1 Preußische Landesversammlung. 62. Sitzung vom 9. Oktober 1919 Nachtrag.
Die in der gestrigen Nummer dieses Blattes auszugsweise mitgeteilte Erklärung, die bei der Fortsetzung der zweiten Be⸗ EEEEEE Se n⸗
altung in Erwiderung auf Ausführungen der Abgg. Garnich (D. 8, und Paul Hoffmann (U. Sos. der Miniszer g 5 rbeiten Oeser abgegeben hat, hatte folgenden Wo 1
Meine Damen und Herren! Ich würde Ihre Aufmerksamkeit in
biesem Augenblick nicht mehr in Anspruch nehmen, wenn nicht Herr Abgeordneter Paul Hoffmann eine Aeußerung getan hätte, die ich unbe⸗ dingt sofort von dieser Stelle aus zurückweisen muß. Er hat behauptet, cch hätte die Eisenbahnarbeiter beschimpft. Die Auf⸗ nahme, die diese Aeußerung bei Ihnen gefunden hat, und der Ordnungs⸗ ruf des Herrn Präsidenten würden mich der Notwendigkeit entheben, darauf zu erwidern, wenn ich nicht die ganz⸗ bestimmte Empfindung bötte, deß diese Aeußerung hier nur getan worden ist, um draußen perwendet zu werden. (Tebhafte Zustimmung.)
Der Herr Abgeordnete Paul Hoffmann hat sich in den Gedanken festsefahren, daß die Arbeiter jeden Augenblick beschimpft werden. Ich weiß mich fern von einer Neigung, die Arbeiterschaft zu be⸗ schimpfen, und brauche nur das hohe Haus zum Zeugen anzurufen, daß ich das in keiner Hinsicht getan habe. (Allgemeine Zustimmung.) Ich habe ausgeführt, daß die Leistungen heute nicht normal sind, und habe hinzugefügt, daß das eine internationale Erscheinung ist, die sich nicht allein in Deutschland zeigt, sondern auch anderwärts, habe aber weiter hinzugefügt — und das ist meine Pflicht —, daß wir über diesen Punkt hinwegkommen müssen, wenn wir den Betrieb in Ordnung bringen wollen, und daß wir dazu selbstverständlich auch irgendein Stimulans haben müssen, das aus dem Rahmen des jetzigen berausfällt. Aus diesem Grunde habe ich den Antrag begrüßt, der von
Vorsitzenden der drei Mehrheitsparteien gestellt worden ist. Ich
edaure, daß der Herr Abgeordnete Paul Hoffmann diesen Antrag nicht annehmen will, es aber zugleich unterläßt, dafür einen anderen positiven Vorschlag zu machen, der uns dem Ziel näher bringt. (Sehr richtigl) Wenn man im jetzigen Augenblick etwas ablehnt, dann hat man die Berpflichtumg, etwas Neues (Rufe: Besseres!) und Besseres an bie Stelle zu setzen; und das vermisse ich.
Ich habe mich auch in meiner ersten Ausführung darüber aus⸗ zelassen, daß wir es in den Werkstätten an Werkzeugen nicht mangeln lassen. Damit aber auch diese Aeußerung nicht ohne zahlen⸗ mäßigen Beweis hinausgeht, darf ich vielleicht kur; die in Betracht kommenden Zahlen dem hohen Hause noch mitteilen. Wir haben von 1915 bis 1917 nicht weniger als 84 Millionen Mark für den Ausbau und die Ausstattung der Werkstätten aus⸗ begeben, im Rechnungsjahr 1918 allein 45 Millionen Mark, Für den Neubau von Werkstätten sind von 1910 bis 1918 nicht weniger als 20 Millionen Mark ausgeben, für das laufende Jahr sind 34 Mil⸗ Uonen Mark angemeldet, zurzeit sind drei Hauptcerkstätten im Bau. Wir haben außerdem im laufenden Rechnungsjahr für Werkzeuge, Geräte usw. bereits 50,7 Millionen Mark ausgegeben. (Hört, hört!) Ich glaube, diese Zahlen haben eine gewisse Beweis⸗ kraft. Sie zeigen, daß wir bereit sind, die Werkstätten auf die Höhe der Zeit zu bringen und sie voll leistungsfähig zu machen. Wir haben es an Geld dafür gewiß nicht fehlen lassen; ·nd wenn heute noch da oder dort Fehler vorkommen oder Mängel vorhanden sein sollten, so wird es unser Bestreben sein, diese Mängel abzuschaffen. Also aus diesem Grunde darf man eine Mehrarbeit nicht verweigern.
Wenn dann Herr Paul Hoffmann sagt, das Mitbestimmungs⸗ recht wollten wir den Arbeitern nicht bewilligen, so möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß ich gerade bei dieser Frage des Akkord⸗ oder Prämiensystems den Arbeitern von vornherein gesagt habe: Ihr sollt nicht weniger verdienen, als Ihr gegenwärtig verdient, denn der gegemwärtige Lohn ist der Mindestlohn, der Euch unter allen Um⸗ ständen garantiert wird, Ihr sollt selbst oder durch Eure berufenen Vertreter bei der Ausgestaltung eines solchen Mehrlohnsystems mit⸗ bestimmen — also das Mitbestimmungsrecht würden sie hier in vollstem Maße bekommen —, und Ihr sollt über das Maß des jetzigen Hinaus noch mehr verdienen als bisher, entsprechend dem, was die Staatseisenbahn deadurch gewinnt, daß ihr die Betriebsmittel früh⸗ zeitiger zur Verfügung gestellt werden. Ich glaube, meine Damen und Herren, das ist ein Angebot, das man im normalen Leben gewiß als ein günstiges betrachten und akzeptieren kann. (Tebhafte Zustimmung.)
Ich möchte deshalb bitten, diese Frage doch mit dem Ernst und bem Nachdruck zu behandeln, der ihr zukommt im Interesse unseres Betriebes, auch im Interesse der gesamten Bevölkerung. Im übrigen möchte ich mir vorbehalten, um Ihre Zeit heute nicht zu lange in Anspruch zu nehmen, über verschiedene Einzelheiten vielleicht morgen zu sprechen. (Beifall.) 1
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63. Sitzung vom 10. Oktober 19iti9. cht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.) Am Regierungstische: der Staatsminister Oeser.
Präsident Leinert eröffnet die Sitzung um 12,15 Uhr.
In einer kleinen Anfrage wünscht Abg. Dr. Leidig (D. Vp. Auskunft darüber, auf Grund welches Gesetzes der Redakteur Fröhli von der Regierung zum Beigeordneten bei dem Landrat Dr. Wachs im Kreise Süderdithmarschen bestellt worden ist, welche Vergütung gezahlt und bei welchem Etatstitel sie berechnet wird, und worauf die Regierung ihr Recht gründet, eine Vergütung von angeblich monatlich 975 Mark, also erheblich mehr, als das Landratseinkommen ʒi T. zahlen.
Vertreter der Staatsregierung erwidert: Die Be⸗ stellung ist durch den Volksrat für die Provinz Schleswig⸗Holstein erfolgt. Herr Fröhlich erhielt für entgangenen Arbeitsverdienst monatlich 510 für Aufwandsentschädigung täglich 15 Mark. Der bante Betrag siet der Staatskasse zur Last und wird im Etat unter em Titel „Dienstaufwandsentschät igung der Landräte“ große Heiter⸗ kert rechts) verrechnet, ebenso bei dem Bedürfnisfonds für die Kosten der Arbeiter⸗, Soldaten⸗ und Bauernräte. Ihr Recht gründet die Regierung auf die Verordnung vom 30. Januar 1919 bzw. auf die Berordnung vom 16. November 1918. Der Beigeordnete Fröhlich t übrigens sein Amt am 16. September niedergelegt und ist als ontrollorgan nicht mehr in Tätigkeit.
Eine Anfrage der Abg. Frau Pöhlmann (D. Vp.) betrifft den Erlat des Unterrichtsministers vom 18. April 1919, betreffend die
igung zur endgültigen Anstellung als Volksschullehrerin. Die Regierung wird agt, ob diejenigen Lehrerinnen, die am Ober⸗ lozeum schon zwei Prüfungen abgelegt haben, und diejenigen Volks⸗ 8 “ F. LE111“ 1 8 E111“
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schullehrerinnen, die eine technische Prüfung abgelegt haben, auch noch einer Prüfung nach Maßgabe der Prüfungsordnung von 1912 unter⸗ worfen werden sollen.
Ein Vertreter des Ministeriums für Wissen⸗ schaft, Kunst und Voltsbildung beantwortet die Frage dahin, es sei in Aussicht genommen, dem Erlaß vom 18. April rück⸗ wirkende Kraft nicht beizulegen, so daß Lehrerinnen, die vor Ostern 1920 die Prüfung bestanden oder ein Lehrzeugnis erworben haben, von der Ablegung der zweiten Prüfung befreit sind. Ferner werde erwogen werden, ob denjenigen Lehrerinnen, die die Lehramtsprüfung an einem Oberlvzeum bestanden oder eine technische Prüfung abgelegt haben, behufs Erlangung der Anstellu ngsfähigkeit gewisse Erleichte⸗ rungen gewährt werden können.
Darauf setzt das Haus die Beratung des Haushalts der Eisenbahnverwaltung und der dazu gestellten Anfragen und Anträge fort.
Abg. Dr. Seelmann (D. Nat.): Die Beratungen sind durch den Abg. Paul Hoffmann auf eine schiefe Ebene gebracht worden. In seinen Ausführungen habe ich das gerade in der jetzigen Zeit not⸗ “ Verantwortlichkeilsgefuͤhl vermißt. (Sehr wahr!) Bei einem etwa kommenden Chaos leiden die ärmeren Schichten am meisten darunter. Vorläufig ist es aber noch nicht so weit. Eine Kampfes⸗ weise wie die der Abgg. Paul Hoffmann und Brunner ist nicht scharf genug zu verurteilen. Hoffmann versuchte sogar das Betriebsrätegesetz im voraus den Arbeitern zu verekeln. Die Angriffe des Abg. Brunner auf Herrn v. Breitenbach sind ja schon mit der ihnen gebührenden Schärfe zurückgewiesen worden. Ohne Revolution wäre sicherlich ein Heoher Teil der Schwierigkeiten in unserer Eisenbahnverwhltung be⸗ oben. Wir sind der Ansicht, daß die jetzige Staatsregierung voll⸗ fhaüch Fiasko mit ihrem jetzigen System gemacht hat. Der Minister agt, wir wollen ihm helfen. Uns fehlt aber jede Exekutive dazu. Das Personal unserer Eisenbahnverwaltung ist viel zu zahlreich und muß auf die unbedingt erforderliche 2 verringert werden. Den Angestellten aber muß selbstverständli Arbeitsgelegenheit ge⸗ schaffen werden. Bezüglich der Diebstähle in der Eisenbahnverwaltung sind wir der Ansicht, daß mit aller Energie unsaubere Elemente aus der Verwaltung entfernt werden müssen. Im übrigen ist es der Wunsch der C sen ähner selbst daf sie von allen Hetzern befreit werden. Die Aeußerung des Ministers über die Demokratisierung der Eisenbahn hätte in der jetzigen Zeit lieber nicht getan werden
sollen. Nach meiner Auffassung ist da der Politiker mit dem Minister
durchgegangen. Die technischen Beamten müssen in der Eisenbahn⸗ verwaltung mehr als bisher berücksichtigt werden. Die uns in Aus⸗ ficht gestelte neue Tarifordnung muß möglichst beschleunigt werden. Das Ziel der Verwaltung muß sein, bis zur Uebergabe der Eisen bahn an das Reich bifselb⸗ völlig in Ordnung zu bringen. Preußen bringt mit der Ueberlassung der Eisenbahnen an das Reich ein sehr großes Opfer nicht nur in iehhte Hinsicht, sondern auch in ideeller 5 icht. Der preußische Staat war der größte Unternehmer und uftraggeber des glänzendsten Unternehmens der Welt. Selbstver⸗ ständlich muß Preußen eine volle Entschäͤdigung und überdies bindende Zusicherungen erhalten, daß es bei dem künstigen Neubau von Bahnen durch das Reich genügend berücksichtigt wird. Von 1900 bis 1913 dat die Eisenbahn rund 2 ½ Milliarden Mark an die Generalstaats⸗ sse abgegeben. Oer Zeitpunkt der Auseinandersetzung ist dem preußi⸗ schen Staate nicht gerade günstig. Im übrigen vermisse ich noch immer das richtige Verständonts ür den Osten bei der Staatsregie⸗ rung. Der Osten bedarf unbedingt der be eren Nufschließung durch neue Bahnen. Die Ausführungen des Ministers über die Unter⸗ bindung des ganzen Schnellzugverkehrs nach dem Osten infolge von Abbeförderung der Kartoffeln und Rüben haben uns nicht überzeugt. Die Eisenbahnverwaltung hat während des Krieges Uebermenschliches geleistet und es müßte auch jetzt noch möglich sein, den Schnellzug⸗ verkehr, ebenso den Güterverkehr, chr haali he stin.
Minister der öffentlichen Arbeiten Oeser: Herr Ab⸗ geordneter Dr. Seelmann hat einleitend davon gesrochen, daß ich Versprechungen gemacht hätte, die ich nicht halte, daß all meine Mühen und Sorgen umsonst wäven, und daß letzten Endes das gegenwärtige Regierungssystem schuld an dem Zustande der Staats⸗ eisenbahnen wäre. Es ist sehr bequem, es so darzustellen (sehr richtig! links); aber ob es sachlich vichtig ist, ist eine sehr andere Frage.
In welchem Zustande habe ich denn die Verwaltung übernommen? Zusamemngebrochen und zusammengearbeitet durch den Kricg. Auch die innere Verwaltung beeintvächtigt durch das Beibehalten von außenstehenden Stellen, das während des Krieges nolwendig war, aber doch die Verantwortung vollständig verschoben hat. Das Material — in welchem Zustande, nachdem man sich militärisch derartig übernommen hatte, daß unser Eisenbahnmaterial in der ganzen Welt herumflatterte und nicht wieder zurückzubekommen war. Dazu die Abgabe von rollendem Material an die Feinde. Dann die Vorschriften der Demobilmachung, die uns zwangen, große Massen von Menschen in die Verwaltung hineinzunehmen, die wir uns nicht aussuchen konnten, über die wir auch keine Gewalt hatten, denn sie waren auf eine bestimmte Frist fest in der Verwaltung verankert. Ein Lohnsystem, das, worüher wir wohl heute alle einig sind, gewiß kein Ideal war, das aber in der Zeit der Unruhen zu ändern sehr bedenklich gewesen wäre. Dazu Streiks über Streiks, bald in den Kohlen⸗ revieren, bald in den Eisenbahnbetrieben, bald in der Eisenindustrie, von der mir unser Material bekommen sollten. Kein Material vor⸗ handen; der ganze Betrieb angewiesen auf Ersatzstoffe; kein Kufer; kein Heißdampföl, keine Sparmetalle mehr da. In diesem Zustand mußte ich den Betrieb übernehmen!
Meine Damen und Herren, ich habe mich über das, was mir bevorstand, nicht getäuscht und bin auch nicht erstaunt darüber, wenn ich heute zum Gegenstand von Angriffen gemacht werde. Es wäre mehr als eine Menschenleistung gewesen, den Betrieb in diesen wenigen Monaten wieder in einen brauchbaren Zustand zu bringen. Und doch haben wir es trotz größter Schwierigkeiten fertig gebracht, den Personenverkehr wenigstens für den Sommer wiederherzustellen; es war zweifellos eine Besserung im Betriebe eingetreten und ist noch vor⸗ handen. Aber nachdem es trotz meiner Bemühungen nicht möglich war, das rollende Material in den notwendigen Zustand zu versetzen, mußte mit mathematischer Sicherheit in der Periode des Herbstverkehrs eine solche Pressung eintreten, wie wir sie gegenwärtig sehen. Man brauchte kein Prophet zu sein, um zu sagen, wie es kommen würde, und ich habe ja dem Hohen Hause nie einen Zweifel darüber gelassen; ich habe den Arbeiterdeputationen, den Beamtendeputationen, mit denen ich so viel⸗ fach verhandelt habe, jedem einzelnen ans Herz gelegt, in dieser Zeit seine Pflicht und Schuldigkeit zu tun, damit wir wenigstens einiger⸗ maßen über diese Schwierigkeiten hinwegkommen. Nun kommen aber zu den natürlichen Pressungen aus dem Herbstverkehr eine Reihe von weiteren Anforderungen, auf die wir nicht gefaßt sein konnten: die immer dringender werdenden Anforderungen der Entente wegen der Kohlenlieferungen, die Rückbeförderung der Kriegsgefangenen, dazu auch die Rückbeförderung aus dem Osten, wo so viele gegenwärtig in die alte Heimat zurückströmen und verlangen, mit ihrem Hausrat befördert zu werden. Das, meine Damen und Herren, sind Anforde⸗ rungen, die auch bei der vollen Höhe des Betriebes nicht ordnungsgemäß
werden könnten und die bei dem heutigen Zustande des
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14.
Betriebes eben außergewöhnliche Schwierigkeiten machen. Ich beklage es außerordentlich, daß wir genötigt gewesen sind, im Osten so einzu⸗ greifen, und wenn es uns gelingt, in einer möglichst kurzen Zeit über die Schwierigkeiten hinwegzukommen und dem Osten eine Erleichte⸗ rung zu bringen, so werde ich froh darüber sein. Wir untersuchen Tag für Tag, ob wir die Möglichkeit haben, in irgendeiner Form Er⸗ leichterungen zu bringen, sei es, daß wir an die Personenzüge Schlaf⸗ wagen anhängen, was sehr schwer geht, weil die Personenzüge schon übermäßig belastet sind, sei es, daß wir wenigstens wieder einige Schnellzüge laufen lassen. Aber die Bedenken, die gegen wenig Schnellzüge, einzelne Schnellzüge bestehen, sind, daß sie uns betrieblich so viel stören, als wenn mehrere Schnellzugspaare gingen, weil wir ja diese Strecken für den Güterverkehr dann nicht frei haben; und daß der Zudrang zu diesen Schnellzügen, meine Damen und Herren, ein kebensgefährlicher würde, das unterliegt keinem Zweifel. Es ist ja früher der Versuch gemacht worden, mit den Reiseerlaubnisscheinen regelnd einzugreifen. Aber dieser Versuch hat vollständig versagt, weil soviel Schwindeleien dabei vorgekommen sind, daß er nicht aufrecht zu erhalten war.
Wenn nun der Herr Abgeordnete Dr. Seelmann den Nachweis vermißt, daß es im Osten notwendig war, so einzugreifen, und sagt, es sei doch früher mehr geleistet worden: ja, Herr Abgeordneter, früher hatten wir nicht das besetzte Gebiet, um das wir herumfahren mußten, früher waren uns die Bahnen, die speziell für den Kohlenverkehr ge⸗ baut sind, nicht entrissen, früher mußten wir nicht durch den Engpaß bei Küstrin und Frankfurt a. O. hindurch, was uns betrieblich so große Schwierigkeiten macht. Ich habe nun die Absicht, zu versuchen, durch eine Ministerialkommission, die nach dem Osten geschickt wird, eine Besserung herbeizuführen, ähnlich wie wir die Generalbetriebs⸗ leitung West in Essen immer noch haben. Diese besonderen Betriebs⸗ leitungen sind nicht gerade sehr erwünscht, weil sie nach meinem Empfinden das Verantwortlichkeitsgefühl der Direktion beeinträchtigen, wenn die Leitung von einem Zentralpunkt aus geschieht. Sie sollen also in normalen Zeiten möglichst beseitigt werden. Auch die Essener Generalbetriebsleitung soll wieder beseitigt werden, auch sie ist nur ein Provisorium. Aber wo die Zustände gegemwärtig so sind wie im Osten, werden wir mit dieser Maßnahme vielleicht auch einen weiteren Erfolo
Nun, meine Damen und Herven, vergegenwärtigen Sie sich
folgendes. Ich kann, wenn ich Ihren Bitten nachgebe, heute den Verkehr nach dem Osten wieder aufnehmen. Was sind dann die Folgen davon? Die Folgen sind, daß die Kohlen auf der Halde liegen bleiben, daß Kohlen nach Ostpreußen wie nach den anderen Bezirken nicht im erforderlichen Maße geschickt werden können. Gerade aus Ostpreußen kommen mir die lebhaftesten und dringendsten Wünsche nach mehr Kohlen zu. Die weitere Folge wäre — und vielleicht die aller⸗ ernsteste —, daß wir in wenigen Wochen, die wir noch bis zum Ein⸗ treten des Frostes haben, die Kartoffeln nicht abfahren können. Sie sagen, wir sollen die Lebensmittel aus dem Osten heranschaffen. Ja, die Lebensmittel müssen doch in die Städte geschafft werden. Die Landwirtschaftlichen Gegenden im Osten wie im Westen wollen doch auch ihre Vorräte verkaufen, und wenn wir im Winter in den Städten weder Kohlen noch Kartoffeln haben, welche Zustände werden dann entstehen?! Wird man dann nicht mit Recht sagen, wie es Herr Abgeordneter Seel⸗ mann in anderem Zusammenhange gesagt hat, der Eisenbahnminister hätte hart sein müssen; er hätte nicht nachgeben dürfen, denn er mußte voraussehen, was kommen würde, und er hat es vorausgesehen; er hat, trotzdem er es wußte, nicht die richtigen Maßnahmen ergriffen. In solch schwieriger Lage muß man erwägen, wo die größeren Gefahren und Beschwerden liegen. Ich glaube daher, wenn wir unsere Bevöl⸗ kerung im Winter nicht erfrieren und verhungern lassen wollen, sind alle anderen Rücksichten demgegenüber untergeordnet, und wir haben in der Eisenbahn keine größere Aufgabe, als alle Kräfte anzuspannen, damit der Winter nicht so furchtbar schwer wird, wie er es werden kann, wenn die Eisenbahnverwaltung beine Vorsorge trifft. Also es sind keine leichtfertigen Bedenken, die mich dazu geführt haben, im Osten diese Maßnahme zu treffen, sondern es ist ein hartes Muß, vor das ich gestellt bin. Aber in dem Augenblick kann die Bevölkerung von mir verlangen, daß ich meine Pflicht erfülle, auch cuf die Gefahr hin, daß ich der Gegenstand der wütendsten Angriffe werde.
Nun sagen Sie, Sie hätten die politischen Momente ins Auge gefaßt. Gewiß, auch wir haben die politischen Momente ins Auge ge⸗ faßt. Es ist eine unangenehme Komplikation, die eingetreten ist, und ich glaube, über die Abstimmungsschwierigkeiten werden wir hinweg⸗ kommen. Und wenn wir Extrazüge in jener Zeit verkehren lassen müssen — wir werden Mittel und Wege finden, um hier den politischen Forderungen gerecht zu werden. Ich bin auch bereit, mit Ihnen im einzelnen darüber zu verhandeln, auf welchem Wege wir das machen können. Daß wir das Interesse haben, hier unsere deutschen Rechte zu wahren, ist ganz selbstverständlich und braucht nicht besonders betont zu werden.
Meine Damen und Herren, Herr Abgeordneter Dr. Seelmann hat auch davon gesprochen, ob die Eingriffe gegen die Dieb⸗ stähle rechtzeitig erfolgt sind. Die Bewegung ist eine wellenförmige gewesen; die Diebstähle sind zum Teil zurückgeflutet; auch noch im Jahre 1918 kam wieder eine starke Senkung, so daß man glauben konnte, man wäre über das schlimmste hinüber. Dann ist seit März, April vielleicht wieder ein starkes Aufsteigen erfolgt. Ich nehme nicht an, daß der von mir gestern genannte Betrag von 160 Millionen Mark überschritten wird; er bezieht sich auf das ganze gegenwärtige Betriebs⸗ jahr. Frühgzeitig sind aber schon entsprechende Einrichtungen getroffen worden; es sind überall schon Kommissionen vorhanden gewesen. Das, was jetzt durchgeführt ist, ist nur eine straffere Organisation und ein schärferes Zufassen, das nach meinem Gefühl notwendig geworden war,
Nun möchte ich noch etwas auf die Frage der Verreich⸗ lichung eingehen. Ich glaube, wir werden uns später über all diese Einzelheiten unterhalten. Es ist völlig richtig, daß dabei nicht nur materielle Werte, sondern auch sehr starke ideelle Werte in Betracht kommen. Daß der Besitz eines Staatseisenbahnsystems wie des preußischen unter richtiger Führung für das Land ein großes ideelles Besitztum darstellt, unterliegt gar keinem Zweifel, und daß Preußen immer verständig darauf bedacht war, das Land zu entwickeln und auch die Eisenbahnen zu bauen, wo sie eine Rente nicht versprachen, ist sicher. Auch in tarifarischer Beziehung kann eine Regierung, die die Eisen⸗
n⸗
zum Deutschen
dieser Hinsicht künftig die Möglichkeit der Bewegung sehr eng sein, weil der Friedensvertrag uns bestimmt Tarifbestimmungen macht, die wir nicht umgeben können. Hier liegen die Verhältnisse ganz gleich, ob das Land oder das Reich die Eisenhahnen in der Hand hat. In der Tarifboheit sind wi ßerordentlich eingeschränkt worden.
— neber die weitere Frage der Melioration des Landes durch neue Eisenlahrbeuten nird mit dem Reiche verhandelt. Das ist eine Frage, die nicht uns allein, sondern auch die anderen Länder inter⸗ essiert, und bierüber werden wir voraussichtlich zu bestimmten Ueber⸗ einkommen gelangen. Dabei wird allerdings in Rechnung zu ziehen sein, doß die Finanzlage in der nächsten Zeit ein lebhaftes Bauen von Evsenbahnen nicht gestatten wird.
Was die crganische Umgestaltung der Tarife anlangt, so gebe ich Heren Dr. Seelmann recht, daß die gegenwärtige Form grob und voh ist, cher di Ständige Tarifkommission ist schon mit den Vor⸗ arbeiten zu einer organischen Ausgestaltung der Tarife brauftragt. AbFerdem ist für Kohle bereits ein Ausnahmetarif in Vorbereitung. Welter sind für Steine, für Thüringer Waren und für einige andere Gegerstände Ausnahmetarife in Vorbereitung.
Aos den gestrigen Ausführungen möchte ich noch einige Anfragen
hier gestellt worden sind.
Brunner hat davon gesprochen, daß die Er⸗
en von Beamten und Arbeitern nicht von der Verwaltung be⸗ rüclsichtigt würden, und vaß sich da noch genau das alte Schema zeige. Erfindung technisch und wirtschaftlich für daß Beste hält, und wenn worden ist. Also da kann man nur dann einschreiten, wenn ganz be⸗ doch dem hohen Haufe mitteilen, daß wir Erfindungen d 1908 bis 1918 sind ungefähr 220 000 ℳ gezablt worde . amte und Arbeiter. Ich glaube, die Zahl deweist, daß die Erfindungen, die auz den Bettieben herausgekemmen sind, doch beachtet worden und
prämiiert
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talsäachlich durchzefüprt und * 5να , 0 19 ¹ n, Zweck jäherlich 20 000 ₰
8
ö erhöht wird, damit naan hier
Dann hat Herr ⸗Aöbgeordneter Garnich mich gefragt, ob der Ge⸗ werkschaßtsbund deulscher Eisenbahnbeamten vom Minister aufgefordert Verbände ergangen ist. Diese Frace kann ich mit nein beantworten. bünd der Beamten hat die Liste von sich aus eingereicht, und ich habe vielfack nicht einverstanden gewesen ist. Auch im „Vorwärts“ waren werden, so würde ich nicht einseben, warum iñch
Liste binden, und zanz selt
iste vorgeschlagen nicht für eine Be⸗ fachliche Tücktigkeit entscheidend sein wird. (Sehr mwchtig! rechts und in der. Mitte.) 8.⸗
Ich Lebauere in anderer
daß es mir nicht möglich ist,
Geld, das ich gebrauche, beim Herrn Finanzm nister erbitten muß,
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und Arbeiter dafür sorgen, daß unseke Finanzberhältnisse recht bald wieder geordnete werden, würde ich viel lecchte: in der Lage sein, an sich berechtigte Wünsche zu erfüllen als bieher.
Der Abgeordnete Schmedding hat sobann Bekenken gegen das Gisenbahnzentralamt geälßert uünd den Wunsch aus⸗ gesprochen, es möchte bei der Verkeschlichung verschwinden. Das Eisenhahnzentralamt hat sich als eine Notwendigkeit erwiesen. Es mag sein, daß in dem einen oder andern Falle eine zu große Zentrali⸗ sicrung erfolgt ist. Wir werden z. B. bei der Umörganisierung der Werkstätten dafür sorgen, daß die Beschaffung der Baustoffe für die Wärkstätten etwas dezentralisiert wird, gegenüber den heutigen Zu⸗ ständen; aber es ist nicht zu leugnen, daß das Eisenbahnzentrelamt die allerbesten Dienste geleistet hat, und daß man vermutlich bei der Verreichlichung der Eisenbahnen auf diesem Wege nicht zurückgehen, sondern weiterschreiten wird, das heißt, nach dem Bilde des Eirsen⸗ kahnzentralamts viclleicht noch andeie Organisationen⸗schaffen wird, um die Direktionen und vor allem die Zentrale zu entlasten. Ich kann darauf himpeisen, daß die meisten Einzelstaaten an mich mit dem Wunsche herangetreten sind, schon vor der Verreichlichung an dem Eisenbahnzentralamt beteiligt zu werden, das heißt, das Eisenbahn⸗
si erung der Eisenbahnen vernachlässigt werde.
Reichsanzeiger ind Preußischen Staatsanzeiger
Berlin, den 11. Oktober
Sonnabend, zentralamt möchte doch die Beschafsung für sie mit übernehmen, da sie überzergt sind, daß das Zentralamt das sehr gut tue.
Es ist dann behauptet worden, es würde von uns noch eine Zensur über die Bahnhofsbuchhandlungen aus⸗ geübt. Ich glaube, es wird dem Herrn Abgeordneten Paul Hoffmann,
der diese Behauptung cufgestellt hat, außerordentlich schwer werden,
dofür auch nur den geringsten Beweis zu erbringen (hört, hört! rechts), denn eine derartige Zensur besteht nicht. 8
Es ist weiber gefragt worden, wie es mit den Eisenbahn⸗ beamten aus Elsaß⸗Lothrängen stände und ob eine Auf⸗ nahme dieser Beamten in deutsche Eisenbahnen erfolge. Ich kann das bejahen. Es ist unter den einzelstaatlichen Verwaltungen eine
Verständigung darüber erfolgt, in welchem Maßstabe die Beamten wirder übernommen werden. in die bestehenden Eisenbahnen übergehen.
Sie werden mit der Zeit wohl restlos
Weiter ist der Vorwurf erhoben worden, daß die Elektri⸗ Die schweren und großen Bedenken gegen die Elektrisierung sind ja bebannt, ich brauche darauf heute nicht näher einzugehen. Ico, möchte aber er⸗ rähnen, daß wir die zwei elektrischen Fernbahnen Magdevarg—Leipzig — Halle und Lauban — Königszelt nun fertigstellen werden, nachdem der Krieg vorber ist und uüns die erforderlichen Materinlien wieder zur Verfuaung stehen. Außerdem ist ja die Elektrisierung der Ber liner Sradt⸗ und Vorxortbahnen mit Ihrer Unterstützung eingelenet worden. Es werden zunächst die Vorortbahnen Berlin—Beenau und Berlin— Hermedorf elsktrisch eingerichtet. Die Arbeiten sind gegen⸗ wärtig im Gange. Außerdem wird an dem Problem der Vollelektri⸗ siercung der Ewenahnen in meinem Ministerium gegenwärtig außer⸗ ordentlich lebhoft gearbeitet, und ich habe die Hoffnung, daß mit dem Zeitpunkt, an dem die Verreichlichung eintreten soll, wir ein voll⸗ ständig im einzelnen ausgearbeitetes Programm über die Vollelektri⸗ sierung der Reichseisenbahnen vorlegen können.
Dann hat der Abgeordnete Paul Hoffmann wieder darüber ge⸗ klagt, daß die Wasserstraßen zum Kohlenlransport nicht genügend herangezogen würden. Ich muß dem Abgeordneten Paul Hoffmann leider sagen, daß mir darüber eine Verfügung nicht zusteht. Ich bin zwar Bautenminister, aber der preußische Bauten⸗ minister hat nur mit der Herstellung der Wasserstraßen, der Kanäle, der Häfen zu tun, aber er hat nicht den Verkehr auf den Wasserstraͤßen. Als Eisenbahnminister bin ich bei dem Transport von Kohlen verpflichtet, mich den, Anweisungen des Reichskohlen⸗ kommissars zu fügen. (Zuruf bei den Unabhängigen Sozigldemokraten: Sie könrnen dich einen Druck ausüben!. Es ist also Sache des Reichs⸗
fohlenkommissars, die Wasserstraßen entsprechend zu bedenken. Jch
habe aber den Vorschlag gemacht, die Schiffahrtsabteilung des Großen Generalstabes meinem. Ministerium zu unterstellen, dann hätte ich
auch die Möglichkeit gehabt, den Druck, den Sie wünschen, quszuüben.
Die Reicksregierung hat aber anders beschlossen, und so bin ich nicht in der Lage, hier einzugreifen.
Was nun den Königsberger Erlaß des Eisenbahn⸗ direktionspräsidenten Platho anbetrifft, der gestern hier ebenfalls zur Sprache gekommen ist, so ist mir der Erlaß selbst nicht bekannt. Er stammt vom 14. Juni d. J., also aus einer Zeit, in der man allerdings noch daran denken konnte, daß es notwendig
wäre, die Freiwilligentruppen zu verstärken. Ich mache darauf auf⸗
merksam, daß verschiedene Eisenbahnlinien in jener Zeit fortgesetzt unter polnischem Feuer lagen, und daß es selbstverständlich war, daß die Eisenbahnbeamten demgegenüber nicht schutzlos bleiben, durften, daß man ihnen die Möglichkeit geben mußte, sich den polnischen An⸗ griffen gegenüber zu verteidigen.
Der Herr Abgeordnete Paul Hoffmann hat auch dawon gesprochen, daß Frei wil! ige, die nach Rußland gingen, Freischeine bekämen. Auch hier wird es ihm schwer werden, nachzuweisen, daß irgendeine Eisenbahnbehörde einen derartigen Freischein ausgestellt hat. (Hört! hört!) Es ist möglich, daß sie Sckeine zur Fahrt bekommen, vielleicht von einer militärischen Instanz, dann sind das Abre hnungs⸗ scheine; sie bekommen darauf freie Fahrt, und pom Reich wird auf
Grund dieser Scheine die freie Fahrt an die Staatseisenbahn bezahlt. Der Herr Abgeordnete Paul Hoffmann hat weiter davon ge⸗
sprochen, daß eine Aufforderung ergangen ist, die Kohlen⸗
arbeiter aus den Staatseisenbahnen herauszu⸗ ziehen. Diese Aufsorderung ist allerdings ergangen von den Reichs⸗ behörden, da es notwendig ist, alle gelernten Kohlenarbeiter in die Kohlenreviere cu bringen, damit wir mehr Kohlen bekommen, denn die mangelnde Kohle ist ja mit eine der Grundursachen aller der Uebel, an deren wir kranken. Ich meine, gerade in einem sozialisierten Staat muß man dafür sorgen, daß die geeigneten Arbeitskräfte. hin kommen, wo sie am besten gebraucht werden. Also kenn mon keinen Vorwurf dogegen erheben, wenn festgestellt wird, welche Nößkhn⸗ erbeiter in der Eisenbahnverwaltung vorhanden sind, urd Weßih
durch andere Arbeiter ersetzt werden, falls sierbereit sind, in daes KeWhlon⸗
revier zu gehen. (Zwuf.) — Selbstverständlich mit ihrem Wetkeh, 7s soll kein Zwang auf die Arbeiter ausgeübt werden. Es vesteht bier ein
Erlaß des Direktionspräsidenten in Berlin, den der Abßeordeseke Hoff⸗ mann vielleicht im Auge hatte. Dieser Erlaß ist an die Dienststellen gerichtet und ersucht, festzustellen, welche Kohlenmbeiter in den Dienst⸗ stellen vorhanden sind. In dem Erlaß wird ausdrücklich gesagt: sie sind aber nichtt zu entlassen. Der ⸗Erlaß stellt zunächst nur einmalrfest,
Arbeiter vorbanden sind, au dann be⸗ steht die allgemeine Vorschrift, daß bei Entlassungen in Ueberein⸗ stimmung mit den Arbeiterausschüssen vorzugehen ist. Ich weiß also nicht, worüber sich der Herr Abgeordnete Paul Hoffmann beklagt. Sehr richtig!) .
Nun hat der Herr Abgeordnete Paul Hoffmann gestern hüer auch die Erklärung abgegeben, daß alle Arbeiter ohne Ausnahme Gegner der Einführung eines Akkords oder Prämiensystems bei der Staatsbahn sind. Dieser Aeußerung muß ich ganz entsch ieden widersprechen. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.) Ich weiß aus sehr vielen Unterredungen mit Eisenbahnarbeitern, daß zsie
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gern bereit wären, wieder zu einem Prämiensystem zurückzukehren, be⸗ senders unter den Umständen, wie ich es ihnen angeboten habe. Ich weiß auch von einer großen Zahl von Arbeiterführern, doß sie auf dem⸗ selben Standpunkt stehen, daß in der gegenmärtigen Zeit ein solches System eingeführt werden muß, und erst vorgestern hat mir ein Eisen⸗ dehner, ein entshiedener Gegner, ein grundsätzlicher Gegner des
sagt: unter den gegenwärtigen Umständen muß ich eingestehen, daß wir ohne ein derartiges System nicht wieder in hie — n. (Hört! hört!) Ich werde deshalb dafür ein⸗ treten. Ich bin der Ueberzeugung, wenn jeder in dieser schwierigen gegenwärtigen Situation den vollen Mut seiner Ueberzeugung hat, freizumachen weiß, wird er es unter den heutigen Umständen — mag man sonst zu einem derartigen System stehen, wie man will — für unerläßlich halten, daß wir besondere Mittel anwenden, und eins diefer Mittel ist eben ein so mildes und für die Arbeiter so vorteilhaftes Prämien⸗ oder Akkordsystem, wie es hier in Frage steht. (Sehr richtig!) .
Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Hoffmann hat dann noch auf den Antrag bezug genommen, der von seiner Partei gestellt ist wegen Auszahlung einer abgestuften Beschaffungszulage an Arbeiter, die noch nicht 6 Monate in der Staatseisenbahnverwaltung eingestellt sind. In derselben Richtung geht eine Reihe von Anträgen, die mir gus der Arbeiterschaft zugegangen sind. Ich bin aber hier an die Vorschläge des Herrn Finanzministers gebunden, die die Zustimmung dieses hohen Hauses gefunden haben, die danah Gesetz sind, und nach denen ich mich zu richten habe. Ich würde aber durchaus damit ein⸗ verstanden sein, wenn das hobe Haus das Bedürfnis empfindet, d Frage noch einmal zu prüfen, daß das vielleicht im Staatshaus⸗ haltausschuß geschieht. (Beifall.) 8
Abg Fries (Soz.): Auf Grund des Friedensvertrages sind wir ge wungen, in nnserem Eisenhahnwmesen einen Eirbritstarif ein⸗ . sbedungen hat, ibre Waren nach dem
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zutühren, da die Entente sich
Wrreichlichung der Staatsbahnen geschieht der
deulschen. Einbeit Mit Unrecht hat man den Abg
mwegen seiner Kriiik an dem Minister Breitenbzch getadelt
hat Herrn y. Breitenhach als den fur das alte Syostem Verantwort⸗ fritistert. Herr v. Briettenbach trägt mit seinem Sostem
zweifellos
lichen einen großen Teil der Schud an dem Zusammenbruch unserer Eisenbahnen; er hat sich nicht genügend bewährt. Er ist auch mit schuld daran, daß die Schötzengräoen zum Teil aus den Reihen der Eisenbarner autgefüllt wurden; hier im Hause sitzen Mitaliede die als Eisenbahrer zweimar ützene mnaus mußzen. Ich bedaure anßerordentlich, daß
„treuen Diener seies Heren un
vor einem Räatsel, wenn man mit d.
Schmedding die Reden für die Nevu
end ich einmal mit dieser andauernden
gufhoören, es ist schon genug Unheil
Während des Krieges ist der Eisenbahndient
und mehr verschlechtert worden. Lokomottve
gleschmäßig gelitsen, sie sind rasch abgenn
worden, so daß sich die Verstopfungen von
häuften. In ihrer jesigen Beschaffenhei
noch sehr bedingt leistungs ähig. Die D⸗Züge dürfen nicht mehr in der Weise, wie es jetzt geschieht, wo das te aus der Lokomot ye herauegepreßt wird und ihre Ueoerbeanspruchan zugeunde richten muß, uber a tet werden. lokomotive muß geschaffen werden dann sind ich zu beschaffen, die Reparaturen viel schneller und mer mühren. Die Beutelokomorwen sollte man doch ve taufer. Auch ür die Wagen muß ei Einheitsmodell geschafen werden. Die erste Wagen⸗ klasse wird schnell genug abaeschafft. Um edieres Mech! zu sparen. müßen alle Wagen mit Selbstfchließern aus Esen rerehen werden. Der Preis für die Betten in den Schlafmwagen erster Klasse ist zu erhöhen, der Gewinnanteil des Sta tes an den Sreisewagen des⸗ haarsträubend. Beonders den Eisenbahnwerkstätten ꝛu
not. Die Gebäude und Einrichtungen sind sehr
maschinen ausgeletert. Die Doppelschicht muß a werden. Ber der Vergeoung Reparaturen
mit großer Vorsicht zu verfahren. Der Kohlennot n. auf Daner nur durch den Ausbau der Wasserstraßen und durch die Eeek⸗ trisierung abzuhelfen sein. Erforderlich ist zur Gewinnung meiterer Energiestationen eine Verm der Tal perren. Die 220 000 OQuadratkilometer Moorfläche Preußens bieten der Industrie ein dank⸗ Verkokung des Torfes bietet sehr lohnende Aussichten. Wie weit ist es mit den Propellerbahnen gediebden? Die Demekrat sierung der Verwaltung ist ein unbedingtes Exfordernis. Für ei Akkord ystem sind auch wir aber dabei muß de Verwaltung gegenüber den Arbeiten mit offenen Karen svielen. Das „Free Bahn dem Tüchtigen“ muß auch bis in die oberen Stellen hinein in Gelsung treten.
Abg. Merx⸗Cöln (Z.): Die Neureg⸗lung der Beseoldungs⸗ verhättnisse wird durch ein neues Beso dungsgeses erfolgen und die Wünsche der Arbeiter und Beamten dabet nach Mög tchkeit berück⸗ sichtigt werden. Un haltvar ist die traurige Lage der Jnsaliden unter den Eisendbahnarbeitern. Schon im Interesse der Kmeererkiehung muß eine Gehaltsaufvesserung erfolgen. Die soenaame gehobene Unterbeamtenklasse muß in die Kasse der mittleren Beamten ein⸗ gefügt werden und in der neuen Besoldungsordnung üverhaupt ver⸗ schwinden. Es darf diese Beamtenklasse aber nicht nach unten geführt, fondern sie muß nach oben gehoben werden. Die Schaffung eines durchaus freiheitiichen Beamtenrechts ist unbedingt erforderlich. Auch erwarten die Beamten die baldige Einführung der 48 stündigen Arbertszeit bei allen Eisenbahnverwaltungen. Obgleich der frühere Eisenbahnm mister mir die Zulagen für Nachtdienst versprochen hat, ist dies bisher noch nicht geschehen. In Rücksicht auf die gesteigerte Arbeitsleistung in der Nacht ersuche ich den Minister um schnellste G⸗währung der Zulagen. Der Minister selbst muß die Berechtigung dieser Forderung anerkennen. Ein anderer Wunsch der Beamtenschast ist die Einsichtnahme in die Persogalakten, sowie das Recht auf Be⸗ such eines Spezialarztes. Eine allgemeine Klage der Beamtenschaft geht dahin, daß ihnen durch die Miritäranwärter das Aufrücken in die höheren Beam enstellen sehr erschwert wird. Obgleich ja anzuerkennen ist, daß der Mimister versprach, trotzdem den Unterbeamten das Aufrücken möglich machen zu wollen, möchte ich doch darum bitten, daß in Zukunft die Militäranwärter nicht den Zivil⸗ anwärtern vorgezogen werden dürfen. Auch hier muß der Grund⸗ sat gelten: Freie Bahn dem Tüchtigen. Die gehobenen Be⸗ amten haben ferner den Wunsch nach einer unkündharen Anstellung. Unbedingt aber muß gefo derr werden, daß solche Elemente, die sih am wilden Streik beteiligen, restlos aus der Eisenbahnverwaltung entfernt werden muͤssen. 6“