1920 / 69 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Apr 1920 18:00:01 GMT) scan diff

nahme auszubedingen. Dadurch ist in gewisser Hinsicht die Lage des Reichs schwieriger, die der Länder eeichter geworden. Trotzdem ist es zu begrüßen, daß dieser Weg gegangen wurde. Denn wenn die Ver⸗ reichlichung der Grundidee nach eine Verstärkung des Einheitsbewußt⸗ seins des Reichs sein soll, dann war es notwendig, daß die Länder freiwillig zustimmten und nicht zur Zustimmung gezwungen werden, weil sonst leicht ein Stachel zurückbleiben konnte, der politisch höchst unenwünscht wäre.

Nun hat sich das Reich auf dieser Basis dazu verstehen müssen, eine Reihe von Vorbehalten der einzelnen Länder anzunehmen, die man im Sinne der Reichsverfassung und im Sinne der vollen Ver⸗ einheitlichung des Verkehrs lieber nicht gesehen hätte. Aber auch hier sprechen politische Gründe von großer Bedeutung dafür, sich diesen Beschlüssen anzuschließen, weil sie nach meinem Dafürhalten durchaus erträglich sind und weir der politische Effekt der Vorlage dadurch in erweitertem Maße erreicht wird, daß hier eben eine volle Einheit aller beteiligten Länder herbeigeführt werden konnte.

Die finanzielle Frage ist, wie man anerkennen muß, vom Reiche mit einer gewissen Großzügigkeit gelöst worden. Es hat langer Verhandlungen bedurft, wobei insbesondere die außerordentlich komplizierte Frage hineinspielte, ob die Eisenbahnen nur auf Grund der heutigen Währung zu entschädigen sind, oder ob die Goldwährung dabei durchschlagend sein soll. Es hat sich im Verlauf der Verhand⸗ lungen ergeben, daß dieser Unterschied um so weniger gemacht werden könne, als es sich hier ja sozusagen um eine Familiengründung handelt. Die Länder, die ihren Eisenbahnbesitz hergeben, bleiben doch auch ihre Anteilhaber, weil die Landesgebiete mit den Eisenbahnen verknüpft bleiben und es sehr wesentlich ist, daß die Reichseisenbahnen künftig in ührer Tarifgestaltung und in ihrer Verkehrspolitik nicht zu sehr be⸗ lastet werden. Der Gesamtübernahmepreis wird sich auf ungefähr 40 bis 43 Mälliarden Mark belaufen; für Preußen berechnet er sich auf etwa 30 Milliarden, es kann etwas mehr oder weniger werden, da ja der Stand vom 1. April abzhlwarten ist.

Unser Standpunkt war selbstverständlich derjenige, daß Preußen unter keinen Umständen schlechter gestellt werden darf, als die übrigen Zänder, und daß die zu findende Regelung dem Intevesse der ver⸗ schierdenen Länder gerecht werden muß.

So hoch die Kapitalisierung der Eisenbahnen erscheint, so muß man dabei in Betracht ziehen, daß eine Reihe von Posten voraus⸗ sichtlich abzuscheiden sind. Ich möchte das insofern hier erwähnen, damit nicht ein falscher Eindruck sich festsetzt. Es ist sebstverständlich, daß für das nach dem Waffenstillstand abzutretende rollende Material amn Lokomotiven das Reich aus allgemeinen Mitteln Entschädigung zu leisten, d. h. Lokomotiven und Wagen dafür zu beschaffen hat, so daß die Eisenbahn damit nicht dauernd belastet wird. Es ist weiterhin selbstverständlich, daß die Eisenbahnanlagen in den abgetretenen Ge⸗ bieten auf den gleichen allgemeinen Reichsfonds zu übernehmen sind, also ebenfalls nicht der Eisenbahnschuld anheimfallen. Die vor⸗ handenen Fehlbeträge werden voraussichtlich in der gleichen Weise als Kriegsschulden vom Reiche abzudecken sein, so daß das Anlagekapital und damit die Reichseisenbahnschuld sich dadurch entsprechend ver⸗ mundert.

Wesentlich ist auch die Verzinsung, die zum Teil 4 %, zum Teil 4,5 % beträgt. Im Hinblick auf die großen Summen, um die es sich hier handelt, kann man der Meinung sein, daß die Verzinsung für die künftigen Eisenbahnen die ja als selbständiges wirtschaftliches Unternehmen zu führen sind recht bedeutend werden muß. Berücksichtigt man aber die Ausweitung, die die Etats der verschiedenen Länder erfahren haben, dann wird der Anteil der Verzinsung an den Einnahmen nicht größer, sondern geringer. Im Jahre 1880 hatten die preußischen Eisenbahnen eine Einnahme von 350 Millionen Mark, 1913 von 2757 Millionen Mark, 1920 rechnen wir mit einer Einnahme von 10 967 Millionen Mark. Berechnet man die Verzinsung des Anlagekapitals aller deutschen Eisenbahnen im Jahre 1913 mit 4 *%, so beträgt der Anteil an den Einnahmen 21,4 %. Im laufenden Jahre wird der Anteil nur 10,6 % betragen. Also relativ steigt die Verzinsung nicht, sondern sie sinkt trotz ihrer obsoluten Höhe.

Was die Ablösung des Verkaufspreises anbelangt.

Dinge nur gelöst werden könnte. Es tritt eine vollständige Ent⸗ astung der Länder mit Eisenbahnhesitz von den Schulden oder dem Schuldendienst ein. Das Reich übernimmt die Schulden der Länder nmittelbar oder verzinst sie; es bleibt also den Ländern unbenom⸗ men, ihrerseits die Verzinsung vom Reich entgegenzunehmen und sie an ihre Gläubiger weiterzugeben, in welchem Falle also das Land subsidiär für die Zinsen haftbar bleibt.

Es war ungangbar, meine Damen und Herren, die Eisenbahn⸗ schulden unter Ausgabe neuer Schuldtitel etwa zurückzuzahlen. Das würde eine derartige Bewegung auf dem Kapitalmarkt hervorgerufen haben, daß sie unter den heutigen Umständen absolut unerträglich gewesen wäre. So schien es richtig, daß man in die bestehenden Verhältnisse möglichst wenig eingreift, sondern es dem Reich über⸗ läßt, nun Verzinsung und Tilgung der Eisenbahnschulden zu über⸗ nehmen, wobei also die weitere Sicherung für die Staatsgläubiger gegeben werden kann, daß das Land sagte ich behalte meine Schulden, nehme nur die Verzinsung entgegen und gebe sie weiter. Die Sicherung der Zinsen und Tilgung erfolgt durch die Rohüberschüsse der künftigen Reichseisenbahnen. In dem Falle, wo ein Rohüber⸗ schuß nicht vorhanden ist oder nicht ausreicht, bleibt das Reich natürlich haftbar und muß aus anderen Einnahmen die Verzinsung und Tilgung laästen. Es ist auf diesem Wege ermöglicht, die Gläu⸗ biger so sicher zu stellen, als daz nach Lage der Dinge nur sein kann.

Meine Damen und Herren, in bezug auf die Organisation wird zwischen dem Uebergangsstadium und dem künftigen Stadium unterschieden werden müssen. Für den Uebergang ist der Grundsatz aufgestellt worden, daß so wenig wie möglich in die gegenwärtige Organisation einzugreifen ist, daß man nicht den an und für sich schwierigen Zeitpunkt des Uebergangs, der sich ja nun mit einer starken Hast vollziehen wird, noch dadurch kompliziert, daß man nun das gesamte Eisenbahnwesen auf eine neue Grundlage zu stellen versucht. Dagegen besteht Einstimmig⸗ keit darüber, daß eine gewisse Umorganisation unter allen Umständen erforderlich ist, daß sie aber erst in einem weiteren Beitpunkt vorgenommen werden kann. Dann werden auch die Erfahrungen aus dem Zusammenwirken der verschiedenen Eisenbahnsysteme, die wir in Deutschland hatten, vorliagen, und man wird aus allem das Baste zu nehmen vermögen.

In bezug auf die Verhä tniffe der Personale ist eine Einigung mit deren Vertretung in den Verhandlungen herbeigeführt worden.

Der Einfluß des Reichsverkehrsministeriums ist dadurch sichergestellt, daß es den Haushalt aufstellt, die Haushalts⸗

mittel verteilt, daß es die Vertretung dem Reichsrat, der National⸗ versammlung und dem Kabinett gegenüber besitzt, daß es eine durch⸗ greifende Anordnungsbefugnis hat und daß die Verkehrspolitik, die oberste Verkehrsleitung in den Händen des künftigen Reichsverkehrs⸗ ministeriums liegt. Unter der Verkehrspolitik ist selbstverständlich auch die Tarifhobeit zu verstehen; denn es wäre ja ausgeschlossen, daß das Reich die Eisenbahnen übernimmt, ohne nicht zugleich die volle Tarifhoheit auszuüben.

Ich möchte es bei diesen Ausführungen belassen, um das Haus nicht länger aufzhalten. Ich hoffe, wir werden im Ausschuß zu einer Einigung über die Vorlage kommen. Es lag mir nur daran, Sie auf die große Bedeutung hinzuweisen, und da bitte ich Sie um eins, meine Damen und Herren: beurteilen Sie die Vorlage nicht aus der Stunde heraus: Sie würden vielkeicht ein ganz falsches Bild der Be⸗ deutung und der Tragweite erhalten, wenn Sie aus der heutigen Sach⸗ Stunde heraus; Sie würden vielleicht ein ganz falsches Bild der Be⸗ sie als eines der großen Mittel auffassen, die geplant sind zum Wieder⸗ aufbau Deutschlands. (Sehr richtig! bei den Demokraten.) Sie haben hier ein Stück des neuen Deutschlands. und Sie haben hier vor allen Dingen ein kräftiges Mittel, die deutsche Einheit so fest zu verankern, daß ihre Antastung in Zukunft unmöglich sein wird. (Sehr gut! bei den Demokraten.) Ich bitte von diesem großen Gesichtspunkt aus an die Vorlage heranzutreten. (Lebhofter Beifall.)

Abg. Frentzel (Dem.): Die nationale Bedeutung dieses Unternehmens erkennen auch wir an; der Reichsgedanke wird dadurch estärkt. Es ist das größte wirtschaftliche Unternehmen des Reiches.

ch begrüße es, daß auch die Beamtenfragen in dem Staatsvertrage efriedigend gelöst worden sind. Ich beantrage die Weiterberatung dieser Vorlage im Haushaltsausschuß, damit nach den Osterferien die Vorlage schnell und gründlich in diesem Hause behandelt werden kann. Ich wünsche, daß der neue Finanzminister sich den Grundsatz, daß der Betrieb sich selbst erbalten muß, sich ebenso zu eigen macht wie der frühere Finanzminister. Die Zentralisation soll 4 grenzt sein, d. h. nur insoweit erfolgen, als sie unbedingt geboten ist; das ist wohl so zu verstehen, wie es zweckmäßig und wirtschaftlich vorteilhaft ist. (Beifall.)

Abg. Dr. Seelmann (D. Nat.): Nach zwanzig Jahren werden vielleicht manche Gegenden des preußischen Staates mit einem Ge⸗ fühl von Dankbarkeit an die Zeit zurückdenken, wo Preußen noch Inhaber seiner Eisenbahnen war. Ich fürchte, daß Preußen keinen eenügenden Einfluß auf die Tarife haben wird. Die Staaten ver⸗ ieren ihre Stellung als größere Bauherren.

Die Vorlage wird dem Haushaltsausschuß überwiesen.

Präsident Leinert erbittet und erhält die Ermächtiguna,

die nächste Sitzung und Tagesordnung festzusetzen, die wahr⸗ scheinlich am 20. oder 27. April stattfinden wird.

Schluß 492འUhr.

Parlamentarische Nachrichten. Entwurf eines Reichsausgleichsgesetzes.

Der Deutschen Nationalversammlung ist nach Zustimmung des Reichsrats der nachstehend abgedruckte T“ zur Beschlußfassung zugegangen:

Die verfassunggebende Deutsche Nationalversammlung hat das folgende Gesetz beschlossen, das mit Zustimmung des Reichsrats hier⸗ mit verkündet wird: 8

Reichsausgleichsgesetz. Uebersicht über die Abschnitte: I. Das Reichzausgleichsamt 1 bis 8). öb11“ II. Abwicklung von Geldverbindlichkerten im Prüfungs⸗ und Aus⸗ gleichsrerfahren (§§ 9 bis 43).

1. Allgemeine Vorschriften (§§ 9 bis 16),

3. Anmeldung und Feststellung der auszugleichenden For⸗ derungen und Schulden (§§ 17 bis 23), 3. Abrechnung des Reichsausgleichsamts gegenüber deutschen

Gläubigern und Schuldnern (§§ 24 bis 43).

III. Mitwirkung des Reichsausgleichsamts bei anderweitiger Fteeing von Geldverbindlichkeiten (§§ 44 bis 50). IV. Rechtsmittel gegen die Anordnungen und Entscheidungen des

Reichsausgleichsamts (5§ 51 bis 189 V. Aufhebung und Abanderung von Verträgen über Zahlung in

ausländischer Währung oder Lieferung ausländischer Zahlungs⸗

mittel (§§ 55 bis 57).

VI. Beteiligung Dritter am Verfahren vor dem Reichsausgleichs⸗ amte, dem Reichswirtschafbsgericht und den Schiedsgerichten

G8 58 bis 61). VII. Strafbestimmungen (§§ 62 bis 65). 8 VIII. Schlußvorschriften (§§ 66, 67). 6 I. Das Reichsausgleichsamt.

Unter der Bezeichnung „Reichsgusgleichsamt“ wird ein Prü⸗ fungs⸗ und Ausgleichsamt mit dem Sitze in Berlin errichtet. .

Der Reichsminister für Wiederaufbau kann im Benehmen mit den Regierungen der beteiligten Länder an anderen Orten Zweig⸗ stellen errichten.

An der Spitze des Reichsausgleichsamts steht ein Präsident, der vom Reichspräsidenten ernannt wird.

Der Reichsminister für Wiederaufbau en im Rahmen der Vorschriften des Friedensvertrags und dieses Gesetzes Bestimmungen über die Verfassung und das Verfahren des Reichsausgleichsamts.

§ 3. Bei der Hauptstelle sowie bei jeder Hweücse des Reichs⸗ 9

ausgleichsamts wird aus Vertretern der von zurchführung dieses

Pe betroffenen Gläubiger und Schuldner ein Beirat gebildet. Der Beirat der Hauptstelle wird von dem Präsidenten des

Reichsausgleichsamts einberufen und tagt unter seinem Vorsitz. Bei

den übrigen Beiräten trätt an die Stelle des Präsidenten der Leiter

der zuständigen Zweigstelle.

Die Beiräte haben folgende Aufgaben:

a) Gutachten für das Amt oder die Zweigstelle zu erstatten;

b) engere Fasschüsse an bilden, die der Hauptstelle oder einer eb bei ihrer laufenden Tätigkeit beratend zur Seite stehen;

c) fer. die Spruchstellen des Amtes 4) Beisitzer vorzu⸗

agen.

Der Reichsminister für Wiederaufbau bestimmt die Organi⸗ ationen, die Vertreter in die Beiräte senden, und die Zahl der auf ie entfallenden Vertveter; er kann Bestimmungen über die Ge⸗ chäftsordnung der Beiräte fen.

„Bei der Bildung der Aus I und bei Vorschlägen von Bei⸗ 829. r die Spruchstellen sind die Beiräte nicht auf ihre Mit⸗ glieder beschränkt.

§ 4. Bei dem Reichsausgleichsamte werden

ruchstellen errichtet,

die in der Besetzung von drei Mitgliedern na entscheiden. In jeder Spruchstelle führt ein von dem Reichsminister

Stimmenmehrheit

39 Wiederaufbau beauftragtes Mitglied des Amtes, das die Be⸗ ühigung zum Richteramt oder 1 höheren Verwaltungsdienst be⸗ sitzen muß, den Vorsitz. Als Beisitzer beruft der Praͤsident des Reichsausgleichsamts Angehörige der beteiligten Wirtschaftskreise nach Anhörung des Beirats.

„Die Spruchstellen entscheiden in den ihnen durch dieses Gesetz übertragenen Angelegenheiten. Weitere Aufgaben können ihnen durch den Reichsminister für Wiederaufbau zugewiesen werden. Die Anordnungen und Ent cheidungen der Spruchstellen gelten im Sinne dieses Gesetzes als Anordnungen und Entscheidungen des Reichsausgleichsamts.

Anordnungen und Entscheidungen der Spruchstellen, die nicht lediglich das Verfahren betreffen, sind dem Präsidenten des Reichs⸗ ausgleichsamts zuzustellen. Die Zustellung kann auch durch Vor⸗ legung der Akten erfolgen; in diesem Falle ist der Taeßg des Ein⸗ gangs der Akten auf der Urschrift der Anordnung oder Entscheidung zu vermerken.

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§ 5.

Die Mitglieder der Beiräte und die Beisitzer der Spruchstellen sind verpflichtet, über die durch ihre Tätigkeit zu ihrer Kenntnis gelangenden Verhältnisse Verschwiegenheit zu eobachten, soweit ihnen nicht kraft Gesetzes die Erteilung von Auskünften an Be⸗ hörden obliegt. 3

Das gleiche gilt für die Beamten und Angestellten des Reichs⸗ ausgleichsamts, vorbehaltlich der dienstlichen II“ und der Anzeige von Gesetzwidrigkeiten.

§ 6.

„Die an dem Verfahren vor dem Reichsausgleichsamte Be⸗ teiligten sind verpflichtet, dem Amte jede von ihm erforderte Aus⸗ kunft zu erteilen und die von ihm bezeichneten Urkunden vorzulegen. Das Reichsausgleichsamt kann sie zur Erfüllung dieser Verpflichtung durch Androhung und Pstseßung von Ordnungsstrafen bis zur Hoßf von je zehntausend Mark anhalten. Die Strafandrohung und

estsetzung kann mehrfach erfolgen.

Urkunden über die während des Krieges vorgenommenen An⸗ meldungen deutscher Auslandsforderungen und des im Inland be⸗ findlichen Vermögens don Angehörigen feindlicher Staaten sind dem Reichsausgleichsamt auf Verlangen zum Zwecke der Einsichtnahme auszuhändigen. Das Reichsausgleichsamt kann von den mit der Ent⸗ gegennahme oder Bearbeitung dieser Anmeldungen befaßien Personen oder Stellen Auskunft verlangen.

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Das Reichsausgleichsamt kann von Amts wegen Beweis er⸗ heben, insbesondere Zeugen und Sachverständige eidlich vernehmen so⸗ wie Versicherungen an Cüides Statt emgegennehmen. Mit der Wahr⸗ nehmung dieser Befugnisse kann ein Milalied des Amtes beauftragt werden, das die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Ver⸗ waltungsdienste besitzt. . der Beweisaufnahme ist ein Schrift⸗ früher heranzutziehen, der durch Handschlag an Eides Statt zu treuer und gewissenhafter Führung seines Amtes verpflichtet wird.

Auf die Beweisaufnahme, insbesondere auf die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, finden die Vorschriften der Ziüvll⸗ og e anng entsprechende Anwendung. Ueber Beschwerden egen Entscheidungen im Beweisverfahren entscheidet, soweit sie urch einen beauftragten Beamten oder Angestellten getroffen sind, eine Spruchstelle des Reichsausgleichsamts endgültig.

Die Gerichte und Verwaltungsbehörden haben innerhalb ihrer Zuständigkeit dem Ersuchen des Reichsausgleichsamts um Amtshilfe u entsprechen. Auf die von den Gerichten zu leistende Rechtshilf⸗ seger die §§. 158 bis 162, § 165 Abs. 2, 8 166 des Gerichtsver⸗ assungsgesetzes entsprechende Anwendung.

1“

Für die Täligkeit des Reichsausgleichsamts werden Gebühren erhoben. Die näheren Bestimmungen werden vom Reichsminister für Wiederaufbau mit Zustimmung des Reichsrats erlassen.

Ein Teil der erhobenen Gebühren wird in einem besonderen en. demnen. der zum Ausgleich von Härten bestimmt ist, welche sich im Zusammenhange mit der Regelung der von diesem Gesetze betroffenen Verbindlichkeiten ergeben sollten.

Der Reichsminister für Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen Verfügung über diesen Fonds zu treffen.

II. Abwicklung von Geldverbindlichkeiten im Pvüfungs⸗und Ausgleichsverfahren, 1. Albgemeine Vorschriften. 8

t § 9. 8

Die Vorschriften des Abschnitts II dieses Gesetzes finden An⸗ wendung auf die im Artikel 296 Nr. 1 bis 4 und im Artikel 72 des Pesbefenme s bezeichneten Forderungen und Schulden Deutscher

oweit sie nach den Bestimmungen des Artikel 296 e und f durch 8

Vermittlung von Prüfungs⸗ und Ausgleichsämtern zu regeln sind.

Die keichsregierung kann, unter Zustimmung des Reichsrats und eines von der Nationalversammlung gewählten Ausschusses von

15 Mitgliedern, Bestimmungen darüber welche Rechtsver⸗ hältnisse unter Artikel 296 Nr. 1 bis 4 des riedensvertrags fallen. 10.

Der Reichsminister für Wiederaufbau hat im Reichs⸗Gesetz⸗

blatt bekanntzumachen, welche alliierten und assozijerten Staaten der

Regelung des Artikel 296 des Friedensvertrags und seiner Anla⸗ nach Maßgabe der Bestimmungen des Artikel 296 e beigetreten sind. Mit dem Ablauf des Tages der Bekanntmachung treten die Vor⸗ chriften des Abschnitts II dieses Gesetzes insoweit an die Stelle des

1 des Ausführungsgesetzes zum Friedensvertrage vom 31. August 1919 (Reichs⸗Gesetbl⸗ 5. 1530).

In der gleichen Weise ist welche alliierten und assoziierten Staaten nach Maßgabe der Bestimmungen des Artikel 296 f vereinbart haben, 8 die Regelung des Artikel 296 und seiner Anlage auf die im Gebiet eines Staaktes ansässigen An⸗ ehörigen des anderen Staates Anwendung finden soll. Auf die Ferteaunen und Schulden Deutscher gegenüber den durch diese Bereinbarung betroffenen Personen sinden mit dem Ablauf des Tages der Bekanntmachung die Vorschriften des Abschnitts II dieses Ge⸗ setzes mit der Maßgabe Anwendung, daß diese dersonen den Ange⸗ hörigen des Staates, in dessen Gebiete sie ansässig sind, gleichstehen.

§ 11.

In Ansehung der im § 9 Abs. 1 bezeichneten Forderu gen und Schulden Deuts er ist die Zahlung, die Fahkungzannabsse. die Aufrechnung, das Schuldanerkenntnis, der Erlaß sowie jeder andere auf die Schuldenregelung bezügliche Verkehr zwischen den Beteiligten verboten, es sei denn, daß der Verkehr durch Vermittlung oder mit Zustimmung des Reichsausgleichsamts erfolgt.

Die Forderungen und Schulden dürfen gerichtlich nicht geltend gemacht werden. Ein schwebendes gerichtliches Verfahren wird unterbrochen.

Ist ein nach Abs. 2 unterbrochener Rechtsstreit im Ausgleichs⸗ verfahren durch eine von einem Prüfungs⸗ und Ausgleichsamte be⸗ scheinigte Feniging oder Entscheidung in der Hauptsache erledigt, so kann 8c Partei zur Herbeiführung einer Entscheidung über die im gus eichsverfahren noch nicht abgegoltenen Kosten den Rechtsstreit ortsetzen.

Die in Abs. 1, 2 bezeichneten Beschränkungen treten, unbeschadet der im § 16 Abs. 2 und im § 23 der Anlage zu Artikel 296 des riedensvertrags enthaltenen Vorschriften, zuge Kraft, sobald dem läubiger die im § 25 der Anlage zu Artikel 296 des Friedensver⸗ trags vorgesehene Bescheinigung ieilt wird.

* 12. Die Zwangsvollstreckung wegen der im

9 Abs. 1 bezeichneten orderungen und Schulden ist unzulässig. A.

Eine bereits onnene

T ist einzustellen. Wollstreckungsmaßregeln, die nach

11. September 1919 erfolgt sind, sind aufzuheben (Fortsetzung in der Zweiten Weilage.)

Viederaufbau wird ermächtigt, im

Rechtsfolge zu enthalten.

zum Deut

No. 69.

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)

§ 13 Die Eröffnung des Konkursverfahrens wegen einer der im § 9 Abs. 1 bezeichneten Forderungen oder Schulden ist unzulässig. Wird oder ist eine solche Forderung oder Schuld in einem Konkurs⸗

verfahren angemeldet, so findet ihre Prüfung und Feststellung nicht

statt. Bei einer Verteilung ist ein der angemeldeten Höhe der Forderung oder Schuld entsprechender Anteil an der Teilungsmasse zurückzubehalten oder zu hinterlegen.

Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 3 findet auf Verteilungs⸗ verfahren anderer Art entsprechende Amwendung.

§ 14.

Die im § 12 Satz 1, 2 und im § 13 angeordneten Beschränkungen treten mit dem Zeirunkt außer Kraft, mit dem auf Grund des § 11 Abs. 4 dieses Gesetzes das Verbot der gerichtlichen Geltend⸗ machung der Forderung endet.

Im Falle der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen beginnt mit diesem Zeitpunkt der Lauf der im § 31 Abs. 2 des Ge⸗ setzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung be⸗ stimmten Frist.

9 15.

Forderungen, in Ansehung deren der Berechtigte oder eine andere Person in Ausführung einer ihr vom Berechtigten übertragenen Ver⸗ richtung einem der Verbote des § 11 wissentlich zuwidergehandelt hat, sind durch eine an den Berechtigten gerichtete Anordnung einer Spruch⸗ hühe des Reichsausgleichsamts auf das Reich zu übertragen. Vor der Anordnung soll der Berechtigte gehört werden.

Ein Anspruch auf Entschädigung für die enteignete Forderung steht dem Berechtigten nicht zu.

Hat lediglich eine vom Berechtigten bestellte Person einem der Verbote des § 11 wissentlich zuwidergehandelt, so finden die Vor⸗ schriften der Abs. 1, 2 keine Anwendung, wenn der Berechtigte bei der Auswahl der Person und, sofern er die Ausführung der Verrich⸗ tung zu leiten hat, bei der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorg⸗ falt beobachtet hat.

§ 16.

Soweit das Deutsche Reich im Ausgleichsverfahren eine an⸗ gemeldete Forderung gegen einen deutschen Schuldner befriedigt, geht die Forderung auf das Deutsche Reich über. Der Uebergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

d r

2. Anmeldung und Feststellungder auszugleichendeon

Forderungen und Schulden. 11

Deutsche haben ihre sämtlichen unter § 9 Abs. 1 fallenden Forde⸗ rungen bei dem Reichsausgleichsamt anzumelden.

Der Reichsminister für Wiederaufbau kann die Veorpflichtung zur Anmeldung auch auf die unter § 9 Abs. 1 fallenden Schulden Deutscher ausdehnen.

Die näheren Bestimmungen über Form, Inhalt und Zeitpunkt der Anmeldung werden vom Reichsminister für Wiederaufbau erlassen und im Reichs⸗Gesetzblatt bekanntgemacht. 3

1 § 18.

Auf Fornderungen, deren Anmeldung bei dem Reichsausgleichs⸗ amte nicht innerhalb der vom Reichsminister für Wiederaufbau be⸗ stimmten Frist erfolgt, finden die Vorschriften des § 15 Abs. 1 und 2

entsprechende Anwendung, es sei denn, daß weder der Gläubiger noch

eine anderve Person in Ausführung einer ihr vom Gläubiger über⸗

tragenen Verrichtung der Vorschrift des § 17 wissentlich zuwider⸗ gehandelt hat oder daß die Anmeldung nach Ablauf der Frist nach⸗

geholt worden ist, bevor die Forderung zur Kenntnis des Reichs⸗

Die Vorschriften des § 15 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung. § 19.

Erachtet das Reichsausgleichsamt in Ansehung ciner angemeldeten Forderung die Vorschriften des Abschnitts I1. dieses Gesetzes nicht für anwendbar oder die Rechtsverfolgung ohne weiteres für aussichtslos, so hat es von der Mitteilung der Forderung an ein ausländuisches Aus⸗ gleichsamt Abstand zu nehmen und ihre Bearbeitung abzulehnen.

Der ablehnende Bescheid ist dem Anmeldenden zuzustellen. Er

ausgleichsamts gelangt war.

hat die angemeldete Forderung nach Grund, Betrag und Sckuldner

1885 chnen und einen Hinweis auf die durch § 11 Abs. 4 bestimmte

Das Reichsausgleichsamt hat die ihm von den ausländischen Prüfungs⸗ und Ausgleichsämtern milgeteilten Forderungen den als Schuldner bezeichneten Deutschen bekanntzugeben und ihnen eine an⸗ gemessene Frist zur Aeußewung zu bestimmen.

Erkennt ein als Schuldner bezeichneter Deutscher die Schuld nicht an, so hat er zugleich erforderlichen Beweismittel zu bezeichnen oder beizufügen.

§ 21.

Erachtet das Reichsausgleichsamt eine bei ihm angemeldete Forde⸗ rung nicht als glaubhaft gemacht oder die von einem Deutschen für die Verweigeꝛung der Anerkennung einer Schuld geltend gemachten Gründe nicht für ausreichend, so kann es der deutschen Partei dae

Leistung einer Sicherheit für die Zahlung der im § 10 der Anlage zu

Artikel 296 des Friedensvertrags vorgesebenen Strafe auferlegen. Diese Vorschrift findet keine Amvendung, wenn der Betroffene glaubhaft macht, daß er zur Sicherheitsleistung ohne Beeinträchtigung

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des für ihn und seine Familie notwendigen Unterhalts außerstande sei. § 22.

Die Entscheidungen des gemischten Schiedsgerichtshofs (§§ 16

8— bis 20 der Anlage zu Artikel 296 des Friedensvertrags) sind endguͤltig. Sie haben zwischen den Parteien sowie zwischen dem Reichsausgleichs⸗ amt und der deutschen Partei die Wirkung eines rechtskräftigen Urieils. Das Reichsausgleichsamt kann der deutschen Partei die Zahlung

eines Vorschusses zur Deckung der im § 20 der Anlage zu Artikel 296

des Friedensvertrags vorgesehenen Gebühr für das Verfahren vor dem

gemischten Schiedsgerichtshof auferlegen. Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.

§ 23.

Wird durch eine übereinstimmende Entscheidung der beteiligten Aubsgleichsämter oder durch eine Entscheidung des gemischten Schieds⸗ gerichtshofs festgestellt, daß eine deutsche Forderung nicht vom Ar⸗

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zu erteilen, daß

Forderung keine Anwendung finden. 3. Abrechnung des Reichsausgleichsamts über deutschen Gläubigern und Schuldnern. § 24.

Sobald die im § 9 Abs. 1 bezeichneben Forderungen und Schulden Deutscher im Verkehre zwischen den beteiligten Ausgleichsämtern fest⸗ gestellt und dem Prüfungs⸗ und Ausgleichsamte des Gläubigerstaats gutgeschrieben sind, hat das Reichsausgleichsamt der deutschen Partei unverzüglich eine Abrechnung über den ihr zustehenden oder von ihr

zu zahlenden Betrag zu erteilen.

seinen Standpunkt zu begründen sowie die

Friedensvertrags betroffen wird, so hat das Reichsaus⸗ gleichsgamt dem Gläubiger auf Verlangen eine Bescheinigung darüber die in den §§ 11 bis 13 dieses Gesetzes somce im § 1 des Ausführungsgesetzes zum Friedensvertrage vom 31. August 1919 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1530) bezeichneten Beschränkungen auf die

gegen⸗

Berlin, Donnerstag, den 1 April

zeiger. 1920

——

Im Falle des § 14 Abs. 3 der Anlage zu Artikel 296 des Friedensvertrags soll die Abrechnung dem Gläubiger erteilt werden, sobald eine Forderung durch Anerkennung, gütliche Einigung, über⸗ einstimmende Entscheidungen der Prüfungs⸗ und Ausgleichsämter oder eine gemäß § 16 der Anlage zu Arkikel 296 ergangene schieds⸗ gerichtliche oder gerichtliche Entscheidung endgültig festgestellt ist.

Als Deutsche im Sinne des Abschnitts II3 dieses Gesetzes gelten juristische Personen und Handelsgesellschaften anderer Art nur dann, wenn ihr Sitz sich im Reichsgebiete befindet, ihre Rechtsbeständigkeit auf Reichsrecht oder dem Rechte eines deutschen Landes beruht und ihr Kapital spätestens seit dem 1. Januar 1920 überwiegend Reichs⸗ angehörigen zusteht. ie Abrechnung über in Reschswäahrung ausgedrückte Forderungen

zulden Deutscher erfolgt in Reichswährung zum Nennbetrag,

ücksicht darauf, in welcher Währung nach den Vorschriften des svertrags die Abrechnung zwischen den Prüfungs⸗ und Aus⸗ ämtern zu erfolgen hat. 8

Das gleiche gilt, wenn die Forderung oder Schuld sowohl in Reichswährung als auch in einer ausländischen Währung ausgedrückt war und zur Zeit des Inkrafttretens des Friedensvertrags gegenüber dem Staate der Gegenpartei bei unmittelbarer Abrechnung zwischen den Parteien die Zahlung in Reichswährung für diejenige Partei, der die Wahl des Zahlungsmittels zugestanden hätte, vorteilhafter ge⸗ wesen wäre.

§ 26.

Die Abrechnung über in einer ausländischen Währung ausgedrückte Forderungen Deutscher erfolgt in Reichswährung unter Umrechnung der Währung ihres Nennbetrages zum Tageskurse. 8

Das gleiche gilt, wenn die Forderung sowohl in Reichswährung als auch in einer ausländischen Währung ausgedrückt war und zur Zeit des Inkrafttretens des Friedensvertrags gegenüber dem Staate der Gegenpartei bei unmittelbarer Abrechnung zwischen den Parteien die des Zahlungsmittels zugestanden hätte, vort

2,

Die Abrechnung über in einer ausländischen Währung ausgedrückte Schulden Deutscher erfolgt in Reichswährung unter Umrechnung der Währung ihres Nennbetrags zum Vorkriegskurse. Die Vorschrift des § 26 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.

Hat der Schuldner oder eine andere Person in Ausführung einer ihr vom Schuldner übertragenen Verrichtung in Ansehung der Schuld einem der Verbote des § 11 wissentlich zuwidergehandelt, so erfolgt die Umrechnung zum Tageskurs, es sei denn, daß der Vorkriegskurswert des Nennbetrags der Schuld seinen Tageskurswert übersteigt. Die Vorschriften des § 15 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung.

§ 28. Die Abrechnung über die in den §§ 10 und 20 der Anlage zu 296 des Friedensvertrags vorgesehenen Strafen und Gebühren des gemischten Schiedsgerichtshofs erfolgt in Reichswährung unter Umrechnung zum Tageskurse.

Ist die Strafe oder Gebühr in Ansehung einer unter § 25 fallenden Schuld oder Forderung oder in Anschung einer Schuld ent⸗ standen, deren Umrechnung nach § 27 zum Vorkriegskurse zu erfolgen hat, so ist die Umrechnung der Strafo oder Gebühr zum Vorkriegs⸗ kurse vorzunehmen, wenn dies zur Vermeidung von Härben oder offen⸗ baren Unbilligkeiten erforderlich erscheint. 8

Die Strafe oder Gebühr bleibt außer Ansatz, sofern sie nach⸗ weislich von der Partei gicht verschuldet ist.

Fin Schuldner, dessen Verbindlichkeit auf Grund des § 27 zum

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eilhafter gewesen wäre.

Vorkriegskurs umzurechnen ist, hat, sofern nicht der Vorkriegs⸗ vert des Nennbetrags seiner Schuld dessen Tageskurswert über⸗ sich innerhalb einer ihm vom Reichsausgleichsamt gesetzten darüber zu erklären, ob ihm Vermögensgegenstände folgender zustehen: in ausländischer Währung ausgedrückte, unter § 9 Abs. fallende Forderungen; in ausländischer Währung zu begleichende, nicht unter Nr. 1 fallende Geldforderungen, in Ansehung deren kein alliierter oder assoziierter Staat von dem ihm nach Artikel 297 b des Friedensvertrags zustehenden Rechte zur Einbehaltung oder Liquidation Gebrauch gemacht hat, sofern die Forderungen auf Rechtsverhältnissen beruhen, die vor Beginn des Kriegs⸗ ustandes zwischen dem Deutschen Reiche und dem in Betracht kommenden alliierten oder assoziierten Staate entstanden sind; auf ausländische Währung lautende Wertpapiere oder, An⸗ sprüche auf Lieferung solcher Wertpapiere, in Ansehung deren kein allijerter oder assoziierter Staat von dem ihm nach Ar⸗ kel 297 b des Friedensvertrags zustehenden Rechte zur Ein⸗ behaltung oder Liquidation Gebrauch gemacht hat, sofern der Erwerb der Wertpapiere oder die Ansprüche auf Rechts⸗ verhältnissen beruhen, die vor Beginn des Kriegszustandes zwischen dem Deutschen Reiche und dem in Betracht kom⸗ menden alliierten oder, assoziierten Staate entstanden waren; auf § 8 des Gesetzes über Enteignungen und Entschädigungen vom 31. August 1919 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1527) beruhende Ansprüche auf Entschädigung wegen Einbehaltung oder Liqui⸗ dation von auf ausländische Währung lautenden Geldforde⸗ rungen oder Wertpapieren, die zu den im Teil X Abschnitt IV des Friedensvertrags bezeichneten Gütern, Rechten oder Interessen gehören; Erlöse aus Einbehaltungen oder Liquidationen von auf aus⸗ ländische Währung lautende Geldforderungen und Wert⸗ papieren, die zu den im Teil X Abschnitt IV des Friedens⸗ vertrags bezeichneten Gütern, Rechten oder Interessen ge⸗ hören, sofern die Erlöse dem Schuldner unmittelbar von einem alliierten oder assoziierten Staate zur Verfügung ge⸗ stellt werden. b

Forderungen und Ansprüche sowie andere Gegenstände der im Abf. 1 bezeichneten Art, die nach dem 31. Dezeinber 1919 auf cine andere Person übergegangen sind, sowie Forderungen und Ansprüche, die nach dem 31. Dezember 1919 durch Befriedigung des Gläubigers erloschen sind, gelten im Sinne der §§ 29, 30 dieses Gesetzes als Vermögensgegenstände derjenigen Person, der sie oder, in den unter Nr. 4 und 5 bezeichneten Fällen, die einbehaltenen oder liquidierten Gegenstände am 31. Dezember 1919 zugestanden haben.

Der Schuldner hat zugleich mit der im Abs. 1 bezeichneten Er⸗ klärung ein Verzeichnis der Vermögensgegenstände einzureichen und die Richtigkeit seiner Angaben schriftlich an Eides Statt zu ver⸗ sichern sowie durch Einreichung der ihm zur Verfügung stehenden Belege nachzuweisen. b u

Erfüllt der Schuldner, die im Abs. 1 bis 3 bezeichneten Ver⸗ pflichtungen nicht, so ist seine Schuld zum Tageskurse der Währung ihres Nennbetrags umzurechnen.

Der auf Grund der Abrechnung über die Schuld nach § 27 Abs. 1 vom Schuldner zu zahlende Betrag erhöht sich um den Währungsgewinn, den der Schuldner hinsichtlich der im § 29 be⸗ zeichneten Gegenstände erzielt; er darf jedoch den Tageskurswert des Nennbetrags 8. Schuld nicht übersteigen.

Als Währungsgewinn gilt: 3

1. bei den im § 29 unter Nr. 1, 2, 3 und 5 bezeichneten Gegen⸗

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ständen: der Unterschied zwischen dem Tageskurswert und dem Borkriegskurnverte,

2. bei den im § 29 unter Nr. 4 bezeichneten Entschädigungen, soweit sie auf Grund der im § 6 des Gesetzes über Ent⸗ eignungen und Entschädigungen vom 31. August 1919 (Reichs⸗ Se bl. S. 1527) vorgesehenen Richtlinien in einer aus⸗ ländischen Währung festgestellt und in Reichswährung zum Tageskurswert umgerechnet worden sind: der Untesschied zwischen dem endgültig errechneten Betrage der Entschädigung und dem Vorkriegskurswerte des in ausländischer Währung festgestellten Betrags.

Die Vorschriften der Abs. 1, 2 finden auf den Betrag einer

Strafe oder Gebühr, die in Ansehung einer unter § 27 fallenden Schuld entstanden und nach § 28 Abs. 2 zum Vorkriegskurs anzu⸗ rechnen ist, entsprechende Anwendung.

§ 31.

Soweit sich die im § 29 unter Nr. 1, 2 urd 3 bezeichneten Forderungen und Ansprüche als uneinbringlich erwiesen haben, sind sie bei der Berechnung des Währungsgewinns nicht zu berück⸗ ichtigen.

Stellt sich die Uneinbringlichkeit erst nach Rechtskraft der Ab⸗ vechnung heraus, so kann der Schuldner binnen drei Jahren nach Rechtskraft der Abrechnung deren Berichtigung bei einer Spruch⸗ stelle des Neichsausgleichsamts insoweit beantragen, als die unein⸗ bringlichen Forderungen und Ansprüche bei der Abrechnung berück⸗ sichtigt worden waren.

§ 32.

Vereinigen sich in der Person eines Schuldners mehrere Ver⸗ bindlichkeiten, die nach § 27 Abs. 1 zum Vorkriegskurs umzurechnen sind, so ist der Währungsgewinn insoweit als er bei der Abrechnung über eine Verbindlichkeit angerechnet worden ist, bei der Abrechnung über die übrigen Verbindlichkeiten außer Betracht zu lassen.

§ 33,

Soweit nach den Vorschriften des Abschnitts II 3 die Höhe der von dem Reichsausgleichsamt zu beanspruchenden oder zu zahlenden Beträge von der Person des Schuldners oder Gläubigers abhängt, gelten für Rechnung eines Dritten bestehende Rechte und Verbind⸗ lichkeiten als Rechte und Verbindlichkeiten des Dritten.

In derselben Hinsicht gelten im Falle der Ausführung einer Kommission durch Selbsteintritt Rechte und Verbindlichkeiten des Kommissionärs, die aus Anlaß des Selbsteintritts begründet worden sind oder ihrerseits den Selbsteintritt veranlaßt haben, als Rechte und Verbindlichkeiten des Kommittenten.

Für die Berechnung des Tageskurses im Sinne der Bestim⸗ mungen dieses Abschnitts ist der an der Berliner Börse notierte Durchschnittsumrechnungskurs folgender Tage maßgebend: 3

1. bei Beträgen, die das Reichsausgleichsamt einem gegnerischen Prüfungs⸗ und Ausgleichsamte gutgeschrieben hat: der Um⸗ rechnungskurs des Tages der Gutschrift; bei Beträgen, die dem Reichsausgleichsamte von einem gegnerischen Prüfungs⸗ und Ausgleichsamte gutgeschrieben sind: der Umrechnungskurs des Tages, an welchem dem Reichsaus⸗ gleichsamte die Nachricht von der Gutschrift zugegangen ist;

3. bei Beträgen, deren Gutschrift infolge der Bestimmung des § 14 Abs. 3 der Anlage zu Artikel 296 des Friedensvertrages aufgeschoben ist: der Umrechnungskurs des Tages, an dem die Forderung in der im § 24 Abs. 2 dieses Gesetzes bezeichneten Weise festgestellt worden ist; 1“

.bei den im § 29 unter Nr. 2, 3’ und 5 bezeichneten Gegenständen: der Umrechnungskurs des Tages, von dem ab der Berechtigte in der Verfügung über die Gegenstände durch öffentlich⸗recht⸗ liche Beschränkungen nicht mehr beeintvrächtigt ist; sind die Gegenstände vor diesem Tage vom Schuldner ohne Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot veräußert worden, so ist der Um⸗ rechnungskurs des Tages der Veräußerung maßgebend.

Soweit sich für die im Ab'’. 1 bezeichneten Tage ein an der Berliner Börse maßgebender Unmnrechnungskurs nicht ermitteln läßt, ist der Umrechnungskurs im Einzelfall auf Ersuchen des Reichsaus⸗ gleichsamts von der Reichsbank unter Berücksichtigung der Weltmarkt⸗ lage an dem nach Abs. 1 maßgebenden Tage festzusetzen. Die Fest⸗ setzung ist für das Reichsausgleichsamt und die Beteiligten bindend.

§ 35.

rkriegskurs im Sinne der Bestimmungen dieses Gesetze gilt der durchschnittliche Umrechnungskurs, der an der Berliner Börse während des Monats maßgebend war, welcher dem Beginne Kriegszustandes zwischen dem Deutschen Reiche und dem Staate der Gegenypartei vorausging. Soweit sich ein solcher Kurs nicht ermittel läßt, wird der Vorkriegskurs vom Reichsminister für Wiederaufbau im Einvernehmen nit dem Reichsminister der Finanzen nach An⸗ hörung von Sachverständigen, unter Berücksichngung der Weltmarkt⸗ lage während des im Satze 1 bezeichneten Monats, festgesetzt.

Für die Schuldverhältnisse wwischen Deutschen und in Elsaß⸗ a ansässigen Personen tritt an Stelle des Vorkriegskurses der

it vom 11. Oktober bis 10. November 1918 an der Genfer Gelturg gewesene durchschnittliche Umrechnungskurs.

Die Beträge, die das Reichsausgleichsamt auf Grund der Ve⸗ stimmungen des Abschnitts II 3 beansprucht oder schuldet, sind mi fünf vom Hundert zu verzinsen.

Der Zinslauf beginnt bei Ansprüchen des Reichsausgleichsamts an dem Tage, an dem es den Betrag dem gegnerischen Prüfungs⸗- und Ausgleichsamte gutgeschrieben hat, bei Schulden des Reichsausgleichs amts an dem Tage, an dem ihm die Nochricht von der Gutschrift de Betrags durch das gegnerische Amt zugegangen ist.

S37.

Sofern die Endabrechnung über eine Forderung oder Schuld sich voraussichtlich erheblich verzögern wird, kann das Reichsausgleichsam der Partei eine vorläufige Abrechnung erteilen Ein nach § 16 auf das Deutsche Reich übergangener Anspruch gegenüber einem Bürgen ist vom Reichsausgleichsamte durch Er⸗ teilung einer Abrechnung gegenüber dem Bürgen geltend zu machen.

Vor Erteilung der Abrechnung ist der als Bürge in Anspruck Genommene zu hören. Erhebt er Eimvendungen, die den Bestand oder Umfang der im Ausgleichsverfahren befriedigten Hauptverbind lichkeit oder seiner Bürgschaftsverpflichtung betreffen, so ist die Ab- rechnung durch Entscheidung einer Spruchstelle des Reichsausgleichs onts zu erteilen.

39.

Der auf Grund einer Abrechnung dem Reichsausgleichsamte ju-

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stehende Betrag ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Ab⸗ rechnung an das Reichsausgleichsamt zu zahlen.

Das Reichsausgleichsamt soll dem Zahlungspflichtigen auf An⸗ trag Verlängerungen der Frist bewilligen, wenn dies mit Rücksicht auf die Billigkeit, insbesondere mit Rücksicht auf noch nicht abgerechnete Forderungen des Zahlungspflichtigen, geboten erscheint. Es kann die Bewilligung der Zahlungsfrist von der Leistung einer Sicherheit ab⸗-

Jeld hängig machen. § 40. Die Beträge, die das Reichsausgleichsamt auf Grund einer Ab⸗ rechnung schuldet, sind dem Berechtigten auszuzahlen, sobald und so⸗ weit das zuständige Finanzamt hierzu seine Zustimmung erteilt hat.

Die Voraussetzungen für die Erteilung und Versagung dieser Zu⸗ stimmung werden durch besonderes Gesetz geregll.