1919 / 257 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 08 Nov 1919 18:00:01 GMT) scan diff

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Der preußischen Landesversammlun wurf eines Gesetzes über weitere Krieoswohlfahrtsausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie zur Verbilligung von Lebensmitteln und zur Unterstützung öffentlicher Notstandsarbeiten zur Beschlußfassung zugegangen. Nach § 1 desselben soll der Staatsregierung für diese Zwecke ein weiterer Betrag bis zu 215 Millionen Mark zur Verfügung gestellt werden. In der dem Gesetzentwurf bei⸗ gegebenen Begründung wird ausgeführt:

Die infolge des Waffenstillstands und der Demobilmachung ein⸗ tretende Arbeitslosigkeit hat im Dezember 1918 dazu geführt, daß sich das Reich und die einzelnen Länder zur Unterstützung der von Ge⸗ meinden und anderen Korporationen und Genossenschaften in Angriff zu nehmenden Notstandsarbeiten bereit erklärten. Hierfür wurden vom Demobilmachungsamt im Einvernehmen mit der preußischen Regierung Grundsätze aufgestellt, nach denen die Ueberteuerung zu % vom Reich, % vom Land und % von den Trägern des Unternehmens aufzubringen ist. Dem preußischen Staatstommissar für Demobil⸗ machung ist vom Finanzministerium für diesen Zweck ein Fonds S Millionen Mark aus bereiten Mitteln zur Verfügung gestellt worden.

Während anfangs in Aussicht genommen war, nur Arbeiten zu unterstützen, die bis zum 31. Mai 1919 ausgeführt sein würden, hat dieser Termin angesichts der Fortdauer der Arbeitslosigkeit wiederholt, schließlich bis zum 31. Dezember 1919 verlängert werden müssen. Wie die Berichte der Demob ilmachungskommissare erkennen lassen, wird indessen die Unterstützung solcher Arbeiten an dem bezeichneten Tage nicht abgebrochen werden können. Gegen die Einstellung der Erleilung weiterer Zusagen von Unterstützungen, welche wegen des Schlußtermins und wegen der Lage des Fonds notwendig geworden war, sind von allen Seiten, insbesondere auch von den Traͤgern der Notstandsarbeiten und den beteiligten Arbeiterschaften, Bescha erden mit steigender Dringlichkeit erhoben worden. .

Unter diesen Umständen hat das Reich die Mittel zur Durch⸗ führung des Unterstützun swerks von 305 Millionen Mark, die in der Ergänzung zum Entwurf des Haushalts des Reichsfinanzministeriums unter Kapitel 2d Litel 1 der außerordentlichen Ausgaben vorgesehen waren, bei der 2. Lesung dieses Haushalts auf 475 Millionen Mark erhöht. Hierdurch sind die Mittel bereitgestellt, um neben den bereits von den zuständigen Stellen erteilten Unter⸗ stützungsbescheiden auch in den Fällen eine Unterstützung ge⸗ währen zu können, in denen durch Verhandlungen die Er⸗ teilung eines Bescheides aufgehalten worden ist oder in denen es sich um die Fortführung von Notstandsarbeiten über den besherigen Schlußtermin hinaus handelt, und um ferner in angemessenen eenie auch neu in Angriff zu nehmende Arbeiten unterstützen zu können.

„In den außerprenßischen Ländern wird, wie zahlreiche Anträge zeigen und wie die Beratung im Reichsrat ergeben hat, mit einer Fortführung des Unterstützungswerks und mit der Bereitstellung der dazu erforderlichen Landesmittel gerrchnet.

Der dem preußlschen Staa'skommissar für Demobilmachung zur Verfügung gestellte Fonds von 100 Millionen ist durch erteilte Fest⸗ stellungs escheide hisher um 39 Millionen Mark überschritten worden. Mit einer Ueberschreitung war zu rechnen, weil angesichts des Um⸗ fangs und der Dringlichkeit der Notstandsarbeiten die Demobil⸗ machungskommissare ermächtigt worden sind, Bescheide bis zu 90 000 Reichs⸗ und 60 000 b im Rahmen der senr Grundsätze selbständig zu erteilen. Die Höhe der Ueber⸗ schreitung beruht darauf, daß die Demobilmachungskommissare von ihrer Ermächtigung angesichts des auf den 31. August fe tgesetzten für Zusagen einen unerwartet großen Gebrauch gemacht aben.

Für die durch Verhandlungen in der Schwebe gehaltenen Fälle und für die Fälle, in denen entsprechend dem bis zum Juli d. J. geltenden Grundsatz der Zuschuß nicht nach dem Voranschlag, sondern nach der bei der Abrechnung sich ergebenden Ueberteuerung zugesagt Hegx war, entsteht ein Mehrbedarf von mindestens 31 Millionen Matk.

Da endlich seiteng des Reichs für neue Fälle rechnungsmäßig rund 100 Millionen Mark bereitgestellt sind und auf Preußen nach den bieherigen Erfahrungen etwa 23 der Reichszuschüsse entfallen, andererseils die Londeszuschüsse auch weiterhin % der Reichszuschüsse betragen werden, so werden für diesen Zweck weitere 45 Millionen Mark in Ansatz zu bringen seir. G

Bei der Bereitstellung von insgesamt 115 Millionen Mark

würde die Fortsetzung des Unterstützungswerks im Rahmen des ent⸗ stehenden Bedürfnisses in der Weise gesichert sein, daß Notstands⸗ arbeiten insoweit mit Zuschüssen versehen werden können, als sie bis zum 30. Juni 1920 ausaeführt werden. Zu diesen 115 Millionen Mark kommen die von dem Finanzminister aus bereiten Mitteln bisher zur Verfügung gestellten 100 Millionen Mark, die zweckmäßig ebenfalls auf den Kredit genommen werden. Danach rechtfertigt sich die Anforderung von 215 Millionen Mark.

Mit Rücksicht darauf, daß die Ueberteuerungszuschüsse für Not⸗ standsarbeiten der Gemeinden usw. ihrem Wesen nach in enger Be⸗ ziehung zu den Beihilfen zu Kriegswohlfahrtsausgaben der Ge⸗ meinden usw. stehen, erscheint es angebracht, sie mit unter die Gesetze über die Beihilfen zu Kri gswohlfahrtsausgaben zu bringen.

ist der Ent⸗ eihilfen zu

Der Untersuchungsausschuß der preußischen Landesversammlung hörte am 7. November einen Vortrag seines Berichterstatters über die Akten des Ledebour⸗Prozesses. Er beschloß im Anschluß daran die ergänzende Vernehmung einiger Zeugen. Ferner legte der Berichterstatter den ersten Teil des Be⸗ richtes über die Januarunruhen vor. Zum Zweck der Aufklärung der Haltung der damaligen Regierung gegenüber der revolutionären Be⸗ sotzung der Zeitungsgebäude soll der damalige Volksbeauftraate Scheidemann vernommen werden. Ueber die Unruhen im Ruhr⸗ revier lag der Bericht des Ministeriums des Innern vor. Er soll röö dem des Reichswehrministeriums zur Beratung gestellt

G b Kunst und Wissenschaft.

reußische Akademie der Wissenschaften hielt am 30. Oktober eine Gesamtsitzung unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Rubner. Herr Planck sprach über die Dissoziationswärme des Wasserstoffs nach dem Bohr⸗Debveschen Modell. Während die Dissoziations⸗ wärme des Wasserstoffs für tiefe Temperaturen sich bekanntlich als zu klein ergibt, wenn man beim Molekül wie beim Atom nur ein⸗ quantige Kreisbahnen voraussetzt, fällt sie umgekehrt viel zu groß aus, wenn man die einquankigen Kreisbahnen nur als die obere Grenze aller überhaupt vorhandenen Kreisbahnen ansieht. Doch laäͤßt sich eine bessere Uebereinstimmung mit der Erfahrung erzielen, wenn man außer den Kreisbahnen auch die gradlinigen Pendelbahnen als vorhanden annimmt, wobei die Frage noch offen bleibt, ob bei tiefen Temperaturen die einquantigen Bahnen die einzig möglichen sind oder nicht. Das auswärtige Mitglied der Akademie Hugo Schuchardt in Graz übersandte den II. Teil seiner Arbeit über „Sprachursvrung“. Es wird die Frage der Eingliedriakeit der Ursätze und der Priorität des Verbalbegriffs behandelt. Herr Heymann legte die von ihm besorgte 7. Auflage von Heinrich Brunner, Grundzüge der deutschen Rechtsgeschichte (München und Leipzig 1919), vor. 1I1

Die Galerie Eduard Schulte eröffnet eine neue Aus⸗ stellung am 8. November außer mit einer Sonderavestellung von erxwa 30 Werken Wildelm Trübners aus allen Schaffenszeiten des 1911 verstorbenen Künstlers noch mit großen Samm ungen von en. Zügel⸗München, Marx Fabian⸗Berlin, Max Fleischer⸗Berlin,

rwin Heinxich⸗Donaueschingen, Carl Kappstein⸗Berlin, Ernst Lieber⸗ mann⸗München und George Mosson⸗Berlin.

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Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ 8 maßregeln.

Knochenkrankheiten als Folge der ungenügenden Ernährung. 1

Als im Laufe des Sommers 1919 der Medizinalabteilung des preußischen Ministeriums fur Volkswohlf hrt Mitteilungen über ein gehäuftes Vorkommen von eigenartigen Knochenkrankheiten als Folge der ungenügenden Ernährung bekannt wurden, erhielten bie Re⸗ gierungspräsidenten unter dem 9. August 1919 den Auftrag zu ein⸗ gehendem Bericht über die einschlägigen Verhältnisse in ihrem Ver⸗ waltungsbezirk. Das Wesentlichste aus den Berichten sei hier kurz wiedergegeben.

Seit Herbst 1917 traten unter der Bevölkerung Preußens krank⸗ hafte Veränderungen des Knochengerüstes auf, die der englischen Krankheit der Säuglinge und Kleinkinder (Rhachitis), sowie der Osteomalacie (Knochenerweichung, der Erwachsenen ähneln. Diese Erkrankung nimmt einen Umfang und eine Form an, wie sie bisher in Preußen nie beobachtet worden sind. Knochen⸗ verbiegungen, wie sie sonst nur ausnahmsweise bei den schwersten Formen der Rhachitis oder der Osteomalacie beobachtet wurden, sind jetzt eine häufige Erscheinung. Knochenbrüche ohne nachweisbare oder kaum erkenntliche Ursache sind keine Seltenheit. Auch werden Altersklassen heimgesucht, bei denen man diese Er⸗ krankungszustände zu sehen nicht gewohnt war. Bis zum Herbst 1918 scheint die Krantheit nur vereinzest und unter Verhaltnissen aufge⸗ trete’n zu sein, die für ihren Ausb’uch besonders günstige Vor⸗ bedingungen boten. Seit dieser Zeit ist sie in mehr oder weniger großem Umfange in allen R gierungsbezirken einschließlich Berlins, jedoch mit Ausnahme der Hohenzollernschen Lande, beobachtet worden.

Zur ätiologischen Klärung der Krankheit trugen die Berichtsfest⸗ stellungen nur insofern bei, als aus ihnen mit Bestimmtheit hervor⸗ geht, daß die Krantheit eine unmittelbare Folge der Hungerblockade ist hervorgerufen durch die der Menge nach verminderte und der Güte nach verschlechterte Hungerkost.

Das Hauptkontingent der Kranken stellt die Altersklasse bis ein⸗ schließlich des 5. Lebensjahres. Pöllig verschont bleiben Kinder etwa vom 6. bis zum 14. Lebensjahre bezw. bis zu der Zeit, in der die Kinder ins Erwerbsleben eintreten. Dagegen findet sich eine sehr starke Beteiligung der Jugendlichen vom 14. bis 19. Lebensjahre. Völlig frei bleiben dann die Lebensjahre 20 bis 35. 8 setzen dann die Erkrankunzen allmäblich wieder ein, und sie kon⸗ zentrieren sich bei Frauen etwa zwischen dem 40. und dem 60. Lebensjahre.

Die Krankheit bei den kleinen Kindern macht sich oft dadurch bemerkbar, daß die Kinder Schmerzen beim Bewegen oder Anfassen ihrer Gliedmaßen oder des Rumpfes zu erkennen geben, die manch⸗ mal so stark sind, daß die Kinder beim bloßen Beruͤhren des Körpers mit der Hand laut schreien. Kinder, die im 3., 4. oder sogar 5. Lebensjahr noch nickt laufen können, kommen öfters zur Beobachtung. Häufig verlernen die 2—6 jährigen das Laufen, das sie zur rechten Zeit erlernt batten, wieder. Manchmal vermögen solche Kinder sogar nicht mehr zu stehen. Es werden Knochenerweichungen der langen Röhrenknochen beschrieben, die mit der Hand gebogen werden können. Soiche Fälle sind keine Seltenheit. Es ist selbstverständlich, daß die Knochenverhtldungen, die man schon in normalen Zeiten bei den rhachitischen Kindern zu beobachten gewohnt war, bei derartig schweren organischen Veränderungen der Knochensubstanz ganz un⸗ geheuerliche Formen annehmen.

Die Krankheit der Halbwüchsigen ist in manchen Gegenden der Bevö kerung wohl bekannt und wird „Hungermalaria“ ober „Marme⸗ ladenbeine“ genannt. Fälle, in denen junge Leute plötzlich auf der Straße ohne jede Ursache mit einem Bruch in der unteren Epiphysen⸗ gegend des Oberschenkels zusammengebrochen sind, werden öfters be⸗ richtet. Die Knochenbrüche heilen oft schlecht oder mit Pseudarthrosen⸗ bildung (Falschgelenk). Bei vielen Krankheiten bildet sich Plattfuß oder X⸗ oder O.Beinest llung aus. Manchmal bildet sich auch im Kniegelenk ein blutwässeriger Erguß. Schwere und schwerste Ver⸗ bildungen am Brustkorb und an der Wirbelsäule sind häufig.

Die dritte Gruppe umfaßt alle diejenigen Erkrankungen, die unter dem Bilde der bekannten Osteomalacie (Knochenerweichung) verlaufen und Personen jenseits des 35. Lebensjahres befallen. Ein Frauenarzt in Waldenburg, Regierungsbezirk Breslau, also in einem Industriebezirk hat häufig Frauen im klimakterischen Alter, namentlich aber ältere Schwangere in letzter Zeit beobachtet, die über heftige Schmerzen in der Wirbelsäule und namentlich in den Beinen klagten. Diese Beinschmerzen waren oft so heftig, daß die Kranken nicht imstande waren, die Beine zu bewegen. Im Regierungsbezirk Liegnitz wurden mehrfach bei Frauen im Alter von 50 bis 60 Jahren Kyphosen (Verbiegungen der Wirbelsäule nach binten) in erheblichem Grade als Folge eines Knochenerweichungsprozesses der Wirbelkörper beobachtet, obwohl diese Frauen körperlich überhaupt nicht schwer arheiteten, jedenfalls reine Arbeiten in gebückter Körperhaltung zu ver⸗ richten brauchten. Im Regierungsbezirk Oppeln erlitt eine 49 jährige Frau einen Spontanbruch des Oberschenkels oberhalb des Knies beim Um⸗ drehen im Bett. Sechs Fälle bei etwa 60 jährigen Frauen hat der Oberarzt des städtischen Krankenhauses in Bielefeld beobachtet. Die Personen klagten über Schmerzen in Beinen und Rücken und konnten nicht lange stehen. Nach Verlauf eines Jahres trat deutliche Ver⸗ krüppelung des Rückens ein, derart, daß der Kopf geradezu dem Brustbein auflag. Beobachtenswert ist auch der Fall eines 62jährigen Lokomotivfübrers aus Paderborn, der körperlich sebr heruntergekommen war. Er fiel auf ebener Erde und brach den Oberschenkel. Nach Heilung brach er auf dieselbe Weise den anderen Oberschenkel und einige Tage spiter im Bett einen Oberarm.

Die Berichte der Regierungspräsidenten, aus denen hier nur ein ganz kurzer Auszug wiedergegeben ist, beziehen sich lediglich auf eine neue Frschetnun sbnn des Hungerschadens. Es ist überflüssig, da⸗ neben noch einmal alle die schon bekannten anderen Krankheiten auf⸗ zuzählen, die als Folgen der Hungerblockade Siechtum und Tod in

Hunderttausenden von Fällen über unser Volk gebracht haben. (W. T. B.)

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. (Nach den „BVeröffentlichungen des Reichsgesundheitsamtg“, Nr. 45 vom 5. November 1919.)

Pest. Niederländisch Indien. Im September wurden auf Java 85 tödlich verlaufene Erkrankungen gemeldet, und zwar in den Bezirken Temanggoeng 67,. Magelang 8, Soera⸗ baja 7, Semarang 2 und Salatiga 1.

Pocken.

Deutsches Reich. In der Woche vom 26. Oktober bis 1. November wurden 4 Erkrankungen gemeldet, und zwar in Schwientochlowitz 2, in Bismarckhütte (Kreis Beuthen, Reg⸗Bez. Oppeln) und Jägersarün (Amtshauptmannschaft Auerhach, Kreishauptmannschaft Zwickau) je 1. 8

Nachträglich wurden für die Woche vom 19. bis 25. Oktober noch 5 Erkrankungen mitgeteilt, näͤmlich in Beuthen, Friedens⸗

f te (Stadtkreis Beuthen!, Karf (Landkreis Beutben), Katto .

hüt vitz und Staude (Kreis Pleß, Reg.⸗Bez. Oppeln) je 1.

1 Todeszfall:

Deutsch⸗Oesterreich. In der Woche vom 12. bis 18. Oktober 5 Erkrankungen in Steiermart.

Fleckfieber.

Deutsches Reich. In der Woche vom 26. Oktober bis 1. November wurde 1 Erkrankung unter der Zioilbevölkerung ange⸗ zeigt, und zwar in Siemianowitz (Kreis Kattowitz, Reg.⸗Bez. Oppeln); außerdem wurde 1 Erkrankung bei einem deutschen Soldaten in Berlin mitgeteilt. 1“

Nachträglich wurde für die Woche vom 19. bis 25. Oktober noch 1 Erkrankung in Birkental (Kreis Kattowitz, Reg.⸗Bez. Oppeln) gemeldet.

Deutsch Oesterreich. In der Woche 18. Oktober 1 Erkrankung in der Stadt Graza.

Genickstarre.

In der Woche vom 19. bis 25. Oktober wurden 6 Erkrankungen (und 2 Todezfälle) gemeldet in folgenden Re⸗ gaierungsbezirken sund Kreisen): Arnsberg 2. [Schwelmz], Cöln1 Cöln Stadt]’, Königsberg 1 [Memel Stadtl], Schles⸗ wig 1 (1) [Altona]k, Wiesbaden 1 (1) [Frankfurt a. M.]

Preußen.

Spinale Kinderlähmung.

Schweiz. In der Woche vom 12. bis 18. Oktober 3 Er⸗ krankungen, Neuenburg 2.

Ruhr.*)

Preußen. In der Woche vom 19. bis 25. Oktober wurden

571 Erkrankungen (und 92 Todesfälle) angezeigt in folgenden Regierungsbezirken [und K reisen): andespolizeibezirk Berlin 27 (6) (Berlin Stadt 23 (3), Berlin⸗Schöneberg, Berlin⸗ Wilmersdorf je 2 (1), Berlin⸗Lichtenberg (1)1, Reg.⸗Bez. Allen⸗ stein 25 (5) [Allenstein Stadt 1, Allenstein Land 5 (1), Lyck⸗ 14 (4), Neidenburg 1, Ortelsburg 4), Arnsberg 44 (7) [Bochum Stadt (1), Bochum Land 10, Dortmund Stadt 9 (2), Dortmund Land 8, Gelsenkirchen Stadt 3 (2), Gelsenkirchen Land, Hagen Land je 2, Hamm Stadt 1, Hatringen 2 (1), Herne 3 (1], Jerlohn Land 2, Meschede, Wittgenstein je 1I1, Breslau 12 (2) Breslau Stadt 1, Brieg Stadt 3, Brieg Land 2, Neumarkt 1 (1), Oels 2, Striegau 2 (1), Trebnitz 11, Bromberg 2 Kolmarj. Cassel 3 ([(Frankenberg 2, Hanau Land 1], Cöln 12 (2) ([Cöln Stadt 11 (2), Cöln Land 1], Danzig 3 (Danziger Höhe, Dirschau, Karthaus je 11, Erfurt 1 (Erfurt Stadt], Frankfurt 18 (2) [Calau 11 (1), Frankfurt a. O. 1, Guben Stadt 1 (1), Syremberg 51 Gumbinnen 14 (2) Niederu g 1, Gumbinnen 3 11), Insterburg Land 9 (1), Oletzko (1)], Hannoyper 6 (Diepbolz, Hannover Stadt je 3), Königsberg 8 [Preußisch Eylau 1, Heilsberg 3, Preußisch Holland, Labiau je 1. Wehlau 2)], Fiegnitz 1 (1) [Giogau 1, Hoyerswerda (1)], Lüneburg 2 (1) [Soltau (1), Winsen 2), Magdeburg 11 ([Kalbe 8 Quedlinbarg Land 2, Wolmirstedt 11, Marienwerder 2 (1) [Eraudenz⸗Land 1, Löbau 1 (1)1. Merse⸗ burg 20 (6) (Bitterfeld 3, Lieb'nwerda 1 (1), Mansfelder Gebirgs⸗ kreis 7 (2), Merseburg 3 (1), Querfurt, Torgau je 1, Weißenfels Land 2 (2), Halle a. S., Zeitz Stadt je 11, Minden 6 (1) Biele⸗ feld Stadt 4 (1), Bielefeld Land 21, Münster 12 (2) [Borken, Buer je 4 (1), Coesfeld, Lüdinghausen, Recklinghausen Land, Tecklen⸗ burg je 1⁄¼ Oppeln 291 (38) [Beuthen Stadt 11 (1), Beuthen Land I. 34 (2), Beuthen Land II 32 (2), Kosel 1, Gleiwitz Stadt 15 (6), Hindenburg 74 (7), Kattowitz Stadt 14, Kattowitz Land 38 (7), Königshütte 13 (1), Lublinitz 2, Neustadt⸗ Oppeln Land je 3, Pleß 12 (5), Raribor Stadt 2 (1), Ratibor Land 10 (2), Rosenberg 3, Rybnik 16 (1), Groß Strehlitz 7 88 Tarnowitz 1I, Osnabrückls (2) [Hümmling (1), Iburg 1 (1. Mepren 4, O nabrück Sradt 2, Osnabrück Lind 17, Posen [Meseritzz. Potsdam 17 2) (Brandenburg a. H. 1, Nieder⸗ barnim 8, Oberbarnim 1 (1), Ostbavelland 1, Potsdam 3 (1, Teltow 3), Schleswig 6. (4) [Altona 5 (1), Pinneberg 1 (3 1, Stade 1 Osterholz), Wiesbaden 18 (8) (Frankfurt a. M. 16 (5). Dillkreis 2 (3,)]; nachträglich für die Woche vom 5. bis l. Oktober: Koblenz 8 (2) (Adenau, Koblenz Stadt, Koblenz Land je 1, Cochem 4, Mayen (1), Meisenheim 1 (1)); vom 12. bis 18. Otrober 154 Erkrankungen (und 22 Todesfälle), und zwar: Reg.⸗Bez. Aachen 10 (5) [Aachen Stadt 1, Aochen Lard 9 (4), Düren (1)), Düsseldort 74 (9) [Barmen 5 (1), Crefeld Land 4 (1), Dinslaken 5, Düsseldorf Stadt 21 (3), Düsseldorf Land 1, Duisburg 8, Geldern 6 (1), M.⸗Gladbach Stadt 3, M.⸗Gladbach Land 1, Hamborn 4, Kempen 1 (1), Lennep, Mettmann je 2, Mül⸗ heim a. d. R. 3, Oberhausen 2, Rees 1, Remscheid 2 (1), Rhendt 1, Solingen Land 2, Sterkrade (1)1, Erfurt 3 [Langensalzo, Mühih msen i. Th. Stadt, Ziegenruͤck je 1“, Potsdam 24 (2) [Angermünde 2, Beeskow⸗Storkow 1, Niederbarnim 9, Potsdam 6 (2), Spandau 2, Templin 3, Westhavelland 11, Sigmaringen 1 [Hechingen), Trier 39 (6) [Merzig 1, Oitweiler 12 (5), Saarbrücken Stadt, Saäͤarbrücken Land je 5, Saarbura, Saarlouis je 2, Trter Stadt 2 (1), Trier Land 1, St. Wendel 9], Wiesbaden 3 [Wiesbaden Stadt].

Verschiedene Krankheiten in der Woche vom 19. bis 25. Oktober 1919.

Varizellen: Wien 15 Erkraakungen; Fleckfieber: Wien Bißverletzungen durch tollwutver⸗ dächtige Tiere: Reg.⸗Bezirke Brestan, Marienwerder je 1 Paratyphus: Hessen 10 Erkrankungen; Influenza: Verlin 3, Mainz, Amsterdam je 1, Wien 4 Todesfälle, Reg.⸗Bez. HPeshld5g (Vorwoch⸗) 6, Nürnberg 17, Kopenhagen 79, Stockholm 2 Er⸗ krankungen; Genickstarre: Budapest, Christiania je 1, Stock⸗ holm 2 Todesfälle, Bremen, Christiania, Kopenhagen, Stockholm, niederländische Orte (12. bis 18. Oktober) Leiden, Rotterdam je 1 Er⸗ krankung; spinale Kinderlähmung: Hessen 2, Christiania 1, Kopenhagen, Stockholm je 2 Erkrankungen; Ruhr: Nürn⸗ berg 4, Hessen 1, Sachsen⸗Weimar (Vorwoche) 2, Budapest 10, Krakau 4, Lemberg 1, Wien 45 Todesfälle, Augsburg 2, Rürn⸗ berg 13, Stuttgart 7, Hessen 16, Sachsen⸗Weimar (Vorwoche) 9, Budapest 52, Prag und Vororte 74, Wien 146 Erkrankungen; Malaria: Reg.⸗Bez. Aurich 15, Wien 30 Erkrankur gen: Krätze: Kopenhagen 124, mederländische Orte (12. bis 18. Okrober) Delft 2, Haag 36, Rotterdam 32, Yersete 1. 10, Tilburg 11 Erkrankungen. Mehr als ein Zehntel aller Ge⸗ storbenen ist an Keuchhusten gestorben in G'örlitz Erkrankungen wurden mitgetellt in Ham urg 23, Budo⸗ pest 47, Kovpenhagen 91; an DTyphus (DPurchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1895/190 ¼: 0.46 %) gestorcen in Reckling⸗ hausen Erkrankungen wurden angezeigt in den Rea.⸗Bezirken Breslau 41, Arnsberg 33, Koblenz (5. bis 11. Oktober) 32, Düssel⸗ dorf (Vorwoche) 31, Magdeburg 38, Merseburg 41, Oppeln 212, Potsdam 30, in Baden 32. Amsterdam 66, Wien 26. Ferner wurden Erkrankungen festgestellt an: Scharlach in den Landes⸗ polize bezirken Berlin 123 (Berlin Stadt 76), in den Reg.⸗Bezirken Arnsberg 156, Schleswig 109, in Hamburg 85, Amsterdam 44, Kopenhagen 77, Rotterdam (12. bis 18. Oktober) 99, Wien 30; Masern und Röteln in Hamburg 65, Kopenhagen 73; Diph⸗ therie und Krupp im Landespolizeibezirke Berlin 240 (Berlin Stadt 143), in Breslau 21, in den Reg.⸗Bezirken Potsdam 140 (Vorwoche 170), Schleswig 169, in Hamburg 75, Amsterdam 21, Christiania 47, Kopenhagen 49, Stockholm 39, Wien 42.

2) Der aus dem Kreise Paderhorn, Reg.⸗Bez. Minden, in der Vor⸗ vwoche angezeigte Erkrankungs⸗- und Todesfall haf sich als Typhus erwiesen

und zwar in der Stadt Bern 1 und im Kanton

Auf Veranlafs

un Deutschen

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Zunahme der Spareinlagen bei den deutschen Sparkassen in den 9 Monaten Januar bis September 1919.

Während die Monate Juli und August d. J. nach einer weniger günstigen Zeit den deutschen Sparkassen wieder einen starken Zufluß von Spareinlagen gebracht haben 900 und 600 Millionen Mark Ueberschuß der Einzahlungen über die Rückzahlungen —, ist das Ergebnis für September nicht so glänzend. Dieser Monat war hinsichtlich des Zugangs wo Spar⸗ einlagen stets der ungünstigste im Jahre; fast regelmäßi brachte er eine Abnahme denselben. Diesmal hat si bei der Gesamtheit der deutschen Sparkassen nach der Be⸗ rechnung, die auf Grund ihrer Angaben der Direktor der Landezbank der Proviuz Westfalen und Geschäftsführer des Deutschen Svarkassenverbandes H. Reusch in der volkswirtschaftlichen Zeitschrift „Sparkasse“ anstellt, für den Monat September noch ein Einlagen⸗ zuwachs von rund 200 Millionen Mark ergeben. Das ist nur die Hälfte von dem, was der September des Vorjahres gebracht batte, immerhin noch eine bedeutende Summe. Der Gesamtzuwachs der Spar⸗ einlagen seit Jahresbeginn beträgt 5100 Millionen Mark gegen 5150 Millionen in derselben Zeit des Vorjahres.

In Groß Berlin, wo der Ueberschuß der Einzahlungen über die Rückzahlungen auch im September (bei 15 Sparkassen 32,80 Millionen Mark) 1 gewaltig war und sogar den des Septembers des Vorjahres (28,68 Millionen Mark) übertraf, stellt sich der Zuwachs der Spareinlagen verhältnismäßig höher, dagegen in Westfalen niedriger, als der Durchschnitt der Zu⸗ nabme bei der Gesamtheit der deutschen Sparkassen beträgt. Die Ursachen dieser Erscheinung, die sich in den letzten Monaten gleichmäßig zeigt, sind nicht zu erkennen. Vielleicht hängt sie damit zusammen, daß in Westfalen eine Hochkonjunktur in verschiedenen Gewerbezweigen im Enistehen ist und deshalb Kapitalien zur Be⸗ schaffung von Rohstoffen, Vorräten usw. abgehoben werden, während es in Berlin damit nicht so schnell vorwärts geht.

Es betrug die Zunahme der Spareinlagen bei der Gesamtkeit der deutschen Sparkassen ohne die Abschreibungen auf die Kriegs⸗

anleihen:

1919 1918 1917

Millionen Mark

1250 1250 600

800 600 300

400 400 160

7⁰⁰ 600 300

100 450 300

150 350 200

900 6650 300

. 600 450 250 Septembe 200 400 150 5100 5150 2560.

veeennnn

Arbeitsstreitigkeiten. . Da im Siegener Bergland Erde Oktober Hütten stillaelegt wurden, und die Arbeiter mehrfach sogar die Not⸗ standsarbeiten verweigerten, griff de Technische Notbhilfe von Münster aus ein. Hurch ihre Arbeiten sind, wie „W. T. B.“ mtt⸗ teilt, der gesamte Hochofenbetrieb in Siegen gerettet. Tausenden von Arbeitern die Arbeitsmöglichkeit und dem deutschen Volke Millionen von Werten erhalten worden, bis am 6. November die Hüttenarbeiter die Arbeit wieder aufnahmen. In Hamburg ist, wie „W T. B.“ meldet, das Gesamt⸗ ergebnis der auf den Werften erfolaten geheimen Abstim⸗ mung über die zwischen den Hamburger Werftbesitzern vereinbarten neuen Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen nach den nunmehr vorliegenden Ziffern folgendes: Für die Annahme 7241, gegen die Annabme 7713. Während bei Blobm und Voß sowie bei der Hapag eine beträchtliche Mehrheit für die Wieder⸗ aufnahme der Akkordarbeit stimmte, wurde sie auf den übrigen Werften allgemein abgelehnt. In Bremen hat die Ab⸗ stimmung unter den Arbeitern der dortigen Werften er⸗ geben, daß 19 861 für und 23 768 gegen die Wiedereinführung der Akkordarbeit waren.

Aus Wehlau wird dem „W. T. B.“ telegraphiert: Infolge des Ausstands der Buchdruckergehilfen haben die Arbeit⸗ geber im Buchdruckereigewerbe sich mit den Königsberger Kollegen solidarisch erklärt und ihre Betriebe bis auf weiteres geschlossen.

Aus Laibach erfährt „W T. B.“, daß im Trifailer Kohlenrevier auf sämtlichen Kohlengruben die Arbeit wieder aufgenommen ist.

Die Lage im amerikanischen Bergarbeiteraus⸗ stand ist, wie dem „W. T. B.“ aus Chicago gemeldet wird, unverändert. In den Nordstaaten ist der Eisenbahn⸗ dienst eingeschränkt worden.

82 öuu“ .

Verkehrswesen.

g des Reichsverkehrsministeriums wird nach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ zur Scherstellung des weitestgehenden Zusam menarbeitens zwischen Eisen⸗ bahn und Schiffahrt die Einrichtung getroffen, daß sich bei den Eisenbahndirektionen ständig auch ein Vertreter der Schiffahrts⸗ abteilung befindet, der auch örtlich in allen Einzelheiten die Ver⸗ bindung zwischen Eisenbahn und Schiffahrt als den wichtigsten Ver⸗ kehrsmitteln sicherstellt. Diese Einrichtung wird außerdem für die Verkehrst eibenden den Vorteil bringen, daß sie sich bei Zurückweisung ihrer Transporte zum Eisenbahnweg sofort an einen Vertreter der Schiffahrtsabteilung wenden können, der ihnen bei Ueberlettung ihrer Sendungen auf den Wasserweg mit Rat und Tat behilflich ist.

Die Verhandlungen zwischen der Reichspost⸗ verwaltung und dem Reichswirtschaftsministerium haben es ermöglicht, daß die Deutsche Luftreederei auf den Linten Berlin Leipzig und Berlin Breglau während der Bahnsperre die Beförderung von Briespost täglich in beiden Richtungen auf dem Luftwege ausführen kann. Ob sich trotz des berrschenden Shehe etwa noch weitere Linien in Betrieb nehmen lassen, ist noch nicht zu übersehen.

Um während der Dauer der Einschränkung des Personenverkehrs eine Verbindungmit Berlin zu schaffen, läßt die sächsische taatseisenbahnverwaltung einen geheizten Kraft⸗ omnibus zwischen Dresden Hauptbahnhof und Berlin Anhalter Bahnhof verkehren. Die Fahrtdauer beträgt 6—7 Stunden, der Fahrpreis für die einfache Fahrt 150 ℳ.

trogen

steichsanzeiger und Preußischen Sta

8. November

Das Einkilopaket. Wie erinnerlich, hat die National⸗ versammlung in diesem Herbst bei Beratung des neuen Postgebühren⸗ gesetzes die Einführung des Einkilopakets zum 1. Januar 1920 ver⸗ langt. Der Einführung stand bis dahin ent egen der drohende Ein⸗ nahmeausfall an Postgebühren, der sich auf Millionen beziffern wird, und der Raummangel in den Bahnposten. Ueber den Einnahme⸗ verlust muß die Postverwaltung hinwegzukommen suchen, zumal sie damit zu rechnen hat, daß wenigstens ein Teil dieses Verlustes mit der Zeit ausgeglichen werden wird durch die Zunahme der bis ein Kilo schweren Sendungen, wenn diese zu einer mäßigeren Gebühr be ördert werden als der jebigen. Der Raummangel in den Bahnvposten ist aber jetzt schlimmer als vor dem Kriege, da ungefähr die Hälfte der Eisenbahnzüge, und damit auch der Postzüge, ausgefallen ist, ganz aboe⸗ sehen davon, daß vom 5. bis 15. November überhaupt keine Schnell⸗ und Personenzüge mehr gefahren werden und daß auch noch danach mit gewissen Einschränkungen im bisherigen Fahrplan dieser Züge gerechnet werden muß. Trotzdem sind die Vorbereitungen zur Ein⸗ führung des Einkilopakets im vollen Gange, und man erwägt jetzt die Maßnahmen, die notwendig waͤren, wenn das Einkilopaket etwa in der Form des Feldpostpäckchens eingeführt würde, das all rdings nur ½ kg Gewicht hatte. Eine solche Form müßte der Verkehrswelt lieber sein, als wenn das Einkilopaket ein wirkliches Paket bliebe, sich von den übrigen Postpaketen also nur durch eine geringere Taxe unterschiede. Wird es aber als Päckchen behandelt und wie eine größere Drucksache oder Warenprobe angenommen, befördert und be⸗ stellt, so würde erst dann der Nutzen voll in die Erscheinung treten. Zur Feststellung der Einzelheiten waren Fachleute aus dem Betriebe für die erste Novemb rhälfte nach Berlin ein⸗ berufen, desgleichen der bisherige Verkehrsbeirat der Reichspostver⸗ waltung, der bekanntlich aus Vertretern aller Berufsstände besteht. Infolge der Verkehrssperre mußten diese Beratungen wieder um Wochen hinausgeschoben werden. Trotzdem hält die Postverwaltung an dem Plane fest, die Sache bis zu dem von der Nationalversamm⸗ lung gewünschten Zeitpunkte spruchreif zu machen.

Die nach Amerika bestimmten Telegramme können funkentelegraphisch oder auf dem Kabelwege befördert werden; für be de Beförderungswege sind die Gebühren gleich hoch. Der Absender kann bei der Auflieferung den einen oder anderen Beförderungsweg bestimmen. Verzichet er seinerseits darauf, den Beförderungsweg vorzuschreiben, so bestimmt die Telegraphenverwaltung je nach Lage der Verhä tnisse den ihr am geeignetsten erscheinenden Weg. Bei der funkentelegraphischen Beförderung werden die Telegramme von der Großfunkstelle Nauen unmittelbar an die amerikanische Gegenstation abgesetzt. Dieser unmittelbare Verkehr zwischen Deutschland und Amerika wickelt sich unter den jetzigen Verhaltnissen durchaus glatt und ohne jegliche Verzögerungen ab; im allgemeinen erhält die Station Nauen die Empfangsbestätigung der amerrkantschen Gegen⸗ stattion noch am Tage der Abtesegraphierung spätestens am nächst⸗ folgendeu Tage. Bei der Beförderung auf dem Kabelwege werden die Telegramme zunächst nach London übermittelt und von dort aus auf den transatlantischen Kabeln weitertel graphiert. Welcher Zeit⸗ aufwand für diee Umtelegraphierung erforderlich ist, ist hier nicht bekaunt; deutscherseits kann darauf vorläufig kein Einfluß ausgeüdt werden. 8

Theater und Musik.

Deutsches Theater.

Von Richard Beer⸗Hofmann hatte man seit der Auf⸗ fübrung seines Feafen von Charolais im Neuen Theater im Jahre 1904 nichts mehr gehört. Nun tiitt er mit einer neuen Bühnendichtung „Jaakobs Traum“ auf den Plan, die gestern im Deutschen Theater zum erstenmal in Szene ging. Das zwesaktige Werk ist als Vorspiel eines größeren biblischen Diamas, eines Menschheitsdramas, edacht, dessen Hauptmotiv in dieser legenden⸗ und oratorien⸗ aften Einleitung klar und voll anklingt. Es ist des Dichters Recht, daß er die Gestart des Erzvaters Jaakob des alten Testaments, den man wegen der Art, wie er seinem Bruder Cdom (oder Esau) um sein Erstgeburtsrecht und um den väterlichen Segen brachte, mit dem listereichen Odysseus Homers vergleichen möchte, im Gegensatz zu dem m teriali ischen Edom zu einem reimnen Gottsucher ummodelte, der auf Bethels Höhen träumend Zwiesprache mit Quellen, Bäumen und Steinen, mit den Erzengeln, dem Dämon des Leides und mit Gott selbst hält. Dieser ganz undramatische Abschnitt der Beer⸗Hofmann⸗ schen Dichtung, der ganz wie ein Oratorium anmutet, bei dem die Sprache zugleich Musik ist, ist ihr schönster Teil und wi kte bei der gestrigen Aufführung weit stärker als Rebekahs Streit mit den beiden

rauen Edoms in der Einleitungsszene und die spätere Auseinander⸗ ettzung zwischen Jaakob und Edom. Der letztere trachtet seinem Bruder, von dem er sich um den väterlichen Segen be⸗ wähnt, nach dem Leben, wird aber schließlich durch dessen Sanftmut und Frömmigkeit entwaffnet. Der Schwerpunkt der Dechtung liegt in der Darlegung der gött⸗ lichen Sendung Jaakobs als des Stammvaters eines Volkes, dem viel Segen aber auch viel Leid widerfahren soll. Damit ist der Uebergang zu einem Dramenzyklus geschaffen, der die Geschicke dieses Volkes und in haöherem Stane der gesamten Menschheit schildern und die spiritualistische Weltanschauung in schroffen Gegen⸗ satz zur materialistischen stellen will. Man darf gespannt sein, ob die Kraft Beer⸗Hofmanns dazu hinreichen wird, um die schöne Ver⸗ heißung, die in diesem Vorspiel liegt, dichterisch zu erfüllen. Die gestrige Aufführung stand unter Reinhardts persönlicher Spielleitung; diese Dichtung auf der Bühne lebendig werden zu lassen, war eine Auf⸗ gabe, die ihn reizen mußte, und er zeigte sich ihr vollauf gewachsen. Schon das einleitende Nachtbild vor Jaakobs Hause war von märchenhafter, morgenländischer Stimmung, und die Szenen auf der Höhe Betbels, über der sich die Unendlichkeit des Himmelsraums mit seinen Sternen zu wölben schien, entrückte den Zuschauer in jene allbeseelte Wunderwelt, in der Quellen Worte murmeln, Pflanzen und Steine im Säuseln des Windes reden und in der schließlich auch überirdische Wesen dem Auge sichtbar werden. Für die einzelnen Rollen waren die besten Sprecher der Reinhardt⸗ bühne aufgeboten. Fesesse⸗ jugendlich schlanke Gestalt und sebertscher Blick befähigten ihn besonders für die Verkörperung des Jaakob. Daß er der Ausdruckstiefe und der Sprechmelodie des Worts vollauf gerecht wurde, versteht sich bei diesem Künstler von selbst. „In prächtigem Gegensatz zu ihm stand Paul Hartmanns kraftvoll männ⸗ licher Edom. In den Frauenrollen der ersten Szene zeichneten sich die Damen Fein, Heims und Christians aus. Unter den Sprechern der himmlischen Heerscharen sind die Herren Deutsch, Lange, Schweickart, Brockmann mit besonderer Anerkennung zu nennen. Die Zuhörer spendeten dem Werk, den Darstellern und dem anwesenden Dichter lebhaften Beifall. 1

Im Opernhause geht morgen, Sonntag, „Palestrina“, mit den Damen Engell, Marherr, Branzell, Birkenström, Ger⸗ hart, Oberländer, Sax und den Herren Mann, Knüpfer,⸗ Armster, Schlusnus, Henke, vom Scheidt, Lieban, Bachmann, van de Sande, Habich, Bachmann, Sommer, Lücke, Reinfeld, Krasa und Stock besetzt, in Szene. Dirgent ist Dr. Fritz

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tsanzeiger. 1222

Stiedry. Anfang 5 Uhr. Am Montag wird Rigo⸗ lettov“, mit den Damen Birkenstryom, von Scheele⸗Möüller und den Herren Kirchner, Schlusnus, Habich, Krasa, Bachmann, van de Sande, Lücke besetzt gegeben. Die Gilda singt Fränlein Maria Ivogün vom Nationaltheater in München als Gast. Drrgent ist der Kapellmeister Otto Urack. Anfang 7 Uhr. 1 Im Schauspielbause werden morgen, Nachmittags 2 Uhr, als 13. Volksvorstellung zu ermäßigten Peisen „Die Räuber“ in bekannter Besetzung aufgeführt. Spiel⸗ leiter ist Dr. Reinhard Bruck. Abends gehen ebenfalls „Die Räuber“ mit Fräulein Neff und den Herren Becker, Clewing, Kraußneck, Werner, von Ledebur, Ehrle und Pohl in den auptrollen in Szene. Spielleiter ist Dr. Reinhard Bruck. nfang 6 ½ Uhr. Für Montag, den 10. November (Schillers Geburtstag), sind abermals „Die Räuber“ als 14. Volksvorstellung in bekannter Besetzung angesetzt. Anfang 6 ½ Uhr. Am Dienstag findet die Uraufführung der Komödie „Brandl“ von Dr. Cahen statt. In den Hauptrollen wirken die Damen Schön, Steinsieck und Sussin sowie die Herren Ehrle, Keppler, von Ledebur und Tiedtke mit. Spielleiter ist Albert Patry. 8 Im Schiller⸗Theater geht am Montag zur 160. Wieder⸗ kehr von Scheillers Geburtstag zum ersten Male „Die Versch vörung des Fiesco zu Genua“ in Seene. Im Deutschen Opernhause findet die Uraufführung der Oper „Magdalena“ von Fritz Koennecke, Dichtung von Hans Hein⸗ inzelmann, am Sonnabend, den 15. November, statt. Szendscher Leiter ist der Direktor Georg Hartmann, musikalischer ’eiter Rudolf Krasselt. Die Besetzung lautet: Magdalena: Emma Vilmar⸗Hansen, Pilatus: Julius vom Scheidt; Glauchus: Fritz Hölzer (erstes Auf⸗ treten); der Hohepriester: Adolph Schöpflin; Judas: Harry Steier.

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n der Spitze der Kapelle der Staatsover leitete Richard Strauß das I. Symphoniekonzertmit gewohntem Erfolge. Es stand, wie alljährlich, unter dem Zeichen des Drei⸗ gestirns Haydn⸗Mozart. Beethoven. Lieblich and milde ertönten Haydns leichte Melodien, leichtflüssig und heiter zog dann Mozarts herrliche Jupitersinfonte mit ihrer veween Fuge vorüber, und nicht minder packend wußte der Dirigent die ewig junge Musik der Pastoral⸗ ymphonie Beethovens zu gestalten. Das alles waren Genüsse er⸗ lesenter Art, wie sie in solcher Reinheit nur an dieser Stelle ge⸗ boten werden. Auch das erste Orchesterkonzert des Kapellmeisters Werner Wolff in der Philharmonie verlee trotz der Absage von Sigrid Hoffman Onegin überaus anregend. Für sie war der hervorragende Münchener Bassist Paul Bender hilfsbereit eingesprungen, der mit dem vollendeten Vort ag einiger Schubertscher und Wolfscher Lieder das Publikum beg isterte. Auch sonst hatte das Programm einige Aenderungen erfahren müssen, aber die Hauptnummer, Bruckners Symphonie Nr. 5 in B⸗Dur, blieb bestehen. Sie verlieh dem Konzert seinen ganz besonderen Wert. Dieses aus der Tiefe eines frommg äubigen Gemuͤts geborene Werk, dos nicht mit Unr’cht die „Kirchensympbonie“ genannt wird, baut sich in werksamer Steigerung auf und klingt nach einer großartigen Doppelfuge, deren Haupitbema ein Choral ist, in gewartigen Feter⸗ klängen aus, bei denen Bruckner mit eindringlichster Wirtung noch ein zweites Blasorchester verwendet. Die Aufführung der Symphonie war sowohl ein erneutes glänzendes Zeuanis für die Leistungsfähig⸗ keit des Philharmonischen Orchesters wie für die Fahig⸗ keiten des Dirigenten. Die „Neue Musikgesellschaft“

ab in der Philbarmonie ihr erstes, nur recht schwach besetztes konzert. Die künstlerische Leitung liegt in en Händen Hermann Scherchens, der durch gewissenhafte Aufführung bewies, daß er die Partituren fleißig studiert hat. Leider ist sein Dirigieren intolge der übe mäßigen Körperbewegungen nicht dazu angetan, den künst⸗ lerischen Ernst seiner Leistungen zu unterstreichen, sondern lentt im Gegenteil die Aufmerksamkeit davon ab. Möchten unsere jungen Dirigenten es sich doch gesagt sein lassen, raß ein so disziplinierter Tonkörper wie das Philharmonische Or⸗ chester doch wirklich nicht soscher dilettantischen An⸗ feuerung bedarf, um gut zu spielen. Männer wie Hans von Bülow, Nikisch, Richter, Richard Strauß, Weingartner, Muck usw. haben doch gewiß genugsam bewiesen, daß es auch ohne gymnastische Uebungen des Dirigenten geht. Herr Scherchen müßte diese A fängerfehler doch nun bald überwunden baben. Gerade aus Interesse für seine Entwickelung müssen diese Worte ihm einmal ernn gesagt wer en. Hans Pfitzners Ouverture zu dem Wahnachts⸗ märchen „Das Christ⸗Elflein“ ist wohl nur als ei e Gelegenheits⸗ arbeit zu bewerten, tieferes Interesse vermochte sie nicht zu er⸗ wecken. Max Regers Romantische Suite Op. 125 bewies von neuem, daß Reger kein gevorener Orchesterkomponist war. Anstatt die besondere Charakteristik der Instrumente seiner Tonsprach zu⸗ grunde zu legen, nimmt er eine laͤngsterprobte dicke Grundfarbe und weicht von ihr fast während des ganzen Werkes nur ganz unwesentlich ab Naturgemäß stellt sich bald eine Ermüdung des Ohres ein, so daß cte Aufnahmefähigkeit des Hörers bald nachläßt. Wie anders Anton Bruckner! Seine I. Symphonie in C⸗Moll ist gewiß noch kein Messterwerk, aber unyerkennbar meldet sich auf jeder

artiturseite der geborene Symphoniker, dessen zielbewußte Orchener⸗ ehandlung neben der Plastik seiner Themen seine Werke zu Offen⸗ barungen für die Nachwelt gemacht hat. Als ein Ereignis im Mufikleben Berlins darf der 1. Kammermusikabend des Busch⸗Quartetts (Adolf Busch, Emil Bohnke, Karl Reitz und Paul Grümmer) in der Singakademie bezeichnet werden. Da wirken einmal wieder vier Vollblutmusiker zusammen, die dem Hörer die Seele öffnen und das Herz weit machen. Dieser erste Abend war Beethoven, Mozart und Brahms gewidmet. Glückauf zu den anderen, die hoffentlich nicht nur klassische Musik, sondern auch wertvolle Werke der Neuzeit bringen werden. Moderne Kammermusik vermittelten im Klindworth⸗Schar⸗ wenkasaal Milli Rose (Gesang), Helene Dörner (Klavier) und Gustav Lenzewski jun. (Violin“), denen sich in einzelnen Werken noch Prof. Robert Kahn (Klavier), Armin Liebermann (Cello) und Karl Kämpf (Parmonium) bei⸗ gesellten. Frl. Rose ist eine Sängerin von Geschmack und me sika ischem Empfinden, sie wurde ihrer s wierigen Aufgabe, der Gattung „Lieder mit Kammermusikdegleitung“ neue Freunde zu werben, mit gutem Ge⸗ lingen gerecht. Sieben Lieder aus Heyses „Jungbrunnen“ mit Trio⸗ begleitung von Kahn befestigten die gute Meinung, die man schon früher von diesem schlicht, und innigempfundenen Werk gewonnen hatte. Arnold Mendelssohns „Wenn ich mit Menschen⸗ und mit Gcgelzungen redete’“ mit Begleitung von Violine, Harmonium und Klaviter ist nicht gleich so hgcämüic, besticht aber durch gewählte Tonsprache und feine Arbeit. Auch fünf Lieder nach Texten von Rabin⸗ dranath Tagore mit Triovegleitung von Weismann gaben sich als fesselnde Gefonge mit stark exotischem Einschlag. Helene Dörner und G. Lenzewski jun. holten sich einen Sondererfolg mit Paul Juous Violtnsonale in A⸗Dur, ei em vornehmen Werk von klassischer Form⸗ gebung Die iedergabe war gut ausgearbeitet und stellte dem Können der beiden Kunstler ein schönes Zeugnis aus. Lotte Grahl veranstaltete unter Mitwirkung des Konzertmeisters Nicolas Lambinon in demselben Saal einen rmusikabend mit