die Arbeit bis spätestens Donnerztag, 8 Uhr früh, — andernfalls sie sich als etdshes zu betrachten haben. Der Magrstrat ist gewillt, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln den Betrieb in den Büros, insbesondere in den lebenswichtigen Verwaltungsstellen aufrechtzuerhalten und sich dabei auch nicht durch Androhung von Sabotage gegen amtliches Material zurückschrecken zu lassen. Der Magistrat wird sich, wenn erforderlich, in einem Aufruf zur Hilfe an die gesamte Bevölkerung wenden. Für den Schutz der Arbeitswilligen wird Sorge getragen werden.
Die kaufmännischen Angestellten der Breslauer Damenkonfektion beschlossen „W. T. B.“ zufolge, von heute an in den Ausstand zu treten.
Der Ausstand in der Binnenschiffahrt in Königs⸗ berg i. Pr. ist, wie „W. T. B.“ meldet, beendet.
Die „Pfalzzentrale“ meldet: Die Ermordung der 17 Jahre alten Katharina Arnold in Ludwigshafen durch französische Soldaten hat die Bevölkerung Ludwigshafens in neue große Erregung versetzt. Um gegen den unglaublichen Terro⸗ rismus der französischen Soldateska Einspruch zu erheben, hat gestern
ein eintägiger Generalausstand in Ludwigshafen eingesetzt, an dem sich die Arbeiter und die Bürgerschaft gleichermaßen bete ligen. Sämtliche Geschäfte und Gastwirtschaften haben geschlossen, die Staßenbahn hat ihren Betrieb eingestellt. Nach einer von „W. T. B.“ übermittelten Meldung des „Nieuwe Courant“ aus New York, wird infolge des Abbruchs der Verhandlungen zwischen den Besitzern der Asphaltkohlenbergwerke und dem Bergarbeiterverband der Ausstand der Bergarbeiter für den 1. November verkündet werden; 400 000 Arbeiter werden die Arbeit niederlegen.
Theater und Mufik.
Schaufpielhaus.
neue Intendant des Schausvielhauses, Leopold Jeßner, welcher in der bei Nebernahme seiner Stellung gehaltenen Rede die Neubelebung und Pflege der Klassiker als seine vornehmste Aufgabe bezeichnete, hat für die erste Neuaufführung des seiner Leitung anvertrauten Theaters „Maria Stuart“ erwählt. Die gestrige Darstellung des Schillerschen Trauer⸗ spiels an der Stätte, wo es von jeher heimisch war, ließ viel von dem neuen Geist verspüren, der fortan auf der ebemals Keflte Bühne herrschen soll, zunächst schon in den Aeußerlich⸗ keiten, in den Bühnenbildern, die in dieser Zeit der Teuerung und der Kohlenknappheit notgedrungen vereinfacht werden müssen, um möglichst geringe Ausgaben und eine möglichst kurze Aufführungs⸗ dauer zu ermöglichen. Der Münchener Maler Emil Pirchan hat die Aufgabe, wesentlich vereinfachte Bühnenbilder von vornehmem künstlerischen Geschmack zu entwerfen, mit aner⸗ kennenswertem Geschick gelöst; bei der Kleidung der Darsteller war auch mehr Wert auf die malerische Wirkung als auf die strenge Geschichtstreue gelegt, die seit den Meiningern auf der Schauspiel⸗ hausbühne herrschte. Allzu farbenfreudig erschien aber das blaue Gewand der Maria für die in Kerkermauern schmachtende Königin, und allzumodern die Anordnung des Haares ohne den gewohnten Kopfputz und Schleier. Die Maria war Lucy Höflich, die von der Reinhardtbühne in das Schauspielhaus übergesiedelt ist und zum ersten Mal ihre in ganz anders gearteten Aufgaben be⸗ währte und bewunderte Kunst in den Dienst Schillers stellte. Der Versuch gelang; diese Maria stand stark im Vordergrund und fesselte durch die Macht ihrer Persönlichkeit. Frau Höflich sprach Schillers Verse natürlich und ohne Pathos, aber mit vollem Verständnis für die feingeschwungenen Linien des Rhythmus, für die Schönheit und den Fluß der Wortmelodie, ohne dabei jemals in nüchterne Alktäglichkeit zu verfallen. So kam das Wort voll zu seinem Rechte, ohne daß die menschliche Gestaltung der Rolle zu kurz gekommen wäre. Man weiß von dieser Künstlerin, daß sie nicht b edalich mit dem Verstande, sondern mit dem Herzen schafft, so waren denn bald jene unsichtbaren Fäden zwischen ihr und den Zuschauern geknüpft, die dessen lebhafte Anteilnahme gewährleisten. 8 Nur die Parkszene geriet aus Mangel an Steigerung und durch das nicht ganz zureichende Gegenspiel der Darstellerin der Elisabeth etwas matt. Aber der tiefergreifende Schluß machte diesen Mangel wieder wett. Die Elisabeth gab Agnes Straub in dem Bestreben, mehr das Weib als die Königin hervorzukehren, darum gelangen ihr die Auftritte, in denen sie die Gefallsucht, den Wankelmut, die Eitelkeit, die Eifersucht der Elisaheth zeichnen konnte, am besten. Bei den Staatsaktionen wirkte die zu stark betonte, männlich gefärbte Herrschergebärde unnatürlich, in der Parkszene dagegen wurde die Ueberlegenheit der Machthaberin gegenüber der Gefangenen zu wenig selbstbewußt zur Schau getragen, so daß, wie schon oben esagt, die Wirkung infolgedessen matt blieb. Hier müßte der Spiel⸗ — — Dr. Bruck durch bessere Abtönung von Rede und Gegenrede nachhelfen. Eine neue Erscheinung auf der Schauspielhausbühne war ritz Kortner als Mortimer, ein Darsteller, der diese Gestalt pollständig ins Hvsterisch⸗Pathologische verzerrte. Das ekstatische Wesen dieses Jünglings kann man sich schlechterdings nicht so vorstellen, wie es durch Herrn Kortner gezeichnet wurde. Man vertraue ihm andere Aufgaben an, etwa den Franz Moor, oder den Wurm in „Kabale und Liebe“, für die er sich schon äußerlich weit besser eignen würde als für den stchwärmerischen Mortimer. Von den anderen Rolleninhabern hinterließen Kark Clewing als weltmännisch gewandter, höfisch geschmeidiger Leicester, Albert Patry als kluger und in Dingen der Staatsweisheit unerbittlicher Burleigh sowie Arthur Kraußneck als wohlmeinender, zur Milde ermahnender Talhot bleibende Eindrücke. Auch alle übrigen Mitwirkenden füllten ihre Plätze gut aus. Der Beifall war stark und herzlich.
Im Opernhause wird morgen, Donnerstag, „Figaros Hoch⸗ zeit“, mit den Damen von Granfelt, Hansa, Marherr, von Scheele⸗ Müller, Escher und den Herren Ziegler als Gast, Stock, Bachmann, Lücke, Philipp und Krasa besetzt, gegeben. Dirigent ist Dr. Stiedry. An⸗
fang 6 Uhr. — Die Leitung der Staatsoper hat mit Richard Strauß ein Abkommen getroffen, wonach er im Laufe des Oktober und November 6 Aufführungen eigener Werke und vier Symphoniekon⸗ zerte der Kapelle der Staatsoper bieten wird, von denen das erste am 28. d. M. (nicht wie ursprünglich beabsichtigt, am 17.), die weiteren am 14. und 27. November sowie am 10. Dezember stattfinden. Die Erstaufführung der „Frauohne Schatten“ unter der musikalischen Leitung des Generalmusikdirektors Leo Blech ist auf Anfang Januar festgesetzt. Richard Strauß hat seine persönliche Teilnahme an den letzten Proben und der Aufführung in Aussicht gestellt. Als nächste Neuheiten der Staats⸗ pper gehen in Szene: am 11. November Eugen d'Alberts „Stier von Olivera“ und im Dezember die einaktige komische Oper „Susannens Geheimnis“ von Wolf Ferrardi sowie zwei choreographische Werke: das Ballett „Klein Idas Blumen“ von Paul von Klenau und „Silhouetten“ von ich Kröller, dem Ballettmeister des Münchener Nationaltheaters.
1“
G
ne setzen. 58 Seigh uspielh ause wird morgen „Peer Gynt“ mit den Damen Conrad, Schön, Steinsieck, Cbinger und den Herren Mühl⸗ hofer, Boettcher, Werner, von Ledebur, Kraußneck in den Hauptrollen gegeben. Spielleiter ist Dr. Reinhard Bruck. Anfang 6 ½ Uhr. In der am Freitag in den Kammerspielen des Deut⸗ schen Theaters stattfindenden Uraufführung des Dramas „Jwanow“ von Tschechow wirken in den Hauptrollen mit: Alerxander Moissi, Werner Krauß, Maria Fein, Marx Gülstorff, Friedrich Kühne, Elsa Wagner, Margarete Kupfer, Kurt Lucas, Thea Kasten, Lotte Stein, Siegmund Nunberg und Hugo Döblin. Das Werk wird von Felix Hollaender in Szene gesetzt.
8
4
bpbh) bei Abwerfen auf dem Straßendamm
er wird auch als Gast in der Staatsoper beide Ballette in
Der Kohlenverband Groß⸗Berlin hat unter dem 13. Ok⸗ jober 1919 folgende Bekanntmachung über Festsetzung von Brikettpreisen erlassen: —
Unter Aufhebung der in der Bekanntmachung des Kohblenver⸗ bandes Groß⸗Berlin vom 1. Oktober 1919 — J.⸗Nr. L. 4026/19 — festgesetzten Verkaufspreise für Briketts werden auf Grund der Be⸗ anntmachung des Bundesrats über Errichtung von Preisprüfungs⸗ stellen und die Versorgungsregelung vom 25. September/4. o. vember 1915 (Reichsgesetzblatt S. 607 und 728) in Verbindung mit der Anordnung der Landeszentralbehörden über die Errichtung des Kohlenverbands Groß⸗Berlin vom 21. August 1917 für die Stadt⸗ kreise Berlin, Chaxlottenburg, Neukölln, Berlin⸗Schöneberg, Berlin⸗ Lichtenberg, Berlin⸗Wilmersdorf sowie die folgenden Orte der Land⸗ kreise Teltow und Niederbarnim:
I. im Gebiet des Kreises Niederbarnim: Berlin⸗Buchholz, Berlin⸗Reinickendortf, Berlin⸗Friedrichsfelde, BPBerlin⸗Rofenthal, Berlin⸗Heinersdorf, Berrlin⸗Stralau, Berlin⸗Hohenschönhausen, Berlin⸗Tegel. Berlin⸗ Niederschönhausen, Berlin⸗Weißensee, Berlin⸗Oberschöneweide, erlin⸗Wittenau, Berlin⸗Pankow, utsbezirk Schönholz,
II. im Gebiet des Kreises Teltow: 8 8 Berlin⸗Grunewald, Berlin⸗Tempelhof, 8 Berlin⸗Schmargendorf, Berlin⸗Mariendorf, Berlin⸗Dahlem (Gut), Berlin⸗Marienfelde, 8 Berlin⸗Friedenau, Berlin⸗Niederschöneweide, Berlin⸗Steglitz, Berlin⸗Johannisthal, Berlin⸗Lichterfelde, Berlin⸗Britz, 8 Berlin⸗Zehlendorf, Berlin⸗Treptow, 1 Berlin⸗Lankwitz, Grunewald⸗Forst (Gut) mit Genehmigung der Staatlichen Verteilungsstelle für Groß⸗Berlin die Preise wie folgt festgesetzt:
§ 1. Preise für Küchen⸗ und Ofenbrand.
Es dürfen folgende Preise nicht überschritten werden: 8 a) bei Selbstabholung ab Lager ℳ 5,35 je Zentner, b) bei Abwerfen auf dem Straßendamm vor dem Grundstück des Verbrauchers „ 5,75 „ 9 bei Abwerfen auf dem Hofe „ 5,80 „ „ d) bei Lieferung frei Erdgeschoß oder Keller „ 5,90 „ „ 2. Preise für Brikettlieferungen an das Klein⸗ ewerbe sowie für Zentralheizungs⸗ und Warm⸗ asserbereitungsanlagen in Fuhren nicht unter 30 Zentnern. Es dürfen folgende Preise nicht überschritten werden: anz) bei Selbstabholung ab Lager ℳ 5,35
s
je Zentner,
vor dem Grundstück des Verbrauchers „ 5,70 „ „ 9 bei Abwerfen 59 dem Hee .. . 5,75 „ d) bei Lieferung frei Erdgeschoß oder Keller „ 5,85 „ „
§, 3. Der Kohlenhändler ist verpflichtet, den Verbrauchern an derjenigen Abgabestelle, an der sie in die Kundenliste eingetragen su. 1g Briketts auf Verlangen zur Selbstabholung zur Verfügung zu en. 1
§ 4. Die Kohlenstelle Groß⸗Berlin wird ermächtigt, für das Gebiet der Landkreise Teltow und Niederharnim mit Zustimmung des zuständigen Landratsamts für einzelne Stadt⸗ und Sneehee. auf deren Antrag eine von der Preisfestsetzung der §§ 1 und 2 dieser Bekanntmachung abweichende Preisfestsetzung zu treffen⸗
§ 5. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser Be⸗ kanntmachungen sowie gegen Anordnungen, welche die Kohlenstelle Groß⸗Berlin in Gemäßheit des § 4 dieser Bekanntmachung erläßt, unterliegen der Bestrafung gemäß § 17 Ziffer 2 der Bekannt⸗ machung des Bundesrats über die Errichtung von Preisprüfungs⸗ 8 Versorgungsregelung vom 25. September und 4. No⸗ vember 3
6. Diese Bekanntmachung tritt mit dem Tage der Ver⸗ öffentlichung in Kraft.
Ferner hat die Kohlenstelle Groß⸗Berlin unter dem 13. Oktober 1919 folgende Bekanntmachung über Fest⸗ setzung von Brikettpreisen in den Landkreisen Teltow und Niederbarnim erlassen: 8
Unter Aufhebung der in der Bekanntmachung der Kohlenstelle Groß⸗Berlin vom 1. Oktober 1919 — J.⸗Nr. L. 4032/19 — fest⸗ gesetzten Verkaufspreise für Briketts wird auf Grund des § 4 der Be⸗ kanntmachung des Kohlenverbandes Groß⸗Berlin vom 13. Oktober 1919 für das Gebiet der Kreise Niederbarnim und Teltow mit Aus⸗ nahme der in letztgenannter Bekanntmachung aufgeführten Orte*) folgendes bestimmt: G “
§ 1. Preise für Küchen⸗ und Ofenbrand. Es dürfen folgende Preise nicht überschritten werden: 2) bei Se ab Lager ℳ 5,10 je Zentner, b) bei Abwerfen auf dem Straßendamm „ 5,45 „ „ c) bel Abwerfen auf dem Pels⸗ LE16“*“ 8 d) bei Lieferung frei Erdge 2 oder Keller „ 5,60 „ „ Für die Preisstellung ist maßgebend der Sitz der geschäftlichen PFergracsäne des Kohlenhändlers (nicht der Wohnsitz des Ver⸗ brauchers). —
§ 2. Preise für Brikettlieferungen an das Klein⸗ gewerbe sowie für Zentralheizungs⸗ und Warm⸗ wasserbereitungsanlagen in Fuhren nicht unter 30 Zentnern. Es dürfen folgende Preise nicht überschritten werden: a) bei Selbstabholung ab Lager ℳ 5,10 je Zeutner, b) bei Abwerfen auf dem Straßendamm „ 5,45 „ 4 c) bei Abwerfen auf dem Hosfe . „ 5,55 „ 7 d) bei Lieferung frei Erdgeschoß oder Keller „ 5,60 „ 8 § 3. Der Kohlenhändler ist verpflichtet, den Verbrauchern au derjenigen Abgabestelle, an der sie in die Kundenliste eingetragen sind, han Briketts auf Verlangen zur Selbstabholung zur Verfügung zu ellen. § 4. Hanwech ehsae tfce gegen die Bestimmungen dieser Be⸗ kanntmachung unterliegen der Bestrafung gemäß § 5 der Bekannt⸗ machung des Kohlenverbandes Groß⸗Berlin vom 1. Oktober 1919.
88 8 Diese Bekanntmachung tritt mit dem Tage der Veröffentlichung aft.
in *) I. im Gebiet des Kreises Niederharnim: Berlin-⸗Buchholz, Berlin⸗Reinickendorkt., Berlin⸗Friedrichsfelde, 4 Fersin⸗Rosentbal, 8“ Berlin⸗Heinersdorf, Berlin⸗Stralau. Herla⸗Hghenschenhausen. Berlin⸗Tegel, Berlin⸗Niederschönhausen, Berlin⸗Weißensee. Berlin⸗Oberschöneweide, Berlin⸗Wittengu, Berlin⸗Pankow, Gutsbezirk Schönbolz. II. im Gebiet des Kreises Teltow: Berlin⸗Grunewald, . Berlin⸗Tempelhof, Ferlin⸗Schmargendort Berlin⸗Mariendorf, Berlin⸗Dahlem (Gut), Berlin⸗Marienfelde, Berlin⸗Friedenau, Berhin⸗Niederschöneweide, Berlin⸗Steglitz, Berlin⸗Johannistbal. Berlin⸗Lichterfelde, Berlin⸗Britz, 8 BelinZe lendorf, Berlin⸗Treptow, ’ Berlin⸗Lankwitz, Grunewald⸗Forst (Gut).
- Die Berliner Stadtverordneten stimmten b Pftriggh außerordentlichen Sitzung einer Vorlage , Annahmmne des Schiedsspruches des gemeindlif
Zentralausschusses in Sachen des Arbeitertalt
ohne Erörterung zu. Die Durchführung des Schiedsspruchs erfn
einen jährlichen Mehraufwand von etwa 38 Millionen. l
wurden die Vorlagen, betreffend 1) Unterstützung der gb
heirateten weiblichen Erwerbslofen; 2) Eatwurf zur En
tung einer Siedelungsanlage in Buch; 3) Vorentwurf 5
Siedelungsanlage in der Jungfernheide, dh⸗
ohne Erörterung angenommen. Die Stadiv. Koch und Em
hatten folgenden Antrag eingebracht: „Der Magistrat wolle
Berücksichtigung der Verfassung dafür Sorge tragen, daß
Wohnungsrecht der Berliner Bürger gewahrt werde, und re th
durchgreifende Maßnahmen treffen, damit die bestehende W ohnugß
not nicht ein dauernder Zustand werde. Für den Augenblich 1
der Magistrat der Wohnungsnot dadurch steuern, daß 1) Zr
nicht heimatberechtigter Einwanderer geheu werde; 2) lästige Ausländer ausgewiej werden; 3) Einbürgerungsgesuche mit größter Zurückha behandelt werden. Außerdem lag folgender Antrag der Sta
Cassel und Genossen zur Beratung vor: „Die Versamul
wolle den Magistrat ersuchen: 1) Anordnungen zu treffen
bei der sogenaännten Zwangseinquartierung den treffenden Wohnungsinhabern Name, Beruf, Stand
Anzahl der Zuziehenden vor dem Zuzuge rechtzeitig bein
gegeben werden, damit ihnen einzuräumende Einwendun
noch geprüft werden können; 2) die Beauftragten des Wohnungar anzuweisen, mit Zuvorkommenheit gegenüber den Wohrnm inhabern die Zuteilung der Wohnungsuchenden vorzunehmen und
Wünsche der Verfügungsberechtigten möglichst zu berücksichti
3 bei der Zwangseinquartierung gebührende Rücksicht auf den eerlin notwendigen Fremdenverkehr zu nehmen und eine
legung der Hotels nur in äußerstem Notfall zu veranla
4) die Räume der in großer Zahl vorhandenen sogenannten H⸗
pensionen auf Stunden, Tage und Wochen“ weitgehendst
beschlagnahmen und mit Wohnungsuchenden zu belegen.“ Mrhd 8
mit großer Mehrheit angenommen. Sodann stimmte die Versan lung, ebenfalls mit großer Mehrheit, einem Antrag der Stit Baxkowski und Gen. zu: „den Magistrat zu ersuchen, gegen Beschlagnahme der Gemeindeschulen durch das Wohnu amt Einspruch zu erheben“. Eine Magistratsvorlage, betreffend böhung der Kanalisationsgebühren, wurde einem Auzst zur Vorberatung überwiesen.
Fre bst porftf est des Deutschen Reichsausschuss ür G“ ngen als letzte diesjährige volkssportliche; anstaltuns am Sonntag, den 19. Oktober, Rachm ttags 3 Uhr, sig finden. Das Programm verspricht die Deutsche Waldlaufmeisterh sowie den 50⸗km⸗Wettmarsch um die Meisterschaft von Bell Ausgangspunkt und Ziel für beide Wettbewerbe ist das Stal Auf der Radrennbahn finden mehrere Radrennen statt. Außene sind Anfang und Ziel des 40⸗km⸗Mannschaftsfahrens um den Stent preis ins Stadion verlegt. Die Preise der Phütze betragen Loge, Sitzplatz, 6 ℳ, für Loge, Stehe 4 ℳ, für die übrigen e und Stehplätze 2 ℳ. Vorverkauf wird Ermäßigung gewi Die Eintrittskarten sind an den Theaterkassen von A. Wertheim! in den Sportgeschäften erhältlich.
4 1.““
Verkehrswesen. Mach vorläufiger Feststellung im Reichseisen bahnan betrugen die Perkehrseinnahmen der deutschen Ha eisenbahnen sowie der vollspurigen Nehenhahnen mit mehr 50 Kilometer Betriebslänge im Monat August 1919: im Personenverkehr 179 908 597 ℳ, im Güterverkehr 264 825 878 ℳ, mithin gegen August 1918 im Personenverkehr + 30 105 027 ℳ, im Güterverkehr + 26 522 591 ℳMh„. Bei der Beurteilung des Ergebnisses sind die am 1. . 1919 eingetretenen erheblichen Tariferhähungen zu bet sichtigen. “ v“
8 1111
er Ersten Beilage,
Theater.
bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Figan
Hochzeit. Komische Oper in vier Akten von Wolfgang Aunche
Mozart. Text nach Beaumarchais, von Lorenzo Daponte. Deut
Uebersetzung durchgesehen von H. Levi. Musikalische Leitu
Si b Fritz Stiedry. Spielleitung: Hermann Bachmann. Arik r. 1
bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. P. Gynt von Henrik Ibsen. (In zehn Bildern.) In freier ni— tragung für die deutsche Bühne gestaltet von Dietrich Eckart. M. von Edward Grjeg. Mustkalische Leitung: Heinz Etthofen. Sf leitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 6 ½ Uhr.
Freitag: Opernhaus. 211. Dauerbezugsvorstellung. Die und Freiplätze sind aufgehoben. Der Ring des Nibelungf Bühnenfestspiel von Richard Wagner. Vorabend: Das Rheingn Anfang 7 ½ Uhr. “
Schauspielhaus. 224. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗
eiplätze sind aufgehoben. Coriolan. Historisches Drama in
ügen (14 Verwandlungen) von William Shakespeare. Stl leitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 7 Uhr.
8 Familiennachrichten. 8
Verlobt: Frl. Gerda Ackermann mit Hrn. Dipl.⸗Ing., Regierun
baumeister Konrad Hoppe (Sherlotasng Gestorben: Hr. Senatspräsident a. D., Wirkl. Geh. Oberjustis 1 “
Wilhelm Neubauer (Berlina. 1 G
Verantwortlich 1b J. V.: Rechnungsrat Reyher in Berlin.
Verlag der Geschäftsstelle (J. V.: Reyher) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt. Berlin. Wilbelmstraße 3. — Fünf Beilagen (iinschließlich Börsenbeilagey.
8
Erörterung wurde der Antrag Koch o und der Antrag 61.
Im Deutschen Stadion im Grunewald wird
Opernhaus. (Unter den Linden.) Donnerstag: 210. Du
Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Donnerst.:223. d0
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenbun für den Anzeigenteil; Der Vorsteher der Geschäftsstel
l 878 Erste Zweite, Dritte und Vierte Zentral.⸗Handelsregister⸗Beilz
Deutsche Nationalversammlung in Berlin.
98. Sitzung vom 14. Oktober 1919. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
11“
Am Regierungstisch: die Reichsminister Dr. Bell und
Schmidt. Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung um 14¾ Uhr.
Auf der Tagesordnung stehen zunächst Anfragen. Abg. Vesper (Soz.) erklärt, die Beantwortung einer früheren Anfrage, betreffend Abhebungen von Geldern durch die Arbeiter⸗ und Soldatenräte bei der Reichsbankstelle Osnabrück, sei unrichtig; er wünscht Richt gstellung dieser Auskunft und fragt nach der Quelle der falschen Nachricht.
Unterstaatssekretär Moeslec, Vertreter des Reichsfinanzmini⸗ steriums, hat in der Sitzung der Nationalversammlung vom 8. 8. 19 bei Erörterung des Finanzgebarens der A.⸗ und S.⸗Räte gesagt, die Reichsbank habe unterm 22. Februar über eine Anzahl von Eingriffen der A.⸗ und S.⸗Räte berichtet, die zum Teil zu Abhebungen, teihveise unter Zwang, führten, so in Spandau 800 000 Mark, Lübeck, Osna⸗ brück 155 000 Mark, Hanau 100 000 Mark, Saarbrücken 1 Million, Wittenberg 1500 Mark, Marienburg 20 000 Mark, Mühlheim a. R. 74 000 Mark und Cöln. Die betreffende Stelle im Bericht des Reichsbankdirektoriums vom 22. Februar 1919 lautet: „In Osna⸗ brück mußten zwei Schecks über 70 000 bzw. 85 000 Mark honoriert werden, deren Gegenwert erst später überwiesen wurde“. Das Reichs⸗ bankoirektorium hat, erneut befragt, dem Reichsfinanzministerium mit⸗ getcilt, daß es sich in diesem Falle um einen Eingriff des A.⸗ und Si⸗ Rates handelt, da dieser die Reichsbankstelle veranlaßt hat, zwei un⸗ gedeckte Schecks zu honorieren, was den Reichsbankstellen sonst streng untersagt ist. Das Reichsbankdirektorium befindet sich mit biehes Auffassung in voller Uebereinstimmung mit dem Reichsfinanzmini⸗ sterium. Daß die Abhebung der Geldbeträge in Osnabrück unter Zwang vor sich gegangen wäre, ist von hier aus nicht behauptet worden. Das Reichsfinanzministerium hat sich wegen Aufklärung darüber, wes⸗ halb überhaupt ein Eingriff des A.⸗ und S-⸗Rates erforderlich wurde, mit der bisherigen Reichswehr⸗Befehlsstelle Preußen in Verbindung gesetzt. Die Aufklärung ist dem Reichsfinanzministerium bisher noch
nicht zugegangen.
Auf eine Anfrage des Abg. Landsberg (Soz.), betr. Um⸗ wandlung der Militär⸗Strafgerichtsoidnung und Ahndung von Straf⸗ taten militärischer Personen vor dem bürgerlichen Richter, erklärt
Geheimer Rat Grünwald, ein entsprechender Entwurf sei seinerzeit ausgearbeitet, er sei aber inzwischen überholt worden. Ein neuer Entwurf, betr. die Aufhebung der Militär⸗Strafgerichtsbarkeit Uoge der Reichsregierung vor und werde alsbald den gesetzgebenden Körperschaften zugchen.
Abg. Erkelenz (Dem.) fragt nach den Schießübungen belgischer Soldaten bei Oberkassel und in Hamm, durch die eine Frau und ihr Enkellind schwer verletzt worden seien. Das Kind sei später an Kopf⸗ schuß gestorben. (Hört! hört! rechts.)
Geheimer Rat Diesenbach: Wegen der Schießereien belgischer Soldaten bei Hamm, die auf deutscher Seite ein Menschenleben koste⸗ ten, hat die Waffenstillstandskommission die nötigen Schritte unter⸗ nommen, deren Ergebnis abzuwarten bleibt. Ueber den Vorfall in
Oberkassel schweben noch Ermittlungen.
Auf eine Anfrage des Abg. Wurm (U. Soz.) erklärt
Grheimer Rat Diesenbach: Der am 20. März 1919 von der Sozialisierungskommission ausgearbeitete Gesetzentwurf zu einem Rahmengesetz über die Kommunalisierung von Wirtschaftsbetrieben hat sich bei einer Durchberatung mit den beteiligten Ressorts als nicht Feeignet erwiesen, der Nationalversammlung unterbreitet zu werden. Er ist gründlicher Umarbeitung und Ergänzung unterzogen worden. Auf Grund der darauf erfolgten eingehenden Beratung mit Vertretern der beieiligten Kreise, insbesondere auch mit Vertretern der Kommunen, wird zurzeit ein neuer Gesetzentwurf ausgearbeitet, der jedoch noch nicht bat fertiggestellt werden können. Irgend welche besonderen Umstände, die die Einbringung des Gesetzentwurfs verhindert hätten, liegen nicht vor. Diese Verzögerung liegt lediglich in der Schwierigkeit der Materie begründet, die die sorgfältigste Durcharbeitung erforderlich er⸗ scheinen läßt. Der Entwurf wird der Nationalversammlung so bald als irgend angängig, vorgelegt werden.
Auf eine Anfrage des Abg. Hebel (Zentr.) über die Herausgabe eingezogener Glocken und von Glockenmetall, gibt ein Vertreter des Reichswirtschaftsministeriums einen Ueberblick über die Bewirtschaf⸗ tung der Glockenbronze. Mit Rücksicht auf den geringen Bestand sei
die Regierung nicht in der Lage, die ursprünglichen Glocken zurück⸗
zugeben. Mit der Restmenge seien zunächst die Bedürfnisse der Post⸗ und Eisenbahnverwaltung zu decken. Eine weitere Einziehung von Glacken erfelge nicht, auch das noch nicht abgebholte Glockenmetall bleibe frei,
Darnauf wird die Aussprache über die Interpella⸗ tion der Sozialdemokraten, betreffend die Preissteigerung der Häute, des Leders, der Schuhwaren usw. infolge der Auf⸗ hebung der Zwangswirtschaft fortgesetzt.
Abg. Davidsohn (Soz.): Wenn die Abgrordneten der Rechten bobaupten, sie hätten in We imar schon vorausgesagt, wie es mit der Schuhversorgung kommen werde, so stimmt das nicht: sie haben durch⸗ vrog eine Verbilligung des Schuhwerks prozhezeit, deshalb seien sie für Aufhebung der Zwangswiplschaft. Die Großinteressenten haben bei der Aufhebung der Lederwirtschaft aufgejubelt, aber den mittleren und kleineren Betrieben war katzenjämmerlich zumute; sie sahen vor sich eine Katastrophe, wem sie nicht Reparturleder bekamen. Aber die Dämchen wollen Schuhe mit 24 Knöpfen bis zum Knie haben. 8 Hamburg haben die Schuhmacher wieder Höchstpreise und Einfuhr⸗ verbote verlangt. Auch die Interessenten in Schlesien haben eine Ein⸗ gabe um schleunige Wiedereinführung der Zwanaswirtschaft für Häute und Fele beschiossen. Nur der Hansabund schwimmt in Wonne und Ahnungslosigkeit. Das „Berliner Tag blatt“, die „Deutsche Tages⸗ zeitung“, die „Frankfurter Zeitunga“ äußern sich für die Wiederein⸗ führung der Zwangsvirtschaft für Leder und Festsetzung der Verkaufs⸗ preise für Sckuhwaren. Ich bin damit einverstanden, daß der Reichs⸗ wirischaftsrat sich zunächst mit diesen Dingen beschäftigt, aber das Parlament kann sich in solchen brennenden Fragen nicht aussckalten lessen. Die Nationalversammlung muß die übergeordnete Instanz sein.
ie Verhandlung darüber kann trotzdem unpolitisch sein. Die Herren Hugo, Hermann und Gothein möchten allerdings die letzten Reste der Zwanoswirtschaft zertkümmern. Di. Herren sollten sich zunächst in ihren Kreisen umsehen und sich an den Deutschen Verband für Häute wenden, der bei der Aufhebung der Lederwirtschaft verlangte, daß alle schwebenden Verfahren gegen vie Schieber auf diesem Gebiete aufge⸗ hoben würden, weil jetzt ihre Handlungen nicht mehr strafbar seien.
Herr Hugo, dem Vorsitzenden des Verbandos der Deutschen Ledergroß⸗ industriellen, ging es gestern mit seiner Rede wie dem Juden: „Au
Arnk
waih, ich habe gewonnen!“ Die Gegner der Zwangswirtschaft sind natürlich Feinde der Gesellschaft für die Schubbeschaffung des Volkes. Die „Lederzeitung“, die immer mit den Friwirtschaftlern durch dick und dünn g.⸗ gangen ist, schrieb über den ersten Berliner Ledermarkt nach der Aufhebung der Zwangswirtschaft, daß die geforderten Preise Wucher⸗ preise gewesen seien, und verlangte Höchstpreise für die Uebergangszeit. Wir müssen unserer Wirtschaft die größte Aufmerlsamkeit zuwenden. Der französische Minister Loucheur hat in den letzten Tagen die franzö⸗ sischen Industriellen ermahnt, wegen der Valutaverhälmmisse möglichst wenig in England und Amerika zu kaufen und desto mehr in Deutsch⸗ land. Wir sollen also zur Ausfuhr in größeren Mengen verführt werden, als uns dienlich ist. Der jetzige Wirtschaftsminister Schmidt will keine Planwirtschaft, sondern die planmäßige Wirtschaft nach den Erfordernissen der neuen wirtschaftlichen Entwicklung. Der Unter⸗ staatssekretär Hirsch hat aber zugegeben, daß die planmäßige Wirtschaft
nicht unbedeutende Anl hnungen an die Wissellsche Planwirtschaft ent⸗
hält unter der Parole des „Verbrauchersozialismus“. Es ist be⸗ merkenswert, daß wir zum Verbrauchersozialismus übergehen sollen. Aus den Ausführungen des Ministers Schmidt und des Professors Hirsch in Frankfurt geht folgendes Programm hewvor: Bessem Ueber⸗ wachung der Preisbi dung, Kontrolle der Preisbildung der wirtschaft⸗ lichen Verbände, Fürsorgepolitik für Minderbemittelte, zentrale Rege⸗ lung der Lohnentwicklung, Förderung des Genossenschaftswesens, ge⸗ gebenenfalls Sozialisierung oder Kommunalisierung, Steigerung des Interesses an Betriebserfolgen durch stärkere Betonung der Betriebs⸗ demokratie, Bekämpfung des Schleichhandels unter Mitwirkung der rbeiter. Danach hätten die Herren eigentlich auf die Aufhebung der Zwangswi rlschaft verzichten müssen. Es ist ja selbstverständlich, daß der Minister jetzt nicht wieder zurückgehen will, nachdem er sich durch die Herren Hugo, Wetzlich usw. hat breit scklagen lassen. Herr Dr. Hugo hat zwar gestern gesaat, er und sein Freunde wollten nicht mit Handgranaten arbeiten. Aber, was sie im August getan haben, war eine Sprengung. Sie fanden in anderen Industrien bald Nach⸗ ahmung. Der Reichswirtschaftsminister hat am 1. Oktober hier ge⸗ sagt, er wolle das Beispiel der Lederb wirtschaftung nicht verallge⸗ meinern. Ich sage: das gebrannte Kind scheut das Feuer. Er sagt in der uns zugestellten Broschüre, daß er bei Anerkennung aller Mängel, die die se Methode hat, er sie doch heute noch als einzig denkbare Methode der Kriegswirtschaft ansehe. Wenmn er uns aber mit weiteren Ver⸗ suchen kommen will, wir er hoffentlich auf härteren Granit beißen, als er in Weimar vorgefunden hat. Ich muß mich darüber wundern, daß der Reichswirtschaftsminister trotz der Konzesfsionen, die er in Ham⸗ burg g macht hat, in einigen Punkten sehr scharf gegen die Aus⸗ führungen meines Freundes Becker vorgegangen ist. Er sagte damals, daß er die Art und Weise, wie kompensiert werden darf, als richtig anerkenne, und jetzt, daß diese Kompensationspolitik unheilvoll für das deutsche Volk ist. Ich glaube nicht, daß wir uns einn derartige Aus⸗ fuhr von Lederbeständen leisten dürfen. Ich möchte den Reickswirt⸗ schaftsminister fragen, wenn die Ausführungen meines Freundes Becker unrichtig waren, wober kommt es, daß das Reichsschatzamt ouf seine Intervention die Ausführung inhibierte, und damit in die ministeriellen Intentionen einzuogreifen sich erdreistete? — Betreffs des Konjunktur⸗ gewinns von 60 Prozent, wovon gestern gesprochen wurde, bemerke ich: Als die Offiziere, Industrielle und Kaufleute die Konjunktur ausnützten, haben sie das als selbswerständlich angesehen; als aber die Arbeiter auch ihrerseits die Konjunktur ausnützen wollten, da haben sie schleunigst eingegriffen. Ich frage Herrn Dr. Hugo: was für eine Wirkung haben diese 60 Prozent? Sie verbilligen die Stiefel für die Arbeiter doch nur um wenige Groschen. Diese 60 % imponieren mir also gar nicht. Dieses Opfer ist doch durch dieselben Elemente gebracht worden, die es zu verhindern wissen, daß der Konjunkturgewinn voll ergriffen wird durch die Steuer; die Herren haben auf ihrer letzten Tagung ausdrücklich über die elende Steuemiecherci geklagt. Auf dem Ledergebiet hat die Steuermoral so vicl zu wünschen übrig gelassen wie auf anderen Gebieten; aus Kreisen, von denen man es nicht erwartete, sind geradezu ungeheuer liche Aeußerunden gefallen. So z. B. in dem Bericht der Reichsmarine⸗ stiftung für 1918 wird gesagt, welleicht werde mancher Edeldenkende lieber eine Spende der Reichsmarine zuwenden, als daß er seine Beträge an den Steuerfiskus entsprechend vergrößert. Kann man sich da wundern, wenn die Steuerflucht immer größer wird? 3 Hugo sagte, das Publikum wolle gar keine derben Stiefel, und des⸗ halb müsse man zu immer feineren Spaltungen übergehen. Die Bergarbeiter, Landarbeiter, Kutscher vund Schiffer werden mit Ver⸗ gnügen die derben Stiefel abnehmen. Sie sind aber gar nicht in der Lage, solche zu bekommen. Je feiner das Leder gespalten wird, desto mehr Luxusartikel können daraus hergestellt werden und desto größerer Gewinm kann herausgescklagen werden. Im übrigen muß ich Herrn Dr. Hugo zugeben, daß er wo es ihm in den Kram paßt, auch für den Zwang eintreten kann. Herr Reichsfinanzminister Crzberger hat ge⸗ sagt: Es wäre ihm fehr zweifelhaft, ob heute noch die National⸗ versammlung die Zwangswirischaft in der Lederindustrie angesichts der Wucherpreise aufheben würde. Angesichts dieser Erklärung muß ich mich darüber mwundern, daß er meinen Parteifreund in der Weise angegriffen hat. Es ist gesagt worden, die deutsche Zollbeamtenschaft sei vollständig intakt geblieben. Während die Kortuption alle anderen Kreise, die Polizei, die Offiziere usw., ergriffen habe, sollen nur die Feheegt.n davon verschont, geblieben sein. Hier muß Herr Erx erger doch wohl nicht richtig informiert worden sein. Durch Be⸗ stechungsgelder von 4000 ℳ aufwärts verschwinden ja Akten plötzlich aus den Beständen des Polizeiamtes. Sollte dies nicht auch bei der Zollbehörde möglich sein? Dem Vorwurf, es seien keine positiven Vorschläge gemacht worden, sondern nur Kritik geübt worden, möchte ich vorbeugen. Positive Vorschläge sind in eine ernste Kritik ein gekapselt. Die Bürokratie hört auch im allgemeinen gar nicht auf positive Vorschläge. Seit mehr als 4 Jahren finden Gerichtsverhand⸗ lungen statt über die ungeheuersten Kriegsschiebereien, Kriegswucher usw., ohne daß die Staatsanwälte, die Steuerbe hörden sich darum kümmern. Von den Richtern kann man Hilfe nicht erwarten, denn sie sind amtlich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Hier müssen eben die Steuerbehörden zufassen. Unser Informationswesen läßt moch sehr viel zu wünschen übrig, mnamentlich in wirtschaftlichen Dingen. Hoffentlich tritt in Zukunft hier eine Besserung ein. (Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Diez (Z.): Die Zwangswirtschaft ist zusammengebrochen. Die Preispolitik war von Anfang an verkehrt. Die Kleie war teurer als das Getreide, die Wagenschmiere teuver als die Butter usw. Die Folge der Preispolitik war der Schleichhandel; noch nicht ein Drittel des Verkehrs geht durch den legitimen Handel. Die Zwangs⸗ wirtschaft hat uns vom Notwendigsten, das wir zum Leben brauchen, entblößt. Herr Davidsohn ist um die Frage herumgogangen, wie wir ohne die Aufbebung der Zwangswirtschaft für Leder uns das erforder⸗ liche Leder hätten verschaffen sollen. Es handelt sich nach der Auf⸗ hebung der Zwangswirtschaft nur noch um die Frage der richtigen Verteilung. Auch die Zwangswirtschaft hat nicht richtig verteilen können; die Freunde der Zwangswirtschaft haben in dieser Hiusicht die Autorität des Staates überschätzt. Ein Fehler war die Auf⸗ hebung der Zwangswirtschaft für den Hafer allein. Das Verbrechen der Ausführung von Getreide in das Ausland bann nicht scharf genug gebrandmarkt werden. Die Bewirtschaftung des Fleisches hat auch nicht ihre Aufgabe exfüllt. Die Bewirtschaftung der Kartoffan ist unnötig, da unsere Ernte ausreicht. Die Erfinder der Abführung
2½ 8 8
von 60 % des Konjunkturgewinns an das Reick sind sehr stolz auf diesen Gedanken, aber da man bei der Aufhbcbung der Ledernirtschaf. eine Inven tarisierung der Bestände vergessen hat, ist die Berecknung der 60 % vollkommen illusorisch. Wenn die Preise durch die Auf⸗ heobung der Zwangswirtschaft steigen, müssen die Lobne und Gebälter den neuen Preisen angepaßt werden. Notwendig ist vor allem eine Abschließung unserer Grenzen gegen das besetzte Gebict. Dann können wir auf eine bessere Versorgung unserer Beoölkorung reckner Gegen den Wucher muß wieder das Gebot zur Gelumec car⸗ werden: Du sollst nicht stehlen. Auch die Arbeitskraft des einen darf nicht zum Ausbeutungsobjekt des andern werden. Wenn dazu noch das Gebot der Nächstenliebe kommt, dann sind diese Fragen „A5st. (Beifall im Zentrum.) “
Reichswirtschaftsminister Schmidt: Meire Damen und Herren! Der Herr Vorredner hat wieder die Frage der Zwangswirt⸗ schaft erörtert. Ich glaube, in diesem hohen Hause ist die Erörterung über die Zwangswirtschaft so oft wiederholt worden, daß ich nicht nochmals eingehend auf diese Frage eingehen möchte. Wer bente noch nicht davon überzeugt ist, daß es notwendig war, während der Fregs zeit bei der mangelnden Bedarfsdeckung und auch gegenrärtig bei dem Stand unserer Valuta, daß wir eine Zwangswirtschaft autrecht er⸗ halten, dem ist nicht zu helfen, der ist nicht zu bekehren, und für der sind schließlich auch alle Argumente, die ihm entgegengebalten werden, wirkungslos. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Ir der Augenblick, wo sie mir sagen, daß Sie Ihren Zentrumsarheitern zu⸗ muten können, ein Brot mit 8 Mark zu bezahlen — denn foviel würde es bei der Valutadifferenz kosten —, wo das Fleisch auf 10 und 12 Mark bei der freien Bewirtschaftung kommt, wo der Liter Milch 3 Mark kosten würde, — wenn Sie das dem Zentrumsarbeiter zu⸗ muten, so bin ich damit einverstanden. Ich glaube aber, die Arbeciter würden sich das sehr verbitten, diese Aufbebung der Zwangswirtschaft zu befürworten und die Folgen zu tragen, das können Sie mir keinen Augenblick streitig machen. (Sehr richtig! im Zentrum.) Wir seben doch: was gegenwärtig die Lederwirtschaft zustande gebracht hat und was sich auf diesem Gebiete ereignet, würde sich wiederbosen auf vem gesamten Lebensmittelmarkt. (Sehr richtig! im Zentrum.) Denn daß wir der Bevölkerung das Auslandsfleisch zu mäßigem Preise heute geben, ist doch nur dadurch möglich gewesen, daß im letzten Vierteljahr 1,5 Milliarden aus der Reichskasse zugeschossen worden sind. Die Zwangsbewirtschaftung hat gesichert, daß wir dem Arbeiter und der minderbemittelten Bevölkerung die kleine Ration geben konnten. Das war nur möglich, weil wir nicht ins Blaue hinein wirtschafteten und sagten: es kümmert uns nicht, was aus Euch wird, sondern daß wir darauf hielten, daß der Inlandspreis unter dem Weltmarktspreis gehalten wurde. Das war unsere Pflicht und Schuldig⸗ keit. Sonst wäre Deutschland früher zusammengebrochen und in eine noch elendere Lage hineingeraten, als wir sie gegenwärtig haben. (Sehr richtig! im Zentrum.) Solange diese Valutadifferenzen bestehen, kann kein Mann von dieser Stelle aus die Zwangswirtschaft auf den wich⸗ tigsten Gebieten unserer Nahrungsmittelversorgung aufheben wollen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten und im Zentrum.) Und wenn Sie mir in der Presse und sonstwo zehnmal erklären, doß die Zwangswirtschaft zusammengebrochen ist, so sage ich: Das ist eine maßlose Uebertreibung. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Immer noch haben die Arbeiter bis zum Ende des Wirtschaftsjabres die Brotration bekommen, sogar um 20 Gramm pro Kopf gegenüber dem letzten Kriegsjahr erhöht. Die Arbeiter haben mittels der Zwangswirtschaft auch im letzten Wirtschaftsjahre ihre Kartoffeln be⸗ kommen.
Wenn mir auch heute so oft angekündigt wird, daß die Landwirte ihre Verpflichtungen nicht erfüllen, so kann ich auch dem gegenüber doch gegenwärtig auch mrr sagen: auch das sind vielfach Uebertreibungen (hört, hört! bei der deutschnationalen Veiks⸗ partei), und ich hoffe, daß die Landwirte vernünftig sind, auf dieses Geschwätz und auf diese wilde nicht zu hören ssehr richtig! im Zentrum und rechts), sondern ihrer Pflicht als Deutsche und als Landwirte, für die Versorguüng der Bevölkerung zu wirken, bewußt bleiben und sich sagen: nicht allein unser materielles Interesse, sondern auch noch ein Stückchen Pflicht⸗ bewußtsein ist bei uns vorhanden, daß wir unsere Bevölkerung er⸗ nähren. (Bravo! im Zentrum und rechts.) Ich habe zum Beispiel aus der Provinz Pommern die Androhung gehört, daß man nicht mehr abliefern wolle. Ich habe darauf in der Reichsgetreidestelle ausdrück⸗ lich feststellen lassen, daß in Pommern genau so viel — oder richtiger gesagt: genau so wenig — abgeliefert wird wie in allen anderen PNo⸗ vinzen. (Hört, hört! rechts.) Das ist alles Geschrei, und wenn dieses Geschrei Ernst wird, dann seien Sie versickhert, daß von meiner Stelle auch Ernst gemacht wird. Aber bevor ich nicht in diese Zwanoslage versetzt bin; will ich von dem äußersten Mittel keinen Gebrauch machen. Ich glaube, in dieser Beziehung werde ich auch die Unterstützurg des Hauses haben. (Sehr richtig! rechts.)
Meine Herren, ich lasse mich durch all die Tiraden nicht ein⸗ schüchtern. Wenn jedesmal, wo in der Presse, in Versammlungen oder in sonstigen Diskutierklubs gesagt wurde: wir brechen mit der Getreidewirtschaft zusammen, wir brechen mit der Kartoffelwirtschaft zusammen, wenn das jedesmal dann wirklich eingetreten wäre, dann säße kein Mensch mehr hier, dann wären wir schon alle verhungert. Es ist in meiner Stellung notwendig, daß ich mich mit dieser nervoöten Uebertreibung überhaupt nicht abgebe. Damit kann man keine Wirt⸗ schaftspolitik treiben. (Sehr richtig! bei den Sozraldemokraten.)
Nun hat der Herr Vorredner gesagt, eine Verschärsung der Wuchergesetze wäre notwendig. Ganz meine Meinung! Ich gleube, die Strafen, die wir in allen unseren Verordnungen, auch in den sogenannten Wucherparagraphen haben, sind so weitgehend, sind so hart, daß der Richter wohl Gelegenheit hat, scharf zuzufassen. Nun sagen Sie: der Richter faßt ja nicht hart zu. Ich gebe zu, daß der Einwand berechtigt ist. Wenn ich aber auf der anderen Seite zu dem Hilfsmittel greife, zu dem ich jetzt bei der Verordnung gegriffen habe, um die Ausfuhr von Lebensmitteln nach dem Auslande zu verhindern, Mindeststrafen festzusetzen, dann bringe ich immer — das wird mir jeder Jurist bestätigen — den Richter in die Gefahr.