Der Entwurf sieht in der Hauptsache die Bestim daß nach Anhörung der zu iständigen Fachausschüsse die zu ständigen Stellen widerruflich eine Verschiebung der Lage der achtstündigen Betriebsruhe um höchstens eine Stunde ge⸗ nehmigen darf und daß an Sonntagen von 6 ½% bis 9 ½ Uhr Vormittag leicht perderbliche Konditorwaren he rgestellt und ausgetragen werden dürfen Die „Sonnte gsarbeitszeit nnß⸗ durch entsprechende freie Zeit in der Woche ausgegli chen werden
Abg. Binder (Soz.): Der Entwurf ist im allgemeinen cin Entgegenkomme n gegen die 1“ Die Fachausschüsse entspricht noch nicht unseren Wünschen. e E wird noch keineswegs für das ga nze Re ich einb gehandhabt hat, und darin liegt auch der Grund für viele Mißstände
ich beantrage Ueberweisung des Entwurfo, an S sozialen Ausschuß
Abg. Schefbeck (Zentr.): Die Annehme, daß die Mei ster mn. von der Beseit gung der Nachtar mrbeit wissen wo len, ist vollkommen irrig. “ wäre ihnen, wenn die Arbeitszeit so verteilt werden könnte, daß am Freitag und Sonnabend länger gearbeitet werden dürfte, während die Differen⸗ an den ersten Wochentagen gutgemacht werden könnte. Diese Regelung müßte einer Verein barung zwischen Meistern und Gesellen in jedem Betriebe überlassen bleiben. Da Meister und Gesellen nichts gegen eine dreistündig Feiertagsarbeit haben, so sollte man ohne Be edenken der Perlage zustimmen. Erfahrungsgemäß ist in vielen Konditoreien und Ba äckere en das Sonntagsgeschäft größer. als der ganze Wochentagsbetrieb. Des halb muß man Rücksicht auf diese Existenzen nehmen. Mit der Ver weisung an den Sozialen Ausschuß sind wir einverstanden.
Abg. Hartmann⸗Berlin (Dem.): Na hde m die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich vereini düt haben, können wir ihren Wüns — durch die Gesetzgebung nachkommen. Es fragt sich aller dings was man unter leicht verderblichen Waren, die am Sonntag hergestellt werden dürfen, versteht; die Meinungen der Sachver stän⸗ digen werden darüber auseinander gehen. Aber, wir wollen uns 8 ejer Neuerung nicht ntgegenstellen. Eine wichtige Voraussetzung ist, daß ein freier Nach mittag in der Woche gegeben wird. Ich keflrche allerdings, daß es in den verschiedenen Landesteilen verschieden gema icht wird, wenn Ausnahmen Fegeeieh werden. Wir thnften aber, daß in der Kommission sich geeignete Mittel gegen eine falsche Anwendung des Gesetzes finden werden. Die Vorschrift, daß in den Bäck ereien von 10 1n Abends bis 6 Uhr Morgens jede Arbeit ruhen muß, ist bedenklich. Die kleinen Bäckereien, namentlich auf dem Lande, müßten mehr Bewegungsf. reiheit in der Festsetzung ihrer Ruhestunden haben. Es muß den Verürfnissen der Bevölkerung und des Gewerbes Rech nung getragen werden. Ich hoffe, daß in der Kommission ein brauch bares Gesetz zustande kommt. (Bei fall bei den Demokraten.)
Abg. Biener (D. Nat.): Die ⸗ 918 Versuche, die Nachtarbeit in den Bäckereien wieder einz uführen, sind nicht von den Bäckermeistern, sondern von den Großbetrieben ausgegaängen. Ein Vorrug des vor⸗ liegenden Entwurfs ist es, daß er die Bäckereien und Konditoreien 8 gleichstellt, denn die Unterschedung wischen beiden ist oft kaum möglich. Wir sind Freunde der E1“ haben aber Bedenken gegen die Zusammensetzung d der Fachausschüsse; eine Zn organisation durch das G. eset muß vermieden werden. Das Publikum wünscht, auch die Herste lung des Weizen gehäcks am Sonntag zu⸗ zulassen. In den drei Arbeitsstunden läßt sich eine große Meng Veizengehaäck nicht herstellen, aber eine Ve erlänge rung der Arbeit würd e dadurch nicht erforderlich werden. Im Aus schuß Lenn die Frage geprüft we⸗ iden. Daß die. Tari ifabmachungen maßgebend sollen, auch wenn sie von diesem Gesetz abweichen, damit bin ich ei verstanden, aber es muß vorgesorgt werden, daß die Magenfetter d beh Möglichkeit n icht mißbrauchen. Ich versprehe mir im ganten von dem Gesetz einen Vorteil für das Gewerbe und eine Berücksichtigung der Wünsche des Publikums.
Abg. Maretzky (D. V.): Bei der Regelung der Sonntags⸗ arbeit müssen wir auch daran denken, daß die Bevölkerung wieder ihr gewohntes Frühstücksgehzüick bekommt. Um den Bedürfnissen des Vol skes entgegenz zukommen, flickt man an dem Gesetz herum, tut aher nicht das Nötige, was wi rklich diesen Bedürfnissen gerecht wird. In diesem Sinne werden wir im disgn g an dem Gesetz mitarbeiten.
Abg. Bock⸗ Gotha (U. Sog.): Die Vorlage ist nichts weiter als der Versuch einer Verschlechterung der achtstündi gen Arbeitszeit. Wenn diee Versuch bei den Bäckern gelingt, wird er auch auf andere Gewerbe übergreifen. Ein Bedürfnis für die lei htverderblichen Backerwaren, wie, Schlagsahne üfw., besteht im Volke überhaupt E edenfalls sind diese Bedürfnisse nicht wichtig genug, um das Pelladium der virgette fschaft die achtstündige Arbeitszeit, zu durch⸗ rechen. Es heißt, daß die Arbeiter dieser Vorla ige zugestimmt Sättä. sie sind aber s nicht gefragt worden. Die Fachausschüsse sollen nicht bestimmen, sondern nur gehört werden. Cb der Arbeiter in der Woche einen freien Nachmittag bekommen wird, läßt sich gar nicht kontrollieren. Die Sonntagsruhe 88 streng durchgeführt werden, es kommt nicht daralff an, daß die paar Leckermäuler des Sonntags ihre Portion Eis haben
Reichsarkeitsminister Schlicke: Der Herr Vorredner hat be⸗ hauptet, daß bei der Ausarbeitung des Gesetzen lwurfs Arbeitervertreter nicht zugegogen worden seien. Demgegenüber stelle ich fest, daß drei Vertreter der Gewerlschaftsorganisationen daran beteiligt worden sind. (Zuruf von den U. Sor.: Woher?9) — Von Gewerkschaften! (Zuruf von den U. Soz.: Auch aus Berlin?) — Jawohl!
Die Voclage wird dem Ausschuß für soziale Angelegen⸗ heiten überwiesen.
folgt die erste Beratung des Gesetzentwurfes über das Arbeitsentgelt der Empfänger von Militär⸗ versorgungsgebührnissen. Die Vorlage schreibt vor, daß bei der Bemessung des Arbeitsentgeltes die militärischen Versorgungsgebührnisse nicht zum Nachteil der Beschäftigten be⸗ rücksichtigt werden dürfen; insbesondere ist es unzulässig, die Versorgungsbezüge ganz oder teilweise auf das C Entgelt anzu rechnen.
Reichsarbeitsminister Schlicke: Die Frage, regeln soll, hat schon längere Zeit die Oeffentlich 88 t beschäftigt und hat vor allen Dingen die Vereinigungen der Kriegsbeschädigten recht lebhaft interessiert. Die Frage ist schon durch Verordnungen der Reichsregierung und durch Erlasse der preußischen Ministerien vor⸗ läufig geregelt worden. Eine Anrechnung der Militäwersorgungs⸗ gebühren auf die Löhne soll nicht Platz greifen. Für die bbetriebe der Heeresverwaltung hat 5 das Kriegsministerium schon vor Jahren einen diesbezüglichen Eulaß herausgegeben, und die lnalver⸗ waltunçgen sind vom bweußischan Minister um des Innern in gleicher Weise angewiesen worden.
Das Gesetz beabsichtigt, die Frage einheitlich zu regeln und bringt klar und deutlich zum Ausdruck, daß die Militärversorgungsgchühren nicht auf Arbeitsentgelt angerechnet werden dürfen; ausschlaggebend soll lediglich die Leistungsfähigkeit der betroffenden Kriegsbeschädigten sein. Das Ersetz spricht das klar aus.
Weiterhin soll den Kriegsbeschädigten die Möglichkeit gegeben sein, in Streitföllen die Schlichtu ings msschüsse anzurufen, die nach der
23. Dezember vorigen Jahres str Stritickeiten
die dieses Gesotz
Verordnung vem 23. aus den Tariswerträgen zuständig sind.
Dieses Gesetz ist nur ein kleiner Ausschnitt des großen Militär⸗ versorgungsgesetzes, das ich noch in diesem Winter der Nationalver⸗ sammlung vorlegen zu können hoffe. Ich hoffe, daß der Entwurf von dem Hause wohlwollend geprüft und möglichst bald verabschiedet wird, vn. Rharhen in 9. Perhäl tnisse zu bringen, die heute noch in vielen
1““ nung vor,
Zusamms ense zung der
. Teilen Deutschlands und auch in vielen Privatketrieben recht stritten sind.
Abg. Hoch (Soz.): Es ist unbedingt nöttg, daß das große Militär⸗ vezsorgungszesetz nech in dieser Ta gung an uns kommen wird. Die Nionalre. amlung kann ihre Tätigkeit nicht been digen, bevor nicht diese ganze Ang Aegenbeit zur Zuf riedenbeit der Kri egsverletzten ge⸗ regelt ist. Wir können dem Grundgedanken dieses Gesetzes nur zu⸗ stimmen, daß mit der Arbeit der Kriegsverletzte n und ihrer Hinter⸗ bliebe n nen icht Lohndrückerei betrieben werden soll. Be rdenken haben . Bestimmung, daß in Streitftagen die Dienst⸗
keiden soll. Der Aus sschuß, an den dieser Entwurf gehen naturgemäß der soziale Ausschuß. Die Beratung dieser darf aber nicht bis zur Erlerigung des Betriebsrätegesetzes 1Kesi fäal werden, der An 55 uß m üßte an einem besonderen Tage se kleine Vorlage verweg eredigfn. ider gibt es selbst in Berlin noch vi iele Unternehmer,) die sctamlos genug sind, ihren Profit aus der eschäfttgung Kriegsbeschädigter zu zieben; diese Leute werden auch bei ei sem Gej etze n iierer cin 8 int ertürchen find en. Die Kriegsverletzten gk n ihre Rente als itschädigung † für den 188 rorenen Teil der beitsfähigkeit und sin 8 h angewiesen mit dem ihnen noch ver⸗ iebenen Teil der Arbeitsfähigkeit für sich und ihre Familienglieder ch besten Kräften zu sorgen. 1 8 —
Abg. Gilsing (Zentr.): Wer bearüßen diesen Gesetzentwurf als einen Ansang weiterer Ver rbesseꝛungen für unsere Kriegs⸗ beschädigten. Es legen uns sehr viele Besck⸗ erden aus den K 8 der Krisgsteiln nehmer vor, die von einer tigen Ausnutzn ung ihrer Anbeitskraft srrece n, namentlich sollen auf dem Lande, auf groß⸗ in Gütern die enten durckweg in Anr ecbnung gebracht worden sein. Aber 1 27 9 13 5 † g 2— 1 Ig
m I 1 e* 8 1 9 -! 1 nich nur in Privatb 88 ben, song dern auch n Staatsbetrieben sind solche Vor kor umnisse zu verzeichnen. Der Sozicle Aueschuß wird sich mit allen diesen Einzelheiten zu besch Ffti gen haben.
Reichsarbeite: ninister Schlicke: Es sind mir von dem Herrn Vorrodner einige Beschwerdefälle vorgebracht worden. Ich von meinem Ressort aus werde den Beschwerden nachgehen und abk elfen; soweit
— , „ 5 . sie andere Ressorts betreffen, werden sie ebenfalls untersucht werden.
Namens des Herrn Reichswehrministers habe ich zu erklären —
kann die Erklärung leider nicht selbst abgeben, weil er plötzlich zu einer arderen Beratung herausgerufen wurde —, daß er ebenfalls die Fälle untersuchen und nach Möglichkeit abstellen wird
Ich möchte in dem Zusammenhang noch darauf hinveisen, daß eine ganze Anzahl von Beschwerden jedenfalls ihre Erledigung durch as “ der Nationalversammlung zugehende Gesetz über die
einstellung finden welden. In diesem Gesetzentwurf ist vor⸗
. die Zwangseinstellung nicht nur nach der Zahl erfolgen
acß auch nach Möglichkeit die Stellen herausgesucht
werden sollen n, die 1 8 für den Kriegsbeschädigten eignen. Ich glaube,
daß durch eine derartige Regelung wielen Bedenken, die heute vorge⸗ bracht wurden, begegnet werden kann.
Auf den Fall, den der letzte Herr cht hat, will ich nur kurz eingehen. Ich möchte nicht “ res an nehmmen, daß man da den Bebhörden einen Vonwurf machen kann. e sind durch Bestimmungen — heute noch g eltend den Mannschafts ungsgesetzes, welches vorschreibt, daß in gewi sj sen Fällen bei Beamten die Rente ruht, dazu gezwungen. Auch die Nechtsprechung des Reichsgerichts hat in diesem Senne entschieden. Es wird Aufgabe des künftigen Ver⸗ sorgungsgesetzes sein, derartige Härten zu beseitigen. (Bravo!)
Abg. 81 ehr⸗Insterburng (Dem.): Die Ankündigung des Zwangseinstellungsgesetzes begruͤßen zwir, wenn är uns auch nicht dem veischliehen können, daß seiner Durch führung Cewisse Schwierig⸗
eiten enlgegenstehen werden. Findet ein Kriegebesch Hädigter eine 8 Ule, zuf der er eine valle Arkeiteckroft eisetzen kann, dann liegt Fein Grund um Rentenah zug vor, bei Hinterbliebenen ist dieser Abzug ganz und gar nicht berechtigt. Bereits unter dem alten Regime sind A. nordnungen getrossen worden, für die preuß schen Landes⸗ und die
M (8 4 2 A 9
Reichkebetriebe, bie Anbe itsleistung ohne Rüchsicht auf die Renten⸗ bezüge zu vergüten. Auch an üe Kommunalverbände sind ernstliche Mahnungen in deser Beziehung ergangen. Viel prak tischen Wert s . „„ F.
scheinen diese Ermahnvnmen nicht gehabt zu haben, die Kriegs⸗ beschädigten beschiweren sich, daß trotzdem nicht selt 4 avsüge, d direkt rer in versteckter Form Vhestche werden. Eine Lesetz Regelung dieser Frage st deshhe alb, sehr zu begrüßen. Wir 1 uns, daß in dem Gesetz keine Straübestimmungen ausgesprock⸗ en worden sind. In der jetzigen Zeit müssen Kämpfe zwischen Arbeitgebern und Arbeit⸗ nehmern nach ö vermicden werden. Die Schiedsein⸗ richtungen können da Nützliches schaffen. Straffeastimmungen erzeugen nur Geh äsfigkeit und See on. Bedenken haben wir gegen die Bestimmung, daß bei Reichs⸗, Staats⸗ und Kommunel⸗ beamten über Streitigkeit en von Amts wegen oder im Wege der Dienstaufsicht entschieden werden soll. Auch da wäre eine Schieds⸗ eFeeeeroe wohl angebracht. .
Abg. Koch⸗Düsseldorf (D. Nat.); Es ist unmoral sch, wenn je⸗ mand einen militärischen Rebenerüg äger zu seinem Vorteil aus⸗ nutzt. Ganz ausschalten wird dieses Gesetz solche Ma mipulgtionen wohl nicht. Bei Streitigkeiten zwischen Anbeitgebern und Arbeit⸗ nehmern muß der Arbeitere oder Angestellt enausschuß vermittelnd eingreifen, dadurch werden mancherlei Erbitterungen vpe
Darauf wird die Weiterberatung auf Freitag 1 Uhr ver⸗ tagt, außerdem Interpellationen, betreffend⸗ Zahlung der Ein⸗ fuhrzölle in Gold und Kleinwohnungsfragen. 8
Schluß 6 Uhr.
Preußische Lanvesversamm!
8
58. Sitzung vom Donnerstag, 2. Ok
(Bericht von Wolffs Telegraphenbüro.)
Am Regierungstische: Ministerpräsident Hirs Finanzmninister Südekum.
Präfident L. Leinert eröffnet die Sitzung um 12,20 Uhr.
Die Beratung des Haushalts 6 Finanz⸗ ministeriums und der allgemeinen Finanzver⸗ waltung wird fortgesetzt.
Abg. Dr. Rosenfeld (U. Soz.): Mit dem gestrigen Tage ist das Ende der preußischen “ und Steuerverwaltung einge⸗ troten; beide sind auf das Reich übergegangen. Wir Fegüßen diese Entwicklung, denn wir stehen auf dem Boden des deutschen Einheits⸗ staates wir wollen aus der deut'chen Republik einen Staatekörper machen, in dem es keine Kleinstaaterei mehr gibt, denn nur so kommen 88 über die mittelalterlichen Zustände hinweg, die sich seider über
2 Revolution herübergerettet haben. Besonders sympahisch ist uns, 8 die Srekergeschäfte jetzt endlich von den Landraͤten und Re⸗ gierungen luosgelöst werden, womit hoͤffemlich die emseitige Begünsti⸗ gung der Amarier ein Ende nimmt. Der Weg zum Einheitsstaat jührt aber auch nach unserer Auffassung nicht über die Zertrümmerung Preußens, sondern über ein starkes Preußen. Wir sind deshalb gegen die Absplitlerung preußischer Gebietsteile. Andererseits können wir icht begreifen, wie der Minister des Innern Heine s. gegen den 8 pluß thüringischer Gebietsteile an Preußen einsetzen kann. Herr
Richter ist in dieser Debatte als Freund der Sel lbstverwaltung 1aeg eden ausgerechnet Herr v. Richter, dessen Freunde besonders die städtische Selbstverwaltung immer bekämpft, haben. Freilich ist
sch und der
auch die jetzige Regierung der Selbstverwaltung keineswegs freundlich
hat doch Herr Heine unserm Parteigenossen Vogtherr
diß Bestätigung als Landrat von Schmaikalden versagt,
Herr Heine, der sich so sehr die Sel tung ins Zeuag gelegt bat. Auch gegen die Arbe terräte verhalt sich die Regierung feind lich; jämmerlich mutet der Betriebsrätegesetzertwurf an. Das Ordnungsprogramm des Herrn Hergt ist schon von den Abge⸗ ordneten Heilmang und Cunow kritisiert worden. Der von Herrn Hergt verlangte Schutz der Arbeitswilligen läuft natürlich auf ein neues Zuchtbe usgesetz hinaus. Wohin wir mit dem Abbau der Zwangswirtschaft geraten, hat das ganze Volk bei der Freigabe der Eier und des ta ers zu seinem größten Schaden erkennen müssen, die Bewucherung der Bevölkerung geht dann vollends ins Uferlose. Viele der demokratischen Forderungen jenes Oidnungs programms sind ledig⸗ lich Köder, auf den Stimmenfang für die Wahlen berechnet. Unsere Haltung zur Frage der Lebens länglichkeit der Beamtenanstellung hat der Abgeordnete Höfler ganz falsch dargestellt, ebenso wie unsere
Haltung zur Beamtenschaft überhaupt. Die Be⸗ rliner Merallarbeiter b. aben in ihrer neuen Streikbewegung unsere vollste Sympathie; der Uebermut der Unternehmer muß endlich gebrochen werden. Wir werden dafür sorgen, daß die Behauptung zweier Demokraten, die Arbeiter beögen jetzt nicht mehr Löhne, sondern nur Anwesenheits⸗ gelder, unter den Arbeitern im Lande bekannt wird. Für uns, ist das Parl ament nur eines der Kampfmittel in dem allgemeinen⁸ Kampf der Arbeiterschaft gegen die jetzige herrschende Ge ellschaft. Die Zu⸗ sage, Herr Erzberger trüge sich mit Planen zur Erfassung der Kriegs⸗ gewinnler, genügt, uns nicht; wir möchten nun endlich Taten sehen. Noch e geschiebt auch nichts, um die Abwanderung des Kapitals 3 das Ausland zu verhindern. Die Freunde des Abgeordneten
.Richter agitieren im Lande mit allen Mitteln für die Wieder⸗ 8 ichtung der Monarchie. Was die angebliche kommunistische In⸗ struktion in der jüngsten Zeit anbetrifft. so erkläre ich daß diese von Anfang bis zu Ende erfunden ist. Sie (zu den Sozialdemokraten) haben den Klassenkampf schon seit Ausbruch des Krieges aufgegeben. Tag für Tag haben Sie jetzt Gelegenheit, ihn von neuem autzu nehmen. Den Appell des Abgeordneten Hergt an das deutsche Volk begrüßen wir. Auch wir wünschen. daß endlich dem deutschen Volke das Wo. t gegeben werden soll. Denn wenn es richtig zugehen würde und Sie Ihre Versprechungen vor den Wahlen gehalten hät!en, so hätten Sie längst die Landesv⸗ ersammlung und die Nationalversamm⸗ lung auflösen müssen. Ihnen liegt aber nur an einer Mandats⸗ verlängerung.
Miaisterpräsident Hirsch: Meine Damen und Herren! Soi werden nicht erwarten, daß ich auf alles eingehe, was der Herr Vor⸗ redner vorgebracht hat. B(Fafotüneh Insbesondere muß ich es “ meinen Kollegen Heine gegen die maßlosen Angriffe des Vorredners, die teils pe⸗ 1“ Natur waren, in Schutz zu nehmen. Wenn Herr Abgeordneter Dr. Rosenfeld sich das Vergnügen machen will, den Herrn Minister des Innern als reaktionär hinzustellen, so will ich ihn darin nicht stöten; Tatsache ist, daß Herr Minister Heine in den 6 Monaten, in denen er die Geschäfte des Ministers des Innern führt, für die Durchführung der Demokratisierung Preußens weit, weit mehr getan hat, als Herr Abg. Dr. Rosenfeld und seine Freunde in 6 Jahrzehnten zunichte machen können. 1
Den Fall Voigtherr hätte Herr Abg. Dr. Rosenfeld besser nicht angeschnitten! (Sehr gut! bei den Sezialdemokraten.) Ich kann Ihnen nur den guten Rat geben, diesen Fall endlich ruhen zu lassen; das liegt im Inter esse des Herrn Voigtherr! (Abg. Dr. Rosenfeld: Das bestreitet er!) Wenn die Regierung sich bisher lediglich auf die Erklärung beschränkt hat, daß sie Herrn Voigtheer aus persönlichen Gründen nicht zum Landrat ernennen kann, so konnten Herr Abg. Dr. Rosenfeld und seine Freunde so viel Rücksicht auf ihn nehmen, daß sie nicht fort und fort den Fall anschneiden. (Zuruf von den Unabhängigen Sozialdemokraten: Faule Ausrede!) Wenn Herr Abg. Dr. feld nicht weiß, um was es sich handelt, mag er sich bei älteren Berliner Parteigenossen erkundigen! Vielleicht ist ihm aus der Geschichte der Berliner Soz aldemokratie wenigstens das eine bekannt,. daß der jetzige Minister Heine niemals im III. Berliner Reichstags⸗ wahlkreis aufgestellt worden wäre, wenn nicht Voigtherr, der sein Vorgänger war, sein Mandat hätte niederlegen müssen. (Zuruf von den Unabhängigen Soz'aldemokraten: Hat nicht niedergelegt!) — Er hat es nicht niedergelegt, weil die Neuwahlen unmittelbar vor der Türe standen (Zuruf: ein Jahr!), weil der damalige Partei⸗ vorsitzende Singer lediglich aus praktischen Erwägungen geraten hat, lieber noch die kurze Zeit abzuwarten und ihn dann nicht mehr auf⸗ zustellen: (Zuruf von den Unabhängigen Sozialdemokraten: Singer hat ihm ja zur Wahl gratuliert, das Schreiben kann vorgelegt werden!) 4
Herr Abg. Dr. Rosenfeed bat dann verlangt, daß die National⸗ versammlung und bgs vreußische Landesversauim⸗ lung aufgelöst werden sollen. Ich weiß nicht, an wen er diese Aufforderung gerichtet hat; soweit es sich um die Nationalversamm⸗ lung handelt, haͤbe ich keinen NNoss auch nur ein Wort zu ver⸗ lieren. Zur Auflösung der preußischen Laͤndesversammlung ist die Regierung nicht befugt. Die preußische Landesversammlung ist zu⸗ sammengetreten, um ganz bestimmte Aufgaben zu erledigen; darüber zu entscheiden, wann sie diese Aufgaben erledigt hat⸗ ist einzig und allein ihre eigene Angelegenheit. (Sehr richtig!) Nach Ansicht der Regierung ist jetzt, an die Vornahme von Neuwahlen um so weniger zu denten, als wir ja noch nicht einmal die Verfassung verabschiedet haben. Wundern muß ich mich aber, daß gerade Herr Abg. Dr. Rosenfeld jetzt plötzlich so sehr auf die Vor⸗ nahme von Neuwahlen drängt. Wenn ich mich recht erinnere, war es gerade Herr Dr. Rosenfeld, der, als er früher einige Zeit der Re⸗ giernng angehörte, alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um die Vor⸗ nahme der Wahlen zur Nationalversammlung und die Einberufung der Nationalversammlung zu hintertreiben. (Hört, hört! rechts und in der Mitte.)
Herr Abg. Dr. Rosenfeld sagt, daß wir dadurch, daß die Neu⸗ wahlen noch nicht ausgeschrieben sind, die Rechte des Volkes miß⸗ achten. Ich weiß nicht, ob Herr Abg. Dr. Rosenfeld selbst daran glanbt. (Rufe: nein!) Diese Versammlung ist süiteFeaengetreen aus dem Willen des Volkes heraus, sie repräsentiert den Willen des Volkes, und man kann doch im Ernst nicht sagen, daß die Ver⸗ sammlung, die die Aufgaben erfüllt, die ihr vom Volk übertragen sind⸗ dadurch, daß sie diese Aufgaben erfüllt, die Rechte des Volkes mißachte. (Sehr gut!) —
e Abg. Dr. Rosenfeld verlangte, daß wir überall die Spielklubs auflösen sollen. Meine Herren, wenn wir die Mackt dazu haben, dann werden wir das selbstverständlich tun. Hier in Berlin sind die Spieltlubs allgemein aufgelöst und verboten worden, und zwar auf Veranlassung des Staatskommissars für die Ueberwachung der öffentlichen Sicherheit: auf dessen Veranlassung ist auf Grund des § 9 des Gesetzes über den Belagerungszustand gegen die Spielklubs vorgegangen worden. Ich würde Herrn Abg. Dr. Rosenfeld sehr dankbar sein, wenn er uns bei der Bekämpfung der Spielklubs auch außerhalb Berlins behilflich wäre und seine Er⸗ fahrungen zur Verfügung stellte. (Sehr gut! Große Heiterkeit.)
I 8—
Rosen⸗
macht habe.
habe, widerrufen;
Ich wende mich nun zu dem, was Herr Abg. Dr. Rosenfeld über die Frage Groß⸗Thüringen gesagt hat. Ich kann er⸗ klären, daß die preußische Regierung der Einigung Thüringens nach wie vor sympathisch gegenübersteht. Dem Wunsche der thüringischen Staatsvertreter entsprechendd und in der Erwägung, daß in der Tat enge kulturelle und wirtschaftliche Verbindungen zwischen den kleinstaatlichen und, den preußischen Teilen des thüringischen Landes bestehen, haben wir uns bereils im April d. J. in Verhandlungen über die Einbeziehuug preußischer Gebietsteile in das zu schaffende Thüringen eingelassen. ergab sich hierbei ein einhelliger Widerstand sämtlicher betroffener preußischer Gebietsteile, dem selbstverständlich die preußische Re⸗ gierung Rechnung tragen muß. (Sehr gut! bei den Deutschen Demokraten.) Die thüringischen Staaten glaubten, dieser Sachlage dadurch Rechnung tragen zu können, daß sie uns eine gewisse Ver⸗ waltungs⸗ und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen Thüringen und Preußen vorschlugen. Es hat darüber zunächst eine ganz zwanglose Besprechung zwischen dem Herrn Minister des Innern und mir auf der einen Seite und einigen Vertretern Thüringens auf der anderen Seite stattgefunden. Wir haben dabei unserer Sympathie für die Einigung des thüringischen Landes Ausdruck gegeben und für unsere Person und selbstverständlich vorbehaltlich der Stellungnabme der Landesversammlung auch die Ueberlassung preußischer Gebietsteile an Thüringen gegen gewisse, ausreichende Garamien einer Zusammen⸗ arbeit auf wirtschaftlichem und verwaltungstechnischem Gebiet als im gemeinfamem Interesse Preußens und Thüringens liegend erklärt- Die Vertreter von Thüringen sind dann mit ganz bestimmten An⸗ trägen an uns herangetreten, die fich darauf bezogen, daß eine enge Verwaltungsgemeinschaft zwischen Thüringen und Preußen hergestellt und dafür preußische Gebietsteile an Thüringen abgetreten würden. Wir haben zur Beratung dieser Vorschläge wiederum nach Weimar eine Konferenz von Vertretern aller beteiligten Landesteile und von Angehörigen aller politischen Parteien einberufen. Diese Konferenz hat die Vorschläge der thüringischen Regierung einmütig abgelehnt, und zwar waren sich dabei die Vertreter der äußersten Linken, also die Anhänger des Herrn Dr. Rofenfeld, mit den Vertretern der äußersten Rechten völlig einig. (Hört! hört! rechts.) Die Konferenz hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß das, was ihr von Thüringen geboten wird, nicht ausreicht, um ihr das Opfer des Verlustes der preußischen Staatszugehörigkeit erträglich zu machen. In diesem Sinne haben wir unter dem 16. August der thüringischen Regierung geantwortet. — Das ist der gegenwärtige Stand der amtlichen Verhandlungen.
Herr Abg. Dr. Rosenfeld ist dann auf einige Aeußerungen des Herrn Ministers des Innern über die thüringische Frage zu sprechen gekommen. Die Herrn Minister Heine in den Mund geiegten, übrigens offenbar nicht wörtlich wiedergegebenen Wendungen passen sich dem Sinne nach zwanglos dem an, was ich eben ausgeführt habe. Sie werden das um so weniger bezweifeln können, wenn ich Ihnen Wendungen des Herrn Ministers Heine vorlese, die er am 29. Juli in Weimar gegenüber thüringischen Staatsvertretern tat, und die die Frage — wie das auch Herr Dr. Rosenfeld mit Recht forderte — in den Rahmen der künftigen Gestaltung des Rcichs einstellen. Herr Minister Heine hat sich folgendermaßen geäußert:
⸗Preußen und die thüringischen Staaten haben das gleiche Interesse, in der Frage Thüringens zu einer Einigung zu gelangen. Politische Gründe sind maßgebend, daß auf diesem Gebiete etwas gescheben muß. Wenn wir den Standpunkt des Unitarismus vertreten, können wir uns auf eine Schwächung Preußens nicht einlassen, da die Schwächung Preußens auch eine Schwächung Deutschlands bedeutet. Es ist ein Schlagwort, wenn man im Namen der Ein⸗ heit des Reiches Preußen schwächen will.“
Sie sehen also, daß der Standpunkt, den der Herr Minister des Innern in dieser Frage einnimmt, durchaus nicht von dem abweicht, was der Herr Abg. Dr. Rosenfeld gefordert hat, und Sie können überzeugt sein, daß die preußische Staatsregierung und in ihr der Herr Minister Heine auch die thüringische Frage nur unter den Ge⸗ sichtspunkten prüfen wird, die ich mir erlaubt habe, eben kurz dar⸗ zulegen. Wir sehen gern weiteren thüringischen Anregungen entgegen, die es uns ermöglichen, pflichtgemäß zu prüfen, ob unter diesen neuen Voraussetzungen die Frage des Zusammenschlusses auch von unserer Seite aus weiter gefördert werden kann. Grundsätzlich steht die preußische Regierung nach wie vor auf dem Standpunkt, daß wir die einheitliche deutsche Republik zu erstreben haben. Wir wenden uns aber dagegen, daß man dieses Ziel auf dem Wege einer Zer⸗ schlagung Preußens erreichen will.
Nun ist neuerdings hier und da in der thüringischen Presse gegen die engere Verbindung mit Preußen geltend gemacht worden, daß in Preußen starke Ablösungsbestrebungen zutage freten und Preußen daher nicht mehr fest genug stehe. Abgesehen davon, daß die Gefahr dieser Bestrebungen verkannt wird, verkennen diejenigen⸗ die sich darauf berufen, die große Aufgabe, die Preußen damit erfüllt, daß es in diesen zentrifugalen Strömungen das Interesse der Reichs⸗ einheit, bei entsprechender Ausgestaltung der Selbstverwaltung der Länder, in sich und für das Reich fördert und wahrt. An diesem Ziel werden wir festhalten, wie überall, so auch in Thüringen.
Ich wende mich dann zu dem, was der Herr Abgeordnete Dr. Rosenfeld über die Mitteilungen gesagt hat, die ich im Staats⸗ haushaltsausschuß über spartakistische Bestrebungen ge⸗ Ich muß offen sagen: ich wundere mich, daß der Herr Abgeordnete Dr. Rosenfeld so zahm gewesen ist. (Heiterkeit.) Er⸗ hat lediglich gesagt, daß das, was mir berichtet ist, Wort für Wort erlogen sei. Ich war nach den Angriffen in der „Freiheit“ auf Schlimmeres gefaßt; denn die „Freiheit“ hat mich ja, weil ich wahrheitsgemäß das berichtet habe, was zu berichten meine Pflicht war, als den Ausbund aller Niederträchtigkeit hingestellt und von mir verlangt, ich solle das, was ich im Staatshaushaltsausschuß gesagt wenn ich das nicht tue, so meint die „Freiheit“, ürfte man mit Recht in mir einen Vertreter derjenigen Menschen⸗ orte erblicken, die zwar den Mut zur Verleumdung, nicht aber den ur Richtigstellung habe. (Hört! hört!) Selbst auf die Gefahr hin, on der „Freiheit“ mit weiteren Liebenswürdigkeiten bedacht zu werden, erkläre ich, daß ich von dem, was ich im Staatshaushaltsausschuß gesagt habe, kein Wort zurückzunehmen habe. Es ist ja sehr leicht, das, was inem nicht paßt, einfach als Spitzelarbeit hinzustellen. Meine Herren, ich habe bereits im Ausschuß erklärt, daß uns das Material nicht
durch Spitzel geliefert ist, sondern es ist einem Kommunisten ab⸗
(Hört, hört! rechts.) Es⸗
8 8 * 8 78 genommen, der bei dem Ueberschreiten der tschechisch⸗
Grenze von sächfischen Behörden abgefaßt worden ist. (Hört, hört!) Die Grenze wurde alle dings zu ganz anderen Zwecken überwacht. Trotzdem wurde zufällig der Mann abgefaßt und in Haft genommen. Wenn die Herren wollen, kann ich auch den Namen nennen. (Zu⸗ rufe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten: Bitte!) — Es ist ein gewisser Schlegel. Das ist nun denjenigen, die ihn abgesandt haben, sehr unangenehm gewesen. Sie hahen infolgedessen ein Zirkular ver⸗ sandt, worin sie den Vorfall beklagen und für die Zukunft zu größerer Vorsicht mahnen. (Hört! hört! und große Heiterkeit.) Herr Ab⸗ geordneter Dr. Rosenfeld wird allerdings behaupten, daß auch dieses Spitzelarbeit ist. Ich möchte es Ihnen verlesen, damit Sie in der Lage sind, sich selbst ein Urteil zu bilden. Es geht aus von der Zentralstelle: „Verlag und Schriftenvertrieb Sozialistische Jugend — Groß⸗Dresden“. Die Unterschrift lautet: „Mit kommunistischem Gruß (Deckadresse 7)“. In dem Schieiben heißt es wörtlich:
Wie uns aus Sebnitz mitgeteilt wurde, ist am 3. d. M. der Genosse Schlegel mit einem Sebnitzer Genossen bei Ueberschreitung der Grenze verhaftet worden. Genosse Schlegel soll, wie die Aus⸗ sage des auf freien Fuß gesetzten Sebnitzer Genossen ergibt, nach Prag transportiert worden sein. Wir ersuchen um sofortige Auf⸗ schlüsse, ob die Angaben auf Wahrheit beruhen; es würde uns sehr leid tun, wenn der Wiener Genosse auf so eine leider geradezu leichtsinnige Art und Weise hinter Schloß und Riegel gekommen ist. (Hört! hört! rechts.) Vorsichtshalber haben wir unseren Vertrauens⸗ mann schon am 8 September nach Kladno geschickt, damit er dort mit dem Genossen Sabotocky verhandelt. Vereinbart war mit Genosse Schlegel der 12. September, abends 10 Uhr, an welchem Tage Schlegel den Genossen Bettenmann von Sebnitz abholen wollte, um dann gemein schaftlich nach Kladno zu fahren. Inzwischen werdet ihr ja auch schon mit Genossen Bettenmann gesprochen haben.
Also seid sehr vorsichtig. Wichtig wäre es, wenn ihr einen Geentuͤberschtefktüngstures mit vertraulichen Genossen veranstalten würdet, damit solche Sachen nicht mehr vorkommen könnten. (Hört! hört! rechts. Zurufe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten: Spitzelarbeit!)
Meine Damen und Herren! Wir werden ja vielleicht Ge⸗ legenheit haben, uns bei der Beratung eines anderen Haus⸗ halts noch des näheren mit der spartakistischen Gefahr zu beschäftigen. Ich glaube, es genügt für heute, wenn ich mich als Erwiderung auf die Ausführungen des Herrn Dr. Rosenfeld auf diese wenigen Bemerkungen beschränke. (Abg. Adolf Hoffmann: System Puttkamer!) — Ja, das kennen wir, das berührt uns weiter nicht. Aber es ist interessant, daß Sie (zu den Unabhängigen Sozialdemokraten) der Regierung den Vorwurf machen, daß Spitzeldienste in Anspruch nehme, obgleich die Herren von den Unabhängigen bei den engen Beziehungen, die einige von Ihnen zu den Kommunisten haben, doch ganz genau wissen, daß die kommunistische Partei eine große Anzahl von Spitzeln beschäftigt. Bei einer Haussuchung im Bureau des Roten Vollzugszates, in dem Unabhängige und Kommunisten zusammensitzen, haben wir eine ganze Reihe von Originalbefehlen hoher militärischer Dienst⸗ stellen gefunden, die sich mit beabsichtigten Mäsriahe se bei den Ver⸗ suchen zum gewaltsamen Umsturz befasseu. Diese Originalbefehle sind dem Roten Vollzugsrat doch nicht von den militärischen Stellen, sondern von Leuten zugesandt worden, die sich in militärischen Stellen befinden, aber ihre Aemter dazu benutzen, Spitzeldienste für die tom⸗ munistische Partei zu leisten. (Hört, hört!) Sie sollten also mit Ihren Vorwürfen sehr vorsichtig sein. (Abg. Adolf Hoffmann: Denten Sie mal an das Material, das Sie früher selbst hier auf den Tisch gelegt haben!) Sehr richtig, wir werden niemals bestreiten und haben es immer bekämpft, daß die frühere Regierung Spitzel gegen die Sozial⸗ demokratie verwandt hat. Daß aber die heutige Regierung Spitzel⸗ dienste gegen die Kommunisten in Anspruch nehme, das ist eine Be⸗ hauptung, die Sie nicht beweisen können. (Widerspruch bei den U. Soz.)
Meine Damen und Herren, ich bedauere es lebhaft, daß die Herren von der Unabhängigen Sozialdemokratie angesichts des Ernstes der Zeit nicht den Mut finden, endlich einen Trennungsstrich zwischen sich und den Kommunisten zu machen. (Lebhafte Zustimmung in der Mitte. — Rufe rechts: Kein Unterschied! — Abg. Adolf Hoffmann: Zwischen Euch und dem Zentrum ist der Trennungsstrich nötiger!) Sie sehen nicht oder wollen nicht sehen, in einer wie schweren Zeit wir uns befinden. Sie sehen nicht, daß unser Vaterland aus tausend Wunden blutet, daß das Volk sich noch auf viele Jahre hinaus von
den schrecklichen Folgen dieses furchtbaren Krieges nicht erholt haben
wird. Und angesichts solcher Zustände finden sich Männer, die es als ihre Aufgabe betrachten, dafür zu sorgen, daß das 8eg bleben nicht zur Rithe kommt, sondern die uns durch Inszenierung von Putschen völlig zugrunde richten wollen! (Rufe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten: Noske! — Lachen bei den Sozialdemokraten.) Ruhe und Ordnung wiederherzustellen ist Pflicht der Regierung. Von der Erfüllung dieser Pflicht wird sich die Regierung auch durch noch so heftige Angriffe des Herrn Rosenfeld und seiner Freunde nicht abhalten lassen. (Lebhafter Beifall bei den Sozial⸗ demokraten und in der Mitte.)
Ein Schlußantrag wird angenommen.
Abg. Wulfetange (Welze) führt Beschwerde darüber, daß man die von ihm vertretene Minde ben⸗ trotz seiner schon gestern er⸗ folgten Meldung nicht habe zum Worte kommen lassen.
Abg. Dr. Rosenfeld sucht in einer langen Bemerkung zur Geschäftsordnung dem Mmisterpräsidenten sachlich auf dessen Aus⸗ führungen zu erwidern, wird aber daran durch das wiederholte Ein⸗ greifen des Präsidenten Leinert, der ihm schließlich einen Ordnuugs⸗ ruf erteilt und durch sich immer steigernde Schlußrufe aus dem Hause verhindert.
Der Haushalt für das Finanzministerium und für die allgemeine Finanzverwaltung wird darauf nach den Ausschußanträgen bewilligt. In den ersteren werden die Ausgaben für das neue Ministerium der Volkswohlfahrt mit 274 000 ℳ eingestellt. In den dauernden Ausgaben wird die Ostmarken⸗ zulage als solche im Text des Haushalts beseitigt. Ein An⸗ trag der Unabhängigen im Extraordinarium, die Zuschüsse zu Kriegsteuerungszulagen für Geistliche mit 22 800 000 ℳ zu streichen, wird gegen die Stimmen der beiden sozialdemokratischen Fraktionen abgelehnt.
Die Verordnung vom 10. März 1919 über die Versorgung der Hofbeamten und ihre Hinter⸗ bliebenen wird genehmigt, die Petitionen wegen Ueber⸗
gegeben werden kann. Alle
heaters in Cassel
8 nahme des eheme ligen Königli Material
staatliche Verwaltung, werden der Reg ierung als überwiesen.
Die Anträge des Haushaltausschusses über die Ver⸗ besserung der Beamtenbesoldungen und über die Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Beamten gelangen zur Annahme, ebenso der Antrag der Sozialdemokraten über Kriegsbeihilfen für Volks schullehrer.
Auch bezüglich der Anträge Tewes 1. Notstandsdarlehen an Privatangest lii der Anträge Tewes (Z.) und Frahm (D. Nat.) auf EET“ für die Privatangestellten be⸗
chließt das Haus nach den Anträgen des Haushaltsausschusses. vesen Ausschuß überwiesen werden schließlich die Anträge der
ozialdemokraten wegen Aenderung der Bestim⸗ 8 über die Kriegsteuerungszulagen und die Anträge Meyer⸗Herford (D. Vp.), betr. Erhöhung der Ruhegehälter, der Unterstützungen für Lrigsseminariste n und Gewährung höherer
Teuerungszulagen an das Lehrpersonal städtischer höherer Schulen, sowie Gleich⸗ stellung der 1111“ in Gehali⸗ und Teuerungszulagen mit den Staats⸗ beamten. 8
Es folgt der Haushalt der Verwaltung der direkten Steuern und der Ve erwaltz ng der Zölle und indirekten Steuern. In Verbindung damit erfolgt die zweite Beratung des Gese 1A“ wegen Bereit stellung von Gelbme ien für einmalige D111“““ an Beamte usw. Die Vorlage stellt 9Ö10 Millionen Mark für diesen Zweck zur Verfügung. Der Haushaltsausschuß empfiehlt die unver⸗ änderte Annahme mit der Maßgabe, daß die Vorschläge zu berücksichtigen sind, welche die dem Hause zugegangene Denk⸗ schrift für die Verteilung aufgestellt hat. Außerdem soll die Regierung ersucht werden, unverzüglich mit der Reichsregierung in Verhandlungen darüber zu treten, daß den Rentenempfängern bei den Alters⸗, Invaliden⸗, Unfall⸗, Knappschafts⸗ und Pensions⸗ kassen eine den Teuerungsverhältnissen entsprechende einmalige
Teuerungszulage gewährt werde.
Berichterstatter Dr. Schmeddin (Zentr) teilt mit, daß im Ausschusse die sämtlichen Abänderung. anträge abgelehnt worden sind und ein gleiches Schicksal zweisellos auch dem einen heute ein⸗ gebrachten Ablehnungsantrage zuteil geworden wäre, hätte der Aus schuß vorher von seiner Existenz etwas gewußt. Er empfiehlt, den Ausschußantrag, die cb 910 Mellionen Mark und die vom Ausschusse aufgestellten Verterlungsgrundsätze zu genehmigen.
Finanzminister Dr. Südekum: Meine Damen und Herren. die Staatsregierung ist vollkemmen durchdrungen davon, daß sie alles, was in den Kräften unseres Landes steht, tun muß, um die Erhaltung einer leistungsfähigen, einer mit voller Hingabe an ihre schweren Dienstgeschäfte tätigen Beamtenschaft und staatlichen Arbeiterschaft zu gewährleisten. Nachdem einmal die Verhältnisse uns gezwungen habent von dem ursprünglich im vollen Einvernehmen mit diesem hohen Sause eingeschlagenen Wege einer systematischen Verbilligung der Lebens⸗ und Bedarfsartikel abzugehen, haben wir Ihnen den in der Denkschrift und in dem Gesetzentwurf auf Drucksache Nr. 770 ent⸗ haltenen Vorschlag unterbreitet. Er stellt auf der einen Seite das dar, was wir glauben unter den heutigen Verhältnissen geben zu müssen, auf der anderen Seite aber auch das Höchstmaß dessen, was Anträge, die über diesen von uns ge⸗ zogenen Rahmen, dem der Ausschuß gestern abend einstimmig seine Zustimmung behs hat, hinausgehen, bitte ich Sie daher abzulehnen, weil die Annahme solcher Anträge eine schwere Gefährdung für das ganze Werk darstellen würde.
Wollen Sie, bitte, nicht überfehen, daß das Reich inzwischen die nach “ mit der preußischen Staatsregierung fest⸗ gesetzten Sätze für die Beamten bereits ausgezahlt hat und daß, was die Bemessung der Beschaffungszulage fär die Arbeiter anlangt, eine bis jetzt geltende bindende Verabredung zwischen dem Reich und Preußen vorliegt. Auf der einen Seite würden also, wenn es zur Zurückziehung der Vorlage kommen müßte, die preußischen Beamten hinter ihren Kollegen vom Reich noch mehr zurückstehen müssen, auf der anderen Seite wäre das Schicksal der Vorlage für die Arbeiter überhaupt nicht abzusehen.
Der Herr Berichter hat mit Recht bereits darauf hingewiesen, das neben dieser großartigen Hilfe, die der staatlichen Beamten⸗ nnd Arbeiterschaft zuteil wird, die gewaltige Aktion zur Verbilligung der Lebensmittel durch das Reich einherschreitet, eine Aktion, die, wie man annehmen darf, noch viel wirksamer werden wird als die von uns im Juli für die Zeit vom Juli bis Oktober bereits “ Wenn sich das Neich entschließt, bis Mitte Januar nächsten Jahres mehr als 3 Milliarden Mark zur Verbilligung von Lebensmitteln aufzubringen, so wolle man dabei nicht übersehen, daß auf Preußens Anteil davon mindestens ¾ entfallen, das würden also immerhin doch zwischen 1500 und 1800 Millionen sein. Es handelt sich also nicht allein um die Aufbringung von 910 Millionen, sondern dazu ist auch diese andere Summe zu rechnen. Es sind schließlich immer wieder dieselben Zensiten, die diese Mitlel aufbringen müssen (sehr richtig! rechts und bei den Deutschen Demokraten), und über eine gewisse Grenze kann auch diese Belastung im Interesse der staatlichen Beamten und der staatlichen Arbeiter nicht hinausgetrieben werden.
Ich möchte Sie bei dieser Gelegenheit übrigens darauf aufmerksam machen, daß wir vielleicht zum letzten Male die Möglichkeit vor uns haben, eine so große Aktion auf Anleihe zu unternehmen. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.) Wenn nach dem Uebergang der Staatssteuern und der Staatssteuerverwaltung auf das Reich wir
demnächst auch dazu übergehen müssen, mit dem Reich eine Aus⸗ einandersetzung über die Staatsschulden zu pflegen, dürfen mir hoffen, daß die preußischen Staatsschulden bei der Eisenbahnübergabe vollständig abgebürdet werden. Es wird dann aber in Zukunft die Aufgabe der Landesversammlung wie der Staatsregierung sein, ein neues Anwachsen von Schulden unmöglich zu machen, was schon deshalb notwendig ist, weil ja wohl einem Staat, der kein Steuerhoheitsrecht, der keine Eisenbahnen mehr hat, niemand mehr etwas borgen wird. 8 (Sehr richtig! rechts und bei den Deutschen Demokraten.) Ich sage deshalb: vielleicht ist manchem in diesem Saal, jedenfalls in unserem Volke draußen doch nicht recht klar geworden, welches große Opfer Preußen bringen mußte, als es seine staatliche Steuerhoheit aufgab, und daß auch daraus für die kommende Politik der preußischen Landesversammlung ganz wichtige und ernste Konsequenzen ersprießen. (Sehr richtig! rechts und bei den Deutschen Demokraten.)
8