soweit er sich auf die Zölle und Verbrauchssteuern erstreckt, könnte nach der Auffassung des Herrn Vorredners in gar keinem Widerspruch mit der Reichsverfassung stehen. Dann geht der Herr Vorredner dazu über, daß er Artikel 84 für sich allein betrachtet und sagt: in diesem Artikel ist niedergelegt, daß das Reich Gesetze erlassen müsse über die Einrichtung der Abgaben der Verwaltung der Länder, über die Befugnisse der Beaufsichtigung, über die Abrechnung in den Ländern und über die Verwaltungskosten. Der Herr Vorredner hätte Recht, wenn nur Artikel 84 in der Verfassung stehen würde. Dann würde zweifellos die Reichsabgabenordnung eine Abänderung der Reichsverfassung darstellen. Aber der Vorredner hat Art. 14 nicht richtig gewertet. Art. 14 sagt klar und ohne jede Einschränkung, daß die Reichsgesetze nicht durch die Landesbehörden ausgeübt werden düͤrfen, soweit die Reichs⸗ gesetze etwas anderes bestimmen. Die Reichsabgabenordnung bestimmt nun aber, daß die Reichssteuergesetze künftig durch die Reichsbehörden ausgeführt werden müssen. So ist die Reichsabgabenordnung gar nichts anderes als die konsequente Ausführung des Art. 14. Nun kommt der Herr Vorredner und fragt: was hat denn der Arl. 84 überhaupt für eine Bedeutung, dann hätte man ihn nicht mehr in die Verfassung aufzunehmen brauchen! Der Art. 84 hat eine große Bedeutung. Wenn die Reichsabgabenordnung nicht in dieser Form oder überhaupt nicht vorgelegt worden wäre, dann wäre die Reichsregierung verpflichtet gewesen, Ihnen Gesetze vorzulegen über die Einrichtung der Abgabenverwaltung der Länder, über die Befugnisse der Beauffichti⸗ gung, über die Abrechnung in den Ländern und über die Verwaltungs⸗ kosten. Der Artikel 84 schafft also zwingendes Recht nach der Richtung hin, daß er die Reichsregierung verpflichtet, Gesetzentwürfe vorzulegen, wenn sie nicht den Weg geht, daß sie die Reichssteuer⸗ verwaltung durchführt. Soweit aber die Reichsregierung diesen Weg gegangen ist, ist für Artikel 84 kein Raum mehr. Er sollte also nur eine Lücke ausfüllen, für den Fall, daß keine reichseigene Steuerverwaltung beschlossen würde. In dem Moment aber, wo eine reichseigene Steuerverwaltung beschlossen worden ist, bvie in Weimar, war allerdings der Inhalt des Art. 84 nunmehr so, daß er nur auf dem Papier steht. Art. 84 ist also keinerlei Hinder⸗ nis für die Durchführung der reichseigenen Steuerverwaltung, und die reichseigene Steuerverwaltung steht nicht in Widerspruch zur Reichsverfassung. Die Reichsverfassung ist nicht verletzt, wie der Herr Vorredner sagt, sondern die Reichsverfassung wird durch die Reichs⸗ bgabenordnung nur sinngemäß ausgeführt. Darum ist es auch ganz überflüssig — die Darlegungen fallen in sich zusammen —, zu be⸗ haupten, daß diese Reichsabgabenverordnung ein verfassungänderndes Ge⸗ setz sei und darum der qualifizierten Mehrheit, um mich kurz aus-u⸗ drücken, nach den Bestimmungen des Art. 76 der Reichsverfassung interliege. Nein, das Gesetz kann mit einfacher Mehrheit in r Nationalversammlung und im Reichsrat verabschiedet werden. Von diesen Darlegungen ist gar nichts abzustreiten; sie sind so klar, logisch und zwingend, daß man sich ihnen gar nicht entziehen kann. Ich glaube auch, weitere Ausführungen auf diesem Gebiete nicht machen zu müssen. Ich sage noch einmal: wenn die Rechtsauffassung des Herrn Vorredners richtig wäre, dann hätte sich bereits die Nationalversammlung der Verfassungsverletzung schuldig gemacht. indem sie das Gesetz über die Reichsfinanzverwaltung vom 10. Sep⸗ tember 1919 verabschiedet und angenommen hat. Das ist aber nicht zutreffend; die Bahn ist volkommen frei für die Verabschiedung des Gesetzes.
Nun hat der Herr Vorredner weiter erklärt, das Gesetz hätte lebhaften Widerspruch im Reichsrat gefunden, und es ist nur dadurch eine Verständigung zustande gekommen, daß den eeinzelstaat⸗ lichen Finanzministern versprochen worden sei, sie sollten Präsidenten der Landesfinanzämter werden. Meine Herren, der Herr Vorredner ist sehr schlecht informiert, wenn er diese Behauptung hier von der Tribüne des Reichstags behauptet. Die Gesetzesvorlage hat wohl zunächst — das ist ganz selbstverständlich — Schwierig⸗ keiten und Widerspruch im Reichsrat gefunden; aber die eingehenden Darlegungen, die seitens des Reichsfinanzministeriums im Reichsrat gemacht worden sind, haben die übergroße Mehrheit des Reichsrats dazu gebracht, die Bedenken fallen zu lassen. Es ist vollkommen falsch, daß dort irgendwie ein Akt politischen Kuhhandels mit den einzelstaatlichen Finanzministern gemacht worden ist, indem man ihnen sagte: gebt ihr nach, dann werdet ihr dafür auch Prüsi⸗ denten der Landesfinanzämter! Meine Herren, solche Ver⸗ handlungen haben gar nicht stattgefunden. Aber ich kann Beweise dafür erbringen, daß sie auch gar nicht stattgefunden haben könnnen. Das ist schon sehr viel, wenn man so etwas beweisen kann; ich bin aber hier dazu in der Lage. (Zuruf.) — Gewiß, es ist sehr viel, wenn man so etwas beweisen kann; ich kann es aber in diesem Falle tatsächlich tun. Gerade der Herr Vorredner hat selbst die Güte gehadt, Fnufühgen⸗ daß die Finanzminister von Bayern und Baden mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Landes⸗ finanzamtes beauftragt sind. Das ist ganz zutreffend. Nun hat sowohl der bayrische wie der badische Finanzminister gegen die Reichsabgabenordnung gestimmt. (Lebhafte Rufe im Zentrum: Hört! hört! — Furuf rechts: Das beweist nichts!) — Das beweist ganz klipp und klar, daß solche Verhandlungen, von denen der Herr Vor⸗ redner gesprochen hat, nicht haben stattfinden können; denn die Herren sind mit der Wahrnehmung der Geschäfte der Landesfinanzämter betraut worden, nachdem die Reichsabgabenordnung im Reichsrat verabschiedet worden ist, und nachdem sie ihre Stimmen dagegen ab⸗ gegeben hatten. Baden hat sich allerdings, glaube ich, der Stimme enthalten, aber Sachsen und Bayern waren dagegen. Das beweist, daß solche Vereinbarungen gar nicht stattgefunden haben, gar nicht haben stattfinden können! Ich habe von Anfang an erklärt bei allen Beratungen, die gepflogen worden sind, die Umwandlung der Landes⸗ steuerverwaltung in die Reichssteuerverwaltung ist ein solches riesiges Werk, namentlich angesichts des Umstandes, daß in Norddeutschland in einer Reihe von Ländern keine besondere Steuerverwaltung vor⸗ handen ist und daß sie da, wo sie vorhanden ist, vielfach mangelhaft ausgebaut ist daß dieses Riesenwerk in der kurzen Zeit, die das Reich zur Verfügung hat, gar nicht durchgeführt werden kann, und daß da Übergangsbestimmungen geschaffen werden müssen. Ich habe von Anfang an erklärt, daß die Ueberführung — ich erinnere mich des Ausdrucks noch — mit milder Hand und in milder Weise vor sich gehen muß. Es liegt mir vollkommen fern, zu verlangen, daß an den Steuerverwaltungen in den einzelnen Ländern Deutsch⸗ lands, wo sie sich bewährt haben, etwas geändert werden müsse. Es war von vornherein meine Absicht und mein Wille, ohne Beein⸗
flussung von irgendeiner Seite, und ohne irgendeinen Wunsch eines v““ C“ u“
einzelstaatlichen Finanzministers überhaupt zu empfangen — kein einziger hat einen Wunsch geäußert —, die Ueberführung leicht an⸗ nehmbar zu gestalten, indem ich von meiner Seite aus die Finanz⸗ minister ersuchte, die Geschäfte des Präsidenten des Landesfinanzamts noch neben dem Finanzministerium weiter zu führen. Das war ein Ersuchen des Reichssinanzwinisters, und in keiner Weise ist ein Wunsch der einzelstaatlichen Finanminister aus eigenem an mich herangetreten. Es ist mir angenehm, daß ich der von dem Herrn Vorredner verbreiteten Behauptung die Wahrheit . gegenstellen kann, und ich hoffe, daß damit diese Behauptung nich mehr auftreten wird. Meine Herren, was hätte ich wohl für e würfe von rechts bekommen, wenn ich nicht so rorgegangen wäre? Dann hätte man gesagt: er duldet nicht mehr, was geschichtlich ge⸗ worden ist, sondern es soll alles sofort nach der neuen Methode der Reichsabgabenordnung schablonisiert werden; selbst in die gute Orga⸗ nisation der Steuerordnung in Süddeutschland greift er mit brutaler Hand ein und läßt nicht das historisch Gewordene bestehen. So würden die Angriffe gelautet haben, wenn ich nicht so vorgegangen wäce. Wo etwas Gutes ist, soll es behalten und pfleglich behandelt werden. Das war der Leitsfatz für die Reichsfinanzverwaltung.
Nun hat der Herr Vorredner eine zweite Frage gestellt, die darauf hinausgeht, wie es mit dem Gehalt der Präsidenten der Landessinanzämter sei, welche gleichzeitig das Amt eines Finanz⸗ ministers in den Einzelstaaten verwalten. Auch hier ist ihm ein Irrtum unterlaufen. Der Finanzminister von Braunschweig ist nicht mehr Finanzminister. Der frühere Finanzminister von Braunschweig — ich kenne ihn gar nicht persönlich — ist allerdings zum Präsidenten des Landesfinanzamts Hannover ernannt worden, er ist aber nicht mehr Finanzminister in Braunschweig, sondern in den Reichsdienst übergetreten. Die Finanzminster von Oldenburg, Hessen, Bayern, Baden, Württemberg sind beauftragt worden mit der Wahrnehmung der Geschäfte der Präsidenten eines Landesfinanzamts, ausdrücklich für die Uebergangszeit, ausdrücklich für ihre Person. Die Uebergangszeit läuft am 1. April 1922 ab. Nach dieser Uebergangs⸗ zeit muß eine klare Scheidung vor sich gehen. Ich sehe die Ueber⸗ gangszeit als ausreichend an. Gehälter bekommen die Herren nicht doppelt. Eine endgültige Regelung ist noch nicht getroffen. Entweder wird die Sache so geregelt, daß die betreffenden Herren ihr Gehalt als Minister der einzelnen Länder weiter beziehen, während das, was ihnen vom Reich zufließt, in die betreffende Landeskasse abgeführt wird, oder aber — da die Gehaltsverhältnisse der einzelstaatlichen Finanzminister sehr verschieden sind; — ich kann keine einheitliche Regelung treffen, in Bayern ist es anders geregelt als in Hessen oder in Oldenburg — oder aber die Sache wird so geregelt, daß die Herren ihr Gehalt aus einzelstaatlichen Kassen beziehen und vom Reich die von dem Herrn Vorredner erwähnte Zulage von ungefähr 3000 ℳ im Durchschnitt erhalten werden. Das ist eine Abmachung, die von Fall zu Fall ge⸗ troffen wird, wie immer dann, wenn ein Beamter mit der W Zahr⸗ nehmung der Geschäfte einer anderen Stelle beauftragt wird. Aus⸗ geschlossen ist unter allen Umständen, daß ein doppeltes Gehalt aus der Reichskasse und aus der Landeskasse gezahlt wird. Das habe ich auch bei einer privaten Anfrage bei der Verabschiedung des Etats den Herrn Vorredner wissen lassen.
Damit glaube ich, die Anfrage des Herrn Vorredners beantwortet zu haben und seine Bedenken wohl zerstreut zu haben, soweit sie auf verfassungsrechtlichem Gebiete liegen.
Wenn der Herr Vorredner noch sagt, durch die Abgabenordnung würde die Selbständigkeit der Länder in den finanziellen Einnahmen vermindert, so ist das ein Irrtum. Die Abgabenordnung greift materiell auf dem Gebiete der Steuergesetzgebung auf die Länder überhaupt nicht über. Das tut erst ein zweites Gesetz, das in diesen Tagen im Reichsrat beraten wird und von dem ich nach den Be⸗ sprechungen, die bisher stattgefunden haben, annehmen darf, daß es schon in den ersten Tagen der nächsten Woche dem hohen Hause zu⸗ gehen wird. Ich glaube, daß es auch hier möglich sein wird, wenn nicht ein einstimmiges Votum des Reichsrats, so doch eine ganz über⸗ wiegende Mehrheit im Reichsrat zustande zu bringen. Ich will keine Bitte an den Herrn Vorredner aussprechen; aber das eine glaube ich, sagen zu dürfen. Das eine können Sie, wenn Sie wollen — nicht persönlich, aber ihre Partei — in Anspruch nehmen: an dem, was Gutes in der Nescheana nerwattüns geleistet worden ist, hat die Deutschnationale Volkspartei sehr wenig Anteil. (Bravo im Zentrum.)
Abg. Kempkes (D. Mp.): Ich bin nicht ganz sicher, ob die staatsrechtlichen Ausf ührungen des Mint sters überall Billigung finden werden, Nachdem einmal die Mehrheit der Nationalversammlung durch ihre Abstimmung bekundet hat, daß eine Verfassungsänderung nicht vorliege, erübrigt sich ein weitetes Eingehen auf diesen Punkt.
Die Bereit willigkeit der Länder, die gesetzliche Regelung mitzumachen, hat gber nichts zu⸗ tun mit den Erwägungen, von denen der Abgeordnete Düringer aus sgi ng. Es steht doch fest, daß wenigstens ein Teil der Finanzmi inister 2 Präsiden der Finanzämter ernanmt worden ist, Und daß zwischen diese r Ernennung und der Beendigung des W Viderstandes gegen das Ge setz im Reichsrat ein zeitlicher H isammend. rang besteht. (Zuruf links: Politik der Verdächtigung!) Das ist keine tik der Verdächtigung, d enn dieser zeitliche Zusammenhang läßt doch auf einen gewissen Beeerenbe der Tatsachen schließen. Gewiß ist es, daß die Reichsabgabenordnung eine ganz zweckmäßige Zusammenstellung von Bestimmungen enthält, d ie fr tüͤher in verschiedenen Steuergesetzen ßerstreut waren. Dadurch wird eine klarere Uebersicht erreicht, und das ist besonders wichtig für die Handhabung der Starftecht⸗ bestimmungen. Immerhin ist der Stoff noch derart verwickelt, daß man in weit gehend Fer Weise den stesrrehh Irrtum ber rüessichtigen n muß. Meine Freunde würden daher ent sprechenden Anträgen gern zustimmen und behalten sich auch vor, noch selbst solche zu stellen. Der Gesichtspunkt, daß der Irrt tum straffrei macht, ist ja auch in anderen Gesetzen enthalten, um so mehr muß er in solchen enthalten fein, in denen gerade dem einfachen Mann der Irrtum naheliegt. Gewiß macht die Finanznot dos Reiches außergewöhnliche Maßn ahmen not⸗ wendig, ber es gibt doch auch andere Inte ressen, die des Schutzes bedürfen. Insbesondere bedenklich sind mir die Bestimmungen des § 5. Hierin wird der Typ. einer Rechtsform geschaffen, der leicht zu einer Versteinerung des Rechts führen kann. bö behalten uns Abänderungsanträge vor. Bedenken sind auch gegen die Bestimmung zu erheben, daß der Erbe zur Arzeige unrichtiger RScher⸗ rklärungen des Exblassers werpflichtet sei. Ferner ist die Vorschvift nicht un⸗ bedenklich, daß der gemeine Wert stets nach den gewöhnlichen Preisen
+ Diese Bedenken werden noch eingehender
82 2 8
bestimmt werden soll.
Prüfung bedürfen. Im übrigen. ist es sehr weifelhaft, ob das Ziel einie die Schieber
der Reichsebgabenordnung, dem sie süistrebt. in erster L zu erfassen. 8 die sich e. Steuerleistung entziehen wollen, erreicht werden wird.
Abg. Katzenstein (Sos): Die Verfassungsmäßigkeit der Reichsabzehenorknumg ist schon im Sommer erörtert worden, die Ver⸗ fassung enthält nichts, was die Reichsabgabenordnung hindern könnte. Wur c7 ha. üßen es, daß, ganz im Sinne der Verfassung, mit diesem Gesetz der T eg zur vemeBeinbeit geehnet wird. Mit dem Paragraphen
A. Länder an der Reichseinkommen teuer haben wir 1
lediglich dem Drängen der preußischen Regieruung ein Zugeständnis gemacht, um die Reichsabgabenoronung nicht an dem Widerspruch Preußens scheitern zu lassen. Ob die Deuts chnational. n auch nur dem San dieser Vorlage zustimmen, auf diese Frage hat uns der Abg. inger keine Antwort gegeben. Der § 5 zur Verhinderung der Stu. rumgehungen durch Anwendung ungewöhrllicher Rechtsformen zum Zweck der Steuerersp arung ist eines der ggertp vollsten Bestimmungen besonders im Hindli c zuf die Erfahrungen mit dem Schiebertum. Ser § 5 genügt auch, um Mi brauch zu verhüͤten. Es ist . vorgekomm daß ein Haus Hesitzer, um die Grundwechsel abgaben zu ersparen, mnicht sein Haus verkauft hat, sondern eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gebilde t hat, deren Anteile er ganz allein bes aß und nun diese Anteile verkaufte, oder daß er sein Haus zu einem hohen Mietspreise ver⸗ mietete uUnd nur zu einem ganz minimalen Verkauf preise ein Anteil verkaufte. Solche Vorgäng⸗ werden also für die Besteuerung ohne Bedeutung sein. Auch die Bedenken gegen die Anzei gepflicht der säeben und die 2 skunftspfaicht der Banken sind nicht durchschlagend. Die Pieta muß den Inte eressen der Allgemeink heit weichen, und der Erblasser onnte durch eine richtige Steuererklärung den. Erben die Folgen er⸗ Fparen. Die Auskunftspflicht der Banken ist eine undedingte Notwen⸗ digkeit, denn die Banken haben ve elfach bei der Vexschiebung von Kapitalien ins Ausland eine sehr bedenkliche Rolle gespielt. ( Beifall bei den Sozialdemok gaten.) Abg. Dr. Lude wig (Dem.): Wir teilen in keiner Weise die Bedenken des Abg. Dr. Türinger. Die Formulierung des § 5 ist nicht leicht zu verstehen. Die vorgesche agene Klausel soll eine Umgehung der Ste euerpfli icht verhindern. Auch wir haben uns im Ausschusse grund⸗ sätn ch auf den Standpunkt g stellt, daß dieses Gesetz so ausgestaltet 1 een muß, daß den Steuerdrückebergern das Handwerk gelegt wird. W 85 sind der Mei nung, daß es unter allen nn nständen Aufgabe der Ges⸗ setzae ebung sein muß, das Gesetz so zu fossen, daß nicht eine n⸗ icherbe Lit in das Rechts⸗ und Wirtschaftsleb en hinein getragen wir Der Au⸗ sschuß hat es nicht unterlassen, Autori täten der Seeöe zu hören. Diese haben sich für Streichung des § 5 ausgesprochen, die sie für unerläßlich halten. O5 faktisch die drei Tatbestände des § 5 vor⸗ liegen, wird außerordentlich schwer festzus stellen sein; Drückebergern wird es oft gelingen na Fecgxae en, daß mindestens einer dieser Tat⸗ bestände fehlt. Was hei ßt überhaupt eine unangemesse ne Rec btsgestal⸗ tung und was ist ein ungewöhnliches Rechtsgeschäfts Man kann nicht Rechts⸗ und Wirtsch ofts formen sozusagen in ein Prokrustesbett ein spannen, daß man sagen darf, diese oder jene Form sei nicht angängig. So richtig der Grundsatz in Artigel 134 der Reichsverfassung ist, wo⸗ nach alle Staatsbürger zu allen Lasten nach Maßgabe ihrer Verhäl: nisse beizutragen haben, so kann man daraus doch unmöglich eine Berech⸗ tigung für § 5 folg bch. Die Verwirrung, die Rechtsunsicherheit, die bei Anna me des 8 n den ö hineingetra igen wird, ist so groß daß § 5 ein un. rhraal ich ist. Ich bitte Sie, § 5 zu streichen. Die Frage, die das Hohe Haus 8. entscheiden ha äben wird, ist keine poli⸗ tische; im Ziele sind wir alle einig, daß der Steuerfiskus und dadurch die Allgemeinbei nicht geschädigt werde. (Beifal.) — Abg. Dr. Wirth (Zentr.): Der Abg. Düringer meinte, durch die Personalunion zwischen Fardesfinean er und dem Präsidenten des Landesfinanzamts entstehe ein Nachteil, für die Cinzelstaaten. Eine Personalunion ist und bedingt für Süddeutschland notwendig. Auf diese Weise können die Interessen des Landes 3. B. in der kom⸗ menden Frage der 8 eichsbesoldungsordung usw., viel be esser gewahrt werden. Durch diese Tatsache ergibt sich schon die Nützli chkeit der Personalunion. Schon wäbrend des Krieges hat sich die Unzuläng⸗ lichkeit des Reichsfinanzministeriums ergeben. Verschiedene ehemalige Minister Hae eine durchaus dankenswerte Verwendung im Reichs⸗ finanzministerium und bei den Landesfinanzämtern gefunden. Jetzt drängt sich niemand zu einem solchen Posten, und Leute sind gerade in der jetzigen. Zeit gut genug zu einem solchen Posten. Unzweife lhaft ist doch durch die Vor einheitlichung des Reichssteuergesetzes ein großer Erfolg durch den Reichsfinan minister erzielt worden. Eine solche ist auch absolut not⸗ wendig im Intevesse des Wiederaufbaues des Deutschen Reiches. W d würden ohne eine Pereinheitlichung des Reichssteuerrechts niema aus der jetzigen Misere herauskommen können. Von dem Gerechtig keitsgefühl des Abg. Düringer hätte ich eigentlich mehr Da nkbarkeit gegenüber den Taten des d Lichsfinanzministers erwartet. Es berührt doch eigentümlich, daß gerade von der deutschnationglen Gruppe die Selbständigkeit der Bundesstgaten so sehr verteidiot wird. Sie (nach rechts) sind doch stets die Träger des unitaristischen Gedankens ge⸗ wesen. In Weimar hat der Reichks gfinanzmi Uüüste; Erzberger in jeder Hinsicht mit sich reden lassen in der Frage der Personalunion. 8 Ich mäöchte das ausdrücklich hewvorheben, um einer falschen Logendenbildt ung vorzubeugen. Die zuständige Kommission ist durchaus der Auffassung gewesen, daß eine “ absolut auf verfassungsm äßigem Boden steht. Ich meine, Kampf
gegen Herrn Frzberger hätte besser bei dieser Debatte öe können. (Sehr richtig!, im Zentrum.) In den letzten Wochen und Monaten ist ganz Erhcblickes vom Re ichsfinanzminister geleistet worden. Das müffe auch de. den Herren. auf der re erden. Die Seuer politik dos Reichssinanzmim isters Iijegt elhes ig und allein im Interesse des Reiche und damit des gesamten Vaterlandes. wünschen dem Reichsfinanzminister dauernd e Gesundheit und die nötige Energie, um den Wäderstand zu füberwinden zum Nutzen unseres Vaterlandes. eifal hentrun 88 H vbö (D. Nat.): Es hat der freundlicken Einwirkung des jetzigen Reichsfinanzministers ni⸗ icht bedurft, um die De eutschn tional len auf die Seite der Oppesition zu tre üben: aber er kann sich als persönliches Verdienst anrechnen, durch seine persönliche verhänanzsvo le Tätigkeit das Seinig 6 dezu bei getragen zu haben, diese Opposition zu verschärfen. „STes A usführungen des Verredners be⸗ weisen nur, daß die Ang griffe des bzeotdreten 89, nger gesessen haben. E⸗ ichen bei ent Ob das Gesetz ein verfassungänd erndes ist, ist in erster L. n8 eher Mehrheiter arteien, die selbst wissen müssen, ob 8 Fese 85 e ganze Zukunft so bedeutsame ih richtung des Reichsfinanzwesens auf eine 8 schwacke und sck wante Grundlage stellen wollen. d 8 nc nmal einer quglifizier 8 Mehrheit bedarf. Die Vebetn der . 8. cegen § 5 teilen wir urd werden für die Streichung semmen. . ist Uharakteristisch, daß eine authentische Intelpetation durch eerm⸗ und Purteien notwendig wurde, um den Onkel ab zutun, der zum Zwecke der Steuer⸗ ersparnis seine Nichte heiratet, es ist das ein Vorgschmack dessen, was dem Geschäftslebem blühen wird, wenn § 5 in dieser Form ange⸗ nommen wird. Wir fürchten devon die Unterbindung der geschäft⸗ lichen Gestaltungsmöglichkeit in der Richtung des Forische 2 eitens n Entwicklung des Wirtschafts lüens mir schweben g ohnehin in Gefahr, daoß die Auffassung sich durchsetzt, daß das Wirt schaftsl leben nur der Steuern wegen da sei. Es ist Plicht und Schuldigke it des Kaufmanns und des Geschäftsmannes, daxrauf Bedacht zu nehmen, die Geschäfte mit den ger nastmöglicken Unkesten. auch an Steuern, abzu⸗ schließen, und dem dürfsn Sie keinen Makel anbäncen. Wenn L geschicht, wenn man diese zum reichen wir! schaftlichen Hande notwendigen Me disqug Kifigiert, unter Tausende vo n Damnokles⸗ schwert ern stellt, dann wird man damit nur den Erfolg erreichen, daß das Sckiebertum im geschäftlichen Leben immer mehr in den Vonden⸗ grund tritt und die däge. strebsam⸗ 8 nege- eme junge Ge sECaft⸗ welt sich in diese licht hi⸗ röngen lassen, sondern eventue ins Ausland gehen wir, und das ö Lir em deutschen Vels⸗ nicht wünschen. (Zustimmung recbts.) 8 5 in seiner jetzigen Form ü6 led lich eine Quelle 5 Unklarheit. Wer soll in Zukunft sacetn, o. die Kriterien des Gesetzes erfüllt sein werden? Das kann nur die Steuer⸗ beh härde selb st. und de⸗ 1 Geschäftsmanne wird chliegen, bei jedem Ge⸗ sch äft die Steuerbehörde vorher zu fragen, ob er es machen kann. Daynn jst aber ein Geschäftslet en nicht mehr möglich. Und wie Sen die Behörden auch ihrerscits erklären, die Verantwortung ni cht ük 52% nehmen zu können? Und wie, wenn die Zentralbehörde anders dentl als das Landesfinanzamt? Ich frill nicht die Frage aufwerfen. „ 18. etwa ein System liegen könnte, dem selbständ gen Geschäfts⸗ mann das Leben ümahlich iüenmöglich zu machen, es ihm zu 88 ekeln und damit die Bahn freizumacken für eine sori Falistifscke v wicklung. Wer das ni nct will, muß einerseits das Schiebertum, ir
ss
6 9 8 8 8 iw
I es nur zu fassen ist, bekämpfen, aber er muß auch Verhältnisse g.
Volkes ent pricht, und das geht dahin,
Mitttel, das auf dem Gebiet der flucht vorgeschlagen wird, hat immer Bedenken.
blatt’“
soviel ich weiß,
vo der ehrenhafte Kaufmann sich frei bewe gen kann. Des fügen wir in unserem Eventualantra I 5 ein weit — Kriterium hinzu; es sollen Gescha äfte nicht deshalb nichtig gelten, weil h in einer ungewöhnlichen Form ab ögeschlossen sind, wenn 92 Wahl der un⸗ ge vvehn schen Geschäftsform als solche na ach. de r Auffassung des ge⸗ Ss önlichen Verkehrs nicht gegen die guten Sitten “ § 5 soll
en wirksamen Kampf gegen das Schiebertum, Parasitentum ehi lichen, acber man darf en dem Ungesiefer 82 auch den Leib sEhädigen und töten, an dem es sitzt. Der jetzt bei uns herrschende Wirtschaftszustand ist durch die Kriegsges etze Zeschaffen worden; sie bilden die Gelatineplatte, auf der sich das Schiebertum entwickelt hat und zu einem wahren Weichs elzopf ausgewachsen ist, den man gründlich abschneiden muß. Häͤtte die deutsche veüserwirtschef nicht fortgesetzt die Bestimmungen über die Peerderat on übertreten, wäre schon längst keine Bedenbestellung mehr möglich gewesen; heute müssen wir der Landwirtschaft für diese fortgesetzten Uebertretungen dankbar sein. Schaff en Sie also kei then neuen gesetzgeberischen Weichsel⸗ zopf! (Beifall gg. 8
Abg. Dr. 0 ohn (U. Soz.): Die Vorlage ist ein wichtiger Schritt in der Richsüm. um Einheitsstaat. D der Reichsfinanzminister sollte nun auch die nächstliegende Folgerung aus diesem Gedanken ziehen und einen Druck zur entsprechenden weiteren Vereinheitlichung der Verwaltung auf die Länder gusüben. Gegenüber der Ferdee nach Spars samkeit erscheint die Fülle der behördlichen Einricht ungen in den Ländern nahezu als vorgeschichtliche Verschwendung. Es sind umgäͤhlige überflüssige Be chörden in den Ländern vorhanden, die ver schwinden müßten. Man kann mit einer sehr guten Abgabeordnung
eine sehr schlechte Steuergesetzgebung machen und umgekehrt. Ich
kann das Lob, das ich der Abg abenord nung sspenden will, auf den sach⸗ lichen Inh alt de r S Steuergesetzgeb ung nicht ausdehnen. Wir kommen nicht darum herum, unsere ganze Oekonomie auf andere Grundlagen zu stellen; wir müssen eine planmäßige soziglistische Wirtschaft be⸗ gründen. Unsere Stellungnahme zu den Einz elheiten der Vorl age behalten wir uns vor.
Reichsminister der Finanzen Erzberger: Meine Damen und Herren! Auf die Bemerkungen des Herrn Abgeordneten Hugenberg, die er wegen der Gestaltung der dhahes und über meine politische Tätigkeit gemacht hat, will ich nicht weiter eingehen. Er hat an⸗ gekündint, daß man sich im Laufe 8. nächsten Zeit darüber eingehend
unterhalten könnte. Ich stehe ihm zur Verfügung.
Deerr Herr Abgeordnete Wirth hat hier von mir Aufschluß erbeten, in welcher Weise die Reichsfinanzen sich in letzter Zeit entwickelt hätten. Ich nehme teilweise Bezug auf meine Rede, die ich bei Verabschiedung des Etats gehalten habe. Was ich damals gesagt habe, kann ich jetzt nur unterstreichen und verbreitern. Die Einnahmen des Reiches haben sich in günstiger Weise entwickelt, weit günstiger als wir bei Verabschiedung des Etats ge⸗ dacht haben. Während die Steuererträgnisse damals mit 4200 Mil⸗ lionen eingesetzt waren, haben die ersten fünf Monate bereits cin Erträgnis von 2500 Millionen erbracht. Wenn die Entwicklung in der gleichen Weise weitergeht, wie in den ersten fünf Monaten, von denen gerade die Monate April und Mai noch ungemein kritische Monate gewesen sind, dürfen wir mit einer erheblichen Mehr⸗ einnahme aus Steuern und Zöllen rechnen, die mit mindestens einer Milliarde Mehrertrag gegenüber dem Etatsvorschlage beziffert werden darf.
Wenn ich auf die einzelnen Steuern eingehe, so zeigt sich diese Aufwärtsbewegung von Monat zu Monat. In dem letzten Jahre haben wir aus Zöllen insgesamt 120 Millionen Mark eingenommen. Bis jetzt, in den Monaten April bis Ende September, haben wir bereits die Summe von 213 Millionen zu verzeichnen — — ( Zuruf: Papie r. 1) Gewiß, Papier. Aber die 120 Millionen Mark im vori gen Jah waren leider auch nur Papier und kein Gold! — Die Urnaöbmen sind im Monat September besonders in die Höhe gegangen. Wir haben eine Isteinnahme von 68 Millionen Mark an Zöllen im September zu verzeichnen. Das, was der Herr Abgeordnete Wirth bereits angedeutet hat, daß in den letzten Monaten sich die Reichs⸗ finanzen in günstiger Weise entwickelt hätten, ist eine Tatsache, die die ich nur mit Genugtuung unterstreichen kann.
Nun ist besonders über den § 5 gestritten worden. Eine Reihe von Herren haben den Paragraphen bekämpft, und es ist auch ein Antrag auf Abänderung des § 5 gestellt worden. Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie auf das dringendste ersuchen, § 5 in der Vorlage der Regierung beziehungsweise in der Beschlußfassung der Kommission zustimmen zu wollen. Es lie egt mir vollkommen fern, die Bedenken, die gegen diesen Paragraphen erhoben werden, als un⸗ begründet oder nichtig und tlein ansehen zu wollen. Diese Bedenken kann man haben und muß man haben. Aber, meine Damen und Herren, es steht noch ein zweites daneben, das nicht nur mit der Reichsfinanz⸗ verwaltung zusammenhängt, sondern einem politischen Wunsche unseres dß gegenüber der Steuer⸗ teuerflucht mit allen erdenklichen Mitteln vor⸗ Hier schlagen wir ein solches Mittel vor. Jedes Steuerverschiebung und der Steuer⸗ Es gibt kein Mittel, Man hat nur zu überlegen und sich zu
schieberei und der S gegangen wird.
das nicht Nachteile hat.
fragen: sind die Nachteile größer oder überwiegen die Vorteile. Das,
wat der Herr Abg. Hugenberg als Nachteile hier Sehone, hat, sind ganz gewaltige Uebertreibungen. Wenn man die Sache so darstellt,
als wenn nach Annahme des § 5 ein geordnetes und oee Wirt⸗
schaftsleben überhaupt nicht mehr möglich wäre, so ist das pure Phantasie. Aus dem § 5 kann man eine solche allgemeine Schluß⸗ folgerung in keiner Weise ableiten. (Sehr richtig!)
Auf der andern Seite zeigt sich, daß es absolut notwendig ist, doß eine solche Bestimmung, von der der Referent mit Recht gesagt
hat, daß sie ein Notbehelf ist — sie macht auch uns keine Freude —,
raß ein solcher Notbehelf unbedingt geschaffen werden muß. Darüber kann, nach meinem Dafürhalten, kein Zweifel bestehen.
Nun hat der Herr Abgeordnete Ludewig allerdings geglaubt, es sei kein Bedürfnis dafür vorhanden, eine solche Bestimmung zu er⸗ lassen, denn die heutige Rechtsprechung und Entwicklung würde von selbst dahin gehen, daß diese Bestimmung überflüssig würde. Da ist der Hrr Abgeordnete Ludewig aber doch im Irrtum. Gerade das ist die Veranlassung für die Reichsfinanzverwaltung gewesen, d daß die Rechtsprechung nicht in dem Sinne geht, in dem er sie g führt haben will, sondern, daß die Rechtsvrechung gerade “ bis in die tzten Jahre hinein gegangen ist.
Ich möchte nun aus Entscheidungen des Sberherwagltugt ggerichts
Beispiele anführen. — Sie finden eines im „Deutschen Verwaltungs⸗ in einem Aufsatz des Herrn Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. Boethke, der den Herreu im Ausschuß ja bekannt ist und sich, auch gegen die Bestimmung gewendet hat. — Er es Oberverwaltungsgerichts vom 3. No
8—
führt dort aus einem Urteil d dember 1915 an: 8
Das Oberverwaltungsgericht nimmt an, daß bei 8 Vereinbarung eines Gesamtpreises die wvS von Einzelwerten in der Regel nur tatsächliche, nicht recht tsgesch vetng. Bedeutung hat. Tatsächliche Angaben haben nur Bedeutung, wenn sie richtig sind, wähtend rechtsgeschäftliche Erklärungen mnaseabe nd sind, selbst wenn sie dem allgemeinen Empfinden nicht entsprechen sollten. Verkauft also jemand ein Hausgrundstück für 20 000 Mark und gleichzeitig Pferd und Wagen für 2000 Mark, so ist dies maßgebend, selbst wenn offenbar Pferd und Wagen nur 1000 Mark wert sein sollten.
Und er führt weiter aus: Ist die rechtsgeschäftliche Preiszerlegung nur zum Schein erfo lgt, in Wahrheit also überhaupt keine oder eine andere Preiszerlegung vereinbart, so ist die wahre Abrede maßgebend. Es würde aber falsch sein, bloß daraus, daß Steuern erspart werden sollen, auf das Vorliegen eines Scheingeschäfts zu schließen. Dieser Beweg⸗ grund läßt sich vielmehr umgekehrt meist gerade für die Behauptung der Ernstlichkeit verwerten. Wohl aber kann es für eine Schein⸗ abrede sprech n, wenn die Preiszerlegung in einem auffälligen Miß⸗ verhättnisse zu den Werten steht.
Dies stammt aus einer Entscheidung des O
19. Dezember 1912.
Diese beiden Entscheidungen des höchsten preußischen Gerichts in Steuersachen zeigen, daß die Rechtsentwicklung nicht in der Richtung geht, die der Herr Abgeordnete Ludewig annimmt, sondern gera e umgekehrt, daß solche Geschäfte als zu Recht bestehend an igesehen worden sind und daß der Fiskus um sein wohlverdientes und not⸗ wendiges Geld gekommen ist. Wir brauchen deshalb eine solche Be⸗ stimmung. Und die Meinung des Herrn Abgeordneten Ludewig, als ob die Rechtsprechung gerade den umgekehrten Weg ginge, ist unzu⸗ treffend.
Ein Zw ites! Gerade die Erscheinungen der letzten Zeit machen es absolut notwendig, daß wir eine solche Bestimmung in der Reichs⸗ abgabenordnung haben müssen. Ich könnte Ihnen eine Reihe von Rechtsgeschäften sagen, die auch nicht angefochten werden können, wenn der Antrag der Deutschnationalen angenommen würde. Deshalb bitte ich Sie auch, diesen Antrag abzulehnen. Ich erinnere Sie an die Geschäfte, die gerade mit Banken im Auslande gemacht worden sind und durch welche ungeheure Summen aus Deutschland hinausgebracht worden sind. Ich erinnere besonders an eigen Fall, der wiederholt vorgekommen ist, indem es Kapitalisten in Deutschland gelungen ist, größere Vermögensbestände auf irgend⸗ einem Wege aus Deutschland heruuszubringen; oder sie lassen ihre Ver⸗ mögen in Deutschland liegen und übertragen es auf eine auswärtige Bank und machen einen Abfindungsvertrag, wonach ein Vermögen von meinetwegen 5 Millionen Mark der Bank hingegeben wird, wofür Ce nach einem Rentenvertrag eine Verzinsung von 2 bis 3 Prozent erhalten. Also bei der Hingabe eines Vermögens von 5 Millionen Mark würden sie eine Jahresrente von 100 000 Mark beziehen. Der einzelne hat demnach nach den Bestimmungen des Reichsnotopfers 100 000 Mark zu deklarieren und kommt auf diese Weise beim Reichs⸗ notopfer bögig weg. Im Vertrage selbst aber hat er sich vorbehalten, daß er nach 2, 3 oder 5 Jahren von dem Vertrage zurücktreten kann, daß er also wieder in den Genuß seines ganzen Vermögens kommen kann. Einen solchen Fall können Sie mit keiner Bestimmong treffen, auch nicht, wenn der Antrag der Deutschnationalen Volkspartei angenommen wird, denn das verstößt nicht gegen die guten Sitten, daß der Ver⸗ trag abgeschlossen wird. (Wirenspruch bei der Deutschnationalen Volkspartei.) Das sagen Sie, das ist schön gesagt, aber trotzdem verstößt der Vertrag nicht gegen die guten Sitten. Man kann er⸗ klären, man habe die Abmachung getroffen, weil die Millionen nicht sicher in der Ngeg. gewesen wären, während die 100000 Mark Zinsen sicher seien. Diesen Fall können Sie mit Ihrer Bestimmung nicht treffen, 1“ deshalb bitte ich, den Antrag abzulehnen.
Ich nenne einen zweiten Fall auf dem Gebiete der Erbschafts⸗ steuer, der, je höher die Steuersätze werden, um so eher eintreten kann. Jemand hinterläßt einem entfernten Verwandten eine Summe von 2 Millionen Mark. Darauf würde eine gesamte Erbschafts⸗ steuer von 90 Prozent fallen können. Der Verwandte bekäme also nur 200 000 Mark. Der Betreffende will nun seinem Verwandten viel mehr zuwenden, will aber bis zu seinem Tode in dem Besitz der 2 Millionen bleiben. Er macht den Umweg, indem er sagt: ich ver⸗ erbe dem einzelnen Land oder dem Staat die Summe von 2 Milli⸗ onen Mark, also mein 1 Vermögen, unter der Voraussetzung, daß der Staat meinem Verwandten die Summe von 1 Million steuer⸗ frei auszahlt. Ein solches Testament verstößt nicht gegen die guten Sitten, aber es handelt sich hier um eine glatte Umgehl ing der Erbschaftssteuer. Solcher Fälle sind eine ganze Menge denkbar, findige Köpse gibt es immer, die Geschäfte machen wollen und das Reich um seine Steuer prellen. Das deutsche Volk und die National⸗ versammlung selbst würden dann erklären, wir hätten künstlich die Kapital⸗ und Steuerflucht gefördert. Alle diese Dinge zeigen, daß eine Bestimmung, wie sie im H5 vorgeschlagen wird, absolut notwendig 88 Wir machen einen solchen Vorschlag nicht zu unserem besonderen
Vergnügen, sondern weil wir davon durchdrungen sind, daß diese Be⸗ ö notwendig ist, wenn die Steuern restlos erfaßt werden sollen, wenn der Staat eine steuerliche Gerechtigkeit durchführen soll. (Sehr richtig! bei den Mehrheitsparteien.) Wir müssen neue Wege gehen und können nicht immer am Althergebrachten kleben. Das möchte ich auch den verehrten Herren Juristen aus dem Hause sagen: es geht nicht immer mit dem alten Gedankengang. Wenn man die riesigen Aufgaben der Sanierung der Reichs⸗, Staats⸗ und Gemeinde finanzen ernsthaft ins Auge faßt, dann müssen neue Wege gegangen, neue Maßnahmen ergriffen werden, hmen, vor denen vielleicht mancher Jurist heute zurückschreckt, die aber unbedingt notwendig sind bei der ganzen Entwicklung, die die Dinge genommen haben.
Eine Rechtsunsicherheit wird durch den § 5 nicht geschaffen. Es ist ganz ausgeschlossen, daß Verträge, die wirtschaftlich in sich be⸗ gründet sind, und die nicht den Nebenzweck einer Umgehung der Steuer haben, irgendwie beanstandet werden lönnen. Wir haben gar kein Interesse daran, derartige ordnungsmäßig abgeschlossene Geschäfte zu beanstanden, wenn der Fiskus die notwendigen Ein⸗ nahmen aus den einzelnen Steuerquellen erhält. Sie werden auch gar keinen Vorschlag machen können, wie man auf andere Weise der Steuer⸗ und Kapitalflucht entgegentreten tönnte. Wir haben einen positiven Vorschlag gemacht. Ich glaube, auch in den Kommissions⸗ beratungen, bei denen sich doch zunächst eine fast allgemeine Oppo⸗ sition gegen diesen Paragraphen zeigte — das gebe ich ohne weiteres
berverwaltungsgerichts vom
1“
zu, und ich verstehe diese Opposition auch vollkommen —, hat sich
doch schließlich herausgestellt, wie notwendig dieser Paragraph ist. Darum bitte ich Sie, den Antrag der Regierung anzunehmen, Die einleitenden Vorschr tten und die allgemeinen Be⸗ stimmungen über Be ehörden (88 1— 10) werden angenommen, mit Ausnahme von § 5, anr den mit Rücksicht auf die schwache Besetzung des Hauses erst am Montag abgestimmt werden soll.
Die §§ 11—20 handeln von den Landesfinanzämtern. §11 regelt die Bildung der Landes finanzamtsbezirke
0
„Abg. Stolten (Scz.) mißbilligt die . Gebiets⸗ zuteilung an das Landesfi nanzamt Hamburg. Man hätte nicht an⸗ nehmen dürfen, daß Teile des hamburgische n Staatsgebiets preußischen Landesfinanzämte ern unterste Iü werden würden. Wir beantragen daher, durch Reichsgesetz die Abgrenzung der Lam desfinanzämter bis zum 1. August 1920 vorzunehmen.
Abg. Dr. Böhmert (Dem.): Ich bitte, den Antrag Stolten anzunehmen, denn es wünden große Sciwierigkeiten entste hen, wenn die Grenzen de Länder und der Bezirke der Landesfinanzämter fort⸗ während durcheinandergingen. Die Zollr verwaltung würde große Miß⸗ stände daraus zu vergeichnen haben, ganz besonders in einer Zeit, wo der Schmusggel in Blüte steht, und auch für die Einkommensteuer⸗ veranlagung würden sich Unzuträgl ichkeiten ergeben, wenn der Wohn⸗ ort und der Arbeitsort in verschiedenen Landesfinanzamtsbe zirken liegt.
Reichsminister der Finanzen Erzberger: Meine Damen und Herren! Der Herr Abg. Stolten und auch der Herr Abg. Dr. Böhmert haben die Verhältnisse, die in Hamburg und Bremen infolge der Neu⸗ organisation der Lander finanzämter entstanden sind, zutreffend geschildert. Ich habe ihren Darlegungen nichts hinz zuzufügen. Ich stehe mit ihnen auf dem Standpunkt, daß die Verhältnisse für diese beiden Landesfinanzämter unhaltbar sind. Ich habe an keiner Stelle irgendeinen Zweifel übe diese meine Stellungnahme aufkommen lassen weder im Reichsrat noch gegenüber der preußischen Regierung. Aber das bisherige Gesetz hat es mir unmöglich gemacht, meinen Willen durchzusetzen; denn ich bin gebunden an das Einvernehmen mit den betreffenden Regierungen, und wenn ich ein solches Einvernehmen nicht herbeiführe, dann ent⸗ scheidet der Reichsrat. Bei der überwiegenden Stellung Preußens im Reichkrat ist es von vornberein als sicher anzunehmen, daß die preußische Auffassung im Reichsrat zum Siege gelangen wird.
Ich habe auch auf der anderen Seite polles Verständnis für die begründeten Wünsche von Hamburg und Bremen und ich weiß mich mit den Herren Vorrednern, den Vertretern beider Städte vollkommen einig, daß das deutsche Volk alles tun muß, um Hamburg und Bremen zur alten Höhe wenn irgend möglich heraufzuführen. Das ist eine dringende deutsche nationale Sache. Ein kleines Hilfsmittel ist auch eine andere Umgrenzung und Abgrenzung der Gebiete der Landesfinanzämter dieser beiden Staaten. Wenn deshalb der Antrag eingebracht worden ist, daß künftig nur das Benehmen mit diesen Ländern notwendig sein sollte, habe ich vom Standpunkt des Reichs⸗ finanzministeriums und der Reichsregierungen gegen diesen Antrag keinerlei Bedenken einzuwenden, sondern begrüße den Antrag. Dann ist auch Uebereinstimmung herbeigeführt, daß für alle Fragen, die Ernennung der Beamten usw. nicht einmal „Einvernehmen“, sondern „Benehmen“ sein soll, von dem daß es im ganzen Gesetz immer „Benehmen“ heißt.
Was den zweiten Teil des Antrages anlangt, daß die Abgrenzung der Bezirke der Landesfinanzämter im Wege des Gesetzes geregelt werden soll, so liegen vom Standpunkt der Reichsfinanzverwaltung keinerlei Bedenken dagegen vor. Wir werden uns bemühen, ein solches Gesetz auszuarbeiten. Das Bedenten aber kann ich nicht ganz unter⸗ drücken, ob es möglich sein wird, bis 1. April 1920 dieses Gesetz bereits zun verabschieden, und auch das Bedenken nach anderen Richtung: Was soll geschehen, wenn das Gesetz nicht zur Verab⸗ schiedung sollte, sei es, daß hier keine Mehrheit vorhanden ist, sei es, daß es im Reichsrat nicht zur Annahme gelangt. Für den Fall, bas hier eine Mehrheit im Hause vorhanden ist, hat die Ver⸗ fassung den Weg gewiesen. Aber was soll dann geschehen, wenn hier keine Mehrheit für ein solches Gesetz zustande kommt? Dann kann die Einteilung und Gliederung der Landesfinanzämter nicht vollständig in der Luft hängen, sondern dann muß bestimmt werden, daß bis zur gesetzlichen Regelung eben das Reichsfinanzministerium die Abgren⸗ zung der Bezirke vollzieht, falls eine gesetzliche Regelung nicht zu erreichen sein würde. Dieser Fall ist nicht getroffen in dem Antrag, wie er uns vorliegt. Es wird aber nicht schwer fallen, bis zur dritten Lesung Bestimmungen zu treffen, was zu geschehen hat, wenn es bis zum 1. April 7920 zu einer gesetzlichen Regelung nicht kommen sollte. Ich habe auch noch einige Bedenken, ob dieser Termin aus⸗ reichend ist, und ob wir in den vier Monaten, die uns noch zur Ver⸗ fügung stehen, dieses Gesetz bereits verabschieden können. Ich glaube, Sie würden Ihren eigenen Wünschen, die ich vollkommen unterstütze,
was ich hierdurch zum Ausdruck bringe, dadurch am besten dienen, wenn
Sie einen späteren Termin, etwa den 1. April 1921, wählen würden. Gs soll das nicht bedeuten, daß bis zu diesem Termin unter allen Umständen gewartet werden soll. Die Vorarbeiten werden alsbald in Angriff genommen werden. Es soll das nur soviel bedeuten, daß wir die Zeit haben, an die Vorarbeiten heranzugehen und die Schwierigkeiten, die, wie die beiden Vorredner anerkannt haben, ja in reichem Maße vorhanden sind — in Hamburg sowohl wie be⸗ sonders auch in Bremen —, im Wege der Verhandluͤngen zu be⸗ seitigen.
Ich würde es für L gehalten haben, wenn im zweiten Abschnitt als Termin der 1. April 1921 eingesetzt wird, wobei ich wieder darauf hinweise, bes diese Verlängerung nicht etwa dazu benutzt werden soll, das Gesetz später vorz zulegen und an die Vor⸗ arbeiten nicht alsbald heranzugehen. Unter dieser Maßgabe kann ich dem Antrag zustimmen.
Ich bin mir wohl bewußt, daß ich bei den Ländern eine Anzahl
Schwierigkeiten zu überwinden haben werde — das gilt für Preußen und vielleicht auch für andere Länder. Aber das große Ziel, das uns allen vorschwebt, dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren. Wir müssen alle Kräfte ansetzen, um dieses Ziel zu erreichen: die best⸗
—
mögliche Organisation für die Steuerverwaltung. e (Zentr.) ein⸗
Inzwischen ist ein Antrag Burlag gegangen,“ der das Verlangen des Antrags Stolten bis zum April 1921 hinausschiebt. Die Abstimmung wird bis Montag ausgesetzt. Die 89 12—13 werden angenommen. Nach F 14 der Ausschußfassung 1 n.. den Landessinanz⸗ “ Finan zgerichte anzugliedern. Nach dem Ausschußvor⸗ schlag soll auf die Vorsitzenden der erichte Artikel 104 der