1919 / 239 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Oct 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Zeit kommen, daß rex⸗ G gehen wird. (Beisall bei den U. Soz.)

8 Wort,

ch Maschinengewehro nichts helfen, wenn die Arbeiterschaft ge⸗

ossen dasteht. Diese Dinge werden zu einen Eirigung der Arbeiter⸗-

ft beitragen, aber in anderem Sinne als Herr Scheidemann meint. he Arbeiter werden einig zusammenstehen und die Arbeit verweigern. [Ruf bei den Soz⸗: Dann lassen Sie alle verhungern!) Es wird die die Arbeiterbewegung über diese Regierung hinweg⸗

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Hierauf nimmt der Reichswehrminister Noske das

dessen Erklärung wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms in der nächsten Nummer d. Bl. im Wortlaute wiedergegeben werden wird.

Präsident Fehrenbach erteilt Gever⸗Sohn. (Ruse: Dr. Geyer!)

Abg. Dr. Geyer⸗Sachsen (UI. Soz.): Der Herr Reichsevehr⸗ minister hat unter dem Beifall der Rechten und anscheinend auch der Zustimmung des Präsidenten versucht, mich öffentlich bloßzustellen. (Präsident Fehrenbach: Ich weiß nicht, woher

das Wort dem Abgeordneten

Sie eine Zustim⸗ mung des Präsidenten herleiten; ich perbitte mir das. Ich habe Ihnen übrigens das Wort erteilt unter dem Namen, mit dem Sie im Hause bekannt sind.) Ich bin im Hause als Geyer⸗Sachsen, nicht als Geyer⸗ Sohn, bekannt. Der Reichswehrminister unterstellt mir, daß ich aus Rücksicht auf meine Person gesagt hätte, die Führer müßten sich Sicherheit bringen. Das läßt sich nicht begründen. Ich habe viel⸗ mehr mit aller Schärfe gefordert, daß bei Unruhen die Führer an der Spitze der kämpfenden Arbeiterschaft den Kampf zu führen haben. Ich glaube dem Reichswehrminister allerdings, daß er die beste Ab⸗ sicht hat, uns an Kopf und Kragen zu gehen. Er hat sich ja in der Reichswehr ein Instrument zur Bekämpfung der Arbeiterschaft ge⸗ schaffen und sich an die Regierung von Frankreich gewandt mit der Bitte, daß das Heereskontingent noch nicht zu dem im Friedensvertrag festgesetzten Zeitpunkt herabgesetzt werde. Der Reichswehrminister geht also mit Hilfe der Entente gegen die deutschen Arbeiter vor. [Großer Lärm bei der Mehrheit.) Die Berliner Arbeiterschaft be⸗ trachtet Herrn Noske als Chef einer Streikbrecher⸗Organisation. Wenn es zum Bürgerkrieg kommt, wird die schamlose Provokation des Herrn Noske daran schuld sein. (Präsident Fehrenbach ruft den Redner zur Ordnung.) Sie mögen weiter rüsten und sich stark machen, aber diese Rüstung ist das Zeichen Ihrer Furcht, und Ihre Furcht ist das Zeichen unserer Stärke. (Beifall bei den Unabhängigen Sozial⸗ demokraten.) Hierauf nimmt der Reichswehrminister Noske das Wort, dessen Erklärung wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms in der nächsten Nummer d. Bl. im Wortlaute wiedergegeben werden wird.

Präsident Fehrenbach: Ich habe inzwischen festgestellt, daß Gever senior als Gever⸗Leipzig und Geyer junior als Geyer⸗Sachsen eingetragen ist. Ich bitte um Entschuldigung, daß ich dieses Studium erst jetzt vorgenommen habe. (Heiterkeit.) Das Wort hat Herr

Abg. Gevyer⸗Leipzig (u. Soz.): Ich habe in der alten Partei⸗ oftmals die Klinge mit Herrn Noske gekreuzt und weiß, weß Geistes Kind er ist. Er verschmäht es nicht, auf einsamen Spaziergängen sich mit schwer bewaffneten Leuten zu umgeben. Er meint, wir seien in Leipzig vor seinen Häschern geflohen. (Ruf bei den Sozialdemo⸗ kraten: Jawohl!) Wir waren aber schon am Tage vorher nach Berlin zu unserer Reichskonferenz gefahren. (Präsident Fehrenbach fragt an, ob er richtig gehört habe, daß vorhin in einem Zwischenruf „Mörder!“ gerufen worden sei. Es wird ihm erwidert, daß „Maerker!“ gerufen worden sei. Abg. Frau Zietz: Das ist aber die richtige Bezeichnung! Präsident Fehrenbach: Frau Zietz, ich rufe Sie zur Ordnung! Solche Bemerkungen sind höchst deplaziert. Abg. Frau Zietz: Es ist die Wahrheit!) Wir sind nicht vor Märker aus Leipzig geflohen. Wir waren schon einen Tag fort, als die Häscher des Herrn Noske uns in Leipzig verhaften wollten und frühmorgens um 5 und mittags um 12 Uhr in einer Stärke von 12 Mann in unserer Woh⸗ nung alle Wände abklopften, um zu sehen, ob Geyer zu Hause sei. Vor den Häschern des Herrn Noske wären wir nicht geflohen, auch wenn es zu Dingen gekommen wäre, wie hier durch die Mörderzentrale im Fall Liebknecht.

Abg. Krüger⸗Potsdam (Soz.): Die Entrüstung der Berliner Arbeiter anläßlich des Metallarbeiterstreiks richtet sich nicht gegen Noske; denn die Behörden haben sich in diesen wirtschaftlichen Man wollte aber Sympathiestreiks ent⸗ fachen, um auf die Arbeitgeber zu drücken. In diesem Fall wollten die Unabhängigen den Druck der Regierung benutzen. Die Elektrizitäts⸗ arbeiter hat man gröblich beschwindelt. In Bitterfeld hat man ihnen gesagt, in Berlin würde gestreikt, und umgekehrt. Die Berliner Ar⸗ beiterschaft will diese sinnlose Kraftprobe nicht unterstützen. Sie be⸗ trachtet die technische Nothilfe nicht als Streikbruch, sondern als eine Einrichtung im Interesse der Allgemeinheit.

Abg. Frau Zietz (U. Soz.): Herr Krüger muß die Zeitungen nicht gelesen haben, sonst müßte er wissen, daß diese rein gewerkschaft⸗ lichen Versammlungen gesprengt worden sind. Erst wurden sie ver⸗ boten, und dann waren die Lokale mit Bewaffneten besetzt. Vorher hat Herr Krüger gesagt, die Regierung habe sich nicht eingemischt. Herr Krüger hat also die Nationalversammlung belogen. 1

Päsident Fehrenbach: Ich rufe Sie zur Ordnung und mache Sie auf die Folgen eines wiederholten Ordnungspufes aufmerksam; ich habe Sie schon zum zweiten Male zur Ordnung gerufen.

Abg. Frau Zietz: Herr Krüger hat erklärt, daß die Arbeiter in Berlin nicht auf seiten der Streikenden stehen. Das ist falsch. Die überwiegende Mehrheit der Arbeiter steht völlig auf seiten der Streikenden. Ich überlasse es ruhig den deutschen Arbeitern, nicht nur das Vorgehen des Herrn Noske, sondern auch das Verhalten seines Helfershelfers Krüger zu beurteilen.

Abg. Laukant W. Soz.): Es ist nicht wahr, daß die eine Kategorie der Arbeiter die andere vergewaltigt und an der Arbeit hindert. Es ist gar nichts Neues, daß man die beste Gruppe aus einer Febrik. herauszieht, um den Betrieb stillzusegen. Alle maßgebenden Organisationen stehen zu diesem Streik. Dieser Streik ist ein durch⸗ aus erlaubtes Kampfmittel; hier aber wird er hingestellt als gin Verbrechen.

Abg. Krüger⸗Potsdam (Soz.): Ich habe mit keinem Worte gegen den Metallarbeiterstreik gesprochen, nur gegen die Hereinziehung der Elektrizitätswerke in diesen Streik der Metallarbeiter habe ich mich gewendet. Betreffs der von Frau Zietz erwähnten Versamm⸗ lungen stelle ich fest, daß die Einberufer diese Versammlungen nicht angemeldet haben, obwohl sie ausdrücklich dazu aufgefordert worden sind. Diese Versammlungen sind nicht mir Zustimmung der anderen Ge⸗ werkschaften einberufen worden, sondern ohne ihr Wissen. Es stebt also fest, daß ich nicht gegen die Metallarbeiter gesprochen habe, daß die Regierung in den Metallarbeiterstreik nicht eingenriffen hat und drß die Arbeiter auf seiten der Metallarbeiter in ihrem wirtschaft⸗ lichen Kampfe stehen, aber nicht auf seiten der übrigen, die eine große Mence Arbeiter zwingen wollen, der Bevölkerung Berlins das Licht cbzuschneiden.

Aba. Hartmann⸗Berlin (Dem.): Neben dor Arbeitern, die auf seiten der Frau Zietz und ihrer Freunde stehen, gibt es noh eine große Masse Arbeiter, die mit dem, was von jener Seite agetan wird,

nicht einverstanden sind. Wogegen sich die Mehrbeit der Arbeiter mit

Gever⸗Leipzig.

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Streik nicht eingemischt.

aller Entschiedenheit wendet, das ist der unerhörte Terror, daß der

Bevölkerung lebenswichtige Betriebe abreschnitten werden des ist cine Schädigung der gesamten Arheiterschaft, des gesamten Volkes. Hier bahen Arbeiter erklärt, daß es imner nur wenice in den Betrichen sind, die die andeten aufhetzen. Herr Krüger hat recht, wenn er faagt, deß, ein Betrieb vegen don andern ecus⸗espielt wird; so Bellin

i den Kerror geschützt werden, damit wir wieder in vernünftig⸗ Verhältnisse ven Fe und der Wiedemufbau unstrer Wirtschaft nicht gestoͤrt wird. 1b Abg. Henke (U. Epz.): Der Herr Prästdent hat Frau Zietz darauf aufmerksam gemacht, daß er sie schon einmal zur Crdaung ge⸗ rufen hat und hat sie auf die Folgen eines dritten Ordnungsrufes auf⸗ merksam gemacht. Dem Herrn Präsidenten ist offenbar ein Irttum unterlaufen. Die Erdmungsrufe müssen in ein und derselben Rede er⸗ teilt worden sein. 8

Präsident Fehrenbach: Es ist richtig, ich habe mich geirrt. dan kann nicht jeden Pckragraphen der Geschäftsordnung genau im opfe haben. Von einem Übelwollen gegen die Unabhängigen kann richt die Rede sein; an meinem Willen zur Unparteilichkeit gegenuber dem ganzen Hause dürfte wohl niemand zweifeln, auch nicht die Un⸗ abhängigen. Damit schließt die allgemeine Besprechung. Bei der Einzelbesprechung über den Haushalt des Innern

bemerkt

Abg. Frau Pfülf: Für die Jugendwohlahrt ist n 100 0900 aagf 900 000 erböht worden. Auf diesem Gebiet muß eine einheitlice Organisation über das ganze Reich unbedingt ge⸗ schaffen wetdern. Die proletarische Jugend ist heute nicht scklechter, ais sie früher war. Wur wünschen, daß nicht nur die bewährtesten Fachleute, sondern auch Frauen zugezogen werden, und auch in die leitenden Stellen kommen. Hoffentlich erreichen wir es, daß durch diese Jugendämter die Jugendfürsorge selbst überflüssig gemacht wird. Unterstaatssekretär Schultz: Das Reichsministerium des Innern

hat es mit großer Freude begrüßt. doß der eingesetzte Betrag für Jugendrohlfahrt in so nennenswerter Weise vom Reichshaltsausschuß Erböht worden ist. Wir werden es ebenso begrüßen, wenn dieser Be⸗ schluß des Ausschusses vom Plenum des bohen Hauses unterstützt . Mit diesem Beschluß des hohen Hauses stehtz aber das Geld an sich dem Reichsminist rium noch nicht zur Verfügung, sondern es bedarf noch der Zustimmung des Reichsrates und des Reichsfinanz⸗ ministers. Wir hoffen und werden unsererseits alles tun, zu erreichen, daß die beiden erwähnten Faktoren dem zu erwartenden Beschluß des boben Hauses böeistimmen. Das Reichsministerium des Imern ist sib der Dringlichkeit der Aufgahen, die auf dem Gebiet der Juͤgend⸗ fürsorge liegen, voll bewußt. Es wird seit Monaten an einem Jugend⸗ wohlfahrtsgesetz gearbeitet; die Arbeiten nähern sich ihrem Ende. Ich kann erklären, daß bei der Vorb reitung dieses Gesetzes Sackverstän⸗ dige in weitem Maße herangezogen worden sind und herangezegen werden. Auch Frauen sollen in ausreichendem Maße herangezogen werden. Es versteht sich von selbst, daß das Reichsministerium keinen Unterschien zwischen Prol tariern und anderen macht. Auch auf dem Gebiete der sozialen Frauenschule müssen geeignete Wege gefunden werden, um den proletarischen Frauen die Möglichkeit zur Mitarbeit auf diesem Gebiete zu geben. Wir haben bei ums rem Gesetzentwurf keineswegs nur daran gäedacht, etwa nur bürokgxatisch zu schematisieren; die freiwillige Mitarbeit von sackverständigen Kreisen soll nicht aus⸗ geschaltet werden. Das System von Jugendämtern soll Ietzten Endes Wir hoffen, daß das

zusammengefaßt werden im Reichsjugendant. 2 d. Gesetz noch in dieser Tagung vorgeleat werden kann. Ich bitte Sie, etwaige Fehler und Mängel des Gesetzes auszugleichen, um ein mög⸗ lichst gut's Gesetz zur Förderung der Jugendwohlfahrt zu schaffen.

Zu den Ausgaben für die Ueberwachung des Auswanderer⸗ wesem bemerkt

Abg. Pick (Dem.): Auch wenn wir annehmen, daß die Aus⸗ wanderung sich nur in mäßigen Grenzen bewegt, wäre der eingesetzte Betrag zu gering. erkes Wirtschaftslebens

der Benag von

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Tritt eine Konsolidierung uns nicht ein, dann bekommen wir allerdings eine starke Auswand rung. Welche Maßnahmen gedenkt die Regierung zu ergreifen, um den Strom er Auerranderer nach ircendeiner bestimmten Richtung dim zu lenken? Selbstverständlich darf dieser Strom möglichst nicht nach Ländern ge⸗ litet werden, in denen unsere Volksgenossen gezwungen sind, ühr Deutschtum abzustreifen. Die Auswanderung muß die ultima ratio

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sein. 1 Reichsminister des Innern Koch: Meine Damen und Herren. Den Ausführungen des Herrn Vorfedners kann ich fast durchweg zu stimmen, und ich werde seine wertvollen Anregungen gern verwerten oder weltergeben. (Zuruf.) Ja, weitergeben! Denn zum großen Teil sind es Anregungen, die sich auf unsere gesamte Politik beziehen, und an denen ich nur mitarbeiten kann. Das gilt namentlich für die Frage der Innensiedlung, die ganz gewiß das beste Mittel ist, um der Auswanderung zu steuern, die aber in das Ressort des Herrn Reichsarbeitsministers fällt und der dieser sein größtes Interesse ent⸗ gegenbringt.

Im übrigen hat der Herr Vorredner ganz gewiß darin recht, wenn er erklärt, daß die Festigung der Ordnung und die Schaffung von Erwerbsmöglichkeiten das wichtigste und beste Mittel ist, um der Auswanderung zu steuern. Trotzdem ist ja auch der Herr Vor⸗ redner selbst der Ansicht, daß es erforderlich ist, mit Maßnahmen gegen die Auswanderer nicht zu warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist sondern sich schon jetzt mit ihnen zu beschäftigen. Denn in der Tat ist die Neigung zur Auswanderung in Deutschland schon jetzt im Steigen begriffen. Die außerordentlich kleine Zabl von 25 000 Auswanderern, die wir vor dem Kriege hatten, wird vielleicht nicht auf⸗ rechtzuerhalten sein. (Hört, hört! rechts). Es ist deswegen erforderlich, sich den Fragen der Ansvanderung mit größerer Aufmerksamkeit zuzuwenden als bisher, auch wenn man der Zuversicht Ausdruck gibt, daß es gelingen werde, eine zu starke Auswanderung zu vermeiden.

Die Mittel, die mit einer Million dafür angefordert sind, scheinen dem Herrn Vorredner zu gering. Ich darf zu dieser Etatsposition wie zu mancher anderen hier nur das eine erklären: heuke, wo es sich um ganz neue Verhältnisse handelt, läßt sich etatsrechtlich nicht mit solcher Sicherheit arbeiten, wie das in normalen und ruhigen Ver⸗ hältnissen der Fall ist. Wir lönnen nicht übersehen, ob diese Summe ausreichen wird, und es wird unter Umständen erforderlich sein, sie zu überschreiten. Auch hier darf ich annehmen, daß die Nationalbver⸗ sammlung nicht wünscht, daß an falscher Stelle gespart wird.

Im übrigen ist ein Reichswanderungsgesetz in Vorbereitung, das sich namentlich damit befassen wird, dem bereits auch auf diesem Gebiete wuchernden Geschäftsgeist, der die Konjunktur ausnützen möchte. Einhalt zu gebieten. Das Reichswanderungsgesetz wird namentlich den Schutz des Auswanderers vor der Reise, also die Ueberwachung der verschiedenen Aus wanderungsbüros, in se nen Ge⸗ schäftskreis ziehen und selbst seinerseits mit Rat den Auswanderern zu Hilfe kommen. Das Reichswanderungsamt wird in steigendem Maße von Auswanderern in Anspruch genommen, und es kann nur dringend in aller Oeffentlichkeit darauf hingewiesen werden, wie wünschenswert und notwendig es ist, daß jeder, der auswendern will, sich der Hilfe des Reichswanderungs ukts bedienen möge. Der Schutz auf der Reise ist im allgemeinen durch das bestehende Aus⸗ wanderungsgesetz bereits ordnungsmä ig getegelt. Dagegen wird in dem neuen Gesetze der Schutz nach der Reise, also im Zielland, einer verstärkten Behandlung bedürfen. Insbesondere ist beabsichtigt, dafür zu sorgen, daß bei den Gesandtschaften und bei den großen Konsulaten

Lage sind, den Auswaunderern und, was ebenso wichtig ist, den Aus⸗ wanderinnen zu helfen und dafür zu sorgen, daß sie nicht in falsche Hände geraten und etwa der Versklavung und Ausbentung anheim⸗ fallen. 8 Ich glaube also, im ganzen dem Herrn Vorredner zusagen zu können, daß die Wünsche, die er zum Ausdruck gebracht hat, ihrer Erfühung entgegeng⸗hen. 8—

Zum Kapitel „Reichsgesundheitsamt“ erklärt— Abg. Prinks (Scz.) sich gegen den Antrag der Unadhängigen, betreffend Verstaatlichung des Heilwesens. Allenfalls sei aine Uebder⸗ weisung des Antrages an den sozlalpolitischen Ausschuß angebracht. Die Schaffung ein,s Reichsgesundheitsmnisteriums müsse angestrebt werden. 8 8

Abg. Kunert (U. Soz.): Ich muß auf Abstimmung über unseren Antrag im Plenum desteben. Mit Ueberweisung an den sozial⸗ politischen Ausschuß kfanm ich mich erst in zweiter Linie einverstanden erklären. Unsere gefundheitlichen Zustände liegen sehr im argen, die Hogiene wird mit Füßen getreten. Wir wollen hier den ersten Schritt zu einem großen bygenischen Werk tun.

Reichsminifter des Innern Koch: Meine Damen und Herren! Der Herr Vorredner hat sich darüber beklagt, daß seine Anregungen im vorigen Sommer von der Regierung nicht beachtet worden seien. Das veranlaßt mich, trotz der drähgenden Zeit mit einigen wenigen Worten auf seine Anregungen einzugehen. Ich will mich von einer sachlichen Behandlung der Sach: auch dadurch nicht ablerken lassen, daß sich der Herr Vorredner in mancher Beziehung ganz zweifellos in liebertreibungen bewent hat. Wenn er davon sprach, daß die Hy iene bei vns stets mit Füßen getreten, und daß sie das Stiefkind der Regierung gewesen sei, so sollte das in einem deutschen Parlament nicht ausgesprochen werden gerade bei einem Gegenstand wie diesem, bei dem in der ganzen Welt bekannt ist, daß die deutsche Gesundbeitspflege an der Spitze marschiert ist. (Sehr richtig!) Andere große Kulturtänder sind unseren Spuren gefolgt. Ich hoffe, daß das auch in Zukunft so sein wird, und werde das Meinige dazu tun, daza beizutragen.

Im übrigen krankt der Antrag, den der Herr Vorredner be⸗ gründet hat, meines Erahtens an dem so häufig zu beobachtenden Fehler, daß man glaubt, mit einer einzigen Re solution, einem einzigen Antrag lösen zu können, was vur im Wege ruhiger und allmählicher Entwicklung dem Ziele nähergeführt werden kann. (Sehr richtig!) Denn daran ist gerade auf dem Gebiete des Gesundheits⸗ wesens kein Zweifel, daß wir mehr und mehr dazu übergehen, diese Dinge nicht vom Standpunkt des privatwirtschaft⸗ lichen Interesses anzusehen, sondern Gründe und Motive des öffent⸗ lichen Wohls in den Vordergrund zu kehren, und daß wir aus diesem Grunde in den letzten Jahrzehnten große Eefolge erzielt haben.

Die Aerzteschaft ist darüber einig, daß zwar die Heilung der Krankheiten nicht zu einer bürokratischen Angelegenheit gemacht werden darf, daß aber das ganze große Gebiet der vorbeugenden Gesund⸗ heitspflege und der sozialen Hygiene nicht unter dem Gesichtspunkt der Privatwirtschaft behandelt werden kann, sondern daß diese Dinge mehr und mehr in die öffentliche Haad überführt werden mössen. Ich erinnere an die Fürsorgestellen gegen Tuberkulose, Geschlechtskrankheiten, ich erinnere an die Schwangeren⸗, Säuglings⸗ und Kleinkinderfürsorge, an das Schulärzsewesen und andere derartige Einrichtungen, die wir in den letzten Jahrzehnten in Deutschland geschaffen haben und die sich zweifellos in der Tendenz bewegen, in der der Herr Vorredner, wenn auch in überstürzter Weise, arbeiten will. Ich erinnere daran, daß eine Möglichkeit, das Apothekenwesen in die öffentliche Hand zu übernehmen, im Kommunalisierungsgesetz vorgesehen ist. Ich verweise dann auf das Gebiet nicht der vorbeugenden, sondern der heilendem Fürsorge, auf das Krankenkassenwesen, das immerhin in derselben Richtung liegt. Auch der Herr Vorredner wird nicht der Meinung sein, daß das Krankenkassenwesen, weil es dem hier bezeichneten Ideal nicht in jeder Hinsicht entspricht, etwa abgebaut werden soll, sondern er wird mit mir der Meinung sein, daß es auszubauen und daß auf „diesem Wege ein sozialer Fortschritt zu erzielen ist. Es ist also kein Zweifel daran, daß wir entsprechend dem Zuge unserer Zeit fort⸗ fahren werden, diese Angelegenheit vom Standpunkte des öffentlichen Wohls zu betrachten und die Hand des Staates und der Gemeinden mehr in diese Angelegenbeit hineinzubringen, als man das vielleicht vor 10 oder 20 Jahren für richtig gehalten bat. Auf diesem Wege ruhig und⸗besonnen weiterzuarbeiten, wird unsere Aufgabe sein.

Wenn nun aus diesem Gesichtspunkt und im Zusammenhang damit ein besonderes Gesundheitsministertum gefordert wird, so meine ich, daß die Vermehrung der Miaisterien im Reich in letzter Linie doch nur dazu führen würde, die Geschäfte unübersichtlich zu gestalten. Zuviel Ministerien schaffen, heißt zuviel Reibungspunkte schaffen, und gerade das Gesundheitswesen, dessen Fürsorge in den verschiedensten Ministerien gehandhabt werden muß, vom Reichs⸗ wirtschaftsministerium vom wirtschaftlichen Standpunkt, vom Reichs⸗ arbeitsministerium vom Standpuntt der Arbeitersozialpolitik, in meinem Ministerium vom Standpunkte der allgemeinen Vorbeugung gegen Krankheiten also das Gesundheitswesen würde es au schlechtesten ertragen, wenn es herausgezogen würde, so daß die gesund⸗ heitlichen Rücksichten dann nicht im Schoße jedes einzelnen Ministeriums behandelt würden, sondern man von außen versuchen müßte, in die betreffenden Ministerien den Standpunkt der Gesundheitsvpflege und die Wünsche der Gesundbeitspflege hineinzubringen. Das würde der Gesundheitspflege nicht förderlich, sondern abträglich sein. Es kommt hinzu, daß das Reich auch heute noch ein Bundesstaat ist und große Aufgaben auf dem Gebiete der Gesundheitspflege bei den Ländera verbleiben, so daß auch in dieser Richtuna für eine Betätigung eires besonderen Gesundheitsministeriums kein Raum ist.

Wenn bei der ganzen Frage vielleicht die Absicht ist, ein Fach⸗ ministerium zu schaffen in dem Sinne, daß auch die Leitung in der Hand eines Fachmanns liegt, so bin ich der Meinung, daß es für die oberste Leitung auf keine fachliche Vorbildung, auch auf die juristische Vorbild nicht ankommt, sondern daß der⸗ jenige, der an der Svitze stebt seine Aufgabe nur darin sehen kann, die verschiedenen fachlichen Gesichtsp akte nach Möglichkeit zu ver⸗ einen und auszugleichen. Es soll also auch nach dieser Richtung hin, glaube ich, in meinem Ministerium nicht daran fehlen, daß die Wünsche und Anregungen der Fachleute und wir haben jr einen vortragenden Rat, der Fachmann ist nicht in hinreichendem Maße berücksichtigt werden.

Ich fasse mich also dahln zusammen: weir haben auf dem Ge⸗

gegen Bitterferd und Witterfeld gegen Berlin. So werden, di Ar⸗ beiter an der Nase herumgeführt. Die Arbeiterschaft muß unbedingt

Personen vo handen sind, die aus ihren Erfahrungen heraus in der

G 8

biete der Gesundheitspflege Vortreffliches geleistet, und wir werden

8 Württemberg und Baden besteht. LE1“ ; 5 MrKa; 4 11, 7. 98½ 8 Ziel haben Steigerung der Arbeitslust und des Arbeitsertrages. Des⸗

““ ö“ der besenderen Betriebe andererfeits. Hahnwerkftätten ist sie möglich, bei Reparaturwerkstätten ader schwer

2 8 * 1m

uns bemühen, auch in Zukunft

sondern im Wege der ruhigen Entwicklung berücksichtigt. dem Boden unseres Antrages.

2* * 81 n zu dine scziale Gefahr.

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r124*

Reichsminister des Innern Koch: Das habe ich gestern erklärt, Herr Präsideat, daß ich es beim Reichsgesundheitsamt für erwünscht hulten würde, wenn der Reichstag diese vermehrten Stellen be⸗⸗ Selbstverständlich kann ich diese Erklärung nur vor⸗

willigt.

behaltl’ch der Zustimmung des Reichssinanzministeriums abgeben.

8 n

Bürobeamte mehr einzustellen, wird angenommen.

Beim Kapitel „Physikalisch⸗technische Reichsanstalt“ tritt

88 8 (Soz.) für

Aobg. Giebel

Angestellten ein. Mhnterstaatssekretär Lewald: ☛¶ Um ½% „,§ N 8 11 3 ;

8n Amte 8 werden nach den allgemeinen Grundsätzen besoldet. sonderen Notfällen wird geholfen werden.

eine Aufbess rung der eine Ausvest rung der

„Der Etat des Reichsministeriums des Innern wird be⸗ willigt und eine Entschließung der Deutschnationalen betreffs 8 einer beim Reichsarchiv, dem Zentralnachwei amt und bei der Landesvermessung beschäftigten Beamten, Hilfsbeamten, Aushilfskräfte und Arbeiter sowie der

Vorlegung einer Nachweisung der

ihnen gezahlten Gehälter und Löhne wird angenommen. Es feolgt der Etat riums.

F n 84 4. & z irns E 2 8 5 Abg. Hoch berichtet über die Ausschußverhandlungen über diesen

¼ 72 An 2191† 2 . 24 9 92 + 2 FAI —₰ „₰ 4 8 F 22JA. 8 Ftat, der zum ersten Mele das Parlament beschäftigt. 8 Abg. Frau Dr. Lüders (Dem.): Mit der

twerden. Erwünscht wäre uns

898 b 4 K§̃., 3 8 1 8 . halb ist eine Rückkehr zur Akkordarbeit nicht zu umgchen; sie ist sehr

* I püm. FöS NI. 8 9 1 wohl kurckzuführen ohne Ausbeutung der Arkeitskräfte einerseits und

In Eisen⸗

4* 12* v P 3 92 54 2 44 9 8 4 4 4 5 1“ Bei Vernunft und gutem Willen auf beiden Seiten wird eine Einigung in dieser Frage wohl zu finden sein. Der Arbeits nachgeis ist keine Angelegenheit der Privatwirtschaft, er ist cine volks wirtschaftliche Ang legenheit der Gesamtheit. Seine Regelung ließe sich mit dem allgemeinen Arbeitsrecht sehr wohl vereinigen. Die Mit⸗ arbeit dör Frauen äift dabei unbedingt notwendig. Sie ist auch nicht zu entbehren auf dem Gebiet der Kriecerfürso nd entli Neioren des Fewewen ens⸗ er der Reform des Wohnungsgwesens. Wir Frauen sind uns bewußt Unkerer besonderen Verantwortung geogenüber dem kommenden Geschlicht. 81 1a 28 unsere Aufgaben im Sinne der utalten Gebotes der NMoöchstenliebe, ver inigt mit dem Gebote strengster Pflichterfüllung (Beifall links.) si 1

2 21 7 I. 421 . Gegen 614 Uhr wird die Weiterberat

1 Uhr, vertagt. 1u“

8

99. Sitzung vom 15. Oktober 1919.

1I11I1““

Die Rede, die bei Fortsetzung der Beratung des Haus⸗

haltsplans für die Reichspost⸗ und Tele⸗

graphenverwaltung der Reichspostminister Gies⸗ berts gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Anknüpfend an

die letzten Bemerkungen des Herrn Vorredners möchte auch

ich meinerseits zum Ausdruck, bringen, daß ich die Wieder⸗

anbahnung geordneter Verhältnisse und die Herbeiführung von

Dienst⸗ und Arbeitsfreud'gkeit im wesentlichen auf dem Wege zu erledigen versuche, indem ich mit der Beamtenschaft gemeinsam alle diese Fragen verfolge, die die verschiedenen Redner hier erwähnt haben. Selbstverständlich ist es mir nicht möglich das würde zu zeitraubend seln —, heute hier alle Einzelfragen zu behandeln. Ich glaube aber, die Herren Redner damit wohl zufriedenstellen zu können, wenn ich sage, daß alle die Anregungen, die sie gegeben haben, von uns verfolgst werden, und mit der Arbeitsgemeinschaft und dem Beamtenbeirat, mit denen das Reichspostministerium in stetiger Fühlung stebt, besprochen werden, und daß die entsprechenden Reformen in Vorbereitungesind. Das gilt ganz besonders auch von der Personalreform, die sämtliche Herren berührt haben. Solange sich die Frage noch im Vorbereitungsstadium befindet, ist es nicht angängig, Einzelheiten darüber und über die er⸗ strebten Ziele vorzutragen. (Sehr richtig! im Zentrum und bei den D. D.) Ich habe den Mitgliedern des Beamtenbeirats zur Bearbeitung der Angelegenheit mehrere Wochen Urlaub erteilt, damit er mir ohne Zeitverlust eine Denkschrift vorlegen möge, wie er sich die Reform vorstellt. Ich werde dann mit dem Beamtenbeirat gemein⸗ sam beraten. Wenn wir uns bei der Post einig sind und ich bin überzeugt. wir werden einig werden —, werden wir die Frage selbst⸗ verständlich gemeinsam mit dem Reichsamt des Innern und den übrigen Ressorts beraten müssen, weil sich die Personalreform aller Voraussicht nach nicht auf die Postoerwaltung beschränken kann. Aber so viel kann ich schon sagen, daß nach unsern Intentionen bei der Personalreform der Grundgedanke durchgeführt werden soll, daß der Aufstieg von unten nach oben ermög icht und erleichtert wird. Indessen muß ich, um nicht übertriebene Hoffnung zu erwecken, gleichzeitig hinzufügen: man darf daraus nicht etwa schließen, daß nun jeder Beliebige zut Ausübung irgendeine Amtes berufen und be⸗ fähigt sei. Um ein tüchtiges Beamtenpersonal zu erhalten, werden wir nicht davon absehen können, daß die Befähigung zur Ausübung einer bestimmten Funktion erwiesen wird. (S hr richtig)

Um die Ausbildung der Beamten nach der Richtung hin zu fördern, werden wir gern den Gedanken aufgreifen, der schon in der Haushalts⸗ kommission zum Ausdruck gekommen und auch hier wieder erwähnt worden ist, daß man dem Personal durch Einrichtung von Ausbildungs⸗ kursen zu Hilfe kommt. In einzelnen Orten haben wir bereits damit begonnen. Aber ich bitte zu bedenken, daß dazu Räumlich⸗ keiten und Personen notwendig sind. Wir müssen ein geeignetes Personal heranbilden, das die Fähigke t besitzt, Kenntnisse zu ver⸗ mitteln. Damit ist der Sache nicht gedient, daß man einfach die Unterbeamten zusammennimmt und ihnen Vorträge hält. Der Vor⸗ wagende muß auch die Besähigung haben, seine eigenen Kenntnisse

weiter zu geben, und dazu müuͤssen wir die geeigneten Persönlichkelten

3 Vortreffliches zu leisten. Die An⸗ regungen des Herrn Porredners find an sich in mancher Hinsicht nicht unbegründet, sie werden aber zweckmäßig nicht in überstürzter Weist,

p; MDie Moräatof g. 2 1 8 nert: Die Aerzteschaft steht zum größten Teil auf ege. Der Arzt als Geschäftsmann ist gerade⸗

Antrag der Unadhängigen wird abgelehnt, ein Antrag der Deutschnationalen, für de ichsgesundheit sechs r Deutschnationalen, für das Reichsgesundheitsamt sechs

Beamten und

Die Beamten und Angestellten In

des Reichsarbeitsministe⸗

3. Frau Dr. Abtrennung des Neichsarbeitsministeriums vom Ministerium des Innern sind wir ein⸗ 1öI pmooy† 8 2₰ sor 8 [ 1 2 8 7

Vverstanden, ob die Ressorteinteilung sich bewähren wird, muß abgewartet

in Reickswohlfahrtsamt, wie es in

Das Betriebsrätéogesetz muß zum

ich, auf diesem Gebiete weiterzukommen.

Die Frage der Hilfskräste der recht schwierig. Nehmen Sie es mir sage, es wird dabei nicht ohne Härten abgehen. Zu guten Verkehrsverhältnissen werden wir bei der Reichspost⸗ verwaltung nicht eher kommen, als bis wir wieder das alte pfl cht⸗ treue, im Dienst greßgewordene, bernfsmäßige Personal an allen Ecken und Enden haben. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) Das ist auch die Ueberzeugung unserer Beamten. Damit soll nicht etwa gesagt sein, daß bei der Entlassung des Kilfepersonals, das uns in der Kriegszeit und auch in der Uebergangszeit gute Dienste gel istet hat, rigoros vorgegangen werden wird. Aber allmäh⸗ lich müssen die Aushelfer, soweit sie dazu geeignet sind, in das Beamten⸗ und Anwärterverhältnis übergeführt werden oder durch berufsmäßige Beamte ersetzt werden. Jedenfalls wünsche ich, daß dabei nicht rigoros verfahren wird. .

Den Fall aus Berlin, den der Herr Abg. Zubeil erwähnt hat, werde ich prüfen lassen. Uebrigens hat mir die Oberpostdirektion bereits telephonisch mit, eteilt, daß sie auch ihrerseits Schritte tun wird, um eventuell vorgekommene Härten wieder rückgängig zu machen. 1 Der Herr Abg Koch hat speziell auf das kaufmännische Hilfspersonal bingewiesen, das wahrscheinlich in der Hauptsach⸗ in ten Scheckämtern tätig ist.“ Hier liegt eine ganz besonders schwierige Frage vor. Wr haben seinerzeit wegen der großen Stellenlosigkeit in den kaufmännischen Berufen diese stellenlose Kaufleute eingestellt und sind dabei den Anweisungen des Demobilmachungskommissars gefolgt, wie wir auch selbst die Maßnahmen als sozial richtig und gerechtfertigt empfunden haben. Selbstverständlich kommt nun diesen kaufmännischen Angestellten der Gedanke, daß diese ibre Tätigfeit ihrer Bildung entsprechend bewertet werden müsse. Hier entsteht aber der große Konflikt, daß die Beschäftigung und die Arxbeit in den Scheckämtern durchweg nicht so ist, daß sie eine lange kaufmaͤnnische Ausbildung voraussetzt, sondern daß wir zum größten Teil mit Damen fertig werden, und vor allen Dingen, daß wir diese Stellen künftig den gehobenen Unterbeamten vorbehalten wollen, wie der Herr Abg. Koch zutreffend gesagt hat. Aber auch hier sollen keine Härten entstehen. Auch hier wird die Ueberleitung nur allmäͤhlich vor sich gehen, zumal die Postscheckämter sich immer mehr ausdehnen und ein Ueberfluß von Personal wohl nicht so bald eintreten wird.

Was die Wohnungsfrage anbetr fft, die der Herr Abg. Koch angeschnitten bat, so bin ich gern bereit, alle praktischen Maß⸗ nahmen zu unterstützen, die dazu dienen können, die Wohnungs⸗ not iu lindern. Natürlich leiden die Beamten besonders schwer darunter, die versetzt werden, namentlich diejenigen, die aus den besetzten Gebieten kommen und die wir im Reichspost⸗ gebiete unterbringen müssen. Sie ohne Rücksicht auf das Dienst⸗ b. dürfnis vorläufig irgendwo unterzubringen, würde auf der einen Seite große Kesten verursachen, indem wir an diese Beamten Tage⸗ gelder zahlen müssen, andererseits ist es auch den Beamten unan⸗ genehm, wenn sie sozusagen zwischen Tür und Angel stehen und nicht wissen, wohin sie endgültig versetzt werden. Wir versuchen mit allen Mitteln, dem entgegenzuwirken, und ich bin für jeden Weg dankbar, den man mir zeigen wird.

Was die Wohnungszulagen für die Beamten anlangt, so sind wir hier an die Mitwirkung der Gemeinden gebunden. Ich bin aber gern bereit, die Frage zu prüfen, und es soll nicht an uns fehlen, in dieser Sache alles zu tun, was sie fördern kann.

Die Verminderung der Dienstwohnungen, die der Herr Abg. Koch anregte, ist auch icht ganz einfach, die Beseitigung einer Dienstwohnung kann höchstenis in einzelnen Fällen ge⸗ schehen, wo die Dienstgebäude zu klein und Neubauten nicht möglich sind, indem wir den Wohnungsinhaber ausquartieren. Daß die Zahl der Dienstwobnungen geringer wird, beruht darauf, daß wir die Oberpostdirektionen von Metz und Straßburg zurück⸗ führen aus den Gebieten, die wir abtreten müssen; sie werden dann selbstverständlich nicht mehr in unserm Etat erscheinen.

Die Genefungsbeime, die der Herr Abg. Koch erwähnt hat und von denen auch ich im Interesse (er Beamtenschaft außerordentlich bedaure, daß sie nicht genehmigt worden sind, werden wir nicht aus dem Auge verlieren. Ich will noch hinzusetzen, daß ich die Frage der Genesungsheime für Beamte zu unterstützen gern bereit bin und überlegen werde, welche Mittel über die schon beantragten hinaus zur Verfügung gestellt werden können. Dann ist von dem Herrn Abg. Zubeil die Frage der Belassung der Beamtinnen im Beamtenverhältnis, wenn sie heiraten, angeschnitten worden. M. H., das ist eine Frage, die das Reichspostministerium allein nicht entscheiden⸗ kann, sondern die von der Reichsregierung allgemein ent⸗ schieden werden muß. Ich will aber Veranlassung nehmen anzuregen, daß das Reichsamt des Innern, das die zuständige Stelle ist, die Frage in Arbeit nimmt, und wenn der Anregung des Herrn Abg. Zubeil entsprechend beschlossen wird, daß die Beamtinnen, wenn sie heiraten, im Amte bleihben dürfen, werden wir in der Reichspostverwaltung auch die Konscquenzen daraus ziehen. Ich mache aber zur gleichen Zeit darauf aufmerksam, daß die Sache nicht ganz unbedenklich ist.

Denn es ist ganz zweifellos, daß diejenigen, die eine Familie gründen

wollen, in Gefahr kommen, daß ihnen die Stellen weggenommen werden. Die Frage hat ihre zwei Se teg, sie wird von diesen beiden

Seiten aus geprüft werden müssen. W rden aber unsererseits die

Grundsätze durchführen, die allgemein das Reich auf diesem

Gebiete aufgestellt werden.

Der Herr Abg. Zubeil hat dann noch erwähnt, daß die Ein⸗

wohnerwehr den Aufdruck „Heeressache“ benutze, um portofrei Sachen

zu befördern. Ich bitte ihn, mir die Umschläge zuzusenden, ich werde

dann das Nötige veranlassen. Wir haben bereits die Verhandlungen

eingeleitet, um die ganze Gebührenfreiheit und damit auch den Miß⸗

brauch der Gebührenfreiheit zu beseitigen. Die unentgeltlichen

Leistungen der Reichspostverwaltung treten jert gar nicht in Er⸗

scheinung; daber sehen wir uns nach einem anderen Modus in bezug

auf die Reichediensisachen rm. Die Frage ist aber im Zusammen⸗

nicht üb!, wenn

heraussuchen. Dann kann ich ertlären,

ebenfalls ““ 8

daß es

in vunsern Jutentionen liegt, bei der künftigen Personalreform die Landbriefträgerklasse mit der Schaffnerklasse zu vereinigen. Um der Verwirklichung dieses Ziels zuzustreben, werden wir im nächsten Etat, den wir dem hohen Hause unterbreiten werden, im Einverständnis mit dem Reiche sinanzministerium vorschlagen, daß ca. 1000 Land⸗ briesträgerstellen in Schaffnerstellen umgewandelt werden. So hoffe

Reichspostverwaltung ist ich

Dann hat der Herr Abgeordnete Beuermann erwähnt, wir möchten auch perspchen, unsere Beamten in anderen Verwaltungen unterzubringen. *Sobald dieser Gedanke aufgetreten ist, habe ich ihn aufgegriffen urd im Beamtenbeitat be prochen, der der Regierung entsprechende Anregung ge eben hat. Ich bin an das Reichssinanz⸗ mivisterium herangetreten und habe dort gebeten, wenn die neuen Finanzbehörden aufgestellt werden, möglickst die Reichspostbeamten zu berücksichtigen. Ebenso stehen wir auch in Verhandlungen mit der Reichsschuldenverwaltung. Aber wir mössen eins bedenken: gegen⸗ wärtig ist das Streben nach Unterkunft bei Reichskebörden arch ganz außerordentlich groß. Die Auflösung unserer Armee macht virele Heeresbeamte, Offiziere, Militäranwärter usw. überflüssig, und diesen müssen wir doch auch die Möglichkeit einer Unterkunft verschaffen. Wenn wir auch bei der Reichspostverwaltung selbst nicht viele von diesen Leuten unterbringen können, dürfen wir ihnen wenigstens nicht in den Weg treten, wenn sie bei einer anderen Behörde unterkommen können. Soweit es möglich ist, werden wir versuchen, die Reichspost⸗ beamten in andere Behörden zu überführen. Aber groß wird die Lust bei unseren Reichspostbeamten nicht sein, sie werden nicht übertreten wollen, wenn sie keine Verbesserung in den neuen Stellen erfahren- So verspreche ich mir von dieser Maßnahme nicht allzu viel. Trotz⸗ dem wollen wir auch den Gedanken nach Möglichkeit weiter verfolgen.

Meine Damen und Herren! Was den Titel 22 des Etats be⸗ züglich der Errschtung eines Gebändes für eine Kraftwagenhalle betrift. so möochte ich sagen daß, wenn mir die Herren ein billigeres Mietsgrundstück in der Nähe zur Verfügung stellen können, ich sehr gern bereit bin, es zu übernehmen. Wir mössen aber bedenken, 89 dieses Gebäude möglichst zentral gelegen sein muß. Wenn die Halle entfernt liegt, kommen die Laufkosten und die Autos bis zur Wagen⸗ balle in Betracht. Das würde in Zukuntt bereutend teuter sein. Wenn also die Summe hier auch hoch erscheint, so wiro doch die Verbilligung der Betriebskosten durch die zentrale Lage der Wagen⸗ halle außerordentlich groß sein Damit möchte ich vorläufig meine Bemerkung schließen und wiederhole noch einmal, daß alle die Anregung en, die hier gegeben worden sind, wenn ich auch auf Einzelhei en nicht eingegangen bin, nicht unbeachtet bleiben, sondern weiter verfolgt werden. Zum Schluß noh eine Bemerkung über die Beamtenausschüsse. Ich billige die Art der Beamtenausschüsse, wie sie heute sind, auch nicht; aber eine Aenderung vorzunehmen, bevor nicht das Betriebs⸗ rätegesetz fertig ist, halte ich für bedenklich. (Sehr richtig!) Es müßte neu gewählt und neu konstituiert werden, und das balte ich jetzt für eine durchaus unnötige Arbeit. Aber sobald wir das Betriebsrätegesetz verabschieder haben, werde ich auf Grund dieses Gesetzes für die Reichspostverwaltung eine vorläufige Regelung treffen. Ich habe bereits über die Grundsätze mit dem Beamten⸗ beirat gesprochen, der auch eine Der kschrift über seine Wünsche in dieser Frage eingereicht hat. Je schneller das Betriebsrätegesetz ver⸗ abschiedet wird, desto eher werden wir in der Lage sein, den geäußerten Wünschen auf dem Gebiete Rechnung zu tragen. (Allgemeines Bravo.)

Preußische Lepegbanfasad benge 617. Sitzung vom 17. Oktober 1919. 1“ Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins Deutscher Zeitungsverleger. Am Regierungstische: Drr Staatsminister Braun. Präsident Leinert eröffnet die Sitzung um 12 ½ Uhr. Auf der Tagesorgnung stehen an erster Stelle acht An⸗

fragen. Von diesen vleiben sieben heute unbeantwortet. Die Staatsregierung hat dem Präsidenten schriftlich mitgeteilt, daß sie zur Beantwortung einer Anzahl dieser Anfragen noch nicht in der Lage sei. Für einige andere der kleinen Anfragen gibt ein Regierungsvertreter dem Präüsidenten die gleiche Erklärung ab, Prasident Leinert nimmt aber Veranlassung festzustellen, daß ihm eine schriftliche Mitteilung seitens der Staatsregierung darüber nicht gemacht worden ist. 8 Auf eine kleine Anfrage der deutsch⸗hannoverschen Ab⸗ geordneten B iester und Genossen wegen Beschleunigung des Ausbaues der Eisenbahnlinie Nienburg⸗Diepholz, eventuell als Notstandsarbeit, läßt die Regierung erklären, daß angesichts des gegenwärtigen Mangels an Lokomotiven und Oberbau⸗ saterial die Inangriffnahme der Vollendung der Linie nicht verantwortet werden könne.

DSDgarauf setzt das Haus die Beratung des Haus halts der Gestütyerwaltung fort. 8

Es ist ein Antrag der Demokraten eingegangen der die Unterdrückung der Rennwetten verlangt, eventuell nur staatlich angestellte Buchmacher auf den Rennplätzen zulassen will und die Abgabe⸗ erhebung von den privaten Rennwetten in derselben Höhe wie von den öffentlichen Totalisatorkassen fordert.

Abg. Peters⸗Hochdonn (Soz.): Nach den Verheerungen des Krieges wird es der größten Anstrengung bedürfen, unseren Pferdebestand wieder auf eine ansehnliche Höhe zu bringen Ich habe volles Verständnis für den Gafen Kanitz und seine warmen Worte für die ostpreußische Pferdezucht. Die ganzen östlichen Pro⸗ vinzen sind ja bisher auf die Remontezucht zugeschnitten gewesen und es wird ihnen außerordentlich schwer fallen, sich der neuen Zucht⸗ richtung und den neuen Verhältnissen anzupassen. Die Illusion aber, daß wir auch weiter die Warmblutzucht fördern mussen, da wir nicht wissen, ob wir nicht in den nächten Jahren Kavalleriepferde zu kaufen nötig haben muß zerstört werden. Ich gebe weiter gar nicht darauf ein, wenn die Herren etwa heute noch daran denken sollten, die Monarchie unter den Hohenzollern wieder herzustellen aber die Gestütverwaltung warne ich, dieser Anregung zu folgen. Was wir für die nächste Zukunft brauchen, ist ein zugkräftiges, frommes Ardeits⸗ und Ackerpferd. Das haben wir bisher in Han⸗ nover, Oldenburg und Schleswig⸗Holstein gezüchtet. Die Landwirt⸗ schaftskammer in Schleswig⸗Holstein hat sich vor ganz kurzem völlig in Einklang mit meiner Ansicht ausgesprochen. Die G stütverwaltung muß dieser neuen Rechnung tragen und auch da, wo bis⸗ jetzt nur Warmblutzucht betrieben worden ist, nach der anderen Rich⸗ tung einen Versuch machen. Die Pferderennen, wie sie jetzt sind sind eine Tierquälerei und sollten verboten werden, sie sind aber auch eine Menschenquälerei. Wir haben im Ausschuß auch ein Ver⸗ bot beantragt, aber der Landwirtschaftsminister hal es zurzeit für nicht angängig erklärt. Die Rennwetien sind ein Üübel. Es wird so viel über die Armut und Not des deutschen Volkes gesprochen die ihm unmöglich machen, die Friedensbedingungen zu erfüllen; sieht man sich die Pferderennen an, so müßte mon zu der ůber⸗ zeugung kommen, daß es mit dieser Not doch nicht so weit her ist. e Kanitz ervorhod, daß die Pferderennen dem Graate 15 Milltonen einbringen, so weiß er doch selbst nur zu guj, daß diese Einnahme nur eine Täuschung ist, daß es sich nur um einen durch⸗

bang noch nicht zum Abschluß gebracht.

laufenden Posten handelt. Wir werden deshalb auch dem Antrag der