1920 / 69 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Apr 1920 18:00:01 GMT) scan diff

Durch einen Notenwechsel

Außerkrafttreten des Handels⸗ vertrags zwischen dem Deutschen Schweden vom 2 Mai 1911, der am 31.

Reich

daß, falls der Vertrog

tragschließenden Teile bis zum 30.

30 Junt d. J. gekürn digt sein sollte, bleiben wird

April d. J auf

Ueber die Lage im rheinisch See vae2wwr liegen folgende Meldungen elegropher büros“ vom 31. d. M. vor:

Die Lage im bedrohten Gebiet verschlechtert sich dauernd. Die den Vollzugsausschüssen gewinnen an kommt die Mitteilung, daß in Richtung In Duisburg hat sich die zugespitzt, der Rücflutende beseht und . In der Stadt nach wie vor die Wihfür einiger linkstommunistischer Stadt beim Zusammenbruch der Rolen Front mit Polizei und Ortswehr Ordnung selbst wieder her⸗ Am Sonnabend ist dort von der eine Million Mark aus der Reichsbant er tnommen

linksradikalen Glemente in Einfluß. Aus Dinslaken auf Wesel wieder gese ossen mwird. Lage nach einem Toelegramm an die Regierung so daß die Ordnung nur durch unverzügliches Reicht wehr wiederhergestellt werden kann. bewaffnete Mossen baben die Ausgänge der Stadt ea.r2⸗ mit Gewalt die Werke zum Stillstand.

Eingreifen

elbst herrscht nad ente. Die Hoffnung, in der zustellen, muß aufgegeben werden. „Roten Armee“ ein word n. Aus Essen wird gemeldet, daß auf dem Wege von Berlin

nach Essen 20 Millionen innerhalb des Aufruhrgebiets verloren ge⸗ 1 b 1 der Ei fluß der Urab⸗ ängigen im Vollzugtaut schuß gegenüber den Kommunisten zusehends

E sind. In Düsseldorf wird schwͤcher. Die Lage muß als sehr ernst angesehben werden.

im ganzen wesfälischen

wird nicht gestreikt. Dorsten ist nicht gelungen; schädigungen verursacht. Die Gef

es wurden nur unerbebliche Be⸗ angenen, die ie Rote Armee gemacht

hatte, sind zum Teil entlassen, doch befinder 44 roch in Essen 200,

im Bochumer und Remscheider Bezirk viele Gesangene in den Händen der Roten Armee. Bei dem Staatskommissar laufen Notschreie ein, die dus Einrücken des Militärs fordern. Gestern morgen 8 Uhr ist die „Union“ bei Dortmund zwangsweise stillgelegt verden Der Aktion sausschuß erpreßte von der Dortmunder Stadtverwaltung 50 Auslandspässe und 500 000 ℳ. In Recklin hausen wurden von den Privatbanken 46 000 erpreßt. n Buer erschien gestern eine Bande aus Essen mit 12 unterschriebenen Todes⸗ urteilen gegen die Führer der Mehrheitssozialisten und der Un⸗ abhängigen.

Einer Verlautbarung aus militärischer Quelle ist

folgendes zu entnehmen:

Bei Wesel geringe Gefechtstätigkeit. In Gahlen und Dorsten werden Brückenköpfe gehalten. Die Linie Haltern— Lüdinghausen Herbern wurde kampflos erreicht. Widerstand soll von den Bol⸗ schewisten erst in Herne beabsichtigt sein. Auf die dringenden Hilfe⸗

rufe des Bürgermeisters und Landrots von Hamm wurde die Stadt

von unseren Truppen befetzt. Ueberall, wo die Truppen bie her durch⸗ marschierten, war ihr Verhältnis zu allen Bevölterungskreisen vor⸗ zuͤglich. In Werl wurde das Gefängnis gestern nachmittag von den Spariakiften gestürmt und 50 Gefar gene in Freiheit besetzt. Heute ist die Stadt wierer frei vom Gegner. Im Kreise IJserloha . der Attionsausschuß Sprengmunttion und Sprer ggerät beich ne bmt. haftet worden. Funkentelegraͤphenverkehr eingerichtet haben schiebungen erleichtert besonders das gute eleftrische Bahnnetz im Industriegebiet. In vielen Städten des Industriegeblets wurden nach der gestrigen Aufforderung des Essener Zentralrats Teheitswillige vit der Waffe von der Arbeitsstelle Schanzarbeiten rder zum Eintritt in die bolschewistische Armee gezwungen. Plünderungen, Brandschatzungen und Crpressungen nehmen zu.

1 zwischen dem Auswärtigen Amt und der Köntglich schwedischen Gesandtschaft in Berlin ist das und Schiffahrts⸗ und März d. J. ab⸗ laufen „ollle, mit der Maß abe hinausgeschoben worden, nicht von einem der beiden hohen ver⸗ den er so lange in Kraft als er ncht von emem der beiden Teile unter Innehaltung einer Frist von 3 Monaten gekündigt worden ist.

„westfälischen des „Wolffschen

Industriebezirk herrscht Generalstreik. Nur im Hagener und Hammer Bezirk Die Sprengung der Eifenbahnbrücke bei

gerrieben und ve schredentlich zu

In Unna sind mehrere Reserveoffiziere als Geiseln ver⸗ 3 Die bolschewistische Armee soll neuerdings auch eines Nachtre ge s Ihre Truppenrer⸗ für 1919.

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Treuhänder unmittelbar zurückgezahlt werden, sobald er eine Einwilligungserkläru g der Versickerungsgesellschaft oder vLeren Quit ung über nachträgliche unmittelbare Zahlung der rück⸗ ständigen Pramien beibringt.

Die Kopitalertragsteuer, die bekanntlich schon von den vom 31. März 1920 ab fällig werdenden Kapitalerträgen (Zinsen aus festverzinslichen Wertpap eren, Schulobuchforde⸗ rungen, Hypotheken und onstigen Darlehen) zu entrichten ist, wird in der Weise gezahlt, daß der Schuldner 10 vH des Kapitalertrags für Rechnung des Glävybigers einbehält und an das sür ihn zuständige Firarzamt abführt. Das gilt nach einer vorlänfigen Vollzugsanweisung des Reiche finanzministers auch für die privaten Hyvotheten⸗ und sonstigen Darlehnszinsen. vn⸗ darüber erteilten Quittungen sind dem Gläubiger zuzu⸗ tellen.

Zuständig für die Einzahnumg der Steuer ist die Behörde, bei der der Schuldner bisher seine Staatssteuer (z. B. Ein⸗ kommensteuer) einzuzahlen hatte.

ypothekenunsen, die an Spwarkassen⸗, Lebens⸗, Kapital⸗ und Reutenversieherungsurternehmungen, unter Staatsaufsicht stehende Hypotbe ken⸗ und Schiffopfandbriefbanken, öffentlich rechtliche Kreditensalten, Kredugenossenschaften vnd an Banken und Bankiers gezahlt werden, sind ohne Sieuerabzug aus⸗ zuzahlen.

In allen übrigen 88 9 ist die Steuer abzuziehen, alfo auch da, wo Steuerbefreiungen vorgesehen sin d. In diesen Fällen muß der Gläubiger nachträglich Erstattung verlangen.

Die Büroräume des Reichskommissars für Ein⸗ und Ausfuhrbewilligungen und die allgemeinen Ab⸗ jeilungen dieser Behörde sind von dem Lüͤtzomwufer 8 nach der Tiegartenstraße 31 verlegt worden. Die Fachgruppen ver⸗ bleiben wie bisher in der Hiloebrandtstraße 25 und Lützow⸗ vfer 8, Eingang nunmehr Lützowufer 12, bis auf die Gruppe für Sammelanträge, die ebenfalls in der Tiergartenstraße untergebracht ist. 1X““

“““

Der Archivassistent Dr. Randt ist von Berlin an das Staatsarchiv in Breslau vertetzt worden.

Die Volluersammlung der revolutionären Be⸗ telebsräte in der Bötzowbraueret hat gestern laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbüros“ nach längeren Verhandlungen einstimmig eine Entschließung angenommen, in welcher der Generalstreit abgelehnt wird. Die Arbeiterschaft solle sich jedoch weiter in Alarmbereitschaft halten, um nötigenfalls ben bedrohten Brüdern im Ruhrgebiet durch den Generalstreik A1A1AAA2X*“

Preußische Laudesversammlung. 1232. Sitzung vom 31. März 1920, Vormittags 11 Uhr.

lag⸗ (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)*)

Auf der Tagesordnung steht zunächst die zweite Beratung zum Staatshaushaltsplan Parin sind zur Angleichung an die Personal⸗ verhältnisse der außerpreußischen Staatsbahnen sowie zur Schaffung von Aufstiegmöglichkeiten für untere und mittlere Beamte Vermeyrvng des Personals und Schaffung von plan⸗ mäßigen Stellen vorgesehen.

Redner aller Parteien begrüßen freudi dußern jedoch noch einige behasger⸗ Wünsche

die Vorlage, ür verschiedene

Aus allen Teilen der Bevölkerung wird dauernd Peschleunigung Beamtenkategorien.

des Einmarsches gefordert, vor allem im Landkreise R cklinghausen, Lübinghaufen, Stadt Gelsentirchen, Werne und Horst⸗ Emscher.

Die gestern in Essen versamn.⸗elten Vertreter der Haupt⸗ verwalkung und der Bezirke des Gewerkvereins christ⸗ licher Bergarbeiter haben der Reichereglerung nachstehendes Telegramm übersandt:

Die heute versammelten Vertreter der Hauptverwaltung und Bezirlsvertreter des Gewerkvereins christlicher Bergarbeiter fordern im Namen der 100 000 Mitglieder des Vereins im Ruhrgebiet, daß die Regierung mit aller Entschiedenheit für Brechung der Pöbel⸗ herrscheft und Schaffung von Ruhe und Ordnung in Deutschlands größtem und wichtiestem Irdustriesebiet sorgt. So wie bisher kann es nicht weitergehen. Hunderttausende von Bergleuten und anderen Arbeitern werden von den Aufrührern von links mit Waffengewalt an der für unser Volk so notwendigen Arbeit gehindert, und Handel und Verkehr sind labmgelegt. Die Regierung muß ihre Machtmitfel jetzt entschieden ausnuützen, um wieder geordnete ind gesetz!iche Zustände herbeizuführen und den Arbeitern den not⸗ zendigen Schutz von Leben und Gesundheit zu verschaffen. Sie darf de Forderungen der Elementte, die eine Linkediktatur anstreben, nicht wezer entgegenkommen, insbefondere darf sie den Herrn General Watter jett zicht abberufen. Mit aller Entschiedenheit sordern wir, daß sich ie Zegierung und ihre Politik nicht von der Berliner Straße, sondern von den Bedürfnissen des deutschen Volkes leiten lassen.

Enem Aufiuf des Zent alrats zuso ge findet hente, Nach⸗ mittags 3 Uhr, in Essen eine Vollversammlung aller Vollzu geräte des Indnstriegebietes Rheinland⸗

estfalen statt, um zu beschließen, ob aunf Grund der Er⸗

klärung der Regserung und der rachgesolgten Verhandlungen

in Muͤnster der Generalstreik aufgehoben werden soll.

1

b

Minister der öffentlichen Arbeiten, Oeser: Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige Worte zu dieser Vorlage, die ver⸗ schiedenes enthält. Zunächst, wie ganz richtig hervorgehoben ist, eine Ausgleichung an die übrigen Eisenbahnländer in bezug auf die Zahl der Beamten. Nachdem von verschiedenen Ländern Nachtrags⸗ etats vorgelegt worden sind, durch die die preußische Beamtenschaft in Nachteil gekommen wären, würde es unerträglich gewesen sein, wären wir nicht dementsprechend vergegangen. (Sehr richtig!) Es ist außer⸗ ordentlich begrüßenswert, daß wir nun die Möglichkeit haben, eine Reihe von Hilfsbeamten in Beamtenstellen überzuführen. Ueber die Verteilung der verschiedenen neuen Stellen ist mit der Beamtenschaft verhandelt und ein vollständiges Einvernehmen darüber erzielt worden. (Bravo!l)

Ich gebe zu, daß noch verschiedene Wünsche übrig bleiben. Es wird hoffentlich der künftigen Reichseisenbahnverwaltung gelingen, diese Wünsche zu erfüllen.

Es ist aber mit der Vorlage noch ein anderes verbunden, von dem ich wünsche, daß es recht hervorgehoben wird. Das besteht darin, daß wir durch die neuen Eisenbahninspektoren nun das Binde⸗ glied zwischen der mittleren und der oberen Beamtenschaft geschaffen haben. Das, was ich seinerzeit dem hohen Hause versprochen habe, die Schaffung don Aufstiegmöglichkeiten in der Eisen⸗ bahnverwaltung, wird durch diese Vorlage im Zusammenhang mit einer Reihe weiterer Erlasse vorbereitet und durchgeführt. Wir haben für die unteren Beamten jetzt durch einen Erlaß vom 20. Februar 1920 die Möglichkeit geschaffen, daß sie in einem beschleunigten Aufstieg, unter der Voraussetzung der Tüchtigkeit und Fähigkeit, so rechtzeitig mittlere Beamte werden können, daß sie bei entfprechenden Fähigkeiten

Nach § 11 Abs. 4 der Anlage in Art. 303 des Friedens⸗ auch noch obere Beamte werden können. Wir haben durch die Eisen⸗

vge. von Ver’a lleg verträge mit G sell chasten die hinfällig geworden find, von Kriegsmaßnahmen konnte, dadurch wieder

können Lebens versicherungs⸗

weil die Prämienzahlung infolge Hün nae⸗, e. nicht erfolgen 2. Kra⸗ gesetzt weroen, da der Versicherte binnen 3 h. 8-- enfttraen des Friedensvertrags die verfallene Prämie uzüglich 5 vH Zinsen rachträglich au die Versicherungsgefell⸗ schaft be ahlt Wie „Woiffs Telegrapenbü’0“ mitteilt, haben diese Zahlu gen nach Auffassung der Reichsregierun 8 die bis zum 10. April 1920 geleistet sein müssen, vicht 8988 Artikel 296 Friedenevertra s vor⸗

Vermittlung der in d8

gesehenen Prüfungs⸗ und Ausgleichämter, so dern u mittelbar

an die in Betrocht kommenden Versicherun sgesellschaften zu

erfolgen.

1 Prämienbeträ Versicherten an den deutschen Treuhänder für das seindliche

Vermöͤgen gezahlt worden sind, werden

dem Versicherten vom laut

bahninspektorstellen dieselbe Möglichkeit für die mittlere Beamtenschaft

des ehemals feindlichen Auslandes, geschaffen, so daß also die Grenze zwischen unterer, mittlerer und oberer

Beamtenschaft nun praktisch in Wegfall kommt; jeder tüchtige Arbeiter oder Beamte erlangt die Möglichkeit, so weit zu steigen, wie es ihm auf Grund seiner Fähigkeiten möglich sein wird.

Damit das erreicht werden kann, ist es notwendig, auch das Fachschulwesen durchzubilden. Den Anfang damit haben wir bei den Werkschulen gemacht. Wir werden aber auf dem Gebiete weiter⸗ schreiten, um jedem einzelnen Beamten auch die Vorbildung zu schaffen, die er für sein Amt braucht. So haben wir ein zufammenhöängendes System des Aufstiegs, der Ausbildung und der Vorbildung geschaff und hoffen, damit weitergehende Zufriedenheit zu erreichen. (Bravo!)

Es ist notwendig, meine Damen und Herren, daß wir diese

ge, die während des Krieges von n Förderung des einzelnen durchführen, um in der künftigen Zeit, in der

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Fisenb hn räumlich eingeschränkt wird durch die Abtretungen, die uns im Friedensvertrag auferlegt sind, in der wir also voraussichtlich ein verhältnismäßig großes Beamtenheer haben, das Streben des einzelnen nicht einschlafen zu lassen, sondern zu fördern und zu stärken. Das erreichen wir durch diese Vorlage. Ich werde dem hohen Hause dankbar sein, wenn es mich auf dem eingeschlagenen Wege unterstützt. (Lebhafter Beifall.)

Die Vorlage wird in zweiter und sofort auch in dritter Lesung genehmigt.

Die vom Aeltestenrat vorgeschlagenen Gesetzentwürfe, be⸗ treffend die einstweilige Regelung der Staatshaus⸗ haltsaus gaben für das Rechnungsjahr 1920 (Ermäch⸗ tigung des Finanzministers zur Leistung aller Ausgaben, die zur Erhaltung gesetzlich bestehender Einrichtungen oder zur Durchführung gesetzlich beschlossener Maßnahmen und zur Erfüllung der rechtlich begründeten Verpflichtungen des Staates oder zur Fortsetzung bereits bewilligter Bauten be⸗ 81 sind) und betreffend die Aenderung des Ge⸗

ehes über die Gewährung einer Entschädi⸗ andie Mitgliederder Landesversamm⸗ ung werden in zweiter und dritter Lesung nach den Anträgen des Hauptausschusses ohne Erörterung verabschiedet. arauf setzt das Haus die Besprechung über die Erklärung der Staatsregierung fort.

Abg. Dr. Rosenfeld (U. Soz.). Es kam, wie es kommen mußte nach dem gangen Kurse der Regierung. Wie oft haben wir von dieser Stelle aus die Gegenrevolution vorausgesagt, wie oft gewarnt und darauf hingewiesen, daß die Regierung die Front gegen rechts zu nehmen hätte. Aber sie war blint gegen alle Warnungen. Unsere Parteifreunde wurden rücksichtslos in Schutzhaft genommen. Wie haben die Herren von der Mehrheit dem Minister Heine zugejubelt, wenn er seine berüchtigten Reden gegen die Unabhän igen hielt. Als es dann darauf ankam,. Truppen zum Schutz der Republik zur Verfügung zu haben, stellten sich alle Truppen auf die Gegenseite. Beze cknend ist, daß der Oberbürgermeister Dominicus in Scköneberg während der Tage der Kapp⸗Regierung von der Beamtenvereidigung absah im Hin⸗ blick auf die unsichere Lage; er meinte, wir haben augenblicklich eine neue Regierung. (Hört, hört! bei den U. Soz.) Erst recht hätte er die Vereidigung vornehmen müffen. Die monarchistiscken Elemente hätten schon längst ausgemerzt werden müssen. Alles was Kollege Limbertz gestern vorgetragen hat nach dieser Richtung hin, wird man unterschre ben können. Ihr Versuch (nach rechts gewendet), gestern hier als Ankläger aufzutreten. wo Sie Angeklagte sind und Ihre Verur⸗ teilung zu erwarten haben, ist bezeichnend. Der Kapp⸗Putsch hat die Einigkeit der Arbeiterschaft mächtig gefördert zum Kampf gegen die Reaktion. Unsere Streikparole ging sofort binaus und noch me ist von der Arbeiterschaft eine Parole so schnell befolgt worden, wie diese. Kollege Hergt meinte den Generalstreik als unmoralisch bezeichnen

sollen, einen Streik, der getragen war von dem Idealismus, vom

pfermut der Arbeiterschaft. Dr. von Krause erwähnte die Technische Notlälfe rühmend, die Millionenschäden angerichtet hat. Wo waren die preußischen Minister? Am 139 Ja⸗ mar, als auf friedliche Arbeiter am Reichstag geschossen

wurde, waren sie da, aber am 13. März war keiner zu sehen. Mi⸗ nister Braun erklärte es für eine Dummheit, hierzubleiben und sich verhaften zu lassen. Auch die von Heine besonders organisierte Sicher⸗ beitswehr erwies sich als untaugbich. Nach dem Sturz Kapp⸗Lüttwitz setzte sofort die ganze Reaktion ein. Wir erlebten die fürchterlichsten Erschießungen, den weißen Sehrecken, wie wir ihn aus Unaarn kennen. Mein Freund Klodt ist nur durch einen Zufall vor dem Er⸗ schießen bewahrt worden. In Cöpenick sind schaͤndliche Verbrechen begangen worden. Das Standrecht hat zahlreiche Opfer gefordert. Der Nationalversammlung ist eine Anfrage des Abgag. Fischer zuge⸗ gangen. „Ist der Reichsregierung bekannt, daß in der Sitzung des militärischen Standgerichts in Königswusterhausfen am 16. März d. J. der verhaftete Schlosser Franz Fischer aus Schenkendorf in Gegen⸗ wart der Standrichter oder sogar auf deren Befeh. zwecks Erpressung von Geständnissen von Soldaten auf den Tisch geworfen, von je zwei Soldaten an Händen und Füßen gehalten und dann mit Gummi⸗ üx mißhandelt und seine Schreie von einem unter dem Tisch poftierten Soldaten mit Faustscklägen gegen das Knie zum Schweigen zu bringen versucht worden ist? Ist ihr weiter bekannt, daß diese Prozerur nach jeder Weigerung mit dem Befehl: „251“ „5012 solange wiederholt worden ist, bis der Gefangene nack 200 Hieben alb bewußt os und ohnmächtig „gestand“? Auf Grund dieser „Ge⸗ öndnisse“ wurde der solckermaßen Gefolterte zum Tode verurteilt, obgleich sogar der ihm gestellte Offizialverte diger mangels jeglicher Beweise die Freisprechung beantragt khatte. Vor der Gerichtssaaltür wurde der Verurteilte von dort befindlichen So daten wertergeprügelt, nachdem er schon beim ersten Verhör um Mitternacht gleichfalls in Gegemwart der verhörenden Offipere, ebenfalls mit Gummiknüppeln die ersten 100 Hebe erhalten hatte und dann zu den übrigen Ge⸗ fangenen in den von Schmutz starrenden Keller geworfen worden war. Auch die anderen 6 zum Tode Verurteilten sollen mißhandelt worden sein. Ist die Reichsregierung bereit, diese Standrichter ungesäumt ur Verantwertung zu zehben und ihre Namen bekannt zu geben? s sind Ostjuden verhaftet worden, Ausländer, die vielleicht vereinzelt irgendeine strafbare Handlung begangen haben mögen, aber gegen die in ihrer Gesamtheit nicht das Geringste vorliegt. (Widerspruch rechts.) Von den über 1000 in Wünsdorf iaternierten ausländischen Händlern, angeblich Ostjuden, sind im ganzen nur 40 als verdächtig übrig geblieben, davon fünf angebliche Bolschewisten. Von diesen 40 Personen werden die meisten auch noch zu entlassen sein. Die Enthaftung der großen Masse ist aber erst erfolgt, nach⸗ dem auf Veranlassung der Gewerkschaften eine Untersuchungskom⸗ mission nach dem Wünsdorfer Lager bgas worden war. Die Verhaftung war das Ergebnis der maßlosen antisemitischen Ver⸗ p durch die Deutschnationalen. Nicht militärische und polizei⸗ liche Gewaltmaßnahmen sind nötig, sondern positive aufbauende Für⸗ sorge mit Hilfe der jüdischen Arbeiterorganisation. Zwischen der Gegenrevolution ia Berlin und der in Budapest besteht engste Ver⸗ bindung. General v. Seeckt ist der Mann, der für alles das ver⸗ antworklich ist, wos in Berlin geschah; ein General, der sich unfähi erweist, die Juden zu schützen, lst unmöglich. Auch der Präsiden dieses Hauses, Herr Leinert, hat als Regierungskommissar in Han⸗ nover jede Rücksicht im Vorgehen gegen die Arbeiterschaft fehlen lassen. Mir liegen zwei von ihm erlassene Schutzhaftbefehle und ein Jusazhaftbefehl vor. Eine Regierung, die mit Gewalt arbeitet und im Ruhrrevier die Truppen marschieren läßt gegen Arbeiter, findet den geschlossenen Widerstand in der gesamten Arbeiterschaft. (Sehr wahr! b. d. U. Soz.) Wir verlangen Verhandlungen, und wenn sie gescheitert sind, neue Verhandlungen, immer wieder Ver⸗ handlungen. Vor allem verlangen wir die schleunigste Entfernun des Generals Watter, dessen reaktionäre Gesinnung außer .4,9. ist. Watter hat sich durch seine Ausführungsbestimmungen in Widerspruch mit den Erklärungen der Regierung gesetzt. Wir ver⸗ langen die Aufhebung der Standgerichte, die 209 im Ruhrgebiet Plüön und eine friedliche Verständigung mit den Arbeitern. Den olf 2 eng- hat die Regierung noch nicht ganz überwunden, der Kampf gegen den Bolschewismus ist ein Kampf gegen die organi⸗ sierte Arbeiterschaft. Wir haben eine rein sozialistische Regierung fordert, aber die Rechtssozialisten hatten nicht den Mut, eine solche egierung zu bilden. Unser Endziel ist die sozialistische Gesellschaft, und die sozialistische Regierung ist eine Etappe zu diesem Ziele. Wir waren bereit, mit den Rechtssozialisten zusammen eine Regierung zu bilden, aber Zentrums⸗ oder demokratische Arbeiter⸗ vertreter konnten wir nicht schlucken. (Heiterkeit. Abg. Weyl (u. Soz.): Sie sind ja unverdaulich!) Ob die Vereinbarungen mit den Gewerkschaften wirklich durchgeführt werden, wollen wir erst ab⸗ warten. Die Opfer des Kampfes sollen nicht vergeblich gefallen

hetzun

*) Mit Ausnahme der Reden der Herren Minister, die im Wort⸗ wiedergegeben werden.

sein. Wir werden die Regierung vorwärts treiben, soweit unsere Kräfte reichen, aber Vertrauen zu 5* Regierung konnen wir nferr

sitzen wollen, haben wir nicht gestellt.

platzte die Nachricht von dem Umsturz mitten hinein.

der Opposikion und führen den Klassen⸗ ampf weiter mit der Parole: Nieder mit dem Kapitaltsmus. (Beifall b. d. U. Soz.) 86

Damit schließt die Aussprache.

Persönlich bemerkt Abg. Dr. (D. V.): Die haltlosen Angriffe, die der Abg. Dr. Rosenfeld in künstlicher Erregung gegen die ilmersdorfer Einwohnerwehr gerichtet hat, weise ich ebenso urück wie die Unterstellung, daß ich antisemitischen Tendenzen bhbe Es ist mir gänzlich gleichgultig, welcher Konfession die Herren in der Grenadierstraße aagehören, mir liegt nur daran, daß die lästigen Ausländer möglichst schnell aus Deutschland abgeschafft werden.

Abg.Limbertz (Soz.): Dr. Rosenfeld hat von unseren Verhand⸗ lungen eine nicht ganz zutreffende Darstellung gegeben. Die Frage, ob die Unabhängigen Sozialdemokraten mit uns in einer Reglerung Die Unabhängigen Sozial⸗ demokraten wollten nur eine rein sozialistische Regierung und dachten sich die Sache so, . diese Regierung die auflöfen und - 5 Monate ohne Parlament regieren sollt

Abg. Dominicus (Dem.): Ich hatte zufällig am 13. März,

8 Vormittags 10 Uhr, einen Teil meiner Beamten zur Vornahme der

In die Versammlung Da schien es mir allerdings richtig, um nicht den einen oder anderen zu einer Unbesonnenheit zu verführen, diesen Termin in diesem Moment ab⸗ zusagen. Unmittelbar darauf habe ich mich auf unser Parteihaupt⸗ büro begeben und dert sofort den Aufruf verfaßt, in dem die demokratische Partei aufs klarste gegen Kapp Stellung genommen hat. Im ührigen habe ich meine Amtshandlungen vor der zu⸗ ständigen Instanz, der Schöneberger Stadtverordnetenversammlung,

zu verteidigen. Mehrheitsparteien beantraate Ver⸗

. Das von den 1 trauensvotum füc die neue Regierung wird hierauf

Vereidigung auf die Verfassung eingeladen.

ggegen die Stimmen der Deutschnationalen. der Deutschen

und der Unabhängigen Sozialdemokraten an⸗

Volkspartei genommen. Der Geschäftsordnungsausschuß

dem Antrag des Oberreichsanwalts

empfiehlt dem Hause, entsprechend, die Ge⸗

nehmigung zur Einleitung und Durchführung des Strafver⸗

ahrens sowie zur Verhaftung des Abgeordneten v. Kessel (D. Nat.) wegen Hochverrats zu erteilen

Berichterstatter Aba. Blank (Zentr.) führt aus, daß Herr von Kessel schon am Morgen des 13. März im Breslauer Oberpräsi⸗ dium sich den Beamten als Oberpräsident vorgestellt üat Amts⸗ rorgenommen hat. An diesem Moraen berert; sei in Breslau ein Flugblatt erschienen, das die Nachricht von der neuen Re⸗ gierung brachte und von dem Reichskanzler unterzeichnet war, in seinem zweiten Teile aber einen Aufruf an die Schlesier enthielt, der von dem Oberpräsidenten von Kessel und vom kommandterenden Ge⸗ neral Graf von Schmettow gezeichnet war. Von anderer Seite sei darauf hingewiesen worden, daß sich von Kessel selbst seines Mandats begeben habe, da er sich der Negierung Kapep angeschlossen habe, durch die doch die Nationalversammlung und die Preußische Landesversamm⸗ lung für gufgelöst erklärt worden sei; damit habe er den Schutz der Immunität verwirkt. Weiter sei auf die Fälle Gandorfer und Fich⸗ horn hingewiesen worden. Wenn auch in Deutschland und in Preußen man bezüglich der Immunilätsfrage der Abacordneten immer mehr zu der Ansicht ekommen sei, daß ein Abaeordneter in erster Linie die Wünsche und den Willen der Wähler zu vertreten habe und daran nur in schwerwievenden Ausnahmerällen behindert werden dürfe. wenn z. B. ein gemeines Perbrechen vorrege so liege im Falle Kapp und Genossen nach der Meinung der Ausschußmehrheit ein schweres gerbrechen am deutschen Volke vor, dessen Folaen noch unabsehbar seien. Das Eerechtigkeitsgefühl des deutschen Volkes würde es nicht verstehen, wenn die Underletzlichkeit der Abgeordneten schützend vor einen Miktäter wie Kapp und de aeö

trafverfolgung sei daher ausnahmsweise zu erteilen. Diesem An⸗ Ferß üols 8 eaelacusmaerganeiseng die Mehrheitsparteien gegen die äußerste Rechte und Linke zugestimmt.

Abg. Dr. Lüdicke (D. Nat.); Herr von Kessel hat durch Schreiben vom 13. März erklärt, daß er aus der deutschnationalen Parlei ausscheide. Wie der Berichterstatter sagte. bat sich Herr von Kessel dadurch des Schutzes der Abgeordnetenimmunität begeben, daß er sle selbst auf den Standpunkt gestellt hat, daß die Landesver⸗ sammlung aufgelöst würde. Das Mandat eines Abgeordneten kann aber nur dadurch verloren gehen, daß der zuständigen Behörde gegen⸗ über die Erklärung abgegeben wird. daß man aus dem Hause aus⸗ scheide. Wir meinen, daß die Immunität des Abgeordneten kein Vor⸗ recht sein soll, vieln ehr soll das Interesse des Parlaments an der Vollzäbligkeit seiner Mitglieder maßgebend sein. Ferner geht der Anspruch der Wähler auf Vertretung dem Rechte der Strafverfolgung vor. Es kommt auf die Art der Straftat und auf die besonderen Um⸗ stände an. (Sehr richlig! rechts.) Den Standpunkt der Sozial⸗ demokratie ersehen wir aus dem Antrage, der seitens der Abgeordneten Borgmann, Hirsch, Adolph Hoffmann usw. gestellt wurde, daß der Ab⸗ gecrdnete Liebkneckt aus der Haft, die er zu verbüßen hatte, entlassen würde. Der Abagcordnete Hirsch führte damals aus, daß da, wo es sich um die Wahrung der Rechte der Abgeordneten bandle, alle Par⸗ teigegenfätze fallen zu lassen wären und daß unter allen Umständen die Immunität gewahrt werden müsse, sogar, wenn es sich um Verbrecher handle. In der Nationalversammlung hat man sich auf den Stand⸗ punkt gestellt. daß die Immunität gewahrt werden soll. Man hat es abaelehnt, gegen den Unabhängigen Gandorfer aus Straubing einzu⸗ schreiten, obwohl die Beschuldigung des Hochverrats gegen ihn vor⸗ lag. Man sagte, es ist ein politisches Vergehen, desbalb muß die Immunität erhalten bleiben. Liebknecht hatte 1918 auf dem Pots⸗ domer Platz gerufen: „Nieder mit dem Kriege, nieder mit der Re⸗

ierung!“ Bei ihm wurde an der Immunität nicht festgehalten, trotz⸗

m man es bei Gandorfer getan hatte. (Unruhe, laute Zurufe.) Wir stehen auf dem Standpunkte, daß Gerechtigkeit die Grundlage des Staates ist. Die Behauptung des Oberreichsanwalts, daß v. Kessel an den Vereinbarungen teilgenommen habe, muß erst bewiesen werden. Das Abgeordnetenhaus ist nicht dazu da, dem Urteil vorzugreifen, aber der Oberreichsanwalt muß seine Anklage beweisen. Es handelt sich höchstens um Amternmoaßung, aber nicht um Hochverrat. Wir sind gegen den Antrag des Ausschusses und beantragen Zurückverweisung

an den Ausschuß.

Aba. Beyer (Zentr.): Aus dem Telegrammwechsel des Reichs⸗ ministers des Innern und Herrn von Kessel rechtfertigt sich die An⸗ nahme des Hochverrates im juristischen Sinne derart, daß man sagen kann, es liegt hier ein Sckulbeispiel von Hochverrat vor. (Sehr richtia!) Ich kenne Herrn von Kessel als einen sehr ernsthaften Po⸗ litiker und bin auch durch sein Vorgehen sehr überrascht worden. Wir meinen, daß die Immunitätsfrage ähnlich wie in Enaland behandelt werden muß, nämlich: daß nicht allein die Interessen der Wähler, ondern vor allem die Interessen des Vaterlandes zu berücksichtigen fond Im Hinblick auf die unsäglich traurigen Folgen des Kapp⸗ Putsckes auch für Schlesien sind wir daför, daß die Strafverfolgung des Abgeordneten von Kessel geboten ist und stimmen daber dem An⸗ trage, die Genehmigung zur Strafverfolgung zu erteilen, zu. (Beifall.)

Abg. Leid (U. Soz.): Die große Mehrheit des Volkes ist sich einig in der Verurteilung des Kapp⸗Unternehmens und seiner Urheber. Damit ist auch das Urteil über Herrn von Kessel gesprochen. Wir stehen in scharfem Gegensatz zu den politischen Anschauungen des Herrn von Kessel, das enthebt uns aber doch nicht der Pflicht, Fen⸗ objektiv die Sache zu prüfen. Die Telegramme des Herrn von Kessel zeigen, daß er der Ansicht war, es bestehe eine neue Regierung, daß er ihr Gefolgschaft leistete und daß er damit die Auflösung der Landesver⸗ sammlung anerkannte. Damit fühlte er sich nicht mehr als Ab⸗ geordneter. Er konnte sih nicht mehr auf seine Abgeordneten⸗ gualifikation berufen, er mußte vielmehr sein Mandat in die Hände seiner Wähler zurücklegen. Wenn er es nicht tat, so ist es eine Feig⸗

heit, sich jetzt hinter die Immunität zu verschanzen. Trotz alledem können wir dem Antrage der Kommission nicht zustimmen (hört! hört!), damit stellen wir uns nicht schützend vor Herrn von Kessel und seine Kumpane. er wird seinem Schicksal nicht entgehen.

Siering (Soz.): Wir nehmen den Antrag des Aus⸗ schusses an. Herr von Kessel hätte nicht nur aus seiner Fraktion aus⸗ scheiden, sondern sein Mandat niederlegen müssen. Er sollte sich so schnell wie möglich dem Richter stellen, um sich von dem gegen ihn er⸗ hobenen Vorwurf zu reinigen. Hochverräter gehören nicht unter uns. Alle Verbrecher müssen möglichst schnell dahin kommen, wohin sie ge⸗ hören, und die Unabhängigen dürfen nicht anfangen, einige Verbrecker davon auszunehmen, vor Abgeordneten dürfen wir da nicht Halt machen. Abg. Stendel (D. V.) (mit dem Zuruf von den U. Soz: Hochverräter! empfangen): Wiederholen Sie diesen Zuruf, den ich mir verbitte, so, daß ihn der Präsident auch hört, wenn Sie den Mut dazu haben. (Vizepräsident Porsch: Die Geschäftsführung habe ich in Händen!) Wir lehnen den Antrag des Ausschusses ab. Bisher war es Praxis, die Immunität unter allen Umständen zu wahren, so auch im Falle Gandorfer, Geyver und Eichhorn. Damals nahm die Mehr⸗ heitssozzaldemokratie einen anderen Standpunkt ein. Wir haben die Immunität nicht gewahrt nur in einigen Fällen, wo gemeine Verbrechen vorgelegen haben. (Na 1 Im Falle Liebknecht haben die Sozialdemokraten anders geurteilt als heute. (Zuruf: Und Sie?) Sie können doch nicht darauf fußen, wie wir uns verhalten haben. (Große Unruhe.) Wenn früher Fehler gemacht worden sind, so brauchen Sie sie doch nicht zu wiederholen. (Sehr richtig! rechts.) Wir schüͤtzen nicht Herrn von Kessel, sondern nur die Rechte seiner Wähler und messen nicht, wie Sie, mit zweierlei Maß.

Abg. Meyer⸗Frankfurt (Deom.): Bei der Immunität handelt es sich nicht um die Rechte eines einzelnen, sondern um diejenigen eines Parlaments, um das Recht zur Sicherung seiner Arbeit und zum Schutze der Verfassung. Bei Klebrnecht handelte es sich nicht um eine strafrechtliche Verfolgung, sondern um eine ehrengerichtliche. Dabei spielte in erster Linie eine Beleidigung des Zaren eine Rolle. (Zuruf: Entsetzlich! Heiterkeit.) Damals nahmen die Konsewativen eine andere Stellung ein. Würden wir eine ordnungsmäßige Verfolgung von Kessels nicht ermöglichen, so würde er den ordentlichen Gerichten für immer entzogen werden. Das wäre eine Verletzung des Rechts⸗ empfindens des Volkes und keine Konzession an die Straße.

Abg. Adolph Hoffmann (U. Scz.): Entweder gibt es eine Immunität oder nicht, man kann sie nicht nach der Clle messen und nicht nach Gunst oder Ungunst verteilen. Das Interesse des Volkes geht dahin, daß seine Abgeordneten namentlich in politisch bewegten Zeiten geschützt werden, und in solchen leben wir doch. Erwischen wird ihn der Staatsanwalt sicher nicht. Weshalb wollen Sie da die Immwunität nicht wahren? Rühren Sie nicht daran, es ist nicht aller Toae Abend, und man kann sich später auf Ihre heutige Haltung berufen. m 9. November ist die Verfassung nicht ge⸗ brochen worden. Wir haben hier der Verfassung Treue geschworen und sie ihr auch zehalten, nur Wilhelm hat sie gebrochen und ist oeholländert. Abg. Stendel ist hiec in Hause gewesen, hat aber nicht an dem Aeltestene„aschuß teilgenonnene weil die Kape⸗Regicrung das Haus für aufzelöst erklärt hatte. Don ordentlichen Gerichten trauen zwrr zu, daß sie s lps. diese Hochverräter nicht so verurteilen, wie es

sich gehört. 1 1 8

Abg. Heilmann (Soz.): Me Präzedenzfälle beweisen für den Fall von Kessel nichts denn noch we hat ein Abgeordneter das Parla⸗ ment für aufgelöst erklärt, selbst Apgeordnete verhasset und lnter die Immunität versteckt. Das ist im Vowchehen rech, im feig. Ihm die Immun „uzubilligen, räre das Höchst⸗ maß der Gutmütigkeit. Nach dem d. ovember haben wir geradezu fanatisch alle Rechtsgavantien geschützt, kein Mensch in rer Welt hat es verstanden, daß den Hohenzollera auch noch Geld gegeben werden sollte. Aber nach diesem Mißbrart, unserer Geduld ist es gänzlich unmöglich, weiter auf diesem Pferde herumzureiten.

Damit schließt die Besprechung.

Persönlich bemerkt

Abg. Stendel (D. V.): 1 G 1 m sehen, ob in nerinem Schvand noch meine Flasche vorhanden sei.

Große Heiterkeit und Zurufe.) Ich habe sie vorgefunden. (Zuruf: Ere sie noch voll? Erneute Heiterkeit.) An dem Aeltestenrat haben

wir nicht teilgenommen, weil Abg. Dominicus mir fagte, er fände nicht statt. Als Abg. Adolph Hoffmann den Saal betreten wollte, wurde ihm die Tür zugehalten. (Widerspruch.)

Abg. Adolph Hoffmann (U. Soz.): Das letzte ist nicht gang richtig. Als ich den Saal betreten wollte, wurde drinnen gerufen:

sen⸗

Tür zu! Ich fragte: Von draußen oder von drinnen? Der Aeltesten⸗ rat fand nicht statt, weil es hieß, die Rechte telephoniere mit Kapp, ob der Aeltestenrat tagen könne. Die Antwort war, die Landes⸗ versammlung sei aufgelöst. Als ich dies dem draußen immer noch wartenden Herrn Stendel mitteilte, lief dieser schleunigst den Korri⸗ dor entlang, ich weiß nicht, ob zur Fraktionsberatung der Deutschen Volkspartei oder nach seiner Schnapsflasche. (Große Heiterkeit.)

Der Antrag der Deutschnationalen auf Zurückverweisung des Kommissionsantrages an den Ausschuß wird abaelehnt und derauf der Antrag des Ausschusses gegen die Stimmen der beiden Rechtsparteien und der Unabhängigen Sozialisten an⸗ genommen. (Zuruf bei den Unabhängigen: Kessel! wo bist Du?) Die dann folgende erste Beratung des Gesatzen wurfes, be⸗ treffend den Staatsvertrag zwischen Preußen und dem Reich über die Uebertraaung der preußischen Staatsbahnen auf das Reich, eröffnet der

Minister der öffenteichen Arbeiten Deser: Meine Damen und Herren! Ich glaube trotz der Geschäftslage des hohen Hauses dieser Vorlage einige Worte vorausschicken zu sollen wegen rhrer außerordentlichen Bedeutung und Tragweite. Man vauf vielleicht sagen, daß kaum je ein Parlament der Welt eine Vor⸗ lage zu beraten hatte, bei der es sich um so ungeheure Werte handelt, wie hier, Werte von 40 bis 43 Milliarden Mark! Es wird sich die Gelegenheit bieten, im Ausschuß über die Einzelheiten der Vor⸗ lage zu sprechen. Ich möchte heute nicht auf diese eingehen, glaube aber, Ihnen empfehlen zu sollen, der Vorlage trotz einiger Bedenken, die da und dort vorhanden sein mögen, Ihre Zustimmung zu geben. Nach meinem Dafürhalten handelt es sich hier, und zwar in erster Linie, um eine Verkehrsvorlage, um eine Vorlage, die dem künftigen Verkehr Deukschlands zu dienen hat, die dem Reich die Möglichkeit bieten soll, den gesamten Verkehr: Eisenbahnen, Wasser⸗ straßen, Kraftfahrwesen, Luftfabrwesen in eine Hand zu bekommen und nach einem einbeitlichen Plan und Willen zu verwalten.

Aber neben der Bedeutung in bezug auf den Verkehr ist die nationale Bedeutung der Vorlage hervorstechend. Meine Damen und Herren, um die Vereinheitlichung des deutschen Eisen⸗ bahnwesens ist lange und viel gekämpft worden. Es mag oft den Anschein erweckt haben, als wäre Preußen ein Gegner dieser Ver⸗ einhei klichung. Die geschichtliche Entwicklung besogt das Gegenteil. Als die ersten Eisenbabnen gebaut wurden, war es Preußen allerdings nicht möglich, eine Staatseisenbahn zu bauen, es war rechtlich unzu⸗ lässig, Anleiben aufzunehmen ohne die Zustimmung einer wichsstädti⸗ schen Vertretung, eine solche bestand aber nicht. Nach der Revolution von 1848, nach dem Erlaß einer Verfassung war dieser Grund weg⸗ gefallen, und Preußen hat dann frübzeitig Staatsbahnen gebaut. Als der Bismarcksche Plan entstand, Reichseisenbahnen zu schaffen, hat Preußen sich dem nicht versagt, sondern durch ein Gesetz von 1876 sich

1““

ich dann

Ick hin hier im H⸗mse gewesen, um

bereit erklärt, seine Eisenbahnen gegen Entschädigung an das Reich abzutreten. Der Widerstand lag schon damals nicht bei Preußen,

sondern bei anderen Ländern, speziell bei Württemberg, Sachsen und

Bayern.

Auch im weiteren Verlauf hat Preußen außergewöhnlich dazu

beigetragen, um einer Vereinheitlichung des deutschen Eisenbahnwesens 8

vorzuarbeiten. Ich erinnere an die vielen Beschlüsse und Maß⸗ nahmen in bezug auf Tarife, auf Verkehr und sonstige Einrichtungen, die der Vereinheitlichung dienen sollten. Preußen hat mit Hessen die Betriebsgemeinschaft abgeschlossen. Preußen war unter meinem Amts⸗ vorgänger Budde bereit, eine allgemeine deutsche Berriebsgemeinschaft berzustellen. Auch damals lag der Widerstand nicht bei Preußen. Nun, meine Damen und Herren, haben die Veränderungen in

politischer Beziehung den Gedanken der Vereinheitlichung des Eisen⸗ 3

bahmwesens zu einem zwingenden gemacht. Die Stellung Preußens

innerhalb Deutschlands ist heute andere als vor dem Kriege und während des Krieges.

Vor allen

Dingen aber haben der traurige Ausgang des Krieges und die mit

diesem Ausgang verbundenen Zerreißungsbestrebungen in Deutschland die Notwendigkeit ergeben, ein neues Band der Einigung herzustellen, das fest genug ist, um diesen Bestrebungen den Gegenpart zu bieten. Naturgemäß eignet sich der Verkehr dasz, die Eisenbahnen, Post, Bimnenschiffahrt, der Verkehr im allgemeinen ist das Mittel, das am geeignetsten erscheint, den Godanken der deutschen Einheit weiter⸗ zutragen. Denn in Dorf und Stadt, an jeden Bürger, an jede Bürgerin tritt der Verkehr als lebendiges Element heran und sagt ihm oder ühr, daß er im Namen des Reichs geführt wird.

Diese nationalen Gesichtspunkte sind meines Erachtens jetzt die wesentlichen in der Vorlage, zu denen dann die fnüheren Gedanken der Verkehrsvereinheiklichung treten. Man darf zugeben daß unter den heutigen Umständen eine Reihe dieser Gedanken mehr oder weniger zurücktritt. Hat man sich früher von einer einheitlichen Führung des Verkehrs außergewöhnliche Ersparnisse versprochen, so ist der Gedanke unter den heutigen Verhältnissen nicht mehr tragbar. Denn wir werden jetzt durch die Verreichlichung der Eisenbahnen kaum erhebliche Ersparnisse erzielen können, wenn auch Ersparnisse kleinerer Art durch Wegfall von Kontrollen, von Uebergobearbeiten, also von Leerlauf⸗ arbeiten, noch möglich sein mögen. Aber im großen und ganzen liegt auf dem Gebiete die Möglichkeit erheblicher Ersparungen zunächst nicht vor. Die einheitliche Betriebsführung ist auch heute schon in wesentlichen Stücken durch die oberste Betriebsleitung vorhanden, die in meinem Ministerium sitzt und in der Vertreter aller übrigen Staatseisenbahnen mitwirken.

Einen wesentlichen Punkt, der für die Vereinheitlichung sprichtz erblicke ich allerdings auf dem Gebiete der Verkehrspolitik. Hier wird es möglich sein, Schwierigkeiten und Hemmungen zu be⸗ seitigen, die früher vielfach verärgernd und belästigend empfunden wurden. Solange jede Staatsbohnverwaltung das Bestreben hatte, aus finanziellen Gründen den Verkehr auch unter Umgehungen und sonstigen Schwierigkeiten an sich zu reißen, war eine Mißstimmung bei den dadurck betroffenen übrigen Verwaltungen unvermeidlich. Wenn erum die Eisernbahnverwaltung auf gemeinsame Rechmung geführt wird, so fällt jeder Anreiz zum Wettbewerb fort und der Verkehr kann aus⸗ schließlich nach verkehrspolitischen und wirtschaftlichen Gründen ge⸗ leitet werden. Das ist zweifellos ein enormer Fortschritt.

Hinzu kommt, daß der Verkehr seiner Natur nach nicht an den Grenzen haltmacht, sondern über die Grenzen hinausdringt, daß also ein Land, ob es will oder nicht, durch den Verkehr des Nachbar⸗ landes mitbeeinfußt wird; die einheitlich geführte Verkehrspolitik, zumal wenn sie die Möglichkeit hat, alle Verkehrsmittel in dieser Einheitlichkeit zu verwenden, übt ihren Einfluß auch auf die Nach⸗ barländer aus. Je diese Verkehrspolitik ist, je fester sie ihre Ziele ins Auge faßt, um so mehr wird auf dem Wege der Ver⸗ einheitlichung des Verkehrs der politische Einfluß nach außen wieder wachsen. Wir können vielleicht durch diese Vereinheitlichung des Verkehrswesens etwas von dem Einfluß zurückgewinnen, den wir durch den unglücklichen Krieg verloren haben.

Notwendig dafür, meine Damen und Herren, ist aber, daß der

Verkehr so schnell wie möglich wieder sein normales Aussehen be⸗

kommt, daß die enormen Schwierigkeiten, die aus der gegenwärtigen Zeit folgen, überwunden werden. Denn das Land, das seine Eisen⸗ bahnen zuerft wieder in Ordnung hat, wird den meisten Einfluß auf das Ausland ausüben können. Wir bemerken das schon alle Tage, indem unausgesetzt Anträge wegen Uebernahme von Durch⸗ fuhrverkehr an uns herantreten, die wir zum Teil nicht übernehmen können, weil es der Zustand des Betriebes noch nicht gestattet. Man kann aber sagen: so unglück ich die Lage Deutschlands in bezug auf die Verteidigung seiner Grenzen ist, so günstig ist sie in bezug auf den Verkehr. Deutschland ist das Herz Europas. Es gibt kaum einen Verkehr, der nicht in irgend einer Weise von Deutschland aus beeinflußt werden kann, der nicht in irgend einer Weise deutsches Gebiet beschreiten, überschreiten muß. Da liegen also die Keime für eine künftige Verkehrspolitik eingeschlossen, die von außerordent⸗ licher Bedeutung für die Zukunft werden können.

Notwendig dafür ist neben der Wiederherstellung eines aus⸗ reichenden Betriebes natürlich, daß das Verkehrswesen so modern und so beweglich wie möglich gestaltet wird, damit es volkstümlich wird und nicht nur im Inland werbend auftreten kann, sondern auch werbend im Ausland.

Daß die Vorlagejetztkommt, während sie nach der Ver⸗ fassung erst für 1921 in Aussicht genommen wurde, hat Gründe, die Sie im wesent ichen kennen. Die Fehlbeträge der einzelnen Länder sind so erheblich geworden, daß diese sie kaum tragen können und also die Neigung haben, sie abzubürden. Dazu kommt die ständige Unruhe, die eine Uebergangszeit mit sich bringt, die heute schon so ist. daß man die Uebergabezeit nach Möglichkeit abkürzen muß. Ferner spricht dafür die Besoldungsvorlage, die der Wunsch der Beamtenschaft, auf einheitliche Grundlage gestellt zu werden, rechtfertigt, und schließlich der Verlust der Steuerhoheit, der es den Eisenbahnländern unmöglich macht, Fehlbeträge auf die Besteuerung zu übernehmen. In der Reichsverfassung war als spätester Termin der 1. April 1921 vor⸗ geschrieben. Der Vertrag sollte bis zum 1. Oktober 1920 geschlossen werden. Wenn an diesem Tage keine Einigung erzielt sei, sollten Zwangsmaßnahmen eingeleitet werden. d. h. die Entscheidung würde dann den einzelnen Ländern aus der Hand genommen. Nachdem nun der Zeitpunkt der Verreichlichung vorgerückt worden ist, entfallen die in der Verfassung vorgesehenen Machtmittel des Reiches. Das Reich war darauf angewiesen, sich in einem freien Vertrag die Ueber⸗

verfassungsmäßig und politisch eine