1919 / 240 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 20 Oct 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Kabinetts Davidovic unterzeichnet worden. Als Vize⸗

präsident trat der frühere österreichische Abgecrdnete Bianchini

ein. Trumbic erklärte sich bereit, das Ministerium der aus⸗ ärtigen Angelegenheiten zu behalten.

Niederlande.

Wie das „Korrespondenzbüro“ erfährt, hat der Minister des Auswärtigen die holländische Gesandtschaft in London be⸗ auftragt, die britische Regierung auf die Tatsache aufmerksam zu machen, daß zwei offenbar zur britischen Marine⸗ reserve gehörige Schiffe ohne Erlaubnis der holländischen Regierung den holländischen Teil der Schelde be⸗ fahren und in holländischen Gewässern Munition über Bord geworfen haben. 8

Türkei.

Das Haupt der unionistischen türkischen Regierung Hais⸗ Ed⸗Din Pascha, zugleich Militärgouverneur von Siwas, hat an die örden in der Türkei eine Proklamation gerichtet, in der er dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge erklärt, die Regierung von Konstantinopel führe mit ihrer feigen Politik das Land zum Untergang. Sie habe den englischen Feinden die Bagdadbahn in die Hände ge⸗ spielt, die die Grundlage der nationalen und wirtschaft⸗ lichen Unabhängigkeit der Türkei bilde, und habe das türtische Nationalheer verhindert, gegen die verächtlichen britischen Feinde zu tämpfen. Die Proklamation schließt: „Lehnt die Regierung ab und erkennt allein den Sultan, das Haupt des Kalifats, an. Ich ersuche, euch auch den Beschlüssen der Regierung von Siwas zu unterwerfen, und verbiete den Behörden unter Todes⸗ strafe irgend eine Gemeinschaft mit der Regierung von Kon⸗ stantinopel.“

Amerika.

Der amerikanische Senat hat die zwei Abänderungs⸗ anträge des Senators Fall zum Friedensvertrag, die be⸗ schräankende Bestimmungen für die Teilnahme der Vereinigten Staaten an der Wiedergutmachungskommission enthielten, dem Preßbüro „Radio“ zufolge abgelehnt. Der Senator Walsh beantragte, daß die Regierung beauftragt werden solle, nach dem Beitritt der Vereinigten Staaten zum Völkerbund bei dem Rate des Völkerbundes Vorstellungen wegen der Lage in Irland und des Selbstbestimmungsrechts des irischen Volkes zu er⸗ heben. Ein anderer Senator wandte sich gegen die Entsendung von 5000 Mann amerikanischer Truppen nach Schlesien.

Im Repräsentantenhaus wurde nach dem „Daily Telegraph“ ein Antrag angenommen, der die Ankunft von Deutschen und Russen, die nur die Gelegenheit zur Ein⸗ wanderung in die Vereinigten Staaten abwarten, aus⸗ schließen will, dagegen keineswegs diejenigen achtbaren Bürger der alliierten und neutralen Staaten, die kürzeren oder längeren Aufenthalt in den Vereinigten Staaten nehmen wollen.

Der argentinische Minister des Auswärtigen hat nach einer Meldung des „Nieuwe Courant“ einen wichtigen Kongreß aller amerikanischen und südamerikanischen Regsjerungen nach Buenos Aires einberufen, um alle amerikanischen Republiken, zu einem gemeinsamen Ab⸗ kommen zugunsten der Preisreform für sämtliche Stapel⸗ waren und Lebensmittel aufzufordern, und auf diesem Wege ein Sinken der Preise zu erzielen, ferner um dafür Vorsorge zu treffen, daß andere befreundete. Staaten, wenn sie den Wunsch haben, sich daran beteiligen können. Man betrachtet diesen Schritt als sehr bedeutungsvoll und erhofft davon eine die ganze Welt umfassende Aktion zur Herabsetzung der hohen Preise.

Die Republik Uruguay hat am 16. Oktober den Friedensvertrag mit Deutschland ratifiziert.

G 8 Afien. Laut Meldung des „Nieuwe Courant“ soll in

Preß“, daß Japan für das Flugwesen einen Kredit von 125 Millionen Dollar auswirft. Ein französisches Fliegerkorps hat die Unterweisung der japanischen Armee im Flugwesen übernommen.

Nr. 22 des Eisenbahnverordnungsblatts, heraus⸗ egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten am 14. Oktober, hat folgenden Inhalt: Bekanntmachung vom 18. September 1919, betr. Aenderung der Postscheckordnung vom 22. Mai 1914. Be⸗ kanntmachung vom 1. Ottober 1919, betr. Errichtung eines neuen (zweiten) Werkstättenamts bei der Hauptwerkstätte in Meiningen. Verordnung vom 21. August 1919, Ausführungsbestimmungen vom 23. September 1919 und Erlaß vom 3. Oktober 1919, betr. Ge⸗ währung von 3 lagen zu Renten aus der Invalidenv Nachrichten. u“ 1

Theater und Musik.

Im Opernhause wird morgen, Dienstag, als 1. Tag im „Ringe des Nibelungen“ „Die Walküre“, mit den Damen Kemp, Wildbrunn, Branzell, von Catapol, Dietrich, von Scheele⸗Müller, Escher, Birkenström, Mende und den Herren Kirchhoff, Bohnen und von Schwind als Gast besetzt, gegeben. Dirigent ist der General⸗ musikdirektor Leo Blech. Anfang 5 Uhr.

Sa Schauspielhause geht morgen „Coriolan“ mit den Damen Sufsin, Neff, Schön und den Herren Sommerstorff, Mühl⸗ bofer, Kraußneck, Leffler, Pohl und von Ledebur in den Hauptrollen in Szene. Spielleiter ist Dr. Reinhard Bruck. Anfang 7 Uhr.

Mannigfaltiges.

Polkszäblung, für Berlin⸗Stadt bhet, B.“ zufolge, vorläufig 1 897 864 Einwohner ergeben, 609 männlichen, 1 033 255 weiblichen Geschlechts.

Der Kohlenverband Groß Berlin hat unter dem 18. Oklober 1919 folgende Bekanntmachung über Fest⸗ setzung von Kokspreisen erlassen:

Unter Aufhebung der durch die des Koh en⸗ verbandes Groß Berlin vom 26. Juni 1919, J.⸗Nr. L 3307/19, 12. Juli 1919, J.⸗Nr. L 3436/19, 21. Juli 1919, J.⸗Nr. L 3482/19, festgesetzten Höchstpreise für Koks werden auf Grund der Bekannt⸗ 95 8 des Bundesrats über Errichtung von Preisprüfungsstellen und

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est⸗ persien ein Aufstand gegen den englischen Einfluß aus⸗ gebrochen sein.

Dem „Preßbüro Radio“ zufolge meldet die „Associated

orgungsregeluna vom 25. September/4. November 1915 (Reichs⸗

““ S esetzblatt S. 607 und 728) in Verbindung mit der Anordnung der Hed.enalbahörhen über die Errichtung des Kohlenrerbandes Groß Berlin vom 21. August 1917 für die Stadtkreise Berlin, Char⸗ lottenburg, Neukölln, Berlin⸗Schöneberg, Berlin⸗Lichtenberg, Berlin⸗ Wilmersdorf sowie die Landkreise Teltow und Niederbarnim mit Genehmigung der Staatlichen Verteilungsstelle für Groß Berlin die Preise für Koks wie folgt festgesetzt: § 1. Preise für Küchen⸗ und Ofenbrand. Es dürfen für Koks, Gaskoks, gebrochen, folgende Preise nicht überschritten werden: 1) bei Selbstabholung ab Lager 8,95 je Ztr. 2) bei Lieferung frei Erdgeschoß oder Keller 9,50

§ 2. Preise für Kokslieferungen an das Klein⸗

gewerbe sowie für Zentralheizungs⸗ und Warm⸗

e4“ Fuhren nicht unter 0 2

Es dürfen folgende Preise nicht überschritten werden: L 11418— v11121612161111 3) Westfältscher oder Lichtenberger Schmelzkoks 10,— 4) Oberschlefischer Schmelzkorbee 9,60 8 5) Niederschlesischer Schmelzkoks

a. soweit die Lieferungen nach dem 1. und vor dem 15. Oktober ausgeführt sind 9,05 b. soweit die Lieferungen nach dem 14. Ok⸗

tober ausgeführt sind. b9ö8

Die Preise gelten für Lieferungen frei Keller. Sie ermäßigen sich, soweit der Koks von dem auf den des Grundstücks ge⸗ fahrenen Wagen durch den Wagenführer ohne Mitwirkung anderer Arbeiter abgeworfen wird, um 10 je Zentner, soweit der Koks auf dem Straßendamm vor dem Grundstück des Verbrauchers ab⸗ Feerean wird, um 15 je Zentner, bei Selbstabholung durch den

erbraucher um 55 je Zentner, bei Lieferung ganzer Waggon⸗ ladungen ab Erzeugungsstelle im Gebiet des Kohlenverbands 88* frei Waggon aller Bahnhöfe im Gebiet des Kohlenverbands um 75 je Zentner.

§ 3. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser Be⸗ kanntmachung unterliegen der Bestrafung gemäß § 17 Ziffer 2 der Bekanntmachung des Bundesrats über die Errichtung von Preis⸗ prüsungsstellen und die Versorgungsregelung vom 25. September und 4. November 1915.

§ 4. Die Preisfestsetzungen des § 2 finden, soweit durch den Paragraphen selbst keine andere Regelung getroffen wird, auf alle seit dem 1. 10. 1919 ausgeführten Kokslieferungen Anwendung; im übrigen tritt diese Bekanntmachung mit dem Tage ihrer Veröffent⸗ lichung in Kraft.

Spart Brennstoffe! Unter diesem Leitwort veranstalten der Verein deutscher Ingenieure und die Vereinigung der Elektri⸗ zitätswerke vom 29. Oktober bis 1. November d. J. im großen Saal des Ingenieurhauses, Sommerstrase 4a, eine Vortragsfolge über Brennstoffwirtschaft. Die Vorträge sollen zeigen, wie mit einfachen, zurzeit zu Gebote stehenden Mitteln der Brenn⸗ stoffnot vorzubeugen ist und dem Volksvermögen erhebliche Werte erhalten werden können. Die Vorträge behandeln folgende Fragen: Mittel und Wege zur besseren Ausnutzung unserer Brennstoffe; Grundlage der Brennstoffkunde; Kohlenkrisis und Transportfrage; YVerbesserung der Wärmewirtschaft durch Abwärme⸗ verwertung bei Dampfkraftanlagen, bei Verbrennungskraftanlagen und Großölmaschinenanlagen; Wärmemessung bei Dampfkraftanlagen und bei Verbrennungskraftanlagen; Verwertung und Nutzbar⸗ machung minderwertiger Brennstoffe; Wärmefortleitung; Brennstoff⸗ wirtschaft im Haushalt und in den Städten; wärmewirtschaftliche Kupplung städtischer Werke mit privaten Fabritbetrieben. Vortrags⸗ pläne und Teilnehmerkarten sind im Ingenieurhause, Berlin, Sommerstraße 4 a, zu haben. 1

Leipzig, 19. Oktober. (W. T. B.) In Anwesenheit von mehr als 1200 Vertretern und Gästen aus 900 Städten Deutsch⸗ lands und des Auslandes ist gestern der 14. Deuts Fünd. .eng nchehihe n889 durch den Verbandsvorsteher Bechly des Deutschnationalen Handlungsgehilfen⸗Verbandes eröffnet worden. An den Verhandlungen nahmen zahlreiche Vertreter von Be⸗ hörden, wirtschaftlichen Interessenvertretungen und Parteien teil. Als erster Redner sprach Walter Lambach von der Leitung des Deutschnationalen Handlungsgehilfen⸗Verbandes über „Kapitalismus Sozialismus Zwangswirt⸗ schaft Freie Wirtschaft“. Der Handlungsgehilfen⸗ tag bekundete sein Einverständnis mit den Darlegungen des Redners und seinen Willen zum nationalen Wiederaufbau durch die einhellige Annahme einer Entschließung, in der es heißt: „Der 14. Deutsche Handlungsgehilfentag lehnt das Bestreben der sozialisti⸗ schen Regierungsmitglieder und der hinter ihnen stehenden politischen Machtgruppe ab, das deutsche Wirtschaftsleben nach mechanistischen Grundsätzen unter Anwendung von staatlichen Zwangsmitteln in ausgeklügelte starre Formen einzuspannen, da die Zwangs⸗ wirtschaft den von ihren Anhängern in Aussicht gestellten neuen Aufstieg nicht bringen kann, sondern zum noch tieferen Absturz führen muß, Er bekämpft jeden Versuch, die un⸗ gehinderte, kulturbringende kaufmännische Arbeit zu behindern, und verlangt freie Bahn für den Wertgautgedanken, durch den der deutsche Kaufmann in zäher Arbeit die deutsche Wirtschaft aus den Fesseln feindlicher Schuldknechtschaft erlösen wird. Er fordert planmäßigen Abbau der Zwangswirtschaft und gesetzliche Grundlagen für eine organische Wirtschaftsentwicklung, der die kauf⸗ männische Arbeit die threr Eigenart und hohen kulturellen Be⸗ deu ung entsprechende Stellung einnimmt.“ Als zweiter Redner sprach Max Habermann⸗Hamburg, Mitglied der Ver⸗ waltung des Deut chnationalen Handlungsgehilfenverbandes, über „Das Lebensrecht des Handlungsgebilfenstandes“. Seine Ausführungen führten zur einmütigen Annahme einer weiteren Entschließung, die folgende Kernpunkte enthält: „Der 14. Deutsche Handlungsgehilfentag betont gegenüber den Gleich⸗ macherbestrebungen der Zeit die geschichtlich gewordene Eigenart des Fefedupgehahe enstandes. Er hält für die Durchführung seiner ozialpolitischen Ziele an der Berufsgrundlage des gelernten Kaufmanns fest und lehnt demgemäß die jetzt allenthalben versuchte organisatorische und sozialistische Gesetzgebung der verschiedenen Angestelltengruppen ab. Er betämpft die von der Reschsregierung gegen wo herösogene soziale Rechte der Handlungsgehilsen betriebene Politik und dankt der Nationalversammlung für ihr tatkräftiges Eingreifen zur Erhaltung der kaufmännischen Ersatzkrankenkassen. Er erwartet einen ebenso kräftigen Widerstand der Nationalversammlung gegen Versuche, die Angestelltenversicherung in ihren Grundlagen zu erschüttern. Er hält an den Forderungen zum Ausbau des geltenden Handlungs⸗ gebilfenrechts fest. In der Vorlage der Reichsregierund über ein Betriebsrätegesetz des sozialen Einflusses der Handlungsgehilfen und erwartet insbesondere von der Nationalversammlung, daß sie bei der endgültigen Ge⸗ staltung des Gesetzes eine Majorisierung der Angestellten durch die Arbeiter im Betriebsrat nicht zulassen wird. Der 14. Deutsche Serehgebnsenths hält an der erfolgreichen deutschnationalen

ewerkschaftspolitik fest. Die Fortentwicklung des Tarifvertrags⸗ wesens ist mit aller Kraft zu betreiben, die Gewinnbeteiligung ist an⸗ zustreben. Darüber hinaus soll für die Handlungsgehilfen die der Natur ihrer Tätigkeit angemessene, nach Leistung und Tüchtigkeit ab⸗ gestufte indwiduelle Form der Entlohnung Grundlage ihres sozialen Aufstiegs bleiben.“ MNach einer erhebenden Gedächtnisfeier für die 15000 im Kriege gefallenen Mitglieder des Deutsch⸗ nationalen Handlungsverbandes, die T von

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erblickt er eine schwere Beeinträchtigung

Teilnehmern im Domesschatten der Krypta des Völkerschlacht, denkmals vereinte, setzte der 14. Deutsche Handlun 8 Seilfentag heute seine Beratungen fort. er mit großem eifall aufgenommene Vortrag des erst Redners Tagesordnung, Werner Heinemann, entwickelte ein Bild d Schäden, die sich aus der aus Gewinngier geförderten hemmu ngs⸗ losen Frauenarbeit in Männerberufen entwickelt haben. Er geigte, wie durch eine Neugestaltung unseres volkswirt⸗ schaftlichen Denkens die Wege zu einer glücklicheren Enrwicklung er⸗ schlossen werden könnten. Eine von ihm vorgeschlagene, einstimmig angenommene Entschließung besagt in ihrer richtungweisenden Einleitung: „Der 14. Deutsche Handlungsgehilfentag ist von der Ueberzeugung durchdrungen, daß Männer und Frauen im Gemein⸗ schaftsleben eigenwertige Aufgaben zu erfüllen haben, die sich auf die Wesensungleichheit der beiden Geschlechter gründen müssen. Der Zu⸗ sammenklang dieser Wesensungleichheit verbürgt wahres und dauerndes Glück für das Volk. Darum muß allen Versuchen und einer wirtschaftlichen Entwicklung entgegengewirkt werden die Männer und Frauen unter Mißachtung ihres Wesenz gleichartig behandeln und sie so an der Erfüllung ihrer natürlichen Aufgaben im Leben des Volkes hindern, die Fran außerdem für die Mutterschaft unfähig machen.“ Dann ergriff als zweiter Redner des Tages der Verbandsvorsteher Hans Bechly das Wort zu einen Vortrag: „Der nationale Gedanke nach der Revolu⸗ tion“, der sich immer mehr zu einem erhebenden Bekenntniswort des Glaubens an die Zukunft des deutschen Volkes steigerte und im eirlen Ausblick und packender Darstellung die Zusammenhänge auf. ellte, die das Schicksal unseres Volkes mit dem Schicksal jedes einzelnen in seinem Berufsleben verbindet. Als er mit dem Ge⸗ löbnis: „Zieh ein zu allen Toren, du starker deutscher Geist, der, aus dem Licht geboren, den Pfad ins Licht uns weist“ endigte, umbrandete ihn brausender Beifall. Durch Auflegen der Hände schio⸗ sich die tausendköpfige Versammlung zu einer einzigen großen Ge⸗ sinnungsgemeinde und stimmte stehend „Deutschland, Deutschland über alles“ an. Mit der einstimmigen Annahme der im folgenden auszugsweise wiedergegebenen Entschließung und einem h wort von F Hamburg fand die Tagung ihren Ab⸗ schluß. In der Entschließung heißt es: Der 14. Deutsche Handlungsgehilfentag glaubt trotz des Zusammen⸗ bruchs des alten Deutschen Reichs an die Zukunft des deutschen Volkes und an die Wiederaufrichtung eines starken deutschen Staates, der alle abgetrennten Brüder umfassen wird. Er erblickt in den seelischen und sittlichen Kräften des Volkes unentbehrliche Antriebe für den Aufbau. Darum will er Wahrung und bewußte Gestaltung des deutschen Volks⸗ tums. Nicht durch Ausschaltung des Volkstums gelangt man zum Menschentum, sondern durch Entfaltung der völkischen Eigenarten. Die Völker sind die tragenden Säulen der Menschheit. Der 14. Deutsche Handlungsgehilfentag erblickt in einer aus dieser Weltanschauung er⸗ wachsenden allgemeinen deutschen Arbeitnehmerbewegung, die unter Fernhaltung von allen künstlichen Gleichmachereibestrebungen den in ihr zusammengeschlossenen Berufsgruppen volle Freiheit zur beruf⸗ lichen Eigenentwicklung gewährt, die stolze Kraftquelle für die geistige Gesundung unseres ganzen Volkes. Der Handlungsgehilfentag würde einen für Erreichung dieses Zieles zu schaffenden organisatorischen usammenschluß der und Arbeiterbewegung als er⸗ strebenswerten Fortschritt begrüßen.“

Bremen, 18. Oktober. (W. T. B.) Die Rettungs⸗ station Borkum der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger telegraphiert: Am 17. Oktober von dem Leichter W 37, Kapitän Niclassen, von Borkum na Norderney bestimmt, gestrandet auf Borkum Riff, Mann durch Motorrettungsboot „Ferdinand Laeiß“ der Station

gerettet.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten

Opernhaus. (Unter den Linden.) Dienstag: 215. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Der Ring des Nibelungen. Bühnenfestspiel von W ard Wagner.

Erster Tag: Die Walküre in drei Akten von Richard Wagner.]

Musikalische Leitung: Generalmusikdirektor Leo Blech. Hermann Bachmann. Anfang 5 Uhr.

Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Dienstag: 227. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Coriolan. Historisches Drama in fünf Aufzügen ae Verwandlungen) von William Shakespeare. pielleitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Opernhaus. 216. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ n 2 näse. 18 Reggehohen. b-” d. Püberaage ühnenfestspiel von Richar mner. Zweiter Tag: Siegfried i drei Akten von Richard Anfang 5 Uhr. „Schauspielhaus. 228. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Maria Stuart. Trauerspiel in fünf Aufiügen von Friedrich Schiller. Anfang 6 Uhr.

Spielleitung:

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Margot von Rosen mit Hrn. Major z. D. Friedrich Reichsgraf von Lüttichau (Neudorf am Grödihbeng= Hederdorf Post Kosendau). Frl. Anna Therese von Linsingen mit Hrn. 21 8 12 thon (Kiel Angermünde).

rl. Erika von mann mit Hrn. Haupt S d Frhrn. von Schleinitz (Stettin). 11“ Verehelicht: Hr. Generalmajor Erich von Böckmann mit verw 8H 8 von Pzalan erich geb. von Trott Sberurf) Gestorben: Hr. Generalleutnant z. D. Hermann von Viebahn (Meiningen). r. Steuerrat Julius Sfme Carvon, Viehahn

8 888 125 Adolf von Pommer Esche

Br .— Hr. Geh. Medizinalrat, 1 I 8 ber (Königsberg, Pr.). 8 .“ Pe

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle. Rechnungsrat Mengerina in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle Mengeringa) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt .““ Beerlin. Wilhelmstraße 32.

Fünf Beilagen (einschließlich Börsenbeilage). Erste, Zweite, Dritte, Vierte und Fünfte Ben al⸗Handelbeedsterellans, Sün⸗

Spielleitung: Dr. Reinhard Bruck

zum Deutschen Reich

No. 240.

Nichtamtliches.

Deutsche Nationalversammlung in Berlin.

101. Sitzung vom 17. Oktober 1919.

8 Nachtrag.

Bei der Fortsetzung der Beratung über den Haushalts⸗ plan für das Reichsministerium des Innern ergriff nach dem Reichsminister des Innern Koch der Reichs⸗ wehrminister Noske das Wort, um in Erwiderung auf Aus⸗ führungen der Abg. Frau Zietz (U. Soz.) folgendes zu erklären:

Frau Zietz hat behauptet, es sei von Noskegardisten auf harm⸗ lose Ausflügler geschossen worden. Diese „harmlosen Ausflügler“ waren Scharen von Demonstranten, die den Versuch machten, die Berliner Straßen unter Druck zu setzen, und die den behördlichen Anordnungen nicht Folge geleistet haben. Darauf sind sie auseinander⸗ zgetrieben worden. (Sehr richtig! Zuruf von den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Das wird auch, solange ih in Berlin für Ruhe und Ordnung zu sorgen habe, in Zukunft bei ähnlichen Fällen weiter geschehen. (Lebhaftes Bravo rechts und bei den Mehrheitsparteien.)

Frau Zietz hat sich weiter darüber beklagt, daß ohne Grund eine Jugendzeitung verboten worden sei. Dieses Verbot ist auf Grund eines Artikels erfolgt, der in riesengroßen Lettern über die panze Seite hinweg die Ueberschrift trug: „Der Staat als Mörder!“ (Lebhafte Rufe: Hört, hört!) Das ist die „harmlose Jugenderziehung“ der Frau Zietz. (Heiterkeit.)

Frau Zietz hat dann behauptet, ih hätte gelogen mit der Be⸗ hauptung, daß 22 Schutzhaftfälle in Berlin vorlägen. Diese Tat⸗ sache steht aber fest, daß an dem Tage, an dem ich davon gesprochen hatte, nur 22 Schutzhaftfälle in Berlin vorhanden waren. Ich habe in späteren Ausführungen allerdings darauf hingewiesen, daß außer⸗ dem in Berlin eine Reihe von Ausländern, besonders Russen, in Haft gehalten werden (Aha! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten), und daß sie leider von uns gefüttert werden müssen. Es wäre mir lieber, wenn sie in ihre Heimat zurückkehren könnten. Die Möglich⸗ keit, dies zu bewerkstelligen, liegt deswegen nicht vor, weil ich ihnen die erforderliche Sicherheit beim Verkehr durch Polen und die anderen Gebiete im Osten nicht garantieren kann.

Frau Zietz hat sich weiter darüber beklagt, daß Schutzhäftlinge in den Hungerstreik getreten sind, und hat Betrachtungen darüber an⸗ gestellt wenn ich recht darüber unterrihtet worden bin —, daß sogar jemand verhungert sei. Nach meinen Informationen essen erfreulicherweise alle diejenigen, die in den Hungerstreik eingetreten find, schon wieder- große Heiterkeit), so daß Todesfälle zu meiner Genugtuung nicht zu verzeichnen sind.

Aber es gibt anderen Anlaß, sich zu entrüsten, nämlich darüber, daß die Leute in Berlin ihres Lebens nicht mehr sicher sind und zu⸗ grunde gehen. Das geschieht wieder in diesen Tagen. Heute vor⸗ mittag ist mir gemeldet worden, daß wir jetzt in Berlin so weit sind, daß in Berliner Krankenhäusern Operationen, von denen das Leben von Patienten abhängt, nicht ausgeführt werden können, weil bdie Parteifreunde der Frau Zietz die Berliner Kraftwerke lahmlegen. (Hört, hört! und Pfuirufe rechts und bei den Mehrheitsparteien. Stürmischer Widerspruch von den Unabhängigen Sozialdemokraten. Guruf: Das ist aufs neue gelogen. Große Unruhe. Glocke des Präsidenten.)

Infolge der Treibereien, die wir mit wachsendem Ingrimm in den letzten Tagen beobachten müssen, ist bewirkt worden, daß jetzt vier Elektrizitätswerke stillgelegt werden, die ich mit der Nothilfe wieder in Gang zu bringen bemüht bin. Vor ganz kurzer Frist ist mir gemeldet worden, daß auch das große Kraft⸗ werk bei Bitetrfeld lahmgelegt worden ist (stürmische Rufe: Hört, hört!), so daß bewirkt wird, daß Hunderttausende von Menschen in Berlin, falls es meinen Bemühungen nicht gelingen sollte, das Werk wieder in Gang zu setzen, in die allerschwerste Bedrängnis geraten. Es ist selbstverständlich Vorsorge getroffen, daß der Versuch gemacht wird, diese Absperrung der Stadt Berlin von Licht und Kraft zu ver⸗ hindern. (Lebhafter Beifall.) Ich habe Anordnung getroffen, daß Hunderte von Nothilfsleuten in das Gehbiet geschickt werden. Weiter haben die Behörden dafür Sorge getragen, daß die erforderliche mili⸗ tärische Sicherung des Bezirks garantiert wird, und weiter habe ich darauf gedrängt, daß zur Durchführung dieser Maßregeln über diesen Bezirk der Belagerungszustand verhängt wird. (Beifall rechts, im Zentrum und bei den Demokraten. Erregte Zurufe von den Un⸗ abhängigen Sozialdemokraten.) Frau Zietz und ihre Freunde mögen meinetwegen noch so viele Schmähungen gegen mich ausstoßen! Endlich habe ich verfügt und das wird heute abend der Berliner Bevölkerung bekanntgemacht werden —, daß, wer von jetzt ab durch Wort, Schrift oder Tat weiter den Versuch macht, lebenswichtige Be⸗ briebe stillzulegen, mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft wird. (Zurufe von den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Ich werde aber dabei nicht stehen bleiben, sondern jeder Einzelne, der den Versuch macht, in Berlin auf die Lahmlegung dieser Betriebe hinzuwirken, wird von mir mit größter Beschleunigung hinter Schloß und Riegel ge⸗ bracht werden. (Bravo!) Das glaube ich dem Schutze der Berliner Bevölkerung, dem Schutze von Leben und Gesundheit von Hundert⸗ tausend von Menschen schuldig zu sein. (Stürmischer Beifall rechts und bei den Mehrheitsparteien. Lachen bei den Unabhängigen Sozial⸗ demokraten.)

Auf weitere Bemerkungen der Abg. Frau Zietz (U. Soz.) entgegnet der Reichswehrminister Noske:

Als Anklägerin gegen Gewalttaten überzeugt Frau Zietz dieses hohe Haus nicht recht. (Lebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien.) Mich treffen ihre Anklagen ganz und gar nicht. Ich habe keinen Anlaß, heute noch einmal lange Er⸗ örterungen darüber anzustellen, worauf die blutigen Auseinander⸗ setzungen im Januar, im März und anderen Tagen zurückzuführen sind.

Pewalttaten sind von der Regierung .

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ediglich abgewehrt worden (er⸗

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Berlin, Montag, den 20. Oktober

neute lebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien Widerspruch bei den Unabhängigen Sozialdemokraten), während sie von einer Min⸗ derheit versucht wurden. (Wiederholte lebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien.) Daran wird die Regierung auch unter allen Um⸗ ständen und unter allen Verhältnissen festhalten. (Sehr richtig! bei den Mehrheitsparteien.) Frau Zietz und ihre Freunde mögen sich dar⸗ über keinem Zweifel hingeben. Jeder Versuch, der von Ihrer Seite gemacht wird, uns eines Tages einen Umsturz in Ihrem Sinne zu bereiten, wird entschlossenste Gegnerschaft bei uns finden. (Stürmisches Bravo bei den Mehrheitsparteien. Andauernde lebhafte Zurufe und Unruhe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Sie dürfen sicher sein, daß jeder einzelne von Ihnen dabei Kopf und Kragen daransetzt. (Erneute lebhafte Zurufe bei den Unabhängigen Sozial⸗ demokraten: Sie auch!) Darüber lassen wir nicht den geringsten Zweifel bestehen. (Abg. Geyer⸗Leipzig: Damit machen Sie niemanden fürchten, das können Sie glauben! Lebhafte Zustimmung und Zu⸗ rufe von den Unabhängigen Sozialdemokraten. Andauernde Un⸗ ruhe. Glocke des Präsidenten.)

Ich zweifle gar nicht daran, daß der Geyer⸗Vater dann mehr Mut an den Tag legen wird als der Geyer⸗Sohn (lebthafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien), der bekannt⸗ lich kürzlich auseinandergesetzt hat (andauernde Unterbrechungen durch die Unaobhängigen Sozialdemokraten) ich wiederhole das noch ein⸗ mal daß man auf die Revolution hinarbeiten müsse, daß aber die bewährten Führer während der kritischen Zeit zu verschwinden und sich in Sicherheit zu bringen haben. (Andauernde erregte Zurufe und Unter⸗ brechungen bei den Unabhängigen Sozialdemokraten. Ich sehe auch Herrn Henke dort in wilder Entrüstung. (Erneute erregte Unter⸗ brechungen durch die Unabhängigen Sozialdemokraten.) Wenn Aus⸗ einandersetzungen stattfanden, bei der er in Gefahr, dann weiß Herr Henke genau immer das Loch zu finden, durch das er seine Haut in Sicherheit bringt. (Stürmische Heiterkeit bei den Mehrheitsparteien. Wiederholte erregte Zurufe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Das ist nicht zum ersten Mal geschehen. Ich brauche ja (Abg. Henke: Mit Ihnen nehme ich es immer auf, zu jeder Zeit und wo Sie wollen, Sie Lump Sie!) Ich kann mich darauf beziehen, mit welcher Ent⸗ rüstung selbst Parteifreunde des Herrn Henke davon gesprochen haben, daß er sich seinerzeit davongemacht hat in die rettenden Hallen der Nationalversammlung in Weimar, als es sich darum handelte, in Bremen die blutige Suppe auszulöffeln, die Herr Henke dort mit ein⸗ gebrockt hatte. (Glocke des Präsidenten.)

Frau Zietz hat behauptet, ich hätte einmal zu Offizieren davon gesprochen, daß ich bedauerte, 20 Jahre Sozialdemokrat gewesen zu sein. Ich bin 30 Jahre lang Sozialdemokrat gewesen und bin das nach wie vor auch heute noch.

Im übrigen aber ist zu den Darlegungen der Frau Zietz noch folgendes zu bemerken. Das Koalitionsrecht der Arbeiterschaft in Deutschland wird von der Regierung unter keinen Umständen an⸗ getastet werden. (Lachen bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Daran denke auch ich nicht. Aber in Berlin handelt es sich jetzt nicht um die Ausübung eines Koalitionsrechtes, sondern es wird versucht, Hunderttausende von Arbeitern, die ablehnen, in den Streik zu treten (lebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien), die keinerlei Aus⸗ sicht weder auf Arbeitslosenunterstützung noch auf Streikunterstützung haben, durch Lahmlegung der Betriebe infolge der Entziehung von Kraft auf die Straße zu setzen. (Erneute lebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien.) Zu leiden haben in Berlin infolge des Kampfes, der jetzt geführt wird, in der Hauptsache arme Teufel, Arbeiter. (Sehr wahr! bei den Mehrheitsparteien.) Wenn in Neu⸗ kölln mehr als 24 Stunden lang die Gazsanstalt still gesetzt wurde. so leiden darunter in allererster Linie die Zehntausende von Arbeiter⸗ familien die in Neukölln wohnen (Sehr richtig! bei den Mehrheits⸗ parteien), die infolgedessen gestern abend in kalten und auch dunklen Wohnungen gesessen haben, die weder gestern abend noch heute morgen die Möglichkeit gehabt haben, sich eine Tasse Kaffee warm zu machen. (Zurufe von den Sozialdemokraten.) Ich nehme darauf Bedacht, mit der Arbeiterschaft in Fühlung zu bleiben, soweit das nur einiger⸗ maßen möglich ist (Zuruf der Abgeordneten Zietz: ja von Ihnen befreit zu werden!), und ich weiß, daß Hunderttausende von Berliner Arbeitern sowie die Arbeiter in Spandau und in anderen Orten geradezu danach schreien, daß sie von dem niederträchtigen Terroris⸗ mus befreit werden (Beifall bei den Mehrheitsparteien), dem sie gegenwärtig ausgesetzt sind. (Erneuter Beifall bei den Mehrheits⸗ parteien.) Ich habe vor einigen Monaten, als mir die Spandauer und andere Heeresbetriebe noch unterstanden, wiederholt Arbeiter der verschiedenen Richtungen bei mir in meinem Zimmer zu Verhand⸗ lungen gehabt und habe dabei wiederholt erleben müssen, daß meine eigenen Parteigenossen erst dann gewagt haben, ihrem gepreßten Herzen einigermaßen Luft zu machen, wenn sie sicher davor waren, daß es ihnen nicht an den Kragen ginge. Ich wiederhole das, was ich bei anderer Gelegenheit schon gesagt habe: das Maß von Nichts⸗ würdigkeit, Schamlosigkeit und Terrorismus, das von den Anhängern der Frau Zietz und ihrer Freunde seit den Dezembertagen in Berlin und in anderen Orten, besonders in den staatlichen, aber auch in anderen Betrieben gegen anders Denkende geübt worden ist, übertrifft tausend⸗ fach an Niederträchtigkeit alles das, was jemals unter dem alten Regime von mir und meinen Freunden in diesem Hause gegeißelt worden ist. (Lebhafter Beifall bei den Mehrheitsparteien. Zurufe von den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Von diesem Druck befreit zu werden, danach lechzen Hunderttausende von Arbeitern. (Sehr wahr! bei den Mehrheitsparteien.) Dabei werden wir ihnen behilf⸗ lich sein, soweit das in unseren Kräften steht, und wir werden uns durch keine Beschimpfung und keinen Spektakel davon abhalten lassen, das zu tuh, was nach unserer Ueberzeugung notwendig ist, um die Interessen der großen Masse der Bevölkerung gegen Terror und gegen Vergewaltigung zu schützen. (Stürmisches Bravo! bei den

Uhebrgeitgpnrtzien) Erau giet hat erübe ellat, daß ich mit dem

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rentnern durch Gewährung besonderer Zus

1929.

Oberbürgermeister von Berlin in Konflikt gekommen bin. Ich nehme gern Veranlassung, vor aller Oeffentlichkeit den Sachverhalt so dar⸗ zustellen, wie ich ihn ansehe. Mir ist im Verlauf des gestrigen Tages hier in das Haus berichtet worden, es sei von den Arbeitern eines Kraftwerks die Forderung aufgestellt worden, den Straßenbahnverkehr still zu legen; dafür würden dann andere Betriebe in Gang gehalten werden. Eine nochmalige Lahmlegung des Berliner Verkehrs er⸗ scheint mir unerträglich und unvereinbar mit der Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit der Straßen Berlins. Auf die mir gewordene Mitteilung habe ich angeordnet, denjenigen Berliner Amts⸗ stellen, die sich auf derartige Verhandlungen einlassen sollten, zu eröffnen, daß ich ihnen befehle, dafür Sorge zu tragen, daß die Be⸗ triebe in Gang gehalten werden, und daß ich alle Maßregeln er⸗ greifen und unterstützen würde, die erforderlich seien, um diese Siche⸗ rung des Verkehrs der Bevölkerung zu garantieren. (Zuruf von den⸗ Unabhängigen Sozialdemokraten: Sie haben Größenwahn, Menschl) Ich stelle mit lebhafter Genugtuung fest, daß der ursprünglich von mir eingeleitete, jetzt in anderen Händen sich befindliche Apparat der Nothilfe, die allerdings unter meiner Kontrolle arbeitet, erfreulicher⸗ weise einen solchen Umfang angenommen hat, daß ich glaube, der Berliner Bevölkerung die Garantie geben zu können, daß sie der Gefahr nicht ausgesetzt ist (lebhaftes Bravol bei den Mehrheits⸗ parteien), infolge der Lahmlegung lebenswichtiger Betriebe schwere Schädigungen in ihrer Existenz und etwa in ihrer Gesundheit und ihrem Leben hinnehmen zu müssen. (Stürmischer Beifall bei den. Mehrheitsparteien.)

Auf Ausführungen des Abg. Dr. Geyer (U. Soz.) er⸗ widert der Reichswehrminister Noske:

Die Männer der Nothilfe stehen hoch erhaben über dem Verdacht, daß sie Streikbrecher seien. (Beifall.) Sie dienen der Allgemeinheit, schützen das Leben und die Gesundheit von Hunderttausenden von Menschen in Berlin; ihre Arbeit wird zweifellos von der großen Mehr⸗ heit der Bevölkerung dankbar anerkannt. (Lebhafte Zustimmung.)

Herr Geyer ist derjenige gewesen (Zurufe: Dr. Geyer! Heiter⸗- keit), der auf dem Parteitag seiner Freunde uns die nahende nächste Revolution angekündigt hat. Die Regierung würde mit einer ver⸗ brecherischen Leichtfertigkeit handeln, wenn sie, ganz abgesehen von der Person des Herrn Geyer (Zurufe: Dr. Geyer!), Dr. Geyer! (Heiterkeit) nicht mit großer Aufmerksamkeit alle innerpolitischen Vor⸗ gänge verfolgen würde. In der Debatte, in der über diese nächste Re⸗ volution gesprochen wurde, sind die Ausführungen gemacht worden, auf die ich mich vorhin bezog (hört, hört! rechts), Ausführungen, die dem Sinne nach darauf hinausliefen, daß man in besonders erregten, ge⸗ fahrdrohenden Zeiten vor großen Kämpfen besonders auch aus dem Parlament verschwinden müsse, um sich aufzusparen. (Heiterkeit und lebhafte Rufe: Hört, hört!) Freunde des Herrn Geyer sind es damals gewesen, die zum Ausdruck gebracht haben, daß diese Argumentatisn nicht gerade von besonders hervorragendem Mut zeugt. (Sehr gut! und Heiterkeit.) Diesen Mut hat Herr Dr. Geyer allerdings auch schon bei anderen Gelegenheiten vermissen lassen. Er ist ja der Mann, der monatelang die Stadt Leipzig mit ein paar anderen Leuten unter Schrecken gesetzt hat. (Hu! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Das ist der Mann, der die hunderttausend Mark Erpressung beie Oberbürgermeister unternommen hat. (ebhafte Rufe: Hört, höort!) Das ist der Mann, der deswegen noch nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann, weil ihm leider in dem Falle ebenfalls die Immunität des Abgeordneten schützt. (Hört, hört!) Aber als die Leipziger Ver⸗ hältnisse unhaltbar geworden waren und ich dem General Maercker Befeb! gab, Leipzig zu besetzen, da war eine halbe Stunde nach der Leipsiger Besetzung kein Geyer mehr in Leipzig. Stürmische Heiterkeith

8 1 8.

102. Sitzung vom 18. Okbober 1919.

(Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger) Am Regierungstische: der Reichsarbeitsminister Schlicke. Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung gegen

1 ½ Uhr. 8 Es wird die allgemeine Besprechung über den Haushaält

des Reichsarbeitsministeriums fortgesetzt. 1 Abg. Müller⸗Potsdam (Soz.): Wenn wir normale Ver⸗

hältnisse hätten, würde ganz anders in die Erscheinung treten, was

das Reichsarbeitsministerium schon alles erreicht hat, trotzdem die viele Kleinarbeit und die vielen Verhandlungen nach der Revolutivn seine große Arbeit beeinträchtigt haben. Aber man hat doch den

Eindruck, 06 in manchem das Arbeitsministerium sich durch Ein⸗

flüsse von außen hat schieben 1g Das Gesetz über die Betriebs⸗

und Arbeiterräte hätte viel früher gemacht werden sollen, und das

Gesetz über die Bezirksarbeiterräte und den Reichsarbeitsrat sind noch

nicht da. Es scheint auch, als ob die Nationalversammlung nicht be.

sonders an der schnellen Erledigung des Betriebsrätegesetzes interessi tt

wäre. Bei dem in Vorbereitung befindlichen Gesetz über die 83

sprüche der Kriegsinvaliden sollte man nicht mehr den Unterschi

Kriegsbeschädigten und Küicgsdienste se Pigian machen. d

Uhrihen ist, daß den Kriegsbeschädigten ein Anspruch auf Heil⸗ verfahren gegeben werden soll. Vor der Zwangsabfindung der kleinen

Renten bis zu 25 Prozent durch Kapital möchte ich warnen. Ber

den kleinen sogenannten Schnapsrenten zuf Grund der Reichs⸗

versicherungsordnung hat man auch davon Abstand genommen. Da⸗ bei sind diese Renten, von denen man behauptet, daß sie die Umstände r nicht lohnten, in vielen Fällen niedriger als die Militätrenten. Hiese kleinen Renten hat man immer als die Krönung der Sozial⸗ reform gepriesen. Der Bezug einer Rente ist unter allen Umständen sicher, während die kleinen Abfindungskapitalien sehr oft verschwin⸗ den. Bei einer allgemeinen Regelung dieser Verhältnisse müssen auch die Ansprüche der unehelichen Kinder, die der Stief⸗, Adoptip⸗ und Pflegekinder, ebenfalls gesetzlich geregelt werden. Die gänzlicht Umgestaltung der Reichsversicherungsordnung ist notwendig, hen 1 während des Krieges zahlreiche Verordnungen dieses Gesetz durch⸗ löchert haben, so daß sich kaum jemand durch die Bestimmungen hifi-⸗⸗ durch findet, selbst wenn man tagtäglich mit ihnen zu tun hat. DN. eine allgemeine Reform geraume Zeit in Anspruch nehmen wird, müssen zunächst ne Fünit herausgegriffen und durch Notgesetz geregelt werden. en Unfallrentnern muß wie den Invaliden-

üsse di Rene dn

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