1920 / 68 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 31 Mar 1920 18:00:01 GMT) scan diff

schaft auf die Barrikaden gegangen sei. (Sehr wahr! Uinks.) Ich tenn dem Herrn Abgeordneten Hugo aber verraten, daß der General Reinhardt zwar erklärt hat, er würde versuchen, seine Reichswehr⸗ truppen zum Gefecht zu führen, könne aber bei der Ueberlegenbeit der Lüttwitz⸗Truppen einen Erfolg als höchst unwahrscheinlich hinstellen. (Hört, hört! links. Stürmische Zurufe rochts.)

Die Regierung hat den Entschluß, Berlin zu verlassen, gefaßt, als ihr die militärische Situation in Berlim als unhaltbar bezeichnet worden war. (Sehr richtigl links.) Es besteht nicht die geringste Not⸗ wendigkeit für irgendeinen Politiker oder Befehlshaber, eine Stellung zu halten, die unhaltbar ist (sehr richtig! links), und dadurch den glück⸗ lichen Ausgang des Ganzen zu gefährden. (Stürmische Zurufe rechts: Das ist der springende Punkt!) Im übrigen ist es mir ganz gleich⸗ gültig, ob Sie tatsächlich dieses lächerliche Märchen von dem fehlenden Mut der Regierung aufrecht erhalten wollen oder nicht. (Sehr wahr! links. Na, nal rechts.) Darauf kommt es nicht an. Es kommt darauf an, daß durch die Taktik, die wir geübt haben, der Sieg bei uns geblieben ist. (Lebhafte Zustimmung links. Erregte Zurufe rechts: Schiffer hat die Sache gerettet!) Wer sich auch innerlich darüber freut, daß nicht die Kapp⸗Regierung, sondern die verfossungsmäßige Regierung gesiegt hat, der sollte derartige Vorwürfe nicht erheben. Er kommt sonst in den Verdacht, daß die Freude über den Sieg der Regierung bei ihm sicherlich nicht allzu groß ist. (Stürmischer Beifall bei den Mehrheitsparteien. Zischen rechts.)

Abg. Seger (U. Sog): tes die Regierung hat gesiegt, sondern der Arbeiter. Ueber Verfassungswidrigkeiten sich zu beklagen, haben die

erren von der Rechten am allerwenigsten Veranlassung. Die Forderungen der Landwirtschaft, die Herr Behrens vertritt, sünd vom Eigennutz diktiert, die Landwirkschaft sieht die allgemeinen teressen nur gewahrt, wenn ihre Preise steigen. Die Wiederherstellung der Ordnung im Westen hätte die Regierung den drei sehias fcen Richtungen überlassen können. Die Bielefelder Abmachungen sind von der Regierung nicht gehalten worden. General Watter wollte erst die Truppen einmarschieren lassen, ehe er für Lebensmittel sorgen wollte. Die Regierung war von der englischen Regierung schon längst davon unterrichtet, daß der Plan zu ihrem Sturze bei den Militrs bestand; die deutsche Regierung hat aber nichts unternommen, um diesen Putsch unmöglich zu machen. Die Regierung hat sogar prei Generäle zu den Rebellen geschickt, um mit ihnen zu verhandeln; sie sind dann zu den Rebellen übergetreten. Der Abgeordnete Legien irrt sich sehr wenn er meint, daß auch die gewerbschafllich organisierte Arbeiterscha der neuen Regierung Vertrauen entgegenbringe. Die Arbeiterschaft ist durch die Erfahrungen der letzten Monate etwas klüger geworden und wird sich nicht mit Versprechungen abspeisen lassen. r neue Reichs⸗ wehrminister wandelt ganz in den Füßte fen des alten. Die Hand⸗ habung des v“ geschieht von den Generälen voll⸗

ändig autokratisch. Nach Meldungen aus Breslau sind die am Kapp⸗ Putsch Schuldigen ohne westeres aus der Haft enflassen worden, wodurch

wiesen ist, daß die Rogierung nicht einmal den guten Willen bat, mit gleichem Moaße zu messen. In der Oberpfalz hat man Arbeiter, die schon vom 18. bis 26. März wieder ocegelhe haben, von den Arbeitsstätten geholt und ins Gefängnis abgeführt. Wir fordern Be⸗ waffnung der Arbeiters jaft; ohne die Arbelberbowaffnung bekommen Sie keine Ruhe in Deutschland.

Es folgt eine Reihe persönlicher Bemerkungen der Abgg. Dr. Heinze, Dr. Haas, v. Graefe, Wels und Dr. Stresemann.

In der Abstimmung wird der Antrag der Deutsch⸗ nationalen Arnstadt u. Gen abgelehnt; für den ersten Punkt (Mißbilligung) stimmen auch die Deutsche Volkspartei und die Unabhängigen. Der Antragder ehrheits⸗ parteien wird mit großer Mehrheit angenommen. Für den weiten Teil (Verurteilung des Putsches) stimmt auch die

eutsche Volkspartei, dagegen lehnt sie den ersten Satz (Billigung der Regierungserklärungen) ab.

in zweiter und dritter Lesung werden der eb betreffend Aenderung des Konsulatsge ühren⸗ gesetzes, vom 17. Mai 1910, der AX“ betreffend die Erhöhung der Zuständigkeit der Amtsgerichte in bürgerlichen Rechtestreitigkeiten über vermögensrechtliche An⸗ sprüche, und der Gesetzentwurf über beschränkte Auskunft aus dem Strafregister und die Tilgung von Strafvermerken an⸗ enommen. 8 In erster, zweiter und dritter Beratung werden der Sesct⸗ entwurf über die Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Ge⸗ setzes über die Bildung einer vorläufigen Reichswe hr vom 6. März 1919 und des Gesetzes über die Bildung einer vor⸗ läufigen IIA“ vom 16. April 1919 und der vom Abg. Dr. Blunck (Dem.) eingebrachte Gesetzentwurf zur Durch⸗ führung des Einkommensteuerge setzes angenommen. Der Gesetzentwurf, betreffend Aenderung des Gesetzes über Wochenhilfe und Wochenfürsorge, wird einem Ausschuß überwiesen.

LE und dritter Beratung werden der Notetat für 1920 und der dritte Nachtragsetat für 1919 genehmigt.

In erster Beratung werden der Gesetzentwurf über die Wahldes Reichspräsidenten und der Entwurf eines Reichswahlgesetzes ohne Debatte an den Ver⸗ fassungsausschuß überwiesen. 8

Ein von allen Parteien eingebrachter Gesetzentwurf über

Wiederbeginn und Ablauf von Fristen wird in allen drei Lesungen ohne Debatte angenommen; er be⸗ timmt, daß die im Artikel 301 e und g des Friedensvertrages e .e Verjährungs⸗, Ausschluß⸗, Vorlegungs⸗ und Ver⸗ fallfristen am 16. August 1920 wieder zu laufen beginnen, und daß die im Art. 301 des Friedensvertrages und in der Bekannt⸗ machung, betreffend Zahlungsverbot gegen vom 30. September 1914 bezeichneten Vorlegungs⸗, PFrotest⸗ und Benachrichtigungsfristen mit dem Ablauf des 18. August 19320 enden. 1 1 1 Gegen die sofortige Beratung eines erst während der Sitzung gestellten Antrages der Unabhängigen wegen Be⸗ zahlungder Streiktage wird Widerspruch erhoben, er ann also nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden. In der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend die Aburteilungderhochverräterischen Unter⸗ nehmen aus dem März 1920 durch die bürger⸗ lichen Gerichte, erklärt J“

Abg. Schultz⸗Bromberg (D. Nat.), daß seine Partei materiel mit S8. Gesetzen nourf dnceranden sei, daß sie aber beantrage, die Abstimmung nach den Vorschriften der Verfassung über Verfassungs⸗ äͤnderungen erfolgen zu lassen. Naoch der Verfassung könne niemand

seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. sei also eine Ver⸗ fassungsͤnderung, wenn durch den vorliegenden Gesetzentwurf die

Staatsministeriums

hebung der Militärgerichtsbarkeit in Aussicht nehme; es handle sich also nicht um eine Verfassungsänderung, sondern nur um eine Verschiebung

der 1 Abg. Dr. Cohn (U. Sog.): Wir billigen den Inhalt des Gesetzes. Abg. Graf zu Dohna 88. Vo.): Das Gesetz trägt den geseges Charakter eines Ausnahmegerichts, dem wir nicht zustimmen können. Der Antrag Schultz⸗Bromberg wird abgelehnt und das Gesetz in zweiter und dritter Beratung angenommen.

Auf das Ersuchen des Oberreichsanwalts um Genehmigung der Nationalversammlung zur Einleitung des Straf⸗ verfahrens gegen den I D. Traub (früher D. Nat.) wegen Teilnahme an dem Verfassungsbruch und zur Verhaftung des Beschuldigten beantragt der Geschäfts⸗ ordnungsausschuß die Erteilung der Genehmigung.

Berichterstatter Abg. Dr. Haas (Dem.): Ob sich Abgeordneter D. Traub eines Hochverrats schuldig gemacht hat, hat lediglich das Gericht zu entscheiden. Der Ausschuß mußte nur prüfen, ob die Anklage ernstlich gemeint ist und nicht nur zu dem Zwecke erhoben worden ist, einen unbequemen Abgeordneten zu beseitigen. Der Ausschuß meint daß eine Verurteilung möglich 8 Aus zwingenden Gründen hält der Oberreichsanwalt das Verfahren für notwendig. Es ist ein alter Grundsatz, an dem der Reichstag immer festgehalten hat, daß die Immunität nicht das Recht eines einzelnen Abgeordneten ist, sondern des Reichstags, der davor geschützt werden soll, daß ihm ohne Grund und Not Abgeordnete entzogen werden, wodurch auch das Recht der Wähler, durch den Abgeordneten ihres Vertrauens vertreten sein, genommen würde. Der Reichstag meinte, daß aus gewissen Cruünder von diesem Grundsatz abgewichen werden könnte, nämlich in Fällen, wo das Recht der Wähler T müßte gegen das höhere staat⸗ liche Interesse. Es wurde bingewiesen auf die Fälle der Abgeordneten Hasselmann wegen Verbreitung sozialistischer Druckschriften und des Abgeordneten Liebknecht, welcher auf dem Potsdamer Platz ausgerufen hatte: Nieder mit dem Krieg! Nieder mit der Regierung! In beiden Fällen ist Strasverfolaung genehmigt worden. ine Minderheit im Ausschuß meinte, daß man streng festhalten müsse an dem Prinzip, daß niemals bei politischen Delikten vom Grundsatz der Immunität ab⸗ gewichen werden dürfe. Die Mehrheit des Ausschusses war anderer Auffassung. Es liegt hier ein so schweres Vergehen gegen den Staat und gegen die Interessen des Volkes vor, daß die Genehmigung zur Strasverfolgung erteilt werden müsse. Es wäre merkwürdig, wenn ein Abgeordneter die Immunität genießen sollte, nachdem er selbst gegen das Bestehen der Nationalversammlung Stellung genommen habe. Es würde auch eine starke Verwirrung der Rechtsbegriffe daraus enistehen, daß man im Falle Liebknecht die Genehmigung erteilt habe und jetzt im Falle Traub sie versage. Der Ausschuß hat beschlossen, daß dem Antrage des Reichsanwalts stattzugeben sei.

Abg. Warmuth (D. Nat.): Die E des Ausschusses bedeutet einen Bruch mit der bisherigen Auffassung, daß bei allen Ver⸗ gehen politischer Natur die Genehmigung zur Strafverfolgung zu ver⸗ sagen sei. Eine gesetzgebende Körperschaft hat ein Interesse daran, ihre persönliche Zusammensetzung, wie sie durch die Wahl zustande ge⸗ kommen sei, auch währvend der Legislaturperiode beizubehalten. Im Falle Geyer ist die Genehmigung versagt worden, wen es sich um po⸗ litische Delikte handelt. Der Fall Gandorfer, den der Berichterstatter unerwähnt gelassen hat, liegt mit dem jetzigen Fall völlig gleich. Es handelt sich auch um das Hochverratsdelikt § 81, 2 des Strafgesetz⸗ Gandorfer hatte es unternommen, die Verfassung des Staates

hapern dadurch zu beseitigen, daß er sich an der Räteregierung be⸗ teiligte. Zwischen diesem Delikt und dem des Kapp⸗Puts ist kein Unterschied. Es ist ein politisches Delikt, infolgedessen scheidet es aus. Der Fall Eichhorn, der der Geschäftsordnungskommilsion vorgelegen Pt. aber noch nicht zur Entscheidung gekommen ist, steht in besonderem

sgensatze zu der Eile, mit der man bei Traub eine Entschließung faßt, Es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen der Taͤtigkeit Lieb⸗ ö der Traubs. Ich bitte also, die Genehmigung zu versagen.

eifall.

Aba. Graf zu Dohna (D. Nat.): Wir wenden uns gegen das Abgehen von der bisherigen Praxis und versagen die Genehmigung. Es handelt sich auch nur um einen Aufschub von vier Wochen.

Aba. Geyer U. en” Es steht dieser Nationalversammlung nicht gut an, sich als ve ger politischer Verbrechen aufzuspielen, da

e zum Teil ni schd ist an den Vorgängen der letzten Zeit. Wir stimmen gegen die Auslieferung Traubs.

8 Lhie le (Soz,): Der Fall Trauh liegt vollkommen anders als all die Fälle, die früher hier zur Debatte standen. Wir schließen uns dem Ausschußantrage an.

Abg. Schultz⸗Bromberg (D. Nat.) beantvagt namentliche Ab⸗ stimmung, die genüͤgend Unterstützung findet und an der auch der Neichs⸗ kanzler sowie die übrigen Minister teilnehmen.

Der Ausschußantrag auf Erteilung der Genehmigung zur Strafverfolgung Traubs wird mit 145 gegen 71 Stimmen bei 7 Stimmenenthaltungen angenommen. Dagegen stimmen mit den Rechtsparteien die Unabhängigen und einige wenige Demokraten.

Darauf vertagt sich das Haus auf Mittwoch, den 14. April 1920, 3 Uhr Nachmittags (Petitionen und kleinere Vorlagen).

Der 1“ schließt die Sitzung mit den hesten Oster⸗ wünschen für die Abgeordneten um 63½ Uhr.

Preußische Landesversammlung.

181. Sitzung vom 30. März 1920, Vorm. 11 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)*)

Am Regierungstische das neue Kabinett: Präsident des und Minister für Landwirtschaft, Do⸗ mänen und Forsten Braun. Minister für Handel und Ge⸗ werbe Fischbeck. Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Haenisch, Justizminister Dr. am Zehn⸗ hoff, Minister der öffentlichen Arbeiten Oeser, Minister für Volkswohlfahrt Stegerwald, Finanzminister Lüde⸗ mann und Minister des Innern Severina. Präsident Leinert: Seit unserer letzten hat sich urchtbares in Deutschland ereignet. Am 13. arz t Generallandschaftsdirektor Kapp mit Offi⸗ zieren und meuternden Truppen sich in den Besitz der politischen Macht gesetzt. Er fand entschlossenen Widerstand bei Arbeitern, Beamten und Bürgern mit Ausnahme n. Volksverräter; die Arbeiter traten in den Generalstreik. Sie führten ihn durch ohne Unterschied der politischen Anschauung mit dem einheitlichen Willen der Niederzwingung der reaktionären Emporkömmlinge. Im Lande fanden die verbrecherischen Putschisten offene und heimliche Anhänger, nament⸗ lich bei der bewaffneten Macht. Das hatte die unheilvolle Folge, daß auch die Arbeiter sich bewaffneten und I sich mit furcht⸗ baren Opfern entfesselte. Der Bürgerkrieg ist leider noch nicht zu Ende, aber in wenigen Tagen war die sogenannte Regierung der Kapp⸗ Revolutionäre am Widerstand des ganzen deutschen Volkes gescheitert. Ich halte mich für verpflichtet, allen, die an dem Sturz der neuen egierung mitgearbeitet haben, zu danken für die Treue, die sie der deulschen Republik gewahrt haben. Kapp und Lüttwitz haben die preußische Landesversammlung aufgelöst; ich habe den Mitgliedern der Landesversammlung aber bereits am 13. März eine Mitteilung zu⸗ geben lassen mit dem Hinweis, daß die Landesversammlung nach der vorläufigen Verfassung nicht aufgelöst sei, sie habe ihr Mandat vom Volke erhalten und sei nur ihm verantwortlich. Die Mitgleder hätten

Sitzung

Militärpersonen den Militärgerichten entzogen würden. Unterstaatesekretär IFoe erklärt, da diese Auf⸗

zassung nicht teilen könne. Die Verfassung besage nur, daß miemand

einem unege Richter unterstellt werden dürfe. Davon könne ier lkeine —ede sein. 1

9 Abg. Or. Beperle (Zentr.): Der Abgeordnete Schultz übersieht,

daß der Artükel 108 der Verfassung einen Geletzentwurf zur Auf⸗

daher ihr Mandat nicht verloren. Es ist vollständig falsch, die letzten Vorkommnisse mit der Revolution vom 9. November 1918 in Vergleich

„Hört! Hört!“, ebenso bei dem Namen Haenisch seitens des

zusammen, das von der übergroßen Mehrheit des Volkes abgelehnt wurde und sich nur stützte auf Militär, Pol izei und Rechtlosigkeit des Volkes. Damals vernichtete diese Revolution das Dreiklassen⸗ parlament und das die Junkerschaft repräsentierende Herrenbaus. Am 13. März aber maßte sich ein Vertreter der Minderheit die Gewalt an, das Volksparlament auseinanderzutreiben. Während 1918 das Volk aufatmete, bemächtigte sich diesmal seiner eine maßlose Erbitterun⸗ Der Wille des Volkes zerschmetterte die Regierung der Hochverrät Schnell, rücksichtg;os und unbarmherzig muß aber auch die Bestrafung sein. (Sehr richtig!l bei der Mehrheit.) Mitgliedern der Landes versammlung ist von dem Führer der in diesem Hause untergebrachte meuternden Truppen der Eintritt in das Haus mit Gewalt verweige worden. (Hört, hört!) Ich habe Anlaß genommen, gegen diesen Herrn Strafantrag zu stellen. Wenn man übersieht, was dieses Verbrechen im Volke angerichtet hat, so erfüllt es jeden, der den Aufstieg de deutschen Volkes wünscht, mit tiefem Schmerz. Unter Aufbietun ungeheurer Kraft war es gelungen, die entsetzlichen Folgen des furch baͤren Krieges 9v die Freude an der Arbeit war im Entsteben, das Wirtschaftsleben zeigte den Anfang einer Besserung, das Nolk war im Begriff, sich seiner Kulturmission zu erinnern. Aus diesen Hoff⸗ nungen ist es pötzlich herausgerissen und in den grauenhaften, blutigen Bruderkrieg hineingestürzt worden, undwieder stehen Tausende unserer Staatsbürger, Frauen, Kinder und Geschwister in tiefer Trauer an de Bahre und am Grabe der im Bürgerkrieg Gefallenen (die Mitalieder des Hauses und der Resierung baben sich von den N äͤtzen erhoben.) Ihnen gilt unser herzlichstes Beileid. In den Schmerz über da Unheil mischt sich die bange Sorge, daß sich das fürchterliche Verbrecken wiederholen könnte. (Hört, hört!) Die Landesversammlung fordert deshalb von der Staatsregierung, daß sie unbedingte Sicherheit schafft, daß dem Volke ein erneutes Aufleben der reaktionären Mächte erspart breibt. Sie wird darin die Unterstützung esversammlung finden. (Beifall.) Unser Volk kann nur im Grück leben, wenn es Süehlt ist von der Sonne der Freiheit der Republik. (Lebhafter ifall.

Der Präsident verliest sodann das Schreiben des früheren Ministeriums vom 26. März, durch das die Minister infolge der veränderten politischen Verhältnisse ihre Mandate in die Hand des Präsidenten verfassungsgemäß zurücklegen, und aibt die neue Ministerliste bekannt: bei Nennung des Namens Oeser erklinat auf der äußersten Linken

Abg. Adolph Hoffmann. (Große Heiterkeit.) Als der Präsident den scheidenden Ministern Hirsch, Heine und Dr. Südekum den Dank des Hauses aussprechen will, rufen die Unabhängigen fortgesetzt „Nein!“. Der Präsident korrigiert sich daraerf dahin, daß er den scheidenden Ministern namens der großen Mehrbeit des Hauses dankt. (Lebhafter Beifall.) Er spricht seine Er⸗ wartung aus, daß gegenseitiges Vertrauen bestehen möge, da⸗ mit es cvelinge, die berechtigten Forderungen des Vosfkes zu er⸗

zu stellen. (Sehr richtia! finks) Damals brach ein Recterungsfyvstem

füllen. Dabei werde die Landesversammlung dem Ministerium jederzeit Gefolgschaft leisen, wenn es sich darum handle, dem Volke zu dienen. (Lebhafter Beifall.)

Ministerpräsident Braun: Meine verehrten Damen und Herrent Die politischen Ereignisse der letzten Wochen haben zum Rücktritt des gesamten Staatsministeriums und zu seiner Neubildung geführt. Ich

habe die Ehre, dem hohen Hause das neue Kabinett vorzustellen.

Bevor ich auf die Vorgänge in den letzten Wocken und auf die dadurch geschaffene politische Lage des Landes einoehe, ist es auch mir Bedürfnis, den ausgeschiedenen Ministern Hirsch, Heine und Südekum, die unserm Lande in schwerster Zeit mit Hingabe und nie ermüdender Tatkraft gedient haben, den Dank des Landes auszu⸗ sprechen. (Beifall.)

Meine Damen und Herren, unser deutsches Volk und seine Wirt⸗ schaft gleicht einem Schwerkranken. Vier zehrende Kriegsjahre haben unserem einst so blühenden, zukunftssicheren Volks⸗ und Wirtschafts⸗ körper das Mark aus den Knochen, das Blut aus den Adern gesogen, bis in den Novembertagen des Jahres 1918 der furchtbare Zusammen⸗ bruch erfolgte. Momatelang schüttelten dann revolutionäre Fieberschauer den kranken Volkskörper, ihn mehr als einmal mit völlicem Unter⸗ gang bedrohend. Aber die gewalkigen physischen und Geisteskräfte, die im deutschen Volke stecken, haben sich bewährt. Unter unsäglichen Müchen gelang es, den Schwerkranken langsam, sehr langsam auf den Weg der Genesung zu bringen. Die Arbeitslust in Stadt und Land nahm zu, die Kohlenförderung näherte sich dem Friedensstande, der Kurs unseres Geldes im Auslande stieg von Tag zu Tag und damit unsere Kaufkraft beim Einkauf der uns so bitter nobrendigen Lebens⸗ mittel und Rohprodukte, kurz, das wirtschaftliche Leben begann wieder zu pulsieren, Hoffnung zog wieder in die Herzen der schwer geprüften Menschen. Das doautsche Volk, fest auf dem Boden der Demo⸗ kratie stehend, durfte hoffen, in seinem Geistes⸗ und Wirtschafts⸗ leben wieder völlig zu gesunden. 8

Da kam der jähe Rückfall, der unsern schwerkranken, der Genesung entgegengehenden Volkskörper wieder in Fieberschauern erzittern läßt und in unserer Wirtschaft wieder ein Chaos angerichtet hat. Ein Dolchstich im Rücken traf das deutsche Volk, geführt von ver⸗ brecherischen Elementen und Irregeführten, die sich der schrecklichen Folgen ihres Tuns wohl kaum bewußt sein konnten. Hunderte kost⸗ barer Menschenleben sind wiederum vernichtet, unübersehbarer wirt⸗ schaftlicher Schaden ist angerichtet.

Meine Damen urd Herren, erlassen Sie es mir, den verbreche⸗ rischen Staatsstreich der Kapp und Genossen in seinen einzelnen Phasen zu schildern; das ist bereits in der Nationalversammlung von berufener Seite geschehen! Aler an der Frage kann ich nicht vorüber⸗ gehen: wem verdankt das Volk dieses neue Unglück? Diese Frage muß mit aller Deutlichkeit beanbwortet werden, weil die hochverräterischen Kreise, die dieses Verbrechen am deutschen Volke be⸗ gangen haben, und ihre journalistischen Spießgesellen sich geflässentlich bemühen, die Spuren ihrer Schandtaten zu verwischen und die Schuld der Regierung zuzumessen. (Sehr richtig!) Das ist eine plumpe Spekulation auf die Piyche unseres schwer geprüften Volkes, das jetzt gar so sehr geneigt ist, jedes Mißgeschick, das ihm zustößt, der Regierung in die Schuhe zu schieben. Meine Damen und Herren, dieses falsche Spiel, das besonders von der deutschnationalen Presse betrieben wird, muß durchkreuzt, dem Volke müssen die Augen geöffnet werden. Die preußische Staatsregierung hat, seitdem sie durch das Ver⸗ trauen dieses Hauses bestellt ist, das Menschenmögliche zu der politischen Umgestaltung und dem wirtschaftlichen Wiederaufbau unseres Landes geleistet. Das Unheil, das erneut über unser Volk gekommen ist, verschulden hauptsächlich die gleichen Kreise, die den unglück⸗ seligen Krieg in kriegshetzerischer Verblendung und in wahnwitziger Eroberungsgier bis zum Zusammenbruch geführt haben. (Sehr richtig! links.)

⸗) Mit Ausnahme der Reden der Herren Minister, die im Wort⸗ laut wiedergegeben werden. 3

zum D

(Fortsetzung aus der Zweiten Beilage.)

Das sind vornehmlich jene durch die Deutschnationale Partei ver⸗ tretenen agrarkonservatipen Kreise Ostelbiens, die es nicht verwinden koͤnnen, daß ihre Jahrhunderte währende Vor⸗ herrschaft im Reich und in Preußen durch die Demokratie ein für allemal gebrochen ist. (Lebhaftes Sehr gut! links.) Ich habe bereits im vorigen Jahre in diesem Hause auf die konspiratipe Tätigkeit des pommerschen Landbundes und ähnlich gerichteter Organisationen hingewiesen. Die Früchte dieser Tätigkeit wollten sie am 13. März ernten. Durch skrupellose Demagogie in deutschnationalen Zeitungen und Versammlunger wurde der Boden für diesen Putsch vorbereitet. Weite deutschnationale Kreise waren in die à Fläne dieser Putschisten eingeweiht! (Stürmischer Widerspruch rechts. 88 Leb⸗ hafte Zustimmung und Rufe links. Erneuter Widerspruch rechts. Zuruse.)

Prominente Führer der Deutschnationalen Partei haben aktiv cder sonstig fördernd an diesem Putsch mitgewirkt. (Widerspruch rechts.) Von der deutschnationalen Presse wurde das Verbrechen Kapps und seiner Spießgesellen begrüßt, und in einer Kundgebung der Deutschnationalen Volkspartei wurde die Bereitwillig⸗ keit zur Mitarbeit ausgesprochen. (Hört! hört! links. Lebhafte Zurufe rechts. Abgeordneter Graef (Anklam): Falsch ver⸗

standen!) Falsch verstanden, Herr Abgeordneter Graef, ist das nicht! Das ist so unzweideutig geschehen, daß es vom

Volk nicht falsch verstanden werden kann. (Sehr gur! links.) Die nächsten Wahlen werden beweisen, daß das Volk das nicht falsch verstanden

(Sehr gut! links.) Auch nach dem Zusammenbruch des verbrecherischen Abenteuers wurde die Hochverräter und Eidbrüch igen in dem offiziellen Organ der Deutschnationalen Partei glorifiziert und auf den ESetd g. hoben. (Hört, hört! und Sehr richtig! links.) Wenn diese Partei nach dem kläglichen Ausgang des Staatsstreichs und seinen Folgen, dis immer offenbarer werden, von den Putschisten abrückt, so nützt ihr das nichts. (Sehr gut! links.) In den Augen des Volkes ist sie ge⸗ richtet. Das Blut und die Tränen, die erneut vergossen wurden und erneut vergossen werden, kommen über sie! Sehr richtig! linds.) Di Deutschnationalen werden das Kainszeichen des von Parteianhängern erneut entfesselten Brudermordes niemals werden! ESSehr richtig! links.)

Meine Damen und Herren, wir stehen nun wieder vor einem Trümmerhaufen. Das Volk, das sich in seiner erdrückenden Mehrheit zum Schutz der Republik erhob, heischt gründliches Auf⸗ und das mit Recht. (Sehr richtig!) Mit unerbitt⸗ Strenge muß und wird eingeschritten werden gegen die, neue Unglück über unser Volk und Land gebracht haben. links.) Verständnisvolle Milde kann nur gegen die Ver⸗ führten walten, die zu dem Staatsstreich mißbraucht wurden. Beamte, die sich bewußt in den Dienst des hochverräterischen Unternehmens gestellt, es gefördert und unterstützt haben, werden u nnachsichtlich ausgen. erzt. Bravo! links Zuruf: H im Hause!) Diese, die der Republik und ihrer demokratischen r. fassung die Treue bewahrt haben, werden gestützt werden. (Bravol)

Meine Damen und Herren, die Regierung wird sich nicht be⸗ en lassen durch den Bolschewistenschreck, der jebt von den recht groß an die Wand gemalt wird. (Sehr gut! ausgelöst haben, möchten ihn jetzt benutzen,

29˙9

hat.

ihren los

räumen, licher die das (Bravo!

ärr links.) Die, die ihn 5 2 ihren Taten abzulenken und sich im Kampf gegen den Links⸗ bolschewismus zu rehabilitieren. (Sehr gut! links.) Gewiß, auch dieser Kampf muß leider jetzt wieder geführt werden. Wie die Rechtebol- schewisten, so werden auch die Linksbolschewis en mit Nachdruck be⸗ kämpft werden. Beide das zeigt sich jetzt immer offenbarer 8 lagen auf der Lauer, jeden Augenblick bereit, der jungen Republik an die Gurgel zu springen, der demokratischen Verfassung den Garaus zu machen. Jeder wartete den Moment ab, wo der andere die Brand⸗ fackel erhob und sie in das friedliche Haus wars. Nachdem von den Kappisten der Brand entfacht war, wollten auch die Spartakisten ihre Suppe an dem Feuer kochen, ihre Ziele durchsetzen, die gleichfalls auf die Diktatur einer kleinen Minderheit gerichtet sind. Sehr richtig!) Das deutsche Volk in seiner überwiegenden Mehrheit lehnte diese Ziele aber ab. (Andauernde Unruhe.) Es wird ihre Verwirklichung ebenso wie das Kapp⸗Abenteuer zu verciteln wissen. (Sehr richtig!) Noch brennt es in einzelnen Teilen unseres Landes. B8 im rheinisch⸗westfälischen Industriegebiet, wo das Herz unseres e schaftslebens schlägt, stehen noch Arbeiter, Bürger, die sich zur Ver⸗ teidigung der Verfassung erhoben haben, unter den Waffen. Ihnen rufe ich zu: Legt die Waffen nieder! Die Republik und die demo⸗ kratische Verfassung ist gesichert. Eure gute gerechte Sache wird diskreditiert durch jene kommunistischen Elemente, die nicht das wollen, was Ihr erstrebt, die ihren diktatorischen und eigennützigen Gelüsten bereits wüst die Zügel schießen lassen. (Sehr richtig) Ich hoffe und wünsche, daß auch diese Volksteile bald zur Einsicht kommen, so daß ihrem frevelhaften Treiben nicht durch Waffengewan Einhalt geboten werden muß. ““ Meine Damen und Herren, die Demokratie, die jetzt siegreich gegen die Putschisten von rechts sich behauptet hat, kann sich auch nicht durch kommunistische Gewaltmenschen von links meucheln lassen. Uebrigens, wie tief die Demokratie im deutschen Volke be eits wurzelt, dafür haben die Tage des Kapp⸗Aufstandes einen glänzen⸗ den Beweis erbracht. (Sehr richtig!). 8 Ein Irrwahn war es von den Staatsstreichlern, wenn sie glaubten, die Demokratie mit schmetternder Militärmusik, mit der sie die Ber⸗ liner Berö kerung so reichlich bedachten, leicht hinwegblasen zu können. Sie sahen sich schließlich selbst gezwungen, am zweiten Tage schon ihre monarchische Gesinnung zu leugnen und ihre heuchlerische und unwahren

nilichen Kundgebungen mit demokratischen freiheitlichen Redens⸗

F“ chsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Mittwoch, den 31 März

Kopf⸗ und Handarbeiter waren ein wuchtiges Bekenntnis zur Republik und zur demokratischen Verfassung. Unter der Wucht dieses Bekenntnisses mußten die Staatsstreicher nach wenigen Tagen ihr wahnwitziges Spiel aufgeben und verschwinden. Ihr auf roher Gewalt, auf Lug und Trug aufgebautes Kartenhaus brach in sich zusammen. Mit tiefer Trauer gedenke ich in Ehrfurcht der zahlreichen Kämpfer, die im Kampfe mit den Meuterern ihre Verfassungstreue mit dem Leben bezahlt haben. Ihren Hinterbliebenen spreche ich meine tiefgefühlte Teilnahme aus. Den Dank des Landes spreche ich den Beamten aus und denen in Bureau und Werkstatt, in Kontoren und Fabiksälen, in Feld und Wald, die durch ihr mutvolles Eintreten für die Republik unser Land vor Schwererem bewahrt haben. Dank und Anerkennung gebührt vor allem auch jenen Beamten aller Grade, die getreu ihrem Eide sich gegen das Kappregime aufgelehnt und der ver⸗ fassungsmäßigen Regierung die Treue bewahrt haben. (Lebhafter Beifall.) 1 Tief bedauerlich ist es, eaß die Besoldungsreform, auf Verabschiedung die unter den wirtschaftlichen Nöten schwer nden Beamten sehnsüchtig harrten, durch diesen deutschnationalen Putsch hinausgezögert worden ist. (Lebhafter Widerspruch und große Unruhe rechts, Zurufe links und rechts.) Die Regierung wird nun⸗ mehr bemüht sein, auf die schnellste Verabschierung dieser Vorlage hin⸗ zuwirken. (Bravo!) Ich bin wohl der Zustimmung der überwiegenden Mehrheit dieses hohen Hauses gewiß, wenn ich erkläre, daß die neuen Gehaltssätze unter allen Umständen rückwirkend vom 1. April an in Kraft treten werden. (Bravo!) Auch die Arbeiter und Angestellten, die sich mit glänzendem Elan den Putschisten zum Kampf gestellt und sie durch die Wucht ihrer wirtschaftlichen Waffen zu Boden geschlagen haben, können den berechtigten Anspruch erheben, daß ihre Forderungen erfüllt werden. Die Regierung wird sich dafür einsetzen. werden die Organe zur Wahrung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit an Haupt und Glüedern gründlich umgestaltet und allen gegenrevolutionären Einflüssen entrückt werden. (Bravo! links.) Führer, Unterführer und Mannschaften muß fortan der eine Gedanke beseelen, daß ihre Aufgabe darin besteht, die öffentliche Ruhe und Ordnung zu wahren, den einzelnen Staatsbürger wie das republikanische Staatsganze, seine demokratische Verfassung gegen alle gewaltsamen Anschläge, von wo sie auch keommen mögen, zu schützen. (Bravol bei den Sozialdemokvaten.) Meine Damen und Herren, die ohnehin sehr kritische Ernährungs⸗ lage unseres Volkes hat durch den Kapp⸗Putsch eine weitere fühlbare Verschlechterung erfahren. (Hört, hört! bei den Demokraten.) Rück⸗ sichtslos werden die vorhandenen Lebensmittel nunmehr erfaßt und dem Volke zugeführt werden müssen. (Bravo!) Die Schiecber und Wucherer, die bezeichnenderweise der Kapp⸗Aera so freudig zujubelten (stürmisches Lachen rechts) meine Herren, wer war es denn, der hier Unter den Linden Hurra gerufen hat? War das das ehrlich schaffende Volk Berlins oder die Schieber und Wucherer? (Cebhafte Zustimmung bei den Sczialdemokraten. Erneutes stürmisches *

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Lachen und Zurufe rechts.) Es waren also die Schieber und Wucherer, die bezeichnenderweise der Kapp⸗Aera so freudig zujubelten und die wirksamer gepackt werden müssen. Unser getretenes Volk muß von dieser Errungenschaft des Krieges, von dieser Pestbeule befreit werden. (Zurufe rechts: Sklarz!) Eine nachhaltige Verbesserung unserer Volksernährung und damit unserer Wirtschaftslage kann allerdings nur durch eine erhebliche Steigerung der Produktion er⸗ zielt werden. Sie muß daher mit allen zu Gebote stehenden Kräften angestrebt, der verhängnisvollen Neigung, zur ertensiven Wirtschaft überzugehen, muß entgegengewirkt werden. Um unsere Ernährung auf eine breitere und sicherere Grundlage zu stellen, müssen nunr nehr auch die erforderlichen Mittel bereit gestellt werden, um eine groß⸗ zügige Landeskultur zu treiben und für eine Aufteilung des übermäßigen Großgrundbesitzes und eine um⸗ fassende ländliche Siedlu ugstätigkeit die Bahn frei zu machen. (Bravo!) Auch der Woh nungsfragc, die immer brennender wird, wird die Regierung ihre ernsteste Aufmerksamkeit zuwenden. Gewaltige Mittel werden allerdings zu ihrer Lösung auf⸗ gewendet werden müssen. 1 Im übrigen steht die Regierung nach wie vor auf dem Boden des Programms, das in der Sitzung der Landesversammlung vom 25. März v. J. mein Herr Vorgänger vor Ihnen ennvickelt und das Ihre Zustimmung gefunden hat. Soweit es noch nicht vervirklicht ist, wird seine Verwirklichung mit Nachdruck betrieben werden. Fest und unerschütterlich auf dem Boden der Reichseinheit stehend, durchdrungen von der Notwendigkeit, das staatliche Gefüge Preußens zu festigen, werden wir die großen Reformen unserer verfassungs⸗ und venvaltungs⸗ rechtlichen Verhältnisse in die Bahn größerer Selbftändigkeit der einzelnen Provinzen und Landesteile lenken. Gravo! im Zentrum.) Sobald die Verfassung unseres Staatswesens in seinen verschiedensten Gliedern auf demokratische Grundlagen gestellt sein die Verfassunggebende Landesversammlung thre geschichtliche Aufgabe er⸗ füllt. Unverzüglich werden dann die Wa hlen zu 8 88 88 vreußischen Parlament ausgeschrieben werden. (Bravol! im Zentrum.) ““ 8 Meine Damen und Herren, ich kann meine Ausführungen nicht schließen, ohne der Landesteile zu gedenken, die unter fremoe er B 8 satzung leiden. Unseren Brüdem, die dort einen heroischen Kampf für das Deutschtum kämpfen, entbiete ich herzlichen Gruß. Beifall.) Ihre Leiden sind unsere Leiden, ihr Fühlen ist unser Fühlen. haben sie nicht vergessen, wir werden sie nicht vergessen. Nach Kräften werden wir ihnen beistehen. Lebhaftes Bravo!) Aus dem erhebenden Beispiel treuer deutscher Gesinnung, die die Bevölkerung der Nordmark am 14. März bewiesen hat, mögen sie die Kraft schöpfen, die sie in ihrem Kampf gegen fremde Einflüsse und 8 drückungen bitter nötig haben. (Bravo!) Ich gehe wohl einig mit

allen Parteien dieses Hauses, wenn ich den Nordschleswigern, die allen

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arten zu drapieren. Der feste und Volkssckichten, das machtvolle Einsetzen der wirtschaftlichen Kre

Verlockungen zum Tretz für das Deutschtum einen so herrlichen Sieg erfochten haben, Dank und A g ausspreche und brüderlichen 1 1 b 2n 8 2 1 8 8

Gruß entbiete. den östlichen Abstimmungsgebieten rufe ich zu: Macht's nach, zeigt

(Lebhaftes Bravo!) Unseren Volksgenossen aber in zaß das deutsche Volk weohl von einer Uebermacht besiegt, ebrochen ist, daß der große, gesunde nationale Gedanke im olk noch lebt und ihm die Kraft gibt zum Wiederaufbau zur Festigung seiner jungen demokvatischen Republik.

8. aber nicht g. deutschen V seiner Wirtschaft, (Bravo!)

Die junge deutsche Republik Grunde das ganze Unglück unseres Landes ist glänzend abgeschlagen. (Sehr richtig!) Nun muß wieder Ruhe und werktätiges Schaffen in unserem Wirtschaftsleben zur Geltung kommen. In dem aufgezwungeten Kar 5 das deutsche Volk in allen seinen Schichten glänzend hetzt gilt es, für die Demokratie zu arbeiten, die allein di ietet, auf der sich unser Volk und unser Vaterland eine be uft schmieden kann. (An⸗ haltender stürmischer Beifall bei

Nach dieser Rede des Ministerpräsi die Erledigung der Tagesordnung ein.

Der Nachtrag zum Staatshaushaltsplan für 1919 geht ohne Erörterung an den Hauptausschuß.

In zweiter und dritter Beratung wird darauf der Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Unterbringung der mittelbaren Staats⸗ beamten und Lehrpersonen aus den an fremde Staaten abzu⸗ tretenden oder von ihnen besetzten preußischen Gebietsteilen, nach den Ausschußvorschlägen nebst den vom Ausschuß be⸗ antragten Entschließungen im einzelnen angenommen und da⸗ rauf das Unterbringungsgesetz im ganzen einstimmig genehmig 1

Einstimmig wird auch die Vorlage wegen Erweiterung des Studtkreises Geestemünde in erster, zweiter, dritter Be⸗ ratung durch unveränderte Annahme erledigt. Der Gesetz⸗ entwurf wegen Erweiterung und Einschleusung des Fischerei⸗ hafens in Geestemünde gelangt nach den Ausschußvorschlägen in zweiter und dritter Beratung zur Annahme. 8

Der Antrag Gräf (Soz.) auf Annahme eines Gesetzent⸗

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HrBEIS .493 2 hrheitsparteien.)

enten trat das Haus in

wurfs wegen einstweiliger Regelung der Staats⸗ ben für 1920 geht an den Haupt⸗ aͤusschuß, ebenso der Antrag der Sozialdemokraten auf An⸗ nahme eines Gesetzentwurfs zur Aenderung des Gesetzes über die Gewährung einer Entschädigung an die Mitglieder der preußischen Landesversammlung. Hi das Haus in die isterpräsidenten ein.

dermann (Zentr.): Am „den 13. in Berlin anwesenden Mitglieder des Zentrums de Landesversammlung unte

haushaltsausg

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Aussprache über die

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haben sich die enden Nationalversammlung und der Preußischer dem Vorsitz des Abg. Trimborn zusammengefunden und eine Erkäruns beschlossen, wonach das Zentrum fest auf dem Rechtsboden der Ver⸗ fassung steht, auf das schärfste den Versuch der Herren Kapp un von Lüttwitz auf Umsturz der Regierung verurteilt, die von diese verfügte Auflösung der Nationalversammlung und der Preußischer Landesversammlung als ungzüllig betrachtet und gegen das Unternehmen den Wiedoraufbau des Vaterlandes zu storen und die Gefahr eines Bürgerkrieges heraufzubeschwören, schärfsfte Verwahrung eingelegt Die Zentrumsparteien haben sich bei dieser Beurteilung der Umisturz bewegung in Uebereinstimmung mit ihre rteifreunden im Lande und mit der überwiegenden Mehrheit des befunden. Nicht eine Augenblick ist das Zentrum von dieser Stelungnahme abgewichen. Wir halten jede Revolution, sie komm oder von links, Boden unter den Füßen. Zwischen den Kapp und

und den Führern der „Roten Armee“ besteht kein grundsätzl

schied. Beide laufen auf die Zerstörung der Rechtsordn ng h Hüben und drüben sind Menschenleben geopfert worden; die K. Schieber wollten eine Militärdiktatur, die Rote Armee will ei Diktatur des Proletariats; hüben wie drüben handelt es sich um ei Kasten⸗ und Klassenberrschaft, die mit der Demokratie genz und gar nicht vereinbar ist. Unwidersprochen ist geblieben, daß versucht word n ist, eine Vereinigung zwischen der Kapp⸗Regierung und den Unab hängigen herbeizuführen; es ist behauptet worden, daß Kapp mit Däumig verhandelt hat. (Abg. Adolf Hoffmann ruft: Schwindel! Er hat allerdings mit seiner Empfehlung einer kommunistischen Militärdiktatur keine Gegenliebe gefunden. Wie leichtsinnig sind die Kapp⸗Leute mit dem Eide umgesprungen! Auch wenn man von dem religiösen Moment beim Eide absieht, es bleibt doch das feierlich Treuegelöbnis bestehen. und auch mit diesem hat man es in den Tagen er Kapp⸗Regierung mehr als leicht genommen. Niemals ist auch o viel wie in diesen Tagen gelogen worden.

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1 Die Haltung der Unter staatssekretäre und der Beamtens haft überhaupt verdient volle Aner kennung. Es wird erzählt, daß Herr Kapp angesichts dieser klaren Stellungnahme der Beamten schon am Sonntag oder Montag zur Aufgabe seines Amtes sehr geneigt war. Mancke Beamte haben ja freilich auch das Treuegelöbnis gebrochen und den Empörern zugestimmt oder sich angeschloseen. Selbstverständlich muß gegen diese Beamten mit aller Enschiedenheit vorgegangen werden, das haben die Mehrheits⸗ parteien auch durch ihre Zustimmung zu dem bezüglichen Punkt der Vereinbarung mit den Gererkschaften ausgesprochen. Ich hoffe aber auch gleichfalls im Namen der Mehrheitsparteien zu sprechen, wenn ich erkläre, daß sie auch darin einig sind, daß keine Gesinnungsschnüffelei getrieben und keinem Beamten die gesetzmäßige Betätigung seiner politischen Ueberzeugung verwehrt wird. Ich verstehe micht recht, wie sozialistische Zeitungen und Versammlungen gleichzeitig nach strenger Bestrafung der Revolutionäre von rechts und nach Amnestie für die von links rufen. Auch ich unterscheide zwischen Verführern und Ver⸗ führten; aber gleiches Recht für alle! (Zurufe bei den Unabhänaigen Sozialdemokraten.) Die da im Westen noch die Waffen führen, sind derkappte Karpianer; die stehen Herrn Kapp viel näher alg einer an⸗ deren Partei. Als am Mittwoch die Kapp⸗Herrschaft gestürzt war, war auch der Generalstreik tatsächlich erledigt; am nächsten Tage aber er- klärten der Gewerkschaftsbund und die Afg, sie allein hätten darüber zu bestimmen, ob und wann der Genexalstreik für beendet zu Se sren ser. Unstreitig hat er mit zur schnellen Beendigung der Ka- haff 8 getragen, aber ich bestreite ganz entschieden, daß er allein Reses Fr- gebnis herbeigeführt hat. Mindestens ebenso groß ist der Anteil der Beamtenschaft. Was die neun Punkte betrifft, so muß man den ur⸗ sprünglichen Forderungen dasjenige gegenüberstellen, 19889 mar sich geeinigt hat. Im ersten Punkte wurde zuerst ein ents

fluß der Arbeitnehmerverbände auf die Gestaltung der e sowie auf die Neuregelung der wirtschaftlichen und sozialpolitischen Ge⸗

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Dieser Forderung, die offenbar im schärfsten Widerspruch mit der Verfassung stand, eine andere Form gewählt worden ist, welche diese Mitwirkung und

setzgebung gefordert. sti bgebung gesor konnten nwir nicht zustimmen. wir hätten sonst die Verfassung preisgegeben. Wir haben erreicht, daß diesen entscheidenden Einfluß auf die gegenwärtige Reaierungsbildung 8 h 1111“ 8