1919 / 218 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 24 Sep 1919 18:00:01 GMT) scan diff

3. Wird der Gesuchsteller von Kindern unter muß es auf dem Geleitschein angegeben werden. 4. Für Militärpersonen bestehen Sonderbestimmungen.

2. Einreise. 8

A. In das von Amerikanern besetzte Gebict.

5. Für Reiseerlaubnis in das von den Amerikanern besetzte Gebiet des Brückenkopfes Koblenz ist ein von ordnungsmäßigen staatlichen Verwaltungsbehörden (Landrat, Bürgermeister, Polizei) beglaubigter und gestempelter Possierschein erforderlich. Die Südgrenze der Kreise: Neuwied, Montabaur und Westerburg bildet die südliche Grenze des von den Amerikanern besetzten Gebietes des Brückenkopfes Koblenz.

Es kommen für den Eisenbahnverkehr der Zivilbevölkerung mit Ausweis nur folgende Bahnstrecken zur Einreise in das amerikanisch besetzte Gebiet in Frage.

a) Strecke Hachenburg —Altenkirchen —-Remagen, b) 8 Puderbach —Dierdorf Bendorf— Koblenz,

c) Hachenburg Herschbach Siershahn Bendorf— Koblenz, Strecke Limburg— Nieder Erbach —- Montabaur— Siershan Bendorf— Koblenz.

Der Geleitschein bherechtigt lediglich zur E reise. Eine vefhfs; Uebersendung dessel nach erfolgter Ausfüllung an den neutralen schnittskommandeur III ist nicht erforderlich.

Vor Antritt der Rückreise ist der Geleitschein der ameri⸗ kanischen Hauptpaßstelle in Koblenz (Rückseite des Regierungs⸗

ebäudes) persönlich zur Stempelung vorzulegen. (Siehe auch iffer 10 dieser Bestimmungen.)

6. Es ist verboten, daß Seep enen in das amerikanisch besetzte Gebiet fahren, um in das französische oder englisch besetzte Nachbar⸗ gebiet zu gelangen. Eine Einreise in dieses Nachbargebiet hat unmittelbar durch die betreffende neutrale Fan. unter den von diesen Besatzungsmächten vorgeschriebenen Einreisebedingungen zu erfolgen. Reisende, die dem zuwiderhandeln, machen sich strafbar.

B. In das von Franzosen besetzte Gebiet.

7. Fuͤr Einreise in das von Franzosen besetzte Gebiet des Brückenkopfes Koblenz ist ein Gesuch um Erteilung eines Geleit⸗ briefes erforderlich, das zur Einholung eines Passierscheines (Sauf conduit) vorgelegt wird. Pässe, Briefe usw. sind nicht beizulegen. Die Nordgrenze der Kreise: Unterlahnkreis und St. Goarshausen bildet die nördliche Grenze des von Franzosen besetzten Gebietes des Brücken kopfes sest

Für das in westlicher Verlängerung von den Franzosen besetzte linksrheinische Gebiet der Kreise Simmern und Kreuznach ist Zivil⸗ kommissariat IV in Frankfurt a. M. für Beantragung von Passier⸗ scheinen zuständig. 1

Die Einreiseerlaubnis in das französisch besetzte Gebiet wird be⸗ willigt, wenn allgemeines volkswirtschaftliches Interesse vorliegt und in dringenden ällen. Auf einen Bescheid der zur Genehmigung eingereichten Gesuche muß mit einer Frist von mindestens 2—3 Wochen gerechnet werden. Auf telegraphische Anfragen zwecks Erteilung von Passierscheinen kann telegraphische Genehmigung nicht erteilt werden.

Die Zureise in das von Franzosen besetzte Gebiet kann nur von Fall zu Fall nachgesucht werden.

Anträge auf Einreise in das von Franzosen besetzte Gebiet des Brückenkopfes Koblenz (Abschnitt III), verbunden mit darauf⸗ folgender Rückreise aus diesem Gebiet, sind an den Unterabschnittskommandeur des Abschnitts II1 in Limburg a. b. L. (Paßstelle für den französisch bejfzten Teil des Brückenkopfes Koblenz) zu richten. 2 Lichtbilder müssen diesen Gesuchen beigefügt sein; sind diese nicht vorhanden, wird den Gesuchen

nicht Folge geleistet. 9

8

12 Jahren begleitet,

11“

Unterabschnittskommandeur III Limburg prüft die Anträge und übermittelt diese, falls h den vorgeschriebenen Bestimmungen ent⸗

sprechen, an die französische Militärbehörde.

8. Sonderbestimmungen:

Ausnahmen von diesen Bestimmungen bilden von Einwohnern der neutralen Zone an und Feiertagen sowie Reisen nach dem Wiesbaden.

9. Rückwanderung: 5

Gefuche, die eine dauernde Rückkehr in das französische besetzte Gebiet ohne darauffolgende Rückreise aus diesem betreffen, müssen an den Deutschen Delegierten für Rückwanderung in Frankfurt a. M. (Launusanlage Nr. 9) gerichtet fein. Dieser leitet die Gesuchsteller nach dem Lager Griesheim bei

Darmstadt. 1 diejenigen Personen kann von den

Nur für von alliierten Besatzungsbehörden die Erlaubnis zur erwirkt

Rückwanderung in das besetzte Gebiet e 1 werden, die bereits vor dem 1. August 1914 in einem Ort des besetzten Gebietes polizeilich an⸗

gemeldet waren. 1 8 Ausnahmen hiervon können nur in dringendsten Fällen gemacht werden, doch darf die polizeiliche Abmeldung von dem letzten Wohn⸗ ort im besetzten Gebiet nicht länger zurückliegen als 1. Januar 1913. Die Gesuche müssen rtglichst kurz gehalten sein. Sie brauchen

nur zu enthalten: Name, Geburtsort, Geburtstag, Reiseziel, Wohnort vor dem 1. 8. 14, augenblickliche Adresse und Angabe des Tages, an dem der Antragsteller von E a. M. in das Lager Griesheim ab⸗.

reisen wil 3. Ausreise. 5. Aus dem von den Amerikanernbesetzten Gebiet. 10. Ausreisegesuche nach dem unbesetzten Deutschland sind nach Bestätigung durch den zuständigen Bürgermeister (in Koblenz durch se Polizeidirektion, Kaiser Wilhelm⸗Ring) sind von dem Antragsteller persönlich in der Zeit von 9—11 Uhr Vormittags und 2—4 Uhr Nachmitlags der amerikanischen Hauptpaßstelle in Koblenz zur Stempe⸗ lung vorzulegen, auch dann, wenn das unbesetzte Deutschland nicht unmittelbar, sondern unter Passieren von sranzösisch, britisch oder belgisch besetztem Gebiet betreten werden soll. Die im Brückenkopf⸗ ehlet belegenen Paßstellen Montabaur, Hedeesdon und Rengsdorf Ie. für eine solche Stempelung nicht in Betracht. ““ Die Genehmigung zur Ausreise wird nur erteilt, wenn die Reise nachweisbar durh Vorlage entsprechender Unterlagen dringend nolwendig ist. Die Erlaubnis zur Rückreise in das unbesetzte Deutschland wird erteilt, wenn der Einreiseschein gleichzeitig vorgelegt wird. Ergibt sich, daß die auf diesem vermertte Einreisedauer über⸗ schritten ist, muß eine schriftliche Begründung ärztliches Attest usw.)

bhierfür beigebracht werden.

B. Aus dem von den Franzosen besetzten Gebiet. 11. Anträge sind an die französischen Paßstellen in Diez und St. Goarshaufen zu richten. Eine Erlaubnis wird nur ganz aus⸗ nahmsweise erteikt. . 12. Abschnittskommandeur der neutralen Zone III in Runkel ga. d. Lahn und Unterabschnittskommandeur in Limburg ag. d. Lahn vermitteln keine Gesuche um Ausreife weder aus dem amerikanisch noch aus dem französisch besetzten Gebiet.

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Ausflüge Sonn⸗ Kurort

8

Preußen. Nach mehrwochigen Verhandlungen ist gestern, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, in Bromberg die Einigung des Deutschtums in den dem Friedensvertrag zufolge an Polen

mit bem deutsch⸗demokrotischen Abgeordneien Winkler⸗Graudenz als Vorsitzenden, gebilde. worben.

1 Sitz

Zentralarbeitsgemeinschaft mit dem

deuische in Dirschau, Bürgermeister

8 8 8

Braunschweig.

Dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ wird mitgeteilt, daß nach auswärtigen Pressestimmen in Braunschweig eine völlig spartakistische Herrschaft bestehen soll. Es sei leider nicht festzustellen, wer derartige Alarmnachrichten, die nur den Zweck verfolgen könnten, den Freistaat Braunschweig in Mißkredit zu bringen oder die spartokistischen Bestrebungen in anderen Staaten zu fördern, in Umlauf setzt. So soll es bereits zu größeren Straßenkäömpfen, lünderungen und fortmwährenden Straßendemonstrationen gekommen sein. Ferner werde die Nachricht verbreitet, sämtliche staatlichen Gebäude seien militärisch besetzt. Alle diese Dinge träfen nicht zu. Außer einer Zusammenrottung vor dem Haupt⸗ bahnhof, die durch eine kleine Abteilung Militär ohne Blut⸗ vergießen zerstreut worden sei, und außer einem Angriff auf einen Posten sei nichts vorgekommen. Nur das Gebäude des „Volksfreund“ werde militärisch beschützt, da seine recht⸗ mäßigen Besitzer es wieder in Besitz genommen hätten. Das Gebäude sei am 9. November 1918 durch gewaltsame Weg⸗ nahme in unabhängig⸗kommunistische Hände geratien. Im übrigen herrsche vollständig Ruhe. Eisenbahn und Straßen⸗ bahn verkehrten wie sonst, hätten auch ihren Betrieb bisher nicht eingestellt. Das Handels⸗ und Verkehrsleben wickele sich wie gewohnt ab. Die Regierung habe verschärfte Maßnahmen nicht getroffen. 8

—. —. —ö—

eee1X.“*“*“

Oesterreich. Nach der „Staatskorrespondenz“ hat der Gesandte der tschecho⸗Klowakischen Repuhlik dem Siagatskanzier mitgeteilt, daß der zwischen der deutsch⸗österreichischen und der sschecho⸗slowati⸗ schen Regierung am 18. August in Prag abgeschlossene Kohlen⸗ lieferungsvertrag vom Prager Ministerrat ratifiziert worden ist. Die trostlose Kohlenlage Wiens erfährt aber erst eine Besserung, wenn auf Grund des Vertrags dauernd die vollen Vertragsmengen aus den tschecho⸗slowalischen Revieren zur Verlabdung gelangen. 1 Der Tiroler Landtag hat, dem „Telegraphen⸗Korre⸗ spondenzbüro“ zufolge, einstimmig einen gemeinsamen Antrag aller drei Parteien angenommen, der besagt: b

Der verfassunggebende Landtag von Tirol erblickt im Friedens⸗ vertrag, der mit den Wilsonschen Punkten im krassesten Wibderspruch steht, eine unerhörte Vergewaltigung des deutschen Landes Tirol, das gegen den klar ausgesprochenen Willen der Gesamtheit der Bevölkerung auseinandergerissen wird. Der Landtag bekundet vor Gott und der Welt, daß er nicht ruhen wird, bis sich der Norden und der Süden des Landes wiedervereinigt haben werden. Er verwahrt sich gegen den Versuch, durch papierene Paragraphen die Zusammenfassung aller deutschen Stämme Mitteleuropas vereiteln zu wollen, und betrachtet das Verbot des Anschlusses als Angriff auf

die Freiheit Tirols. Tschecho⸗Slowakei.

In der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung wurde ein Gesetz angenommen, durch welches der Finanz⸗ minister ermächtigt wird, die Ein⸗ und Zwei⸗Kronen⸗ noten im Tauschwege gegen anderweitige Zahlungsmittel aus dem Umlauf zu ziehen und dabei 10 Prozent Gebühren vom Nennwert dieser Banknoten einzuheben, sodaß an einem be⸗ stimmten Tage der Zahlungswert sich auf 90 Heller bei Ein⸗Kronen⸗ und auf 180 Heller bei Zwei⸗Kronennoten er⸗ niedrigt.

Wie die „Bohemia“ meldet, besteht der Plan, beim tschechischen Landesverteidigungsministerum eine deutsche Sektion einzurichten. Gleichzeitig wird verordnet werden, daß die Dienstsprache für die in Deutsch⸗Böhmen, Deuisch⸗ Mähren und Schlesien zu errichtenden deutschen Truppen⸗ abteilungen bis zum Bataillonskommando aufwärts deutsch sein wird. Das „Prager Tageblatt“ erfährt, daß sämtliche deutschen Offiziere und Berufsunteroffiziere, die Staatsangehörige der Tschecho⸗Slowakei sind, in die tschechische Armee aufgenommen werden können, ohne Rücksicht darauf, ob sie die ischechische Sprache beherrschen oder nicht.

Ppolen.

In der letzten Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des polnischen Landtags erklärte dem „Katolik“ zufolge der stellvertretende Minister des Aeußern Skrzyszki, daß nach zuverlässig vorliegenden Meldungen die Besetzung Oberschlesiens durch die Ententetruppen noch vor Unter⸗

.

erfolgen werde, und zwar bereits Anfang Oktober.

Frankreich.

Der Oberste Rat hat der „Agence Havas“ zufolge be⸗ schlossen, die tschechoflowakische und die polnische Regierung von

Bezirken Teschen, Szopof und Axva, die zunächst von den tschechoslowakischen und polnischen Truppen geräumt werden müssen, eine Volksabstimmung vornehmen zu lassen. Zur Ueberwachung der

eine alllierte Kommission ernannt, die zum Zwecke der Beratung auch ischechoslowakische und polnische Vertreter umfassen wird.

zeichnung des Friedensvertrags seitens Frankreichs und Italiens

dem Beschluß zu benachrichtigen, binnen drei Monaten in den

Durchführung der Volksabstimmung wird

Luzzatti, Boselli, Giolitti, Sonnino und Orlando, die Heeres⸗ leitung und sämltliche Fraktionsführer, darunter Turatt, dessen Teilnahme aber von der Zustin mung der Parteiteitung der offiziellen Sozialisten abhängt. Tittoni wird eine Darstellung der Lage geben und Unterstützung für die jetzt eingeschlagene Politik fordern.

11u“

Belgien.

Im Laufe des kommenden Monals wird laut Meldung des „Telegraaf“ in Brüssel eine Konferenz zur Beratung über erwünschte Verbesserungen an den Satzungen des Völkerbundes stottfinden, an der sich die Völkerbunds⸗ organisationen der alliierten und neutralen Länder beteiligen

werden. Schweiz.

In der Montagssitzung des Nationalrats führte der Bundesrat Calonder zur vorarlbergischen Frage, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ berichtet, aus, daß die Voraussetzungen sür ein Eingehen des Bundesrats auf diese Frage, nämlich die Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Vorarlberger durch Oesterreich und dessen Anerkennung durch die Pariser Konferenz bis zum heutigen Tage nicht erfüllt seien. Der Bundesrat habe also keinen Anlaß, sich jetzt schon mit dem Problem zu beschäftigen. 3

Amerika.

Im amerikanischen Senat soll in der kommenden Woche, einer Meldung des „Echo de Paris“ zufolge, eine erste Abstimmung über den Friedensvertrag und zwar über den Zusatzantrag, der verlangt, daß die Vereinigten

Staaten im Völkerbund die gleiche Stimmenanzahl erhalten

sollen wie das britische Weltreich. Dieser Antrag finde beim amerikanischen Volk stärksten Widerhall, deshalb hoffe die Opposition, daß er angenommen werde und damit der Weg für weitere Abänderungen geebnet sei, so daß Wilson gezwungen werde, den Friedensvertrag zurückzuziehen. Das Blatt teilt auch mit, daß General Pershing erklären werde, er sei gegen den Völkerbund. Auch unter den aus Frankreich zurückgekehrten Soldaten sollen Petitionen zirkulieren, die sich gegen die Ratifizierung des Friedensvertrags aussprechen.

Ueber die in Washington abzuhaltende Arbeiter⸗ kon ferenz teilt die „Daily Mail“ mit, daß die Regierung der Vereinigten Staaten an alle alltierten und neutralen Länder Einladungen abgeschickt habe, und daß möglicherweise aus Deutschland und Oesterreich Vertreter zugelassen würden. Da diese beiden Länder noch nicht dem Völkerbunde angehörten, ständen sie auch nicht auf der Liste der Einladungen. Ihren Vertretern werde aber für die Reise nach Washington, wo die Konferenz selbst über die Frage ihrer Zulassung entscheiden

wird, kein Hindernis in den Weg gelegt werden.

Asten.

Ein Er des Präsidenten von China vom 16. d. Mts. hat die Erklärung des Friedenszustandes mit Deutsch⸗ land angekündigt.

Auf eine Erkaltung der Beziehungen der Entente zu Koltschak weist eine Timesmeldung aus Tokio hin, nach der man es als unvermeidlich ansieht, daß Sibirien in zwei große Staaten, einen westlichen und einen flichen, geteilt wird. General Semenow soll anscheinend die Herrschaft über Ost⸗ sibirien erhalten. Um die Herrschaft über Westsibirien bewerben sich vier Generale: Golowin, Hetman Awanowrirow, Hetman Ditow und General Dietrichs. Die Entscheidung soll von Denikin abhängen.

Preußische Landesversammlung. 52. Sitzung vom 23. September 1919. (Bericht von „Wolffs Telegraphenbüro“.)

Am Ministertische: Die Staatsminister wald und Haenisch.

In der Beantwortung kleiner Anfragen erklärt die Re⸗ gierung, daß die Regierungspräsidenten angewiesen wor⸗ den seien, der Unterbringung der aus den ab zu⸗ tretenden Gebieten abwandernden Deut⸗ schen ihre besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden, und daß Fürsorgestellen eingerichtet worden seien. Eine Absicht, die Polizei, insbesondere die Berliner Polizei, mili⸗ tärisch zu organisieren, bestehe nicht; die Vermehrung des Verbrechertums mache es aber notwendig, eine Neuord⸗ nung zu treffen, vor allem durch Heranziehung junger, waffengeübter Kräfte. Die erforderlichen Mittel würden von der Landesversammlung angefordert werden; inwieweit den gehobenen Unterbeamten Preußens in gleicher Weise wie im Reiche jährliche Gehaltszulagen bewilligt werden könnten, unterliege noch der Prüfung.

Das Haus setzt die zweite planes für 1919 bei dem Sonderhaushalt des steriums für Volkswohlfahrt fort.

Abg. Dr. Moldenhauer (D. V.): Das Ministerium muß alle für die Volkswohlfahrt nutzbar zu machenden Kräfte zusammen⸗ schließen. Es darf niemand durch politische oder konfessionelle Be⸗ denken abgestoßen werden. Dabei muß das Eigentum der Kirchen, was schon die Reichsverfassung verbürgt, an ihren Wohlfahrtsein⸗ richtungen unangetastet bleiben. Wir hoffen, daß es dem Minister

Steger⸗

Beratung des Hau .“ Mini⸗

Der Fäünfenrat hat ferner beschlossen, 50 000 Mann tschecho⸗ slowakischer Pruppen, die sich; schleunigst in ihre Heimat zurückbefördern zu lassen.

Temps“ ber provisorischen militärischen Besetzung von Westthrazien. Die eine Zone soll von griechischen, die andere von interalliterten Truppen besetzt werden. Erst nach Abschluß des Friedensver⸗ trags mit der Türkei wird über das endgültige Statut für Thrazien entschieden werden. 1“

Italien. 8 Durch königliches Dekret ist die Kammer bis zum 27. September vertagt und ein außerordentlicher Kronrat auf den 25. d. M. einberufen worden. seeht unter dem Eindruck der er Vertagung der Kammer. keit der Lage wird daran Kriegserklärung an Oesterreich⸗Ungarn die jerung von ehen hat. Die Gegner Nittis betonen, des Kronrots einen

und äußeren Lage des Landes zu entziehen. Eingeladen sind

erinnert, daß selbst bei der

fallenden Gebieten 8o“ worden. Als 9

die höchste Spitze des Abtretungsgebiet ist die

noch in Sibirien befinden, Nach dem beschäftigte sich der Rat außerdem mit der Frage

vorden. Die gesamte Presse Einberusung des Kronrats und Als Beweis für die Schwierig⸗

damalige Re⸗ einer so außerordentlichen Maßnahme abge⸗ daß die Einberufung Versuch des Ministeriums bedeute, sich

gelingen wird, alle Reibungsflächen zu vermeiden. Die Mitrwirkung der Frauen ist von besonderer Wichtigkeit. Auch beim ärztlichen Studium wird auf die Volksfürsorge mehr Bedacht gelegt werden müssen. Im Mittelpunkte der Jugendpflege muß die Familie stehen; aber wo sie ihrer Aufgabe nicht gewachsen ist, muß der Staat einsetzen. Die Errichtung eines Jugendamtes halten daher auch wir für erforderlich. Die Fürsorgeerziehung hat leider bisher geringe Erfolge gehabt. Sie sollte mehr mit Liebe und Güte als mit dem Stock gepflegt werden. Auch in der Bekämpfung der Prostitution muß man neue Wege einschlagen. Die wichtigste und dringendste Aufgabe für das Wohlfahrtsministerium besteht in ker Lösung des Wohnungsproblems. Die große Frage der Bodenpolitt wird ja nicht in Preußen entschieden, sondern ist Reichssache, und Art. 155 der Reichsverfassung deutet bereits in einem bodenreforme⸗ rischen Programm die Richtung an, die diese Politik einschlagen wird. Wir stimmen diesem Programm durchaus zu. Für Preußen kommt es vor allem darauf an, der augenblicklichen ungeheuren Wohnungsno⸗ entgegenzuarbeiten. Auch die Wohnungsfrage ist in gewissem Sinne eine Kohlenfrage. Kann der Kohlennot nicht durch Verbesserung der Transportverhältnisse ihre Schärfe genommen werden, so werden wir zu besseren Zuständen nur gelangen, wenn wieder in irgendeiner Form auf die Akkordarbeit zurückgegriffen wird. Zur Abhilfe Wohnungsnot wäre schon manches zu erreichen, wenn eine sch Kontrolle über die Verwendung der Baumaterialien Platz In der Nähe Berlins wird eine ganze Stadt gebaut, nur zum

der Verbesserung hedarf und daß man ihnen die Beamteneigenschaft

von Aufnahmen für Kinozwecke; wo sind da die Baustoffe herge⸗ kommen? Von den ungeheuerlichen Zementschiebungen im Werte von Millionen und Abermillionen war schon die Rede; diesen Zement⸗ schiebern gegenüber sollte nur Gefängnissteafe am Platze sein. Ganz besonders schwer leiden die rheinischen Städte im besetzten Gebiet lunter der Wohnungsnot. In Trier wimmelt es von Flüchtlingen, in Cöln von Schiebern. In Cöln hat die Besetzung auch einen erheb⸗ lichen weiblichen Anhang der Besatzungstruppen nach sich gezogen, und auf der Hohen Straße macht sich zurzeit das französische Kokotten⸗ tum breit. Wir stimmen dem Antrag Schmedding zu. wonach i der Gewährung von Zuschüssen für Neubauten fortgefahren werden soll. Aber da auf diesem Wege die Wohnungsgot nicht zu beseitigen ist, bleibt eigentlich kein anderer Ausweg, als daß die Bevölkerung dazu übergeht, enger zusammenzuwohnen. Daher der Gedanke der Zwangs⸗ einmietunga, zu der bis jetzt 216 Städte ermächtigt worden sind. Diese Maßnahme ist praktisch noch nicht erprobt worden und wird weifellos eine ungeheure Vervärgerung in der Bevölkerung erzeugen. Gegen einen etwaigen Wohnungswucher wird dabei vielleicht nach dem Cölner Muster Vorsorge zu treffen sein. Wie berechtigt die Furcht des Publikums vor der gemeinschaftlichen Küche ist, das haben wir in Cöln durch die feindliche Besetzung in der abschreckendsten Weise zu er⸗ jahren Gelegenheit gehabt. Die Kabaretts, die modernen Kaffees und alle ähnliche Anstalten, die nur zur Unterhaltung des Schiebertums dienen, sollte man ruhig schließen. Gerücht, daß ein großer Wohnhäuserblock am Kurfürstendamm bereits verkauft sein soll, um darauf ein großes Warenhaus zu errichten. Der

Minister würde sehr beruhigend wirken können mit der Erklärung,

daß dies Gerücht grundlos ist. In dem besetzten Gebiete sollten die de

Städten für die Lieferung von Quartieren erwachsenden Unkosten vom Reiche übernommen werden. Die Entente verlangt für die Offiziere nicht nur Wohnräume, sondern völlig fix und fertig eingerichtete und erstklassig ausgestattete Wohnungen. Auch wir werden an dem großen Werk der Volkswohlfahrt gern und freudig mitarbeiten, um auch auf diesem Gebiete alles zu tun, was an uns ist, um unser armes Volk wieder aufzurichten. (Beifall.)

Ein Vertreter der Medizinalverwaltung nimmt zw einer Reihe von Fragen, die im Laufe der Diskussion aufgeworfen worden sind, Stellung und geht insbesondere auf die von den Abgg. Dr. Schloßmann und Dr. Weyl erörterten Themata näher ein. Er sagt u. a. zu, daß die Anstalten für Kinderpflege, soweit sie noch als Lazarette benutzt werden, nach Möglichkeit ihrem ursprünglichen Zwecke wieder zugänglich gemacht werden sollen. Eingehend verbreitet er sich über die Fragen der Bekämpfung der Tuberbulose und über das Fried⸗ mannsche Heilmittel. Zur Prüfung des letzteren habe sein Amts⸗ vorgänger zweimal Sachverständigenkommissionen berusen. Dem Ver⸗ langen, ganz allgemein irgend eine Methode der Bekämpfung der Tuberkulose der Gesamtbevölkerung zugängig zu machen, könne unter Linen Umständen zugestimmt werden. Auf dem Gebiete der Sozial⸗ jpgiene seien schon heute die beamteten Aerzte in großem Umfange und eifrig tätig; die Medizinalverwaltung sei bereit, soweit es die Finanzverhältnisse zulassen, auf dem Wexge fortzuschreiten, die Zahl der vollbesoldeten Aerzte dieser Kategorie zu vermehren. Die allgemeine Medizinalveform werde auch in Angriff genommen werden, für jetzt cher sei die dringlichere Aufgabe die Eindämmung der Krankheiten. Nun sei auch die Vergesellschaftung der ärztlichen Hilfe und des Aerztewesens überhaupt gefordert worden. Das Für und Wider werde gcher von den Aerzten noch lebhaft erörtert, jedenfalls sei die Frage noch nicht so geklärt, daß man heute an ihre Entscheidung herantreten könne. Wohl aber sei es erwünscht, daß auch im Armenwesen die freie Arztwahl zur Einführung komme.

Abg. Zimmer (Soz.): Wir müssen alles daran setzen, um die chweren Schäden der Volksgesundheit, die uns der Krieg geschlagen bhat, zu heilen. Dazu gehört auch, daß wir vorbeugend für die Zukunft

irken. Das Verhüten von Krankheiten ist noch wichtiger als ire Heilung. Mehr als bisher muß auch den Kindern der arbeitenden Hevölkerung durch Errichtung von Spiel⸗ und Sportplätzen Ge⸗ vegenbeit zur Erholung gegeben werden. Die Volksbäder muß man permnehren, mehr als bisher Schwimmen und Turnen pflegen, ins⸗ sondere auch die so wichtigen und billigen Luft⸗, Licht⸗ und Sonnenbäder fördern. Die Frage der Sozialisierung der Aerzte kann icht ungelöst bleiben. Ausreichende, unentgeltliche ärztliche Hilfe eruß im Notfalle stets zur Hand sein. Die freie Arztwahl bedarf einer vel weiteren Ausdehnung, das Krankenkassenwesen der Vereinheit⸗ schung. Die unheilbaren Tuberkulosekranken bilden eine große Gefahr für die Allgemeinheit. Die Krankenhäuser und Pflegeheime wollen sie nicht aufnehmen, es muß also hier eine besondere Fürsorge insetzen. Wir müssen es zu erreichen suchen, daß jeder Mensch im Fahre ein⸗ bis zweimal ärztlich darauf untersucht wird, wie es mit seiner Gesundheit bestellt ist. Sehr viel hat noch auf dem Gebiete des Mutterschutzes zu geschehen, insbesondere, soweit die Mütter un⸗ khelicher Kinder in Frage kommen. Das neue Ministerium muß dafür orgen, daß die rechtliche Stellung der unehelichen Kinder und ihrer ütter völlig umgestaltet wird. Erfreulich ist die allgemeine Ulebereinstimmung des Hauses, daß die Lebenslage der Hebammen

kübilligen muß. Eine wichtige soziale Maßnahme wäre es, wenn nderreichen Familien in weitem Umfange Steuererleichterungen gewährt werden. Auch wenn erst die kommenden Geschlechter in bollem Umfange die Früchte der neuen Einrichtungen auf dem Gebiete er Volkswohlfahrt ernten werden, so hoffen wir doch auch selbst schon sichtbare Erfolge miterleben zu können. (Beifall.)

Abg. Frau Dr. Lauer (Zentr.): Die öffentliche Armenpflege muß weiter Hand in Hand mit der privaten Wohltätigkeit arbeiten.

Katholizismus ist die christliche Liebestätigkeit seit jeher fest berankert. Ungeachtet der religiösen Auffassung fordern auch meine Freunde den weitestgehenden Schutz für das uneheliche Kind und keine Mutter; wir achten in ihnen den Menschen und wollen gerade zurch diesen Schutz zugleich ein weiteres Sinken der Moral ver⸗ küten. Wir können uns aber nicht damit einverstanden erklären, haß die uneheliche Mutter der ehelichen in allen Beziehungen gleich⸗ estellt wird. (Adolf Hoffmann: Hört, hört!) Auch wird fordern für die Frau ein weites Betätigungsfeld in der Wohlfahrtspflege. abei bleibt es dahin gestellt, ob es besonders glücklich war, die au mit einem Male auf allen Gebieten in das öffentliche Leben melbnführen, z. B. bezüglich des Wahlrechts. Man hätte hier jelleicht besser getan, stufenweise vorzugehen, und ihr zunächst das sütnmunalwahlrecht zu geben, ehe man sie in die Parlamente ein⸗ 8 (Widerspruch der U. Soz. Zurmfe; Also immer langsam veraal. Alle Tage einen Teelöffel!) Vielmehr muß noch für die zusbildung der sozialen Beamtinnen geschehen. Die jetzigen kurz⸗ tigen Kurce genügen nicht.

ha1n9g. Dr Abderhalden (Dem.): Das Arbeitsgebiet des nit F1.“ ist gar nicht abgrenzbar, es hat Berührung ife Ger Darin liegt ein Vorteil, aber auch eine ge⸗ hhe. 8 ahr. Auf dem Gebiete der Jugendpflege und der Jugend⸗ wischge ein besonders enges Zusammenarbeiten 8 8 ven Wohlfahrts⸗ und dem Kultusministerium stattzufinden ““ zir treten für eine gute und gründliche Ausbildung des Fallast üs T“ Alter ein, sind aber auch dafür, daß aller aürtöm übfr⸗ Bord geworfen wird; in dieser Richtung wird das Wohl⸗ Fraft ö die Tätigkeit des Kultusministeriums mit aller herden Unterstüten müssen. Aber auch in den späteren Stadien 4 b. H— in Hand zu arbeiten haben, so namentlich auch bei e 8 ung. In jetiger Zeit muß die Fürsorge für die ii den 7c 5 besonders intensiv sein; hoffentlich stellt sich die Flüssig⸗ Frenzen zwischen den Ressorts nicht als ein Hindernis dafür enbvefem Wohlfahrtsministerium ist auf dem Gebiete der ee eine ganz besonders große Aufgabe gestellt. Die Jugend linderst. Pysisch pöllig defekt, sie ist zum großen Teil krank. Die e ist sehr groß und steigt noch immer weiter an. 8 Tod weiter so reiche Ernte wie bisher, so können wir den

In Charlottenburg geht das

Bevölkerungszahl aufweisen

8 1.“ S 8* wird. (Bewegung.) Es gilt, den heerenden Folgen der Unterernährung entgegenzutreten. Die Fürsorge für die Jugend muß bis in jeden Kreis und in jede Gemeindeverwal⸗ tung hinein auf das eifrigste wahrgenommen werden. Die Arbeits⸗ kraft der unterernährten Arbeiter ist heute auf die Hälfte reduziert. Es hat sehr peinlich berührt, daß eine Kommission von Aerzten aus dem neutralen Auslande in Oberschlesien diese Tatsache der hoch⸗ gradigen Unterernährung der Arbeiter und ihrer Kinder feststellen mußte. Auch hier muß das Wohlfahrtsministerium einschreiten. Die Medizinalabteilung hat auf dem Gebiete der Bekämpfung der akuten Infektionskrankheiten ganz Hervorragendes geleistet. günstig steht es mit der Bekämpfung der chronischen Krankheiten. 8 s—slonz 2 F 9 8; 7 65 8 Deutschland hatte im Kampf gegen die Tuberkulose früher an der Spitze gestanden und diese Seuche dem Verschwinden nahegebrocht; jetzt aber ist sie leider wieder unheimlich gestiegen und wird im Winter noch weiter steigen. Ebenso ist ein kolossales Ansteigen der Fälle von Geschlechtskrankheiten zu verzeichnen. Durch den Krieg ist das ganze Volk verseucht worden, jeder Tag weist in Berlin einige Hundert neue Erkrankungen auf. Diesem Unheil muß mit aller Energie zu Leibe gegangen werden. Ebenso müssen wir mit allen Mitteln den Alko⸗ holismus eindämmen. Kinder unter 16 Jahren dürfen überhaupt keinen Alkohol bekommen. In das Zentrum der ganzen Wohlfahrts⸗ bewegung muß die Familie gestellt werden; das ist besonders in einer wirklichen, wahrhaften Demokratie notwendig. Ein Skandal ist es, daß ein Ministerium, welches so ungeheuren Aufgaben in so schwerer Zeit genügen soll, kein Geld hat. Für diese Ausgaben muß das Geld vorhanden sein. Hoffentlich wird bald gründlich Wandel ge⸗ schaffen. (Beifall.)

Abg. Linz⸗Barmen (D. Nat.): Die heftigen Angriffe der äußersten Linken gegen den Abgeordneten Bronisch nötigen mich zu einem Worte der Abwehr. Der Abgeordnete Dr. Weyl hat die Rede des Abgeordneten Bronisch als eine Sonntagsnachmittagspredigt be⸗ zeichnet, Das war eine Taktlosigkeit, die von einer schlechten politischen Kinderstube und von mangelnder parlamentarischer Erziehung zeugte Wenn diese sarkastische Bemerkung dazu dienen sollte, Wert n. 8 deutung jener Rede herabzusetzen, so ist dieses Bemüben fehlgeschlagen; auch politische Gegner haben die Rede als eine hervorragende redne⸗ rische und politische Leistung erklärt. Es wäre übrigens nicht schade, wenn Herr Abgeoundneter Weyl auch einmal einer Hauptpredigt des Superintendenten Bronisch beiwohnen würde. (Heiterkeit rechts.) Die Herren von der äußensten Linken haben keinen Sinn und kein Ver⸗ ständnis für die segensreiche Wirksamkeit der christlichen Kirche, denn sie wollen das religiös⸗sittliche Moment ausschalten und können für die christliche Psyche und ihre Ausstrahlungen also kein Verständnis habe 8 Dr. Weyl hat zu sagen gewagt, daß vom Erfolg der christlichen Arbeit verteufelt wenig zu sagen sei. Wer so etwas sagt, kennt weder die Welt, noch die Kirche, noch die Zeitgeschichte. Was die Kirche im Laufe der Jahrhunderte geleistet hat, steht unerreicht da. Die evan⸗ gelische Kirche in allen ihren Betätigungen in den Gemeinden und freien Verbänden, in der gesamten äußeren und inneren Mission ist ein festes Fundament der Ethik und des Staates. Das ergibt sich auch aus der Kriminalitätsstatistik. Was der Staat on Ausgaben für die kirchliche Liebestätigkeit spart, muß er an Gefängnissen und Zucht⸗ häusern mehr verausgaben. Persönlichkeiten, wie Johannes Falk, von gleichen Verdiensten an die Seite zu stellen. Der Kampf gegen den Alkohol ist zuenst systematisch von der Kirche geleitet worden; die Krüppelpflege ist rein christlichen Ursprungs. Die ganze Fürsorge⸗ erziehung hat der Staat erst von der Kirche golernt. Die Leistungen der Kirche für den Staat übersteigen um ein Vielfaches die Leistungen des Staates für die Kirche. (Lebchafter Widerspruch b. d. U. S.) Auf Grund ihrer Leistungen hat die Kirche allen Anspruch, bei der Organisierung der öffentlichen Wohlfahnt nicht ausgeschaltet zu werden. (Zurufe links.) Die Kirche ist doch nicht schuld an der Leidenschaft und dem Haß, die sich in der Welt angesammelt hatten und den Völkerkrieg hervorriefen. Der Krieg war auch nach der Auffassung der Kirche ein Abwehr⸗ und Verteidigungskrieg. (Zunuf links: Das wagen Sie heute noch zu sagen?) Nachdem er unvenmeidlich geworden war, war selbst⸗ verständlich auch die deutsche Geistlichkeit auf der Seite der deutschen Sache zu finden. Ein besonderer Zweig der Wohlfahrtspfloge wird die Fürsorge für die Kriegsbeschädigten bleiben müssen. Der Siedlungs⸗ verein für Kriegsbeschädigte verfolgt den Zweck, ihnen Arbeitsgelegen⸗ heit auf eigener Scholle zu geben. (Der Redner legt den Grundriß einer solchen Kolonie und zahlreiche von den Kriegsbeschädigten an⸗ gefertigte Lederarbeiten auf den Tisch des Hauses nieder.) Natürlich ist es notwendig, jeden Kriegsbeschädigten für den neuen Beruf voll⸗ ständig umzuschulen. Die Ausbildung erstreckt sich jetzt vonwiegend auf Leder⸗ und Holzarbeiten, wird aber demnächst auf Gärtzerei und Landwirtschaft und auf eine Reihe von Handwerkszweigen ausgedehnt beyxden. In jedem Hause befindet sich eine Werkstatt. Es wird darauf ankommen, das Unternehmen durch Staatsaufträge sicherzustellen. Abg. Leid G. Soz.): Wir tlauben nicht, daß das Ministerium imstande sein wird, die schweren Schäden des Krieges für unser Volk auch nur einigermaßen zu lindern. Der Weg von den Reden zur Tat ist immer sehr weit gewesen. Wie viel hat man darüber gesprochen, daß für die Wohnungsgelegenheit der heimkehrenden Krieger beizeiken gesorgt werden müssen Aber man ist aus den langen Erwägungen nicht herausgekommen. Das einzige Positive ist, daß man festgestellt hat, daß gewisse Dach⸗ und Kellerwohnungen, die bis⸗ her nicht permietet werden durften, nun doch herangezogen werden könnten. Die schönen Reden über Wohlfahrtspflege haben auch noch nichts daran geändert, daß noch tausend arme Kinder dem Hungertode preisgegeben sind. Das uneheliche Kind wollen wir dem ehelichen durchaus gleichstellen. p frage Frau Dr. Lauer; Was ist denn das für eine Moral, die daesh verbietet? Ich will ihr nicht folgen und keine Schlüsse auf die Moral daraus ziehen, daß in einem Berliner Waisenhause die Mehrzahl der unehelichen Kinder katholische Mütter hat. Die Fürsorgeerziehung läßt sehr viel zu wünschen übrig. Auch in katholischen Anstalten habe ich nicht die Ueberzeugung gewonnen, daß sie in richtigem Sinne erfolgt. Die Kinder werden nicht für die Welt, sondern weltfremd erzogen. Die Anstalten sollten von den Kommunalverbänden unter Beihilfe des Staates errichtet werden. Der Kirche kann man den Vorwurf nicht ersparen, daß sie während des Krieges selbst dazu beigetragen hat, den Kriea zu schüren (Un⸗ ruhe rechts).. Eine wirklich fruchthringende Wohlfahrtspflege ist von der gründlichen Erneuerung unserer gesamten öffentlichen Zu⸗ stände abhängig.

Unterstaatssekretäar Meißner: Die Regierung ist durchaus der gleichen Auffassung wie der Aba. Moldenhauer, daß für Lurxus⸗ bauten und gar für Kinotheater vorhandene Baustoffe nicht geliefert werden dürfen. Der Staatskommissar für das Wohnungswesen hat in mehreren Erlassen das gleiche angeordnet; seitens der Zentral⸗ behörde ist also das Notwendigste geschehen. Der Minister für Volkswohlfahrt wird auch dahin wirken, daß Verstöße gegen diese Anordnungen mit einem höheren Strafmapimum bedroht werden. Endlich bleibt jg auch die Möglichkeit der Beschlagnahme derartiger Bauten. Es ist das Projekt eines Warenhausbaues am Kurfürsten⸗ damm in Charlottenburg erwähnt worden. Ich weiß nicht, welches Projekt gemeint ist; ein devartiger Bau, der in der Gegend der Joachimsthaler Straße vor einigen Jahren geplant war, ist seitdem nicht weiter gefördert worden; die Ausführung des Projekts zu ver⸗ bindern, liegt in der Macht des Magistrats, auch die Verordnung des Reichskohlenkommissars vom 15. Januar, betreffend die Luxusbauten, würde mit Erfolg gegen das Projekt z verwerten sein. Für den Bau neuer Wohnungen in den besetzten Gebieten sind vom Minister Verhandlungen bereits eingeleitet: auch hat die Reichsregierung sich grundsätzlich bereit erklärt, eventuell für die Einrichtung Geldmittel zur Verfügung mi stellen. Der Abg. Leid hat nicht in Abrede stellen können, daß dem Berliner Magistrat schon im Dezember 1918 an⸗ worden S. Antvag auf Ermächtigung zur Woh⸗ 1919 gestellt worden ist. Ich muß den Verfuch de ersninne Außußs

vei hela ausrechnen, wo das deutsche Volk nur noch die Hälfte seiner

eine Versäumnis m unterstellen, zurückweisen.

ver⸗

Nicht ganz so⸗

Oberlin, Bodelschwingh, hat die äußerste Linke keinen einzigen Namen

weiter gearbeitet wird.

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Abg. Frau Pöhlmann (D. V.): Was die Wohnungsnot be⸗ trifft, so wünsche auch ich, daß die Belieferung der Zieceleien mi Kohlen so liberal wie nur irgend möglich gehandhabt werde. klage, daß bis jetzt noch so wenige Frauen in den Stadtvertretunge den Deputationen für das Wohnungs⸗ und Bauwesen angehören. Die Frauen sind ganz besonders als Wohnungspflegerinnen und Wohnungs⸗ fürsorgerinnen geeignet, sie sind überhaupt ganz besonders geeignet in diesem Ministerium für Volkswohlfahrt auch in der Stellung be⸗ sonderer Referenten oder in einem besonderen Unterstaatesekretariat,

Frauenvereine hat schon vor Jahren die gesamte Hebammenfrage au das gründlichste erwogen. Selbstverständlich sind die Fragen auch für jede Art von Jugendfürsorge sehr geeignet. Eine entsebliche Er⸗ scheinung ist die Schädigung der Jugend nicht nur der Großstadt, sondern auch der Provinz, durch gewisse neuentstehende, sich politisch nennende Zeitungen, in deren Anzeigenteil sich Dinge befinden, die auch Erwachsenen die Schamröte ins Gesicht treiben müssen. Durch nichts wird das Volk mehr geschädigt, als dadurch, daß die Jugend in eine Art der Betrachtung des Lebens hineingeführt wird, die es nur vom geschlechtlichen Standpunkte aus ansieht. Hier muß eingeschritten werden, alle diese Anzeigen müssen verschwinden, hier ist eine Zensur

Sitten kann nur durch die Religion wirksam begegnet werden.

Damit schließt die Aussprache. Wohlfahrtsministeriums wird mit den Anträgen, betreffend Förderung des Kleinwohnungsbaues und der Kleingärten so⸗ wie Schaffung eines Reichswohlfahrtsamts und eines Jugend⸗ amts, angenommen. 0 demokraten, betreffend Errichtung

morraten, betre eines Reichsgesundheits⸗ ministeriums, wird abgelehnt.

pläne, Vorlage über Erhebung von Haushalt der Bauverwaltung).

Schluß der Sitzung 6 Uhr.

Bahntarifzuschlägen,

Statistik und Volkswirtschaft.

Arbeitsstreitigkeiten.

Zur Ausstandsbewegung der Berliner Metall⸗ arbeiter teilen hiesige Blätter mit, daß die Abstimmung über den Ausstand, die für den gestrigen Dienstag angesetzt war, in den großen Betrieben bisher nicht stattgefunden hat. Im allg⸗meinen scheint selbst bei den radikalen Elementen keine ausgesprochene Streik⸗ neigung vorhanden und der Weg zu Verhandlungen zwischen Arbeit⸗ gebern und Arbeitnehmern noch nicht endgültig gesperrt zu sein.

Der Arbeitgeberverband deutscher Versiche⸗ rungsunternehmungen hat „W. T. B.“ zufolge in seiner Haupiversammlung am 22. September 1919 beschlossen, an seine Vertragsgegner folgendes Schreiben zu richten: „Die Wirkungen des Reichstarifvertrags stellen zweifellos das Fortbestehen vieler Gesellschaften in Frage. Gleichvie hat unser Verband mit Mehrheit beschlossen, von einer Kündigung des Reichstarif⸗ auf den 31. Dezember 1919 Abstand zu nehmen. Die schweren Bedenken, die der Fortsetzung des Vertrags in seiner jetzigen Gestalt entgegenstehen, sind zurückgestellt worden mit Rücksicht darauf, daß gerade in gegenwärtiger Zeit alles vermieden werden sollte, was im deutschen Wirtschaftsleben den Arbeitsfrieden zu beeinträchtigen geeignet ist. Der Arbeitgeberverband hält es für geboten und erklärt sich bereit, zum Zwecke einer diesem Arbeitsfrieden dienlichen Verständigung in Verhandlungen über die Abänderung solcher Bestimmungen des Reichetarisvertrass einzutreten die als verbesserungsbedürftig erkannt sind.“

In Stettin sind, wie „W. T. B.“ meldet, die Arbeite

nb, „ZD⸗ 8 8 1 8 r der Hauptgasanstalt gestern mittag wegen Lohnstreitigkeiten in den Ausstand getreten. Die dortigen Seeleute sind aus

ebenfalls in den Ausstand getreten.

In Bremen hielten gestern vormittag, wie „W. T. B.“ die Straßenbahner eine Versammlung ab. Auf sämtlichen Linien ruht nunmehr der Betrieb. Der Vorsitzende der kommunistischen Partei hat in einem Schreiben an die

gewarnt und betont, daß das Schwergewicht der politische Agitation jetzt in den Betrieben .gee die Straßenbabane wollen erst nach Erfüllung ihrer dem Schlichtungsausschuß unterbreiteten Forderungen die Arbeit wiederaufnehmen. Eirn Ausstand der Bremer Hafenarbeiter des Unterweserhafens erstreckt sich, wie „W. T. B.“ weiter erfährt, bis⸗ lang nur auf die Fischdampferbesatzungen. De Transportarbeiterverband teilt mit, daß die Hafen⸗ gsbeiter in ihrer Versammlung beschlossen haben, sich nicht am Ausstand zu beteiligen und daß diesem Beschluß zufolge

Sie 5ou“ Meldung liegt aus Hamburg vor, wo die dem Seemannsbund angehöre den Seeleute sich mir den Bremer Berufsgenossen solidarisch erklärten und die Arbeit einstellten. Auch

Seeleute auf, sich nicht am Ausstand zu beteiligen.

Nach einer von „W. T. B.“ übermittelten Meldun Telegraaf aus London sind zugleich mit den vnredengischen Metallarbeitern auch die englischen Eisengießer in den Ausstand getreten. Es haben bereits 50 000 Arbeiter die Arbeit niedergelegt, und es wird befürchtet, daß der Ausstand auch auf die Maschinen⸗ und Schiffbauindustrie in den Haupt⸗ mittelpunkten übergreifen wird. Sämtliche Arbeiter in der Eisen⸗ gießerei des Arsenals von Woolwich haben die Arbeit niedergelegt.

8 G 8 1K. E. B.⸗

aris besagt, daß im Erzbecken des Moselgebiets ei öb in Ste. N arte⸗ 5 -hsnes, Roncourt un ierre⸗Lierre. Es ini⸗ gungsverhandlungen im Gange. 1e

Zum Ausstand der amerikanischen Eisen⸗ u Stahlarbeiter erfährt „W. T. B.“ durch aent - daß 88 Montagmittag der Sekretär des Nationalkomitees für Organi⸗

erung des genannten Ausstands, Foster, eine Zusammen⸗ tellung herausgab, nach der 284 000 Arbeiter feiern, davon

treter der zum Arbeiterbunde gehörenden 35 000 Angestellt der Bethlehem⸗Stahlgesellschaft b 1 8 sich vorläufig am Ausstand nicht zu beteiligen und zuerst das Ergebnis der am Donnerstag stattfindenden Berakung mit den Leitern der Gesellschaft abzuwarten. Ein Zusammenstoß Ulden Polizei und den Streikenden ereignete sich in

lairtonbor nu Sh (Pittsburg). Es fand eine Anzahl von Ver⸗ haftungen statt. Verluste sind nicht eingetreten.

Laut einer von „W. T. B.“ übermittelten Meldung der „Times“ aus Lima liegt der gesamte Verkehr auf der 66 bahn in Peru still. Auch im Hafen von Callao ruht alle Arbeit. Ebenso sind die Warenhausangestellten in Lima in den Ausstand getreten. Es sei nicht ausgeschlossen, daß demnächst der allgemeine Ausstand verkü det werde.

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wenn Sie das schaffen wollen, mitzuarbeiten. Der Bund der deutschen

60 000 in Chicago und 30 000 in Cleveland. Die Ver⸗

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nicht zu entbehren. Der jetzigen Verrohung und Verwilderung der

Der Haushaltsplan des

Der Antrag der Unabhängigen Sozial⸗

Nächste Sitzung Mittwoch, 12 Uhr (tkleine Haushalts⸗

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Sympathie für die Hamburger und Bremer Seeleute (vgl. unten)

meldet,

Ausstandsleitung der Straßenbahner vor der Beteiligung am Ausstand

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dort forderte der Transportarbeiterverband die ihm usterstehenden

wiedergegebene Havasmeldung aus