzen zurüͤcgefübet wird. Als erforderlich bezeichnet die Denkschrift ein Bündnis mit Bulgarien, dessen Bekanntgabe in Bukarest Rumänien von der schon weit gediehenen Annäherung an Rußland zurückbringen könnte. Die Denkschrift, die chen fertiggestellt war, als die furchtbaren Ereignisse von Serajewo eintraten, schließt mit den Worten: „Um so gebieterischer tritt an die Monarchie die Notwendigkeit heran, mit entschlossener Hand die Fäden zu zerreißen, die ihre Gegner zu einem Netze ihremn 1 4

In seiner aus Boruholm, den 14. Juli 1914, datierten Antwort erklärt sich Kaiser Wilbelm bereitt, die auf Vereitlung eines neuen Balkanbundes unter russischer Patronanz und mit der Spitze gegen Oesterreich⸗Ungarn gerichtete Politik der österreichisch⸗ungarischen Re⸗ gierung nach Tunlichkeit zu fördern. Schon früher, am 5. Juli 1914, hatte der österreichtsch⸗ungarische Botschafter in Berlin Graf Szoe⸗ svenh an Grafen Berchtold über eine Unterredung mit Kaiser Wilhelm

erichtet, in der dieser unmittelbar nach Lektüre des oben erwähnten Handschreibens und der Denkschrift die deutsche Unterstützung für den Pan daß Oesterreich⸗Ungarn eine kriegerische Aktion gegen Serbien für notwendig halten sollte, zusagte. Was die Stellungnahme der deutschen Regierung anbelangt, hatte Unterstaatssekretär von am 4. Juli dem Grafen Szoegyeny geraten, an Serbien eine demütigenden Forderungen zu stellen. Der Reichskanzler von Bethmann Hollweg erklärte dem Botschafter am 6. Juli, es sei Sache der Monarchie, zu heurteilen, was zu geschehen habe, um ihr Verhältnis zu Serbien zu klaren. Der Botschafter meinte auch fest⸗ stellen zu können, daß der Kanzler ein sofortiges Einschreiten gegen Serbien als radikalste Lösung der Schwierigkeiten Oesterreich⸗Ungarns am Balkan ansehe.

Die diplomatische Aktion gegen Serbien bildete den Gegenstand einer Beratung in der Sitzung des Ministerrats für gemeinsame An⸗ gelegenheiten am 7. Jult 1914. Graf Berchtold trat für „eine radikale Lösung“ und „ein energisches Eingreifen“ ein. Der öster⸗ reichische Ministerpräsident Graf Stuergkh brachte zur Sprache, daß nach Ansicht des Landeschefs für Bosnien die durch die großserbische Agitation in Bosnien entstandenen Schwierigkeiten nur dann durch Verwaltungsmaßnahmen im Lande selbst behoben werden könnten, wenn die Monarchie einen kräftigen Schlag gegen Serbien führe. Wenn nichts geschehe, würde er, Graf Stuergkh, die fuͤdflawischen Provinzen der Monarchie für verloren halten. Er stimme mit Graf Berchtold darin überein, daß durch einen diplomatischen Erfolg die Situation in keiner Weise gebessert werden könnte. Auch der gemeinsame Finanzminister von Bilinski stand auf seiten des Grafen Berchtold. Ebenso erklärte der K. und K. Kriegsminister von Krobatin, daß ein bloßer diplomatischer Erfolg keinen Wert hätte, da er nur als Schwäche ausgelegt würde. Der ungarische Ministerpräsident Graf Tisza, der in einem Vortrage beim Kaiser Franz Joseph vom 1. Juli eine diplomatische Aktion auf dem Balkan einem Kriege mit Serbien vorzog, für den er den Augenblick und die internationale Lage nicht als günstig genug ansah, erklärte in diesem Minssterrat, daß sich die Lage in den letzten Tagen durch die in der Untersuchung der Serajewoer Mordtat fest⸗ gestellten Tatsachen und die Haͤltung der serbischen Presse geändert habe. Er empfehle jedoch, mit einer kriegerischen Aktion zurückzuhalten, wogegen Graf Berchtold einwendete, es sei keine Zeit mehr vorhanden, eine günstigere Situation abzuwarten; man müsse mit der Tatsache rechnen, daß von seindlicher Seite ein Entscheidungs⸗ kampf gegen die Monarchie vorbereitet werde. Graf Tisza verlangte, daß man erst mobilisiere, nachdem konkrete Forderungen an Serbien gerichtet und diese zurückgewiesen sowie ein Ultimatum gestellt worden seien. Graf Berchtold schloß die Debatte mit der Erklärung, daß auch Tiszas Vorschläge aller Wahrscheinlichkeit nach zu der von den übrigen Mitgliedern der Konferenz für notwendig gehaltenen kriegerischen Auseinandersetzung mit Serbien führen würden.

Ein vom 13. Juli datierter Bericht des nach Serajewo ent⸗ sendeten Sektionsrates Ritter von Wiesner an das K. und K. Ministerium des Aeußern betont, daß eine Mitwisserschaft der Bel⸗ grader Regierung an der Leitung des Serajewoer Attentats oder 88g Vorbereitung nicht 1 oder auch nur zu vermuten sei. Vielmehr bestünden Anhaltspunkte dafür, dies als ausgeschlossen an⸗ zusehen. Wohl aber sei das Attentat in Belgrad Be chkosten und unter Mitwirkung serbischer Staatsbeamten vorbereitet worden. Auch seien die bosnischen Zivil⸗ und Militärbehörden überzeugt, daß die groß⸗serbische Propaganda in Bosnien von Serbien aus unter

örderung und mit Wissen und Billigung der Belgrader Regierung betrieben werde. 8

In dem Ministerrate vom 19. Juli wurde der definitive Text

der an Serbien zu richtenden Note festgestellt. Graf Berchtold kon⸗

statierte die erzielte vollständige Einmütigkeit in allen Fragen. Graf Tisza hatte inzwischen seine Bedenken fallen lassen. Auf seinen An⸗ trag wurde jedoch beschlossen, sofort bei Beginn des Krieges den fremden Maͤchten zu erklären, „daß die Monarchie keinen Eroberungs⸗ krieg führe und nicht die Einverletbung des Königreichs beabsichtige“.

Bemerkenswert ist, daß Graf Berchtold schon vor der Ueber⸗ reichung des Ultimatums in Belgrad damit rechnete, daß Italien die Aktion gegen Serbien zum Anlaß von Kompensationsforderungen nehmen könnte, und den österreichisch⸗ungarischen Botschafter in Rom instruierte, wie solchen italienischen Forderungen entgegenzutreten sei. In Berlin war man, wie aus einer in der Versammlung mit⸗ geteilten Unterredung des Grafen Berchtold mit dem deutschen Bot⸗ schafter in Wien, von Tschirschly, hervorgeht, über die Haltung, die Italien im Falle eines Krieges gegen Serbien einnehmen würde, schon zu viesem Zeitpunkte sehr besorgt.

Die oft erörterte Frage, ob Deutschland an der Abfassung des

serbischen Ultimatums beteiligt gewesen sei, erfährt ihre endgültige Klärung durch das Aktenstück 41, ein Schreiben des Grafen Szögyeny an den Grafen Berchtold vom 21. Juli. Der Botschafter empfiehlt darin dringend, dem Berliner Kabinett die Ultimatumnote früher, als den anderen Kabinetten, mitzuteilen, um die Verstimmung zu vermeiden, „die dadurch entstehen könnte, daß wir durch gleich⸗ zeitige Bekanntgabe unserer Note an Serbien an alle Kabinette das⸗ jenige Deutschlands, unseres Bundesgenossen, auf die gleiche Linie mit den Regierungen der anderen Großmächte stellen würden“. In der Tat erhielt dann Herr v. Tschirschky die Note nur ungefähr 24 Stunden früher, als sie den übrigen Kabinetten zur Kenntnis gebracht wurde. Ueber ihren Inhalt wurde aber auch Sir Edward Grey vorher in vertraulicher Weise informiert. Aus einer Unterredung mit dem deutschen Staatssekretär des Aeußern von Jagow teilt Szögyeny in diesem Schreiben mit, der Staatssekretär habe ihm klar zu verstehen gegeben, daß Deutschland zwar unbedingt hinter der Monarchie stehen werde, daß es aber für die deutsche Regierung gerade aus diesem Grunde von vitalem Interesse sei, bei Zeiten darüber informiert zu werden, „wohin unsere Wege führen, und insbesondere, ob eine provisorische Besetzung serbischen Gebiets oder eine Aufteilung Serbiens beabsichtigt sei“. Mit Mitteilung und Begründung der erfolgten Uebergabe des Ultimatums in Belgrad an alle k. und k. Missionen schließt das insgesamt 72 Dokumente umfassende erste Heft der offiziellen Aktenpublikation.

Gleichzeitig mit dieser Publikatien erscheint in einem Wiener Verlage eine quellenkritische Darstellung der unmittel⸗ baren Vorgeschichte der internatiönalen Konflagration des Jahres 1914 unter dem Titel „Das Wiener Kabinett und die Entstehung des Weltkrieges, besorgt mit Er⸗ mächtigung des Leiters des österreichischen Staatsamtes des Feußerh auf Grund aktenmäßiger Forschung von Dr. Roderich 08 . Aus den veröffentlichten Aktenstücken geht dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge hervor, daß das bisherige hauptsächliche Beweisdokument der Entente für die ablehnende Hastung der deut⸗ schen Regierung gegenüber den englischen Vermittlungsvorschlägen schwerwiegende materielle Irrtümer enthaͤlt. Es wird festgestellt, daß der angebliche Potsdamer Kronrat vom 5. Juli 1914 in Wahrheit eine Sitzung des Ministerrats für gemeinsame Angelegenheiten in Wien am 7. Juli war. Nach dem Protokoll über diese Sitzung einigten sich alle Anwesenden mit Ausnahme des ungarischen Ministerpräsidenten auf den Standpunkt, daß ein diylomatischer Er⸗ folg, wenn er auch mit einer eklatanten Demuͤtigung Serbiens endigen würde, wertlos wäre, und daß daher so weitgehende Forderungen an Serbien gestellt werden müßten, daß sie eine Ablehnung voraussehen ließen, damit eine radikale Lösung im Wege militärischen Eingreifens

angebahnt wurde.

Aus der Veröffentlichung geht weiter hervor, daß das Berliner Kabinett bis zum 22. Juli Nachmittags ohne Kenntnis des Wort⸗ lautes der östetreichtsch⸗ungarischen Note an Serbien geblieben ist und an ihrer Abfassung keinen Anteil hatte, sowie daß die serbische Antwort⸗ note vom Wiener Kabinett nach Berlin überhaupt nicht mitgeteilt wurde. Des weiteren wird aktenmäßig nachgewiesen, daß der englische Vermittlungsvorschlag vom 29. Juli eine dringliche und nachdrückliche Befürwortung durch die Berliner Regierung gefunden hat. Herr von Tschirschkyẽy war beauftragt, an die nach Wien weitergegebenen Aeußerungen Sir Edward Greys u. a. folgende Bemerkung zu knüpfen: das deutsche Kabinett müsse es dringendst und nachdrücklichst der Erwägung der K. und K. Re⸗ gierung anheimstellen, die Vermittlung Englands unter den an⸗ gegebenen ehrenvolten Bedingungen anzunehmen. Es wäre für Oesterreich⸗Ungarn und Deutschland ungemein schwer, die Ver⸗ antwortung für die Folgen einer ablehnenden Haltung zu tragen. Als ebenso unverkennbar bezeichnet aber die Arbeit die weitere Tat⸗ sache, daß der englische Vorschlag infolge der dilatorischen und un⸗ sachlichen Behandlung seitens des Wiener Kabinetts keine Annahm

Ungarn.

Nach dem Amtsblatt hat der Ministerrat am 17. Sep⸗ tember das Rücktrittsgesuch des Handelsministers Franz Heinrich und des Justizministers Dr. Georg Baloghe an⸗ genommen.

Großbritannien und Irland.

Nach einer Meldung der „Daily Mail“ haben Lloyd George, Tittoni und Clemenceau beschlossen, sofern Wilson zustimmen sollte, Fiume an Italien zu geben. Der Hafen von Fiume soll jedoch dem Völkerbund unterstellt

werden. Frankreich.

Der Fünferrat hat am Freitag unter dem Vorsitz des Ministers Pichon das Studium des Vertragsentwurfs zwischen den Großmächten und Polen über ein zukünfliges Statut von Galizien begonnen. Der Minister Loucheur unter⸗ 1e den Fünferrat über die Kohlenfrage in Oester⸗ reich. .

„— Nach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphen⸗ büros“ teilt die „Chicago Tribune“ mit, daß der Marschall Foch Deutschland wegen der Armee des Generals von der Goltz kein Ultimatum überreichen werde, jedenfalls nicht sofort, weil einige Mitglieder des Fünferrats sich dagegen aus⸗ gesprochen hätten. Man habe erst vorgeschlagen, den Polen den Auftrag zu erteilen, die Deutschen aus Lüuauen zu verjagen, aber man habe sich dafür entschieden, daß es besser sei, Polen zu veranlassen, daß es demobilisiere, damit es sein wirtschaft⸗ liches Leben organisieren könne. Die Amerikaner glaubten nämlich, wirtschaftliche und finanzielle Maßregeln gegen Deutschland würden eher dazu führen, daß die Deutschen Litauen verließen.

Bei der Uebergabe des Friedensvertrags an die bulgarische Delegation am Freitag führte der Minister⸗ präsident Teodoroff der „Agence Havas“ zufolge aus:

„Bulgarien wurde durch Zwang und durch eine unselige Macht in diesen Krieg getrieben. Wir empfinden die ganze Ausdehnung und den ganzen Ernst unserer Verantwortung. Die Geschichte wird fest⸗ stellen, daß die Politik Ferdinands und Radoslawows eine Verge⸗ waltigung des Willens des bulgarischen Volkes war, die durch die Ver⸗ kettung der Ereignisse möglich wurde, von denen einige von uns abhingen, und zusolge von Jertümern, die nicht auf unserer Seite begangen wurden. Wenn der größte Freund des Volkes auch unschuldig ist, so ist doch der bulgarische Staat verantwortlich. Wir erkennen die Schuld Bulgariens an begangenen Ausschreitungen an und wir werden deren Urheber unverzüglich verfolgen, wer sie auch seien. Wir bedauern, daß unser Volk unter dem Zwange der Ereignisse in das der Koalition des Rechts und der Demokratie entfernt stehende Lager gedrängt wurde. Das Recht des Volkes ist unzerstörbar. Die Alliierten werden es billiger⸗ weise für seine Fehler nicht zu hart bestrafen. Wenn wir nicht immer den guten Weg gegangen sind, so genügte unsere Erfahrung als junges Volk, das kaum aus der langen Knechtschaft hervor⸗ gegangen war, nicht gegenüber den Verwicklungen und den Aufgaben, die uns gestellt wurden. Aber unser Ideal war, wenn wir im Besitze unserer Bewegungsfreiheit waren, stets rein und legitim. Es beruhte, wie auch heute noch, auf allen Rechten, die die Geschichte hat, und die sie verleihen kann durch internationale Verträge. Wir haben diese Rechte in einer besonderen Denkschrift niedergelegt; ausland sche Zeugen, unanfechtbare Autori⸗ täten bestätigen, daß die Bevölkerung sie verlangt, und daß unser Mitbewerber von heute sie kürzlich durch einen Vertrag und ein Zu⸗ geständnis anerkannte, dessen Tragweite durch nichts vermindert wer en kann, so wohlbegründet erschien unser Recht klar im Lichte der Geschichte. Unsere Hoffnung besteht darin, daß die Kon⸗ ferenz in ihrer großen Weisheit das Unglück unseres Landes beurteilen wird. Wir haben keine imperialtstische Politik ver⸗ folgt und nie etwas anderes gewollt als die Vollendung unserer Ein⸗ heit. Das bulzarische Volk strebt nicht nach der Erbschaft anderer, es ist sogar bestrebt, seit 1877 die bulgarischen Gegenden zu vergessen, die der Berliner Vertrag Serbien und Rumänien zuerteilte⸗ Seit fast einem halben Jahrhundert gehen unsere Anstrengungen nur auf ein Ziel: Befretung unserer Brüder, welche der Berliner Vertrag unter der ottomanischen Herrschaft gelassen hatte. Entfernt davon, imperialistische Bestrebungen wieder aufzunehmen, wird es unser Bemühen bleiben, mit unsern Nach⸗ barn in freundnachbarliche Beziehungen zu treten. Die Ereignisse vom September und November 1918 haben Bulgarien von dem langen Drucke befreit, der auf seinem Willen lag. Unsere Demokratie kann nun frei im Interesse des bulgarischen Volkes walten, wobei sie hofft, in den Alliterten eine wahre Stütze zu finden. Bulgarien hat noch nicht Zeit gehabt, das zu tun, was geeignet erscheinen könnte, ihm das volle Vertrauen der Mächte zu gewinnen. Es will aber alles tun, um in Zukunft den Kredit zu recht⸗ ertigen, der ihm gegeben ist, Um das zu erreichen will Bulgarien

ch fest dem Regime des Völkerbundes anschließen, in den aufge⸗ nommen zu werden es stolz und glücklich sein würde. Der Geist der Eintracht und der Wunsch nacm Versöhnung soll die Bezlebungen zu unseren Nachbarstaaten erfuͤllen.“ Teodoroff schloß mit dem Wunsche, daß die Alliterten dem bulgarischen Volke Gerechtigkeit angedeihen lassen und ihm die Mitsel geben möchten, damit der kleine Staat wiederaufgebaut werden könne in den gesetzlichen Grenzen, welche die Geschichte, die Demokratie und die internationalen Abmachungen vorschreiben.

Der größte Teil der bulgarischen Friedensdelegation unter Führung des Ministerpräsidenten Teodoroff hat vor⸗ gestern abend Paris verlassen, um mit der Regierung in Sofia über den Friedensvertrag zu verhandeln.

In der Sitzung der Deputiertenkammer am 17. September führte der sozialistische Führer Jean Longuet über die russischen Fragen laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbüros“ noch aus: 1

Seine Partei bleibe Gegnerin des Friedensvertrages, weil er Europa nicht die Bürgschaften gebe, die es hätte erwarten dürfen. Der Friedensvertrag bringe nicht die Abrüstung, das Ziel der sozialistischen Bestrebungen. Wenn man sich mehr um die Verteilung der Kriegs⸗ kosten gekümmert hätte, würde man einen gerechteren Frieden erlangt haben. Der Friede sei ferner nicht auf dem schon

vor Wilson von Renan verkündigten Selbstbestimmungbörecht der

1 Völter aufgebaut. Auch aus diesem Grunde könne die Sozial⸗

gefunden hat.

ie dem Vertrag nicht zustimmen. Man dürfe weiter nicht wefen daß die Sehssust nach dem linken Rheinuser den Krieg 261870 hervorgerufen habe. In dem Bericht Barthous finde man Gedanken Benedettis. Wenn man heute Deutschland zerstückeln olle, begünstige man eine ultrareaktionäre Utopie. Die Einheit vischlands sei trotz allem eine Tatsache. Trennungsversuche n üsse n nicht zwischen den Gliedstaaten, sondern zwis chen den Parteien machen. gebe in Deutschland Sozialdemokraten, die bereit seien, auf die kanzosen zu hören. Longuet ging sodann auf die Haltung der deutschen Foziag demokraten während des Krieges ein und betonte, daß diese 80 Vanderveldes Urteil vor dem Krieg ihre Pflicht getan hätten. ze hätten an einen Verteidigungskrieg geglaubt. Der Tag, an dem je deutschen Sozialdemokraten das Kaiserreich gestürzt hätten, hätte ie Deutschland feindlichen Regierungen gleichgültig gesunden. Wenn bete heute noch über 1 200 000 Soldaten verfüge, so habe die zourgeoisie der Entente das gewollt. Diese habe alles getan, die deutsche Revolution zu ersticken, weil die Ententediplomaten beber mit den Oynastien als mit den befreiten Völkern ver⸗ do delt hätten. Lloyd George und Wilson hätten den deutschen Fozialdemokraten einen besseren Frieden versprochen als dem imperia⸗ stischen Deutschland. Dieses Versprechen sei nicht gehalten worden. Hurch die Zurückerstattung von Elsaß⸗Lothringen sei zwar eine große ngerechtigkeit wi dergutgemacht worden, aber die Sozialdemokratie sätte die Rückkehr Elsaß⸗Lothringens nicht durch einen Krieg, sondern urch eine Fortentwicklung des Rechis erwartet. Longnet besprach uch das Saarstatut. Man hätte die Kohlen haben können, ohne sas Land zu besetzen. Es sei eine Dummheit, Deutsch⸗Oesterreich ie Vereinigung mit Deutschland zu untersagen. (Der Redner vurde durch stürmische Zwischenrufe häufig unterbrochen.) In der vorgestrigen Nachmittagssitzung der Kammer griff her Abgeordnete Louis Marin die militärischen Friedens⸗ hestimmungen an.

Marin will den Friedensvertrag mit Vorbehalten annehmen. Er schlug⸗

den Friedensunterhändlern eine Zustimmungserklärung ch zu tadeln, weil sie Deutschland nicht entwaffnet, Be fe nicht verlangt und vie

Bevorzugung für die Entschädigungszahlungen an die Kriegsopfer scht durch esetzt hätten; sie hätten weder mit Italien, noch mit geligien ein Bündnis geschlossen, noch verhindert, daß das deutsche 1

Gold ins Ausland abwandere, besonders aber nicht darauf gedrungen,

die Friedensverhandlungen offen und nicht geheim zu führen.

In der Senatskommission für Heereswesen cklärie der Senator Paul Doumer vorgestern, die militärische Diestzeit in Frankreich könne ohne Gefahr auf ein Jahr her⸗ abgesetzt werden.

Der Nationale Kongreß des Allgemeinen Arbeiterverbandes (C. G. T.) in Lyon, der vorgestern ge⸗ schlssen worden ist, hat eine Entschließung angenommen, die bestätigt, daß der Syndikalismus das erreichbare Höchstmaß nur durch unmittelbaren Kampf gegen das Unternehmertum er⸗ richen könne. Die Entschlietzung spricht sich alsdann für die Nationalisierung aus und verlangt eine Kontrolle über alle in⸗ dustriellen Unternehmungen; die daran zu Beteiligenden sollten ugleich Schöpfer und Verbraucher werden. Der Kongreß pricht, der Confédération Générale du Travail Vertrauen aus, betont das Selbstbestimmungsrecht der Volker, tritt für

lrdie russische Revolution ein und verurteilt die Unterstützung Koltschats und Denikins durch die Alliserten. Er verlangt serner baldige Entsendung einer Arbeiterdelegation nach Ruß⸗ land und sordert Frieden mit dem revolutionären Rußland. Vor der Trennung stimmte der Kongr noch dem Vorschlag Jouhaux' auf Einsetzung eines wirtschaftlichen Rates zu.

Rußland.

u den Friedensverhandlungen in Pleskau sind von Lacde 8. Sowjetregierung ernannt worden: der Volks⸗ kommissar für Verkehr Leonid Krassin als Vorsitzender, Maxim Litwjnow, Mitglied des Kollegiums des Volks⸗ kommissariats sn Auswärtiges und die Staatskontrolle, und Bogoljubowals Delegationsmitglieder, Kestljajew Modenom und Kuck als beratende Mitglieder.

Wie das Pressebüro „Radio“ aus Horsea meldet, ist des in der Mitte und auf dem rechten Flügel der Armee Denekins zu vielen Treffen mit den Bolschewisten gekommen. Die Kosaken haben mehrere Städle genommen und über 4300 Gefangene gemacht. Das Kriegsamt teilt die Einnahme zweier Ortschaften an der Murmanbahn mit. Bei diesen Unternehmungen sind 500 Gefangene gemacht, und eine bolschewistische Flsttille auf dem Onegasee ist durch britische Luftstreitkräfte zerstreut worden.

Belgien.

Der Interalliierte Oberste Wirtschaftsrat ist vor⸗ gestern unter dem Vorsitz des belgischen Wirtschaftsministers in Brüssel zusammengetreten. Unter den Delegierten befanden

sich der britische Lebensmittelminister Roberts und die französischen

Minister Clementel und Loucheur. Dem „Telegraaf zufolge befaßte sich der Rat hauptsächlich mit der Frage der Lebens⸗ mittelversorgung. Die Schwierigkeiten bei dem großen

ZBedarf Deutschlands an Lebensmitteln und Rohstoffen bestehen in der Bezahlung. Nach den Berichten, die dem Rat vorliegen, sind in der Welt genügend Lebensmittel vorhanden, um alle Länder zu versorgen. Schwierig ist nur die Transport⸗ und die Schiffsraumfrage. Um die Verteilung der Lebensmittel und Kohstoffe zu sichern, werden beratende Ausschüsse in allen alliierten Ländern errichtet. Deutschland wird versorgt werden; as soll jedoch vermieden werden, daß Deutschland bald ein Konkurrent der Länder wird, die durch den Krieg gelitten haben. Der Wirtschaftsrat befaßte sich ferner mit der Frage der Kohlenversorgung Oesterreichs, mit der euro⸗ päischen Kohlenfrage und mit der Verteilung des Schiffsraums auf der Donau. Außerdem besprach er die Frage der Zölle, die Deutschland auf die Waren gelegt hat,

die auf das rechte Rheinufer gebracht werden, sowie die Frage der Rohstoffe, die Deutschland besitzt und die es den

Uüserten im Austausch gegen andere Erzeugnisse geben könnte.

Bulgarien.

Der von den alliierten und assoziierten Mächten am Freita der bulgarischen Delegation in Paris überreichte Friedens⸗ vertrag ist nach demselben Plane entworfen, wie der mit Oesterreich. Er enthält der „Agence Havas“ zufolge nach⸗

stehende Bestimmungen: b Was die Grenzen betrifft, so wird die Ween. Bulgariens r. Rumänien nicht geändert, im Westen bleibt sie gegen Serbien in im allgemeinen die alte, die Strumitza mit den angrenzenden Bezirken und einige andere kleine Landstriche werden dem serbisch⸗ kroatischen Staate einverleibt. Die Abänderung im Süden wegen der Gebiete, über deren Zuteilung später entschieden wird, läßt die neue Grenze von einer Linie ausgehen, deren Ausgangspunkt acht Meilen füdwestlich von Kaslik liegt und die in Kiltik endigt. Arbassoni und Daridere bleiben bulgarisch. Die Linie durchschneidet die Berge Kartaldagh und Tokatdschidagh. Im Süden und Osten werden un⸗ bedeutende Veränderungen vorgenommen. Die politischen Be⸗

der Kammer vor, zu geben, sie jedo weil sie bas Besetzungsrecht der Rheinbrückenkö

Vertrages identisch. Bulgarien erkennt die Grenzen Deursch⸗O ster⸗ reichs, Griechenlands, Ungarns, Polens, Rumäniens

und je einem Serben und Bulgaren wird die Grenzlinie im Gelände festlegen. Die bulgarischen Staatsangehörigen, die nach dem 1. Januar 1910 sich in einem an den serbischen Staat abzutretenden Gebiet niedergelassen haben, erhalten die serbische Staatsangehörigkeit nur auf Ermächtigung dieses Staates hin. b

Die Bestimmungen über die an Serbien und Griechen⸗ land abzutretenden Gebiete sehen eine Optionsbefugnis der mehr als 16 Jahre alten bulgarischen Staatsangehörigen por. Verhältnis und Art der finanziellen Lasten Bulgariens, die Griechen⸗ land aus der Tatsache zufallen, daß die neuen Gebiete unter seine Souveränität gestellt werden, werden gemäß den finanziellen Klauseln dieses Vertrages feestgesetzt. Bulgarien verzichtet zugunsten der alliierten und assoztierten Mächte auf alle feine Rechte über die in Thrazien gelegenen Gebiete, die früher der bulgarischen Monarchie gehörten und sich nun außerhalb der bulgarischen Grenzen befinden und keinem Staate zu⸗ geteilt sind. Es erkennt die Entschließungen der hauptsächlichsten alliierten und assoziierten Mächte an, die ihm einen Handelsweg nach dem Aegäischen Meere sicherstellen. Die Bedingungen deeser Zusiche⸗ rung werden später festgelegt. Die Bestimmungen bezüglsch des Schutzes der Minderheiten sind mit denjenigen des österreichischen

sowie die serbisch⸗ kroatisch⸗slowenischen Grenzen, die von den allijerten und assoziierten Mächten festgelegt worden sind, an, ebenso alle Verträge der alliterten und dg eechee. mit denjenigen Staaten, die auf der Seite Bulgariens gekämpft hahen. b ““ Die Güsamtstärke der hbulgarischen Armee einschließlich der Offiziere wird auf 20 000 Mann festgesetzt. Sie wird aus⸗ schließlich zur Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Grenz⸗ polizei verwendet und setzt sich vol ständig aus Freiwilligen zusammen. Die Gesamtsumme der Gewehre darf 30 000 nicht übersteigen. Anzahl und Kaliber der Geschütze, welche die nominale Bewaffnung der gegenwärtigen Festungsbestände Bulgariens darstellen, dürfen nicht überstiegen werden. Die Munitionsversorgung soll 1500 Schuß für das Geschütz bis zum einem Kaliber von 15 Zentimeter, 500 für das Geschütz mit größerem Kaliber betraen. Es darf keine neue Festung errichtet werden. Die Einfuhr von giftigen Gasen, Tanks und Panzerautomobilen ist verboten. Alle Kriegsschiffe werden an die hauptsächlichsten alliierten und assoziierten Mächte ausgeliefert und zerstört werden. Die Herstellung und Erwerbung von Untersee⸗ booten, selbst von Handelsunterseebooten, ist verboten. Während der drei Monate, die der J kraftsetzung des Vertrages folgen, wird die radiotelegraphische Slation Sofias Handelstelegramme nur unter Kontrolle der alltierten Mächte über⸗ mitteln können. Bulgarien darf keine radiotelegraphische Großstation hauen, keine militärische und maritime Luftschiffahrt haben, während sechs Monaten kein Luftschiff bauen, es muß alle aeronauti⸗ schen Apparate, militärisceen und maritimen Ballone, Lenkballone und das aeronautische Material ausliefern usw. Kein bulgarischer Staats⸗ anaehöriger darf bei fremden Mächten dienen. Die interalliterten Kontlollkommissionen werden sich in Sofia niederlassen und die alliierte militärische Kommission wird die Uebergabe der Waffen, der Munition usw. entgegennehmen. Bezüglich der Wiederg tmachungen erkennen die alliierten und assozlierten Mächte an, daß die Mittel Bulgariens keine an⸗ gemessenen Wiedergutmachungen sichern können. Ihr Berrag wird auf 2 ¼ Milliarden Franken in Gold festgesetzt. Die Summe ist durch halbjährliche Zahlungen am 1. Januar und am 1. Jult jedes Jahres, vom 1. Juli 1920 an zu zahlen. Die zwei ersten Zahlungen werden die zu zwei Prozent auf die Totalsumme vom 1. Januar 1920 an berechneten Zinsen darstellen. In der Folge wird jede Se zahlung einen Zinssuß von 5 Prozent auf das geschuldete est apital und eine Amortisation umfassen, welche so bemessen sein muß, ß die ganze Schuld am 1. Juli 1958 beglichen ist. Bulgarien timmt der Ueberweisung aller Forderungen, welche seine ehemaligen Verbündeten gegen es besitzen, an die alliierten und assoziierten Mächte zu. Bulgarien wird eine gewisse Menge Vieh abliefern und als Entschädigung für die in den Kohlengruben der serbischen Ge⸗ biete bewirkten Zerstörungen dem serbischen Staate gfünf Jahre lang 50 000 Tonnen Kohlen jährlich liefern. Die Interalliierte Kommission, die sich in Sofia niederlassen will, wird drei von England, Frankreich und Italien ernannte Mitglieder umfassen. Sie wird die Liste der Steuern und Einkünfte aufstellen und falls Bulgarien seinen Verpflichtungen nicht nachkom men sollte, die absolute Kontrolle der budgetären Steuern und Einkünfte in die

Hand nehmen können. Lettland.

Die estnische Friedensdelegation ist in Pleskau eingetroffen und hat am 19. September die erste Beratung abgehalten. Die Revaler Konferenz hat beschlossen, daß die Randstaaten nur gemeinsam mit den Bolschewisten ver⸗ eöe Die Pleskauer Kommission erhielt die Weisung, dies

i den Bolschewisten durchzusetzen. 8 .“

Amerika.

Der „New York Herald“ berichtet, daß die oppositionellen Senatoren beschlossen haben, in dieser Woche den Kampf um den Abänderungsantrag Johnson, der für die Ver⸗ einigten Staaten und Großbritannien die gleiche Stimmen⸗ anzahl für den Völkerbund verlangt, aufzunehmen.

. 8 88

Australien.

Die australische Volksvertretung hat laut Meldung

des „Wolffschen Telegraphenbüros“ den Friedensvertrag und den englisch⸗französischen Vertrag bestätigt.

Statistik und Volkswirtschaft.

Arbeitsstreitigkeiten. 8 MNach einer von „W. T. B.“ übermittelten Meldung der „Morning Post“ haben in England und Wales 50 000 Metall⸗ arbeiter die Arbeit niedergelegt, weil die Arbeitgeber sich weigerten, ihre Lohnforderungen zu bewilligen.

Das Pressebüro „Radio“ meldet, daß die 24 amerikanischen Eisen⸗ und Stahlarbeiter⸗Gewerkschaften be⸗ Slssser haben, am heutigen Montag für den Achtstundentag in den

usstand zu treten.

Handel und Gewerbe.

Das Meßamt der Internationalen Einfuhr⸗ messe Frankfurt am Main, die zum ersten Male in diesem Herbst vom 1. bis 15. Okrober abgehalten wird, bittet, wie „W. T. B.“ mitteilt, um Bekanntgabe der folgenden Mitteilungen: Die Anmeldungen der Aussteller der ersten Internationalen Einfuhr⸗ messe sind in so großer Zahl eingegangen und laufen fortwährend in einem Maße weiter ein, daß nicht alle berücksichtigt werden können. Es ist dem Meßamt leider nicht möglich, weitere An⸗ meldungen anzunehmen, da die Festhalle, die Neubauten und die Meßhäuser voll besetzt sind. Das Meßamt hofft, bei der näcksten Messe auch die Aussteller aufnehmen zu köͤnnen, die diesmal nicht mehr untergebracht werden können. Als Vertreter des Reichskommissars für Ein⸗ und Ausfuhr⸗

Nebenwerten eine besonders bervortretende Aufwärtsbewegung.

Stab von Mitarbeitern begleitet ihn. Das Reichewirtschaftsamt bat der Franksurter Messe wei estgehende Vergünstigung zugestanden, so daß der Geschäftsverkehr hilsichtlich der Ein⸗ und Ausfuhr⸗ bewilligungen denkbvar vereinfacht ist. Z Laut Meldung des „W. T. B.“ betrug die Roheinnahme der Canada Pacific⸗Eisenbahn in der zweiten Septemberwoche 2773 000 Bollar (Zunahme gegen das Vorjahr 848 000 Dollar). 8

aris, 18. September. (W. T. B.) Ausweis der Ban v BZE11A““ Gold in den Kassen 3 590 022 000 (gegen die Vorwoche Zun. 447 000) Fr., Gold im Ausland 1 978 278 000 (unverändert) Fr., Barvorrat in Silber 293 907 000 (Zun. 840 000) Fr., Guthaben beim amerikanischen Staats⸗ schatz 725 000 000 (unverändert) Fr., Guthaben im Ausland 795 982 000 (Abn. 27 029 000,) Fr. vom Moratorium nicht be⸗ troffene Wechsel 940 029 000 (Zun. 38 935 000) Fr., gestundete Wechsel 699 421 000 (Abn. 4 388 000) Fr., Vorschüͤsse auf Wertpapiere 1 261 195 000 (Abn. 1 476 000) Fr., Vorschüsse an den Staat 24 200 000 000 (Zun. 150 000 000) Fr., Vorschüsse an Verbündete 3 695 000 000 (Zun. 5 000 000) Fr., Notenumlauf 35 655 028 (Abn. 26 642 000) Fr., Schatzguthaben 87 722 000 (Zun. 48 046 000 Fr., Privatguthaben 2 742 654 000 (Abn. 30 384 000) Fr. Madrid, 16. September. (W. T. B.) Ausweis der Bank von Spanien vonm 13. September 1919 in tausend Pesetas: Gold im Inland 2 410 303 (gegen die Vorwoche Zun. 26), Gold im Ausland 78 683 (Zun. 2429), Barvorrat in Silber usw. 643 242 (Abn. 2599), Wechselbestand 966 325 (Zun. 1617), Lombard 631 065 (Zun. 2733), Wertpapiere 12 455 (—,—), Notenumlauf fremde Gelder 1 292 370 (Zun. 644)].

Berichte von auswärtigen Wertpapiermärkten.

Wien, 20. September. (W. T. B.) Der Wochenschluß ging an der Börse in fester Haltung vor sich; nur bei Beginn machten sich im Hinblick auf die durch die Kohlenkrise geschaffene schwierige Lage in einzelnen Papieren Realisationsbestrebungen geltend. Doch wurde die Anwandlung zur Schwäche bald überwunden und von einer neuerlichen sprunghaften Aufwärtsbewegung abgelöst, als wieder leb⸗ hafte private Käufe einsetzten und im Anschluß hieran auch Deckungen erfolgten. Große Umsätze fanden in der Kulisse namentlich in Bank⸗ aktien und Staatsbahnaktien statt. Im Schranken vollzog sich in Schiffahrts⸗, Petroleum⸗ und Bergwerksaktien sowie in 8 e⸗ merkenswert war ferner die starke Steigerung der böhmischen Bank⸗ aktien. Der Anlagemarkt war ruhig bei gut behaupteten Kursen. An der Nachbörse stiegen Staatsbahnaktien bis 1332.

Wien, 20. September. (W. T. B.) Notrerungen der Deutsch⸗ Oesterreichischen Devnenzentrale. Berlin 261,00 G., Amsterdam —,— G., Zürich 1065,00 G., Kopenhagen 1340,00 G., Stockholm 1430,00 G., Christianta 1365,00 G., Martnoten 260,25 G.

Wien, 20. September. (W. T. B.) (Börsenschlußkurse.) Türkische Lose 626,00, Orientvahn —,—, Slaatsbahn 1285,00, Süd⸗ bahn 168,50, Oesterreichische Kredit 740,00, Ungarische Kredit 775,00, Anglobank 442,00, Untonbank 555,00, Bankverein 458,00, Länder⸗ bank 568,00, Tabakaktien —,—, Alpine Montan 1517,00, Prager Eisen 3340,00, Rima Muranyer 1185,00. Skodawerke 1163,00, Salgo Kohlen 1470,00, Brüxer Kohlen 2230,00, Galizia 3160,00, Waffen 1480,00, Lloyd⸗Aktien 4250,—, Poldihütte 1175,00, Daimler 790,00, Oesterreichische Goldrente —,—, Oesrerreichische Kronenrente 80,00, Februarrente 80,25, Matrente 80,75, Ungarische Goldrente —,—, Ungarische Kronenrente —,—.

Prag, 20. September. (W. T. B.) Berlin 121,00 G., Mark⸗ noten 118,00 G., Wien 55,00 G.

London, 19. September. (W.T. B.) 2 ½⅞ % Englische Konsols 50 ½, 5 % Argentinier von 1886 —, 4 % Brasilianer von 1889 —, 4 % Japaner von 1889 68 ⅛, 3 % Portugiesen 49, 5 % Russen von 1906 39, 4 ½ % Russen von 1909 29 ½, Baltimore and Ohio 50, Canadian Pacific 178 ¾, Erie 19 ½, National Railways of Mexiko 8 ½¼, Pennsylvania —,—, Southern Pacific 119, Union Pacific 145, United States Steel Corporation 122, Anaconda Copper —,—, Rio Tinto 50, Chartered 21/—, De Beers 24 ¼, Goldfields 1518, Randmines 3. 5 % Kriegsanleihe 94 ½, 4 % Siegesanleihe 85 ¼. London, 19. September. (W. T. B.) Wechsel auf Deutschland 107,50, Wechsel auf Amsterdam kurz 11,13, do. auf Paris 3 Monate 37,06, do. auf Brüssel 36,53. Privatdiskont 3 ¼¾, Silber loko 62, do. auf Lieferung 61 ¼. Paris, 19. September. (W. T. B.) 5 % Französische Anleihe 89,95, 4 % Französische Anleihe 71,15, 3 % Sersegüc⸗ Rente 60,80, 4 % Span. äußere Anleihe 144,00, 5 % Russen von 1906 54,50, 3 % Russen von 1896 —,—, 4 % Türken unif. 73,00, Suezkanal 5844, Rio Tinto 1872.

Amsterdam, 20. September. (W. T. B.) Wechsel auf Berlin 10,1 Wechsel auf Wien 4,20, Wechsel auf Schweiz 48,20, Wechsel a Kopenhagen 58,30, Wechsel auf Stockholm 66,10, Wechsel au New Yock —,—, Wechsel auf London 11,18, Wechsel auf Paris 30,90, Wechsel auf Christiania 63,10, Wechsel auf Brüssel —,—, Wechsel auf Madrid —,—. 5 % Niederländische Staats⸗ anleihe von 1915 94 16, 3 % Niederländ. Staatsanleihe 63 ½, Königl. Niederländ. Petroleum 783, Holland⸗Amerika⸗Linie 458, Niederländisch⸗Indische Handelsbank —, Atchison, Topela u. Santa

6 —,—, Rock Island —,—, Southern Pacific 108, Southern Faimwer —, Union Pacific 137 ⅝, Anaconda 157 ½, United States Steel Corp. 110 ½, Französisch⸗Englische Anleihe —, Hamburg⸗ Amerika⸗Linie —.

New York, 19. September. (Schluß.) (W. T. B.) Die Stimmung an der Fondsbörse war zuvnaͤchst überwiegend fest, da sich starkes Deckungsbedürfnis in Spezialwerten und Steels zeigte. Später übernahmen bei der nach oben gerichteten Bewegung Zucker⸗ und Metallanteile die Führung. Infolge bedeutender Abgaben in Steels stellte sich schließlich eine gedrückte Stimmung ein. Umgesetzt wurden 780 000 Stück Aktien. Tendenz für Geld: Fest. Geld auf 24 Stunden Durchschnittss Geld auf 24 Stunden I Darlehn 5, Wechsel auf Ber Wechsel auf London (60 Tage) 4,13,00, Cable Trangfers 416, Weczse auf Paris auf Sicht 8,93,00, Silber Barren 11 3 % Northern Pacific Bonds 56 ¾, 4 % Ver. Staaten Bonds 1 106 ¼, Atchison, S1;n * Hchanta. 58 et, 8 söspor⸗ & e. Canadian Pacific „Chesapeake 0 55 ⅞, cago wankse & St. hnen Denver & Ri⸗ Grande 9 ½, Illinoig Gentral 92 ½. Loussville & Nashville 108, New York Central 71 ½, Norfolk Western 98 , Pennsylvania 43, Reading 78 ½, Sovchern bile 99 ½, Union Pacific 121, Anaconda Copper Miuing 66 ¼,

States Steel Corporation 111 ½, do. pref. 113 ⅛.

8 Berichte von auswärtigen Warenmärkten.

London, 19. September. (W. T. B.) An der heute fort esetzten Wollauktion wurden 11 000 Ballen angeboten. Für bets Sorten herrschte zu unveränderten Preisen gute Nachfrage, waͤhrend geringere Sorten schwach lagen.

Rew YPork, 19. September. (W. T. B.) (Schluß.) Baumwalle loko middling 30,25, do. für September 29,56, do. Oktober 29,76, do. für November 29,35, New Orleans loko middlin 30,25, Petrslenm refined (in Cases) 23,25, do. Stand. white in New Pork 10,95, do. in tanks 11,50, do. Gredit Balantas ei Oil City 4,25, Schmalz

wime Western 25,05, do. Rohe u. Brothers 30,25, Zucker Zentri⸗ 8— 728, Weizen Winzer 287 ⅛, Mehl Spring⸗VWoheat lbarg 00 10,00, affee Rip Nr. 7 loko 15 ½, do.

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etreidefracht nach Liverpool nom.,

für September 1919 15,18, do. für Dezember 1919 14,98.

immungen verlangen, daß Bulgarien den serbisch⸗kroatisch⸗ slobenschen Staat aneckennt. Eln Kueschas caus fön Alllerce

8

lahe, nschnabe Ginsehenche

bewilligung, wird Regieru gsrat Seyboth während der Inter⸗ in Frankfurt a. M.

anwesend sein. Ein 1