8— “ 8 e Zuckerrrüben werden nach e Auffassung wahrschein lich nicht so schwer unter dem Froft gelitten haben, und wir werden wohl in der Lage sein, einen großen Teil der Zuckerrüben zu retten. Ich mache aber darauf aufmerksam — es ist jig auch von den Rednern, die die Interpellation begründet haben, bereits betont worden —, daß die Ernte jetzt außerordentlich erschwert ist, und daß wir darauf bedacht sein müssen, einen besonderen Anreiz dazu zu geben, daß die Zuckerrüben auch der Zuckerverarbeikung zugeführt werden und nicht etwa als Futtermittel Verwendung ünden. Diese Gefahr ist in hohem Maße vorhanden. Sie wissen, daß unser Zuckerverbrauch stark herabgesetzt worden ist, und daß ssich die Produktion in sehr he⸗ scheidenen Grenzen befindet, sodaß wir alles daransetzen müssen, um diese Produktion wieder zu erhöhen. Das kann aber im gegen⸗ wärtigen Augenblick leider nur dadurch ermöglichst werden, daß wir den Zucherpreis und damit rückwirkend auch den Rübenpreis erhöhen, um einen Anreiz zu geben, daß die Rübe der Zuckerverarbeitung zu⸗ geführt, und daß sie auch geerntet wird.
Erheblich ungünstiger wird es allerdings mit den Futterrüben stehen, die mehr unter dem Frost gelitten haben. Der hierdurch ent⸗ stehende Fehlbetrag ist umso schmerzlicher, als unsere Z nckerernte auch sonst außerordentlich ungünstig steht, und ich bedagere außer⸗ ordentlich, daß es uns nicht möglich war, diese Ernte zu bergen. Sie wird einen außerordentlich großen Fehlbetrag in unserm Nahrungs⸗ haushalt ausmachen.
Wir werden, wenn die Beengung in der Kartoffelversorgung weiter anhält, darauf bevacht sein müssen, Ersatz zu geben. Es stehen uns zur Verfügung 2500 Tounen Kartoffelwalzmehl, das in der nächsten Zeit verteilt wird als Ersatz für Kartoffeln. Außerdem werden wir den notleidenden Gemeinden, die ihre Bevölkerungen nicht anders versorgen können, als Ersatz für die fehlenden Kartoffeln für jedes Pfund Kartoffeln 100 Gramm Mehl zur Verfügung stellen. Es wird natürlich das in unsere ganze Disposition der Mehlvper⸗ verteilung und des Getreideplans ein großes Loch reißen. Aber ich glaube, es gibt gegenwärtig kein anderes Mittel. Wir müssen unserer städtischen Bevölkerung einen Ersatz für die entgangenen Kartoffeln bieten. (Sehr richtig! im Zentrum.)
Unsere Nährmittelfabrikation ist gegenwärtig in vollem Gange. Gine Zeitlang konnten wir unsere Nährmittelfabriken nicht beliefern. Jetzt ist das wieder möglich. Wir haben Aussicht, daß Mitte De⸗ zember mit der vollen Quote der in Aussicht genommenen Verteilung in den Verteilungsplan eingetreten werden kann.
Sehr wenig günstig steht es mit unserer Fettverforgung. Aber wir glauben, daß es immerhin möglich sein wird, auf der Basis von 100 Gramm pro Woche der städtischen Bavölkerung diejenige Fett⸗ ration zu geben, die meiner Ansicht nach mindestens notwendig ist, um der Bevölkerung das Eristenzminimum zuzuführen. Es wäre uns
möglich, diese Fettration auch noch zu erhöhen, nämlich in der Form
von Margarine, wenn es gelänge, unfere Margarinefabriken und un⸗ sere Fettfabriken noch besser mit Kohle zu beliesern. Es ist wesent⸗ lich eine Fraze der Belieferung mit Kohle, diese Fabriken leistungs⸗ sähiger zu machen: Rohstoffe sind vorhanden. Wir müssen alsae sehen, gerade hier auf einem Gebiete der Lebensmittelversorgung, dessen Ver⸗ befserung äußerst notwendig ist, eine Erhöhung der Ration zu er⸗ reichen, wenn das auch schließlich unter Zurücksetzung anderer An⸗ forverungen in der Industrie geschieht. Gerade die Mäaͤrgarinefabri⸗ kation halte ich für eine so lebenswichtige Industrie, daß sie zunächst dringend der Berücksichtigung bedarf.
Die Getreideanlieferungen haben sich durch die Frühdrusch⸗ prämien, die wir eingeführt haben, erheblich gebeffrt. Wir könnẽen heute sagen, daß wir bis Mitte Februar in unferer Brotgetreide⸗ versorgung sichergestellt sind. Was wir dann noch in der Folgezeit hereinbekommen, darüber läßt sich heute kein bestimmtes Urteil ab⸗ geben. Ich kann darauf hinweisen, daß wir im vorigen Jahre das, was noch hereinkommen würde, sehr ungünstig eingeschätzt haben. Wir glaubten damals, daß wir im Mar mit unserer Ration zu Ende wären. Es hat sich aber gezeigt, daß in der Folgezeit doch mehr eingegangen ist, als man erwartet hat. Auch gegenwärtig nehme ich die große Streikandrohung der Landwirts noch nicht so ernst, daß ich glaube, daß sie zur Tat übergehen und uns unsere ganze Ernährungs⸗ disposition damit über den Haufen werfen. Wenn es abar geschieht, wenn es hart auf hart kommt, dann muß natürlich auch von der an⸗ deren Seite mit der nötigen Härte und Entschiedenheit zugegriffen werden. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Ich hoffe, daß es unnötig ist, denn ich halte es weder vom Standpunkt der Re⸗ gierung noch vom Standpunkte der Beurteilung unferer Gesamt⸗ wirtschaft und unserer gesamten politischen Lage für angenehm, wendn eine Klasse gegen die andere — denn darum würde es sich handeln — mit Zwangsmitteln vorgehen müßte. Ich darf aber auch bei der Gelegenheit dringend bitten, daß die Herren vom Landbund, vom Band der Landwirte und auch von den Bauernbünden sich recht be⸗ mühen mögen, im Sinne des Herrn Vorredners, des Herrn Abge⸗ ordneten Herold, die Interessenten an ihre Pflicht zu erinnern,
also nicht immer bloß einseitig auf die Fehler und die sie ungn⸗
genehm berührenden Erscheinungen der Großstadt hinzublicken, sondern auf den Ernst der Situation zu achten —, und der ist gußer⸗ ordentlich groß. Wir schwimmen nicht im Ueberfluß. Wenn wir es nicht verstehen, die nötige Einteilung vorzunehmen, so ist allerdings unsere Versorgung in Frage gestellt. Ich glaube also, daß es uns noch möglich sein wird, auch für die Folgezeit größere Bestä de gu Brotgetreide hereinzubekommen. Das ist insofern auch wünschenswert, weil wir, wenn wir aus der heimischen Ernte die Bestände nicht hereinbekommen, hinausgehen müssen, den Fehlbetrag zu hohen Preisen aus dem Auslande decken müssen. Bei dem gegenwärtigen Valutastand ist aber der Einkauf von Brotgetreide im Auslande für uns fast unmöglich. Ich kann es gar nicht verantworten, jetzt, unter dem gegenwärtigen Balutastand, im Ausland Brotgetreide einzukaufen. Wir müssen mit der heimischen Ernte für absehbare Zeit aus⸗ kommen. unseren Bedarf dgraus decken können. (Gehr richtig!) Ich miaß schliotzlich die Fomveruns stellen, das vie Ernte, die nicht die schlechteste in den fönf Jahren ist, guch voll der notleibvenden Be⸗ völkerung mo Perfügung gestellt wird, und anuch ich orhebe warnend meine Stimme im Anschluß an die Ermahnungen, die der Vorradner soeben laut werdon ließ, und bitte dringend die Landwirte, das Ge⸗ treide nicht zu verfüttern. Sie versündigen sich schwer am Volke! . Ich weiß, daß gegenwärtig die Gefahr gußerordentlich ernst an uns 8 herantritt, daß in weiten Kreisen der Landwirtschaft dieser Ernst der
Situation nicht beachtet wird und daß in sehr leichtfertiger Weise!
11.“ v 8 11““
mit gußerordentlicher Schärfe gezen die vorzugehen, die sohließlich die gesetzlichen Benimmungen oder die Verordnungsogstimmuggen uüber⸗ streten,
gebnisse zu verzeichnen.
aufrecht zu erhalten, wie es im Interesse der Gesamtheit, insbesondere der städtischen Bevölkerung, notwendig wäre. - 1
gute Hilfe leisten wird, um schnell eine Aburteilung herbeizuführen und mit großer Entschiedenheit gegen diejenigen vorzugehen, die in x8n 6u Ich muß die Zwangswirtschaft für diejenigen Gebiete, die wir noch
daß im nächsten Jahre dieser enorm hohe Preis für Hafer weiter
ablieferung einzuführen. Auch hier gilt grundsätzlich das, was ich
Das bringt unz ts der Er⸗
treide verfüttert wird. (Sehr richtig!) ahr, und ich bin auch gesonnen,
Brotgetreide verfüttern und Nahrungsmittel entziehen.
Wir haben schließlich in der Biehablieferung sehr schlechte Er⸗ Wir haben die Viehpreise, wie Sie wissen, in letzter Zeit erhöht. Sie sind dann weiter erhöht burch die Häute⸗ preise. Wir sind jetzt abermals dabei, dadurch, daß wir entsprechend dem Beschluß der Nationalversammlung sechs Zehntel der Häute⸗ preise den Landwirten überweisen, die Viehpreise ganz erheblich herauf⸗ zusetzen. Ich bin mir allerdings darüber klar, daß auch von diesen hohen Preisen eine erheblich vermehrte Ablieferung von Vieh nicht mit Sicherheit zu erwarten ist. (Sehr wahr!) Denn der Anreiz, im Schleichhandel Vieh abzugeben, ist leider so enorm groß, daß er unsers ganze Viehbewirtschaftung über den Haufen geworfen hat. Auch die Kontrolle hat so außerordentlich nachgelassen, daß es nicht mehr
möglich ist, auf diesem Gebiet einwandfrei die Bewirtschaftung so
damit der Bevölkerung als
Gegen diese Berfehlungen muß mit aller Schärfe vorgegangen werden. Ich hoffe, daß das Wuchergesetz, das wir jetzt in der 28 er Kommission verabschiedet haben, uns auf diesem Gebiete sehr
irn Hahor n 8 3 *ℳ ü gung haben werden, das gedecht werden
fernerhin bomüht sein müssen, besondere Zulagen an Mehl nebeg der
Bedenken, auch sehr große politische Bedenke
ganz frivoler gewinnfüchtiger Absicht ihr Vieh verkaufen. Denn ein zwingender Grund, das Vieh nicht den Viehhandelsverbänden an⸗ zubieten, liegt nicht vor, da der Preis, der jetzt bezahlt wird, meiner Ansicht nach so hoch ist, daß niemand sich darüber beklagen kann daß er dabei nicht zurechtkommt.
Ich darf darauf hinweisen, daß unsere Zwangswirtschaft aufge⸗ hoben ist für Gemüfe, Obst und Cier. Es besteht auch nicht die Absicht, auf diesem Gebiete irgendwelche Ändorungeg eintreten zu lassen. Eine keilweise Anfhebung der Zwangswirtschaft ist eingetreten für Hafer und Hülsenfrüchte. Auf diesen beiden Gebieten haben wir, möchte ich sagen, einen Versuch zu verzeichnen, ob das Prinzip, das der Herr Abgeordnete Roesicke so oft an dieser Stelle empfohlen hat, auch wirklich empfehlenswert ist und ob es die Probe aushält, näm⸗ lich das Prinzip, das auch gegenwärtig noch immer in der Presse und auch hier in der Nationalversammlung wiederholt propagiert wurde, einen Teil des Ertrags aus der Wirtschaft zwangsweise zu erfaffen, den übrigen Teil freizugeben, dem freien Handel zu überlassen. Es wurde immer hervorgehoben und gesagt, wenn man dem Landwirt sagte: „Wenn Du einen gewissen Teil dessen, wozu Du verpflichtet bist, abgeliefert hast und dann der Üübrige Teil des Erzeugten freigegeben wird, so kannst Du zufrieden sfein,“ so würde natürlich eine erhebliche Er⸗ leichterung eintreten, und der Landwirt würde das Quantum, das ge⸗ fordert wird, mit Leiptigkeit abliafern. Das ist leider nicht der Fall, sondern wir haben die Tatfache zu verzeichnen, daß in der Ablieferung eine sehr große Verzög rung eingetreten ist und daß das geringe Quantum, wesches wir an Hafer und Hülsenfrüchten fordern, außer⸗ ordentli h zögernd eingeht. Dieses ist ein Beweis dafür, daß man die Wirtschaft gerade nicht auf diese Grundlage stellen kann, daß wir vielmehr in große Sch vierigkeiten gerieten und daß die Möglichkeit der Ernährung der städtischen Bevölkerung stark in Frage g stellt würde. Der Gedanke der Freigabe der landwi tschaftlichen Erzeug⸗ nisse ist im Laufe der Reden wieder stark vertreten worden, und ge⸗ rade der Herr Abgeordnete Dr. Semmlee hat diese Forderung ausge⸗ sprochen und seine ganze Rede auf der Forderung der Aufhebung der ganzen Zwangswirtschaft aufgebaut.
Ich muß sagen, daß die bisherigen Ergebnisse besonders in der Freigabe des Hafers mich sehr mißtrauisch machen. Die Preise sind enorm in die Höhe gegangen, für den Zentner Hafer werden 80 ℳ verlangt, so daß erwogen werden muß, ob man beim näͤchsten Bewirt⸗ schaftungsplan diese Freigabe des Hafers aufrechterhalten kann. Mir scheint es eine bedenkliche Sache zu fein, die Freigabe des Hafers für das nächste Wirtschaftsjahr aufrechtzuerhalten, und zwar auch deshalb, weil mir jetzt von verschiedenen Landwirten gesagt wird, daß die weitere Gefahr besteht, daß die Landwirte Hafer in außerordentlich starkem Maße, im Uebermaße, in ungefundem Maße anbauen in der Aussicht,
aufrechterhalten wird. Das ist eine fehr gefährliche Erscheinung, an der man nicht vorübergehen kann (sehr richtig!), und ich bemerfe aus⸗ drücklich, daß die Landwirte kein Anrecht darauf haben, diese Preise zu fordern und mit ihnen auch für das nächste Jahr zu rechnen in der Voraussicht, daß der Hafer freibleibt, sondern ich bemerke ausdrücklich
g
daß wir uns durchaus vorbehalten, ob wir ihn unter den gegebenen Verhältnissen weiterhin freilassen.
Ich komme jetzt zu der Kartoffelwirtschaft. Wie schon der Herr Abgeordnete Herold hervorgehoben hat, besteht die Absicht, die Land⸗ wirte durch eine Lieferungsprämie zu eiger stärkeren und schnelleren Ablieferung anzureizen. Diefe Prämie soll nach unserem Vorschlage bei einer Betätigung ppn 50 Prozent des Lisferungssolls einsetzen, und für das, was dgrüber hinaus abgeliefert wird, foll eine besondere Praͤmie von 2,50 Mark bezahlt werden, die sich in Etappen bis zu 100 Prozent des Ablieferungssolls steigert, wobei 5. Mark als be⸗ sondere Prämie bezahlt werden. Ich hoffes, daß wir auf diesem Wege zu einer schnelleren und erheblich größeren Ablieferung kommen, gls unter den gegenwärtigen gleichmäßigen Preisen möglich war. Unter Umständen wird sich auch dieser Preisaufschlag mit den erhöhten. Kosten rechtfertigen lassen, die heute für diejenigen Landwirte ein⸗ treten die ihre Ernte noch draußen haben, und mit Rücksicht auf die großen Verluste, die diejenigen Landwirte betroffen haben, denen große Bestände erfroren sind. Ich nehme an, daß auch dieser Preis⸗ aufschlag den Anreiz für eine bessere und schnellere Ablieserung geben wird.
-Ivph will dabei nicht verschweigen, daß ich natürlich große Be⸗ dunken habe, diesem Prämiensystem zumustimmen. Das ganze Prämten⸗ system ist anch nur aus der besonderan Notlage heraus goboren; ge⸗ sund ist das Prämiensystem nicht und es kann auch nicht grundsätzlich befürwortet werden. (Hört! hört! rechts und im Zentrum.) Weiter⸗ hin besteht die Absicht, dasselbe Prämiensyftem auch bei der Getreide-
eben gesagt habe. Wir wollen auch hier versuchen, soviel wie möglich
üib.
herauszuholen, eine ziemlich hohe Prämie zu geben, um uns von
Parteivoktrin, wie seine ganze Rede es gezeigt hat.
einem größeren Ankauf im Auslande zu befreien. Es handelt sich
“ arum, daß wir unzweiselhaft ein Desfizit in unserer Getreideversor⸗ Wir werden auch
Brotration der Bevölkerung zu geben. Das kann nur durch einen größeren Einkauf von Getreide im Auslande geschehen. Bei der
gegenwärtigen Stande der Valuta muß aber — wie ich hier wieder⸗ hoie — darauf gedrungen werden, den Einkauf im Auslande
möglichst gering zu gestalten; denn das ist eine Ausgabe, die unsere
ganze Finanzgebarung so enorm tangiert, daß wir nicht ohne die größten Bedenken zu einer derartigen Ausgabe schreiten können. Wir müssen alles versuchen, um diese Anforderung dadurch herabzudrücken, daß wir die heimische Ernte heranziehen: jedenfalls dürfen wir nichts unversucht lassen, um die heimische Ernte, soweit das irgend möglich ist, für die Ernährung unserer Bevölkerung heranzuziehen. Die Prämie soll nicht höher festgesetzt werden, als daß sie für das 4 ½ Pfundbrot im Höchstfalle die Preiserhöhung von 60 ₰ agsmachen würde. Das ist immerhin eine Anforderung, die ich heute an die städtische Bevölkernng und an die Arbeiterbevölkerung stelle, die große hat, die sich nur unter den Gesichtspunkte ausräumen lassen, den ich noch einmal kurz
flizzieren will, daß wir nämlich sonst, wenn das Brotgetreide ver⸗
füttert wird, genötigt wären, im Auslande zum zehnfachen Preise das Getreide einzukaufen. (Lebhafte Zustimmung links.) Davor muß ich mich hüten.
Ich kann alfo dem Wunsche des Herrn Abgeordneten Dr. Semmler nach restlosoer Aufhebung der Zwangswirtschaft nicht nachkommen.
unter ösfentlicher Bewirtschaftung haben — das ist nur noch ein. Restteil — aufrechterhalten. Ich glaube auch, daß der Landwirt das
ertragen kann und ertragen muß, wenn wir auf der anderen Seite
ihm einen Preis bewilligen, unter dem seine Produktion nicht leidet und bei dem seine Produktionskosten plus Unternehmergewinn reichlich gedeckt werden. (Sehr richtig! links.)
Nun hat der Herr Abgeordnete Dr. Semmler gesagt, man sollte die Parteidoktrin beiseite schieben, denn sie sei schuld an den
großen Schwierigkeiten, in die wir bei der Einbringung der Ernte
gekommen sind. Er hat an den preußischen Landwirtschaftsminister
den Appell gerichtet, er möchte sich aller Parteiboktrin enthalten, und
er hat auch an mich die gleiche Forderung gerichtet. Ich glaube dem Herrn Abgeordneten Dr. Semmler doch sagen zu müssen: wenn dor „Bund der Landwirte“ und seine Verkreter, wenn der „Landhund“ und seine Vertreter sich so der Parteidoktrin entziehen würden, wie es im Interesse unseres gesamten Wohlergehens notwendig ist und wie wir an unferer Stelle bemüht sind, es zu tun, wenn man in diesen Kreisen sich objektiv den Dingen gegenüberstellen würde, dann würde. es erheblich beffer in unferem deutschen Vaterlande aussehen. (Lebhaste Zustimmung links.) Der Herr Abg. Dr. Semmler hat also seinen Appell an die falsche Adresse gerichtet; er hätte, wenn er den Appell für notwendig hielt, ihn an den „Landbund“ und an den „Bund der Landwirte“ richten sollen. Ich glaube, daß er auch nicht frei ist von⸗ Er sagte, er ver⸗ bitte sich eine Wiederholung des 9. November 1918. Ich glaube, das hätte er sich wahrscheinltch schon am 9. November 1918 verbeteg, wenn es Nutzen gehabt haͤtte (sehr richtig! bei den⸗Sozialdemokraten); aber ich glaube, wenn er sich das heute verbittet, hat es auch keinen
Nutzen, und der 9. Nopember kommt in irgendeiner Form, wenn wir
in große Ernährungsschwierigkeiten kommen. Ob sich der Herr Abg. Semmler das verbittet oder nicht, das wird ihm nichts nützen; denn wenn, das etwas nützte, so würde mein Freund Noske sehr gern von dem Poͤsten zurücktreten. Ich glaube also, daß er den Einfluß nicht hat und daß deshalb diese Ermahnung sehr wenig wirkungsvoll sein wird.
Er hat dann fernerhin pon einer Einigkeit zwischen Produzentan⸗ und Konsumenten gesprochen. Ich wünsche sie sehr, diese Einigkeit; aber ich muß sagen: die ganze Rede des Herrn Abgeordneten Dr. Semmler war doch wirklich nicht auf eine Einigkeit zwischen Stadt und. Land abgestellt. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokrgten.)
Davon habe ich nichis verspürt, und ich glaube, sie hat auch die
Wirkung nach außen nicht; denn sie war mehr darauf berechnet, nach außen hin der landwirtschaftlichen Bevölkerung einen sehr falschen Austakt zu geben.
Meine Damen und Herren! Die Interpellation Trin born fängt damit an und glaubt die These aufstellen zu müssen, daß, wenn unsere landwirtschaftliche Produktion sinkt, das eine Gefahr für unsere ganzen Versorgungsmöglichkeiten ist. Unzweifelhaft! Ich möchte aber bitten,
nicht die Erscheinungen nur äußerlich zu sehen. Schließlich sind, wenn
wir uns vdie Ergebnisss eingmal näher ansehen, die Befürchtungen nicht so groß, daß wir wirklich auch dazu übergehen könnten, zu sagen, was soll aus der ganzen Sache werden, wenn das so weiter geht und die Landwirtschaft in ihrem Ertrag zurückgeht.
Lassen Sie mich einige Zahlen nennen über unfere Anbauflächen. Zunächst unsere Anbaufläche an Brotgetreide! Diese hat in den fünf Jahren von 1909 vdis 1913 durchschnittlich 7599 000 Hektar betragen; sie betrug im Jahre 1918 7 546 000 Hektar. Das ist also sicherlich nicht ein erbeblicher Rückgang in der Anbaufläche. An Futtergetreide hatten wir eine Anbaufläche von 5363 000 Hektar. Diese Anbaufläche ist im Jahre 1918 auf 5 459 000 Hektar gestiegen. -
Wenn ich mir nun den Ernteertrag zunächst von Brotgetreide, Hafer und Gerste ansehe, so ergibt sich für das erstere, und zwar auch wieder in den letzten vier Jahren von 1915 bis 1918 folgendes: im Jahr 1915 ist der durchschnittliche Ertrag an Brotgetreide pro Hektar 1,35 Tonnen gewesen, 1916 1,53 Tonnen, 1917 1,16 Tonnen, 1918 wieder 1,29 Tonnen, und ich nehme an, daß in diesem Jahr nach dem übereinstimmenden Urteil der Landwirte die Ernte wiederum über den Ertrag im vorigen Jahr hinausgeht. Machen wir uns also die Dinge nicht trüber als sie sind. Nur diese Zahlen kann ich vergleichen, weil sie unter gleichen statistischen Voraussetzungen er⸗ mittelt sind; die Friedenszahlen kann ich nicht in Vergleich stellen, weil dort ganz andere statistische Erhebungen erfolgten. In den vier Jahren schwankt also der Ertrag, wie es ach den Witterungsergeb⸗ nissen auch in normalen Zeiten üblich ist; denn die Witterungsergeb⸗ nisse üben doch einen sehr starken Einfluß auf den Ertrag der Land⸗ wirtschaft aus. (Sehr richtig! rechts.)
Wenn ich daran denke, was mir die landwirtschaftlichen Organe zu Beginn des vorigen Wirtschaftsjahres sagten, daß wir in diesem Jahr bei den geringen Düngemitteln, nur mit der Hälfte, — einige sagten — nur mit einem Viertel des Erntcertrags zu rechnen hätten,
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un ich da so ängstlich gewesen wäre, hätte ich davonlaufen müssen; in wenn jatsächlich nur die Hälfte des Erträgnisses eingetreten re, wie es zu Beginn des Jahres manche fürchteten, dann wäre ürlich der Zusammenbruch kaum noch gußzuhalten gewesen. Dann de es uns sicher ebegso übel gegangen wie dem österreichischen Alte. Die Witterung hat uns außerordentlich geholfen, sie hat Zauch über die Schwierigkeiten eines mangelhaft gedüngten Bodens r erheblich higweggeholfen. Das sollten wir nicht vergessen, und rsoüten dem Himmel danken, daß er uns gnädig war und uns er die Schwierigfeiten in der Landwirtschaft hinweggeholfen hat.
Wenn ich den Ertrag von Hafer und Gerste nennen darf, so ten wir 1915 pro Hektar einen solchen pon 1,25 Tonnen, 1916 1 1,73 Tonnen, 1917 von 1,05 Tonnen und 1918 wiederum von 3 Tonnen. Wir haben also auch hier ein Auf und Ab, wie es Schwanken der Witterungsverhältnisse entspricht.
Nun ein pagr Worte über Abnahme und Zunghme der Anbau⸗ hen! Der Herr Abgeordugte Herold hat in der Begründung seiner terpellation von der Gefahr eines Überganges zur extensivpen Wirt⸗ ait gesprochen. Ist diese Gefahr gegenwärtig wirklich schon so
s, daß wir ihr gegenüber laute Befü chtungen äußern dürfen? Ich e zu, daß, wenn der jetzige Zustand sar viese Jahre aufrechterhalten
d, dann ngtürlich eine große Umstellung in der Landwirtschaft
tritt, daß wir dann große Gefahr laufen, daß unsere Landwirtschaft
einer extenfiven Wirtschaft übergeht.
Vorläufig aber ist wohl diese Gefahr, gemessen an der Anbau⸗ te lung nicht vorhanden. Wir haben einen Rückgang der Anbau⸗ he bei Getreide von 5,5 P pzent, bei Futtermitteln von 1,2 Prozent, Kartoffeln von 5,8 Prozent, bei Zuckerrüben von 11,5 Prozent, Gemüse von 0,5 Prazent. Das sind diejenigen Produkte, die en Rückgang im Anbau zu verzeichnen haben. Zugenommen im bau haben Futterrüben um 3,8 Prozent, Hülfenfrüchte um Prozent, Oeifrüchte um 19,6 Prozent, Gespinstpflanzen um 3 Prozent, Futterpflanzen um 13,6 Prozent, sonstiger feldmäßiger
nbaun um 7,6 Prozent. Das ergibt sich aus der Tatsache, daß
was man der Landwirtschaft immer wieder vorhalten muß —, un ich irgendeine Frucht durch den Preis begünstige, deren An⸗ nin die Höhe geht, und der Anbau einer gnderen Frucht attung ür natürlich etwas zurückgeht. Wasz wollten wir erzielen? Wir Uten einen erhöhten Oelfruchtanbau haben, wir wollten einen er⸗ hten Gespinstpflanzenanbau haben, und weil wir das weollten, ben wir hier hohe Preise angefetzt, hohe Preise bewilligt, und der fosg ist eingetreten. Wir haben zunächst die Anbaufläche für diese runsere Ernährungswirtschaft außerordentlich notwendigen Früchte landwirtschaftlichen Produktion erhöht. Wenn aber hier eine Zu⸗ hine eintritt, so muß natürlich an irgendeiner Ecke die Anbaufläͤche nehmen; (sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) denn willkürlich men wir sie nicht erweitern. Was wir an der einen Ecke zugeben,
iß an der anderen wieder hereingeholt werden. Der Rückgang im nden manche: Erzeugnisfe gibt also noch zu keinerlei Beunruhigungen und ernsten Besorgnissen Anlaß. b
Auch im Kartoffelbaun ist in und nach den Kriegsjahren kein sontliche Anderung der Anbauflüche eingetreten. Wir hatten 1915 d 1916 eine Anbaufläche von 2 787 000 Hektar, sie ist dann im ihre 1919 guf 2 574 000 Hektgr zurückgegangen. Das istt sicherlich ßerordentlich bedauerlich, besonders wenn wir berücksichtigen, wie
wendig gerade die volle Aufrechterhaltung des Anbaues der Kartoffel v unsere Bevölkerung gewesen wäre. Dagegen habe ich nun schon hebliche Zweifel gn den Zahlen über den Ertrag der Kartoffel⸗ baufläche, um guch darüber ein Wort zu fagen. Während wir 15/16 nach 42 Millionen Tonnen ernteten, haben wir dann in den folgenden Jahren nur 24 Millionen, 30 Milhlionen, 29,5 Millionen onnen geerntet. Ich nehme an, daß diese Ernteergebnisse durchaus
n Fehlbetrag sind; denn es ist ganz begreiflich: die Landwirte
tten ein Interesse daran, eine möglichst geringe Ernte anzugeben
n einen Teil der Kartoffeln für ihre Viehhaltung zu verwegren.
ch glaube deshalb, daß diefe Zahlen keine ganz unzweifelhafte Basis
r den Ertrag sind, den die Kartoffel auf der Anbaufläche gebracht
tt; ich gebe zu, daß wahrscheinlich im allgemeinen ein Rückgang ein⸗
troten ist, aber doch nicht in diesem Umfang.
Dann darf ich darauf hinweisen, daß der Herr Abgeordnete erold sagt, daß wir mit den Preifen nicht nachgekominen sind. Beispielsweife nl aber doch auch bei der Kartoffel eine enorme Preis⸗ eigerung zu verzeichgen gewesen. Wir haben nach den statistischen rzebnissen den Dopoelzentner im Jahre 1912 im Großhandel mit 18 Mark hier in Berlin bezahlt, und wir haben jetzt für den Er⸗ uger — also nicht für den Großhandel! — einen Preis von 20 Mark ir den Doppelzentner. Das sind doch sehr erhebliche Steigerungen, nit denen die Landwirtschaft wirklich zufrieden sein könnte und mit enen fie auch guskommen könnte. (Zuruf im Zentrum: Im Westen!) -Im Westen? Ich glaube, so groß waren die Differenzen nie. luf 15 Pfennige kommt es bei einem solchen Preise wirlich nicht nehr an.
Ich beurteile auch unsere Viehbestände etwas günstiger als der herr Abgeordnete Herold. Ich sehe aus unserer letzten Statistik, daß bir den Ansatz zu einem Aufstieg unserer Viebhaltung haben, und das ist doch das wichtigste. Daß wir mit unserer Viehhaltung nicht o schnell wieder auf den Friedensstand kommen, das ist natürlich. Aber daß sich die Tendenz zeigt, stark zeigt, daß unser Viehbestand icht mehr zurückgeht, sondern st igt, daß ist doch schließlich auch ein Moment, an dem wir nicht vorübergehen können. Deshalb dürfen vir unsere Viehhaltung nicht zu schwarz ansehen. Nehmen Sie die Zahlen unserer Rindviehzählung vom 2. Juni 1919. Da hatten wir 6161 584 Stück Rindvieh, und diese Zahl ist bis zum 1. September 1919 auf 16 357 364 Stück gestiegen. Das ist keine erhebliche Steigerung, das gebe ich zu, aber es zeigt sich doch, wie ich wieder hervorhebe, die Tendenz einer Aufwärtsbewegung. Ich wiederhole da zuch, was ich neulich sagte: ich glaube nicht, daß nun gerade alle Landwirte nur auf Schwarzschlachtungen ausgehen, sondern daß natür⸗ ich auch eine Anzahl Landwirte ihr Vieh nicht abliefern wollen, um ihren Viehbestand wieder hochzubringen. Das wäre natürlich ein ganz gesundes Moment, während das erstere sine sehr ungesunde Erscheinung ist, die uns außexordentlich Schaden zufügt.
Ich möchte auch darauf hinweisen, wie die Schafhaltung zugenommen hat. Während wir am 2. September 1918 5 475 986 Stück Schafe hatten, haben wir am 1. September d. J. 5 813 149 Stück gehabt. Also guch hier eine Aufwärtsbewegung es sind eben die Ansätze zu einem Aufftieg da, und wiy wollen uns
die Dinge doch nicht trüber darstellen, als sie sind.
8 8 ¹ ““
in nächster Zeit den Umfang dieser
Zch möchte nun noch über die Schweinehaltung ein paagr sagen. Da haben wir doch aäuch ganz erhebliche Junahmen. hatten am 2. Juni 1919 8 491 576 Stück Schweine und wir hatten
bei der letzten Zählung am 1. September 1919 11 099 431 Stüäck
Schweine. Also in der Shweinehaltung ein ganz erheblicher Auf⸗ stieg. Nun ist gar kein Zweifel, daß diese Zahlen ja nur ein Minimum bedeuten, daß die tatsächliche Biehhaltung, besonders bei Schweinen ond Schafen, viel höher ist, weil man sie nicht so genau kontrollieten kann, daß wir da zu erheblich höheren Be⸗ ständen hinaufgekommen sind, also auch keine Befürchtungen für einen Uebergang in eine extensiv. Wirtschaft zu haben brauchen. Dagegen ist mir berichtet worden — und das ist doch eine sehr unteressante Erscheinung, Herr Abgeo dneter Herold —, daß im be⸗ setzten Gebiet die egorm hohen Viehpreise — weil wir da keine Viehbewirtschaftung mehr hatten — dazu geführt haben, diß unsere
Landwirte ihr Vieh dort in Massen verkauft haben zum Schaden
ihrer Wirtschaft, daß die übermäßig hohen Preise einen ganz unge⸗ sunden Anreiz gegeben haben. Es ist leider so wie in jedem andern Erwerbszweige: wenn den Leuten ein übermäßiger Preis geboten wird, sehen sie die Wirkung für ihre Wirtfchaft nicht und nehmen das Geld und geben ihre Viehbestände heraus. Ich will versuchen, ungesunden Entwicklung der Preisbildung am freien Markt für unsere Gesamtwirtschaft einmal genau festzustellen. b
Wenn ich jetzt die Viehwirtschaft freigäbe und die Fleischpreise aufgeben würde, dann bekämen wir einen enorm hohen Preis für Fleisch, der auf das Drei⸗ und Vierfache steigt und der uns die Viehhaltung der Landwirtschaft zu⸗ grunde richtet. (Lebhafte Zustimmung bei den So sialdemokraten.) Da können Sie sicher sein; denn es rechnet nicht jeder so pernünftig, daß er sich sagt: du nimmst nicht die fünf⸗ oder sechstausend Mark, die du für ein Stück Rinsvieh bekommst, das wäre ein Schaden für deine Wirtschaft —, sondern er sagt: ich nehme die fünf⸗ oder sechs⸗ tausend Mark, denn das scheint mir sicherer, als wenn ich das Stück Vieh in dem Stall habe. Deshalb bitte ich, auch die große Gefahr zu erkennen, die darin besteht, wenn eine übermäßige Preisbildung der Landwirtschaft den Anreiz zum Ausverkauf gibt. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Sie mögen das Reichswirtschaftsministerium angreifen, soviel Sie wollen, Sie werden aber zugestehen müssen, daß wir gerade in bezug auf die Schonung der Viehhaltung außerordeat⸗ lich weit gegangen sind. Wir haben unserer städtischen Bevölkerung viele Wochen lang nur mit eingeführtem Konservenfteisch und ge⸗
frorenem Fleisch durchgeholfen, um die Viehbestände in der Landwirt⸗
schaft zu schonen. Ich glaube, mehr war nicht möglich, und mehr war nicht zu erreichen.
Der Herr Abgeordnete Herold und, ich glaube auch, der Herr
Abgeordnete Semmler haben nun gemeint, die gegenwärtige Re⸗
gierung habe nichts getan, um die Produktion in der Landwirtschaft zu heben. Das ist auch von der früheren Regierung gefagt worden. Das ist ein fortlaufender Vorwurf, der anscheinend allen Regierungen, die bis jetzt hier an dieser Stelle die Verantwortung trugen, gemacht wurde. Ich möchte in diesem Falle sogar die frühere Regierung auch noch in Schutz nehmen, weil ich glaube, daß sie nach der Richtung keinen Vorwurf verdient, ebensowenig wie die gegenwärtige Regierung den Vorwurf verdient, daß sie nichts getan habe, um die Pro⸗ duktion zu heben. Das, was sie tun wollte und was sie tun mußte, das war in der Wirkung verfehlt, weil wir es nicht ausführen konnten, weil uns Hindernisse im Wege standen, Herr Abgeordneter Herold, die nicht zu beseitigen waren. Das sind eben Hindernisse, die Sie ja alle auch kennen.
Ich will nur zwei Dinge anführen, die uns das recht klar vor Augen führen. Es ist zunächst, worüber Sie qguch gesprochen haben, Herr Abgeordneter Herold, die Versorgung mit künstlichen Dünge⸗ mitteln und zweitens die Arbeiterfrage. Meiner Ansicht nach zwei wichtige Aufgaben, die für die Förderung der Produktion in Deutschland geradezu entscheidend sind. Der Rückgang unserer Produktion an Däüngemitteln oder die nicht polle Leistung unserer Düngemittelfabrikation ist uns ja allen bekannt. Wir können schließlich. das Thomasmehl, das heute im besetzten Gebiet liegt, für uns nicht beanspruchen, weil es uns nicht herausgegeben wird. Der übrige Teil der Produktion ist so gering, daß darunter die Düngemittelversorgung der Landwirtschaft außerordentlich leidet. Aber ich sehe gar kein Mittel, das zu ändern, es sei denn, daß uns aus dem besetzten Gebiet größere Mengen von unseren Gegnern zur Verfügung gestellt werden. Daran glaube ich aber in absehbarer Zeit noch nicht. Die Ammoniakfabrikation ist be⸗ schränkt in der Produktion seitens der Kokereien. Für synthetischen Ammoniak und Kalkstickstoff hat die alte Regierung einen geradezu musterhaften Betrieb eingerichtet, der, wenn er pollständig in Tätig⸗ keit kommt, uns wirklich eine glänzende und gute Versorgung mit Kalkstickstoff bringt. Aber die ganze Frage hängt damit zusammen: sind wir in der Lage, das Brennmaterial für diese großen Stickstoff⸗ werke zu liefern, sind wir in der Lage, den Kalk zu liefern für diese großen Stickstoffwerke. Daran scheitert bisher unfere Produktion. Deshalb ist es nicht möglich, die künstlichen Düngemittel so zur Verfügung zu stellen, wie wir es gerne wünschten und es für not⸗ wendig erachteten.
Wir haben die Möglichkeit, Rohphasphate im Ausland, in Amerika, einzukaufen, aber zu einem Preife, daß einem dabei angst und bange wird, wie man diese Düngemittel, diese Rohphosphate hier absetzen soll und welchen Preis dann die Landwirtschat für ihre Produkte fordern wird. Es ist doch sehr zu überlegen — und wir haben uns das sehr überlegt — ob wir das machen sollen, diese Rohp osphate zu diesen Preisen einzuführen. Ich muß sagen, ich habe große Be⸗ denken dagegen, auch vom Standpunkt unserer Finanzwirtschaft, diese pielen Millionen für die Rohphosphate aus dem Lande zu geben, die natürlich unserer Landwirtschaft sehr zugnte kämen, aber die bei der gegenwärtigen Preislage eine Verwendung gar nicht finden könnten, es sei denn, daß wir Mittel und Wege fi den, um der Landwirtschaft dafür wieder ein Aquivalent in höheren Preisen zu bieten. Ob das möglich ist, muß ich noch genau prüfen. Wie gesagt, ich habe große Bedenken.
Unsere Kaliversorgung ist an sich durchführbar. Wir haben ja die größte Kaliproduktion von allen Ländern der Welt. Auch da ist nur die Frage wieder entscheidend, ob wir diese Kaliwerke genügend mit Kohle beliefern können. Können wir das nicht, dann können Sie als Wirtschaftsminister hersetzen, wen Sie wollen, er kann diese
im Großbetrieb, besonders im Osten.
zahlen, wie wir es
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Denn bas
Dinge nict ausräumen, sie können nicht beseitigt werden. geht über seine Macht und über seinen Einfluß.
Der Rückgang in der landgirtschaftlichen Produktion ist dann doch nicht zuletzt ine Arbeiterfrage. Da möchte ich doch darauf hin⸗ weisen, daß wir mit der Lösung der Landarbeiterfrage natürlich große Schwierigkeiten haben, und wie sich das in künftiger Zeit gestalten soll, vermag ich qugenblicklich noh nicht zu übersehen. Ich sehe auch aus allen landwirtschaftlichen Interessentenkreisen keinen vernünftige
Vorschlag, wie wir diese Landarbeitefrrage lösen sollen, insbesondete
für den Großbetrieb. Es fehlen uns die landwirtschaftlichen Arbeiter Wir haben bisher künstlich ein meiner Ansicht nach ganz falsches System aufrechte halten, das unter den alten politischen Verhältnissen sich befestigt hatte. Damals der Landarbeiter mit geringen Bedürfnissen, geringen Löhnen, schlechten Wohnungen, schlecht untergebracht auf den großen Gütern, in den meisten Fällen wenigstens, mit einigen Ausnahmen — und jetzt
wollen Sie städtische Arbeiter aufs Land haben, die sagen: In die se
Löcher kriechen wir nicht hinein, die wollen wir nicht haben. Dazu kommt eine große Anzahl von Landwirten, die sagen: die Löh e
zahlen wir nicht, die ihr haben wollt; wir wollen keine Tarifvertläge,
wir wollen nicht, daß der Tarifvertrag uns bindet, sondera wir bisher gewohnt waren aus gutem Willen, und wenn wir es für notwendig halten, zahlen wir auch etwas mehr, aber wir wollen keine Verpflichtungen. Das sind die Schwierigkeiren, und wenn Sie um diese Schwierigkenten nicht herumkommen, wenn Sie sich nicht den neuen Verhältnissen anvassen, anständige Arbeiterwohnungen bauen und sich verpflichten zu besseren Arbeiterlöhnen, können wir die Arbeiterfrage auch nicht in beschränktem Umfang lösen. (Zurufe rechts) — Sie sagen ganz recht: Bauen Sie einmal Arbeiterwohnungen! Das sage ich ja eben, das ist ein Vorwurf, den ich Ihnen mache, daß Sie nicht früher (lebhafte Zustimmung bei den Sosialdemo⸗ kraten) unsere Arbeiterschaft auf eine gesündere, bessere soziale Grundlage gestellt haben. Es rächt sich jetzt, daß Sie nicht genügend dahin gewirkt hahen, daß die Arbeiterwohnungen auf dem Lande hesser eingerichtet wurden. (Abgeordneter Schiele: Was haben sie in den Großstädten und Industriezentren für Wohnungen, vergleichen Sie das einmal!) — Die Arbeiterwohnungen in den Gro städten, Herr Abgeordneter Schiele, sind sicherlich nicht gerade Mustsrwoh⸗ nungen, aber sie heben sich immer noch glänze d hervor gegenüber dem, was sehr piele Landwirte unseren Landarbeitern draußen auf dem Lande bieten. (Widerspruch rechts.) Nein, nein, darüber ist gar kein Streit. Wenn unsereg städtischen Arbeiter nicht in solche Löcher draußen auf dem Lande hineinkriechen wollen, so zeigt das daß die Stadt ihnen immer noch eine bessere Wohnstätte bietet. (Zurufe rechts.) Ich verallgemeinere nicht, ich weiß, daß es auch auf dem Lande Ausnahmen gäbt und daß einige Besitzer sich sehr wohl dayor hüten, sich diesem Vorwurf auszusetzen. Aber im allgemeinen haben wir doch tatsächlich fehr dürftige Wohnverhältnise.
Natst lich laßt sich eine solche Umgruppierung der Arbeiterscha von der Stadt auf das Land nicht so schnell vollziehen. Darüber müssen wir uns klar sein. Außerdem verhindert auch die Gewöhnung an die Stadt, daß sich die Leute so schnell in ländliche Verhäͤltnisfe hineinfinden; das dauert seine Zeit. Wir werden in Deutschland, wenn uns die ausländischen Wanderarheiter nicht zur Verfügung stehen, zweifellos dazu übergehen müssen, den Kleinbesitz, den Klein⸗ bauernstand zu begünstigen; denn er bietet die Möglichkeit, Arbeits⸗
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kräfte zur Verfügung zu haben und den Boden intensip zu bewirt⸗
schaften. Dabei ist allerdings nicht außer acht zu lassen, daß die wenig ertragreichen Böden im Osten auch dem Kleinbetrieb keine Siedlung möglichkeiten bieten, so daß dort vielfach der Großbetrieb die beste und ertragreichste Form der Bewirtschaftung sein wird. Ich hoffe aber, daß auch das Siedlungsgesetz für den Landarbeiter eine besse soziale Fürsorge herbeiführt, und daß dadurch vielleicht ein Teil d Schwierigkeiten in dieser Frage gelöst werden kann.
Sie sehen also, daß die Regierung in der Hebung der lan wirt schaftlichen Produktion durchaus fortgeschritten ist und alles getan hat, was unter den gegenwärtigen Verhältnissen möglich ist. Sie apelliert nun aber auch an den Landwirt, daß er sich der neuen Zeit anpaß und den sozialen Forderungen der Arbeiter und Angestellten besser gerecht wird, damit die Leute aus der Stadt wieder aufs Land zurxück⸗ kommen und die Landflucht qufhört, die wir in der zurückliegenden Periode zu beklagen hatten.
Vor allen Dingen bedaure ich, daß die Tarisverträge in gewisser landwirtschaftlichen Kreisen auf so heftigen Widerstand gestoßen sind So ist mir von Ostpreußen gesagt worden, daß die kleinen Be⸗ und zum Teil guch die mittelhäuerlichen Betriebe die Hackfruchternte restlos hereingebracht hahen, ebenso auch einige Großgrun besitzer, sich mit ihren Arbeitern über die Löhne verständigt haben und der⸗ wegen eine durchaus gefügige Arbeiterschaft haben. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Dagegen giht es gerade in Ostpreußen eine große Zahl von Besitzern aus dem Feudaladel, die diese neuen Ge⸗ danfen nicht an sich herankommen lassen und für soziale Wünsche u Forderungen absolut kein Verstä dnis haben und zu keiner Zeit 9 habt haben, die sich immer ablehnend verhalten haben. Diese haben natürlich keine Arbeiter bekommen und haben natürlich auch die Hac⸗ fruchternte fast vollständig verloren. (Widerspruch rechts.) Es ist schlirßlich ein Unterschied in der Art, wie man es persteht, seine Wir schaft zu führen, wie man den Arbeitern entgegenkommt. Hier im viel gesündigt worden und es wäre besser gewesen, wenn man en größeres Entgegenkommen gezeigt hätte. Es fällt mir nicht ein, je Torheit, die von den Arbeitern auf dem Lande gemacht wird, 7 billigen und zu verteidigen; aber ich muß immer wieder betonen: e muß auch der Landarbeiter in der gegenwärtigen Zeit einmal em finden, daß er auf eine andere Position gehoben wird, daß man fi seine Forderungen eine verständnisvolle Würdigung hat und daß man in der gegenwärtigen Zeit nicht immer den Herrenstandpunkt heran kehrt. Es ist ganz unangebracht, zu sagen: so ordne ich an und so habt ihr zu parieren; damit kommt man heute nicht weiter und kan man keine Wirischaft führen. Das ist viel gefährlicher als die Zwangswirtschaft, Herr Dr. Semmler, was Ihre Freun in Ostpreußen gegenüber den Landarbeitern treiben. (Zurufe recht⸗ Wenn diese mittelalterliche Zwangswirtschaft einmal aufgehoben wier sind wir viel besser gestellt als bei der Aufhebung der Zwangswin schaft, die die Regierung vertritt. (Abgeordneter Semmler: So etwas gibt’'s nicht mehr!)
Ich glaube deshalb nicht, daß die Befürchtungen berechtigt siend daß wir zu einer extensiven Landwirtschaft kommen.
Wir werden