1920 / 55 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 05 Mar 1920 18:00:01 GMT) scan diff

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und uns dadurch die Gelegenheit gegeben hat, der Entente gegenüber Druck auf das Gericht ausgellbt wird, sondern darauf, daß es diesem von einer objektiven Unmöglichkeit zu sprechen. Dem ganzen deutschen Druck Widerstand entgegensetzt und ihm wiersteht Keener aber wird Volke gebührt dieser Dank denn nur die eenmütige Haltung des deut⸗ zweifenn, daß das Reichsgericht, wie alle unsere Gerichte, gefeit ist schen Volkes hat das zuwege gebracht, was wir in diesem Augenblick gegen jeden Druck, der kommt und nur umso stärker in seiner Unpartei⸗ noch für uns buchen können. Wäre ein Ausweg nicht gefunden worden lichkeit verharrt je stärker der Druck ist. nv schen dem Verlangen der Entente und zwischen dem, was unüber⸗- Nun hat der Herr Abgeordnete Traub darauf hingewiesen: die ö windlich Forderungen der Ehre und Sitt ichkeit von uns erheischten. Entente bebält sich aber vor, nach Fällung des Spruches zu tun, was so war der Konflikt de, ein Konflekt mit all den furchtbaren Folgen, ihr nötig erscheint. Richtig, das behält sie sich vor! Das ist der Vor⸗ 8 148. Sitzung vom 4. März 1920, 1 Uhr. die sich aus der tatsäch ichen Verteilung der Kräfte ergaben. Die Reichs⸗ behalt der Macht. Das ist ein Machtanspruch aber kein Rechtsanspruch, jährli Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitunasverleger.)“) Bregierung war verpfl chtet. diesem Konflikt ins Gesicht zu sehen; sie war ein Machworbehalt, kein Rechtsxvorbehalt. Gegen diese Macht können (Fortsetzung aus der Ersten Beilage.) hr 1““ 18, hvnöö-eee i aa⸗ verpflichtet. auck alle Konsequenzen ihrer Handlung auf sich zu nehmen. wir nichts tun; gegen diese Macht helfen keine Gesetze. Dieser Macht und nicht dem Rechtsbewußtsein genügen wollen. Vor dem Kriege 8 Abag⸗ Sümo ede chelaben (Soz.): Wir haben dem Gedanken gegangen. Sie war verpflichtet, auch die etzten Folgen aus ihrem Widerstand zu gegenüber sind wir in der Lage, die wir alle schmerzlich empfinden, die boben rechtsstehende Blätter die Auslieferung von Grey und anderen des Landessteuergesetzes zugestimmt, wir sind mit der Fassung der Ii der Tagesorbnuna sieht die zweite Heratung siehen und dem deutschen Volke nichts zu ersparen. Aber sie war aller⸗ aber nicht das Wa ten des Reichsgerichts in irgendeinem Punkte beein⸗ Staatsmänmern als Kriegsverbrecher gefordert. 3 kann e sich Vorlage einverstanden. Nächst der Reichsabgabenordnung ist dies des Gesetzen fs zur Ergänzung des Ge⸗ dings auch verpflichtet, ehe dieses Letzte und Unabwendbare eintrat, trächtigen oder beeinflussen könnte; und wenn von reiser Macht einmal gicht wundern, wenn die Entente sich diese Forderung zu eigeg mach.

verpflichtet, die ihr zustehenden Machtmittel in vollem Umfang und unter Verantwortung für die Ausführung vor dem Parlament durch⸗ aus auf dem Boden der demokratischen Verfassung zu gebrauchen. Daß hier diese Voraussetzungen vorhanden sind, darüber wird Ihnen der Herr Reichswehrminister das Nähere sagen. (Lebhafter Beifall bei den Mehrheitsparteien.)

Zweite Beila

anzeiger un Preußischen Staatsanzeiger.

1920.

Berlin Freitag, den

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5. März

um die die Gemeinde in eigene Regie übernommen hatte, wieder einem I Privatunternehmer zu übergeben. Die Arbeitslosenfürsorge erfordert große Summen, die dadurch bedeutend verringert werden können, daß man die Arbeitslosen zur Arbeit anhält. Die Auseinander⸗ setzung zwischen Ländern und Gemeinden, die erst noch erfolgen muß, wird viel Kämpfe verursachen. Es wird wahrscheinlich eine ver⸗ stärkte Aufsicht des Staates über die der Gemeinden

h rabschi hgat. jis auf geringe Ueberreste wird das be⸗ 1) Pnt egehe 8 nötig sein. In dem Bewußtsein, daß dieses Landessteuergesetz wie

die von fremden Gerichten abgeurteilt worden sind, deutschen Gerichten Steuerrecht der Länder und Gemeinden beseitigt. So weitgehend

1 5 64 5 . . . . Wenn man verlan d, daß die Deutschen un 1 en bese ten Ge bieten,

und Kriegsvergehen vom 18. Dezember 1919 (aus

schließliche Zuständigkeit des Reichsgerichts). Nach Artikel I, § 1 hat der Oberreichsanwalt, wenn nach seiner Ueberzeugung kein Anlaß zur Erhebuna der öffentlichen

Klage besteht, beim ersten Strafsenat des Reichsgerichts die Ein⸗ Beschließt der Senat

stellung des Verfahrens zu beantragen. die Einstellung, so hat er den Beschluß mit Gründen zu ver⸗ sehen und dem Beschuldigten bekanntzumachen. Lehnt Senat den Antrag ab, so hat er die Echebuna der öffentlichen Klage anzuordnen.

Nach § 2 stehen die Gewährung von Straffreiheit, die Verjährung der Strafverfolgung und ein früheres Verfahren

einem neuen Verfahren nicht entgegen. Ist der Beschuldigte

in dem früheren rechtskräftig freigesprochen worden,

so verordnet der erste Strafsenat auf Antrag des Oberreichs⸗

anwalts die Wiederaufnahme des Verfahrens,

falls der Beschuldigte hinreichend verdächtig ist oder wenn auf eine Strafe erkannt ist, die zu der Schwere der Tat in offen⸗ barem Mißverhältnis steht. Erscheint dem Oberreichsanwalt

eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht geboten. so hat er

die Entscheidung des ersten Strafsenats herbeizuführen. Die Abag. Arnstadt, (D. Nat.) u. Gen. beantragen, daß diese Bestimmungen nur gelten sollen, wenn der Beschuldigte auf Grund neuer Tatsachen hinreichend verdächtig ist. Von des Verfahrens beantragt.

Der Verfassungsausschuß hat den Entwurf unverändert

angenommen, jedoch als neuen § 4 hinzugefügt: „Kosten und Auslagen

des Verfabrens können, soweit, besondere Billickeitsgründe es recht⸗

fertigen, ganz oder teilweise der Reichskasse auferlegt werden.“

Berichterstatter Abg. Dr. Kahl: Der Ausschuß stand diesem Gesetz nicht mit freier Willensmeinung und Entscheidung gegenüber,

unter einem grausamen Zwange. Er glaubte es nicht verantworten zu können, Entwurf abzulehnen, um 8 nicht dem Vorwurf auszusetzen, nicht alles getan zu aben, die Auslieferung Deutscher an eine fremde Gerichtsbarkeit ver⸗ hindert zu haben. Außerdem waren wir beseelt von dem Willen, aus

eigenem Recht und Rechtsgefühl heraus die wirklich Schuldigen der

sondern en

verdienten Strafe zuzuführen. Die Entente hat sich aus der festen 1

Haltung der Reichsregierung zu dieser Frage, aus dem unbeugsamen kundgegebenen Willen des deulschen Volkes heraus überzeugen müssen, des sie eine körverliche Auslieferung der Beschuldioten nicht durchsetzen önne. Der vorliegende Gesetzentwurf ist die Einlösung der der Entente gemachten Zusage. Beruhigung können wir darin finden, daß die Vorlage um den höheren Preis erkauft worden ist. vor der Schande dr Auzlieferung, vielleicht vor einem Bürgerkrieg bewahrt zu sein. Während das alte Gesetz vom Dezember über die Bestrafung von Kriegsvergehen einen weiteren Personenkreis umfaßte, bandelt es sich bei diesem Gesetz um die Verfolaung derienigen, die von eipem der Ententeländer eines derartigen Vergehens oder Verbrechens beschuldigt werden. Das Einstellungsverfahren selbst öffentlich zu gestalten, wurde als bedenklich und nicht im sachlichen Interesse gelegen, abgelehnt. Be⸗ denklich war für uns die Widerruflichkeit von Gnadenakten, da eine solche bei keinem Kulturvolk bisher vorhanden gewesen ist. Trotz mancherlei Bedenken hat die Mehrheit des Ausschusses sich für un⸗ peränderte Annahme des Gesetzes ausgesprochen, sie glaubte besonders damit der Lage der Deutschen im basetzten Gebiete Rechnung trogen zu sollen. Wir haben vor allem den Gedanken im Auge gehabt, Herr im eigenen Hause zu bleiben und nach deulschen Grundsatzen das Urteil zu fällen. Wenn es in dieser trostlosen Lage einen Trost gibt, so ist es der, daß die ganze traurige Angel cenheit in die Hände des Deutschen Reichsgerichts gelegt ist, dieses hat Vertrauen im In⸗ und Auslande und in der ganzen Welt. Sein unbestechlicher Wahrheitssinn wird aus der Katastrophe retten, was heutzutage überhaupt noch an Gerechtig⸗ keit gerettet werden kann. (Lebhafter Beifall.)

Reichsjustizminister Schiffer: Den karen und erschöpfenden Darlegungen des Herrn Berichterstatters bitte ich nur noch wen ges hinzufügen zu dürfen. In eindringlichen und ergreifenden Worten hat er den Empfindungen Ausdruck verliehen, die er als Jurist und als Patriot bei diesem Gesetzenkwurf hegt, hat er den schweren Bedenken Ausdruck verliehen, die gegen den Gesetzentwurf sprechen. Ich teile diese Empfindungen und diese Bedenken. Es ist auch für mich eine Maß⸗ nahme, die ich Ihnen nur mit innerem Widerstreben unterbreitet habe; es ist auch für mich nur ein Schritt weiter auf dem Leidenswege den wir zu gehen haben, wenn ich diesen Gesetzentwurf hier eingebracht habe. Ein Opfer ist es, das ich von Ihnen fordere. Ich lege Wert darauf, das hier zum Ausdruck zu bringen; denn Ihre Zustimmung zu der Vorlage der Reichksregierung erstrebe ich nicht dadurch zu er⸗ langene daß ich dieses Opfer verschleiere oder bemäntele, sondern nur dadurch, daß ich mech offen zu ihm bekenne daß ich Sie aber davon zu überzeugen sucke, daß es gebracht werden muß, um Schlimmeres zu verhüten, und daß es gebracht werden kann, weil es sich immerhin noch in denjenigen Grenzen bewegt, die durch deutsches Recht, deutsche Ehre und deutsche Sittlickfeit gezogen sind.

Das Auslieferungeverlançan der Entente bewegte sich nicht in diesen Grenzen. Es hat diese Grenzen überschritten und mußte deshalb am Widerstand des deutschen Voltes schetern. Die Regierung hat ihre Stellung in dieser Beziehung unzwe deutig kundgetan, indem sie in der Ihnen mitgeteilten Note vom 5. November 1919 sagte, „daß die deutsche Regierung ibrerseits es mit der Ehre und Würde des deutschen Volkes für unvereinbar hält, Volksgenessen, die irgend eines Verstoßes gegen die Gebräucke des Krieges beschu digt werden, aus⸗ ländischen Gerichten zur Aburteilung auszuliefern.“ Mit dieser ihrer Siellungnahme befand sich die Regierung in Uebereinstimmung mit dem we taus überwiegen en Teil des deutschen Volkes. Wenn sie diese Stellung einnehmen konnte, so tat sie es nicht gezwungen, aber getragen von der Anschauung des Volkes über diesen Gegenstand. Wir danken unferem Volke dafür, daß es uns in den Stand gesetzt hat, diese Stellung einzunehmen; wir danken dem deutschen Volke dafür daß es das Ver⸗ langen der Entente als eine sittliche Unmög chkeit erfaßt und betrachtet

*) Mit Auenahme der Reden der Herren Mirister, die im Wortlaute wiedergegeben werden.

der

den Unabhängigen wird die Oeffentlichkeit

ein Druck auf sie ausgeübt würde. Nicht darauf

dem deutschen Volke im anderen Falle drohte, zur Wahrheit werde. Ein Ausweg auf dem Boden der Auslieferung war nicht vorhan⸗ den.

anderen Merkmalen, von vornherein abzuweisen. nur gefunden werden, indem man zurückging auf den Grund, aus dem die Auslieferung verlangt wurde. Sie wurde ver angt, weil die Entente glaubte, die Bestrafung der Kriegsverbrecher nicht dem Deutscken Reich anheimstellen zu können, weil sie Mißtrauen hatte in den Willen und in die Fähigkeit des Deutschen Reichs, diese Bestrafungen durchzuführen. Der Weg, den sie beschritt, um sich zu sichern, war für uns ungangbar. Wir mußten nach neuen Wegen suchen, um diese Sicherheit zu gewähren. Dieser neue Weg konnte nur darin gefunden werten, daß wir gewisse besondere Garantien boten für den Willen und für die Fähigkeit des Deutschen Reichs, die Bestrafung zu übernehmen. Der Weg solcher Garantien, der den Widerspruch zwischen dem geschriebenen Rechte des Vertrags und dem ungeschriebenen Recht des menschlichen Empfin⸗ dens, zwischen der brutalen Macht und der wehrlosen, ungeschützten Sitt⸗ lichkeit lösen sollte, dieser Weg der Garantien ist zuerst beschritten worden durch das Gesetz des 18. Dezember im vorigen Jahre. Das hohe Haus hat diesem Gesetz einmütig zugestimmt. Es hat damit den ersten Schritt auf dieser Bahn gutgehe ßen. Es wäre gewiß falsch, zu sagen, daß damit der zweite Schritt ohne weiteres als geboten erscheine, daß man, nachtem man dem ersten Gesetze zugestimmt hat, nunmehr ohne weiteres dem zweiten Gesetz zustimmen müsse. (Sehr richtig! rechts.) Das würde zu weit geben. Ich lehne das ab. Der zweite Schritt kann auf Grund freier und unbefangener Prüfung der Unterlagen gebilligt oder abgelehnt werden. Aber es vwäre ebenso falsch, es nunmehr so darzustellen, als ob das erste Gesetz garnichts mit dem zweiten, garnichts mit dieser Angelegenheit überhaupt zu tun hätte, al ob das erste Gesetz wirklich nur als ein rein juristisches Gesetz aus den inneren Bedürfnissen heraus geboren, und nicht vielmehr ein Aus⸗ fluß der politischen Lage und durch politische Momente wesentlich bedingt gewesen wäre. Kein Mensch hier und in Deutschland zweifelt daran, daß wir nie daran gedacht hätten, ein solches Gesetz zu schaffen, wenn nicht der Zwang der auswärtigen Lage uns damals bereits dazu genötigt hätte, unt wohin Sie schauen, in den Erörterungen im Inland und Ausland, in den Auseinandersetzungen in der Kommission und den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Cohn hier im Hause, ja dem Schweigen, das die anderen Parteien beobachtet haben. überall spricht der Gedanke mit, daß es sich hier nicht um Gegenstände der inneren Politik, daß es sich in der Tat um Gegenstände von außenpolitischer Bedeutung gehandelt hat.

Der erste Schritt war getan. Im Laufe der Verhandlungen erwies es sich als notwendig, den zweiten Schritt zu tun. So entstand diese Vorlage. Sie hat die einmütige Zustimmung des Reichsrars erhalten. Auch der Freistaat Sachsen, der sich bei den Beratungen des Reichsrats der Stimme enthalten hat, legt Wert darauf, mitzu⸗ teilen, daß das nur infolge eines Mißverständnisses geschehen ist, daß auch er die Notwendigkeit dieser Vorlage einsieht.

Was die Vorage im einzelnen bringt, hat der Herr Bericht⸗ erstatter eingehend dargelegt, insbesondere die kaum erträglichen Lasten die für unser Empfinden der § 2 des Art. 1 birgt. Wenn ich dem⸗ gegenüber in die Wagschale werfe, was trotzdem diese Lasten tragbar macht, so kann ich nur sagen, daß jedenfalls soviel erreicht ist, daß rie von der Entente Angeschuldigten auf deutschem Boden, vor deutschen

Richhtern, nach deutschem Recht abgeurteilt werden. (Sehr wahr!) Das ist vel, ist das, was es uns möglich macht, das zu tun, was zu tun wir im Begriff stehen.

Nun wird die Angelegenheit dem Reichsgericht unterbreitet. Sie ist damit in gute Hänte gelegt. Das Reichsgericht möge seines hohen Amtes walten. Wir wissen, daß es seine Aufgabe ösen wird mit der Gewissenhaftigkeit, mit der Gründlichkert, mit der Beherrschung des wissenschaftlichen Stoffes der reichen Erfahrung, mit dem Verständ⸗ nis für menschliche Dinge, aber auch mit der sittlichen Freiheit und Unabhängigkeit, die stets die untilgbare Eigentümlichkeit deutscher Rechisprechung und vornehmlich der Rechtsprechung unseres höchsten Gerichtshofes gewesen sind. Aus dem Lärm des Tages, aus der Leiden⸗ schaft der politischen Erörterung werden die Dinge bnausgetragen in die stille und vornehme Ruhe dieses unseres höchsten Gerichtshofes.

Besonters war jeder Gedanke, etwa zu scheiden bei denen, dessen Auslieferung verlangt wurde nach der Art der Beschuldigung oder Ein Ausweg konnte

aus noch einmal der Versuch gemacht werden sollte, in unser sittliches Empfinden einzugreifen, dann möchte ich allerdings glauben, daß die Grundlage des Rechts, von der aus wir diesem Anspruch entgegentreten würden, durch die Autorität unseres Reicksgerichts eine unendlich wert⸗ volle Kräftigung und Festigung erhalten würde. (Lebhafter Beifall.)

Abg. Dr. Quarck (Soz.): Möge die Formulierung des Ge⸗ setzes nach jeder Richtung die loyale Durchführung unserer Ver⸗ pflichtungen sichern. Alle Zweideutigkeit muß vermieden werden an⸗ gesichts des Mißtrauens der Entente gegen uns. Der § 1 bietet die Sicherheit für ein vollständig zuverlässiges Urteil. Das trifft auch für

2 zu, wonach ein früheres Verfahren nicht im Wege steben soll. Der

ntrag der Rechten, daß ein neues Verfahren nur auf Grund neuer Tatsachen soll erfolgen können, würde die Nackprüfung mancher zweife l⸗ haften Fälle unmöglich machen, in denen es sich z. B. um gröbste Miß⸗ hand ungen gehandelt hat. Durch ein neues Verfahren muß mit diesen Fällen aufgeäumt werden. Die allgemeine Uebernahme der Kosten auf das Reich erschien dem Ausschuß zu weitgehend, und es wurde des⸗ halb unter Vereinbarung mit der Regierung nur die Uebernahme der Kosten aus Billigkeitsgründen beschlossen. Den Antrag der Unab⸗ hängigen, den Ausschluß der Oeffentlichkeit des Verfahrens zu ver⸗ bielen, hat der Ausschuß für unmöglich erklärt. Es soll bei der üblichen Norm bleiben, daß das Verfahren öffentlich ist und die Oeffentlichkeit nur aus zwingenden Gründen aufgehoben werden kann. Es muß ein Ausgleich zwischen den Interessen der Entente und unseren Inte essen emielt werden. Die Austäeferung war eine Ungeheuerlichkeit, es wären Ankläger und Richter in ciner Person gewesen. Das Mißtrauen der Entente auch gegen das neue republikanische Deutschland beruht darauf, daß man sich heine Mühe gibt, sich mit der Verfassung zu befreunden. Die republikanische Verfassung steht aber auch hinter diesem Erfolg, daß auf die Auslieferung verzichtet ist. Dieser Erfolg wurde nur mög⸗ lich durch die deutsche Revolution. (Unrube rechts.) Die Herren von der Rechten diskreditieren unsere Verfassung. Das deutsche Volk hat alle Ursache, diese Staatsform zu verteidigen, auch um aus dem Elend des Friedensvertrages herausszukommen. Wir müssen 8

unseie Ver⸗ pfichtungen erfüllen, aber die Entente wird auch die Verurteirung der Kriegsverbrecher auf der anderen Seite nicht verweigern können. Möge das Richsgericht sich das Zutrauen erwerben, das ihm enwegen⸗ gebracht wird, damit auch die gegnerischen Kriegsverbrecher zur Rechen⸗ schaft gezocen werden. (Beifall bei den Sozialdemokraten. Ruf rechts: Gegenliste ?)

Aba. Burlage (Zentr.): Die Sache ist so ernst, daß ich nicht viel Worte machen werde. JI des Mort föllt dem schwer, der sein Vaterand liebt. Meine Fraktion glaubt, sich diesem Gesetzentwurf fügen zu müssen, sie glaubt, er ist eine Folge des verlorenen Kriecges.

Abg. Falk (Dem.): Die Tatsachen zwingen uns, dieses Gesetz anzunehmen, so sehr sich auch die verletzte Vaterandsliebe aufbäumen mag, müssen wir doch, so gut oder schlecht es geht, mit kühlem Blute erwägen, was uns frommt. Die Nationalversammlung soll dem deutschen Volke belfen in seiner höchsten Not (sehr richtig!), desbalb müssen wir der Vorlage zustimmen. Wir sehen in der Mööolickkeit, diese Vorlage verabschieden zu können, einen außerordentichen Erfolg der Regierung, sie hat eine Stärke bewiesen die auch dem Geaner Achtung abwerlangte, und die zum Erfolge geführt hat dadurch, daß das deutsche Volk in dieser Schicksalsfrage nahezu einmütig binter der Regierung gestanden hat (rbhafte Zurufe rechts: Vor der Recieruna!) Mir liegt es fern, in dieser Minute parteipolitische Gesichtspunkte zum Ausdruck zu bringen, sonst würde ich sagen: Uekerschätzen Sie nicht, was Sie getan haben Auch ein heworragender Franzose hat, wie auch vor kurzem Balfour, zucrgeben, daß auf Befehl ausoerührte Kriecwerbrechen nicht bestraft werden dürfen Was mit dem Antrao⸗⸗ der Rechten erreicht werden soll, wonach vur dann ein erneutes Ver⸗ fahren stattfönden soll, wenn neue Tatsachen vorliegen, kann ich nicht süberseben, sckließtich feommt es auf cinen Streit um Morte binaus. Ich kann mir wobl Fölle vorstellen, in denen ein abwägiges Urteil durch ein neues zu erseben ist. Ein zweiter Antrag will in allen Föllen die Oeffentlichkeit beibebalten. Das geht nicht an, denn niemand wird be⸗ haupten wollen, daß die Sittlichkeit und der Gedanke der Staats⸗ sicherbeit bei allen Deutschen so gefestigt ist, daß sie durch ein Oeffent⸗ lichkeit aller Verhardlungen nicht gefährdet werden kfönnte. WMenn aus den voranecançcenen Reden herousklang, die Regierung habe in ihrem letzten Schreiben an die Entente zuviel anceboten, so ver⸗ mag ich das nicht anzuerkennen. Herr von Lersner, dem gewiß ein starkes Noationaloefühl nicht abesrocken werden konn, würde dann diese Note vom 25. Janwar nicht überreicht haben. Wenn wir dem Reichsgericht jetzt dos Urteil anvertrauen, wenn wir von seiner We sbeit und Gerecht’gkeit Richtersprüche erwarten, die uns vor uns, unseren Feinden und der ganzen Welt reinigen sollen, so sind wir derrelt davon überzeugt, doß das Reichseericht sich nur von sachlichen Gesichtsmunkten leiten lassen wicd, die Politik wird obne jeden Einfluß auf seine Haltung sein. Wir wollen jeden bestrofen, der Strafe verdient. aber damit ist das Schuldhuch nicht zerrissen, es bleibt noch die Schuld auf der anderen Seite. (Sehr richt’88) Es ist vverbört, daß in den besetzten Gehieten deutsche Männer auf⸗ georiffen und vor feindliche Gerichte gesteflt werden. (Ruf rechts: Wo beibt die Gegenliste?) Ein Cölner Offizier ist in Brüssel wenen anoeblicher Grausamke ten zu 21 Monoten Gefängnis verurteilt, dem allseits das allerbeste Zeugnis ausocestellt wird. Er beschwert sich

Es ist nicht an dem daß die Freiheit und Unabhängigkeit des

Gerichtshofes irgendwie beeinträchtigt sind; daß er urteilen muß über

nklagen, die nicht erhoben worden wären, wenn die Entente es nicht verlangt hätte; daß er urteilen darf, nur auf Grund des Stoffes, den die Entente ihm liefert; daß die Männer, die uns verebrenswürd:g erscheinen, unter unerhörten Anklagen vor den Richterstuhl geschleppt werden. Alles das ist nicht richtig. Das Verfahren vollzieht sich in der Fre heit, die die deutsche Rechtspreckung von jeher ausgezeichnet hat. Der von der Entente in der Liste und sonstwie gelieferte Stoff ist Stoff wie jeder andere, der entgegengenommen unt verarbeitet wird, und zwar pflichtmäßig unter dem Gesichtspunkt: Kein Unschuldiger darf bestraft werden, aber kein Schuld ger der Strafe entoehen, die er ver⸗ dient hat, und die über ihn verhängt werden muß. (Zuruf des Abge⸗ oreneten D. Traub.) Der Herr Abgeordnete Traub wird überzeugt sein dürfen, daß ich diesen Punkt noch berührt haben würde, auch wenn er mich nickt daran gemahnt hätte. Es ist nicht richt’g, aus diesem oder irgendeinem andern Gesichtspunkte nunmehr die Tätigkeit des Reichsgerichts mit Be worten zu be egen, die seiner nicht würdig sind. Man darf nicht davon sprechen, daß das Reichscericht nun den Büttel daß seine Rechtsprechung nicht frei sei, weil von innen oder von außen daß seine Rechtsprechung nickt frei sind, weil von nnen oder von außen kommt es an, ob ein

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nicht darüber, doß er bereits 7 büa 8 Monate im Gefänan's sitzt, sondern nur darüber, doß noch nichts unternommen worden ist, um ihn durch das Urteil den scker Richter wieder herzustellen. Ich erinnere ferner an den Fall Röchling. Bei Nacht und Nebel baben unsere Landsleute Haus und Hof verlassen, ols die Auslieferunasl st⸗ heraus-⸗ kam weil sie befürchten mußten, trotz aller divsomatischen Nerhand⸗ lungen verhaftet zu werden. Da ist es Aufgabe der Regterung, die Leute frei zu hekommen und vor unser Gericht zu stellen. Diese Auf⸗ gabe werden wir erleichtern, wenn wir diesem Gesetzen wurf zust mmen Weiter: sind wir denn die allein Schub gen? Non unsern beim⸗ gekehrten Kriegsgefangenen bören wir, wesche Grousomkeiten an ihnen versibt worden sind. Sind die Lustmorde in Jülich, Aacken usw gesühnt? Mit eigenen Augen habe ich seben müssen, wie auch ein anderes Mitolied der Nationalversammlung, wie ein engl'scher Oif zer in Cöln einen preuß’schen Schaoffner mit Faustschlägen mißbondelt bat (Hört, hört!) Ich babe dem Manne meinen Namen zur Verfügung gestellt und ihn aufoefordert, Klage zu erheben. Wir dürfen uns nickt allein in die Rolle des Angeklagten drängen lassen. Wenn wir alle diese Fälle dem Reichsgericht überweisen, so tun wir ⸗s in der sicheren Zuversicht, uns damit an einen Areopag von kober Weisbeit zu vorden, an einen Gerichtsvof, der sich rvur von dem Gesichtspunkt des Rechts und der Gerechtigkeit leiten läßt. (Besefall.)

Aba. Seger (U. Soz.): Wenn es so dargestellt wird. doß das Verfahren nur eingele’tet werden soll, weil die En'ente es fordert, so wird der Eindruck erweckt, als ob wir nur dem Zwange nackgeben

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ausgeliefert werden, so habe ich an sich nichts dagegen, es dürfen aber keine neuen Verwicklungen dadurch heworgerufen werden. In allen Fällen die Kosten der Reichskasse aufzuladen, würde nicht dem Rechts⸗ bewußtsein entsprechen. Wenn darüber geklagt wird, daß hier mit allen Gepflogenheiten des Rechtes gebrochen werden soll, so verweise ich auf die Todesstrafenverordnung, mit der wir uns gestern beschäftigt boben, die ebenfalls nicht mit der Strafrechtspflege in Einklang zu bringen ist. Wos den unbestechlichen Sinn des Reichsgerichts an⸗ langt, so haben wir . 1.8 des Krieges nicht viel davon gespürt, das Reichsgericht hat sich an der Kriegspropaganda sehr lebhaf be⸗ teiligt. Hier wird es eine schwere Belcztvngsprobe zu bestehen haben und vollständig umlernen müssen.

Abg. Dr. Kahl (D. V.): Wenn sich Dr. rck an gewandt hat mit der Mahnung, wir sollten die republikanische at form nicht diskreditieren, so finde ich das ein starkes Stück. Der gesamten Rechten durfte dieser Vorwurf nicht gemacht werden. Es basteht doch ein großer Unterschied zwischen diskreditieren, d. h. also Sreu und Glauben gegenüber besserem Wissen herabzusetzen, und über⸗ zeugungsgemäß auszusprechen, daß eine andere Staatsform besser ist uls die uns dargbotene. Wenn die jetzige Staatsform diskreditiert ist, dann hat sie sich höchstens selber diskreditiert. Den Antrag, daß ein neues Verfahren „nur auf Grund neuer Tatsachen“ einzuleiten sei, möchte ich als Berichterstatter nicht unbedingt zur Annahme empfehlen. Auch die Oeffentlichkeit des Verfahrens in allen Teilen des Prozesses kann ich nicht befürworten. Ich verstehe nicht, welche Verwicklungen eintreten könnten, wenn die von feindlichen Gerichten abgeurteilten Deutschen vor ein deutsches Gericht gestellt werden sollen.

§ 1 wird unverändert angenommen, nachdem ein Antrag der Unabhängigen auf Veröffentlichung der Anklageakten abgelehnt ist.

Zum 2 begründet 1

Abg. Wermuth (D. Nat.) den Antrag, daß ein Wiederauf⸗ aufnahmeverfahren nur auf Grund neuer Tatsachen erfolgen darf. Der § 2 sei für seine Partei gerade der die Annahme des An⸗ trages würde das Gesetz mildern. Nach deutschem Rechtsgrundsatz unter engbegrenzten Voraussetzungen wieder aufge ommen werden. Ein rechtskräftiges Erkenntnis solle die Ruhe des (eochtszustandes herbeiführen, die nur aus triftigen Gründen erschüttert werden hashe Daß die Revision eines Urteils nur auf Grund neuer Tatsachen erfolgen dürfe, entspreche dem Rechtsempfinden. Der Antrag verstoße nicht gegen die Abmachungen mit der Entente, denn die Reichsregierung habe sich in ihrem Schreiben vom 25. Januar bereit erklärt, ein Verfahren „auf Grund des zu übersendenden Materials“ einzuleiten, d. h. also auf Grund des neuen Materials, das die Entente beibringen könne.

Unterstaatssekretar Joel verweist auf die Bestimmungen des Friedensvertrages, wonach die Entente ohne Rücksicht auf eine Ver⸗ folgung vor einem deutschen Gericht vorgehen könne. (Abg. Schultz. Bromberg (D. Nat.): Da handelt es sich um ausländische Grrichtel) Dem Sinne dieser Bestimmungen entspreche dieser Antrag nicht.

s handle sich nur um eine objektive Nachprüfung des vorange, gangenen Urteils: gerade vom Rechtsstandpunkt könne eine Nach⸗ prüfung des Sachverhalts geboten sein. Der Antrag müsse daher

abgelehnt werden. W Abg. Wermuth: An die Stelle des Rechtszustandes der ohne jede Zeitbegrenzung ein

Ruhe würde die Unruhe treten, wei nzung neug⸗ Verfahren eintreten könnte. Dadurch wird die höchste Ge⸗ rechtigkeit zum höchsten Unrecht.

Der Antrag der Deutschnationalen wird gegen die Stimmen dieser Partei abgelehnt und § 2 unverändert gegen dieselben Stimmen angenommen.

Quarck an die Rechte Staats⸗

könne ein Verfahren nur

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zubauen.

diese Tatsache an sich ist, niemand konnte bisher einen beessren Weg zeigen, der dahin führt, die Finanzen des Reichs, der Länder und Gemeinden zu sanieren. Das Reich ist nun einmal der Lastenträger geworden, er muß auch für Länder und Gemeinden die Steuern einnehmen und verwalten. Die Länder behalten das Recht, Ertrags⸗ steuern zu erheben, den Haus⸗ und Grundbesitz und das Gewerbe zu Leistungen beranzuziehen. Wir Sozialdemokraten sind keine Freunde dieser realen Ertragssteuer, bei der fürchterlichen Finanznot bleibt uns aber ein anderer Weg nicht übrig, als alle Steuerquellen auszu⸗ schöpfen, bis wir wieder finanziell sesten Boden unter den Füßen haben. Ein Ausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden ist notwendig, wobei den beiden letzteren möglichste Bewegungsfreiheit gelassen perden muß. Diejer Ausgleich wird nicht leicht zu finden fein. Während des Krieges haben gerade die Gemeinden ungeheuer⸗ liche Aufgaben gelöst, hätten sie nicht finanziell gesund dagestanden, so wäre die Katastrophe schon wenige Monate nach Kriegsbeginn eingetreten. Die städtischen Erwerbsanstalten sind, besonders durch die Geldentwertung dauernd unrentabel geworden, die Zukunft der Gemeinden ist keineswegs rosig. Reich, Ländern und Gemeinden muß geholfen werden, sie müssen leben. Wir können nicht dem einen Teile geben ohne Rücksicht auf den andern, Länder und Gemeinden müssen auch historischen, kulturellen und wirtschaftlichen Aufgaben gerecht werden können, denn sie sind die Urquellen des Staates, und wir sind die Letzten, die eine Uniformierung, eine Gleichmachung der Gemeinden an und für sich haben wollen. Die Sparsamkeit wird eine Tugend sein müssen. Es ist eine große Tragik, daß Hunderte von Milliarden während des Krieges ausgegeben worden sind zu Zerstörungen, eine Summe, die genügt hätte, ganz Europa zum Paradies zu machen, während man jetzt nicht imstande ist, die not⸗ sozialen und kulturellen Aufgaben zu erfüllen. Für alle das Wort gelten: mit vielem hält man haus, kommt man aus. Die Schuld trifft die⸗ das deutsche Volk in diesen fürchterlichen Krieg beizeiten Friedensmöglichkeiten verpaßt haben. Nicht nur Lurusausgaben müssen in Zunkuft unterbleiben, auch not⸗ wendige. Das Reich hat auf Grund dieses Gesetzes für die Ein⸗ nahme und Verteilung der Gelder auf Länder und Gemeinden zu bürgen. Deshalb mußten wir abwägen, wie weit wir gehen konnten, alle über die Vorlage hinausgehenden Anträge mußten wir ablehnen, wenn wir unsere ganze Zukunft nicht gefährden wollten. An Anträgen von Städteverbänden und Korporationen hat es nicht gefehlt, alle wollten möglichst viel für sich herausholen. In erster Linie steht da das Verlangen nach Aufrechterhaltung des Zuschlagsrechts. Auch dieser Antrag mußte abgelehnt werden. Den Gemeinden werden dafür auch aus anderen Steuergesetzen gewisse Anteile gesichert, so aus dem Körperschaftssteuergeset Nach § 56 der Vorlage, der die Abbürdung der Lasten der Länder und Gemeinden umfaßt, soll ein großer Teil der Kriegslasten vom Reiche übernommen werden. Alle Zuweisungen an die Länder und Gemeinden werden kaum genügen, den Bedürfnissen zu entsprechen. Deshalb handelt es sich bei diesem Gesetz um ein Experiment, dessen Erfolge wir abwarten müssen, wir tun hier einen Sprung ins Dunkle. Deshalb witd sich wahrscheinlich alsbald die Notwendigkeit zeigen, das Gesetz entsprechend abzuändern und aus⸗ § 57, der eine verfassungsmäßige Bindung involvierte, wurde deshalb gestrichen. Wir müssen uns die Möglichkeit einer baldigen Revision vorbehalten. Das Landessteuergesetz bedeutet einen neuen Weg in der deutschen Steuergesetzgebung. Wir hoffen und wünschen, daß alle Fakioren den besten Willen zeigen, das Ziel zu erreichen, Deutschland, das Reich, die Länder und Gemeinden, aus der Finanz⸗

not wieder herauszubringen. s Die ar

8⸗

wendigsten Teile muß mit wenigem jenigen, die gehetzt und

die als § 3a beantragte Be⸗ en Verhandlungen nicht aus⸗

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Abg. Seger (U. Soz.) begründet stimmung, daß die Oeffentlichkeit bei d geschlossen werden darf. Diese eres as ganz beutsche Volk in hohem Maße als eine politische Angelegenheit. Das Reichsgercht Lole im Kriege Sachen über Landesverrat oder Hochverrat möglichst verschleiert, selbst wenn nur Arbeiter Flug⸗ blätter verbreiret oder ähnliche große Schandtaten begangen hätten. Deshalb müsse der Ausschluß der Oeffentlichkeit verboten werden.

Unterstaatssekretär Joel: geltendem Gesetz kann die Oeffentlichkeit nur wegen Gefährdung der Sittlichkeit oder der Staatssicherheit ausgeschlossen werden. Dem Gericht kann nicht zugemutet werden, daß es in solchen Fällen öffentlich verhandelt. Das Reichsgericht wird ohne alle Voreingenommenheit über die Deffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit entscheiden.

Der Antrag der Unabhängigen wird gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.

Der vom Ausschuß hinzugefügte § 4 wegen Uebernahme der Kosten auf das Reich aus Billigkeitsgründen wird ange⸗ nommen, nachdem Unterstaatssekretär Ioel ihm zugestimmt hat. Der Rest des Gesetzes wird gleichfalls unverändert ange⸗ nommen.

Von dem Reichseinkommensteuergesetz ist noch rückständig die Abstimmung über den deutschnationalen Antrag, bei der sich am Montag die Beschlußunfähigkeit des Hauses ergeben hatte. Der Antrag will unter den Bestimmun⸗ gen über die Steuerfreiheit die Gewinne aus Grundstücks⸗ veräußerungen steuerfrei lassen, es sei denn, daß die Grund⸗ stücke erst innerhalb der letzten fünf Jahre (Regierungsvorlage: zehn Jahre) erworben sind.

Der Antrag wird gegen die Stimmen der Rechten und

eines Teils des Zentrums und der Demokraten abgelehnt: es bleibt also bei der Fassung der Regierungsvorlage. Darauf beginnt das Haus die zweite Beratung

Nach

Diese Verfahren interessierten das ganze

Abg. Hesse (Dem): Die Deutsche Nationalversammlung darf für sich in Anspruch nehmen, daß sie auch das Landessteuergesetz so eingehend geprüft hat, wie es mit der Notwendigkeit, schnelle Arbeit zu leisten, irgend vereinbar war. Alle Parteien haben Ausschuß an der Arbeit beteiligt und nicht zu unterschätzende Verbesserungen des Gesetzes vorgenommen. Bei der ersten Lesung ist die Frage auf⸗ geworfen worden, ob sich die Regierung mit ihrer Vorlage in den Grenzen ihrer durch die Verfassung gegebenen Zuständigkeit gehalten hat. Diese Frage ist an sich zu bejahen. Aber so viel ist sicher, daß von einer Selbständigkeit der Länder nach diesem Gesetz nur in geringem Umfange die Rede sein kann. In bezug auf die finanzielle Selbständig⸗ keit erleiden die Länder zweifellos eine starke Einbuße und dadurch auch eine Einbuße ihrer politischen Selbständigkeit. Das bedeutet gleich⸗ zeitig die Gefahr einer übermäßig starken Zentralisierung. In § ist ausgesprochen, daß die Inanspruchnahme von Steuern durch Reichs⸗ gesetz die Erhebung gleichartiger Steuern durch die Länder und Ge⸗ meinden ausschiießt. Das Reich hat die unmittelbaren Kriegsaus⸗ gaben zu bestreiten. Dadurch werden seine Ausgaben in einem Maße pesteigert werden, daß es Opfer auf finanziellem Gebiete fordern 8 Eine Zuschlagsbefugnis hätte zweifellos die Entrechtung der Länder und Gemeinden erheblich gemildert. Die Mehrheit meiner Partei ist für die Gewährung einer Zuschlagsbefugnis. Es können dadurch allerdings leicht schwere Unzuträglichkeiten entstehen, Ueberschreitungen, die einer Konfiskation des Ver⸗ mögens fast gleichkommen. Die höheren Einkommen sollten ja schon mit 85 %% nach dem Antrag Düwell besteuert werden, wozu noch die Kapitalbesteuerung kommt. Die Ausgaben sind se gewachsen, daß die Geneinden und Länder noch im laufenden Jahre die Ein⸗ kommensteuer erhöhen müssen. Mit 10 bis 12 Milliarden Aus⸗ gaben werden Länder und Gemeinden für das nächste Haushaltsjahr⸗ zu rechnen haben. Bei Einbringung der Steuervorlagen im vorigen Jahre meinte der Reichstinemmreneter die Länder und Gemeinden hätten ein unbestrittenes Erfindungsrecht auf neue Steuern. Ich fürchte, daß sie keine geeigneten Steuerquellen auffinden werden; Reichsfinanzminister hat ihnen im Steuerausschuß auch keine ge⸗ eigneten Fingerzeige gegeben. Die Länder und Gemeinden w rden

des Landessteuergesetzes.

Perichterstatter Dr. Becker⸗Hessen V.): Das Recht der Länder und Gemeinden zur Steuererhebung wird durch die reichs⸗ rechtlichen Vorschriften eingeschränkt. Die Inanspruchnahme von Steuern für das Reich schließt die Erhebung gleichartiger Steuern durch Länder und Gemeinden aus. Einkommen⸗ und Vermögens⸗ steuern sind ihnen in Zukunft verboten, sie erbalten nux eine Quote aus der Reichseinkommensteuer, sie dürfen auch keine Zuschläge zur Reichseinkommensteuer und zur Erbschaftssteuer mehr erheben. Da⸗ gegen können sie Grund⸗ und Gewerbesteuern und besonders die Ge⸗ meinden Vergnügungssteuern erheben. Der Steuerzahler wird in Zukunft nur eine hohe Reichseinkommensteuer zahlen, dagegen in den Ländern und Gemeinden mit um so höheren Realsteuern erfreut verden. Die Länder und Gemeinden werden die Realsteuern stark ausnutzen müssen, weil ihnen die anderen Steuerquellen verschlossen sind. Der Wunsch, gewisse Schranken gegen die Ueberlastung der Steuerzahler in dieser Hinsicht festzusetzen, fand im Ausschuß keine Zustimmung. Die finanzielle Wirkung des Landessteuergesetzes auf die Finanzen der Länder und Gemeinden ist noch vollständig im Dunkeln, jedoch wird ihnen wenigstens das bisherige Aufkommen aus

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in einer außerordentlich schwierigen Lage sein. Sie werden bei ihren Ausgaben sparen müssen, denn die Möglichkeit, neue Steuer⸗

sschriften nach

Gemeindeausschusses ohne jede Eroͤrterung. 1

Punkte wird von dem Antrag des Gemeindeausschusses abge⸗ wichen.

alle unsere Steuergesetze kein monumentum aere perennius ist, in der Hoffnung, daß es eine Aenderung erfahren muß, lauben wir, daß es der vertrauensvollen Zusammenarbeit von Fe ändern und Gemeinden gelingen wird, unser Land und unser olk durch die

schweren Jahre, die uns noch bevorstehen, glücklich hindurchzubringen.

(Beifall.) 8

Abg. Düwell (U. Soz.): Die Tendenz dieses Gesetzes geht dahin, den Ländern die finanzielle Selbständigkeit zu nehmen. An sich haben wir n chts dagegen einzuwenden. Wenn man den Ge⸗ meinden das Zuschlagssteuerrecht nicht geben will, dann wird es auch anderen Körperschaften gegenüber nicht geschehen. Zum mindesten muß den Gemeinden ein kleiner Ersatz dadurch gegeben werden, daß sie an der Umsatzsteuer in höherem Maße beteilig werden, als im Gesetze vorgesehen ist. In seiner jetzigen Gestalt bedeutet diese Vorlage für die Selbstverwaltung der Gemeinden den Tod. Wir werden abwarten, welche Gestaltung das Gesetz in zweiter Lesung annehmen wird; davon ist unsere endgültige Stellungnahme

abhängig. 1

Die Weiterberatung wird auf Donnerstag 1 Uhr vertagt. (Ueber § 2 —. Ausschließung gleichartiger Steuern in Ländern und Gemeinden wird namentlich ab⸗ gestimmt werden, vorher 14 Anfragen, außerdem dritte Be⸗ ratung des Kriegsvergehensgesetzes.)

Schluß 6 Uhr.

Preußische Landesversammlung. 130. Sitzung vom 4. März, 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbürcs des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)“)

Das Haus setzt die Beratung des Antrags der Deutschnationalen vom 23. Februar 1920 fort: Die Regierung zu ersuchen, die früher im Interesse der Jugendpflege hshat und jetzt mit Rücksicht auf die Betriebslage aufgehobenen Fahrpreisermäßigun⸗ gen baldmöglichst wieder einzuführen, da die bevorstehende Tariferhöhung für weite Kreise der Jugend die im Interesse der Gesundheit dringend erwünschten Wanderungen und Ferienreisen unmöglich macht. Von den unabhängigen Sozial⸗ demokraten ist hierzu nach dem Worte „baldmöglichst“ die Ein⸗ schaltung beantragt: „für die Jugendorganisationen aller

Abg. Neumann⸗Magdeburg (Soz.) tritt für den itrag ein, desgleichen die Abgg. Grebs (Zentr.), ein Ver⸗ ter der demokraten, Frau John (U. Soz.) und Abg.

Held (D. V.). Letzterer bittet auch um Berücksichtigung der Kriegsbeschädigten.

Ein Regie rungsvertreter: Ob und zu welchem Zeit⸗ punkt die im Interesse der Jugend früher gewährte Tarifermäßigung wiedergewährt werden kann, hängt davon ab, welche Wirkung die am 1. Marz eingetretene Fahrpreiserhöhung auf den Verkehr haben wird. Auch von der ausreichenden Kohlenversorgung wird es abhängen. Den geäußerten Wünschen werden wir Rechnung tragen.

Beide Anträge gehen an den Bevölkerungsausschuß.

Hierauf erledigt das Haus eine Reihe von Bitt⸗ den Anträgen des Landwirtschafts⸗ und Nur in einem

Der Arbeiterrat zu Stade wendet sich in einer Eingabe gegen den Beschluß des Staatshaushaltsausschusses vom 24. September 1919, nach welchem die Staatsregierung ersucht wird, alle Zahlungen aus Staatsmitteln für die den Lokal⸗ und Provinzialbehörden beigeordneten Volksbeauftragten einzustellen Es wird der Erwartung Ausdruck gegeben, die jetzigen Verhältnisse bestehen zu lassen, wenigstens bis zur endgütigen Regelung vurch das Betriebsrätegesetz. Der Aus⸗ schußantrag geht auf Uebewreisung an die Regierung als Material.

Abg. Dr. v. Kries (D. Nat.): Nachdem der Beschluß unseres Haushal sausschusses auch vom Plenum bestätigt worden ist, halte ich die Ueberweisung der Eingabe als Material fuür völlig unmöglich; sie

zre ein vollständiger Nonsens. (Zustimmung.) Wir beantragen daher Uebergang zur Tagesordnung.

Gegen die Stimmen der beiden sozialdemokratischen Frak⸗

tionen wird dementsprechend beschlossen.

Den letzten Gegenstand der Tagesordnung bildet die förm⸗ liche Anfrage der Deutschnationalen: „Ist der

Staatsregierung bekannt, daß die Holzpreise, welche auf den staatlichen und kommunalen Holzversteigerungsterminen

erzielt werden, eine über jedes Maß hinausgehende Höhe erreicht haben? Was gedenkt die Staatsregierung zur Be⸗ seitigung dieses unhaltbaren Zustandes zu tun?“

Auf die Frage des Präsidenten, ob und wann die Regie⸗ rung zur Beantwortung bereit ist, erfolgt zunächst keine Antwort.

Zur näheren Begründung führt

Abg. Mentzel⸗Stettin (D. Nat.) aus: Die Lage des Holz- marktes ist geradezu trostlos, weniger allerdings für die Spekulanten und Schieber as für die kleinen und mittleren Gewerbetreibenden. Die Holznot wird durch die Forderungen der Entente anscheinend noch verschärft. Es geht das Gerücht, daß in diesem Jahre 35 Millionen Festmeter an die Entente abgeliefert werden sollen. Die Regierung

einnahmen sich zu verschaffen, ist nur gering, da das Reich fast alle ergiebigen Steuerquellen für sich in Anspruch genommen hat. Die Wirkung des Landessteuergesetzes ist zweifellos die, daß die unsozialen indirekten Steuern vom Reich auh die Gemeinden abgewälzt werden. Die Armenfürsorge erfordert fortwährend neue große Ausgaben. Aber es kann gespart werden beim Beamtenapparat. Nicht nur durch Vereinfachung der Organisation der Gemeinden kann gespart werden, sondern auch durch Vereinfachung der Technik; Telephon, Schreibmaschinen waren bis vor kurzem noch in manchen Gemeinden unbekannte Einrichtungen. Höhere Beamte dürfen nicht mehr mit Arbeiten belastet werden, die sehr wohl von mittleren Beamten übernommen werden könnten. Die Durchführung des Achtstunden⸗ tages bei allen Verwaltungsbehörden würde sicherlich auch zu Er⸗ arnissen führen. Durch Heranziehung ehrenamtlicher Kräfte zur Hemeindeverwaltung können ebenfalls große Summen erspart werden. Mit der Sozialisierung muß man änserst vorsichtig vorgehen und vorher auf das eingehendste prüfen. i Wilmersdorf ist kürzlich eite beantragt worden, die Müllabfuhr,

8 8 1.“

von sozialdemokratischer

sollte darüber authentische Auskunft geben. Auch im Frieden waren wir schon auf die Holzeinfuhr angewiesen; 1913 betrug sie 16 Millionen Mark. In den letzten Monaten hat die Preisgestaltung für Holz geradezu ungeheuerliche Formen angenommen. In den letzten Tagen haben Versteigerungen in Fürstenberg a. O. Preise ergeben, die bis zu über 9000 Mark für ein Pestmeter gegangen sind! Während im Frieden der Preis für den Festmeter gutes Kiefernholz 25 Mark betrug, muß heute schon ein Preis von 800 bis 1000 Mark im Durch⸗ schnitt angelegt werden, für Eichenholz mehrere tausend Mark. Wie sollen da der Tischler, Böttcher, Stellmacher, jeder Handwerker, der seinen Hclzbedarf in der Nähe seines Wohnortes decken muß, bestehen? Wenn die Leute früher mit 3000 bis 5000 Mark Kapital gut aus⸗ kommen konnten, brauchen sie heute 100 000 Mark, und die haben sie nicht. Die Kredite aus privaten Kreditkassen oder staatlichen Vorschuß⸗

*) Mit Ausnahme der Reden

der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben werden. ““

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