töricht halten würde, und das glaube ich auch. Die Herren sind doch zu klug dazu, um nicht zu wissen, daß zurzeit eine Gegenrevolution in Deutschland absolut keinen Erfolg haben kann. Trotzdem bin ich dafür eingetreten, daß der Graf von der Goltz aus dem Baltikum abberufen wird. Es scheint mir das notwendig zu sein wegen des Mißtrauens, das fast allgemein in Deutschland gegen ihn nun einmal vorhanden ist (Widerspruch rechts. — Sehr wahr! bei den Sozial⸗ demokraten), und weil er mir nach den Vorgängen, die sich zwischen englischen und deutschen Offizieren abgespielt haben, nicht der geeignete Verhandlungsführer bei den außerordentlich schwierigen Verhältnissen zu sein scheint, die wir bei der Räumung des Baltikums bekommen werden. Ich gebe zu, daß der Graf von der Goltz schließlich gewissen Führern gegenüber ein Maß von Autorität hat, das ein anderer General sich erst erwerben muß. Denn das ist bekannt — und die Herren, die auf der Eisenbahn nach dem Osten zu fahren, wissen ja — daß dort Offiziere in der Eisenbahn Redensarten führen über ihre Stellung der Regierung gegenüber, auf deren Befehle sie pfeifen würden, wie sie sagen. Das sind Erscheinungen, die man früher beim Heere nicht gekannt hat, die aber der Krieg mit sich gebracht hat. Wer mit den Herren verhandelt, stößt oft auf ganz merkwürdige Auf⸗ fassungen. Mir haben Offiziere aus dem Baltikum gesagt: warum sollen wir eigentlich herausgehen? Es kann uns doch kein Mensch heraustreiben; die Entente hat auch nicht die militärischen Macht⸗ mittel dazu, uns herauszuholen. Man muß diesen Leuten dann klar⸗ zumachen versuchen, daß sie aus dem Baltikum, ganz abgesehen von der Frage des Selbstbestimmungsrechts der Völker, schon deshalb heraus müssen, weil wir den Krieg im Westen verloren haben, weil unser Heer im Westen diese schwere Niederlage erlitten hat, und daß das auch unbedingt seine Konsequenzen für den Osten haben muß, ganz egal, wie der einzelne zu der Frage des Selbstbestimmungsrechts steht. Das Entscheidende ist aber: wir haben nach dem Friedensvertrag in den Gegenden dort absolut nichts zu suchen.
Nun wird im Auslande zur Diskreditierung unserer Politik immer wieder darauf hingewiesen, daß sich die Zahl der Truppen dort vermehre. Der Herr Reichswehrminister hat schon hervorgehoben, daß in bezug auf einzelne Truppenteile Ersatz notwendig gewesen ist. Aber ich möchte vor allen Dingen darauf hinweisen, daß sich die Truppen auch um deswillen dort vermehren, weil tatsächlich — und zwar bis aus süddeutschen Garnisonen heraus — einzelne Soldaten mit Sack und Pack davonlaufen, um nach dem Baltikum zu gehen. Mit gefälschten Urlaubsscheinen gehen sie zum Teil auf die Reise dorthin. Es sind das zum Teil Leute — der Herr Reichskanzler hat von Baltenromantik gesprochen —, die man als Abenteurer bezeichnen
kann. (Zuruf bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) — Ja, zum Teil! Aber auch Leute, die gar nicht von Werbebureaus angeworben sind, Leute, die ein Wallenstein⸗Lagerleben dort führen wollen. Es ist eine ganz falsche Auffassung, als ob die Truppen im Baltikum darauf brennen, den Kampf gegen die Bolschewiki zu führen. Fällt ihnen gar nicht ein! Ein Leben in der Etappe wollen sie führen, Land wollen sie enwverben. Das ist bei einem großen Teil der Truppen maß⸗ gebend. Allerdings sind auch einzelne Offiziere dabei, die sich in eine Kreuzfahrerstimmung hineingelebt haben und glauben, besondere Menschheitsinteressen dort oben zu vertreten. Sie haben den Aufruf gelesen, der von der deutschen Legion und anderen Freikorps erlassen worden ist, wo diese Herren sich in einem Aufrufe nicht nur an dos deutsche Volk, sondern an alle Kulturvölker der Erde als die Hüter der Menschlichkeit hinstellen. Diese politischen Kindereien wären zum Lachen, wenn nicht die Existenz des deutschen Volkes auf dem Spiele stände (sehr wahr! bei den Sozialdemokraten); denn ich möchte den Mann in Europa sehen, der ausgerechnet die Truppen, die aus dem Baltikum nicht herausgehen wollen, als die Hüter der Menschlichkeit und als die Vertreter der gesamten europäischen Mensch⸗ lichkeit ansieht! (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Nun möchte ich bei der Gelegenheit noch einige Bemerkungen über das machen, was Herr Dr. Cohn über unsere Stellung zu den Russen gesagt hat und über das Auftreten russischer Regierungs⸗ emissäre auf deutschem Boden. Ich möchte zunächst auch hier er⸗ klären, daß ich bald nach meinem Amtsantritt, im Juli bereits, als die Auffassung der Regierung nach dem Baltikum hinausgedrahtet habe, daß in keiner Weise der Uebertritt deutscher Soldaten zu den russischen Formationen gefördert werden darf. Ich gebe zu, daß das trotzdem geschehen ist. Das liegt wieder an der Demoralisation und Disziplin⸗ losigkeit, unter der wir zu leiden haben.
Aber der Herr Abg. Cohn hat hier darauf hingewiesen, daß diese betreffenden russischen Kreise, die die Werbung fördern, mit der eng⸗ lischen Militärmission in Zusammenhang stehen. Mir ist das im einzelnen nicht bekannt; ich habe auch keine Ueberwachungsmöglichkeit, was diesen Verkehr der englischen Militärmission mit den Russen anlangt. Aber das eine kann ich hier sagen: daß auch zu uns auf der Hintertreppe fortwährend Leute kommen, die uns mitteilen, daß es die Ententeregierungen eigentlich sehr gern sehen würden, wenn die deutschen Truppen unter russischer Flogge dort oben blieben. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Das wird mir fortwährend indirekt zu suggerieren versuht, und ich weiß, daß das auch den Truppen dort oben suggeriert wird. Wenn jetzt die Entente Front gegen uns macht und von uns verlangt, daß wir den letzten deutschen Soldaten aus diesen russischen Formationen herausziehen, so hege ich die Hoffnung, baß die alliierten Regierungen das vor allen Dingen auch den Russen sagen, die fortwährerd bemüht sind, die Deutschen dort an sich zu fesseln. Ich habe übrigens immer persönlich die Auffassung vertreten, daß schließlich die alliierten Regierungen es nicht gern sehen, wenn dort in großem Maßstabe deutsche Truppen unter russischer Flagge bleiben. Meine Auffassung ist durch die Antwort der Entente vom 28. September bestätigt worden, und ich kann weiter mitteilen, daß
inzwischen, wie mir bekannt geworden ist, auch die litauische Re⸗
gierung von den alliierten Regierungen die Aufforderung erhalten hat.
die deutschen Offiziere bis zum 20. Oktober zu entlassen, so daß also auf diesem Wege nach demselben Ziele gestrebt wird.
Dann hat der Herr Abg. Dr. Cohn allerhand von den Affären erzählt die sich in den letzten Tagen zwischen einer sogenannten west⸗ russischen Regierung und einem Herrn abgespielt haben, der diese Regierung hineingelegt hat, insofern er einen Vertrag, angeblich im Auftrage eines amerikanischen Bankhauses, abgeschlossen hat. Meine Herren, mir ist amtlich von all diesen Dingen nichts bekannt; sie gehen mich auch nichts an. Ich habe auch keine Finanzlockspitzel zur Verfügung wie die Unabhängige Sozialdemokratie, um auf diesem Wege festzusteller, ob da eine Regierung vorhanden ist und in Berlin Emissäre hat, die bereit wären, solche Finanäverträge abzus hließen.
Solf sich abgespielt hat.
Ich weiß auch nicht, was in der Wohnung des früheren Staatssekretärs Er war mein Vorvorgänger. Er hat mir die Wohnungsschlüssel nicht übergeben, als er die Wohnung vperließ. Aber ich bin jetzt auch gezwungen gewesen, eine Wohnung aufzugeben, und ich fürchte auch, daß ich noch dafür verantwortlich gemacht werde, was in der Wohnung eventuell einmal passiert. (Heiterkeit.) Ich weiß auch nicht, ob der Herr Staatssekretär Solf zurzeit hier in Berlin ist. Soviel ich weiß, ist das nicht der Fall; er müßte in den letzten Tagen erst zurückgekommen sein.
Also wie man die Regierung irgendwie dafür verantwortlich machen kann, was hier geschehen sein soll, ist mir zunächst unerfindlich. In bezug auf diese Regierung und in bezug auf die anderen Re⸗ gierungen, die dabei in Betracht kommen, will ich nur das eine fest⸗ stellen, daß ich irgendwelche russischen Regierungen nicht anerkannt habe. Bestreben vorhanden ist, sich als Vertreter einer solchen Regierung aufzutun. Ich weiß, daß z. B. hier vor kurzem in einer Druckerei Flugblätter für eine nordwest⸗, südwest⸗ oder sonstige russische Re⸗ gierung gedruckt werden sollten, und daß die Druckerei das nur tun wollte, wenn das Auswärtige Amt das Plazet dazu gab. Ich habe das natürlich abgelehnt, weil ich solche russischen Regierungen einfach nicht kenne. Wir haben diese Regierungen nicht anerkannt, wir haben nicht mit ihnen verhandelt, sondern es sind wieder die alliierten und assoziierten Regierungen, die mit einer oder der anderen Regierung in Verhandlung stehen und sie benutzen.
Ich habe auch, was an mir liegt, getan, um darauf hinzuwirken, daß die Werbungen für die russische Armee hier unterhleiben. Ich habe, um ein einziges Beispiel zu nennen, bereits am 6. September beim Ministerium des Innern beantragt, daß durch den zuständigen Polizeipräsidenten der ungarische Husarenoffizier Graf Normann aus⸗ gewiesen werde, der fortwährend Oesterreicher für die Russen ge⸗ worben hat. Es haben Haussuchungen stattgefunden, wie man mir mitgeteilt hat. Die Berhandlungen schweben. Ausweisung bisher nicht erfolgt. Aber ich kann von mir sagen, daß ich jedenfalls jede Gemeinschaft mit den reaktionären und konterrevo⸗ lutionären Kreisen Rußlands weit von mir weise und mich auch in meinen amtlichen Handlungen danach gerichtet habe.
Nun möchte ich in diesem Zusammenhang noch einige Bemerkungen über eine durchaus falsche Auffassung machen, die in Frankreich ver⸗ breitet ist und in den letzten Tagen auch in einem Artikel des „Journal des Débats“ Eingang gefunden hat. Dort wurde uns vorgeworfen, daß wir für diese östlichen Gebiete einen Reichskommissar ernannt hätten, und zwar einen Freiherrn von Maltzahn. Ich stelle demgegen⸗ über fest, daß der Freiherr von Maltzahn in den dortigen Gebieten keinerlei Regierungsbefugnisse ausübt, daß er weiter nichts zu tun hat, als in Uebereinstimmung mit mir und als Beauftragter des Aus⸗ wärtigen Amts dort die Auffassung der Regierung zu vertreten im Zusammenhang mit der Räumung, die durch Anordnung der Militärs zu erfolgen hat, und daß er weiter die Verbindung mit den dortigen Randstaaten zu pflegen hat. Er hat aber sich in keiner Weise in die inneren Angelegenheiten eines dieser Randstaaten einzumischen. Das kann jederzeit eruiert werden, auch durch Nachfrage bei den Re⸗ gierungen, zu denen in besonderer Mission Herr von Maltzahn von
uns geschickt ist, bei der lettischen und bei der estnischen.
Allerdings kommt für uns hier noch ein Frage in Betracht, über die wir nicht kurz hinweggehen dürfen, wenn von den deutschen Inter⸗ essen im Baltikum die Rede ist. Es ist zu befürchten, daß, wenn jetzt endgültig die deutschen Truppen aus dem Baltikum zurückgezogen werden, vielleicht ein Rückstrom von etwa 170 000 Reichsdeutschen nach der Reichsgrenze zu erfolgt. Das ist etwas, was wir zurzeit kaum ertragen können. Ich habe auch deshalb bereits am 25. Sep⸗ tember die alliierten Regierungen darauf aufmerksam machen lassen, daß, wenn die deutschen Truppen aus dem Baltikum zurückgezogen werden, die Ententeregierungen den Schutz dieser Reichsdeutschen, die schon vor dem Kriege im Baltikum gewohnt haben, zu übernehmen haben; denn wir sind in Deutschland nicht in der Lage, diese 170 000
Menschen angesichts der Verhältnisse, die wir in Deutschland haben,
noch zu behausen und zu verpflegen. Es ist bedauerlich, daß mit dieser
Gesahr gerechnet werden muß, daß der größte Teil der Reichsdeutschen
schließlich aus dem Baltikum heraus muß. Aber das mögen sich die zuschreiben, die immer dafür eingetreten sind, daß die deutschen Truppen dort bleiben, die mit ihrer Hetzpresse die Leute aufgestachelt haben und die zur Vergiftung der Beziehungen zwischen den Randstaaten und Deutschland beigetragen haben.
Ich kann jedenfalls sagen, daß ich in der Zeit, in der ich im Amt bin, ein ungeheures Arbeitsmaß wegen der Verhältnisse im Baltikum verschwenden mußte, wo ja fast kein Tag vergeht, wo nvht
aus Litauen oder aus Lettland irgendeine Beschwerde über einen Uebergriff kommt. Schon diese unerquickliche Tätigkeit, die ich in den
letzten Monaten entfalten mußte, ist mir ein Stachel, dafür zu sorgen, daß endlich diese Verhältnisse bereinigt werden.
Auch aus diesem Grunde haben wir bereits, nicht erst jetzt, als die Note gekommen ist, sondern in der Kabinettssitzung vom 5. Sep⸗ tember beschlossen, daß den Truppen die Sperrung der Versorgungs⸗ ansprüche und der Löhnung angedroht wird. Wenn es trotzdem jetzt zum äußersten kommen sollte, wenn die Drohung der Entente wahr gemacht werden sollte, so ist das nicht unsere Schuld, sondern Schuld derjenigen, die nicht früher auf das gehört haben, was insbesondere von der Regierung gesagt worden ist. Die Presse ist daran nicht ganz unschuldig. Ich habe bedauert, daß auch gestern der Abgeordnete Stresemann sich gegen die Ausführungen des Herrn Reichskanzlers gewandt hat, die sich auf diese Sorte Presse bezogen. Es hat mir beinahe körperlich weh getan, daß der Abgeordnete Stresemann in diesem Zusammenhange Freiligrath zitierte und von dem Geist ge⸗ sprochen hat, den man nicht töten kann. Denn wenn in dieser Art Erzeugnisse von Geist etwas zu spüren ist, könnte man es höchstens zurückführen auf den Weingeist, unter dessen Einfluß sie geschrieben worden sind. (Oh, ohl rechts.) Ich hoffe, daß die Truppen dort oben die kühle Ueberlegung wiederfinden und auf den Weg der Pflicht zurückkommen werden, daß auch in den Freikorps, deren Führer zur⸗ zeit noch den Geist der Widerspenstigkeit pflegen, die Mannschaften allmählich den gesunden Sinn wiederbekommen und begreifen, was für das gesamte deutsche Volk auf dem Spiele steht. Denn darüber wollen wir uns klar sein: Das, was wir dort oben erleben, ist hoffent⸗ lich das letzte Wiederaufleben des militaristischen Geistes, unter dem wir so viel gelitten haben (ach, ach! rechts), dieses militaristischen Geistes, der auf seine Macht, und zwar seine angebliche Macht, pocht und auf das Recht pfeift. Wir aber, die wir den Standpunkt des
Ich weiß allerdings, daß trotzdem bei ein elnen Leuten das
Jedenfalls ist diese
1
Rechts vertreten, wollen alles tun, damit sich das Recht auch dur setzt, und da kann unsere Parole für den letzten deutschen Soldag nur sein: Heraus aus dem Baltikum, so schleunigst wie mögl heraus! (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.)
985. Sitzung vom 10. Oktober 191i9. (Bericht des Nachrichtenbüros des Veveins deutscher Zeitungsvereg Am Regierungstische: der berger. 8 Präsident hr. I 3 Auf der Tagesordnung stehen zunächst Anfragen. Abg. Dr. Heinze (D. Vp.) fragt angesichts der wiederkehrem Kassendiebstahe bei militarischen und sonstigen amtlichen Kassen, der vargeldiose Verkehr auch hei amtlichen und militarischen Kassen e geführt ist oder unverzüglich Anweisung dazu erteilt werden soll. Ein Vertreter des Reichswehrministeriums
Fehrenbach eröffnet die Sitzung ue 1 ½¼
eingehend dar, mmwieweit von dem bargeldlosen Verkehr seitens Kassen Gebrauch gemacht wird, und perliest einige Verfügungen
Reichswehrministeriums, in denen den Kassen der bargeldlose Ver mit den Lieferanten, Handwerkern usw. empfohlen wird. Aog. Dr. Oberfohren (dnat.) fragt an, ob nicht angesit der steigenden Koh.ennot endlich die zahlreichen Wassermühlen mit’ Energie, namentlich in Schleswig⸗Holstein, beschäftigt wem önnten.
Als Vertreter des Reichswirtschaftsministers erwidert der Und
staatssekretär Peters, daß die Reichsgetreidestelle die Wassermuh für den Anschluß an ihre Organisation vorzugsweise berüchsichtige, dar Kohlen für andere Betriebe frei werden. Von den angeschlosse Mühlen seien zwei Drittel Wassermühlen, ein Drittel reine Damg mühen. Im neuen Wirtschaftsjahr würden die Wassermühlen vorzugt beliefert werden, außerdem seien 27 Wassermühlen neu anf schlossen worden. Die Wassermühlen hätten meist keine Bahnanschlt und seien von Trockenheit und Eis abhängig. Die Einlagerung Getreide auf den Wassermühlen bedeute also eine Zersplitterung Vorräte. Bei den Wassermühlen könne auf ꝛegelmaßige Lieferung nicht gerechnet werden, so daß vielleicht die Bestände der Reichsgetre stelle für die Ernährung der Bevörkerung nicht schnell genug nutz gemacht werden könnten. Cin Teil der Mühlen sei den Anforderung an technische Einrichtungen nicht gewachsen. Aus Schleswig⸗Holst lägen sechs Anträge von Mühlen auf Beschäftigung vor, eine derselt sei bereits angeschlossen, bei den übrigen schweben noch Verhandlung Abg. Schiele (dnat.) fragt an, weiche Maßregeln die Regiem e hat, um Sühne für die Ermordung der deukschen Frau Bie aus MMainz durch einen farbigen französischen Soldaten zu erlang die Ermittlun en seien. n. fragen an,
Ein Regierungsvertreter erwidert, def über den Fall im Gange, aber noch nicht abgeschlo Die Abgg. Dr. Mittebmann (dnat.) und
die Regierung die Vergütung der Postagenten entsprechend der Teuer
erhöhen wolle. 1 1 Ein Vertreter der Reichspostverwaltung mo⸗ nähere Mitteilungen über die Art und Höhe der Vergün der Postazenten. Im 1918 seien diesen dreimal malige Zulagen gewährt worden, femer im September 1910 außerordentliche einmalige Beschaffungshilfe in Höhe von Neuntel des Jahresbetrags der Kriegszulagen und ein Neuntel Jahresbetrages für jedes Kind. Im laufenden Fbat sen 423 500 dafür ausgeworfen, deren Verteilung in die Wege geleitet sei. . Jahr 88 1Henne sns 139 angefordert werden, um gütung Postagenten hinaufzusetzen. Auf eine Anfrage des Abg. Schmidthals (Dem.) betreffend Brennholzversorgung gibt 1. Geheimrat Heinitz eine Darlegung über mehrere Verordnung durch die der Brennholzanfall eine bedeutende Steigerung erfahren Die Bestrebungen der Landesvegierung, den Verbrauchern das Bre holz zu angemessenen Preisen zugänglich zu machen und dem Wuk entgegenzuarbeiten, werden von der Reichsregierung unterstützt. Eme werde erwogen, die größeren Waldbesitzer, und zwar Staats⸗ Gemein und Privatbesitzer, zu verpflichten, den Stadt⸗ und Landgemeinden in halb bestimmter Holbgeninnungsgebiese Brennholz zu angemessen Preisen freihändig zu überlassen. Diese Freihandabgabe biete den zelnen Landesregierungen, soweit Staatswaldungen in Frage komm keine Schwißricgeiten hnh könne 132 in solchen mit größter 8 schleunigung zur Durchführung gelangen. 8 Auf eine Anfrage des Abg. Beuermann (D. Vp.) über Wohnungsnot und die Unterbringung landfremder Russen und ande Ostländler bei uns erklärt I1I“ Geheimrat Dr. Glaß als Vertreter des Reichsarbeitsminsste die Gemeinden und. Gemeindeverbände hätten auf Grund mehrfe Verordnungen Deutschen, die unter den Einwirkungen des Krieges! dem Ausland oder aus einem vom Feinde besetzten oder infolge Friedensschlusses aus dem Reichsgebiet ausscheidenden oder einer ande Verwaltung unterstehenden Landesteile flüchtet sind oder vertrie wurden, den Zuzug zu gestatten. Hierdurch werde diesen deutschen Vo genossen eine vorzugsweise Behandlung bei der chaffung von räumen gegenüber anderen aus den Oststaaten ommenden Perso gesichert. Im übrigen könnten die Gemeinden ermshict wesene Abschluß von Mietverträgen von der Genehmigung des Mieteinigun amtes abhängig zu machen. Dadurch könne den fremdländischen wandevern der Zugug tatlächlich unmöglich gemacht werden. Bei inneren Schwierigkeiten Deutschlands müsse zurzeit jede Einwander nach Deutschland vermieden werden. Die Einveise nach Deutsch über die Ostgrenze sei durch entsprechende Paßvorschriften geregelt. Darauf wird die politische Besprechung. gesetzt, inzwischen am Regierungstisch noch der Rei—t kanzler Bauer und die Reichsminister Dr. Bell und K.
erschienen. .
sc cg⸗ Bolz (Zentr.): Wenn Abgeordneter Traub ausgespre hat, das deutsche Volk sei niemals mehr als jetzt belogen worden kommt er ziemeich spät erst zu dieser Erkenntnis. (Sehr gut!)F gelogen hat und was gelogen wurde, das sollen die Kommissionen, mit der Untersuckung der Akten und des ganzen Materials beit worden sind, uns zeigen. Auch wir wünschen daß diese Untersuc frei von jeder parteipolitischen Tend nz bleibe. Wichtiger als Untersuchung über die Lügen der Vergongenheit ist aber die U suchung über die gegenwärtige Arbeit. Es handelt ich da um die Fragen: Hat die Regierung ein Programm, geht die Regierung richtigen Weg und hat sie die Kraft, ihr Ziel zu erreichen? Opposition verneint diese Fragen. Die Kritik der Linken war übe dürftig, sie war zum größten Teil eine Parteiauseinandersetzung der Mehrheitssozialdemokratie. Den Belagerungszustand für Be können wir leider noch nicht missen. Mit der Opposition der Rech stimmen wir insofern über in, as auch wir Ruhe und Ordnung sche wollen. Den Vorwurf der Rechten, die Regierung habe kein . Programm, können wir nicht teilen. Die Regierung verfolat Programm: Herbeiführung staatlicher, wirtschaftlicher und finant Ordnung. Besonders Neues hat die ganze Debatte bisher nicht boten, in der auswärticen Politik stand die baltische Frane im Vo grund; die Opposition kann aber auch da nicht bestreiten, doß Regierung auf dem rechten Wege ist, wenn sie den schleunigen9 zug der Truppen verlangt. Wenn die Soziald mokratie auf die ziehungen der deutschen Arbeiterorganisationen zu denen des Ausla besonders hinweist, so überschätzen wir die Bedeutung einer derat internationaen Verbindung nicht, wir hüten uns aber auch. unterschätzen. Ein starker Nationalismus läßt sich mit diesen nationalen Ideen sehr wohl ve reinbaren, gefährlich ist nur ein -
ionalismus. Auch wir erlauben uns, Kritik an einzelnen ständen in der Regierung zu üben. Auch wir stehen auf dem G punkt, daß die Revolution ein Unglück wer, sie wäre aber nicht ml
Reichsfinanzminister Erz
gewesen, ohne den militärischen Zusammenbruch, wenn sie auch keine absolut notwendige Fo gerung dieses Zusammenbruches gewesen sein mag. Die Zentrumspartei ist, wie Graf Posadowsky richtig sagte, stets eine Autorikätspartei gewesen, sie hat keine Rvolution gemacht, aber Graf Posadowsky machte uns zum Vorwurf, daß das Zentrum zu leicht und zu rasch mit der Revolution sich abgefunden habe. Ja, wie lange hätten wir warten sollen? Die Revolution läßt nicht lange Zeit
i Ueoerlegung. Daß wir uns leicht abgefunden hätten, ist nicht richtig. Als Partei haben wir keinen Grund, auf die Monarchie zu schimpfen und die Revolution zu loben. Die Monarchie ist ohne unser Zutun zusammengebrochen, ihre Wiederaufrichtung ist unmög ich. Wenn die Politik die Kunst des Exreichbaren ist, dann hat die jetzige Regie⸗ rung große Verdienste erreicht. Die Republik ist jet durch die Ver⸗ fassung festgelegt, und wir stehen auf dem Boden der Verfassung. Dann macht man der jetzigen Regierung den Vorwurf, das parlamentarische System als solches tauge nichts, und die jetzige Koalitionsregierung sei doch eine ganz merkwürdige Genossenschaft. Von dem Standpunkt, daß die Regierung ein Ordnungsprogramm verfolgt, tut man ihr Unrecht. Die Parteien, die in der R.gierung vertreten sind, können nicht ein⸗ seitige Parteipolitik treiben, sie müssen verzichten und sich auf das beschränken, was in der jetzigen Situation erreichbar ist. Abgeordneter Stresemann machte der Regierung zum Vorwurf, daß zuwiel Politiker als Beamte untergebracht würden. Der Vorwurf mag teilweise be⸗
rechtigt, teitweise auch mit der Ueber angspeit 2 entschudigen sein. Im rdne
allgemeinen können wir uns dem ten Stresemann nur an⸗ schließen. Das parlamentarische System soll sich im wesentlichen auf parlamentarische Minister beschränken, im übrigen müssen wir fachlich vorgebildete, politisch unabhängige Beamte behalten. (Sehr richtig!) Dann soll die Regierung keine Autorität besitzen, und Abgeordneter Traub hat de ugefüat⸗ daß die Regierung auch keine Autorität ver⸗ diene, weil sie nichts geleistet habe. Ich meine, die jetzige Regierung verdient sehr wohl Autorität, da sie die Staatseinrichtungen schützt, im übrigen sind wir erst auf dem Wege dazu, die Autorität wieder her⸗ zustellen, bedauerlich ist es, daß die Opposition sich bemüht, diese Ent⸗ wicklung zu hemmen und zu untergraben. (Sehr richtig!) Angesichts des bevorstehenden Winters ermahne ich die Rechte, der Regierung nicht in der bish rigen Weise entgegenzuarbeiten. Wir dürften vor neuen großen Schwierigkeiten stehen. Auch der Friedensabschluß dürfte als eine Leistung der Regierung angesehen werde n, um derentwillen die Regierung ein gewisses Vertrauen verdient. Wir alle haben keine Freude an diesem Friedensvertrag, und wünschen, daß er möglichst bald sorrigiert werde, die Unterzeichnung war aber notwendig, und die Uebemahme der Verantwortung war eine Tat, die der Regierung die Anerkennung des Volkes sichern sollte. Dann war aber auch die Verfassung ein Werk, das manches Gute und Fortschrittliche in sich birgt. Nun ist die Regierung dabei, die Finanzreform zu schaffen, die geeignet ist, uns weitere haaeöcöss x aat zu ersparen. Alle diese Arbeiten stellen eine gewaltige Leistung dar, wenn auch noch viel fehlt. Ein großer Irrtum ist
aber, wenn man annimmt, daß einzig und allein die Fornarhhe die Möglichkeit zur Besserung und zur Ordnung biete. Abgeordneter Scheidemann hält die Vorlage über die Betriebsräte für das Mindeste, was seine Partei fordern müsse. Das Zentrum meint, daß eine neue Arbeitsordnung für unsere Wirtschaft notwendig ist und daß der Arbeiterschaft die Möglichkeit gegeben werden muß, ihre Interessen, Ansichten und Wünsche an richtiger Stelle zum Aus⸗ druck zu bringen, doch glauben wir, daß das Gesetz dieses Ziel nicht erreicken wird. Die Ausführungen des Reichskanzlers über das Wirtschaftsprogramm kann ich nur billigen. Das Schiedsgericht ist zu billigen, aber nicht ein öffentlich⸗rechtlicher Frheitsemah ein solcker Zwang ist aber notwendig gegen den Terror, der die rheits⸗ willigen an der Arbeit hindert. Die Wiedereinführung der Akkord⸗ arbeit ist nicht zu umgehen. Ein Weg, den Arbeiter an seiner Arbeit zu interessieren, ist z. B. der, daß für Reparaturarbeiten bestimmte Arbeitsstunden festgesetzt werden und daß jede ersparte Arbeitsstunde dem Arbeiter zugute kommt. Eine wichtige Aufgabe ist die Preis⸗ politik. Es ist geäußert worden, daß unsere Preise dem Weltmarkt⸗ preis angepaßt werden. Die Folgen haben wir leider bei der Leder⸗ wirtschaft gesehen. Es fragt sich, ob der freie Handel imstande ist, alle die Waren einzuführen, die wir für unseren Lebensunterhalt brauchen. Ohne einen gewissen Zwang geht es nicht. Die Einfuhr müssen wir auf die notwendigen Waren beschränken. Unsere Bauern sind aufs äußerste erregt über die vielen Schikanen und Bestrafungen.
Sch bin auch dafür, daß die Zwangswirtschaft, sobald es möglich ist,
abgebaut werden soll, aber die einsichtigen Bauern sagen selbst, daß zurzeit an eine Aufhebung der Zwangswirtschaft noch nicht zu denken ist. Auf eine gewisse Zufuhr von Lebensmitteln aus dem Aus⸗ land dürfen wir hoffen; damit fallen alle bisherigen statistischen Grundlagen für die Verteilung der Lebensmittel. Es wird möglich sein, jetzt ein gewisses Quantum an Lebensmitteln zu sichern und doch den Bauern noch genügend für die eigene Bewirtschaftung zu lassen. Unverständlich ist es dem Bauer, daß er an einen bestimmten Fec. preis für Roggen und Weizen usw. gebunden ist, im freien Handel aber sehr viel höhere Preise erzielt werden. Auch die Preisverhält⸗ nisse beim Vieh sind für den Bauern nicht erträglich. Daß der Ge⸗ winn aus dem Handel mit Häuten zwischen Staat und Ge⸗ meinde geteilt werden soll, der Bauer aber nicht daran beteiligt werden soll, ist unverständlich. Das Wort vom Staatsbankerott wird vielfach ohne jedes Bedenken nachgesprochen; ich halte einen Staatsbankerott einfach für unmöglich; der wirklich Betrogene würde der sein, der im Kriege dem Staate sein Geld zur Verfügung gestellt hat. Der Staatsbankerott darf nicht kommen und kann nicht kommen; deshalb müssen wir alle an der Finanzreform mitarbeiten. Gegen das Reichsnotopfer wird agitiert, und dafür wird eine Zwangs⸗ anleihe oder eine große Vermögenssteuer vorgeschlagen. Ich sehe nicht ein, worin der Vorteil dieser Vorschläge liegen soll. Dem Steuerzabler ist es ganz gleich, in welcher Form er die Steuer bezahlt. Die Notwendigkeit eines großen Vermögensopfers ist gar nicht zu umgehen, da wir durch laufende Steuern die großen Schuldenlasten nicht tragen können. Ich kann nicht verstehen, daß man in dem vor⸗ liegenden Etat diesen oder jenen Ausoabeposten noch erhöhen will; die Not zwingt uns dazu, jeden überflüssigen Posten im Etat zu be⸗ seitigen und kann uns sogar dahin bringen, Ausgaben für wohltätige und wissensckaftliche Zwecke mit Gewalt zu unterdrücken. Wir können nur mühsam und langsam wieder aufbauen. Der Etat für das nächste Jahr muß schon bei den Vorarbeiten ganz anders aufgestellt werden. Die politische Aussprache hat im ganzen die Tätigkeit der Regierung und ihr Programm anerkannt. Es ist der Regierung gelungen, all⸗ mählich wieder die Ordnung herbeizuführen, aber niemand kann wissen, was noch kommt. Das Volk soll immer die volle Wahrheit erfabren und dadurch zur Mitarbeit und zur Selbstbesinnung erzogen werden. Jeder muß mithelfen, unser Volk wieder aus dem Elend herauszuführen (Beifall im Zentrum.)
Abg, Henke (U. Soz.): Der Herr Reichswehrminister Noske hat durch die Tonart, die er uns gegenüber angeschlagen hat, bewiesen, daß er aus der Geschichte nichts gelernt hat. Von unseren ehemaligen Parteigenossen trennt uns eine Weltanschauung, eine verschiedene Auf⸗ fassun über das, was man die organische Entwicklung nennt, die ohne Umwälzung vor sich geht. Diese Auffassung ist auf den Parteitagen abgesehnt worden. Herr Meerfeld scheint in der ganzen Zeit geschlafen zu haben. Die Auffassung der radikalen Sozialdemokratie über den Gang der Geschichte hat Recht gehabt. Herr Noske meint, mit brutaler Gewalt Ideen töten zu können. Die Beweise, welche Rolle Herr Noske dabej spielt, sparen wir uns sas später auf. Nach dem Osten ist tatsächlich sehr viel Kriegsmaterial ausgeführt worden. Wenn es nicht Ffisten durch die Regierung geschehen ist, so ist es doch mit Genehmigung des Ausfuhrkommissars geschehen. Die „Freiheit“ liegt. Herrn Noske natürlich sehr im Magen; das ist begreiflich. Es ist das einzige Blatt, das Licht in manche dunkle Ge⸗ schichte bringt. Herr Noske ist von der Geschichte eigentlich schon erledigt. er ist nun einmal eine der Figuven im deutschen
damit? Die Sbhwerindustrie und
.
Panoptikum, und deshalb muß man sich mit ihm beschäftigen. Es ehrt die „Freiheit“, wenn sie von Heirn Noske gehaßt und verboten wird. Wenn die ,Freiheit“ verboten ist, weil sie „durch fortgesetzte lügenhafte Behauptungen Unruhe in die Bevölkerung zu tragen ver⸗ sucht hat“, warum hat Herr Noske dann nicht die Blätter verboten, die fortgesetzt durch Lügen über kommunistische Unruhen in Halle, Braunschweig usw. das Volk beunruhigt haben? (Sehr richtig! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Die „Freiheit“ will dem Klassenkampf nüͤtzen und die Politik des Herrn Noske bekämpfen, sie will den Sozialismus zur Wahrheit machen. Wie kann Herr Noske die Stirn haben, zu bestreiten, daß es „Mörder⸗Zentralen“ in Deutsch⸗ land gibt? Das ist schamlos. (Vizepräsident Löbe erklärt, daß diese Bemerkungen der Ordnung des Hauses widersprechen.) Wir wissen, daß hinter den Mördern von Rosa Luxemburg und Liebknecht und hinter dem Mann, der auf Haase geschossen haß, andere stehen. Die Flucht der Mörder beweist das 5 Wie kann Herr Noske die Stirn haben, einige geflohene Schutzhäftlinge mit diesen geflohenen Mördern zu vergleichen? (Vizepräsident Löbe ruft den Redner wegen einer im Zusammenhang hiermit getanen Aeußerung zur Hrdannt.) Eine Einigun swischen uns und den Arbeitern, die dHinter den Me ö“ ehen, ist wohl möglich, aber eine Einigung mit Noske? fui Deubel! (Zuruf rechts.) Herr Abgeordneter Kahl, die parlamentarische deutsche Sprache ist eine natürliche Sprache, es ist hetgenig deutlich zu sprechen. (Sehr wahr! bei den Unah⸗ hängigen Sozia demokraten.) Ich frage die Rechtssozialisten, ob sie das Verbot der „Freiheit“ billigen. Sie schweigen. (Lachen bei den Sozialdemokraten. Ruf: Was haben Sie in Bremen gemacht?) Ich habe niemals eine Zeitung verboten. Wer die Feigheit hat, das zu behaupten, komme hierher! Wenn man die Bewaffnung der Krieger⸗ vereine und der Einwohnerwehren zusammenzählt, dann haben wir weit mehr Soldaten, als Crispin behauptet hat. Und man sehe sich nur die Richtlinien an, die für 8 Leute aufgestellt sind. Dann weiß man, daß die Leute für den Kapitalismus und die Monarchie bewaffnet werden. (Abg. Dr. Kahl dnat.]: Werden Sie doch Auf⸗ sichtsrat bei der Entente! Anderer Ruf rechts: Das braucht man doch nicht dem Ausland zu sagen!) Gerade dem Ausland, wir sind internationale Sozialisten. g sits Pfuirufe auf der Rechten, an⸗ dauernder Lärm. Wiederholte Rufe: Pfui! Pfui! Unglaublich! Stürmische a. bei den Unabhängigen Sozialdemokraten. Ruf gegen die Unabhängigen Sozialdemokraten: Englische und fran⸗ zösische Soldateska! Vizepräsident Löbe: Das Wort hat der Ab⸗ hoordnete Henke!) Es ist notwendig, daß Peäseclnsf wird, wie die
inge in Deutschland stehen. (Wiederholte lebhafte Pfuirufe.) Es kann sehr leicht kommen, daß die Bauern, durch die Kohlennot ge⸗ zwungen (Zuruf: Streiken Sie doch nicht h zu unangenehmen Maß⸗ nahmen greifen. Sie haben schon angedroht, Berlin nicht mehr mit Milch zu versorgen, wenn die Milchbewirtschaftung hier kommunali⸗ siert würde. (Zurufe von der Rechten.) Ihre Kinder gehen daran nicht zugrunde. Sie haben Ihre Ammen! (Große Heiterkeit!) Die Gefahr droht aber den Proletarierfrauen. Nicht durch das Ausland soll den deutschen Frauen das bischen Milch und Butter genommen werden, sondern von deutschen Bauern aus nackter Profitsucht. Diese Volksgenossen haben kein Gewissen, genau wie die Industriellen bei der Ausbeutung der Arbeiter. Eine Einigung des Proletariats halten wir für ebenso notwendig wie der Abgeordnete Scheidemann, aber auf dem Boden des unbeschränkten Klassenkampfes, nicht auf dem Boden einer Verweichlichung und Versumpfung, auf den Sie geraten sind. Was Sie vertreten, ist die etan aseng, nen Bürgerkums (Lachen bei den Sozialdemokraten). Während in Weimar die Verdienste der Arbeiter⸗ und Soldatenräte anerkannt worden sind, werden diese Räte heute von verfolgungssüchtigen Staatsanwalten bis aufs Messer be⸗ kämpft. Die Ahe die Sie uns reichen, ist mit Arbeiterblut be⸗ sudelt. Der Reichskanzler Bauer hat sich als alter Gewerkschaftler bekannt. Aber welche Veränderung des Horizonts ist ihm zuteil ge⸗ worden! Auch bei den Gewerkschaftlern in England und Amerika ist diese selbe Veränderung zu erkennen. ““ sind ihnen geläufig, aber in welche Situation so ein alter Gewerkschaftler kommt, wenn er Reichskanzler wird, haben wir jetzt gesehen. Er appelliert an das Weltgewissen, ein Appell an die Sehialigen aller Länder wäre richtiger gewesen. as sozialpolitische Programm der Regie⸗ rung bleibt sogar hinter dem bürgerlicher Sozialpolitiker wie Prof. Francke zurück. Für uns ist die Kluft zwischen Prole⸗ tariat und Bourgeoisie unüberbrückbar, sie ist während des Krieges noch vergrößert worden. Heute ist mehr als je der unbeschränkte F des Proletariats nötig, und es ist eine Versündigung am Geiste des Soziglismus, wenn man mit dem Bürgertum irgendeine Allianz eingeht. Eine Verweichlichung der Politik im bürgerlichen Sinne ist ein Verbrechen am Proletariat. Der wirtschaftliche Streik soll tatsächlich unmöglich gemacht werden, er ist aber die beste Waffe des Proletariats und diese werden wir nicht aus den Händen lassen. Das Unternehmertum will die Akkordarbeit wieder einführen und die Arbeitszeit verlängern. Das wird aber an dem Freiheitssinn des Proletariats scheitern.é Der Arbeitszwang soll eingeführt werden, um die Arbeitskraft dem Kapitalismus fügsam zu machen. Zweierlei hat die Revolution aüt Die Monarchie ist beseitigt, und das Macht⸗ bewußtsein der Arbeiter ist geweckt worden. Dieses Bewußtsein muß den Arbeitern aber erst eingebläut werden. Der Massenstreik ist das einzige Mittel, die Macht zu erhalten. General von der Goltz schlägt unter den Augen der Regierung die Brücke zwischen russischer und deutscher Konterrevolution. Herr Noske hat seine Ohnmacht dem⸗ gegenüber klar Füsge spiochen. Aus den Befehlen des Generals geht klar hervor, daß er ein Landesverräter ist. Wer gibt einem von der Goltz das Recht, das Gebiet, das ihm zum Schutze anvertraut ist, als Selbst⸗ herr zu verwalten? Die ‚Freiheit“, die inzwischen verboten worden ist, hat alle diese Fragen längst aufgeworfen. Sie wird später nach⸗ holen, woran sie jetzt behindert ist. Ein Deutschbalte soll 10 Millionen Mark erhalten haben für die Ausrüstung der Truppen. Wie steht es s Großkapital steckt hinter den gegenrevolutionären Treibereien, um den russischen Markt zu erobern, aber wir wollen nicht, daß auf diese Weise Rußland erobert wird. In der Baltenfrage hat niemand anders als die gegenwärtige Regierung die schwerste Schuld auf sich geladen.
Schuld, meine größte Schuld! Man soll dafür sorgen, daß die Troppen im Baltenland aufgeklärt werden. Das Gesinde Abenteurer wird allerdings nicht durch Aufklärung zur Vernunft ge⸗ bracht werden können. Gegen diese Leute wäre ein Noske am Plate, um dieses Eres am Plündern und am Schänden von Frauen zu verhindern. Wir fordern von der F Lierung. daß sie das Möglichste aufbietet, um die große Gefahr im Osten zu bannen. politik werden wir unerschütterlich bekämpfen nach dem Muster unserer roßen Vorkämpfer Marx und Engels. (Lebhafter Beifall bei den nabhängigen Sozialdemokraten.) 1 Hierauf nimmt der Reichskanzler Bauer das Wort, dessen Rede wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms in der nächsten Nummer dieses Blattes im Wortlaute wieder⸗
mus verfallen.
Wenn die Regierung nach der 1 is Z 8 2 . 8 Schuld fragt, soll sie sich an die eigene Nase fassen und sagen: Meine als Lüge bezeichnet. Präsident Fehren
Noskes Gewalt⸗
gegeben werden wird.
Abg. Dr. Heinze (D. Vp.): Sol he Reden wie die des Abge⸗ ordneten Henke müssen unser Vaterland auf das schwerste erschüttern, wenn das Ausland gegen Deutschland aufgehetzt wird. Wir wollen den faegvi- loyal und gewissenhaft erfüllen, aber die Unabhängigen
lindern uns sogar darin, im Rahmen des Friedensvertrages den Vertrag auszunutzen, soweit es möglich ,38 Mir ist die Tendenz nicht klar, in der der Abgeordnete v. Richthofen gestern eine Attacke gegen uns geritten hat. Vielleicht wollte er nur die schwankenden Chancen der Demokratie bei den Neuwahlen verbessern. Er sagte, wenn die Rechte zur Herrschaft komme, so bedeute das den Ruin des Vater⸗ landes. Die Rechte hat den Ruin nicht herbeigeführt und wird ihn nicht herbeiführen. (Sehr richtig! rechts.) Herr v. Richthofen meinte weiter, wir hätten uns gewandelt und schwärmten jetzt für den Parla⸗ mentarismus. Wir halten aber noch zu unsern alten Grundprinzipien, hängen an den alten Traditionen unserer früheren nationalliberalen Partei, haben aber allerdings von den Tatsa ben gelernt. Nach diesem unglücklichen Kvieg müssen weiteste Kreise des Volkes in anderer Weise
als früher am Staatsleben beteiligt werden. Wir wollen die Kon⸗ sequenzen nach den politischen, so ialen und wirtschaftlichen Richtungen ziehen. Die Folge ist selbstverständlich eine verstärkte Gewalt des
arlaments. Aber das ist wirklich nicht eine Errungenschaft der Re⸗ volution. Die erhöhte Macht des Parlaments hätte sich ohne gewalt⸗ samen Umsturz durch den früheren Willen des Reichtages durchführen lassen (Wiersprich links), aber im Reichstag grbeiten die Parteien gegen sich. Wären sie einig gewesen, hätten sie die Regierung zwingen können. Die Aoöbgg. Stresemann und Friedberg haben sich von jeher für das pavlamentarische System ausgesprochen. Wenn Freiherr von Richt⸗ hofen uns wegen unserer Haltung Gsinnungswechsel vorwirft, dann mag er vor seiner eigenen Tür kehren. Für den Parlamentaris⸗ mus, wie er jetzt in Deutschland herrscht, werden wir niemals schwärmen; denn er gibt unserem Volke nicht diejenige Stetheit und Festigkeit, die wir namentlich unter den jetzigen Umständen verlangen müssen. Wenn wir seit Beginn der Nationalversammlung schon mehrfach die Regierung gewechselt haben, so ist das nicht eine förder⸗ liche Handhabung unserer öffentlichen Gewalt. Im großen ganzen muß es so sein, daß für das Ministerium der geeignete Mann gesucht wird. Jetzt ist es vielfach der Fall, daß für den Mann ein geeignetes Ministerium gesucht wird. (Große Unruhe, lebhafte Zurufe: Namen nennen!) Den neuen Minister ohne Portefeuille halten wir nicht für notwendig. (Unruhe.) Durch diese Art, gewisse Politiker unter⸗ zubringen, kommt ein Schwanken in unsere Verhältnisse hinein. Um ein Ministerium zu leiten und einen großen Verwaltungszweig zu dirigieren, dazu gehört ein jahre langes e. der Materie. Wir verlangen die Stetheit in unserem Staatsleben, und aus diesem Grunde streben wir bewußt die Monarchie an. Die Monarchie halten wir für diejenige Staatsform, die für den Fortgang der Dinge die tune Gewähr bietet. Wenn der Minister David in Weimar die
epublik als die sittlichere Staatsform bezeichnete, so sind wir darin anderer Meinung. Die oberste Staatsgewalt soll dem Kampfe der Parteien möglüchst entzogen werden, allen Agitationen, Intrigen, Reibereien, wie sie notwendig im Wahlkampf vorkommen. Die oberste Staatsgewalt muß auch allen Zufälligkeiten des Wahlkampfes entrückt sein. Wir glauben, daß allmählich die Bevölkerung zu der Ueberzeugung kommen wird, daß die Monarchie für uns die gegebene Staatsform ist. Wir können nicht anerkennen, daß Autorität ledig⸗ lich in der Majorität liegt. Die Monarchie hat uns zur höchsten Blüte gebracht, an ihr haben unsere Väter gehangen, unter ihr ist das Reich gegründet worden. (Zuruf: Und zugrunde gegangen!) Auch ihre historische Werte sind nicht gering anzuschlagen. Bis zum 9. November war der weitaus größte Teil des deutschen Volkes monarchisch. Das ist auch von Lvrse Sr⸗ . Führern aner⸗ kannt worden. Wir können nicht den Standpunkt des Zentrums teilen, daß, nac dem die Monarckie ohne unser Zutun gefallen ist, wir uns damit abfinden. Wenn Freiherr von Richthofen uns vor⸗ gehalten hat, daß in Frankreich und Portugal die Dinge anders ge⸗ standen hätten, weil man da einen Prätendenten gehabt hätte, so ist das richtig, aber in Frankreich waren sie nicht die geeigneten Ver⸗ treter. (Lachen und Zurufe.) Daher ist die Monarchie dort auch nicht zur Durchführung gekommen. Als bei uns der Zusammenbruch kam, wandte sich das Bürgertum plötzlich von der Monarchie ab. (Zuruf: Auch die Deutsche Volkspartei!) Wir sind überzeugt, wenn das Volk zur monarchischen Ueberzeugung zurückgeführt sein wird, werden wir auch die entsprechende Persönlichkeit finden, die vom Volke auf den Thron gehoben werden wird. Putsche lehnen wir auf das allerentschiedenste ab. Obgleich wir diese Ideen verfolgen, sind wir bereit, “ an den Arbeiten, die dem deutschen Volke jetzt obliegen. Wir stellen uns nicht in die Ecke. Wir leben unter dem republikanischen System und arbeiten unter ihm mit. Deshalb haben wir auch für die Notverfassung gestimmt und Deutschland re⸗ gierungsfähig gemacht. Wenn keine Partei sich von der Zusammen⸗ arbeit fernhält, so werden wir nicht dem Bolschewismus und Nihilis⸗ Die Regierung darf aber keine Gespenster sehen.
Wir werden unser sachliches Arbeiten ohne Rücksicht auf das Wohl⸗
wollen der Regierung einrichten. Nach Ausbruch der Revolution glaubte man, daß die Demokratische Partei das gesamte Bürgertum gegen die Sozialdemokratie in sich sammeln würde. Sonst wäre
diese Partei nicht zu ihrer Größe gekommen. Wäre in Berlin auch
eine Einigung zustande gekommen, im Lande hätten die National⸗ liberalen sie doch nicht mitmachen können, namentlich nicht in West⸗ falen und Sachsen. (Zurufe: Schwerindustrie!) Die Demokratie konnten wir nicht mitmachen, weil wir an unseren Traditionen und
der Kaiseridee festhalten wollten, des halb haben wir es abgelehnt,
an der Demokratischen Partei teilzunehmen. (Abg. Dernburg: Wir haben abgelehnt!) Dann gut! Die Partei hat nicht die in sie ge⸗ setzten Hoffnungen erfüllt. Wir haben jetzt keine demokratische, son⸗ dern eine sozialdemokratische Herrschaft in Deutschland. (Zuruf Sehr richtigt) Die Demokratie hat immer mehr und mehr von ihren Grundsätzen aufgeben müssen, auf die das Bürgertum nicht ver⸗ zichten kann. Sie hat die sozialdewokratische Maifeier eingeführt, und auch beim Betriebsrätegesetz wird sie keine Erfolge ihrer bis⸗ herigen Anschauung erreichen können. Die Entfaltung unserer In⸗ dustrie kann dieses Gesetz nicht ertragen. Auch bei der Verfassungs⸗ beratung hat sie ihre eigenen Grundsätze im Stich gelassen. (Abg. Haußmann: Ist nicht wahr!) Wird uns der Fehdehandschuh hin⸗ geworfen, so nehmen wir ihn auf. (Beifall rechts.)
Hierauf nimmt der Reich justizminister Schiffer und nach ihm der Reichsminister Dr. David das Wort, deren Erklärungen wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms in der nächsten Nummer dieses Blattes im Wortlaute wieder⸗ gegeben werden.
Damit schließt die Aussprache. 8
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Es folgen persönliche Bemerkungen, in denen Abg. Henke (U. Soz.) gegen die Ausführungen des Reichs wehr⸗ mmisters sich wendet und die Schilderung der Vorgänge bei der Bremer
Abg. Frhr. von Richthofen: Es ist nicht richtig, daß die Debatte von mir hier aufgerolll worden ist, es ist vor langer Zeit von der Deutschen Volkspartei im Lande aus geschehen. Ich habe allerdings⸗ scharfe Kritik an der Wandlung grübt, die in der Deutschen Volks⸗ partei seit ihrer Gründung in der Frage der Monarchie vor sich ge⸗ gangen ist. Vor allen Dingen möchte ich wissen, welche Monarchen und wieviele sie wieder einsetzen möchte. Was ich gestern sagte, ist in jeder Beziehung beweisfähig. In den verschiedenen Wahlaufrufen der Deut⸗ schen Volkspartei ist kein Wort von einem Bekenntnis zur Monarchie enthalten, vielmehr ist von einer bürgerlichen Republik darin die Rede.
Abg. Dr. Heinze: Ich verstehe nicht, wie Frhr. von Richthosen es für unmöglich hölt, daß wir bei unserer Haltung an dem Wieder⸗ aufbau mitarbeiten könnten. Minister David hat in seiner letzten Rede zur Verfassung ausdrücklich auf diesen Punkt hingewiesen. Wir werden nicht beiseite stehen. Unter Wahrung unseres grundsätzlichen Standpunktes werden wir mitarbeiten, auch solange wir nicht bei der Regierung sind. Minister Schiffer hat mich mißverstanden. Ich habe weder seine Partei noch irgend welche Persönlichkeit angegriffen. Davo⸗ halte ich mich überhaupt sern. Sachlich muß ich die Ansicht vertreten können, daß der Parlamentarismus zu übertriebener Schaffung von Ministerstellen führt. Daß ein Minister unbedingt den Vorsitz beim Reichsrat führen muß, trifft nach der Verfassung nicht zu. Bei uns handelt es sich nicht um einen Angriff auf andere Parteien, sondern um die reine Verteidigung. Wir wären Schlappstiefel, wenn wir den hingeworfenen Handschuh nicht aufnehmen würden. Wir wollen den
Kampf sachlich führen.
Gs folgt die zweite Beratung des Etats des Pensionsfonds.
Dieser Etat wird ohne Aussprache bewilligt.
Nach 6 Uhr wird vertagt. Nächste Sitzung Sonnabend 1 Uhr. (Kolonial⸗ und Postetatt) 1