1919 / 273 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 28 Nov 1919 18:00:01 GMT) scan diff

ständige Steuerveranlagungen eines verstorbenen Steuer⸗ pflichtigen zu melden, widrigenfalls sie selbst haftbar gemacht werden können.

Abg. Dr. Ludewig (Dem.) bittet, dem Antrage stattzugeben.

Abg. Burlage (Zentr.): Wir müssen danach trachten, die Steuergerechtigkeit wieder auf sicheren Boden zu stellen, wenn die Steuerbehörde einmal hintergangen worden ist. Geschieht es nicht, so wird immer weiter defraudiert. Die Wahrheit muß über Rücksichten der Pietät gestellt werden.

Der Antrag auf Streichung des § 97 wird abgelehnt, der Paragraph bleibt unverändert.

§ 179 wird auf einen Antrag aller Parteien dahin ge⸗ ändert, daß die Rechtsanwälte und auch deren Gehilfen in Steuerangelegenheiten ihrer Auftraggeber keine Schweige⸗ pfilcht haben, es sei denn, daß es sich um Fragen handelt, deren Bejahung oder Verneinung ihre Auftraggeber der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen würde.

Zu § 189 (Auskunftspflicht der Banken und Sparkassen) beantragt Abgeordneter D. Mumm (D. Nat.) einen Zu⸗ satz, wonach die kleinen Konten der Anzeigepflicht nicht unter⸗ liegen.

Reichsfinanzminister Erzberger erklärt den Antrag für nicht erforderlich, da eine solche Ausnahme in den Ausführungsbestimmungen vorgesehen werde.

Unter Ablehnung des Antrag Mumm wird § 189 unver⸗ ändert angenommen.

§ 343 wird dahin geändert, daß nicht bei landwirtschaft⸗ lichen oder gärtnerischen Grundstücken allgemein, sondern nur bei Kleinsiedlungen die Zwangsversteigerung oder Zwangs⸗ verwaltung wegen Steuerschulden nur mit Zustimmung des Schuldners zulässig ist. Diese Bestimmung bezieht sich nur auf deutsche Besitzer, jedoch soll das Landesfinanzamt von der Be⸗ dingung der Reichsangehörigkeit absehen können.

Im § 441 wird bestimmt, daß die Reichsabgabenordnung am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft tritt; jedoch tritt die Straffreiheit bei unverschuldetem Irrtum über steuerrechtliche Vorschriften für alle Steuergesetze sofort in Kraft. Als § 448 cc wird eingefügt, daß der § 12 Absatz 1 des Tabak⸗ steuergesetzes bezüglich der zinslosen Stundung von Steuer⸗ beträgen durch die Bestimmungen der Reichsabgabenordnung über Verzinsung von gestundeten Steuern nicht berührt wird.

Damit ist die Einzelbesprechung beendet. Vor der Ge⸗ samtabstimmung wird der Antrag der Deutschnatio⸗ nalen, daß nach Artikel 76 der Reichsverfassung eine Zwei⸗ drittelmehrheit erforderlich sein soll, abgelehnt. Bei der Ge⸗ samtabstimmung wird die Reichsabgabenordnung gegen die Stimmen der Deutschnationalen angenommen.

Auf Antrag des Ausschusses wird folgende Ent⸗ schließung gefaßt:

Die Reichsregierung zu ersuchen, alsbald in Erwägungen darüber einzutreten, auf Grund welcher Richtlinien eine allgemeine Regelung des Inhalts herbeizuführen ist, daß die von der Reichsregierung oder den zuständigen Reichsministerien zu erlassenden Ausführungsbe⸗ stimungen zu Reichsgesetzen, soweit diese Bestimmungen über allge⸗ meine Verwaltungsvorschriften hinausgehen (Artikel 77 der Ver⸗ fassung), der Zustimmung eines ständigen Ausschusses des Reichstags bedürfen, und das Ergebnis dieser Erwägungen sobald als möglich der Nationalversammlung mitzuteilen.

IEs folgt die Beratung des Antrages aller Par⸗ teien mit Ausnahme der Unabhängigen Sozialdemokraten:

Angesichts der Hungersnot in Deutsch⸗Oesterreich ersucht die deutsche verfassunggebende Nationalversammlung die Reichs⸗ regierung, trotz der Notlage in Deutschland 1) den Deutsch⸗Oester⸗ reichern, insbesondere der Stadt Wien, mit Mehl auszuhelfen, damit der Hunger nach Brot durch deutsche Hilfe gelindert wird; zu diesen Zweck ist die für den Verbraucher festgesetzte deutsche Mehlration für 4 Wochen je um insgesamt 200 g, also wöchentlich von 1750 g auf 1700 g zu kürzen; 2) eine private Hilfsaktion zugunsten der Hungernden in Deutsch⸗Oesterreich unverzüglich ins Werk zu setzen. Feaseber Fehrenbach: Es war ursprünglich geplant, daß je ein Redner der antragstellenden Fraktionen zu diesem Antrag das Wort ergreifen soll. Erst im Laufe der Sitzung ist das Haus über⸗ ingekommen, die Begründung dieses Antrags nur durch den Präsidenten vornehmen zu lassen. Es war mir nun nicht möglich, während der gufregenden Beratung der Reichsabgabenordnung die Gedanken zu⸗ sammenzufassen und die richtigen Worte zur Begründung dieses An⸗ trages zu wählen. Ueber die Notlage in Deutsch⸗Oesterreich, speziell in der alten Kaiserstadt Wien, sind so zuverlässige Mitteilungen uns geworden, daß ein Zweifel über die ungeheure Notlage nicht mehr be⸗ stehen kann. Vertreker der Presse haben dem Reichspräsidenten Aus⸗ führungen über die Notlage gemacht; es ist leider die trostlose Tat⸗ sache vorhanden, daß in Oesterreich⸗Ungarn und in Wien eine große nzahl von Bewohnern vor dem Hunnertode steht. (Große Be⸗ wegung.) Arme Frauen, arme Kinder sind der Gefahr des größten Elends ausgesetzt. Wenn die Menschlichkeit noch ein Wort hätte in der Welt, so würden jetzt diejenigen, die den Krieg gegen Oesterreich geführt haben, sich erbarmen und aus ihren reichen Beständen der Notlage in Oesterreich abhelfen. (Lebhafte Zustimmung.) Aber an die Humanität, an die Menschlichkeit, an die christliche Barmherzigkeit scheint man vergeblich in diesem Falle zu appellieren. (Sehr richtig!) Und nun geht der Hilfsschrei Oesterreichs an uns Deutsche, die wir selber darben, die aber doch noch einige Brosamen haben, um dem noch schwerer heimgesuchten Oesterreich in seiner bitteren Not wenigstens einigermaßen beizuspringen, und wir sind auf Grund unserey alten Stammesgemeinschaft bereit, den Oesterreichern ihre schlimmste Not zu beheben, wenn auch nur in ungenügendem Maße. Der Antrag geht Sahin, daß die Reichsregierung fürn die nächsten vier Wochen 200 g an unseren Brotkarten kürzt, also in der Woche um 50 g. Wir wissen, daß es für viele notleidende Familien in unserem Deutschen Reiche ein schoweres Opfer ist (sehr wahr!), aber wir glauben doch, daß die Ge⸗ fühle der Humanität, des Mitleides mit dieser Not uns dazu be⸗ stimmen können, auf diese wöchentlichen 50 g zu verzichten. (Sehr richtig!) Wir wissen, daß wir schon früher mit minderen Mengen aus⸗ kommen mußten, und wir wissen, daß immerhin unser Brot etwas besser geworden ist, und da wollen wir uns entschließen und die Re⸗ gierung auffordern, daß unsere Karten um 50 g pro Woche gekürzt werden, und daß dieser Betrag dann den Oesterreichern zugewendet werden soll. Es wird eine derartige Summe orgeben, daß der ärgsten Notlage in der nächsten Zeit in Oesterreich, speziell für Wien, abgeholfen wenden kann. Die deutsche Regierung wird in der Ermächktigung der Ver⸗ tretung des deutschen Volkes einen Avppell erblicken, das ganze deutsche Volk wird sich diesem Appell anschließen, unsere Not um diesen keinen Betrag noch zu vergrößern. Wir hoffen, auch so noch wenigstens einigermaßen auszukommen und die ärasten Mißstände in Oesterreich zu beheben. (Lebhafter Beifall.) In seinem zweiten Teil will der Antrag auch eine private Hilfsaktion ins Werk setzen, und damit wenden wir uns aus diesem Raum hinaus an alle deutschen Gaug (Beifall) und bitten diejenigen, die in der Lage sind, von ihren Mitteln noch etwas abzugeben, jetzt einzutreten für diese große, große Not unter unseren deutschen Brüdern in Oesterreich. (Lebhafter Bei⸗ fall.) „Ein Werk der Barmherzigkeit, der Mildtätigkeit, ein Werk. dgs seinen Lohn in dem eigenen Gewissen bei jedem finden wird, ein Werk, das die dankbare Gesinnung von allen Bewohnern Deutsch⸗ Oesterreichs uns sichert. Das Band, das schon jetzt so eng um unsere Stammesverwandtschaft gewunden ist, wird sich noch enger um uns schließen. Oesterreich wird nicht vergessen, daß das selbst notleidende Deutsche Reich es in seiner allergrößten Rot nicht vergessen hat. Das

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a Fest d inderfreude, en Ich möchte der Meinung sein, daß auch die kir

Instanzen aller Konfessionen und Religionen mitwirken werden, ie ihre untergeordneten Organe anweist, an einom geeigneten in der Abventszeit die Flaäubigen aufzufordern, zugunsten dieser Naen in Deutsch⸗Oesterreich mit frommem Dinn ein schönes poflein beizutragen. (Lebhafter Beifall.) Ich glaube, diese wenigen

te genügend zur Begründung des Antrags, der eigentlich keiner Begründung bebarf. Aber es hat meinem Bedürfnis und Ihrer aller Bedürfnis entsprochen, einige herzliche, warme Worte diesem Antrag mit auf den Woeg zu geben zum Trost für unsere in so schwerer Not üe en deuschen Brüder in Deutsch⸗Oesterreich. Cebhafter Abg. Geyer⸗Leipzig (U. Soz.): Ich habe im Namen meinen Fraktion eine Erklärung abzugeben. Die Fraktion erklärt sich damit einverstanden, den Deutsch⸗Oesterreichern mit Brotgetreide zur Mil⸗ derung ihrer Not Hilfe zu beisten. In Anhetracht dessen jedoch, daß auch in Deutschland die minderbemittelte Bevölkerung bis zur Er⸗ schöpfung an Unterernährung leidet, kann sie einer Verkürzung der Brotration nicht zustimmen, weil damit die städtische Bevölkerung ge⸗ troffen wird und nicht die große Zahl der Selbstversorger. In Kon⸗ sequenz dieser Erklärung beantrage ich, daß über die einzelnen Absätze des Antrnags besonders abgestimmt wird.

Hierauf nimmt der Reichswirtschaftsminister Schmidt das Wort, dessen Rede wegen verspäteten Eingangs des Steno⸗ gramms erst in der nächsten Nummer dieses Blattes im Wort⸗ laute wiedergegeben werden wird. w

Präsident Fehrenbach. An die Selbstverforger soll sich der Appell wegen der privaten Aktion besonders richten. Namentlich mögen die Geistlichen ihren Einfluß auf die ländliche Bevölkerung ausüben. Ich hofse, daß Pfarrer und Bürgermeister bei unseren Bauern die Herzen für die Oesterreicher öffnen werden, daß sie von ihren Erzeugnissen, was sie erübrigen können, alles abzuliefern bereit sind.

Abg. Schiele (D. Nat.): Wir sind von dem Grundsatz aus⸗ gegangen, daß nicht allein die Versorgungsberechtigten die Last zu tragen haben, wir fordern vielmehr, daß die Selbstversorger von ihrem Deputat das abgeben, was gefordert werden muß. Unter keinen Umständen dürfen die Versorgungsberechtigten allein dieses Opfer tragen.

Darauf wird der Antrag einstimmig angenommen, die Verkürzung der Brotration gegen die Stimmen der Unab⸗ hängigen.

Als letzter Punkt der Tagesordnung wird ein Antrag Arnstadt (D. Nat.) auf Einsetzung eines Ausschusses für Bevölkerungspolitik von 28 Mitgliedern und eines Ausschusses für Wohnungspolitik von 21 Mitgliedern nach kurzer Begründung durch den Abg. D. Mumm durch Zustimmung erledigt.

Nächste Sitzung: Mittwoch, 3. Dezember, nachmittags 1 Uhr: „Einbringung von Steuervorlagen durch den Reichs⸗ finanzminister. 8

Schluß nach 8 Uhr.

Preußische Landesversammlung. 85. Sitzung. Vom 27. November 1919. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“).)

Am Regierungstische der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Haenisch

Präsident Leinert eröffnet die Sitzung um 2 ¼ Uhr.

Anuf der Tagesordnung steht zunächst die förmliche An⸗ frage der Deutsch⸗Hannoveraner und des Zentrums: Das Friedmannsche Tuberkuloseheilmittel hat sich jetzt in Tausenden zum Teil von ärztlichen Autoritäten beglaubigter Fälle als unschädlich und geeignet erwiesen, die Tuberkulose in nicht zu weit vorgeschrittenen Fällen sicher zur Hetlung zu bringen. Die allg⸗meine Anwendung des Mittels, von der eine einmalige Ein⸗ spritzung in den meisten Fällen zur Herlung genügt, würde unserem Volke tausende gefährdete Menschenleben erhalten und dem Staate viele Millionen von Kosten ersparen, die jetzt für Tuberkuloseheil⸗ stätten ausgegeben werden. Was gedenkt die vreußische Regierung zu tun, um die allgemeine Anwendung des Friedmannschen Mittels möglichst zu förd rn? Nachdem durch den Vertreter der Staatsregierung die Vereitwilligkeit der Regierung erklärt ist, die Anfrage sofort zu beantworten, erhält zur Begründung das Wort

Abg. Dr. Brackmann (SDeutsch⸗Hannoveraner): Im Haus⸗ haltungsausschuß ist das Verlangen, zur Prüfung des Friedmannschen Mittels sofort einen Ausschuß einzusetzen und das Ergehnis der Prüfung der Landesversammlung vorzulegen, früher zuruckgewiesen worden, und man wollte nicht einmal eine Befprechung zulassen. Es sind gegen Professor Friedmann Vorwürfe persönlicher Natur erhoben worden, die auf Verleumdung bernhen, deren Erörterung aber auch die ganze Angelegenheit auf ein falsches Gleis führen würde. Es handel sich nicht um die Person, sondern um das Mittel. n dasselbe im Hinblick auf die ungeheuren Kosten und die Unsicherheit des Erfolges der bis⸗ herigen Behandlungsweise eine große Bedentung hat, sieht außer Frage. Der Ministerialdirektor Gottstein will allerdings im allgemeinen das endgültige Urteil der Aerzteschaft überlassen. Der Kultusminister ist inzwischen den Verdtensten Friedmanns gerecht geworden. Jedenfalls sind schon die bisherigen Erfolge vielversprechend und ein Lichtblick in uns ren trüben Tagen, es handelt sich um einen epochemachenden Fortschritt in der Behandlung dieser tückischen Volks⸗ krarkheit. Der Redner geht dann sehr ausführlich auf den Studiengang des Professor Friedmann, wie auf die Natur, die Zu⸗ sammensetzung, die Wirkung und die Erfolge des Friedmannschen Heilmittels, auch auf die Gegnerschaft, die es in den medizinischen Fachkreisen erfahren hat, ein. Seine Darlegungen geben aber bei dem schwachen Organ des Redners und bet der andauernden lauten Privatunterhaltung der in zahlreiche Gruppen aufgelösten Versamm lung im Zusammenhange für die Presseempore vollständig verloren. Ministerjaldirektor Gottstein: Hervorragende Kliniker haben sich mit der Prüfung des Mittels beschäftigt, zu einem abschließenden Urteil ist man indes noch nicht gekommen. Es müssen erst noch weitere autoritative Gutachten abgewartet zerden. Es wäre ja möglich, daß durch das Mittel die Krankheit etwas eingedämmt würde, aber als Allheilmittel zur Ausrottung der Tuberkulose es an⸗ zusprechen, wäre abwegig. Derartige Zusicherungen sind schon drei⸗ mal, bei Einführung des Tuberkulins, des Salvarsans und eines anderen Serums gemacht worden. Es gibt in der Geschichte nicht einen einzigen Fall, daß es gelungen wäre, eine solche Krankbeit ein⸗ zuschränken oder gar auszurotten. Ich empfehle also in dieser Hinsicht vorsichtig zu sein und nicht falsche Hoffnungen zu erwecken. Im übrigen hat die Tuberkulose in den letzten Jahren eine so schreckliche Zunahme erfahren, daß es ein Segen für dos Volk waͤre, wenn mit Hilfe dieses Mittels cine Ein⸗ schränkung der Tuberkulose erzielt wuͤrde. Die Hauptschwierigkeit liegt nur darin, daß das Mittel bisher noch nicht allen Aerzten zur Verfügung gestellt worden ist.

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Auf Antrag wird in die Be prechung der förmlichen An⸗ frage der Abgg. Dr. Brackmann und Genossen über das Fried⸗ mannsche Tuberkuloseheilmittel eingetreten.

Atg. Gräf⸗Frankfurt (Soz.): Wir sind der Anßgßt⸗ daß die Regierung vorsichtig sein muß in der Beurteilung des Mittels, um nicht in den Verdacht zu kommen, einseitig zu urteilen. Zur Be kämpfung der Tuberkulose ist in erster Linie notwendig die Versorgung des Volkes mit mebr und mit besseren Lebens⸗ mitteln, des weiteren die Verbesserung der Wohnungsfürsorge, Versorgung mit Kleidern usw. Außerdem die Heranbildung von Spezialärzten und eine Verbesserung der Lungenheil⸗ Fürsorge. Vor dem Kriege war ein erfreulicher Rückgang der Sterb⸗ lichkeit zu verzeichnen. Durch den Krieg trat ein gewaltiger Um⸗ schwung ein. Es ist daher freudig zu begrüßen, wenn jetzt ein Mittel gefunden zu sein scheint, diese schwere Volksseuche zum mindesten einzudämmen. Natürlich handelt es sich nicht um ein Allheilmittel, aber eine größere Anzahl von Autoritäten haben einen vorzüglichen Erfolg bei Anwendung des Friedmannschen Mittels zu verzeschnen. Die Erklärung der Regierung beweist, daß sie absolut nicht Schwie rigkeiten machen will, sondern das Mittel objektiv prüfen will. Den Aerzten sind aber verschiedene Vorwürfe gemacht, so 3 B. der, daß sie über eine Anwendung des Mitiels verärgert wären, wgeil sie nicht selbst das Mittel erfunden hätten. Ebenso sollen die Spezialärzte wütend darüber sein, daß infolge der An⸗ wendung des Mittels eine schnelle Heilung der Patienten erzielt würde und damit ihre Kliniken unbesetzt blieben. Eine solche Denkungsweise kommt doch wohl hoffentlich nicht in Frage. Im Krankenhause zu Frankfurt sind in 600 Fällen geradezu ver⸗ blüffende Erfolge erzielt worden. Auch die Schwestern haben eine so schnelle Heilung nicht für möglich gehalten. Einen Zwang, dos Mittel anzuwenden, darf aber die Regierung auf die Aerzte nichr ausüben. Der Staat muß sich überhaupt so wenig wie möglich in diesen Streit um das Mittel einmischen. In der Lungenheilstätte zu Belzig ertönt jetzt der Ruf der Patienten nach einer Ein⸗ spritzung mit diesem Mittel. Selbstverständlich muß auch do t eine solche vorgenommen werden. Man müßte überhaupt die Aerzte in der Fachpresse über das Mittel aufklären und auch sonst im Volke aufklärend wirken. Es ist Professor Friedmann vorgeworfen worden, daß er das Mittel nicht allgemein den Aerzten freigebe. Das ist doch begreiflich. Professor Ehrlich war ebenfalls ängstlich sein Salvarsam allen Aerzten zugänglich zu machen, weil oft dem Mittel Mißerfolge zugeschoben wurden, die lediglich auf falscher Anwendung beruhten. Eine Einmischung des Mnmisters für Kunst und Wissenschaft ist nicht angängig, ganz abgesehen davon, dan unsere Universitäten seiner Anordnung nicht ohne weiteres Folge leisten würden, wie das schon öfter der Fall gewesen ist. Durch den Arbeitsausschuß darf aber die Verbreitung des Mittels nicht verzögert werden. An das Volk selbst und an die Aerzte muß sich die Regierung wenden zur Bekämpfung der Tuberkulose mir Hilfe des Friedmannschen Mittels. Wenn das geschieht, so ist eine Gesundung unserer Patienten und damit die Erhaltung unseres ge⸗ samten Volkskörpers zu erhoffen.

Abg. Dr. Schloßmann (Dem.): Wir stehen jedenfalls am Anfang einer neuen Aera, der Geist Friedmanns zieht in die Landes⸗ versammlung ein! Dem Mittel des Dr. Friedmann stehe ich auch jetzt noch ganz objektiv gegenüber. Eigene Erfahrungen darüber besitze ich nicht; ich bin aber berert, es anzuwenden, wenn es etwas taugt. Nachdem mein Antrag auf Prüfung des Mittels gestern im Ausschuß einstimmig angenommen wurde, hat die heutige Aussprache, wo doch nur Ansicht gegen Ansicht steht, wenig Zweck. Die heutige Antwort der Regierung kann mich auch nicht ganz befriedigen. Was ich Friedmann zum größten Vorwurf mache, und was mich mit größtem Mißtrauen gegen ihn erfüllt, ist die ungebeuerliche Reklame, die in der Geschichte der Wissenschaft und auch in der Geschichte der Reklame noch nicht dagewesen ist. Am Mittwochabend spricht Fried⸗ mann in der Berliner medizinischen Gesellschaft; am Donnerstag⸗ abend sind bereits in sämtlichen Blättern der Vereinigten Staaten von Amerika Artikel mit Ueberschriften wie der „Napoleon der Medizin“ usw. zu sehen. Ob hier nechgerade Dr. Fiedmann berufen ist, die Ehre der deutichen W ssenschaft in der Welt mit sölchem Kommerzialismus wieder zu heben? Anfangs 1914 hat die Medtzinal⸗ abteilung Berichte eingefordert. Der günstigste unter ihnen besagt, daß relative Hetlerfolge in beschränktem Umsange beobachtet seien, daß ein abschließendes Urtetl noch nicht möglich sei, daß eine mehr als relative Wirkung nicht zu erwarten sei. Der neuen Kommission sellten die damaligen Akten vorgelegt werden, schon um festzustellen, ob der frühere Leiter der Mediztnalabteilung, Professor Kirchner, wirklich gegen das Friedmannsche Mittel voreingenommen war. Wenn unsere Heifstaͤrten nicht mehr leisten, was sie vor dem Kriege geleistet haben, soll man sie nicht, wie der Abg. Gräf, herabsetzen, sondern soll dafür sorgen, daß sie genügend mit Milch usw. versorgt werden. Eine Reihe glänzender Heilerfolge weist das Mittel auf; aber es fehlen neben diesen Lichtseiten auch Schattenseiten nicht. Professor Röpke hat die Auffassung, daß das Mittel keine spezifische Heilwirkung auf die Tuberkulose besitzt. Sich ungünstig darüber zu äußern, ist aber heute nicht ungefährlich. Das bat zumal Geheimrat Schwalbe, der Heransgeber der „Deutschen Medizintschen Wochen⸗ schrift“ erfahren müssen. Herr Dr. Friedmann hat mit seinem Mittel auch Geldgeschäfte gemacht, die nicht ganz te⸗dellos erscheinen. Trotz allebem muß das Reitter wenn etwas an ihm ist, der All⸗ gemeinhert zugänglich gemacht werden. (Beifall bei den Dem.)

Hierauf nimmt der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Haenisch das Wort, dessen Rede im Wortlaute wiedergegeben werden wird, sobald das Stenogramm einge

ganger sein wird.

Hierauf wird die Besprechung abgebrochen. 1

Die Anordnungen über die Vermaltung des durch den Friedenevertrag zerschnittenen Kreises Marienburg werden ge⸗ nehmigt.

Eine Reih: von Bittschriften, zu denen keine Wort⸗ meldungen vorliegen, wird erlebigt. Ein Gesuch des Ma⸗ gistrats Berlin um Uebertragung der Sittenpolizei auf die stäbtische Verwaltung wird der Regierung zur Berxücksichtigung üherwiesen.

Darauf vertagt das Haus die weitere Beratung um ½ Uhr auf Freitag, 1 Uhr: Kleine Anfragen, Fortsetzung der

Besprechung der Anfrage über das Tuberkuloseheilmittel.

Großbritannien und Irland.

Die Regierung hat nach einer Havasmeldung vorgestern in Duhlin eine Proklamation erlassen, die alle Sinn⸗Feiner Organisationen sowle alle anderen nationalistischen und ähnliche Organisationen aufhebt.

Auf eine Anfrage erklärte Lord Churchill gestern im Unterhause, der „Agence Havas“ zufolge, daß den Nach⸗ richten, im Schwarzwald lägen zahlreiche Artillerie, große Munitionssager und andere Vorräte für eine große Armee bereit, nach eingezogenen Erkundigungen des Kriegsministeriums kein Glauben beizumessen sei. Auf eine andere Anfrage er⸗ klärte Churchill, daß am 24. Dezember 1918 der Dampfer „Adventure“ mit Munitionsvorräten mit der Bestimmung Archangelsk und Murman in See gegangen sei. Da bisher von dem Schiff keinerlei Nachrichten eingelaufen seien, müsse angenommen werden, daß es m unter⸗

—*) Mit Ausnahms der Reben der Herren Mi üster, die i Portl.u. wiedergegehen werden. arn g 88 1

gegangen sei. 8

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ddieser Ausnabme berührt merden.

Der Fünferrat hat in seiner vorgestrigen Sitzung laut

Meldung des „Wolffschen Telegraphen büros“ einem Abkommen zwischen Italien und dem südslawischen Staat inbetreff der Verteilung der Handeleflotte von weniger als 2000 Tonnen Gehalt zugestimmt. Dieses Abkommen beiuht auf dem „Frundsatz, die italienischen Schiffe den Südstawen zuzuweisen. Der Fuͤnserrat hofft, doß die Solidarität der maritimen Interessen zwischen beiden Läandern im Adrialischen Meer dahin führen werde, das gleiche Prinzip im Interesse der Gerechtigkeit auch in bezug auf die Schiffe von über 2000 Tonnen Gehalt zur Anwendung zu bringen.

Die Delegierten des serbo⸗kroatisch⸗slowe⸗ nischen Königreichs haben vorgestern der „Agence Havas“ zufolge ihre Zustimmungserklärung zum Friedensvertrag von St. Germain nicht unterzeichnet, da ihnen die nötigen Vollmachten mangelten, die Zusatzverträge amzuheißen. Nach derselben Quelle hat Stambulinski den Friedeus⸗ vertrag mit Bulgarien vorgestern vormittag unter⸗ zeichnet.

Das Amtsblatt veröffenilicht die Ernennung des Deputierten Léon Berard zum Minister des öffentlichen Unterrichts und der schönen Künste, des Deputierten Louis Dubois zum Minister für Handel, Industrie, Post und Tele⸗ graphie und des Deputierten Yoes⸗le⸗Trocquer zum Unter⸗ staatssekretär im Finanzministerium.

Bisher sind sechshundert Resultate der Kammer⸗ wahlen bekonnt. Es steben nur noch zehn Sitze der Kolonien und weitere sechs Sitze aus, derentmwegen ein zweiter Wahlgang stattfinden muß. Gewählt sind 133 Linksrepublikaner, 60 Radi⸗ kale, 83 sozialitische Radikale, 27 republikanische Sozialisten, 68 unifizierte Sozialisten, 6 dissidente Sozialisten, 133 Pro⸗ gressisten, 69 Vertreter der Action libérale und 31 Konservative. Die neue Kammer besteht aus 360 neuen Mitgliedern und 250 Mitgliedern, die schon der alten Kammer angehört haben.

Rußland.

Die Nordwestarmee und die Nordwestregierung werden laut Meldung des „Wolffschen Telegraphen büros“ auf⸗ gelöst. Die Bolschewiki konzentrieren an der Nordwestfront vorzügliche Trunpen, sodaß die Stellung der Esten außerordent⸗ lich schwer ist. Ueber die Friedenefrage teilte ein amerikanischer Offiner dem „Helsir gi Sanomau“ mit, daß die Friedensver⸗ handlungen bereits während des Aufenthaits Litwinosss in Dorpot beginnen sollten. Die Engländer verhinderten das, da sie zuerst selber mit Litwinoff verhandeln wollten. Die Ver⸗ handlungen würden nach der Rückkehr Litwinoffs im Dezember wieder aufgenommen werden.

We der Wiener „Neve Tag“ von einer unterrichteten Persönlichkeit erfährt, hat die russische Regierung gleich⸗ zeitig eine Depesche an die Wiener und an die Buda⸗ pester Regierung gerichtet, wonach die Sowjetrepublik sämtliche dem Landadel und dem Gutsbesitzerstande entstammen⸗ den Kriegsgefangenen ungarischer Nationa ität als Geiseln für die aus politischen Gründen verfolgten ungarischen Kommunisten betrachtet. 8

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Vom „Wolffschen Telegraphenbüro“ verbreiteten Meldungen aus polnischer Quelle zusolge haben sämtliche Minister des Kabinetts Paderewsti ihre Demission überreicht.

Das neue Kobinett ist der „Agence Havas“ zofolge unter dem Vorsitz des Ministers de la Croir gebildet worden. Es umfaßt die früberen Minister mit Ausnahme von Broque⸗ ville. Destree (Sozialist) übernimmt das Portefeuille der Wissenschaften und Künste, Poullet dasjenige des Innern.

Amerika.

In der Sitzung der internationalen Arbeitskonfe⸗ renz am 24. November begann die endgültige Beratung über den Entwurf einer Konver tion, betreffend den 8⸗Stunden⸗ arbeitetag und die 48⸗Srundenwoche, Die Konvention wurde Paragroph für Paragraph geprüft. Eine wichtige Aenderung wurde genehmigt, nämlich die Ueberweisung der Frage, betreffend Inlandtransportarbeit, an die besondere Kon⸗ serenz für seemännische Arbeit. Ein anderer Antrag, nämlich von der Kanvention diejenigen Betriebe auszunehmen. die nur Familienmitalieder beschäftigen, wurde abgelehoht. Jouhaux erklärte im Namen der Arbeiter, daß diese für die Konvention stimmen würden, weil es das erstemal sei, daß das in Rede stehende Prinzip international festgelegt werde. Das sei ein großer Schritt vormärts. Der Ausschußbericht wurde von Fontaine vorgelegt, der laut Bericht des „Wolffschen Tele⸗ grophenbüros“ folgendes ausführte:

6 Die Arbeitszeit der Arbeiter soll grundsätzlich 8 Stunden am LTage und 48 Stunden in der Wocke nicht überschreiten. Die Aus⸗ nahmen werden genau aufgezäbl’. In Betrieben mit durchgehender Arreit soll die Höchstgrenze 56 Stunden in der Woche betragen, doch soll nur der durchgetende Prozeß felbst, nicht der ganze Betrieb von Es wurde festgestellt, daß die egerwärtigen Verhältnisse in der Eisen⸗ und Stahlindustrie zu viele

afrika und den lateinisch⸗amerikanischen 1 Leßtere wiesen im einzelnen nach, daß sie nicht genügend rer⸗ treten seien.

fung der Konvention, betreffend den 8⸗Stundentag,

von Indien, Süd⸗

Zusammensetzung des Ausschusses wurde v. . Staaten vrotestiert.

In Morgen⸗ und Abenbsitzurgen wurde die gerane Prü⸗

beendet und die Konvention dem Ausschuß zur Einsügung der gestern vorgenommenen Abänderung zurückgegeben. Die Frage einer etwaigen Herabsetzung der Löhne, die von den Arbeitern mit Rücksicht auf die verkürzte Arbeitszeit befürchtet wurde, wurde lebhaft erörtert und einer späteren Entscheidung vor⸗ behalten. Nachdem beschlossen mworden mar, bereits im Aus⸗ schuß erlediate Fragen nicht noch einmal aufzurollen, wurke die Arbeit schnell erledigt.

Die mexikanische Regierung hat dem „Wolffschen Telegrapbenbüro“ zusoige das Ersuchen der Vereinigien Staaten, den amerikanischen Konsularagenten Jenkins in Freiheit zu setzen, abgelehnt, indem sie sich darauf beruft, daß kein internationales Uebereinkommen ein solches Begehren vorsieht. b 1

Nach einer Hovasme dung aus Juorez ist der General Angeles, die rechte Hand General Villars, am 25. d. M, nach einem summarischen Verfahren hingerichtet worden.

Asien.

Nech Meldungen aus Tokio soll der Minister für ous⸗ wärtige Angelegenheiten Uchda zum japanischen Botschofter in London ernannt werden.

Die Zebung „Yomiuri Shimbu“ erklärt, doß Japan sich weinere, in Tsingtau irgendeme fremde Konzession zuzulessen. Die japanische Reaierung habe bestimmt daß dort nur die rein japanische Konzession aufrechterhalten werde.

Afrika.

Die „Central News“ melden aus Kairo, daß dort am Sonnabend neue Unruhen aus gebrochen sir d. Ein eng⸗ lischer Offizier wurde auf der Straße ermordet.

Statistik und Volkswirtschaft.

Ueber die Zwangsversteigerungen ländlicher

Grundstücke in Preußen in den Jahren 1886 bis 1917 veröffentlicht das Statistische Landesamt eine vergleichende Uebersicht in der „Stat. Korr.“, die eine bedeutende Abnahme der Zahl und Fläche der versteigerten ländlichen Besitzungen ergibt. Es wurden in Preußen hauptsächlich land⸗oder forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke, deren Besitzer Land⸗oder Forstwirschaft als Hauptberuf betrieben, abgeseben von Arseinandersetzungs⸗

O

und Erbterlungssällen, zwangsweise versteigert:

mit

Grund⸗ einer Gesamtfläche einem Gesomtgrund⸗ stücke von steuerreinertrage von . ha

110 063 983 458 55 310 494 899 67 259 671 599 42 475 27 727 21 027 87 592 16 732 1230 441 17 723 17 298

9 642 14 23 12 825

im Jahre

2979 2225 1 2I 963 7⁰5 713 628 728 360 418

1886 1899 1895 1900 1905 1910 1911 1912 1913 1914 1915 1916 407 8 1917 275 61 974. Wäͤhrend hiernach die Zahl der Fälle infolge des Kriegsausbruchs 1914 gegen das Vorjahr 1913 um über die Hälste zurückging, stieg sie im Jahre 1915 wieder um rund 8. Im folgenden Jahre trat nur eine geringfügige Abschwächung um 11 Fälle ein. Das Jahr 1917 brachte seit Beginn der Erhebung (1886) nach Zahl, Flaͤche und Grundsteuerreinertrag den tiefsten Stand. Der Rück⸗ gang der Zwangsversteigerungen bängt zweifellos mit der günstigeren wirtschaftlichen Lage der Landwirte zusammen, die mwährend des Krieges ihre Erzeugnisse von Jahr zu Fahr vorteilhafter verwerten und ihren Verpfl'’chtungen dadurch besser nachkommen konnten, wenn auch dabei nicht übersehen werden darf, daß sie während deeser Zeit bei der Bewirtschaftung des Grundes und Bodens mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. Auch die waͤhrend des Krieges eingetreiene Milderung des Zwangsvoöllstreckungsrechts hat zur Abnahme der Zwangsversteigerungen beigetragen. Im ganzen Berichtszeitraume von 1886 bis 1917 verringerte sich die Zahl der zwangsweise versteigerten ländlichen Grundstücke von 2979 auf 275 oder auf 9,2 %, ihre Fläche von 110 063 auf 8233 ha oder auf 7,8 % und deren Grundsteuerreinertrag von 983 458 auf 61 974 oder ouf 6,8 % des Anfangsergebnisses.

Wie sich die zwangsweise versteigerten Grundstücke und deren Fläche auf die einzelnen Besitzgrößen klassen verteilen, zeigt die folgende Uebersicht. Es entfielen

auf Grundstücke von .. . ha 5 20 50 100 200 bis bis bis bis und 50 100 200 mehr

Fläche ha 5 635 6 131 4 999

Schwierigkeiten bieten, um regelmäßige 8 Stundenschichten durch⸗ zuführen. Der in Rede stehende Entwurf einer Konvention soll von den einzelnen Staaten ratifiziert werden, um sodann im Juli 1921

in Kraft zu treten. Es wurde noch erwähnt, daß günstigere Arbeits⸗

bedingungen, welche etwa bereits in einzelnen Ländern bestehen

.” sollten, durch die Konvention nicht berührt werden.

Am 25. November wurde ein Uebereinkommen über die Mitgliedschaft im geschäftsführenden Ausschuß des jnternationalen Arbeitsamts erzielt. Vertretungen im ge⸗ schäftsführenden Ausschuß erhielten: 1) für die Regierungsgruxpe: Belgien, Frankreich, Groß⸗ britannien, Italien, Jopan, Deutschland, Schweiz, Spanien, Argentinien, Kanada, Polen und Dͤnemark (Dänemark nimmt vor⸗ läufig den für Amerifa reservierten Platz ein). 2) für die Arbeitergruppe: Frankreich, Holland, Großbritannien, Schweden, Deutschland, Kanada (lttzteres für einen noch zu wählenden Pertreter Amerikas). 8 3) für die Arbeitgebergruppe: Greoßbritannien, Frankreich, Italien, Belgien, Tichecho⸗Slowaket, Schweiz wählenden ameritanischen Vertreter).

Für Deutschland ist demnach je ein Sitz in der Regierungs⸗ 8 8 zt in der Arbeitgeber . auf⸗ Gegen diese

rbeitergruppe, dagegen nicht Die deutsche Regierung die Vertreter zu benennen.

und vorgesehen. gefordert worden,

ist telegraphis

(letzteres für einen noch zu

Zahl 472 179 86 37

ahl 20 . 91 44 22 Zahte ha] 263 846 3 314 2775 3 c63 3 217 Zahl 168 218 8 12 Fläche ha 2 829 2 294 2 348 1 774 Zahl 7 162 244 74 31 20

läche ha 142 2 592 2 270 2 267 2 918 ahl 49 218 59 31 15 Fläche ha 2 282 1 786 2 260 2 305 Zahl b 262 78 28 22 Fläche ha 0⸗ 2699 2 510 1 921 3 252 Zahl 144 65 36 11 Fläche ha 1 575 1 878 2 630 1 430 Zobl 19 2 Fläche ha 2164 1 712 1 722 3 225 Zahl 187 68 22. Flüche ha 2 052 1 990 1 504 Zahl 144 44 10 [Fläche ha 1 472 1 384 648

Daraus geht, von vereinzelten allmähliche Sinken der steigerungen bei allen

1914 1915 1916 1917

V b V V V

Zahl der

nachfolgenden Uebersicht,

auf Grundstücke von... ha 9 20 50 100 bis bis bis bis 20 650 100 2*

Schwankungen abgesehen, das Zwangsver⸗ Größenklassen hervor. Ihre

eteili in den einzelnen Jahren erkennt man am besten aus der . har 1 in der ihre Anteile in Hundert⸗

6, 1359 671 1.4 13, 14, 3,4 9,4 4,6 13,2 14,4 37,7 10)/4 4,4 16½ 13,7

34,2 10,4

16,8 14,7

34,,k 9,4

12½ 10,1

36,,0 10,7

15,6 14,5

40,, 18,1 16,3 19,5

47,1 13,8 Fläch 15,2 12,.,0 Zah 1— 45,,9 16,7 Fläche 2. 16,0 88 b— 1917 Flüche 52 1,8 17,5 16,8 17,8

An der Gesamtzahl der Zwangsversteigerungen war hiernach durchweg die Größenklasse von 5— 20 ha, also im all⸗ gemeinen der mittelbäuerliche Betrieb, bei weitem am meisten leteiligt. Besonders war dies im Jahre 1917 der Fall, das mit 144 Zwangsversteigerungen in dieser Größenklasse oder 52 vH der Gesamtzahl alle anderen Jahre überragt.

An der versteigerten Fläche ist die Größenklasse von 200 und mehr Hektaren, mithin der Grosgrundbesitz, abgeseben vom Jabre 1914, in dem die Grundstücke von 50 bis 100 ha mit 27,3 vH den ersten Platz einnahmen, am stärksten beteiligt. Besonders tritt hierbet das Jahr 1912 hervor, in dem 48,0 vH orer fast die Hälfte der versteigerten Fäche dieser Gruppe zufällt. Rechnet man den vorftetend geschilderten Zwanssversteigerungen noch binzu diejenigen, bei denen die Grundstücksbesitzer nur im Nebenberuf Landwirte waren, und die Versteigerungen, die zu Auseinandersetzungs⸗ und Erbteilungszwecken vorgenommen werden mußten, so ergeben sich

222

15,8

1912 1913 1914

1915

eeeee

1916

—— ———— . n G

3 27

1 7 2

verstei erte haupt⸗ sächlich land⸗ obder —7 V nn 6 . 85. 3 forstwirtschaftlich einer Fläche Gundsteuer⸗ genutzte ven reinertrage von Grundstücke ö ℳ;

mit einem

183 407 135 643 155 091

22 342 026 16 757 88 16 039 128 601 674 b 10 209 114 039.

Die Gesamtzahl der Versteigerungen erhöht sich alsdann in den einzelnen Jahren auf das Zwei⸗ bis Dreifache; Fläͤche und Grundsteuerreinertrag bleiben dagegen im wesentlichen underändert. Daraus geht hervor, daß es sich bei den nebenberuflich benutzten Grundstücken nur um kleinere Besitzungen bandelt, die im letzten Erhebungsjahr (1917) durchschnittlich noch nicht ganz 5 ha groß waren, gegen fast 30 ha Durchschnittsg öße der zwangsweise ver⸗ steigerten hauptberuflich bewirtschafteten Grundstücke.

Auch bei den letztaufgeführten Grundstücken ist im Berichtseit⸗ raume ein starker Rückgang der Versteigerungen zu verzeichnen. Die Zahl der Fälle hat um 1644 oder 70,98 vH abgenommen; ihre Fläche ist von 22 342 auf 10 209 ba oder um 54,3 vH zurück⸗ gegangen, während der zugehörige Grundsteuerreinerttrag nur um 37,2 vH gesunken ist.

Arbeitsstreitigkeiten.

Auf den beiden ausständigen Werken des felder Bezirks hat, wie „W. T. B“ meldet, 1 aufnahme begonnen. Auf den Anilinwerken arbeiten zurzeit 15 vH der Belegschaft, etwa 600 Mann. Auf „Flektron 1“ stellen sich Arbeitswillige ein. Die Regierung vertritt die Auffassung, daß der Ausnahmezustand in Bitterfeld an sich höchst vnerwünscht ist, sie möchte ihn in Ueber⸗ b einstimmung mit der Arbeiterschaft tunlichst bald aufgeben und die Truppen zurückziehen. Die negierung kann es jedrch nicht als zu⸗ lässig ansehen, daß das Erscheinen der Reichswehr ein Streikgrund ist. Voraussetzung für die Aufhebung des Belage⸗ rungszustandes und den Abmarsch der Truppen in ihre Standoite ist daher die vollständige Aufnahme der Arbeit. Die Zwil⸗ und militärischen Stellen im Bezirk sind an⸗ gewiesen, sich über den Zeitpunkt der Zurücknahme des Ausnahme⸗ zustandes schleuntgst zu äußern.

Nachdem die Verhandlungen vor dem Tarifamt in Berlin zu einer Einigung gefaͤhrt haben, hat der fast vier Wochen dauern de Ausstand der Buchdruckereigehilfen in Königs⸗ berg i. Pr. eir Ende gefunden. Die Arbeit wurde „W. T. B. zufolge gestern nachmittag wieder aufgeommen.

Die „Ostsee⸗Zeitung“ meldet aus Greifswald;: Im Land⸗ kreise Greifswald ist ein Ausstand der Landarbeiter aus⸗ gebrochen, der gestern bereits 17 Güter umfaßte.

In Paris kommt, wie erfährt, der pathieausstand der übrigen Drucker für die Zeitungs⸗ drucker zunächst nicht zustande, da die Leitung der Gewerk⸗ schaften sich energisch dagegen ausgesprochen hat. Der Aus stand bei der Nahrungsmittelfirma Potin ist beendet. Die Angestellten hahen keine Gehaltserhöhung erlangt, und die Firma hat sich das Recht vorbehalten, nicht alle Ausständigen wieder einzustellen. Die ausgesperrten Angestellten sollen die Absicht habe mit der Unterstützung der Sewerkschaften eine Genossenschaft zu gründen um ein größeres Geschäft der Nahrungsmittelbranche zu errichten. Nach Meldung des „Populaire“ aus Saint Nazaire von gestern konnte der Passagierdampjer „Flandern⸗ nich nach Kuba und Mexiko abfahren, weil, als schon die Reisenden an Bord waren, die Heizer Forderungen stellten

8 S8

und eine sofortige Lösung der Frage verlangten. Die Compagnie Générale Transatlantique habe Einigungsversuch gemacht, aber es sei zu keinem Ergebnis gekommen, so daß der Dampfer nicht habe ausreisen können.

Aus Prag wird dem „W. T. B.“ gemeldet: Wie die Blätte aus Brür berichten, hat die Arbeiterschaft des dortiger Kohlenrevlers beschlossen, den Allgemeinausstand zu verkünden.

B i t ter⸗ die Arbeits⸗

Der Arbeitsminister ist zu Verhandlungen über die Beilegung des Ausstands in Brür eingetroffen. Ahgesehen von Ver⸗ hesserungen ihrer materiellen Lage verlangen die Arbeiter die Ver⸗ staatlichung der Bergwerke und die Einstellung der Kohlengusfuhr. Die Ausständigen haben ferner die Gewerkschaftsfunktionäre und Vertrauensmänner für abgesetzt erklärt.

In Madrid haben, „W. T. B.“ zufolge, die Arbeitgeber mit allen gegen eine Stimme die allgemeine Aussperrung zum 6. Dezember beschlossen.

Nach einer von „W. I. B.“ übermittelten Reutermeldung aus

Washington teilt der Kontrolleur fuͤr Brennstoffe mit, daß die Grundlage der VYorschläge des Kabinetts fuͤr die Hei⸗ legung des Kohlenarbeiterausstands eine Erhöhung

teilen ausgedrückt sind. ö“ 8

8 8—4

Es entsielen vH der Zwangsversteige⸗

der Löhne sämtlicher Bergaͤrbeiter um 14 vH bilde. Die