bi Kreise, die hinber Herrn ve. stehen, und ihre Presse zur rechten Zeit eine vernuünftige Politik getrieben hbätten, damn wären wir beule wicht in dem (Flend, aus dem es jetzt gilt, wieder beraus⸗ mMöomwen. (Beifall links.) M8 Abg. Dr. Becker⸗Hessen (D. V.): Es wäre gut gewesen, Vorredner sein Mhesn zur Sachlichkeit selber befolgt kätte. Er hätte sich nicht nur noch rechts wenden sollen, wenn er von vewehenden und verhetzenden Worten sprach, sondern auch gegen Herrn Braun, der behauptete, die Rechte setze alles daran, das Reichsnotopfer zu Laboptieren. Er behauptete, der Besit wolle keine Steuern zahlen. Das ist objektiv unwahr. Mimsver Erzberger selbst hat zugegcben, daß der Besit bis an die Grenze der Möglichkeit belastet werde. Die Mehrbeit Lcolgt das Wort: Wir Deutsche fürchten nichts anderes e8. ie Straße. (Sehr gutl rechts.) Wir wollen unt unseren Anträgen eoffsch genau dasselte erreichen wie Sie Ein Hauptfchler der Vor⸗ gze M es, daß dem Notopfer der Vermögensstand vom 31. Dehember ig zarunde gelegt werden soil, ohne Rücksicht auf künftige Ver⸗ mehrung oder Verminderung des Betriebskbapitals. ir wollen durch ricerkehrende Einsetzung diesem Mangel begegnen und das Reichs⸗ „olopfer behandeln als das, was es ist, als oine laußende Vermögens⸗ Feuer unter Beseitigung der Nochteille, die in der Reogierungsvorlage entbalten sind. Dem Vorschlag, eine laufende Vermögenssteuer an Siegle des Reichsnotopfers zu setzen, muß man unter allen Umständen den Vorzug geben. Wenn uns vorgewoafen worden ist. daß die laufende Vermögernestener zur Strangulierung des Wartschaftslebens führe, o kann man dercselbe auch vom Reichsnotopfer behaupten, deshalb Fragen wir vor, neben die laufende Vermögensabgabe eine Zwangs⸗ enleihe zu setzen. örsenkundige Lemte haben mir gesoagt, daß eine Zwangserlleibe u niedrigem Zinssuß wohl etwas wert sol. Niemand von Unt, die wir diesen Abänderumgevorschlag machen, will den Besit semmer Pflicht, Steuer zu zohlen, entziehen; wir wollen, daß aus dem Bositz grnau dieselbe Summe gezogen wird, wie sie der Reichsfinanz⸗ mimnister aus dem Reichsnolopfer ziehen ache soll nich versceypt werden, das Gesetz soll srätostens am 1. April 8 Kraf freten. Wir dürfen dem wirtschaftlichen Leben nicht Betrie 3⸗ mitwel entziehen in einem Augenblick, wo es so schwer darniederliegt und eine Zufübhrung ven Betriebskapi tol nötin hat. Ich bitbe den Reichesinanaminister, zu versuchen, auf die Brücke zu treten, die vner Antrag bielet. Wir sind der Ueberzeugung, daß der Weg, den Sie mil dem Rrichenvtopfer beschreiten wollen, an das Grab der deutschen Hierauf nimmt der Reichsminister der Finanzen Erz⸗ berger das Wort, dessen Rede wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms erst in der nächsten Nummer d. Bl. im Wort⸗ laute wiedergegeben werden wird.
Ukeg. Wurm (U. ScF.): Die Erklärung der Demokraten ist b reservabio mentalis, die Mehrheit wackelt. Bei. den Anträgen 22 Rechten handelt es sich um nichts anderes als um ein Sch chevaischchft Wer hat die polilische Macht und damit die Möglichkeit, Fer. ne. vrückten tie Steuer aufbulaten? Sie wollen nicht die einmalfas elb⸗ cbe eirführen, domit Sie die Möclichkeit hoben, durch einen päteren Fhe cst⸗ dieses Gesetz wieder rückgängia zu macken. Wir, g. werden belastet. (Abp. Hugenberg:, 95 hört!) Das ist 2 Fiuch der bösen Tat, die Sie auf sich geladen haben: der .. gus geht an sich sesest zugrunde und Sie sind der Leichenträger. 8 Reichsnotopfer ist keine Sozialisierung. Die a beitende 88 ” wärd aber in die Nolwendigkeit versetzt, eine neue Wirtschaft au far Lauen. Daß der Besitz Steuern zahlen muß, weiß je SSe 81 3 nher jetzt, daß nur der Besitz zahlen soll. Wir bewil igen 8 9 Pfennig, wenn die wirtscheftlich Schwächeren stärker ö en die Wohrhobenden. Alle uns vorgescklagenen indinekten 8 27 Wienen ledioglich der Verarmung unseres Volkes. Hier handelt es sich
im ei achtfrage, und was wischen, areiter und deiiter Lesung 8n de Zereczunc gesetzt werden wird, können wir der Brsghcl ata. es Raichesnenzwaämsters überlassen. RNehmey Sie das 1G ce ax, . werden Sie damit einen Teil der Last und Nöte beseitigen, -. wuf dan deutschen Volfe lisgen, lehnen Sie es ab, so gee “ Srwositien keine besseren hlaeschaͤfte machen; denn Lnn - Sie, daß Sie sich nach der allovi lbelminischen Zeit sehnen, in der man Steuern immer auf die große Masse abwälste. 3 Damit ist die allgemeine Aussprache beendet, da der nächste in der Rednerliste “ Redner, Abg. Dr. Heim, nicht im Soale ist. Persönlich bemerkt 8 88 8 Hugenberg. (D. Nat.): Das Beleidigendste in den hhrungen des 98 Dr. Bvaun war der WVorpne 1“ vrrea 2 dem Gelde nachjagt. Alles ondere war unerheblich und Lächerlich. 8 89 . des 8 der Großindustrie bezeichnet. Ich bin .1 chet weiter als Abgeordneter und Vertreter des gangen Voskes. (Sachen ints) Was sol Ihre Entmstung, als Abg. Dr. Vögler sich als Ventreter der Großindustriellen bezeichnete, entrüsteten Sie 1.. Weimar darlber. Lann eromerte Dr. Braun an den ehrenwerien Herrn Liebknecht (Großer Lärm), der der Imdustrie⸗ ein 8. zuvichien versuchte, was zum Krupp⸗Prozeß f hric. .1. 8 sst 28 — daß ich in dem Prozeß nicht vereidiat worden sei. Den Ausdrus 8 er 8 18 derische Beleidigung will ich heute nicht anwenden. sonst könn⸗ 1 8 in derselben rbreküͤven Form, in der Herr Erherger ihn 8 auc ür. auf Dr. Braun anwenden. Dasß ich meinen Wohnsitz von ssen 68. züeldeutschand verlegt habe, ist damit begründet, daß i. as 89 Leitung der Firma Kerurp cusgescheden bin. Da ist es dann so übli 8 (Zvruf links: Ausgerissen!) Was 85 näher, als daß man sich donn auf das ven den Großeltern ererdte Gut zurückziehtt. N gs. hobe ich es gewünscht, daß das Rußrrevier unter Fremtsherrschaft üme. Ich hobe Heem Erzberger den schreren Vorwurf gemacht, 8 seine Pelits Besatzomg des Ruhrgebiets notwendig führen müsse, ge⸗ b 22 ich es eber nicht. Im 8 5 dos Feicke enn jemand mir zumuhet, daß ich es cewuünscht hätte, so ine een als oben eine verleumderische Beloeidigung. (Beifall 888 9 dr. Heim (Baver. Bauernbund): Ich habe mich vwicht zum Wort gemeldet; ich weiß nicht, wer sich ohne Not für mich gerofem Pai. (Heiterkert.) Ich war überhaupt nicht im Hause anwer end und hatte müch meincrleits ane Veranlassung, mich ohne Not der Not zu opfern. ’ e Heizterkeit.) 1 .“ “ semann (D. V.): In einer Versammlung in Hemnevez pabe ich ser eine Vermögensabgabe mich geußert, aber nicht „ dem Sinne, daß ich sie je zu der meinen gmacht hätbe, meine Aus⸗ rterungen veruhzen aarf Darlegungen von Georg Bernhardt. 8 Kach einer weiteren 8dan. des Aba. Dr. Braun erbläxt Ioe. Katenstein (2cz.), das, er nur. verwetungsweise dem 10. Ausschuß ongehöm babe; er sei nicht aus ihm entfernt worden. 28 voamentlicher Abstimmung wird sodann der Antrag der Douskechoen Volkspartei auf Zurückverweisung der Vorlage an den Nusschuß und Umarbeitung derselben in der Richtung einer laufenden Vermögengabgabe und einer Steueranleihe wit 286 Stimmen gegen 43 Stimmen der Rechten abgelehnt.
35 1 ber Vorlage wird unverändert angenommen. Der Antrag Arnstod (D. Nat.) auf Hinzufügung einer Bestimmung, wenach das Reichsnotepfer u einem Drittel in der Form einer einmalisen Vermögenssteuer und zu zwei Dritteln in der Form
einer Sieteranleihe erheben werden soll, wird abgelehnt. 2 enthält die Bestimmungen über die abgobepflichtigen ppocschen und juristischen Personen. Die Wga. Dr. Blunck (Dem.), Dr. Braun (Scz.) und
85 1 1 8 8 8 8
innerhalb eines Jahres nach Friedensschluß des Erwerbes wegen im Ausland wieder ihren Wohnsitz nehmen.
Abg. Dr. Blunck befürwortet den Antrag damit, daß die Aus⸗ landsdeutschen nicht dem Deutschtum entfremdet werden sollen. Abg. Dietrich (D. Nat.) befürwortet den Antrag seiner Partei, die landschaftlichen, ritterschaftlichen und ähnlichen Kreditan⸗ 88 die im § 2 unter die abgabepflichtigen Gesellschaften eingereiht sind, freizulassen. —
Nach weiterer kurzer Debatte wird § 2 unter eh. S des Antrages Blunck und unter Ablehnung des Antrages Dietrich angenommen. Auf Antrag des Abg. Dr. Blunck werden noch die Genossenschaften, deren Anteile weniger als 50 ℳ betragen, von der Abgabepflicht ausgenommen Zu 83, nach dem das gesamte inländische Grund⸗ und Be⸗ triebsvermögen abgabepflichtig ist, wird auf Antrag des Abg. Dr. Blunck hinzugefügt, daß auch die nach dem Friedensvertrage zu gewährenden Entschädigungen abgabepflichtig sind, nachdem der Reichsminister der Finanzen Erzberger erllärt hat, daß ein Gesetz über diese Entschädigungen in Ausarbeitung be⸗ griffen ist. § 5 regelt die Abgabenfreiheit.
Abg. Dr. Wieland (Dem.) befürvwortet einen Antrag seiner Partei, in der Fassung des Ausschusses hinter den Worten „Universitäten, Hochschulen und ähnliche Anstalten und Gesellschaften“. für die Abgaben reiheit vorgesehen ist, die Worte „nebst den ihnen zur Erfüllung threr Zwecke in irgend einer Form angegliederten Stüiftungen
zu streichen. 1 2
Reichsminister der Finanzen Erzberger: Es ist ganz selbst⸗ verständlich, daß alle wissenschaftlich⸗technischen Anstalten, Gesellschaften und Unternehmungen frei bleiben. Auf den Ausbau und die Förderung aller wissenschaftlichen Unternehmungen, besonders auch der dechnischen Wissenschast legt die Reichsregierung Frebcs Wert.
Abg. Gruber (Soz.): Wenn in der furchtbaren Not des Vater⸗ landes auf alle mögliche Weise Mittel flüssig gemacht werden müssen, wenn auch der Nolgroschen des armen Mannes in Angriff genommen werden muß, so darf man nicht an dem Kirchenvermögen vorbeigehen. Die Kirche hat während des Krieges ihre Glocken hergeben müssen, um den Massenmord zu ermöglichen. Nun mag jie auch für den Wiederaufbau des Reiches ihren Beitrag zahlen. Den Einwand lasse ich nicht gelten, daß die rheinischen Kirchengemeinden den französischen Lockungen wegen dieser Belastung folgen würden, in Frankreich würde es ihnen nichk besser gehen. Was die Sparkassen anlangt, so wollen wir nur diejenigen abgabenfre; lassen, die Gemeinden oder Gemeinde⸗ verbänden gehören. Die Worte „oder dem öffentlichen Verkehr dienende Sparkassen beantragen wir zu streicen.. . ““ Reichsminister der Finanzen Erzberger: Sie würden mir die größte Freude machen, wenn Sie den ganzen § 5 streichen würden, es gehk aber nicht an, einzelne Punkte aus ihm herauszunehmen. Wenn Sie Universitäten und Stiftungen freilassen, so dürfen Sie die Kirchen nicht abgabepflichtig machen, das würde in weiten Kreisen der Be⸗ völkerung als antikirchlich ausgelegt werden. Viel würde das Reich auch mit einer Kirchenbesteuerung nicht erlangen, nur wenig Kirchen haben größere Vermögen, sie haben aber auch gewaltige Lasten. Wenn die Kirchen so vermögend wären, so 68g sie keine Kirchensteuern zu erheben und für ühre Reparaturen Lotterien auszuschreiben. Im übrigen ist das Gesetz für die Besteuerung der Toten Hand beinahe etiggestellt. 1 8” D. Mumm (nat.): An Opferfreudigkeit wollen wir uns von niemand übertreffen lassen, die Kirche trägt in allen ihren Organen bereits große G Sie hat auch die Glocken und die Orgelpfeifen geopfert und muß jetzt für die Wiederanschaffung gewaltige Summen aufwenden. Für die Hinterbliebenenfürsorge wendet sie große Mittel auf, auch die Frisdhofsanlagen erfordern gewaltige Aufwendungen. In der Verfassung ist ausdoücklich fes tgelogt worden, daß die Religions⸗ gemeinschoften als öffentlichrechtliche Köwerschaften anzusehen sind, sie müssen umbedingt aus diesem etz “ werden. 1 Abg. Farwick (Zentr.): Wir werden geschlossen für die Abgaben⸗ freiheit der Kirchen und der veligiösen Gemeinschaften stimmen. „Abg. Dr. Rießer (D. V.): Auch wir werden gogen den sozialdemokratischen Antrag auf Streichung der Abgabenpflicht der Kirchen stimmen. Auch die Gesellschaften, die sich zur Unterstützung der einzelnen Universitäten gebildet haben, müssen Abgabefreiheit genießen. deshalb sind wir für Beibehaltung des vom Ausschuß beschlossenen Zu⸗ satzes, betr. die Abgabenfreiheit der den Hochschulen angegliederten Stiftungen. Auch hinsichllich der Bestimmungen über die Sparkassen öleßen wir uns der Fassung des Ausschusses an. Die Sparkassen, die icen mee betreiben, dürsen alleudings die Abgabenfreiheit nicht in spruch nehmen. “ Vnsprnch, ennnee . Movesle: Im Imieresse der Klarheit wäre es erwünscht, wenn der Passus, betr. die Hochschulstiftungen gestrichen würde. 8 Bei der Abstimmung werden gemäß dem Antrage der Demokraten die Bestimmungen über die den Hochschulen ange⸗ gliederten Stiftungen gestrichen. Im übrigen bleibt der § 5. in der Fassung des Ausschusses unverändert. 1 Um 7 Uhr wird die Weiterberatung auf Donnerstag, 1 Uhr, vertagt (vorher erste Beratung einer Novelle zum
Bankgesetz).
Preußische Landesversammlung. 94. Sitzung vom 10. Dezember 1919, Vormittags 11 Uhr. (Bericht des Nachrichtonbüvos des Vereins deutscher Zeitungsverleger“).) Am Ministertische: der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Jaenisch. Prräsident Leinert eröffnet die Sitzung nach 11 ¼ Uhr. unächst wird ein Antrag der Sozialdemokraten
auf Annahme eines Gesetzentwurfs über Straf⸗ Se für Dienstvergehen dem Rechtsausschaß über⸗
wiesen.
118 setzt das Haus die Beratung des Haushalts des Ministeriums fuür Wissenschaft, Kunst und Volksbildung bei dem eescan
d haritskrankenhaus in Berlin“ fort. 14185 889 Ir scher Wenn . fertene Ansehen in der Wef⸗ so sroß geworden ist, so verdankt es das zum allergrößten Teil gerade den Universitäten, die auch in der Stunde des Unglücks ihrer Verantwortung voll bewußt waren. An dem völligen Zusammen⸗ bruch trägt also nicht unser Schulwesen, und insbesondere das Hoch⸗ schulwesen die Schuld, sondern lediglich Eö Niedergang, der seine tiefsten Wurzeln hat im rel iösen Einpfinden. (Gehr richtig! im Zentrum, Wederspruch links.) Das Christentum hat nicht, wie es so vielfach behauptet wird, versagt (Widerspruch bei den Sozial⸗ demokraten), die Absage an das Christentum, in die Feeeee. An⸗ schauung, ist die Ursache des Zusammeagbruchs gewesen. (Sehr wahr! im Zentrum.) Das Christentum bat längst den Befähig ingsnachweis fůr b Leistungen erbracht, der Sozial’smus dagegen bat dies no⸗ nicht getan. Eine Rätediktatur, eine Diktatur des Proletariats, is auch unvereinbar mit dem Solidarismus. Unser Volk braucht Selbst⸗ verleugnung und Hingabe. Eine soiche Gesinnung aber — das beweift schon die Geschichte — wurzelt niemals in einer materialistischen An⸗ schauung, die nur ein Diesseits kennt und von diesem Diesseits die
Farwich(Zentr.) beantragen, dis Reichsangehörigen von der Abgabepflicht auszunehmen, die bereits vor dem 31. Juli 1914 sich mindestens zwei Jahre erwerbshalber im Ausland auf⸗
gealten haben, ohne einen Mahnsitz im Inland zu hoben, und
zatweher am B1. Dezemder 1919 noch im Ausland wohnen oder
elbstischen Wünsche erwartet. (Sehr wahr! im Zentrum.) E1“ 88 9 daß gerabe der Weg der katholischen Gelehrten sehr dornenvoll 8ö und die geringe Aussicht eine auskömmliche
und besonders die Aufgabe, die christliche Weltanschauung zu begen und zu pflegen. Es ist nicht zu bestreiten, daß unsere Universitäten etwas voltsfremd und lebensfremd geworden sind. Das liegt aber in der Natur der Dinge selbst. Und wenn wir heute sehnlich einen Kontakt zwischen Hochschule und Volk schaffen wollen, so darf man nach dieser Richtung hin nicht all u sanguinische Erwartungen stellen Der Aufstieg zu den Höden der Wissenschaft läßt sich nicht vopulri⸗ jeren, es gehören dazu vor allen Dingen formale Dinge des Geistes.
as Abiturientenexamen ist im Interesse unseres nicht zu entbehren, es könnte abee ein außerordenilicher Weg gefunden werden, um auch ohne dasselbe zum Besuch ver Hochschu en zugelassen zn werden. Schon vor hundert Jahren hatte man eine besondere akademische Prüfungskommission für N cht⸗Abituri nten ein⸗ gerichtet. Allerdings ist dieser Versuch nach zehn Jahren aufgeg ben worden. Ich empfehle die Aufnahme dieses Versuches. Den Vor⸗ schlag des Unterstaatssekretärs Becker, die Schaffung einer besonderen Fakultät für allgemeine menschliche Bildung begrüße ich. Die An⸗ regung, unsere jetzigen großen Vorlefungen in kleinere zu verwandeln, halte ich für sehr geboten. Allerdings wire damit auch eine Vermehrung der Lehrkräfte verbunden sein. Ob das jetzt aller⸗ dings möglich ist, steht noch sehr dahin. Die Schaffung unserer Extraordinariate ist nur infolge der Sparsamkeit des Staales erfolgt. Ich empfehle an Stelle der Ertraordinariate planmäßige Extraordinariate zu schaffen. Uasere Breslauer Universität hat restlos die Ertraordinariate in die Fakultät aufgenommen. Einer Befristung der venia legendi stimmen wir unter keinen Umständen zu. Mit der Habilitation eines Privardozenten den An⸗ spruch auf staatliche Anstellung zu verbinden, ist nicht angängig, denn
sonst müßte diese in die Hände des Staates gelegt werden. Unbedingt
erforderlich ist eine bessere pekuniäre Bezahlung unserer Pripatd ozenten. Gegen eine Schaffung von Dozentenkammern ist vom Standpuntte der Hochschulorganisation nichts einzuwenden, ob sie freilich den Wünschen der Privatdozenten entspricht, ist eine andere Feqä⸗ Durch den Verzicht der Extraordinarien auf Erhöhung ihres Gehaltez, das jetzt zwischen 2600 und 4800 ℳ schwantt, ist der Be vei⸗ erbracht, aß in diesen Leuten der jetzt so sehr fehlende Idealismuß steckt. Das bisherige mechanische Stundungsverfahren muß ganz fortfallen, das Vorschlagsrecht der Fakultäten dagegen bestehen ble.ben. Ein⸗ Zurück⸗ setzung aus konfessionellen oder politischen Gründen muß vermieden werden. Daß der Mmnster Parteimaan ist, ist eine Selbstverständlich⸗ keit, ebenso selbstverständlich ist es aber, daß das Ministerium keine Parteistellung einnehmen darf. für absolute Unparteitichkeit des Ministeriums haben die dazu angestellten Räte zu sorgen. Die Studentenschaft hat selbst erklärt, daß sie bei der Berufung von Do⸗ zenten nicht mitwirken will. Es ist leider richtig, daß eine reinigende und erhebende Einwirkung infolge des Krieges bei der Studentenschaft nicht erfolgt ist, auf der anderen Seite eht aber die Tatsache fest, daß unsere Studentenschaft außerordentlich fleißig arbettet. Von einem Traurigsein, von dem hier gesprochen wurde. habe ich nichts bemerken können. Zum Schlusse ersuche ich die Regierung um einen uschuß zur Herausgabe eines Jubiläumsbuches der Universitätsstadt esa Des weiteren möchte ich bitten, daß in der medizinischen Fakultät die Professuren für Dermatologie und Psychiatrie zu plan⸗ mäßigen Extraordinariaten erhoben werden. Ausbau der mensa aca-
domica müßte unbedingt geschaffen werden. (Beifall im Zentrum.)
Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Ha enisch: Was die zuletzt geäußerten Bonner Sonderwünsche des verehrten Herrn Vorredners betrifft, so will ich, nachdem wir uns im Ausschuß ausführlich über diese Dinge unterhalten haben, heute nur auf zwei von ihnen kurz eingehen.
Was die Mensa academica anlangt, so waren vor wenigen Togen einige Bonner Studenten im Ministerium, die die Ange⸗ legenheit zur Sprache gebrocht haben. Es ist den Herren zugesichert, daß der Staat beispringen wird. Es handelt sich darum, daß die für 1200 Personen verfügbare Einrichtung ausgedehnt werde auf eine Zahl von 3000, und der Staat ist bereit, für die Verwirklichung dieses Planes helfend einzutreten. (Bravo!)
Zweitens betrachtet es der Staat ols eine felbstverständliche Ehrenpflicht, die Geschicht der Universität Bonn fertigzustellen. Ich werde mir alle mögliche Mühe geben, die Mittel hierfür flüssig zu machen. Sollte es notwendig sein, so darf ich mich bei der Finanzierung der Fvage wohl der Unterstützung aller Parteien des Hauses vergewissert halten.
Ich will mich allgemeiner Ausführungen zu den großen Fragen der Universitätsreform heute ganz enthalten. Ich bin in der glüchtchen Lage, mich ganz auf das beziehen zu dürfen, was gestern der Herr Unterstaatssekretär Dr. Becker in seiner groß an⸗ gelegten Rede darüber ausgeführt hat. Es sind alle Parteien 88 Lauses, wie sowohl aus den Beratungen im Ausschuß wie aus den gestrigen Verhandlungen hervorgeht, darüber einig, daß bei dem Unterstaatssekretär Dr. Becker die Leitung dieser für unsere Volkszukunft so überaus bedeutungsvollen Fragen der Hoch⸗ schulreform in den denkbar besten Händen liegt, und es ist mir eine besondere Freude und ein Bedürfnis, es hier wuch einmal öffentlich aussprechen zu dürfen, wie dankbar und glüchlich ich es empfinde, daß ich bei dieser großen geschichtlichen Aufgabe der Hochschulreform, von der Professor Preuß gestern mit vollem Recht sagte, daß sie besonders deshalb so dringend geworden sei, weil hier jahrzehntelang alte Versäumnisse auf einen Schlag nach⸗ geholt werden müssen, den Mann zur Seite habe, der besser als irgendein anderer in Deutschland zur Leitung dieser Reformarbeit berufen ist. 8
Ich muß im Anschluß hieran eimge Bemerkungen machen über die Frage, die Herr Lauscher im letzten Teil seiner Ausführungen behandelte, über das Verhältnis des Ministers zu seinen Räten. Herr Dr. Lauscher bemängelte, daß ich — der eine Einzel⸗
fall, den er im Auge hatte, ist vor vierzehn Tagen in diesem Hause gründlich besprochen — über den Rat meiner Ratgeber hinweg eine Entscheidung getroffen habe. Das ist, soweit es sich um Hochschul⸗ frogen handelt, meines Wissens der einzige Fall. der während des ganzen Revolutionsjahres vorgekommen ist. Das Recht, abweichend vom Rat vortragender Räte, seiner Ministerildirekwren und selbst seines Unterstaatssekretärs, in einem Ausnahmefall ein⸗ mal über den Kopf aller seiner Ratgeber hinweg eine Entscheidung zu treffen, wird sich auch im demokratischen Staat der Minister vorbehalten müssen. Das ist übrixens auch früher so in allen Ministerien gewesen, und insbesondere heben auch früher schon mehr als einmal preußische K ultus⸗ minister bei Berufung von Hochschullehrern selbständig ent⸗ schieden, und auch ich werde mir dieses Recht nicht nehmen lassen. Für die Art seiner Ausübung bin ich auoschließlich der Volksver⸗ treiung verantwortlich. (Zuruf.) — Das ist keine Parteisache; im Fall Friedmann, den der Zwischenrufer im Auge hat, handelt es sich ja gar nicht um einen Sozialisten. Ganz all, gemein möchte ich sagen — und ich glaube, darin die Zustimmung nicht nur des Herrn Dr. Lauscher, sondern aller Parteien des Huuses
Febensstellung im alademischen Leben sich zu erringen, ist der Grund dafär, daß unsere Konfession in der ofadem schen vLaufbahn geringer
(Fortsetzung in der Zweiten Beilace.)
als andere vertrelen ist. Die Uarversttät hat alle Kultur üter zu pflegen
““
mun Deutschen Neichsanzeiger und Preußischen
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(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)
zu finden —, daß ich es für eine besonders wichtige Aufgabe eines Ministers sowohl im alten Staat, wie auch gerade im parlamen⸗ Männer an die richtige Stelle zu setzen. Hat der Minister das getan, hat er die richtigen Mitarheiter und Ratgeber sich ausgesucht, so soll auch nach meiner Meinung — darin stimme ich dem Abgeordneten
tarischen Staat halte, die richtigen
Lauscher durchaus zu — er, von so bedeutungsvollen Ausnahme⸗ fällen abgesehen, wie es der Fall Friedmann einer war, sich darauf beschränken, die allgemeinen Richtlinien seiner Politik, die allge⸗ meinen Richtlinien seiner Reformarbeit und seiner Verwaltung fest⸗ zulegen. Aber im einzelnen soll er im Rahmen dieser von ihm, dem Minister, festgelegten allgemeinen großen Richtlinien die Männer seines Vertrauens ruhig arbeiten lassen und sie nicht durch fortwährendes Hineinreden und Hineinregieren stören wollen. Er soll sich nicht anmaßen, alles besser wissen zu wollen. In den meisten Fällen wird er es doch nicht besser, sondern ganz zweifellos schlechter wissen als die Leute, die von ihm mit den Einzelheiten der Fach⸗ erbeit betraut sind.
Es kann seolbstverständlich insbesondere ein Mann, dem ein so
ungeheures Arbeitsgehiet unterstellt ist, wie das Arbeitsgebiet des Kuktusministers, das anfängt von den Kindergärten und hinaufgeht bis zu den Akademien und Hockschulen, das anfängt mit dem Evan⸗ gelischen Oberkirchenrat umd endet bei dem Theater und dem Ballett — es kann, sage ich, unmöglich ein Mann, der ein so ungeheures und bei⸗ nahbe unübersehbares Arbeitsgebiet hat, unmöglich den vermessenen Ehrgeiz besitzen, auf allen einzelnen Gebieten völlig zu Hause sein zu wollen. Ich habe es deshalb vom Beginn meiner Ministertätigkeit an für meine besondere wichtige Aufgabe gehalten, für alle Teilgebiete meines Ministeriums tüchtige Mitarbeiter heranzuziehen und sie an die richtige Stelle zu setzen. Und wenn die Damen und Herren, die im Hauptausschuß diese vielen Wochen mitgearbeitet haben und die im Unterrichtsausschuß und im verstärkten Unterrichtsausschuß viele Monate tötig gewesen sind, den Eindruck gewonnen haben, daß ich im allgemeinen bei der Wahl meiner Mitarbeiter eine glückliche Hand bewiesen habe, dann bin ich sehr zufrieden. Ich hoffe, daß zwischen dem hohen Hause und meinen Mitarbeitern sich ein ähnliches ver⸗ trauensbolles Verhältnis entwickeln möge, wie es zwischen meinen Mitarbeitern und mir besteht. 3 Dann haben mehrere der Herren Redner, und zwar besonders tgestern der Herr Abgeordnete Professor Cunow und Herr Professor Preuß, sich des näheren mit den Marburger Fall und mit der durch die Marburger Vorgänge geschaffene Situation beschäftigt. — Herr Abgeordneter Dr. Preuß schüttelt den Kopf. Er hat den Mar⸗ burger Fall vielleicht nicht besonders erwähnt, aber die Ausführungen die er über das Verhältnis zwischen Politik und Hochschulwesen machte, waren doch zweifellos zum wesentlichen veranlaßt durch die ausführ⸗ lichen Erörterungen, die im Ausschuß und in der Presse über den Mar⸗ burger Fall stattgefunden haben. Ich habe die Wichtigkeitund die große politische Bedeutung des Marburger Falles von Anfang an richtig eingeschätzt. Da es mir und meinen Ratgebern während der Be⸗ ratung des Kultusetats nicht möglich gvar, selbst nach Marburg zu fahren, so habe ich im Laufe der vorigen Woche beide Parteien in der ausgiebigsten Weise in Berlin gehört. Es ist zunächst eine Deputation der demokratischen und der sozialistischen Studentengruppe Marburgs in Berlin gewesen, und es sind weiter auf meine Einladung Professor Traeger, der eigentliche „Träger“ des Falles Marburg, der Rektor und der Universitätsrichter der Universität Marburg und einige andere Herren aus dem Lehrkörper hier gewesen, und wir haben den Fall sttundenlang durchgesprochen.
In der Oeffentlichkeit ist es besonders das Urteil gegen den demo⸗ kratischen Studenten Lemmer gewesen, das als zu hart und ungerecht empfunden worden ist. Herr Lemmer hatte bekanntlich auf dem demo⸗ kratischen Parteitage, der im Sommer in Berlin stattgefunden hat, eine Rede über die Marburger Universitätsverhältnisse gehalten. Wegen dieser Rede ist er angeklagt und mit der Androhung der Ver⸗ weisung von der Universität bestraft worden. Auch nach meinem Empfinden und nach Durchprüfung des Falles ist dieses Urteil z u hart und nicht aufrechtzuhalten. Auch ich bin der Meinung, daß die Schwere dieses Urteils der Lage dieses Falles nichtangemessen ist. Nach der alten, leider noch jetzt zu Recht bestehenden Dis:iplinarordnung, die aber — ich komme darauf gleich zu sprechen — sobald wie irgend möglich geändert werden soll — und da bietet uns gerade der Fall Marburg eine Hand⸗ habe —, nach dieser Disziplinarordnung bin ich als Minister wohl die Berufungsinstanz in allen den Fällen, in denen eine Verweisung von der Universität selbst ausgesprochen worden ist; gegen die bloße An⸗ drohung der Verweisung gibt es aber leider kein Rechtsmittel. Trotzdem habe ich verfügt, um die allzu große Härte des Urteils wieder⸗ gutzumachen, daß das Urteil auf der Stelle in den Disziplinarakten gelöscht werde, und es existiert: also tatsächlich nicht mehr. (Hört, hört! bei den Deutschen Demokraten.) Der Student ist somit in seinem Fortkommen in keiner Weise mehr gehindert, und ich glaube auf diese Weise alles getan zu baben, was ich nach Lage des Falles irgend tun konnte.
Im äbrigen habe ich dem Hause vor zwei Wochen versprochen, daß ich mich bei Beratung des Univerfitätsetats über den Marburger Vorgang des näheren äußern werde, und nachdem in der Zwischen⸗ zeit nun die Beratungen in meinem Ministerium, zum größten Teil in meiner Anwesenheit, stattgefunden haben, darf ich mir jetzt erlauben, Ihnen das Ergebnis der Untersuchung in aller Kürze vorzutragen. Danach liegen die Dinge folgendermaßen:
Am 22. Juli d. J. hat auf dem Demokratischen Parteitag in Berlin bei Behandlung eines Antrags auf Ginführung von Vor⸗ lesungen über Politik an allen Hochschulen der Student Lemmer aus Marburg über die Eindrücke berichtet, die er in der Vorlesung des
Zw
dem von ihm anerkannten stenographischen Protokoll folgende Aus⸗ führungen gemacht: Der reaktionärste Professor an der dortigen Universität bemüht sich, die geistige Jugend in die Politik einzuführen. Und wie finden die Vorlesungen statt? In der Form, daß gegen die Politik der Demokratie in der entsetzlichsten Weise gehetzt wird. Die Vor⸗ lesungen spielen sich ab jeden Tag in regierungsfeindlichen Kund⸗ gebungen, und die demokratischen Studenten, es sind herzlich wenig, oder die sozialistischen werden angepöbelt. Hierzu kommen noch verhetzende Einwirkungen von außen, so daß schließlich die ge⸗ meinsten Instinkte gegen Teile der Studentenschaft, gegen die De⸗ mokratie aufgepeischt worden sind.
Ueber diese Ausführungen berichtete — in stark verkürzter und im Ton verschärfter Form — die „Hessische Landeszeitung“. Auf Grund dieser Mitteilung wurde Lemmer zunächst vom Rektor der Universität und dann vom Universitätsrichter vernommen. Lemmer bestritt die ihm auf Grund der Zeitungsnotiz vorgehaltenen Aeußerungen nicht, wollte aber eine endgültige Erklärung erst nach Kenntnis des stenographischen Berichts über diese Ansprache abgeben.
Die Untersuchung gegen Lemmer ruhte dann bis Mitte Oktober, weil erst dann das Stenogramm zu erlangen und Lemmer während der Universikätsferien von Marburg abwesend war. Bei seiner Ver⸗ nehmung gab Lemmer zu, daß er gegen die Form des akademischen Lebens verstoßen habe; er habe sich nur als Staatsbürger verpflichtet gefühlt, gegen die nach seinem Empfinden anstößige Art des Vortrags des Professors Traeger seine Bedenken geltend zu machen. Er habe nicht von vornherein beabsichtigt, es auf dem Demokratischen Parteitag zu tun, sondern sei hierzu spontan, unter dem Eindruck der Ver⸗ handlungen auf dem Parteitag veranlaßt worden.
Am 21. November fand die Verhandlung gegen Lemmer statt. Lemmer wurde nochmals ausführlich zu Protokoll gehört und schließlich mit der Androhung der Entfernung von der Universität bestraft.
Das Urteil stellt fest, daß Lemmer die ihm zur Last gelegten Aeußerungen zugestanden habe. Es läßt in tatsächlicher Beziehung in übrigen dahingestellt, ob Traeger die ihm nachgesagten Aeußerungen getan habe, da das Gericht nach dem von Lemmers Persönlichkeit ge⸗ wonnenen Eindruck zu seinen Gunsten annehme, daß er bei seiner Rede von der Richtigkeit seiner Auffassung überzeugt gewesen sei. Wenn die Aeußerungen Traegers in der Tat so gefallen seien, wie Lemmer sie dargestellt habe, so müßten sie zum Teil als recht scharf, auch über⸗ trieben angesehen werden. Aber dennoch dürfte man nicht sagen, daß Traeger „gehetzt“ oder gar „Anreiz zu Anpöbelungen und zur Auf⸗ peitschung gemeinster Instinkte“ gegeben habe. Dem Angeschuldigten bleibe zuzubilligen, daß solche Austitheungten itn in seiner Welt⸗ anschauung und politischen Ueberzeugung hätten verletzen können, aber die durch seine Berliner Rede bewirkte Erschütterung des Vertrauens⸗ verhältnisses zwischen Lehrer und Schüler verlange eine empfindliche Strafe trotz erheblicher für den Angeschuldigten sprechender Milde⸗ rungsgründe. Da als Strafe nach Lage des Falles Karzer, Geldstrafe und Nichtanrechnung eines Semesters ausschieden, ein Verweis aber zu milde sei, so käme — ich zitiere immer nur das Urteil — nur die nächsthöhere Strafe der Androhung der Entfernung von der Universität in Frage.
Die an dieses Urteil anschließende Polemik in der Presse wandte sich sowohl gegen Einleitung, Art und Ausgang des Diszplinarver⸗ fahrens, wie auch gegen die Vorlesungen des Professors Traeger. Auch hier ist das Urteil der öffentlichen Meinung von Haß und Gunst der Parteien nicht unbeeinflußt geblieben, und desto wichtiger ist es, nicht Einzelheiten allzu stark in den Vordergtund der Erörterungen zu stellen, sondern auf den Untergrund der Stimmungen zu achten, inmitten deren diese Angelegenheit zu einem die Oeffent⸗ lichkeit so erregenden Fall erwuchs.
In allem Wesentlichen, was hierbei über die in der Studenten⸗ schaft herrschenden Strömungen zu sagen wäre, kann ich mich auf die gestrigen Ausführungen des Herrn Unterstaatssekretärs beziehen. Die von ihm geschilderten Gegensätze treten maturgemäß an einer Universität der alten geschlossenen studentischen Korporationen, wie es Marburg ist, besonders deutlich in Erscheinung, und es kann nicht Wunder nehmen, daß auch die in breiten Schichten des Volkes auflebende, tiefbedauerliche antisemitische Welle, die in Hessen immer Boden be⸗ halten hatte, von dem in den Korporationen zusammengeschlossenen viel⸗ fach konservativ gerichteten Teil der Studentenschaft besonders. willig aufgenommen worden ist. In der Tat sind von dem jetzt in Marburg vorhandenen etwa 2400 Studenten kaum einige hundert nicht deutsch⸗ national. Die demokratisch⸗sozialistische Minderheit fühlt sich durchaus in der Abwehr. “
Es ist nur natürlich, daß der lebhafte Sinn der Jugend sich politischen Problemen mit gesteigerter Anteilnahme zuwendet, und als ein Zeichen neu erwachenden politischen Interesses unseres Volkes soll das aufrichtig begrüßt werden. Aber es ist, wenn auch erklärlich, so doch lebhaft zu bedauern, daß das noch nicht befestigte Urteil der jungen Leute dabei oft über das Ziel hinausschießt. Offenbar haben auch in der Marburger Studentenschaft die politischen Gegensätze ihren letzten Ausdruck in persönlichen Reibereien gefunden, und leider scheint es, als ob die öffentlichen Veranstaltungen, namentlich von antise⸗ mitischer Seite, diese Gegensätze wesentlich verschärft haben. Die Verantwortung hierfür tragen die Urheber dieser Veranstaltungen, tragen letzten Endes die Parteien, die solche nicht scharf genug zu verurteilende Hetze in den Dienst ihrer po⸗ litischen Bestrebungen stellen.
Es ist dann darüber Klage geführt worden, daß im Marburger Universitätsgebäude Zettell aufreizenden Inhalts verteilt worden seien. Das hat sich leider als richtig erwiesen. Aber es gibt gegen derartige grobe Ungehörigkeiten kein durchgreifendes Mittel. Man kann die Stimmung der Studenten in ruhigeren Bahnen zu halten suchen. Man kann sie immer wieder zur Ueberlegung mahnen, aber man kann
litisch aufreizende Zettel ankleben. Ich habe zu dem derzeitigen Rektor das Vertrauen, daß er sich tatkräftig für die Aufrechterhaltung einer gemäßigten Stimmung in der Studentenschaft einsetzt.
Die demokratischen Studenten haben sich ferner darüber beschwert, daß ihnen ein schwarzes Brett verweigert worden sei, obwohl die so⸗ genannten nationalen Studenten ein solches schon lange hätten. Dem⸗ gegenüber erklärt der Rektor, er habe dem Wunsche der demokratischen Studenten nur deshalb nicht sofort entsprochen, weil er auch den politisch rechtsstehenden Studenten ihr besonderes Brett entziehen und ein gemeinsames Brett für politische Anschläge jeder Art bereitstellen wollte. Es wäre richtiger gewesen, lieber alle Anschläge politischen Inhalts in Universitätsgebäuden ebenso grundsätzlich zu verbieten, wie der Vertrieb politischer Zeitungen dort verboten ist, und ich werde an die Universitäten eine entsprechende Anweisung ergehen lassen.
Von der ganz allgemein in Marburg herrschenden erregten Stimmung muß die Beurteilung der besonderen Vorgänge, die sich an das Auftreten des Studenten Lemmer auf dem demokratischen Parteitag schlossen, losgelöst werde. Es handelt sich hier um grund⸗ sätzliche Fragen. Auf der einen Seite meint man, die akademische Lehrfreiheit sei in Gefahr, auf der anderen glaubt man, für die po⸗ litische Freiheit der Studentenschaft überhaupt kämpfen zu müssen. An dem Grundsatz der akademischen Lehrfreiheit halte auch ich durchaus fest, und auch ich lege den größten Wert darauf, daß das altbewährte Ver⸗ trauensverhältnis zwischen akademischen Lehrern und Schülern erhalten bleibt. Nur wenn der akademische Lehrer sich völlig rückhaltlos vor seinen Studenten aussprechen kann, ist dies dringend notwendige Vertrauensverhältnis gesichert, und deshalb ist es zu bedauern, wenn ein Hörer, statt Bedenken zu⸗ nächst bei seinem Lehrer selbst zur Sprache zu bringen, eventuell bei den akademischen Behörden und im Ministerium Schutz zu suchen, sie als⸗ hald an die Oeffentlichkeit bringt.
Andererseits darf dieser Grundsatz weder die allgemeine politische Freiheit der Studierenden beeinträchtigen, noch darf er einen Freibrief geben für Ueberschreitungendes inder akademischen Lehr⸗
reiheit gewährleisteten Rechts.
So wenig Einfluß der Staat auf die innere Ueberzougung des Ge⸗ lehrten und seine wissenschaftliche Betätigung nehmen darf, so steht doch auch fest, daß der Proͤfessor dieses freie Amt eben als Beauf⸗ tragter und Vertrauensmann des Staates a⸗ und es geht daber nicht an, daß er diese Vorzugsstellung dazu braucht, um in Ausführung seines Amts und unter dem Schu mit diesem Amt verbundenen Vorrechts der Lehrfreiheit gegen den und gegen staatliche Funktionäre aufzutreten. mißbilligen in einer Zeit, in der es das Bestreben jedes pflichtbe Beamten sein muß, gegebenenfalls sogar unter Hintansetzung eignen abweichenden Ueberzeugung die Autorität des Staates zu schüt
Diese Rücksicht hat besonders für Vorlesungen tischen Inhalts zu gelten, die an sich einem auch von der Landes⸗ versammlung anerkannten dringenden Bedürfnis entsprechen. Der vor⸗ liegende Fall zeigt, wie schwierig die Aufgabe ist, die den Professoren in Vorlesungen über Politik obliegt. So objektiv wissenschaftlich sie auch ihre Vorlesungen anlegen so schwer mag es manchem sein, seine eigne politische Meinung völlig zurückzustellen. Sie werden nie vor einer politisch einheitlichen Hörerschaft sprechen und können niemals sicher sein, daß ihre Worte nicht mißverstanden werden. Auch in dem Kolleg des Professors Traeger, der übrigens keinen besonderen Lehr⸗ auftrag für Vorlesungen über Politik hatte, sind manche Aeußerungen nicht so gefallen, wie sie von einigen Hörern übermittelt worden sind. Insbesondere halte ich es auf Grund der eingehenden Beweisaufnahme nicht für erwiesen, daß Traeger die sozialistischen Führer „pathologische Individuen“ und dergleichen genannt hat. Er selbst bestreitet solche Aeußerungen entschieden; aber wenn er, wie fast festzustehen scheint, der Königin Luise gebracht hat, wenn er bei dem Namen Erzberger eine Atempause gemacht hat, die an andere Wortverbindungen erinnern konnte, wenn er davon sprach, daß amtierende Minister mit dem Volks⸗ vermögen nicht so gewissenhaft umgingen, wie das früher selbstverständ⸗ lich gewesen wäre, so gingen in einem Kolleg solche Be⸗ merkungen weit über die Grenzen des Zulässigen hinaus. Daß Traeger ant;semitische Ausführungen gemachs hat, bestreitet er selbst entschieden. Es hat auch nicht erwiesen werden können.
Gewiß ist dagegen nichts zu sagen, wwenn ein Student, der sich durch Ausführungen seines Lehrers in seiner Weltanschauung bedroht fühlt, sich in ehrlicher staatsbürgerlicher Besorgnis an. seine politische Partei wendet. Dabei konnte die Pflicht des akademischen Bürgers verletzt werden, aber es blieb doch ein Recht des Staats⸗ bürgers, und dem Staatsbürger darf solches Ver⸗
sehennichtnachgetragen werden. Nach den bestehenden und für die Entscheidung des vorliegenden Falles noch geltenden disziplinari⸗ schen Bestimmungen unterliegt, wie ich schon ausführte, das Urteik leider nicht der Berufung. Ich habe aber, wie gesagt, dafür Sorge getragen, daß die gegen Lemmer verhängte Strafe so⸗ fort in den Akten gelöscht wird, so daß sie ihn nicht in seinem Fortgang hindert. 1
Die Reform des Disziplinarrechts wird, wie ich schon andeutete, aus Anlaß des Marburger Falles nunmehr umverzüglich in Angriff genommen werden. Meine Damen und Herren, ich muß im Anschluß an den von mir aus der Welt geschafften Fall Lemmer noch kurz auf die An⸗ schuldigungen eingehen, die in einer Resolution des Jenaogr sozialistischen Studentenkongresses enthalten sind, die . Dr. Weyl gestern hier vorgetragen hat. Jene Resolution erklärt es für ungeheuerlich, daß auch unter einem sozialdemokratischen Ministar sozialistische Studenten ihrer Ueberzeugung wegen velegiert würden.
die Frau des Reichspräsidenten auch nur scherzhaft in Verbindung mit
Professors Traeger über Politik erhalten hatte. Hierbei hatte er nach
nicht verhindern, daß aufgeregte oder unreise junge Leute irgendwo po⸗
Ich erkläre hier feierlich vor dem Lande, daß ein