1919 / 240 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 20 Oct 1919 18:00:01 GMT) scan diff

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wichtige Aufgabe der Betriebsräte. Schon von diesem Gesichtspunkte aus müssen wir also auf dem Gesetz, so wie es vorgelegt ist, bestehen bleiben.

Es sind in bezug auf den Arbeiterschutz selbst verschiedene An⸗ rogungen gegeben worden. Demgegenüber möchte ich bemerken, daß daß dem Reichsrat vorliegt ein Entwurf von Bestimmungen zum Schutze der Preßluftarbeiter, weiterhin ein Entwurf von Bestimmungen über die Eimichtung und den Betvieb der Anlagen zur Herstellung von Bleifarben und anderen Bleiverbindungen. In Bearbeitung ist der Entwurf eines Gesetzes über die Anzeigepflicht gewerblicher Ver⸗ giftungen, und in Aussicht oder in Vorbereitung sind Bestimmungen über den Schutz der Gesundheit der Arbeiter in der Sprengstoff⸗ industrie, in der keramischen Industrie, in den Glashütten, in den Kalkstickstoffabriken, Bestimmungen über den Schutz der Heimarbeit gegen die gesundheitlichen Schädigungen zum Beispiel in Lumpen⸗ sortierereien, in Maskendrückereien, in Hasenhaarschneidereien, bei der Herstellung von Lebensmitteln und ähnlichem, der Ausbau der Krankenkassenstatistik, um dadurch zuverlässige Unterlagen über die Berufsschädigungen der Arbeiter und Angestellten zu erhalten, der Ausbau der Gewerbeaufsicht, insbesondere durch vermehrte Hinzu⸗ ziehung von Aerzten, von Hilfsbcamten aus dem Arbeiterstande, von männlichen wie weiblichen, die Errichtung eines Reichsgewerbe⸗ aufsichtsamts, der Ausbau des Unfallschutzes durch Erlaß einheitlicher Vorschriften für das ganze Reich auf Grund des § 120 e der Gewerbe⸗ ordnung, die Untersuchung der Gesundheitsverhältnisse der Arbeiter der chemischen Industrie. Mit den Vorarbeiten für dieses Gesetz ist schon vor dem Kriege begonnen und die Mittel sind schon im Jahre 1914 bewilligt worden. Dann ist die Errichtung einer zentralen Aus⸗ kunftsstelle für Unfallschutz und Gesundheitsschutz und Arbeiter⸗ wohlfahrtseinrichtungen sowie einer Versuchsanstalt zur Untersuchung von Vorrichtungen für Arbeiterschutz und Gesundheitsschutz in Ver⸗ bindung mit der ständigen Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt geplant. Das zum Arbeiterschutz.

Ein Stück Arbeiterschutz ist aber auch die Regelung der täglichen Arbeitszeit. Sie ist erfolgt durch die Erlasse vom 23. November und 17. Dezember. Der Achtstundenarbeitstag war nur für die Uebergangszeit gedacht. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung stellte sich immer mehr heraus. Unter Zugrundelegung der Er⸗ fahrungen in der Uebergangszeit soll nunmehr eine gesetzliche Regelung erfolgen. Es sind Umfragen ergangen, und sobald die Antworten vor⸗ liegen ein Teil ist bereits eingegangen wird mit der Durcharbeitung sofort begonnen werden. Die besonderen Verhä tnisse einzelner Erwerbszweige, wie beim Krankenpflegepersonal, beim Gartenbau usw., werden dabei genügende Berücksichtigung finden.

In der zweiten Abteflung des Arbeitsministeriums ist eine um⸗ fassende Revision der Reichsversicherungsordnung vorgesehen. Die Mehrzahl der Wünsche, die heute geäußert worden sind, möchte ich bitten, bis dahin zurückzustellen. Längere Zeit ist für diese Durch⸗ arbeitung unbedingt nvotwendig. Das schließt natürlich nvicht aus, daß einige wichtige Materien vorweggenommen werden müssen. Be⸗ absicht gt ist die Gleichstellung der land⸗ und forstwirtschafflichen Versicherten mit den gewerblichen Arbeitern auf dem Gebiet der Kranken⸗ und Unfalversicherung. Die Vorarbeiten zu diesem Gesetz sind im Gange. Eine vorläufige Regelung hat ja schon durch die Verordnung vom August 1919 stattgefunden durch die Erhöhung des der Rentenberechnung zugrunde zu legenden Jahresarbeitsverdienstes um 100 vH gegenüber den Friedens sätzen. Weiter muß eine Nach⸗ prüfung der während des Krieges ergangenen Verordnungen dahin er⸗ folgen, ob sie aufzuheben sind oder ob ihre Uebernahme in den Frie den gerechtfertigt und möglich ist, allenfalls unter entsprechenden Ande⸗ rungen für dauernd oder nur für einige Zeit.

Bei der Krankenversicherung ist die Wiedereinführung der Kranken⸗ versicherung der Hausgewerbetreibenden in einer anderen Form als früher vorgesehen worden. Eine Nachprüfung des Gesetzes für die Wochenhilfe ist ebenfalls dringend notwendig. Das Gesetz ist als Initiativantrag eingegangen. An diesem Initiativantrag ist voch in letzten Stunde ziemlich viel geändert worden, seine Lückenhaftigkeit hat sich aber schon jetzt herausgestellt. Es ist beabsichtigt, in aller⸗ nächster Zeit im Arbeitsministerium eine Konferenz von sachverständigen Pertretern der Krankenkassen abzuhalten, um diese Lücken möglichst bald auszufüllen. (Sehr gut!)

Zulagen zu den Renten der Invalidenversicherung sind ja von der Nationalversammlung schon beschlossen worden. Dieser Beschluß⸗ hat aber starke Bedenken ausgelöst, die auch bei der heutigen Dis⸗ kussion hbervorgetreten sind und die dahin gehen, daß die Mittel der Versicherungsträger zu stark in Anspruch genommen werden. Auf die Erhöhung der Beiträge auf das Dreifache, diese Zusage des Arbeits⸗ ministeriums, ist schon durch den Herrn Referenten hingewiesen worden. Ebenso ist die Notwendigkeit der Angliederung neuer Lohn klassen als unbedingt notwendig betont worden.

Eine weitere Aufgabe ist die Arbeitslosenversicherung. Der Gesetzentwurf ist ausgearbeitet. Die Mitbeteiligten werden demnächst zur Vorberatung herangezogen werde n.

Eine weitere Frage ist die Arbei terversicherung in den besetzten Gebieten. Besonders wird meinerfeits Gewicht darauf gelegt werden müssen, daß mit den beteiligten Staaten Verhandlungen stattfinden⸗ die eine möglichste Berücksichtigung unserer Wünsche gewährleisten. Für den Wiederausbau in Frankreich muß der Arbeiterschutz in den Aufbaugebieten nach den französischen Gesetzen erfolgen. Darüber hinaus kann das Reich besonderen Arbeiterschutz nur gewähren, wo es selbst als Betriebsunternehmer auftritt. In diesen Fällen ist auch keabsichtigt vorzugehen, und es ist weiterhin beabsichtigt, durch Zu⸗ teilung sachverständiger Beamter und Gewerkschaftsvertreter, die der Bauleitung beigegeben werden, eine Beratung der im Wiederaufbau⸗ gebiete Beschäftigten zu ermöglichen.

Die Gefahr der Ausgrabung von Blindgängern, die sich in den Trümmern von Häusern und im Boden besinden, ist schon sehr start zu Tage getreten. Die Ausgrabung hat schon sehr viele Opfer er⸗ fordert. Es ist unsererseits mit Erfolg angeregt worden, eine Sach⸗ verständigenkommission aus Deut’chen und Franzosen einzusetzen, die prüfen und Vorschläge machen soll, wie dieser Gefahr möglichst ent⸗ gegengetreten werden kann. Ebenso sind Verhandlungen über die Anwendung der Arbeiterversicherungsgesetze im Gange. Schließlich wird auch das Arbeitsministerium sich fur die Fürsorge im Wieder⸗ aufbaugebiet nach der Richtuug einsetzen müssen, daß die Arbeiter zu

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In bezug auf die städtische Wohnungsfürsorge glaube ich, mich bei diesem Kapitel kurz fassen zu können. Ich habe vor kurzem bei einer Interpellation eingehend darauf hingewiesen. Es sind auch hier einige Verordnungen erlassen, ein Entwurf liegt dem Reichsrat vor, welcher eine Aenderung der dringenden Wohnungsnot vom 15. Jaunuar 1919 keabsichtigt und dem Bezirkswohnungskommissar weitgehende Rechte sichert. Um Wohnungen aufbauen zu können, bedarf es einer schneleren Behandlung. Es muß ein Weg gefunden werden, der den schleppenden Gang vor den ordentlichen Gerichten bei Streitigkeiten über Enteignungen ausschließt. Weiterhin ist in Aus⸗ sicht genommen die baldige Vorlegung eines Entwurfs eines Heim⸗ stättengesetzes und des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend Enteignungs⸗ recht der Festungsgemeinden bei Aufhebung oder Ermäßigung von Rayonbeschränkungen. Das Gesetz ist ziemlich fertiggestellt und wird demnächst den Beteiligten und dem Reichsrat zur weiteren Beratung zugehen. Weitere gesetzgeberische Maßnahmen zur Bereitstellung von Mitteln für die Ueberteuerungszuschüsse unterliegen noch der Be⸗ ratung. Es ist heute erst ein Ausschuß von Sachverständigen zu⸗ sammengetreten. Ueber das Ergebnis kann ich Mitteilungen noch nicht machen; es ist aber damals schon bei der erwähnten Inter⸗ pellation über die Baukostenzuschüsse in der Nationalversammlung darauf hingewiesen worden, daß die Anforderungen so groß sind, daß man sich unbedingt nach einem anderen Wege umsehen muß.

Für die ländlichen Siedlungen ist eine Pachtverordnung gemäß den Beschlüssen der Nationalversammlung vom 11. 8. 1919 in Arbeit. Die Pachtverordnung soll die ungerechtfertigte Kündigung nestehender Pachtverträge und wucherische Steigerung von Pachtpreisen önter eventueller Aufhebung erfolgter Kündigungen von Pachten ver⸗ hindern.

Ich will auf die einzelnen Gesetzentwürfe nicht eingehen und möchte auf die Einwendungen der Frau von Gierke wegen des Wider⸗ spruchs der Ausführungsbestimmungen mit dem Reichssiedlungsgesetz nur bemerken: Der § 20 des Gesetzes steht mit dem Meichssiedlungs⸗ gesetz nicht im Widerspruch. Unter dem nach § 22 der Ausführungs⸗ bestimmungen zur Abgabe verpflichteten Betriebe sind selbstverständlich nur solche landwirtschaftlichen Betriebe zu verstehen, die in dem Be⸗ zirk der betreffenden Landgemeinde gelegen sind. Es soll also nicht dadurch, daß der Betrieb angeführt wird, ausgesprochen sein, daß er in einer anderen Landgemeinde liegt, sondern es soll damit aus⸗ gedrückt werden, daß der Betrieb ein solcher sein muß, der die Ver⸗ pflichtung zur Siedlung hat.

Was die Abteilung IV angeht, so ist ihr nach der Verordnung⸗ vom 8. Februar die soziale Kriegsbeschädigten⸗ und Kriegshinter⸗ bliebenenfürsorge überwiesen werden. Diese Fürsorge ist Aufgabe des Reichs, die es unter Mitwirkung der Länder und der Selbstverwaltunge körper lösen muß. Bisher war sie eine Sache der freiwillig geschaffenen Einrichtungen. Besonders war der „Reichs⸗ ausschuß der Kriegsbeschädigtenfürsorge“ in Berlin auf diesem Ge⸗ biete tätig. Die soziale Kriegshinterbliebenenfürsorge liegt im wesent⸗ lichen in den Händen der freien Wohlfahrtspflege, der Natianal⸗ stiftung der Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen. Auf Grund der vorhin genannten Verordnung ist im Reichsarbeitsministerium für die Kriegsbeschädigten⸗ und Kriegshinterbliebenenfürsorge eine be⸗ sondere Abteilung eingerichtet worden. In den Ländern sind für größere Bezirke Hauptfürsorgestellen, in den kleineren Bezirken und Stadtkreisen amtliche Fürsorgestellen vorgesehen.

Am 1. Oktober 1919 ist auch das gesamte Militärversorgungs⸗ und Sanitätswesen auf das Reichsarbeitsministerium übergegangen und der Abteilung für soziale Kriegsbeschädigten⸗ und Kriegshinter⸗ bliebenenfürsorge angeschlossen worden. Dadurch hat das Reichs⸗ arbeitsministerium einen außerordentlichen Zuwachs wichtiger, aber auch schwieriger Aufgaben erfahren. Das bisherige Ver⸗ sorgungswesen befindet sich in einm ganz unerfreulichem Zustande. Es sind erhebliche Rückstände vorhanden, die, wie ich leider feststellen muß, teilweise noch aus der Zeit vor dem Zusammenbruch herrühren. Diese erheblichen Rückstände erfordern schleunigste Anfarbeitung. Es muß auch eine Organisation auf voll⸗ ständig neuer Grundlage geschaffen werden. Der Uebergang von der militärischen Versorgung an die neuen Behörden verlangt auch einen neuen Geist. Die Ueberlastung der bisherigen Organisation kann keine Radikalkur vertragen, sondern wir können nur nach und nach die Neuordnung vollziehen, da sonst die Arbeit darunter leiden würde. Leider bin ich nicht in der Lage, schon heute wesentliche Aenderungen in Aussicht zu stellen. Sofort notwendig ist die Be⸗ lebung des alten Körpers mit neuem sozialen Geist und eine tat⸗ sächliche Förderung der Arbeit. (Sehr gut! bei den Soz.)

Die Anforderung vrn 200 Millionen Mark für die Heeres⸗ und Marinelazarette und von 77 Millionen Mark für Heer⸗ und Marine⸗ versorgung mag hoch erscheinen. Diese Summen stellen aber lediglich eine schätzungsweise Angabe dar. Da mir eigene Kenntnis in diesen Dingen nicht zur Verfügung steht, so habe ich mich auf die Angaben der bisherigen Stellen verlassen müssen, ohne dabet die Möglichkeit einer Nachprüfung zu haben. Ich kann aber versichern, daß mir selbstverständlich ein langsamer, mit den Interessen der ganzen Ein⸗ rchtung vereinbarer Abau am Herzen liegt. Allerdinas wird in der nächsten Zeit dieser Abbau nicht möglich sein, beim Versorgungswesen wegen der vielen Rückstände und beim Lazarettwesen wegen der großen Anforderungen. Solche werden jetzt noch eine gewisse Zeit⸗ lang an die Lazarette gestellt werden. Es ist heute auch noch nicht zu übersehen, wie viele Kriegsbeschädigte und der Pflege bedürftige sich unter den zurückkehrenden Kriegsgefangenen befinden werden. Ferner ist noch nicht zu übersehen, wie aroß die Zahl derer sein wird, die mit Gebrechen oder mit Siechtum aus dem Kriege zurück⸗ gekehrt sind und die nun infolge einer Nacherkrankung oder eines Rücksalls schließlich noch eine Heilstättenbehandlung durchmachen müssen⸗

Bezüglich der Lazarette will ich selbstverständlich nicht verfehlen, der hilfsbereiten und segensreichen Thätigke’t der freiwilligen Helfer und Helferinnen zu gedenken und ihnen von dieser Stelle aus die Anerkennung ausrusprechen. Wenn schließlich Hetzereien in den Lazaretten vorgekommen sind, so hat die Frau Vorrednerin leider nicht verraten, wie man sie bekämpfen soll. Soweit sie zu Ohren der Verwaltung kommen, werden sie unterdrückt. Aber man kann doch schließlich auch nicht jede Außerung des Mißmures über irgend⸗ eine Maßnahme als Hetzeret bezeichnen. Ich gebe zu, daß derarlige Aeußecungen, weil sie sehr häufig von anderen auch empfunden werden, die Erbitterung steigern können. Aber ich sehe kein Mittel,

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Aeußerungen über Mißstände an die richtige Schmiede gebracht

werden. Damit ist natürlich der Sache viel mehr gedient, als wenn der Mißmut von Ohr zu Ohr weiter getragen wird.

Es ist nun ein lebhafter Kampf um die Stellungen bei den Versorgungsbehörden entbrannt. Ein Teil der heute Beschäftigten befürchtet, daß er entlassen werden könnte, ein anderer Teil draußen hofft, daß ihm zahlreiche Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden können. Ich möchte demgegenüber darauf hinweisen, daß ich keine Aussichten eröffnen kann. Maßgebend ist für die nächste Zeit lücken⸗ lose Weiterarbeit und Beschleunigung der liegen gebliebenen Arbeiten, möglichst schnelle Aufarbeitung der Reste. Das kann meiner Ansicht nach am besten geschehen durch eingearbeitete Kräfte, aber nicht sofort durch Umwandlung im größten Umfange. Es muß aber auch ge⸗ schehen durch Heranziehung geeigneter Kräfte und, sofern Kräfte vorhanden sind, die ihrer Pflicht nicht gerecht werden können oder wollen, durch Ausschaltung dieser. Aber auch in dieser Beziehung habe ich noch teinen Ueberblick und muß mir hier einige Zeit ausbitten.

Es ist mehrfach eine Neuordnung des Versorgungswesens ge⸗ wünscht worden. Ich habe schon bei früherer Beratung darauf hin⸗ gewiesen, daß ich die Schaffung eines auf sozialen Gesichtspunkten beruhenden Versorgungsgesetzes als eine selbstverständliche Pflicht be⸗ trachte. Das Offizierspensionegesetz, das Mannschaftsversorgungs⸗ gesetz, das Militärhinterbliebenengesetz bedürfen der Reform. Die Vorarbeiten sind soweit gediehen, daß ich bestimmt hoffe, das Gesetz in diesem Winter vorlegen zu können. Ich bitte, nicht zu vergessen, daß das ganze Versorgungswesen erst in diesem Jahre auf eine neue Grundlage gestellt und dem Arbeitsministerium zugewiesen wurde.

Frau Dr. Lüders hat wegen der Entschließung der National⸗ versammlung vom 21. August, betreffend Beihilfen für notleidende

Hinterbliebene, angefragt. Sie hat gerügt, daß ihr keine Antwort er⸗ teilt wurde.

Ich möchte erklären: eine Antwort schien erläßlich, weil sie durch die Tat schon gegeben ist. Für diesen Zweck sind ja 100 Millionen im Etat angefordert, und im Falle der Bewilligung dieser Forderung ist beabsichtigt, die Verteilung durch die Fürsorgestellen in der Form von laufenden Beihilfen besonders an Mütter und Kinder vornehmen zu lassen. Ich glaube damit die Bedenken von Frau Dr. Lürers wegen der Nichtbeantwortung ihrer Frage zerstreut zu haben.

Frau Dr. Lüders hat dann noch einen allgemeinen Ausflug i das Gebiet der Frauenarbeit gemacht. Sie fürchtet, daß die Absicht bestehen könnte, die Frauen von bestimmten Arbeiten auszuschließen. Ich kann versichern, daß mir das vollständig fernliegt. Eine Aus⸗ schließung der Frauenarbeit weiter, als es im Interesse der Gesund⸗ heit der Frau und der Bevölkerungspolitik liegt, halte ich nach der neuen Verfassung für vollständig ausgeschlossen. Die Verfassung ist ja doch für alle gegeben.

Bezüglich der weiteren Anstellung der Frauen verweise ich auf meine Erklärung bei der Interpellation, unmittelbar bevor die Nationalversammlung von Weimar fortgegangen ist. Ich habe mich damals auf den Standpunkt gestellt, daß ich noch weitere Frauen zur Mitarbeit heranzieben will, und daß ich auch darauf hinwirken will, daß sie bei den Behörden der einzelnen Länder, bei den Bebörden, die als Vollzugsorgane in Betracht kommen, ebenfalls in größerem Maße berangezogen werden sollen. Für die nächste Zeit beabsichtige ich, mit den Frauenvereinen und Frauenvertretungen im Reichsarbeitsministerium zu einer Konferenz zusammenzutreten, um die Frage der Beschäftigung der Frauen in Reichs⸗, Staats⸗ und Gemeindeämtern und überhaupt die Frage der Frauenarbeit mit ihnen zu besprechen. Ich halte es für eine unerläßliche Pflicht des Staats und des Reichs, die ja die Frauen in die Kriegswirtschaft hineingezogen, ich möchte sagen, mit allen Mitteln des moralischen Zwanges herangeholt haben, nun auch dafür zu sorgen, daß die Frauen sich nicht selbst überlaͤssen sind, sich Beschäftigung zu suchen. Also diese Frage soll dort besprochen werden, und der soziale Geist soll dort selbstverständlich obwalten.

Ich möchte nun auch noch auf einige Anfragen turz ein⸗ gehen und auf die Bemerkung des Herrn Abg. Müller (Potsdam) erwidern, daß eine Kürzung oder Beseitigung der kleineren Militärrenten nicht beabsichtgt ist. Diese Anahme entspricht nicht den Tatsachen. Es sied schon ähnliche Behauptungen in Versammlungen geäußert worden, das Reichsarbeilsministerium hat die Frage klargestellt, in der Presse ist dies auch geschehen. Aber ich möchte auch von dieser Stelle ausdrücklich betonen, daß eine solche Absicht nicht besteht. Von einem Gesetz in dieser Richtung kann natürlich auch nicht die Rede sein. Es hat sich damals auch nur um eine Aussprache über allgcmeire Gesichtspunkte gehandelt, die bei einem Gesetze möglicherweise in Betracht kommen könnten, und es ist viel eicht durch irgend eine Aeußerung, die nach dieser Richturg ge⸗ macht worden ist, ein Mißverständnis hervorgerufen worden.

Di Fälle, die im übrigen hier über die Rechtsprechung des Reicheversicherungsamts usw. angefuhrt worden sind, bitte ich melnem Ministerium zuzuleiten, ich will ihnen dann gern nachgeben. Ich darf wohl auch aus den Ausführungen des Herrn Abg. Muller nicht entnehmen, daß er die Rechtssprechung des Reichsversicherungs⸗ amts im allgemeinen angegriffen hat, ich glaube annehmen zu dürfen, daß ihm nur bestimmte Fälle vorgeschwebt haben. Im all⸗ gemeinen sind mir Klagen nicht zu Ohren gekommen, aber die Fälle, die ihm vorschweben, hin ich, wie gesagt, gern bereit, zu untersuchen.

Als nächster Redner erhält

Abg. Eichhorn (U. Soz.) das Wort. Bevor er seine Rede beginnt, verlassen fast sämtliche Abgeordnete, der Minister und alle Regierungsvertreter ostentativ den Saal. Es bleiben nur der Prä⸗ sident, ein Schriftführer und neun Unabhängige sowie der Abgeordnete Löbe (Soz.) anwesend, später verlassen auch dieser und drei Un⸗

abhängige den Saal. Abg. Eichhorn stellt fest, daß er bei der Revo⸗ lution nur die Rolle eines revolutionäven Arbeiters gespielt habe. Nur Verleumdungen hätten ihn geächtet und auch zur Saalflucht Anlaß gegeben. Als der Redner sich über angebliche Zurufe von der Journalistentribüne beschwert, gegen die der Präsident ein Einschreiten nicht für nötig halte, verbittet sich der Präsident Fehrenhach jede subjektive Unterstellung. Der Redner fährt fort, er habe nichts anderes getan, als die drohende Gegenrevolution bekämpft. Wenn Minister Schlick. den Sach verlassen habe, so sei dies eine Beleidigung

des Perlaments. Das Programm des Ministers, der im übrigen jetzt! vom Metallarbeiterverband als Vorsitzender abgesetzt worden sei, sen quantitativ ein ganzer Haufen angekündigter Gesetze, den qualitativen Ausfall müsse man abwarten.

Um 524 Uhr wird die Weiterberatung auf Montag, 1 Uhr,

angemessenen Löhnen beschäftigt und vor allen Dingen in angemessenen Raumen untergebracht werden.

sie zu unterbinden. Ich würde empfehlen, daß alle derartigen

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AKAichtamtliches. Statiftik und Volkswirtschaft. Arbeitsstreitigkeiten.

In der Verhandlung der Vertreter des Metall⸗ industriellen⸗Verbandes mit den Vertretern des Metall⸗ arbeiterverbandes am 18. Oktober im Reichsarbeits⸗

lministerium wurden, wie „W. T. B.“ mitteilt, de Un⸗

parteiischen des beschlossenen Schiedegerichts im gegenseitigen Einverständnis endgültig gewählt. Die Parteib isitzer werden von den (Parteien selbst bestimmt. Das Schiedsgericht wird im Reichs⸗ arbeiteministerium skagen. Die Verhandlungen finden, nachdem die Unparteiischen in Kenntnis gesetzt sind, morgen, Dienstag, Vor⸗ mitta s 10 Uhr, statt.

In der neuen Stadthalle in der Klosterstraße fand gestern vor⸗

mittag eine Versammlung der ausständigen Heizer und Maschinisten der Städtischen Elektrizitätswerke statt, in der, wie der „Berl. Lok.⸗Anz.“ berichtet, über die Frage der Wiederaufnahme des Betriebes verbandelt wurde und in deren Ver⸗ lauf es zu einer lebhaften Auseinandersetzung zwischen den Aus⸗ ständigen und der Direktion, die dort erschienen war, kam. Es fand barauf eine fast einstündige Besprechung zwischen den Ver⸗ tretern des Verbandes der Heizer und Maschinisten, der Fünfzehner⸗ kommission und den Direktoren der Städtischen Werke statt. Darauf begab sich die Direktion zum Oberbürgermeister Wermuth. um mit diesem über die Frage von Maßregelungen zu verhandeln. Nach vier⸗ stüundigen Verhandlungen wurde solgende Vereinbarung er⸗ zielt: „1) Die Arbeit wird in vollem Umfange von allen disher beschäftigten Arbeitern aufgenommen. 2) Eine Belästigung derjenigen Arbeiter, die während des Streiks gearbeitet haben, finder nicht lstatt. 3) Gegen die tarifliche Bezahlung derjenigen Personen, [welche während des Streifks gearbeitet haben, werden keine Einwendungen erhoben. 4) Das gegen einzelne Arbeiter vor⸗ lliegende Belastunsmaterial wird geprüft werden. Ergibt sich nach dem Erg buts der Prüfung keine Beilegung des Streitfalles, so sind die Entscheidungen der Direktion oder des Magistrats einem Schlich⸗ tungsausschuß zu unterbreiten, dessen Spruch für beide Teile bindend ist. 5) Eine Bezahlung der Streiktage wird nicht gefordert. 6) Es wird für die Zukunft festgestellt, daß bei Streiks die Arbeiter nur die Arbeit niederlegen bzw. den Betrieb verlassen, nicht da⸗ gegen irgendwelche über ihren Pflich enkreis hinaus gehende Eingriffe in den Betrieb vornehmen dürfen. 7) Sobald die Arbeiterschaft die vorstehenden Bedingungen angenommen hat, wird die Direktion hiervon dem Reichswehrministertum unverzüglich Mitteilung machen, damit gemäß den zwischen dem Reichswehrministerium und der Arbeiterschaft getroffenen Verabredung die Freilassung der verbafteten Arbeiter erfolgen kann.“ Die Ver⸗ ammlung stimmte diesen Einigungsbedingungen gegen drei Stimmen zu. Die Arbeit sollte noch gestern abend wieder auf⸗ genommen werden. Die Technische Notbhilfe berichtet: Im Charlottenburger, Lichtenberger und Schö⸗ nower Elektrizitätswerk haben sich die Arbeiter am Sonnabend entschlossen, die Arbeit wieder auf⸗ zunehmen. Die Technische Nothilfe hat daraufhin den Grundsätzen der Technischen Nothilfe entsprechend die Werke ver⸗ assen. Im Mvabiter und Rummelsburger Elektrit⸗ gitätswerk hält die Technische Nothilfe den Betrieb voll auf⸗ recht. In der Ueberlandzentrale bei Bitterfeld ge⸗ ügte die Anzeige des Eingreifens der Technischen Nothilfe, um die A beiter zur Pflicht zu rufen. Sie haben alsbald die Arbeit wieder aufgenommen.

Am Sonnabendnachmittag traten die Arbeiter in den Herliner Post fuhrämtern in der Luckenwalder. und Melchior⸗ traße in den Ausstand. Das Erscheinen der Technischen Nothilfe veran⸗ aßte die Arbeiter, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Das Eingreifen der Technischen Nothilfe ist überall reibungslos vonstatten gegangen dank dem Schutz und dem pünktlichen Erscheinen der Beamten der

Berliner Sicherheitswehr, die in aufopfernder Weise die Arbeiten der Technischen Nothilse geschert haben. Auf den Aufruf der Berliner Parteileitung der sozialdemokratischen Partei hin, haben sich am 18. d. M. vpiele hunderte von Arbeitern bei der Technischen Nothilfe gemeldet, um die Stillegung der lebenswichtigen Betriehe zu verhindern. Um der wirtschaftlichen Bedrohung und Schädigung der Angehörigen der Technischen Nothilfe und ihrer Familienmitgiteder wieksam zu sbegegnen, hat der Oberbefenlshaber Noske unter dem 19. d. M folgende Verordnung erlassen: Auf Grund des § 9 b des Gesetzes über den Belagerungszustand verbiete ich für das unter Belagerungszustand stehende Gebiet Kandespolizeibezirk Berlin, Stadtkreis Spandau, Landkreis Teltow zund Niederbarnim zede wirtschaftliche Bedrohung und Schäd gung (Boykott) der Angebörigen der Technischen Nothilfe und ihrer Familienmitglieder fowie die Aufforderung und Anreizung zum Boykolt. Ferner verbiete ich die öffentliche schriftliche Be⸗ chimpfung oder Bedrohung der Technischen Nothilfe in der Presse, in Flugblättern und Broschüren. Zuwiderhandlungen sind gauf schnellstem Wege zur Kennnis des Oberkommandos (Ab⸗ eilung 1c, Bendlerstraße 13) zu bringen. Sie werden mit Ge⸗ sngnis bis zu einem Jahre bestraft, falls die bestehenden Gesetze sleine höhere Freiheitsstrafe androhen. Anmnt lich wird durch „W. T. B.“ folgendes gemeldet: In ver⸗ hiedenen Stadtteilen Berlins ist es vorgestern morgen zu Gewalt⸗ tätigkeiten Streikender gegen Straßenbahn⸗ ahrer gekommen. Straßenbahnwagen wurden angehalten und die Fahrgäste zum Aussteigen ge‚wungen. Ein Teil der Wagenführer bat sich daraufhin geweigert auszufahren, andere sind in die Depots zurückgekehrr, da sie der Ansicht waren, daß genügender Schutz terer eson nicht gewährleistet sei. Um etwaigen Zweifeln zu begegnen, ei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Verordnung des berkommandierenden in den Marken vom 17. d. M., betreffend be⸗ ondere Maßnahmen gegen die Bedrobung lebenswichtiger Betriebe, (noch zu Recht bestebt und in allen Fällen zur Anwendung zu bringen st, in denen der Versuch gemacht wird, lebenswichtige Betriebe zum Stillstand zu bringen. Die zum Schutz der Arheitswilligen tätigen Posten der Sichecheitspolizei haben Anweisung, überall e, wo sie Vergehen gegen die Streikordnung vom 17. d. M. fesistelle, im Sinne dieser Verordnung vorzagehen. Von zuständiger Stelle wird dem „W. T. B.“ ferner mitgeteilt: In denjenigen lebenswichtigen Betrieden, in denen anläßlich der Arbeitsniederlegung eines großen Teils der Arbeiter die Tech⸗ nische Nothilfe hat eingreifen müssen, wird von den Streikenden die Wiederaufnahme der Arbett avon abhängig gemacht, daß zunächst die Technische Nothilfe die zetriebe räume. Aus dieser Ford rung spricht eine völlige Ver⸗ ennung der Tatsachen.

Die Technische Nothilfe hat eingegriffen, sweil gemäß dem Erlaß des Oberkommandierenden der Betrieb in enjenigen Werken aufrecht zu erhalten war, die für die Versorgung der Bevölkerung mit Licht, Kraft und Wasser nicht entbehrt werden bnnen. Sie bleibt infolgeressen solange in Tätigkeit, bis die Arbeit don den städtischen Arbesitern in vollem Umtange wieder auf⸗ genommen ist. Wenn daher entgegen der mit dem Oberkomman⸗

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Berlin, Montag, den 20 Oktober

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Staatsanzeiger.

dierenden getroffenen Vereinbarung versucht wird, das Weiterverharren im Streikzustande mit der Weigerung der Norhilfe zu begründen, zuerst einmal die Betriebe zu ver⸗ lassen, so muß darin der Versuch erblickt werden, die öffentliche Meinung zu täuschen und hinter dem Schutz eines nichtigen Vorwands den Streik weiter fortführen zu können. Die Technische Nothilfe wird eirst dann ibre Aufgabe als erledigt ansehen, wenn der Sneit in den lebenswichtigen Betrieben in seinem ganzen Umfange heendet ist. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt selbstverständlich auch die Streik⸗ v rordnung des Oberbefehlshabers in Kraft.

„Zu dem nunmehr beendeten Ausstand der städtischen Bürohilfskräfte teilt der Berliner Magistrat „W. T. B.“ zurolge nachstehendes mit: „Um die Besorgnisse zu zerstreuen, die in den Kreisen der Hilfskräfte aufgetreten sind, als ob diejenigen Hilfs⸗ kräfte, welche Mitglieder der Angestelltenausschüsse gewesen sind, von der Wtedereinstellung ausgeschlossen werden sollten, hat der Magistrat eine Rundverfügung erlassen, wonach bezüglich der Einstellung derjenigen Hilfskräfte, welche Ausschuß⸗ mitglieder gewesen sind, entgegenkommend verfahren werden foll. Intbesondere wird die Annahme zurückgewiesen, als ob die Wiedereinstellungsaktion der im Streik gewesenen Hilfs⸗ kräfre dazu benutzt werden dürfe, den bisherigen Mitgliedern von Angestelltenausschüssen wegen dieser ihrer Eigenschaft Benach⸗ teiligung bei der Einnellung zuteil werden zu lassen. Fälle, in denen sich der Ausführung dieser Grundsätze Schwierigkeiten entgegen⸗ stellen, sollen einer Beschwerdekommission des Magistrats zur Ent⸗ scheidung vorgelegt werden.“

Es sind jetzt, wie „W. T. B.“ meldet, genaue Berichte über die Vorgänge bei der Eisenbahndirektion in Frank⸗ furt a. M. eingetroffen, aus denen sich der Ernst der Sachlage ergibt. Insbesondere wird dadurch bekannt, daß der Verkehrs⸗ ausschuß und seine Gefolgschaft das Leben des Prä⸗ sidenten Stapf bedroht haben. Er sollte in eine rote Fahne eingewickelt und dann durch ein Fenster auf die Straße geworfen werden. Nur die Ruhe und Kaltblütigkeit des Präsidenten haben ihn daror bewahrt. Der Präsident hat unter diesem Drucke für seine Person die Forderungen des Ver⸗ kehrsausschusses bewilligt. Es kann jedoch nach allen Begriffen von Recht nicht zweifelhaft sein, daß ein derartig erpreßtes Zugeständnis wertlos ist. Gleichwohl ist der Präsident im Mmisterium für seine Arheiter und Beamten eingetreten. Inzwischen hat der Ver⸗ kehrsausschuß in Frankfurt in öffentlicher Versammlung den Rücktritt des Präsidenten und seiner Vertreter vertündet. In welchem Geiste der Verkehrsausschuß handelt, geht aus der Rede hervor, die sein m ßgebender Führer Hertel am 14. Oktober vom Balkon der erstürmten Eise bahndirektion gehalten hat, in der er sagte, daß die Arbeiterschaft diese Machtprobe siegreich bestanden habe. Nun gelte es einen neuen Vorstoß. Darüber werde eine neue Versammlung stattfinden, die auch den Rücktritt des Prä⸗ identen verlangen werde. Der Unterstaatssekretär Graef ist nach

rankfurt gefahren, um sich zu unterrichten. Seine Ahsicht war nicht, mit dem Verkehrsausschuß zu verbandeln. Er bat sich deshalb auch hjerfür keinerlei Vollmacht von der Reichs⸗ oder Stastsregterung aus⸗ stellen lassen. Graef hat mit vollem Recht an di- Spitze seiner Ans⸗ führungen in Frankfurt die Forderung gestellt, daß die erwäͤhnten Be⸗ schlüsse ebenso formell zurückge ommen werden müßten, wie sie grfaßt waͤren. Es könne von keiner Seite und unter keinen Umständen ge⸗ duldet werden, daß in das ausschließliche Recht der Staatsregierung, die leitenden Beamten einzusetzen und abzuberufen, eingegriffen wird. Damit würde besonders bei der Staatseis nhahnverwaltung, und noch dazu in der jetzigen kritischen Zeit, jede Sicherung des wichtigsten Betriebes preisgegeben. Ebenso verhängnisvoll sind die Frank. furter Beschlüsse des Verkehrsausschusses gegen den Allgemeinen Eisenbahnerverband, die diesen Verband als gelben VWrband bezeichnen und seine Mitglieder zum Austritt zu zwingen suchen durch die Drohung, daß sie sonst ihre Arbettsstelle verlieren würden. Die verschiedenen Gewertschaften müssen in den Betrieben unter allen Umständen friedlich nebeneinander arbeiten können. Es kann nicht geduldet werden, daß eine Organisation durch Terror und Gewalt versucht, eine andere zu unterdrücken. Dem⸗ geg nüber ist es hoch anzuerkennen, daß die Führer der Gewerk⸗ schaften selbst in Anbetracht des Einstes der Zeit den Gedanken er⸗ wägen, in den Betrieben eine Art Burgfrieden zu erklären, um die ungestörte Arbeit und die Ruhe in den Betrieben zu sichern. Der Verkehrsausschuß in Frankfurt ist eine wilde politische Vertretung, die nur einen Bruchteil der Arbeiter⸗ schaft hinter sich hat. Etwa die Hälfte seiner Mitglieder sind überhaupt Nichteisenbahner. Hertel, der bei den letzten Vorgängen als Sprecher des Verkehrsausschusses auftrat, ist früher der Vorsitzende des berüchtigten Frankfurter Zentral⸗ rates der Eisendahner gewesen, und von ihm stammt das drohende Wort: „Wer die Eisenbahn besitzt, hat die Hand an der Gargel des Staates“. Zu der eigentlichen Forderung des Verkehrsausschusses, an den Präsidialsitzungen beratend und mitb stimmend teilzunehmen, hat die Regie⸗ rung bisher nicht Stellung genommen. Sie wird dies erst tun, wenn in öffentlicher Versammlung die Absetzung der Beamten wierrufen ist und der Verkehrsausschuß seine Verrufs⸗ erkrärung gegen den allgemeinen Ersenbahnerverband formell zurück⸗ nimmt. .

In Premen erklärten sich, „W. T. B.“ zufolge, nachdem eine Einigung mit der Direktion herbeigeführt worden ist, die Arbeiter und Angestellten der Straßenbahn bereit, die Arbeit wieder aufzunehmen.

Nach einer vom „W. T. B.“ übermittelten Reutermeldung aus London haben bei der Abstimmung unter den Eisen⸗ gießern die Eisengießer mit 27 938 gegen 1678 Stimmen be⸗ schlossen, nicht mit den Arbeitgebern zu verhandeln. Dies Ergebnis ist ein ernster Schlag für die Maschinenindustrie, die von den Gußeisengießereien abhängig ist, und wird weitere große Arbeitslosigkeit zur Folge haben.

Da ein seit Tagen bestehender Ausstand der Beamten der Pariser Verlagsanstalten und Buchhand⸗

lungen nicht beigelegt werden konnte, weil die Arbeitgeber sich weigerten, mit der Gewerkschaft der Arbeitnehmer zu verhandeln, haben sich, wie „W. T. B.“ meldet, am 17. d. M. die Zeitungs⸗ spediteure und Zeitungsträger dem Ausstand an⸗ geschlossen. In Rouen ist der Generalausstand der städtischen Angestellten ausgebrochen.

Kunst und Wissenschaft.

über Oberflächengestalt, Kallpfannen, Winterregen, Vegetations zonen, Wasserverhältnisse und Landwirtschaft, ferner 2500 pho⸗ tographisch⸗ Aufnahmen sowie eine Gesteins⸗ und Pflanzensammlung Die Etoschapfanne ist ein ausgetrockneter, jetzt nur in guten Regenjahren teilweise überschwemmter Seeboden, dessen noch ganz unbekanntes Nordufer zum ersten Male aufgenommen wurder Im Anfang des Krieges waren beide Forscher Soldaten der Schutz truppe. Die englische Eingeborenenbehandlung nach dem Friedens schluß von Khorab (Juli 19 ¼5) machte die Eingeborenen unwillig zur Arbeit, und erschwert: allen im wirtschaftlichen Leben Stehenden, be⸗ sonders den Farmern, ihre Tätigkeit sehr. Nahrungsmangel herrschte nicht. Die Deutschen, außer der in Aue internierten aktiven Schup⸗ truppe, durften mit polizeilicher Genehmigung, die gewöhnlich gewährt wurde, im Lande reisen. 8

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗

maßregelu.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.

(Nach den „Veröffentlichungen des Reichsgesundheitsamts“, Nr. 42 vom 15. Oktober 1919.) 1

Pocken.

Deutsches Reich. In der Woche vom 5. bis 11. Oktober wurden 14 Erkrankungen gemeldet, und zwar in Schwien⸗ tochlowitz 4, in Godullabuütte, Morgenroth, Roß⸗ berg, Schlesiengrube, Bismarckhütte (Kreis Beuthen i. Oberschl) je 1, in Hindenburg (Reg.⸗Bez. Oppeln) 3 und in Gelsenkirchen (Reg.⸗Bez. Arnsberg) 2. Ferner wurde der Ausbruch der Pocken in Autfeld (Kreis Brilon, Reg.⸗Bez. Arns⸗ berg) festgestellt. 4

Nachträglich wurden für die Woche vom 28. September bis 4. Oktober noch 25 Erkrankungen mitgeteilt, nämlich in Günnig⸗ reld (Kreis Gelsenkirchen), Linden (Kreis Hattingen), Hörde, Herne je 1, in Meschede 10, in Ostwig, Eversberg, Remblinabhausen je 3, in Fredeburg und Wennemen (Kreis Meschede, Reg⸗Bez. Arnsberg) je 1.

Fleckfieber.

Deutsches Reich. In der Woche vom 5. bis 11. Oktober wurde 1 Erkrankung unter der Zivilbevölkerung angezeigt, und zwar in Rhein (Kreis Lötzen, Reg.⸗Bez. Allenstein); außerdem wurden 7 Erkrankungen bei deutschen Soldaten mitgeteilt, nämlich in Heilsberg Reg.⸗Bez. Königeberg), Tilsit (Reg.⸗Bez. Gum⸗ binnen) je 1, in Danzig 2, in Deutsch Eylau (Kreis Rosen⸗ berg, Reg.⸗Bez. Marsenwerder) 1 und in Duülmen (Kreis Coes⸗ feld, Peh. Efct 2 5

Deutsch Oesterreich. In der Woche vom 14. bi 20. September 4 Erkrankungen in Wien. 8

Genickstarre. 1““ Preußen. In der Woche vom 28. September bis 4. Oktober

wurden 5 Erkrankungen (und 3 Todesfälle) gemeldet in folgenden Regierungsbezirken (und Kreisen]: Reg.⸗Bez. Allen⸗ stein 1 (1) N idenburg! Breslau 1 Breslau Stadt), Minden 1 (Wiedenbrückl Oppeln 1 (1) Neustadt i. Overschl.], Stade 1 (1) (Verden]; nachträglich fuüͤr die Woche vom 21. bis 27. September: Trier 1 (Saarbrücken Land), Wiesbaden 1 [St. Goarshausen)].

Spinale Kinderlähmung.

Sch weiz. In der Woche vom 21. bis 27. September 5 Er⸗ krankungen, und zwar in den Kantonen Bern und St. Gallen je 2, Graubünden 1.

Ruhr.

Preußen. In der Woche vom 28. September bis 4. Oktober wurden 1342 Erkrankungen (und 155 Todesfälle) angezeigt in folgenden Regierungsbezirken [und Ktreisen): polizeibezirk Berlin 86 (12) [(Berlin Stadt 56 (6), Charlotten⸗ burg 5 Berlin⸗Schöneberg 11 (2), Neukölln 4, Berlin⸗ Wilmersdorf 9 (3), Berlin Lichtenberg 1 (D’, Reg. Pez. Allenstein 16 (4) (Johannisburg 2. Neidenburg 2 (1), Ortels⸗ burg 11 (3), Rössel 1), Arnsberg 344 (34) [Altena 1, Bochum Städt 15 (1), Bochum Land 59 (9), Dortmund Stadt 60 (4), Dort⸗ mund Land 41 (2), Gelkenkirchen Stadt 44 (7), Gelsenkirchen Land 11 (2), Hagen Stadt 7 (1), Hagen Land 3, Hamm Stadt 18, Hamm Land 1, Hattinger 21, Herne 26 (4), Hörde Stadt 8, Hörde Land 2 (2), Iseriohn Stadt 1, Iserlohn Land 8, Lippstadt, Läden⸗ scheid je 1, Schwelm (1), Siegen 6, Witten 4 (1), Wittgen⸗ stein 61, Breslau 34 (3) ‚Breslau Stadt 8, Brezlau Land 2, Brieg Land 5 (1), Gubrau, Münsterberg je 1, Neu⸗ markt 10 (1), Oels 1 (1), Steinau, Striegau, Wohlau je 2], Cassel 29 (1) (Cassel Stadt 3, Hanau Stadt 10, Hanau Land 11 (1), Schlüchtern 51, Cöln 51 (7) (Cöln Stadt 49 (7), Cöln Land, Mülheim a. Rh. je 1), Danzig 1 (1) (Danziger Höhe]), Erfurt 3 (Erfurt Stadt 2, Grafschaft Hohenstein 1], Frankfurt 36 (5) (Cottbus Stadt 1, Cottbus Land 3, Forst 1, Frankfurt a. O. 6 (1), Guben Stadt 1, Landsberg a. W. Stadt, Luckau je 2, Soldin 1, Sorau 2, Spremberg 11 (4), Weststern⸗ berg 61, Gumbinnen 19 (4) [(Gumbinnen 1, Pillkallen 15 (4), Oletzkto 31,. Hannover 7 (1) (Diepholz]), Hildesheim 7 [Hildesheim 2, Peine 3, Zellerfeld 2), Königsberg (1) [Gerdauen 1, Heilsberg 4 (1), Wehlau 1], Liegnitz 30 (1) (Glogau 1, Goldberg⸗ Haynau 9 (1), Hirschberg 11, Landesbut, Liegnitz Stadt je 1, Rothenburg 7], Lüneburg 9 (3) (Celle Land 1, Harburg Stadt (1), Lüchow 6 (1), Soltau 2 (1)), Magdeburg 20 (2) [Kalbe 4, Magdeburg 1, Neuhaldensleben 2 (1), Oschersleben 4, Osterburg 2 (1), Quedlinburg Stadt, Quedlinburg Land je 1, Wernigerode 5)1), Marienwerder 2 (Graudenz Land. Deutsch Krone je 11, Merseburg 76 (7) (Bitterfeld 9 (1), Delitzsch 2, Eisleben 1, Eckartsberga 4, Halle a. S. 2 (2), Liebenweroa 33 (2), Mangfelder Seekreis 3, Merseburg 11 (2), Saalkre’s 2, Weißen⸗ fels 7, Zeitz Stadt, Zeitz Land je 11, Minden 39 (2) (Bielef⸗eld Stadt 24 (2), Bielefeld Land 8, Herford Land 6, Paderborn 1), Münster 45 (6) [Beckum 2, Borken 1, Buer 5 (1), Lüsinghausen 1, Münster i. W. Stadt 9 (1), Munster i. W. Land 1, Recklinghausen Stadt 5 (1), Recklinghausen Land 19 8 Steinfurt, Tecklenburg je 1)1, Oppeln 394 (48) (Beutben i. Oberschl. Stadt 12 (3), Beuthen Land I 41 (5), Beuthen Land II. 28 (1), Cosel 1. Falken⸗

5 18 „Nach mehr als fünfjährigem Aufenthalt ist der Professor Fritz Jäger, außerordentlicher Professor an der Berliner Universität, aus Deutsch⸗Südwestafrika zurückgekehrt. Die Eng⸗ länder gestatteten ihm nicht, das Kaokogebiet zu besuchen, sorst aber konnte er mit seinem Assistenten Dr. Waibel ziemlich unbehindert reisen, und hat im Laufe der 5 kennengelernt. geographische schaften von

Die Hauptergebnisse Beschreibungen einer Südwestafrika und

der beiden Forscher sind Anzahl natürlicher Land⸗ geographische Abhandlungen

Jahre den größten Teil des Landes

berg 2, Gleiwitz Stadt 15 (6), Gleiwitz Hand 2, Grotkkau 3, Hindenburg i. Oberschl. 99 (8), Kattowitz Stadt 9, Katrowitz Land 68 (11), Königshütte i. Oberschl. 21. (2), Lublinitz 3 (1), Neustadt t. Oberschl. 1 (2), Oppeln Stadt 2, Oppeln Land 8 (2), Pleß 29 (, Ratibor Land (3), Rosenberg 2, Rybnik 28, Groß Strelitz 10 (2), Tarnowitz 4), Osnabrück 13 (2) [Hümmling 5, Osnabrück Stadt 3 (2), Wittlage 5], Potsdam 48 (5) [Beeskow⸗Storkow 1 Branden⸗ hurg a. H. 4 (1), Niederbarnim 18 (2), Osthabelland 2, Potsdam 6 (1), Ruppin 1, Spandau 3 (1), Teltow 7, Templin 1. Westhavel-⸗ land 51, Schleswig 20 (5) [Altona 10 (3), Ei erstedt 1 (1),

Landese.