1920 / 48 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Feb 1920 18:00:01 GMT) scan diff

Kunst und Wissenschaft.

MNieues von Dürer. In der Berliner Kunstgeschichtlichen Gesellschaft teilte Dr. Erich Römer neue Dürer⸗Forschungen mit, die die Anvachtsbilder des Meisters aus seiner Jugend zum Gegenstand haben. Diese Bilder stehen verstreut in seinem Werk und gehen eine rechte Verbindung nur ein, wenn man die Blätter des Graphikers Dürer dazwischenschibbt. Der junge Dürer als Maler ist nur mühsam erkennhar. Römer verfuchte nun zwischen den Andachtstafeln, die er für Arbeiten des jungen Dürer hält, und seinen sonstigen Werken die Zusammenhänge herzustellen. Unter anderem ergab sich

ihm, daß das berühmte Hauptwerk von Dürers früherer Malerei,

der Paumgartnersche Altar in der Münchener Pinakothek, der um 1498 entstanden ist, in seinen festen, verloren geglaubten Flügeln nach den Tafeln der Heiligen Katharina und Barbara in Schwabach ergänzt werden kann, die auch in den Maßen mit dem Altar über⸗ einstimmen und deren Beziehung zu Dürer bisher übersehen worden ist. Wekter besprach Römer als Altarbilder, die mit dem jungen Dürer in Beziehung stehen, besonders den Dominikusaltar in Darm⸗ stadt und zwei Altäre in der Dresdner Galerie. Versuche, in Altären der Nürnberger Wohlgemut⸗Werkstatt Arbeiten Dürers aus seiner Lehrlingszeit auszusondern, lehnte Römer ab, vermutete aber in mehreren Werken Schongauerscher Richtung Arbeiten Dürers aus der Zeit seiner Tätigkeit im Kreise dieses Colmarer Malers. Ja, in einem Blatt,

Dürer den Gottvater einer Schongauerschen Zeichnung von 1469 kopiert. In der Aussprache stimmte unter andern Geheimrat Max Friedländer der Zuweisung der Dresdner Tafeln an Dürer bei und erklärte auch die Inschrift der Lonzoner Gottvater⸗Zeichnung für

sicher von Dürers Hand.

Im Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen wird die Ausstellung der Kupferstiche Dürers geschlossen und dafür eine Ausstellung von Holzschnitten aus allen Zeiten eingerichtet. FBöBheater und Musik.

Im Opernhause wird morgen, Freitag, „Der Rosen⸗ kavalier“ unter des Komponisten eigener Leitung, mit den Damen Artot de Padilla, Denera, Schumann als Gast, Birkenström, von Scheele⸗Müller und den Herren Stock, Habich, Henke, van de Sande, Föenthb Lücke, Krasa und Sommer besetzt, aufgeführt. Anfang 6 hr.

Im Schauspielhause wird morgen „Friedrich der Große“, I. Teil: „Der Kronprinz“, in bekannter Besetzung wiederholt. Spielleiter ist Dr. Reinhard Bruck. Anfang 6 ½ Uhr. Am nächsten Sonntag, Vormittags 11 ½¼ Uhr, findet im Schauspiel⸗ hause die 6. Mittagsveranstaltung im Zyklus „Bilder aus deutschen Zeitaltern“ start. Diese Mittagsauf⸗ führung ist den Romantitern gewidmet. Den einführenden Vortrag hält, der Schriftsteller Paul A. Merbach. Fräulein Margarete Neff rrägt die „Hymnen an die Nacht“ von Novalis, Volkslieder aus des „Knaben Wunderhorn“, Gedichte von Tieck und Eichendorff sowia den „Tod des Schulmeisterleins Wuz“ von Jean Paul vor. Fritz Ebers liest aus Friedrich Schlegels „Lucinde“, aus E. T. A. Hoff⸗ manns „Elixieren des und eine Szene aus Kleists Trauer⸗ spiel „Die Familie Schroffenstein“ vor. Ferner werden unter des Kapellmeisters Etthofen musikalischer Leitung Lieder und . für Singstimme, Violine, Flöte, Cello und Klavier von Karl Maria von Weber und E. P. A. Hoffmann vorgetragen. Für den Gesang

ind Vera Eichholz und Hans John gewonnen. Mannigfaltiges.

Zur Grabschändung im Charlottenburger Mausoleum teilen hiesige Blätter mit, daß das Berliner Polizeipräsidium die vom Finanzministerium ausgesetzte Be⸗ lohnung von 5000 um 15 000 erhöht hat, so daß jetzt auf die Ergreifung der Verbrecher und die Wiederbeschaffung der geraubten Sachen eine Belohnung von 20 000 ausgesetzt ist.

Im Anschlu Zei

an die allgemeine Zeitungsverlegerversammlung in Weimar trat „W. T. B.“ zufolge in Berlin am Dienstag auch die Vereinigung Großstädtischer Zeitungsverleger zusammen, um die Regierung zu Maßnahmen außzufordern, die go⸗ eignet wären, die der deutschen Tagespreffe drohende Katastrophe aufzuhalten, und faßte insbesondere folgende Entschließung: „Die gesetzgebenden Körperschaften werden ersucht, die in die Umsatzsteuer eingefügte Anzeigensteuer sofort wieder auf⸗ zuheben. Das Zeitungsgewerbe weigert sich nicht, an den der Allgemeinheit auferlegten Lasten mitzutragen, und will sich daher der allgemeinen Umsatzsteuer von 1 ½ Prozent auch für das Anzeigenwesen unterwerfen. Wieder abschuütteln aber will sie die Sonderbelastung, als welche sich die Anzeigensteuer darstellt, zu⸗ mal in der jetzigen Fassung, welche die Tageszeitungen gegenüber allen seltener erscheinenden Druckschriften in Nachteil bringt. Seit Erlaß des Gesetzes hat sich der mutmaßliche Ertrag der Umsatz⸗ steuer vielleicht schon um Milliarden vergrößert. Auch an dieser Ertragssteigerung hat das Zeitungsgewerbe einen An⸗ teil durch die im Geldwert gesehene ungeheure Um⸗ satzsteigerung von Papier, Rohstoffen. Gehältern und Löhnen. Da die Fatonalberfammlung die Notlage der Presse an⸗ erkannt und sich bereit erklärt hat, ihr zu helfen, so leiste sie nun diese Hilfe vor allen Sondervergünstigungen durch die Befreiung von einer ungerechten Last. Sie erspare der Presse ferner alle weiteren gesetzgeberischen Eingriffe, wie z. B. die Knebelung des Stellen⸗ marktes, die Erhöhung der Zeitungspostgebühren usw., die geeignet sind, die wirtschaftlichen Grundlagen des Verlagswesens noch mehr zu erschüttern und der Presse die Erfüllung ihrer öffentlichen Auf⸗ gaben zu erschweren.“ ““

Breslau, 25. Februar. (W. T. B.) Amtlich wird ge⸗ meldet: Der D-Zug 1 Berlin —Oberschlesien fuhr früh ggegen 6,30 zwischen Leisewitz Ohlau auf eine leer⸗ fahrende Maschine auf. Beide Maschinen und drei Wagen des D⸗Zuges wurden erheblich beschädigt. Zwei Reisende wurden leicht verletzt. Die Reisenden mußten in den von Breslau angeforderten Ersatzzug umsteigen, um ihre Fahrt nach Oberschlesien fo tsetzen zu können. Der Personenzugverkehr wird mit einiger Verspätung aufrechterhalten, Güterzüge werden über Carls⸗ markt umgeleitet.

Ludwigshafen, 24. Februar. (W. T. B.) Nach Fabrik⸗ schluß hat hier eine grofe Kundgebung der Arbeiter gegen die bestehende Lebensmittelknappheit statt⸗ gefunden. Der Mob benutzte die Gelegenheit und plünderte zahlreiche Lebensmittel⸗, Schuhwaren⸗ und andere Geschäfte völlig aus. Französische Gendarmerie griff ein und nahm zahlreiche Verhaftungen vor. Abends 7 Uhr war die Ruhe wieder⸗ hergestellt.

Bremen, 24. Februar. (W. T. B.) Wie die Verwaltun der Aktiengesellschaft Weser mitteilt, ist die Gesellscha infolge der Erschöpfung der Kohlenvorräte zur Einstellung des Betriehes ab 24. Februar gezwungen. Eine Anzahl Arbeiter wird mit Notstandsarbeiten beschäftigt, der Betrieb wird wieder eröffnet werden, wenn die fehlenden Kohlen eingetroffen sind.

Brässel, 24. Februar. (W. T. B.) Ein großer Skandal ist im Ernährungsministerium ausgebrochen, dessen Direktor Gaspar mit zwei Fabrikanten aus dem Vororte Naeren verhafter worden ist, weil sie Nahrungsmittel schiebungen in größerem Stil getrieben haben.

das das Britische Museum besitzt, hat der junge

Handel und Gewerbe. Heute findet kein Börsenverkehr statt.

Rücktritt oder Wandlung von langfristigen Lieferungsverträgen.

Der Wirtschaftsrat beim Reichswirtschafts⸗ ministerium hat sich in einer seiner letzten Sitzungen in An⸗ wesenheit des Präsidenten des Reichswirtschaftsgerichts, Geheimen Oberregieruggsrats Dr. Lucas, sowie einer großen Anzahl führender deutscher 3uustriellen, dieals Sachverständige hinzugezogen waren, mit den langfristen Lieferungsverträgen beschäftigt. Einstimmig warde beschlossen, an die Reichsregterung das Ersuchen zu richten, mit Beschleunigung eine Verordnung hierzu zu erlassen. Durch diese Verordnung soll im schiedsgerichtlichen Verfahren die Möglichkeit des Rücktritts oder der Wandlung von Lieferungsverträgen geschaffen werden, die vor dem 1. Juli 1919 abgeschlossen wurden. Eingeschlossen sollen auch solche Lieferungsverträge sein, die bereits rechtshängig ge⸗ worden sind. Für gegenwärtig oder künftig abzuschließende Lieferungs⸗ verträge wurde eine gleiche Regelung grundsätzlich als nicht erforderlich erachtet. Für nach dem 1. Juli 1919 abgeschlossene Lieferungs⸗ verträge wurde die Anrufung eines Schiedsgerichts nur dann für zulässig erklärt, wenn die Parteien schon bei Vertragsabschluß die Anrufung eines Schiedsgerichts auf Grund der Valutaver⸗ schlechterung oder Selbstkostenverteuerung ausdrücklich vereinbart haben. Gleichzeitig hat der Wirtschaftsrat erfucht, darauf hinzuwirken, daß einem etwaigen Wunsche des Hand⸗ werks nach Aufnahme der Schiedsgerichtsklausel beim Abschluß von Verträgen mit Behörden Rechnung zu tragen ist. Die Schiedsgerichte sind in der Korm von besonderen, über das ganze Reich verteilten Senaten des Reichswirtschaftsgerichts gedacht. Sie sollen bei Lieferungsverträgen mit Ausländern eine F“ erst nach An⸗ hörung der jeweils in Frage kommenden Außenhandelsstellen fällen. Der bedeutsame Beschluß des Wirtschaftsrats wird zweifellos dazu beitragen, die Erregung weiter Kreise des In⸗ und Auslandes zu be⸗ schwichtigen. („Mitteilungen aus dem Reichswirtschaftsministerium.“)

Die Eisenbahnverkehrslage hat sich laut Meldung des „W. T. B.“ aus Essen in der letzten Woche nicht unwesent⸗ lich verschlechtert. Die Wagengestellung ging zwar von 17 300 (in der voraufgegangenen auf 17 800 werktäglich in die Höhe, die Feblziffern erhöhten sich aber auf durchschuittlich 1800 Wagen; Sonnabend fehlten sfogar 3400 Wagen. Der Hauptgrund hierfür ist nach wie vor Lokomotivmangel und der infolge des Eisenbahnerstreiks noch immer vorhandene Rückstand an beladenen Wagen. Von den Haldenbeständen wurden rund 68 000 t (gegen 76 000 t i. d. Vor⸗

woche) abgefahren, so daß am 21. Februar ein Bestand von 731 000 t

verblieb. Die Umschlagsleistung in den Duisburg⸗Ruhrorter Häfen betrug werktäglich 21 000 t gegenüber 24 300 t in der vorhergegan⸗ genen Woche. 25 700 t auf der Höhe der Vorwoche. steht unpermindert fort. 1

Die Maschinenbau⸗Anstalt und Eisengießere vorm. Th. Flöther A.⸗G. in Gassen schlägt laut Meldung des W. T. B. vor 10 pH und eine Sondervergütung von 100 zu 5 vH verzinsliche Kriegsanleihe für je 1000 Aktien.

In der am 24. d. M. abgehaltenen Eitzung des Aufsichtsrats der Vereinigten Zünder⸗ und Meißen, wurde beschlossen, der für den 23. März d. J. ein⸗ zuberufenden Generalversammlung die Verteilung von 23 vH und die Erhöhung des Aktienkapitals 1 200 1b zuschlagen.

Die Kahnraumknappheit be⸗

Telegraphische Auszahlung. 25. Februar

1 26. Februar Geld Brief

Geld Brief 3596,00 3604,00 3596,00 3604,00 716,75 718,20

716,75 718,25 1668,25 1671,75 1673,25 1676,75 1448,50 1451,50

1446,00 1449,00 1819,00 1823,00 1813,00 1817,00 439,60 440,40 399,60 400/40 529,50 530,50 524,50 525,50 333,15 333,85 331,15 331,85 97,90 98 10 9790 938,10 696,80 698 20 690,80 692,20 1568,25 1571,75 1568,25 1571,75 1683, 25 1686, 75 1678,25 1681,75 38,06 39,04 39,46 39,54 36,44

36 96 37,04 36,36 . ... 100,40 100 60 99,90 100,10 33,96 34,04 34,21 34,29

Amsterdam⸗Rotterdam

Brüssel und Antwerpen

Eheistiania . . . . .

Kopenhagen

Stockholm und Gothen⸗ burg 1“ lsingfors. talten

London

New York

Paris.

Schweiz.

Spanien..

Wien, altes.

Wien (Dtsch. ⸗Oesterr.), abgestempbp...

ag 1 1

26. Februar.

Geld Brief 97,15 97 35 94 90 95 10 716 75 718 25 1446 00 1449,00 333,00 334 00 330 50 331 50 419,50 420 50 691,75 693 25 3595 00 3604,00 499,50 500 50 1673,25 1676,75

Ausländische Banknoten vom

Amerikanische Banknoten 1000—5 Doll. 1 2 und 1 Doll. Belgische

f. 100 Frs. . Dänische

f. 100 Kr.. . Englische 100 500 Lstrl.. Finnische 166 9

1 Lstrl. ranzösische 8 100 Fres... olländische 1 J“

Italienische 100 Lire .. Norwegische 1161“ Oesterreichische alte, 10 100 Kr.

4 Abschn. zu 1000 Kr...

Banknoten, neue, 100 Kr.

8 Abschn. zu 1000 Kr.. . Schwedische Banknoten f. 100 Kr.. . Schweizer 8 f. 100 Frcs. Spanische 8 8 8 Tsch.⸗slov. Staatsnoten, nauaue,..

36,30

36 20 36,70 1819,00 1568 50 1658 25 97,90

1823,00 1571,50 1661,75

98,10

—.

Budapest, 26. Februar. (W. T. B.) Gegenüber Gerüchten, wonach gewisse Serien der von der Oesterreichisch⸗ Ungarischen Bank herausgegebenen Noten weniger wert seien als der Betrag, auf den sie lauten, hat der Finanzminister in einer Zirkularverordnung festgestellt, daß diese Gerüchte jeder Be⸗ gründung entbehren und daß namentlich mit welcher Serienzahl immer herausgegebene Noten vollkommen gleichwertig sind. Ebenso sind auch die Zwanzigkronennoten der zweiten Emission jenen der ersten Emission vollkommen gleichwertig. Wer Banknoten zu einem unter ihrem Wert stehenden 85 kaufe, versuche Betrug.

Manchester, 24. Februar. (W. T. B.) Tuchen und Garnen war die Nachfrage weniger dringend. Die Verkäufer halten an ihren Preisen fest.

Genf, 26. Februar. (W. T. B.) Der Ausschuß des Inter⸗ nationalen Baumwollkongresses tagte gestern in Genf. Er nahm Kenntnis von den Berichten der an die Konferenz von New Orleans entsandten Abgeordneten. Die von dem Kongreß ge⸗ faßten Entschließungen wurden genehmigt. Die Versammlung traf Anordnungen für den am 9., 10. und 11. Mai in Zürich abzuhaltenden Baumwollkongreß.

Washington, 24. Februar.

(Reuter.) Trotz des Standes A böb-b weist di bbil

elsb. vom Januar

or⸗ 2

Beladen

8

Heinen Betrag von 257 Millionen Dollar zugunsten der Vereinigten Staaten auf. Dem Handelsamt zufolge beträgt der Wert der Aus⸗ fuhr 731 Millionen, der Wert der Einfuhr 474 Millionen Dollar.

Wagengestellung für Kohle, Koks und Briketts

Ruhrrevier Oberschlesisches Revier Anzahl der Wagen

am 24. Februar 1920. 16 643

Gestellt. Nicht gestellt. 1 zurück⸗ J“ 6 036 b am 25. Februar 1920. ö

5 548

Nicht gestellt

Beladen zurück⸗ 1““

Berichte von auswärtigen Wertpapiermärkten.

Hamburg, 25. Februar. (W. T. B.) (Kurse im Groß⸗

die Reichsregierung verkehr.) Deutsch⸗Auftral. Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft 234 ½ —238 ½

233 234, Hamburger Packerfahrt 153 ¼ 152 ¼ 155 ¼ 152 154 ¼, Hamburg⸗Südamerst. Dampfsch. 297 ¾ 291 ½ 293, Norddeutscher Lloyd 174 ½ 176—174 ½, Canada Pactfic 185 ½ 178, Lombarden 52 bis 49, Schantungbahn 700 665 673 666, A. E. G. 440 448 437 ½ 440, Bochumer Gußstahl 414 416, Deutsch⸗Luxemburger Bergwerk 388 —390 bez., Gelsenkirchener Bergwerf 419 414 417 ⅛, Harpener 440 442 ½, Phönix Bergbau 573 590, Southwest 690 637 ½, Neu Guinea 14 600 12 500, Otavi 971 960 975 935,

Otavi Genußsch. 791 —765 778— 740.

Cöln, 25. Februar. (W. T. B.) Englische Noten 333, Noten 695, Belgische Noten 715, Holländische Noten 3600, Rumänische Noten 131, Amerikanische Noten 97, Schweizerische Noten 1570. 8 Wien, 25. Februar. (W. T. B.) Amtliche Notierungen der Deutsch⸗HOesterreichischen Devisenzentrale: Berlin 293,00 G., Amsterdam 9400,00 G., Zürich 4250,00 G., Kopenhagen 3900,00 G., Stockholm 5000,00 G., Christtania 4675,00 G., Marknoten 29 2,00 G.

Prag, 25. Februar. (W. T. B.) (Devisenkurse.) Berlin 100,75 G., Marknoten 97,75 G., Wien 30,00 G.

London, 24. Februar. (W.T. B.) 2 ½ % Englische Konsols 49 ½,

Der Umschlag in den Kanalzechenhäfen hielt sich mit

Kabelwerke, A.⸗G.,

5 % Argentinier von 1886 90, 4 % Brastlianer von 1889 49 ½, 4 % Japaner von 1899 60, 3 % Portugiesen 34 ½, 5 % Russen von 1906 22, 4 ½ % Russen von 1909 16 ½, Baltimore and Ohio 48, Canadian Pacific 176, Crie 21, National Ratlways of Mexiko 8, Pennsylvanma 61 ½, Southern Pacific 139, Unton Pacific 171, United States Steel Corporation 142, Anaconda Copper —,—, Rio Tinto 47, Chartered 20/9, De Beers 29 ¼, Goldfields 22⁄⁄6, Randmines 4 ⅛. 3 ½ % Kriegsanleihe 70 ¼, 4 % Siegesanleihe 81 ½.

London, 24. Februar. W. T. B.) Wechsel auf Deutschland 326,50, Wechsel auf Amsterdam kurz 9,20, Wechsel auf Paris 3 Monate 47,82, Wechsel auf Brüssel 46,22. Privatdiskont 6, Silber loko 82. 1“

Amsterdam, 25. Februar. (W.T. B.) Wechsel auf London 9,22 ½, Wechsel auf Berlin 2,80 Wechsel auf Paris 19,40, Wechsel auf Schweiz 43,75, Wechsel auf Wien 1,05, Wechse auf Kopenhagen 40,40, Wechsel auf Stockholm 50,75, Wechsel auf Christianta 46,80, Wechsel auf New York 272, Wechsel auf Brüssel 20,00, Wechsel auf Madrid 46,75, Wechsel auf Italien 14,72. 5 % Niederländ. Staatsanleihe von 1915 8513⁄16, 3 % Niederländ. Staatsanleihe 51 ½, Königl. Niederländ. Petroleum 800, Hohand⸗Amerika⸗Linie 432, Niederländisch⸗Indische Handelsbank 280, Atchison, Topeka & Santa 90 ½5⁄16, Rock Island 68, Southern Pacific 104 ½, Southern Rail⸗ way 25, Union Pacisic 129, Anaconda 127, United States Steel Corp. 104 ½, Französisch⸗Englische Anleihe —,—, Hamburg⸗Amerika⸗ Linie —,—. Tendenz: Fest.

Kopenhagen, 25. Februar. (W. T. B.) Sichtwechsel auf

amburg 7,25, do. auf Amsterdam 248,25, do. auf schweiz. Plätze 08,25, do. guf New York 671,00, auf London 22,72, do. auf Paris 48,00, do. auf Antwerpen 49 50, do. auf Heitingfors 28,50, do. auf Stockholm 124,80, do. auf Christiania 114,75.

Stockholm, 25. Februar. (W. T. B.) Sichtwechsel auf Berlin 5,60, do. auf Amfterdan 198,50, do. auf schweizer. Plätze 86,75, do. auf Washington 541,00, do. auf London 18,25, do. anf Paris 38,25, do. auf Brüsse! 39.35, do. aut Helsingfors 22,50, do. auf Stockholm 80,25, do. auf Christiania 92,00.

—*

Berichte von auswärtigen Warenmärkten. London, 24. Februar. (W. T. B.) Infolge des herrschenden starken Nebels wurde die heutige Wollversteigerung aus⸗

gesetzt. .

Liverpool, 24. Februar (W. T. B.) Baumwolle. Umsatz 6000 Ballen, Einfuhr 29 100 Ballen, davon amerilanische Baum⸗ 5 Baken. Für Februar 27,50, für März 27,27, für April

Amerifanische 9—16, Brafilianische 16 Punkie höher, Aegpptische

unverändert.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Theater.

Opernhaus. (Unter den Linden.) 47. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Der Rosenkavalier. Anfang 6 ½ Uhr.

Sonnabend: Hänsel und Gretel. Hierauf: Die Puppeufee. Anfang 6 ½ Uhr.

Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Freitag: 53. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Friedrich der Große. I. Teil: Der Kronprinz. Anfang 6 ½ Uhr.

Sonnabend: Othello, der Mohr von Venedig. Anfang

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Ilse Burchard mit Hrn. Hauptmann Karl Göring (Kiel Berlin).

Verehelicht: Hr. Regierungsrat Erich mit Frl. Ilse Jaster Potsdam).

Gestorben: Hr. Geheimer Konsistorialrat und Schloßprediger Getthold Wuͤrkert (Stettin). Hr. Geheimer Sanitätsrat, Stabsarzt d. L. a. D. Dr. Victor Schmeidler (Breslau).

Kramer⸗Möllenberg

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol. Charlottenburag, Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, Rechnungsrat Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengerina) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlaasanstalt. Berlin. Wilhelmstraße 32.

8 Drei Beilagen

und Erste, Zweite und Dritte Zentral⸗Handelsregister⸗Be

sowie die Inhaltsangabe Nr. 8 zu Nr. 5 d Anzeigers. 88 8

8

8

(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.) Preußische Landesversammlung. 121. Sitzung vom 25. Februar 1920, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)“)

In dritter Beratung wird der Gesetzentwurf, Aenderung der Amtsgerichtsb.

die

In zweiter und dritter Bevatung wird ferner der Gesetz⸗ entwurf, betr. steuerliche Vorrechte in ein⸗ geme indeten Ortsteilen, auf Antrag des Gemeinde⸗ ausschusses mit der Aenderung angenommen, daß die rück⸗ wirkende Kraft nicht bis zum 1. Oktober 1919, sondern bis zum 1. April 1919 bistimmt wird.

Darauf erfolgen die namentlichen Abstim⸗ mungen über die zur Höchstmietenverordnung gestellten Anträge.

Der Antrag der Demokraten, wonach die Verordnung schleunigst der Landesversammlung zur Nachprüfung ihrer Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit vorgelegt werden soll, wird mit 180 gegen 70 Stimmen der Antragsteller und der Rechts⸗ parteien abgelehnt.

Der Antrag Conwvadt (D. Nat.), der darüber hinaus euch verlangt, daß die ergangenen Ausführungs⸗ bestimmungen durch solche ersetzt werden, die gleichmäßig den Interessen der Mieter und denen der Vermieter gerecht werden, fällt mit 186 gegen 67 Stimmen.

Darauf gelangt der Antrag der Sozialdemokraten und des Zentrums, die Verordnung der Landesversamm⸗ lung zur Kenntnisnahme vorzulegen, zu ein⸗ stimmiger Annahme.

Der Ausschuß für Bevölkerungspolitik hat am 28. Januar beschlossen, der Landesversammlung den An⸗ trag zu unterbreiten, die Staatsregierung wolle die Reichs⸗ regierung veranlassen, zur Bekämpfung der Ge⸗ schlechtskrankheiten und zur Regelung des Prostitutionswesens mit möglichster Beschleunigung einen Gesetzentwurf vorzulegen. Für diesen werden in dem Ausschußantrag die Gesichtspunkte zusammengestellt, die für das Gesetz maßgebend sein sollen. Es wird die Errichtung von Beratungsstellen und eines Pflegeamts (unter Beseitigung der polizeilichen Neglementierung der gewerbsmäßigen Unzucht) vorgeschlagen; es werden ferner für die Behandlungspflicht, für die Anzeigepflicht, für den Behandlungszwang Richtlinien ge⸗ geben und schließlich neue oder verschärfte Strafbestimmungen

den Beischlaf Geschlechtskranker, für Verletzung des öffent⸗ schen Anstandes, für Ausbeutung des Amts⸗ oder Dienst⸗ verhältnisses, für Kuppelei und Zuhältertum in Vorschlag gebracht.

Ein Antrag der U. Soz. verlangt die Einführung einer allgemeinen gleichen Anzeigepflicht an ein zum strengsten Srillschweigen ver⸗

vpflichtetes Gesundheitsamt.

Ein Antrag der Deutschnationalen geht dahin, das Wohlfahrtsministerium zu ersuchen, schleunigst mit den zuständigen Staats⸗, Kirchen⸗ und Schulbehörden sowie den betreffenden freien Verbänden in Verbindung zu treten, um ͤüber geeignete aßnahmen ethisch⸗pädago⸗ gischer Art zwecks Bekämpfung der Prostitution sowie wecks Hebung des Anstandes und der guten Sitte in unserem Volke zu beraten und dahingehende gesetzgeberische Vorlagen der Landesversammlung zu unterbreiten.

Berichterstatter Abg. Dr. Struve (Dem.): Der Ausschuß

für die Bekämpfung der Geschlechtskvankheiten Richtlinien auf⸗ stellt, deren sämtliche 17 Punkte einmütige Annahme gefunden haben

auf denjenigen, der die Anzeigepflicht regelt. Dieser Punkt wurde mit 14 gegen 11 Stimmen zum Beschluß erhoben. Er besagt: Es st eine Anzeigepflicht für alle Geschlechtskrankheiten ohne Namen⸗ vennung an ein zu strengstem Stillschweigen verpflichtetes Gesundheits⸗ amt einzuführen, das die Kranken so registriert, daß ihre Namen, wenn rötig, durch Rückfrage bei dem behandemden Arzt aus dem von ihm zu fhrenden Krankenjournal festgestellt werden können. Ich empfehle

Annahme dieser Richtlinien.

Abg. Dr. Schloßmann (Dem.) beantragt zur Geschäfts⸗ odnung, über diesen Punkt 4 der Richtlinien besonders abzustimmen. Abg. Graef⸗Frankfurt (Soz.: Wir wollen mit diesen Richt⸗ linien im Reiche die Anregung geben, diese wichtige Frage durch Reichs⸗ gesetz und zwar sehr bald, zu regeln. Bei allen anderen Krankheiten stt es viel leichter, mit Verhübungsmaßnahmen vorzugehen, als bei den Geschlechtskvankheiten. Die Patienten fügen sich den Anordnungen ds Arztes vielfach nicht, andereiseits hat auch die Gesetzgebung sehr diel versäumt. In den ersten Inhrzehnten betrachteten selbst die rankenkassen solche Patienten als Patienten zwe ten Ranges. Dies de erst anders, als die organisierte Arbeiterschaft sich um die rankenversicherung kümmerte. YPon diesem Augenblicke an datiert üch die Zusammenarbei . Arbeiter mit der Aerzteschaft, es begann e neue Aera in der Belimfung der Geschlechtskrankheiten. Die breitung dieses Leidens ist in den letzten Jahren vor dem Kriege besonders erheblich vvsen, der Krieg hat naturgemäß eine Ver⸗ chlimmerung gebracht, Millionen lunger Männer waren in Feindes⸗ ind und sind dem Leiden zum Opfer gefallen, sie haben auch ihre zzauen angesteckt und junge Mädchen, bei denen man früher eine Feschlechtskrankheit nicht vermuten konnte. Stichproben an jungen n von 15 bis 16 Jabren baben ergeben, daß auch da schon die Ge⸗ blechtskrankbeit verbreitet ist. Will man die Arzte auf diesem Gebiete deektisch vorbilden, so müssen die Zustände auf den Universitäten geändert Ein Dekan fraat auch heute noch bei Anstellung eines Dozenten nicht, ob der Betreffende ein tüchtiger Fachmann ist, sondern welcher

volitischen Gesinnung er huldigt: ist er kein Sozialdemokrat, dann zann er das gröstte Rhinozeros sein, er wird Dozent (Widersyruch eochts.) Sind Sie (nach rechts) kein Dozent geworden. (Heiterkeit.) Fin hervorragender Arzt gibt sein Urteil dahin ab, daß die Aerzte bisber nichts oetan haben, um die Geschlechtskrankheiten zu bekämpfen; das erkläre sich daraus, daß sie kein geschäftliches Interesse daran hütten: so schleiche die Syphilis unter dem Schutze der Aerzte weiter. Die Beratungsstellen sollen durch die Wohlfahrtsämter ausgebaut

*) Mit Ausnahme der Reden der Wertlowie wiedercegeben werden. 8

en Reichsan

Herren Minister, die im

eilage

Berlin, Donnerstag, den 26. Februar

werden. Sie dürfen aber nicht so gelegen sein, daß die Kranken geniert sind, sie nchefefec Die 8“ der gewerbs⸗ mäßigen Unzucht muß beseitigt werden. Das falsche Polizeisystem hat die Prostitution nur noch gefördert. Bei der Behandlung der Krankheit darf kein Unterschied gemacht werden zwischen Prosti⸗ tuierten und Nichtprostituierten. Hätten wir nur die 100 000 Prosti⸗ tuierten, die in den Listen stehen, so ständen wir außerordentlich günstig da. Würde die Anzeigepflicht mit Namennennung eingeführt, 1 würden die Patienten von den Aerzten zu den Kurpfuschern ab⸗ wandern, und das Unheil wäre noch größer. Diese Ansicht wurde im Ausschuß geäußert. Ich persönlich teile diese Befürchtungen nicht. Wir haben die Anzeigepflicht schon bei den 18 Millionen kranken⸗ versicherten Mitgliedern. Auf dem Krankenschein darf dieser Ver⸗ merk aber nicht gemacht werden, die Krankenkasse geht die Krankheit selber nichts an. Wir haben uns dahin geeinigt, daß der Arzt nur die Nummer des Patienten anzugeben hat, und daß das zu er⸗ richtende Wohlfahrts⸗ oder Gesugbheitsamt⸗ zu strengstem Still⸗ G verpflichtet wird. In dem Journal des Arztes muß der tame des Patienten natürlich verzeichnet sein. Jeder Patient muß wissen, daß sein Name auf alle Fälle geheimgehalten wird. Jeder ist verpflichtet, sich einer gehandlung zu unterziehen, da er sonst ein gewöhnlicher Verbrecher ist. Das beste Mittel zur Be⸗ kämpfung der Geschlechtskrankheiten ist natürlich die weiteste Krankenversicherungspflicht. Aber auch die nichtversicherten Personen müssen Anspruch auf freie ärztliche Behandlung haben. Das ist keine Millionenausgabe, Sparsamkeit ist da nicht am Platze. Er⸗ ledigt ein Arzt seine Aufgaben nicht in vollstem Maße, so handelt auch er verbrecherisch und ist unter schwerste Strafe zu legen. Der Bevölkerungsausschuß hat wirklich praktische Arbeit geleistet. Im praktischen Leben muß falsche Prüderie aufhören, dann hat die Landesversammlung an der Hebung der Volksgesundheit großen Anteil. (Beifall Unks.)

Abg. Dr. Faßbender (Hentr.): Es ist zu begrüßen, daß die Scheu, sich wegen einer Geschlechtskrankheit behandeln zu lassen, all⸗ mählich zurückzutreten scheint. Diese Scheu stammt daher, daß der⸗ artige Krankheiten meist durch Handlungen, die als unsittlich zu be⸗ zeichnen sind, erworben werden. Auszunehmen sind natürlich solche Fälle, wo die ahnungslose Frau von ihrem aus dem Kriege zurück⸗ gekehrten Manne angesteckt worden ist, oder wo unschuldige Kinder auf dem Abort durch das Gift infiziert worden sind. Auf dem Lande waren vor dem Kriege in manchen Gegenden die Geschlechts⸗ krankheiten fast unbekannt. Tatsächlich geschieht die Infektion in den weitaus meisten Fällen durch den außerehelichen Geschlechts⸗ verkehr, durch den Verkehr mit käuflichen Dirnen. Die Folgen von Geschlechtskrankheiten sind die Ursachen von Fehlgeburten und Un⸗ fruchtbarkeit in der Ehe, aber auch von schweren Gehirnleiden, Idiotie und anderen Geisteskrankheiten. Deshalb ist der Kampf gegen die Prostitution eine der wichtigsten Aufgaben der und Volkswohlfahrtspflege. Jeder gesund empfindende Mensch fühlt instinktiv, daß nichts der Würde des Menschen, gleichgülrig ob Mann oder Frau, so sehr widerspricht wie die Prostitution. Die

unahme der Geschlechtskrankheiten hängt zusammen mit dem Nieder der Sittlichkeit. Seit der 9 ö macht sich die dücel1c eit in der breiten Masse des Volkes immer mehr geltend. nser Ziel muß sein, daß in unserem Volke wieder der Sinn für Sittenveinheit gestärkt wird. Auf der Straße, in den Schaufenstern, im Kino und Theater macht sich das Laster breit; alles Ideale wird zerstört, und der Ehebruch wird auf den Bühnen als etwos, was gang und gäbe ist, dargestellt. Dadurch wird unser Ansehen im Auslande ruiniert. Gerade die fremden Offiziere stellen das uptkontingent der Besucher der Nachtlokale, in denen bis zum rrüüöhen Morgen hinein geschlemmt wird. Die Fremden, die über olche Verhältnisse an ihre Regierung berichten, beeinflussen die timmung ihres Landes gegen Deutschland so, daß uns die Daum⸗ schrauben noch angezogen werden. Wir müssen hier das Uebel mit der Wurzel ausrotten. In einer gewissen Zeitung stehen lauter Annoncen, die nichts weiter als Gelegenheitsmacher sind. Die ehr⸗ samen Damen der Prostitution haben sogar eine Versammlung ab⸗ gehalten, wo sie gewissermaßen gewerkschaftliche Tarife festsetzten. In Hamburg⸗Altona gibt es sogar für diese Kreise ein vollständiges Verbandsorgan. Es handelt sich bei dem Antrag um den Grund⸗ gedanken, daß unter den Maßnahmen zur Bekämpfung der Ge⸗ schlechtskvankheiten diejenigen, die zur Heilung dienen, mit den⸗ lenigen zur Verhütung als gleichwertig zu betrachten sind. Betreffs der Anzeigepflicht wird kaum eine Einigung erreicht werden. Ich bin dafür, daß dieser Punkt vollständig gestrichen wird. Der Antrag der Deutschnationalen legt den Schwerpunkt auf die sittlich⸗päda⸗ gogische Einwirkung. Mit einer solchen allgemeinen Anregung ist wenig gesagt; die muß erst durchgearbeitet und dem Ausschuß für Bevölkerungspolitik überwiesen werden.

Abg. Dr. Negenborn (D. Nat.): Es ist erfreulich, daß der Ausschuß sich einig auf den Boden der Richtlinien gestellt hat, und nur zu bedauern, daß die Demokraten und das Zentrum die Anzeige⸗ pflicht ablehnen. Wenn wir auch die Bedenken gegen die Anzeige⸗ pflicht würdigen, so stellen wir uns doch auf den Boden derselben.

Wir wollen nicht, daß die Anzeigepflicht gestrichen und es lediglich dem Reichstag überlassen wird, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Es wäre mannhaft, wenn wir auch selbst darüber zu einer Entscheidung kämen. Der Antrag der Unabhängigen über die Anzeigepflicht geht uns aber zu weit. Auf dem Gebiete der Geschlechtskrankheiten muß ganz ernste Arbeit gemacht werden. schaft ein größeres Maß von Sachkenntnis als von den Nichtärzten, allerdings unter der Voraussetzung, daß unsere Aerzteschaft auf diesem Gebiete noch besser ausgebildet wird. Wir erkennen auch an, daß die polizeiliche Reglementierung versagt hat und nicht aufrecht erhalten werden kann. Wenn von der Polizei nur ein bescheidener Teil der Prostituierten erfaß: wird und auch davon nur ein Teil mit Erfolg auf Geschlechtskrankheit untersucht wird, so muß etwas Neues gemacht werden. In manchen Städten, z. B. Cöln, sind ganz unmögliche polizei⸗ liche Vorschriften erlassen worden; sie werden nur umgangen. Wir wollen mit der Einrichtung von Pflegeämtern einen Versuch machen. Aller⸗ dings ist es mit diesen Richtlinien des Ausschusses allein nicht getan, es müssen auch Maßnahmen nach unserem Antrag hinzukommen. Wir sind damit einverstanden, daß unser Antrag dem Ausschuß überwiesen wird. Das Nachtleben in allen Großstädten weist unwürdige Zu⸗ stände auf. Zur Regelung der Prostitution ist immerhin eine gesund⸗ heitliche Konktrolle der gewerbsmäßigen Unzucht erforderlich. Aber man nimmt an, daß die von dem lästigen Polizeizwang befreiten

rostituierten sich in ihrer großen Mehrzahl freiwillig im sanitären

nteresse dieser Kontrolle unterwerfen werden. Ob sich das erfüllen wird, ist allerdings zweifelhaft, denn schließlich gehört dazu auch wieder eine Liste der Personen, die man kontrollieren will. diese Liste soll geheim gehalten werden. Ohne den Behandlungszwang der geschlechtskranken Prostituierten wird es nicht abgehen. Mit der An⸗ drohung von Strafen ist nicht viel anzufangen, denn sie stumpft ab. Insgesamt haben wir gegen manche der Richtlinien Bedenken, aber auf diesem durchaus wichtigen Gebiet muß endlich einmal etwas geschehen, wenigstens der Versuch, etwas Neues zu schaffen, von dem aus wir weiterbauen können. Wir werden zwar Enttäuschungen erleben, aber das hält uns nicht ab, eine Neuregelung zu versuchen, deren Mängel später nachgeprüft werden könnten. Ich empfehle den Antrag des Ausschusses auch mit der Anzeigepflicht. Wir wollen dem Reichstag dadurch seine Stellungnahme mehr erleichtern, als wenn wir hier eine Lücke lassen. (Beifall.)

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Wir erwarten von der Aerzte⸗

zeiger und Preußischer

Abg. Dr. Weyl (U. Soz.); Mit diesen Richtlinien wird die Prostitution noch nicht abgeschafft; das Problem muß sozial und ökonomisch gelöst werden. Die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten ist identisch mit dem Kampf um den Sozialismus und die Befreiung der Arbeiterklasse. Die Heilung aller Schwären am Körper der Menschheit ist nur möglich, wenn die Lohnsklaverei des Kapitals über⸗ wunden ist. Auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens, der Schule,

der Arbeitsbedingungen, der Erziehung, müssen die sozialen und ethischen

Verhältnisse gebessert werden, die der Nährboden der Prostitution sind. Mit den Richtlinien kommen wir wenigstens einen pflicht fallen lassen, die in anderen Ländern sich glänzend bewährt hat. Der Vertreter des Ministeriums des Innern, noch dazu ein Arzt, erklärte im Ausschuß, die Sittenpolizei könne nicht vom Ministerium des Innern auf die städtische Gesundheitspolizei überwiesen werden,

weil in den großen S ädten die Sittenpolizei, die Kriminalpolizet im Zusammenhang arbeiten müßten. Muß

und die Sicherheitspolizei denn mit Revolvern oder Flammenwerfern gegen die Madchen vor⸗ gegangen werden? Das ist kein Arzt, sondern ein ärztlich vorgebildeter Kriminalkommissar. Für 80 bis 90 % der Bevölkerung besteht bereits

die Anzeigepflicht, nämlich in den Krankenkassen; aber die 30 bis

15 , die die Wohlhabenden sind, will man vor der Anzeigepflicht schützen. Unser Antrag verbessert die Anzeigepflicht. Gegen das vom Bevölkerungsausschuß verlangte Verbot der gewerbsmäßigen Behand⸗

lung der Geschlechtskranken durch Nichtärzte, haben wir uns mit Ent⸗ Es

schiedenheit ausgesprochen, sind aber in der Minderheit geblieben. gibt zahlveiche Nichtärzte, auch solche, die man im Sinne der Mehrheit

des Ausschusses als Kurpfuscher bezeichnen müßte, die Großes für die

Entwicklung der Heilkunde getan haben.

N. Abg. Dr. Struvde (Dem.): Wir stimmen dem Antrage des Ausschusses zu, hinsichtlich der Anzeigepflicht schließen wir uns indessen dem Abegeorndneten Dr. Faßbender an. Im übrigen wäre möglichst ein⸗ mülige Stellungnahme der Landesversammlung erwünscht, damit die Nationalversammlung bald danach handeln kann. Alles ist bestrebt, die Gesundheit des deutschen Volkes zu bessern, trotzdem nehmen die Ge⸗ schlechtskrankheiten zu. Nur durch sittliche und koͤrperliche Ertüchtigung kann unserem Volke geholfen werden. Niemals hat die darniedergelegen wie heute. doppelt schwer, aber auch doppelt notwendig. die Zustände außerordentlich schlimm geworden, die Zustände sind himmelschreiend, deshalb sollte sich Berlin mit besonderem Eifer der Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten annehmen. Die Tatsache, die Behandiung zum großen Deil von Nichtärzten ausgeführt beweist, daß die sich ausgiebiger behandeln lassen, als bei

anderen Krankheitserscheinungen. Die Zunahme der Geschlechtskrank⸗

Gerade in Berlin sind

heiten ist eine natürliche Folge des langen Krieges; dabei spielt es eine

große Rolle, daß die Demobilisierung sich anders vollzogen hat als sie vorbereitet war. Auf die Zustände in den besetzten Gebieten muß ein besonderes Augenmerk gerichtet werden.

rechtigt waren aber die Vorwürfe des Professors Bunge aus Base

DJufe!,

Ich bin erstaunt, daß die Demokraten und das Zentrum die Anzeige.

Fere. 1 Moral so Die sittliche Erneuerung ist gegenwärtig

daß

wird,

eres Ausf 8 8 Die Vorbereitung der Aerzte muß auf diesem Gebiete ausgebaut werden, vollkommen ur

die Abgeordneter Graef hier vorgetragen hat und die von Dr. Werl

mit einem „Sehr richtig“ unterstrichen wurden.

Beleidigung der Aerzte, gegen die sie sich nicht verteidigen können.

Das war eine grobe

Die Nichtverzeichnung der Diagnose auf den Krankenscheinen sollte all⸗

gemein eingeführt werden.

Abg. Stendel (D. V.): Wir stimmen gegen den Antrag der Unabhängigen Sozialdemokraten, gegen die Anzeigepflicht und für die Ueberweisung des Antrags der Deutschnationalen an den Ausschuß für

Bevölkerungspolitik. Dem Grundgedanken der uns von diesem Aus⸗

schuß gemachten Vorschläge stehen wir durchaus sympatisch gegenüber.

Gegen Einzelheiten in den Richtlinien haben wir indessen eine Reihe von Bedenken. Wir sind für die Einrichtung von Beratungsstellen.

Wir halten es aber schon für einen bedenklichen Schritt, wenn man

Pflegeämter einrichten und damit gleichzeitig die Tätigkeit der Polizei

gänzlich ausschalten will. Mit solchen Pflegeämtern allein kann man die gewerbsmäßige Unzucht und die Ausschreitungen des Dirnentums

8 d09 die muß nach wie

Ordnung auf der Straße aufrecht zu erhalten. Da 8 Ddl

8 r

nicht beseitigen; Helferinnen und Aerzte sind doch nicht dazu berufen,

e Polizei eingreifen. (Widerspruch und Zurufe von den U. Soz.)

Eine öffentliche Dirne bedeutet für die Gesamtheit eine viel größere

Gefahr als ein geschlechtskranker Mann. (Erneuter Widerspruch links.) Schrankenlose Freiheit können wir also unter keinen Umständen dulden. Anzeigepflicht wird auch in der Form, wie sie der Ausschuß will, eine

Eigenbehandlung oder der Behandlung durch Kurpfuscher unterzichen.

Daß Dr. Weyl dabei auch für die Nichtärzte eingetreten ist, ist mir

vollkommen unfaßbar. Auch der Sozialismus wird die Prostitution nicht ausrotten. Solange der Geschlechtstrieb in der Menschheit vor⸗ handen ist, wird auch die geschlechtliche Unzucht nicht beseitigt werden,

eineswegs alle Geschlechtskranke restlos der ärztlichen Behandlung zu- führen; es werden sich dann erst recht die Erkrankten möglichst der

die übrigens in Arbeiterkreisen ebenso herrscht wie in Kapitalisten⸗

kreisen. Von glaubwürdigster Seite ist mir bestätiat worden, daß man

auch in Arbeiterkreisen ganz entschieden davor zurückscheut, seine Namen

im Falle der geschlechtsichen Erkrankung preiszugeben; die Kranken⸗

kassenmitglieder gehen dann lieber auf eigene Kosten zu anderen Aerzten.

(Widerspruch links.) Was die Strafbestimmungen angeht, die der

Ausschuß in Vorschlag bringt, so ist an ihnen ganz besonders viel zu tadeln; sie sind juristisch unzuläßlich oder sie sind ganz gefährliche Kautschukbestimmungen, oder sie enthalten nicht zu billigende Härten,

oder sie rennen offene Türen ein. fehlt darin ganz und gar. Zum Teil werden diese Formurierungen, wenn sie praktisch werden sollten, ganze Rattenkönige von Expresser⸗ prozessen zur FolDe haben. Was Herr Professor Bunge in Basel gegen die deutsche Aerzteschaft geschrieben hat, muß von dieser auf das entschiedenste abgelehnt werden.

Der Hinweis auf § 360, 6 Str. G B.

Im Schlußwort bedauert der Referent Abg. Dr. Struve, daß

die juristischen Ausführungen des Abg. Stendel nicht im Ausschusse

zum Vortrag gekommen sind; sie seien schon formal nicht aufrecht zu

erhalten. Bei der Abstimmung wird der Antrag der Unabhängigen Sozialdemakraten gegen die Stimmen der beiden sozialdemo⸗

kratischen Parteien abgelehnt, Nr. 4 des Ausschußantrages mit

knapner Mehrheit durch die Stimmen der beiden sozialdemo⸗

kratischen Narteien und der Deutschnationalen angenommen.

Im übrigen gelanat der Antrag des Ausschusses in allen seinen Teilen zur Annahme. Der Antrag der Deutschnationalen wird gegen die Stimmen der heiden sozialdemokratischen Par⸗ teien dem Ausschuß für Bevölkerunaspolitik überwiesen.

Es folgt die Beratung des Zentrumsantrages über die Beschäftigung der Kriegsbeschädigten im Staatsdienst usw. Der Staatshaushalts⸗

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8

ausschuß beantragt, den Antrag durch den Beschluß der preußischen Landesversammlung vom 2. Oktober 1919 für

erlediat zu erklären. Abg. Schüling (Zentr.): beschädigten auf das Woblwollen der Behördenangewiesen sind.

Wir wollen nicht, daß die Krieas⸗ Die

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Krieosbeschädigten sollen das Recht haben, in den Dienst wieder ein⸗