1920 / 19 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Jan 1920 18:00:01 GMT) scan diff

1“

er war infols« der lläglichen Bestellung und der schlechten Aus⸗ ea auf 15 vd de Füevenenrim gef Uer, die Kerstehungt kosen mst wes über 3 Nubel) waren um 200 1[H 2uf 60, U bel för das nb nn, „mnne rnelltl! Im vorigen Jehr ergaben die borschen isischen . dee bern, 40 an Zabl, nur noch 900 (00 Pyrd Crtrag, in der 1- F 890 Werie iwm 1bin neach 14 Mill'onen PuN. Man munt da wash, sagen, baß unten de ie Zucker⸗ ndustrie Inst &r 168* la dem Wolschen iemus die Zucker

Politisch wie sozial hat sich die „Natzonalisierung“ (Seziali⸗

siern na) des Nodens alz ein velligee M veriff e1wiesen; technitch ist der Riebe 18ant derarn, daß man ven einer Rückkehr in ten Urzu⸗ sard reden fann. Denn der Greßgrundbesitz wit allen seinen ver⸗ vollkonmneten Eir ichtuneen und Beb unngemethoden ist von der Erdoberfläche verss wunden. Aber auch die Bauernwirtschaften sind verödet, weil alles, wat sich nur um ein wennges über den Tesstond der Dorpenossen exbeb, der Reubaier des bäuerlichen Prolctariats preiggegeben wmde. Selbst die einfachen Purchschnittsrauern be⸗ schänken sich da auf, rur für den eigenen Bedarf das Nötiaste in der lässsenen Wohe zu vestellen, ra sie es müde wurden, alles dem Syirsinn der requtricrenden Räte und ihrer gierigen Horden verfallen zu seben

Sehr ei druckevoll ist es zu sehen, wie die Erkenntnis von dem völligen Versagen der wit so viel e Prsickerem Schwung unter⸗ nommenen Land aupolitik fich kei den Bolschewiten du chringt. Es mössen bietere Erfahrungen und beönzstigende Enttäuschungen sein, die den sorst recht berschsemn Fuͤhrern die Zungen lösen, um so offen berzig ihre Niderlere einzugestehen. Was kei den sonst von der U- fehlba hit ihrer Lehren o überzevgten Herren zu ächst befremdet, das sind die rchtigen Selbstanklegm, die man da zu hören bek⸗mmt. Saagte doch, vie Dr. Zenry berichet, Lenin auf dem Parterteg seinen „Gevosen im Heil“ unun wunden, sie „müßten erst allesomt von den Bauern lernen, Iqtt i als ihre Lehrer auftuspielen. Er seibsft „bekennt seine Eünden und Irrtümer“ und meint nachträg sch, effesbar von den bösen Mißerfolgen gewitzigt: „es gibt nichts Dümmeres, als mit Gewalt gegen die mittleren Bauern vorzugehen; nicht deren Enteignung ist die Anfsabe, als vielmehr die Barücsichtigung ihrer be onderen Lage“. Des bedentet eine vellige Umkehr, uny totfächlich verurteilte die Pariei ramols (im März 1219) jeden Zwerg zum Beitritt zur landlichen Key mune und stellte henk rt Requistionen nni Strafe. An, anderer Stelle eiklärte Lenin, der Gewaltberr des Bolschewismus urnd sein Gl ubertpopst: „Unsere Politik gegenüber dem Bauennstand mar bisher im vollen Sinne verbrecherisch“. Welche Umstände solche Geständ⸗ nisfe dem Mu de Lnins abzupressen vermochten, gebt aus hessen weiterer Erklärung herver: „Wir mössen um jeden Preis die Sympsthien der Bauern erobern, sonst droht uns der völlige Ruin. Wenn wir nicht unsere Metheden von Grund aus ändern, gehen wir mit Riesenschritten eer Katastrophe und dem völligen Zusammenbruch des Kommunismus ent⸗ gegen.“ Asso am mißbandelten russtichen Bauern, so armselig v. ei auch sein mag, zerschellt vas kommunistische Experi⸗ ment.

Am Schlusse seiner Abhandlung führt Dr. Jenny noch eine Stelle an, aus der deutlich eine Seimmung sprichf, wie sie eiwa eizen Kutscher überkommt, der nech Aufbistung seiner ganzen Ge⸗ schicktichkeit und Drangabe der letzten Kraft seines Gespannes gewahr wind, in der verkehrten Richtung gefahren zu sein, und dem daraufhin quälende Zweifel aufsteigen, ob er mit den abgetriebenen Gäulen in diesem Falle dem vor Entkräftung ermetteten russi chen Volke den Rüdweg noch schaffen werde. Die Stehlge ist einem Dienst⸗ bericht der Kommissare Arski und Nikolajew aus den Wolga⸗ gouvernements Ssaratoff, Ssamara und Pensa entnommen und entstammt der Veröffentlichung in dem bolschewistischen Partei⸗ organ „Prawda“ vom 14. Mai 1919. Sie lautet: „Keine Sozialisten und keine Kommunisten hat die Ssowjetherrschaft auf dem Lande erzogen, vielmehr mit überraschender Ge⸗ schwindigkeit das Bewußiscin des kleinen Eigentümers, des Klein⸗ bourreois, im russischen Bauern gesestigt. Ais einziges greifbares Ergebnis der Ssowetregierung im Dorfe habe ich die Bildung einer an Zahl starken Klasse kleinbürgerlicher Bauern gesunden, die in Rußland früher kanm zu bemerken war. Unsere ganzen Kämpfe stärken nur die Stellung des neuen Herrn in Rußland, des ausbeuterischen Großbaucin. Die Bolschewisten haben die von der Märzrevolution übriggelesse en Reste der Großgrund⸗ be sitzermonarchte verrichtet, und sie haben das Fundament der kleinbourgeoisen Bauernmonarchie gelegt. Der Bolschewismus erschafft das, was bis 1917 in R ßland nicht war: die neue Stütze der kleinbürgerlichen Gesellschaftsordnung!“ 1

Man wird zugeben, daß vem Staskpunkt der Bolschewisten aus kaum ein größerer Fehlschlag all den Bemühvngen um Neuordnung der Dinge auf dem flachen Lande besch eden sein tonate. Ein Trämmer und Leichenseld haben sie angerichtet. Zwischen den von uühnen angehäuften Schutthalden, in den Ritzen un) Fuzen der Ruinen einer vernichteten Kultur sproßt als emziger lebenekräftiger Keim gerahe das he vor, was sie im Entstehen austzutilgen bestrebt waren: der mittlere Bauernstand. Nus dern unsäglichen Leiden, die der Volschewismus mit seinen sehlgeschlagenen „Re⸗ sormen“ über das Land brachte, drängt er sich zum Lacht hervor, als einiges lebensfoͤbiges Gebilde inmitten all der Vernichtung, den Ab- sichten der bolschewitischen Giferer zum Troßz.

Verkehrswesen. Zur Abstimmung in Nord⸗Schleswig, 1. Zone.

Die Abstimmung in der 1. Zone findet am Diens⸗ tag, den 10. Fobruar 1920, zaft. Auf Grund des Frei⸗ faßrscheins, den jeber Abzimmungsberechtigte gegen Abgabe des ihm von Fiensburg zugehenden Gutscheens am Fahr⸗ kartenschalter erzlt vad der vom 1 Februar bie zum 10. Tase nach der 2. Abffimmung gültig ist, kann der Nordmärker die sahrplanmäßigen Zage innerhalb dieser Zeit bennzen. Außer diesen fahren 22 Sonderzüge, und zwar 17 av Hamburg und 5 ab 1 Kürerüe ns 9) Unber die Fahrzeiten der Sonderzüge und der sah planmäßigon, sowie der Anschluß⸗ züge gibt ein Fahrplanhest Avskunft, dos jedem Abzimm⸗ hbetechtigten Arfang Februar zugeschickt wird. Vorläufig sei bemerkt: 1

28 Sonberzüge sahren Womnenz zwischen 5 und 10 Uhr ab Hamburg⸗Haupthahrheh bezw. Kiel (2esck, und zwar verkehren am:

1“ 81“

1

übunrg Tondern ussw.) . elbahn: Wambutg —Rendsbum Hadessleben) Osthahn: 8 (Krei Eckernförde - Flensburg) 3 (1 ab Lübeck). Die So dazzüge haben Aaschluß an die Kleinbahnen in der Zone. An Gonntag,⸗ den S. Februar, ist außerdem in 3 Schleswig⸗Holstein nicht der Gonntagsfabr⸗ an gültig, sonders die Züge fahren in demselben Umfang wie an Werktagen. Zum Hera bringen der Rrenden aus Deutschlass nach Hamburg dient je ein Sonderzug ab Cola, Frankfurt a. M., Leipzig, der am Sonna endabend abeährt und am Sonntagmorgen in DHanburg ankommt Ab Neubrandenburg fährt ein Sonderzug a « Sonynebendnachmittag, Ankanft in Laͤbeck gegen Abend; ab Berlin emer am Sonntagabend. an Hamburg Montagfrüh. Die ein Damburg bezw. in Lübeck ankommenden Reisenden fönnen am; Sonntag ober Montag mit den Sonder⸗ oder fahrplanmaͤßigen Zügen

weiter fahren. Unterkursft und Verrflegung wird auf Wunsch in

Hamburg eder Lübeck vrentgeltlich Fewahrt. In Hamburg, und auch an arderen Orten sind em Bahnbof Puskunftsstehen ttwa vm 1. bis 20. Febhmar eingeridtet. Hier erhalten die Reisenden Auskunst über Unterkunft, Verpflegung, Weiter⸗ reise usw. Ferner werden an vieclen Stationen der durch Deut'chland und Schleswig⸗Hostein in die Nordmerk führenden Linien hinsichtlich Untertunft, Verpflegung und Auskunft Vor⸗ kehrungen getroffen werden für die Reisenden, die wegen mangel⸗ baster Anschlüsse der zu⸗- oder abbringenden Neben⸗ oder Kleinkahnen zu längerem Aurenrhalt gendtigt sind. Es sei aredeücklich darauf hingewiesen, daß in Deutschland (wit Ausnahme von Schleswig⸗Holstein) am Sonntag, 8. Februar, der Sonntagsfahrplan gültig sst. Nach der Abs’immung fahien von Mintwoch, den 11. Fe⸗ bruar, bis Freitag, den 13. Februar insgesamt 23 Sonder⸗ züge noch Hamburg und Kiel (Lü eck). Von hier geben am gleichen Tage Abend⸗ bezw. Nechisonder⸗üge rach Cöln, Frankfurt a. M., Leipzig Berlin und Neubraondenburg weiter. Die Sonderzüge sind geheizt. Bei der Hin⸗ und Rücdfahrt ist je eine dreimalige Fahrtunterbrechung gestat et. Ein kurzer Aufenthalt zur Verpflegung gilt nicht als Fahrtunterbrechung.

Theater und Mufik.

Im Opernhause wird morgen, Sonnakend, Max von Schilli ge „Mona Lisa“ unter der persönkichen Leitrung des Kom⸗

ponisten, mit den Damen Kemp, Hansa, Marherr, Birkenström und

ren Herien Kirchner, Bronsgeest, Sommer, Philh p, Habich, Krasa und Stock bvesetzt, gegeben. Anfang 7 Uhr.

Im Schauspielhause gebt meorgen „Coriolan“ in be⸗ Fehnte Besetzung in Szene. Spielleiter ist Dr. Reinhard Bruck.

nfang 7 Uhr.

Der im E Schauspielhaus am 9. Februar statt⸗ sindende Gesellschaftsabend wird durch ein großes Ko zert eingelettet, in dessen Rahmen Szenen aus Wagnerschen Werken niedergegebn werden sollen. Für die Gesangs⸗ partien haben vor äufig die nachstehenden Muglieder der Staatesopez ihre Muwuükung zugesagt: Michael Bohnen, Josfeph Mann, Barbara Kemp, Elsa von Catepol, Eduard Habich, Ilse Dietisch, Maria Gerhart. Chor und Orchester stelen die Staaterper vnd das Deutsche Orerr haus. Die Chöre werden durch den Kittelschen Chor urd den Beruner Lebrerinnen⸗ gesangverein verhäkt Die Leiturg der Chöre hat der Peof ssor

Hugo Rüdel, die mafikalische Gesamtleitung der Generalmusikdirnektor

Leo Blech übernommen.

8 Mannigfaltiges. 8 8

In der gestrigen Sitzung der Berliner Stadtver⸗ ordneten mwurde bei der Wahl eines Vorheherstell⸗ vertreters der Stadtv. Zubeil gewählt. Ein Antrag beider sozialdemokratischen Fraktionen, betieffend Errichtung eines städtischen Kleingarten⸗und Sicdlunggemts, wurde einem Aus schuß zur Vorberatung ükemwiesen. Ferner beschloß die Ver⸗ sammlung den Beitritt der Staht Berlin zur Reichs⸗ schuhversorgung G. m. b. H. Ein Antrag der Siodiv Adolf Hoffmann und Genossen, betreffend die von der Werliner Frei⸗ religiösen Gemeinde nebenamtlich beschäftigten städtischen Lehrkräfte, wurde dem Vorschlag des vorberatenden Ausschusses gemäß, dem er überwiesen war, von der Versammlung ongenommen. Längere Erörterungen verursachte eine Vorlage, betreffend Wieder⸗ besetzung der bisher unbesetzt gelassenen Gemeindeschul⸗ leiterstellen. Die Vorloge wurte scheießlich unverändert an⸗ genommen. Zur Erörterung des noch auf der Tagesordnung stebenden Antrages Weyl und Eenossen, betreffend die Sicherstellung der Lebensmittelversprgung Berlins, soll auf Wunsch des Stadtv. Wurm und des Oberbürg rmeisters am Sonnabend eine außerordentliche Sitzung stat⸗finden.

8

Zu dem Schneidemühler Eisenbahnunfall wird

dem „W. T. B.“ amtlich witer gemeldet: Der mit gemöhnlicher

Geschwindigreit fahrende Eil üterzug 6117 durchfuhr die etwa 1 6 km vor der ÜUnfallstelle Uieende Blockstalion Tieferngrund um 1 Uhr 41 Minuten Naa 1s8. Bald darauf spürte das Zugbeglei personal einen schwachen Ruck im Zuge, dem unmirtelbar darauf ein st rterer folgte, wobei die Lokomotive umfiel und der Packwagen fast zertꝛümmert wurde. Eine Anzahl Wagen fiel zur Seite auf des nebenliegende Gleis in der Richtung Schneidemühl Berlin. Obgleich das persoral des Zuges bierbei start erschüttert und teilweise in den T ümmern festgeklemmt war, traf es nach wenigen Augenblicken der Sammlurng Maßnahmen, um den auf dem Nochbargleis sälligen D-⸗Zug zu warnen und die Strocke zu sperren. Ein Schaffner lief, nachdem er seine Handlaterne wieder angezündet hatte, mit der rot geblendeten Handlaterne dem L)⸗Zug entgegen, wobei die Laterne insolge des Wintes wieder erlosch. a der D⸗Zug heronkam, legte er schnell drei Knallkapseln etwa 20) m vor der Unfahstelle auf die Schiene, wo de verbrouchten Knallkopseln nachber gesunden wurden. Der Lokomotivführer des D⸗Zuges nahm die Signale wahr und be⸗ zätigte darauf sofort di⸗ Schnelhr mse. Bei der geringen Ent⸗ fernung, und da der Zug im Gefälle 1: 200 fuhr, gelang es ibm jedoch nicht, den Zug velständig zum Halten zu bringen. Infolgeressen fuhr der D⸗Zug, der den 3 km vor der Unsallstelle lie enden Bahnhof Söwen um 1 Uhr 47 Min. Nachts durchsjahren hatte, mit rerminderter Geschwindigkeit auf die im Fahrgleis liegenden Wagen des Eilgü erzuges auf, wobei die Loko⸗ motive entgleifte und der Packwagen sich seitwärts in den ersten, vol⸗ besetzten Personenwagen schob und daturch die beklagenewerten Opfer verursachte. Woͤre der I⸗Zug nicht gebremst worden, so wäre das Unglück sicher erbeblich schwerer geworden. Die unter der Leitung eines Gehetmen Baurats vom Ministerium der öffentlichen Arbeiten von mehreren höheren Bramten der ECise bahndirektion Osten an Ort und Stelle vergenommene Untersuchung ergab, daß von der im Fahrgleise des Güterz,uges rechts liegenden Schiene an der Unfallstelle die Laschenschrauben gelöst, mit den Laschen neben das Gleis gelegt und auch an einer Anzahl Schwellen die Schrauben entfernt waren, die die Schiegen auf den Schwellen festz ielten. Ob die Schienen zur Seite geruckt oder umgetippt waren, konnte nicht mehr ermittelt werden. Fest stebdt jedech daß eine Lücke im Gleise vorhanden war. An der Schieyve, die vor der gelösten liegt, war aus vorhandenen Spuren ersichtlich, daß der Versuch, sie zu

lockern, gescheitert war. Die Unfallslelle liegt für ein Attentat günstig.

An der einen Seite stößt ein Waldstick bis an die Strecke, auf der anderen reicht eine hohe Böschung heran. Die Strecke ist von dem zuständigen Wärter vor dem Unfall zuletzt um 10 Uhr Nachis begangen worden. Weder er, noch die in den benachbarten Schrankenpor en wohnenden Bediensteten haben etwas Auffälliges wabhr⸗enommen. Etwa 40 M nuten vor dem Unfall ist noch ein Güterzug, ohne daß irgendeiwas Verdächtiges bemerkt wurde, über das Gleis gefahren. Der Oberbau an der Unfahstelle war nach der Untersuchung in tadellosem Zustand. Es ha delt sich um schweren Oberbau mit Säeinschlag, eichenen Schwellen und schweren Schienen. Gleivarbeiten haben an der Unfall⸗ stelle seit ei iger Zert nicht siattgefunden. Die Nachforschungen nach dem Tater wurden sofort aufgenommen. Vom Poꝛ izei⸗ präsidium ist sofort auf Veranlassung der Eisenbahnbehörde ein Kriminalbecamter entsandt worden, der die U tersuchung eingele tet hat; sie wird noch sortgeführt. Zur Sicherung der Steccke Krenz- Konitz

ist verstartie Bemachung ageordnet. Auf die Ermutlung hat die 2 . Regierungspräst in 8 8

Eisendahnverwaltnng 75 (00 und der Schneidemühl noch 10 000 ausgesetzt

L beck

den

meldel: Bei dem ro gestrigen Einzug

8

Vem 18. bis 20. Jorunr fand in Berlin eine Inter⸗ nationale Konferer;z statt, die, wie „W. T. B.“ Fcrichtet, vom „Veliskunde zum Saitze der deutschen Kricgs⸗ und Zivil⸗ gesangenen“, veom „Bunde der deutschen Frauen zur Besreinng der Gefargenen“ und von der „Re chevercinigung ebemel’ger Kriegs⸗ gesangene;“ reronstchlet worden ist. Nertreten waren außer den ge⸗ naunten Verländen dos schwediscee Rote Kreuz durch einen Ab⸗ gesandien des Prinzen Kor von Scheder, die Vereinicung schwedischer Froven zur L csreiung der Gesanger en, dos Kelärdische Komitee zur Befreiung der Gefangenen, die finnlärrischen Fronen, Deutsch Oesteneich, dos Zeptra tomitee des Nrten Kuuzes in Berlin und die interessierten Reichebehörden. G gerstand der Verbandlurgen waren die Maßralmen für die Heimscheffung der Gefangenen eus Rußland und Sibirien und Fursorge für diese his zu ihrem Abtramport.

* 1% be

Breslau, 22. Januar. (W. T. B.) Tie Stadtver⸗ ordnetenversammlung hat einem Dringlichte 1santtage des Magistrats zugestimmt, für weitere Teuerungstulagen an die städtischen Arbeiter einen Bctrag von rund 15 M ll onen Mark zu bew lligen, während lie eineetecchten Fod rungen der Arbeiter einen Mehrbedarf von 30 Mitl onen jährlich vermsachen würden. Sollte der Zentralaue schuß in Berlin, dem die vohnforde⸗ rungen der stärtischen Arbeiter zur Entscheidung vorli gen, eine weitere Erhöbung bewilligen, so soll auch diese den Arbeitern bezablt weiden. Die Stadtverordneten bewill'gten eirnem Antrage des Magistrats gemwäß zur Herstellung von Not⸗ und Dauer⸗ wohnungen einen Betrag von 1und 8 5.0 000 ℳ.

Bochum, 22. Janugr. (W. T. B.) Ein Automobil der Gewerkschaf: „Konstantin“, in dem Beamte vom Haupibüno Lohngelder nach Schacht 6 bringen sollten, wurde heute morgen cegen 7 Uhr von drei Straßenräubern über⸗ fallen. Die bewaffneten Burschen raubten die Lohngelder in Höhe von 337 (00 ℳ, mit denen sie in der Dunkelheit entkamen.

Neuwied, 22. Januar. (W. T. B.) Bei der letzten Ueber⸗ schwemmung stand insgesamt mehr als Dreiviertel der Stadt tref unter Wasser. Da auch die keiden Zeitugs⸗ drucke eien überscwemmt mwaren, konnten die Zeiturgen vier Tage nicht erscheiren. Non den 20 000 Einwohnern sind etwa 13 000 vom Hrchweosser aufs schwerste betroffen. Ungebeuer ist der Schaden, der an Häuse n. Houceirrichtungen und Waren und info’ ge Ver⸗ nichturg von Lrbenzmitteln und Wrennstoffen angerichtet worden ist.

Hadersleben, 22. J nuar (W. T. B.) Die „Grenzpost“ der französischen Trupypen war des Denkmal Kaiser Wilhelms J. auf dem Sötermarkt anft Veranlessurg des tegs zuver eingetreffenen französischen Furierofsiiers mit Leinwand verhüllt. Nach dem Einzug der Fariosen wurde die Leinwand durch drei deutsche Arbeiter wieder entfernt. Die drei A beiter 4* anummehr durch die interrstienale Polizei verhaftet worden. azu wird aus zyverlässiger Quelle noch mitgeteilt, daß die Ar⸗ peiter, die in Nordschleswig nicht leimatberechtigt sind und sich als Kemmunisten hezeichn ien, von der internatipnalen Polizei aus dem Abstimmungsgebiet ausgewiesen worden sind.

Hamburg, 22. Januar. (W T. B.) Durch den hohen W aff erstand der Oberelbe und starken Wasserandreng ver⸗ anlaßt, geben die Elbschiffahrtsgesellschaften bekannt, doß sie Erldampfer und Schleppzüge nicht von hier ablassen können. Nach Wiedereintritt normaler Verhältnisse werden die Fahrten sofort wiederaufgenommen. 1

—.

achrmnm

Bremen, 22. Januar. (W. T. B.) Die Kohlenwirt⸗ schaftsstelle Bremen het wriitete einschneidende Ver⸗ fügungen über Einschränkung im Stromverbrauch erlassen. Durch das Hockhwasser hat sich die Lage des Wasserkraft⸗ werkes we ter verschlechtert. Infolgedessen dürsen Gast⸗ und Speife⸗ häuser, Theater, Kinvos, Cafés usw. nicht elektrisch be,euchtet werden. Die staatlichen, städtischen urd privaten Büos und Kontore dürfen vor 8 Uhr Morgens und nach 6 Uhr Ahends kein Licht entnehmen. Die Straße bahn stellt von 7 Uhr Abends an den Betrieb ein. Den indu riellen Werken wird abwechelnd an je 2 Tagen der Woche kein Strom geliefert. Großen Schaden bei der Belieferung Bremens ruft auch der Ausstand der Cisenbahner im Indust iebezirk und in Kirch⸗ weyhe bervor. Auf der Strecke zwischen Kirchweyhe und Osnabrück liegen 14 Züge für Bremen fest, die etwa 60 vo Kohlenladungen enthalten.

Paris, 22. Januar. (W. T. B.) Bei der Sprengung von Granaten in der Gegend von Arras sand gestern eine Explosion statt; sieben Personen wurden getöotet, viele verletzt. Die meisten Verunglückten sind französische Soldaten, einige sind deutsche Kriegsgefangene.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

8 Opernhaus. (Unter den Linden.) Sonnabend: 17. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Mona Lisa. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Sonnab.: 24. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Coriolan. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Opernhaus. Der Ring des Nibelungen. 1. Tag: Die Walküre. Anfang 5 Uhr.

Schaufvielhaus. Nachmittags: 27. Volksvorstellung zu ermäßigten Preisen: Maria Magdalene. Anfang 2 ½ Uhr. Abends: Wilhelm Tell. Anfang 6 ½ Uhr.

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Elisabeth von Schireoch mit Hrn. Hauptmann a. D. Otto Albrecht Grafen von Mandelsloh (München).

Verehelicht: Hr Kapitänlentnant Hans Jonchim von Puttkamer mit Frl. Bertel von der Forst (Osnab scc).

Gestorben: Hr. Unterstaaissekretär a. D., Wirklicher Geheimer Rat Mran Twele (Goslar g. Haorz). Pr. Amtßrichter, Hauyv'mann d. L. Josef Ratzky Trachenberg’. Freu Elisabeth Gräfin Kleist, geb. Gräfin Medem (Gr. Dubberow b. Siedkow).

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Trrol Charlottenbura⸗

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle. Rechnungerat Mengering in Beilim

Verlaga der Geschäftsstelle Menagerina) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlaasanstalt.

Berlin Wilbelmstraße 32. (einsch ießl ch Warenzeschenbeil ce Nr. 7. und Erste Zweite, Dritte und Nierte Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage.

sowie die Inholisangabe Nr. 3 u Nr. 8 ““ des öffentlichen Anzeigers.

8

chsanzeiger und

Richtamtliches. WMortsetzung aus dem Hauptbleft. Preußische Landesversammtung.

103. Sitzung vom 22. Januar 1920, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger*).)

In erster Beratung wird der Gesetzentwurf, betr. Unterbringung der mittelbaren Staats⸗ beamten und Lehrpersonen aus den an fremde Staaten abzutretenden oder von ihnen besetzten preußischen Gebietsteilen, ohne Erörterung an den 18. Ausschuß überwiesen.

Der Gesetzentwurf, betr. Bewilligung weiterer Staatsmittel zur Verbesserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern in staatlichen Betrieben und von gering be⸗ zolde ten Staatsbeamten, wird in erster und zweiter Lesung ohne Erörterung erledigt und unverändert angenommen.

An einen besonderen Ausschuß von 27 Mitgliedern über⸗ weist das Haus den Gesetzentwurf, betr. Erweite⸗ rung und Einschleusung des Fischereihafens in Geestemünde.

Dann folgt die erste Beratung des Gesetzent⸗ wurfs über die Niebderschlagung von Unter⸗ suchungen. Der Entwurf lautet:

„Gerichtlich eingeleitete Untersuchungen, die infoige der besonderen Verhältnisse des Krieges seit mindestens dem 1. März 1917 ruhen, können im Wege der Gnade niedergeschlacgen werden.“

Zur zweiten Lesung ist von den Abgg. Dr. Friedberg und Genossen (Dem.) beantragt, hinter dem Worte „ruhen“ einzuschalten: „oder längere Zeit geruht haben“.

Nach Aussührungen der Abgg. Dr. Berndi⸗Stettin (Dem.), Dr. Kaufmann (D. Nat.) und Dr. Rosenfeld (U. Sc..), die bei der Unruhe auf der Tribüne unverständlich bleiben, bemerkt

Abg. Brückner (Scoz.): Eine ganze Reihe von Verbrechen ist

unter dem politischen Deckmantel verübt worden. Es ist bedenklich, auch derartige Verbrechen unter eine Amnestie fallen zu sehen. Es muß bei der Reichsregierung dahin gewirkt werden, daß auch die Kriegsteilnehmer, die infolge der politischen Umwälzung zum Teil wegen Entfernung vom Heer, zum Teil wegen anderer noch unter Anklage gestellt und verurteilt worden Amnestie teilhaftig werden. Wir bitten, daß die Regierung nach Richtung hin tätig sein möge.

Ahg. Dr. Leidig (D. V.): Wir sind bereit, Für den Zusatz⸗ antrag der Demokraten zu stimmen, wenn wir auch wegen der Unbe⸗ stimmtheit Bedenken haben.

Ein Vertreter des Justizministeriums: Der Justizminister hat durch ollgemeine Verfügung vom 13. September 1918 angeordnet, daß alle Untersuchungen, die seit dem 1. März 1917 ruhen, bis auf weileres nicht wieder aufzunehmen seien, sofern nicht wichtige Gründe auf Grund besonderen Antrages dennoch dazu nötigten. Ich kann versichern, daß diejenigen Föäll⸗ auf die sich der Antrag der Demokraten beziehen könnte, tatsächli cchtt bestehen, denn sie dürften inzwischen alle rechtskröftig erledigt seir⸗

Abg. Brückner (Soz.): Die politischen Freunde des Abg. Leidig haben sich dagegen gewehrt, daß die politischen Verbrecher, insbeson⸗ dere russische, geschützt werden. Plünderer, Urkundenfälscher usw. sind natürlich auch für uns ehrenrührige Verbrecher, die nich: gedeckt werden sollen. Im übrigen aber meinen wir, daß ein Attentäter, der aus Volitischer Ueberzeugung ein Attentat verübt bat, unter eine solche Amnestie gebracht werden soll. Ich nenne da nur Friedrich Adler, der durchaus ebrenhaft gehandelt hat.

Abg. Dr. Leidig (D. V.): Wir dürfen nicht politsiche Ver⸗ brechen nach Kategorien scheiden. Wir wissen, wieviel polit sche Urkunden innerhalb der letzten Jahrhunderte aus rein politischen Motiven gefälscht worden sind. (Zuruf links: Das war das alte Regime!) Schließlich könnte auch ein Plünderer behaupten, aus polttischen Gründen gelandelt zu haben, da er als Anarchist plündern müsse. (He terkeit.) Für uns bleibt Friedrich Adler ein gemeiner Mörder. (Stanke Baregung links.)

Abg. Dr. Berndt (Dem.): Wir wollen mit unserem Antrage nur erreichen, daß keine bestimmte Frist gesetzt wird.

Abg. Dr. Rosenfeld (U. Soz.): Ich kann die Behauptung nicht unw dersprochen lassen, daß Friedrich Adler ein gemeiner Mörder 845 Volk befreiende Tat getan.

8 der

sei. Er hat eine das österreichi Der Entwurf wird mit dem Zusatz der Demokraten darauf in zweiter Lesung angenommen.

Es folgt die Beratung des Antrages der Deutsch⸗ nationalen und der Deutschen Volkspartei auf Einsetzung eines Ausschusses zur Be⸗ arbeitung der Beamtenbesoldungsfragen. Damit werden verbunden die erste Beratung des Antrages des Finanzministeriums auf Zustimmung zur ahlung erhöhter Teuerungs zulagen (150 %) an die Staatsbeamten und die Lohn⸗ angestellten höherer Ordnung und die Beratung einer Reihe weiterer Anträge auf Negelung des Beamtenbesoldungswesens, Erhöhung der Teuerungszulagen, Neuregeluna der Dienst⸗ aufwandsentschädigung, Rangerhöhung der gehobenen Unterbeamten und der Eisen⸗ hahnunterassistenten sowie Besserstellung der Professoren an den Landwirtschaftlichen und Tierärztlichen Hochschulen.

Zu letzterem Antrage empfiehlt:

Abg. Dr. Faßbender (Zentr.) als Berichterstatter des Staatshaushaltsausschusses folgende Fassung: Steatsregierung zu ersuchen, daß eine Gleichstellung der Professoren der Landwirtschkaftlichen und Tierärztlichen Hochschulen in bezug auf Gehalt, Nebenbezüre und Emeritierung mit den ordentlichen Uni⸗ versitä sprofessoren sowie eine zeitcemäße Aufbesserung der Vergütung der Lchraufträge on den Lardwirtschaftlicken und Tierärztlichen Hoch⸗ schulen bei der nächsten Besoldungsordnung erfolgt.

Finanzminister Dr. Südekum: Meine Damen und Herren! Nackdem die Reichsregierung mit Zustimmung der Faktoren des Reichs beschlossen hat, für die Zeit vom 1. Januar 1920 bis zum 1. April

1920 die bisberigen laufenden Teucrungszulagen der Beamten um

150 zu erhöhen, erbittet die Preußische Staatsregierung von der hohen Versammlung die Genehmigung, ihrerseits in gleicher Weise vorzunehen und die dazu notwendigen Beträge bei den Etatskapitel und Titeln, die in Frage stehen, durch Ueberschreitungen der Etats⸗

*) Mit Ausnahme der Reden der Herren Minister, die wit im Wortlaut wiedergeben we

Sachen nachträglich sind, mindestens der

die

8

Erste Beila

Freitag den 23

Januar

sätze zunächst verrechnen zu dürfen. Mit dieser Regelung sind zwei andere Regelungen verknüpft worden, nämlich dahin, daß das Neich die Grenze von 13 000 für die Gewährung von Teuerungszulagen an höhere Beamte, 13 300 bei Lohnangestellten höherer Ordnung fallen läßt, und daß die Kinderzulagen in der bisherigen Höhe von 50 für jedes versorgungsberechtigte Kind weiter gewährt werden. Auch in diesen beiden Punkten schließt sich die Preußische Staats⸗ regierung dem Vorgehen des KLleiches an.

Gestatten Sie mir nun, der Bitte um Genehmigung der be⸗ antragten Ueberschreitung noch eimge Worte der Aufklärung anzu⸗ fügen. Die Preußische Staatsregierung ist vollkommen durchdrungen von der Notwendigkeit, ein tüchtiges, ein pflichttreues, ein unbestech⸗ liches Beamtentum dem Lande zu erhalten. Das hat sie bei der Uebernahme der Geschäfte nach der Umwälzung bereits bekundet, indem sie den damals im Amt befindlichen Beamten die Wahrung ihrer Rechte zugebilligt hat, und unter der Wahrung der Rechte der Be⸗ amten verstehe ich auch ich befinde mich da in Uebereinstimmung mit diesem hohen Hause eine zureichende Bezahlung der Be⸗ amten. Von welcher Theorie man immer ausgehen möge, ob man von der Sustentationstheorie oder von der Aequivalenztheorie oder wie sie sonst von Staasrechtlern aufgestell worden sind, das eine bleibt immer dasselbe: die Notwendigkeit, daß die Beamten leben müssen, und daß sie so leben müssen, wie es ihrer Stellung und ihrer Tätigkeit angemessen ist. Wir haben den wachsenden Teuerungsver⸗ hältnissen im Lande dadurch Rechnung getragen, daß wir wiederholt mit laufenden und auch mit einmaligen Zulagen ausgeholfen haben, und daß wir seit längerer Zeit ankündigten, wir seien bereit, so rasch, wie es die Verhältnisse erlaubten, eine Reform der Beamtenbesoldung

reußischen

im ganzen vorzunehmen. Diese Besoldungsreform ist in voller Arbeit. In wenigen Stunden von jetzt an wird eine abschließende Ministerial⸗ konferenz über eins der wichtigsten Kapitel dieser Reform bereits stattfinden können. Ich darf hoffen, daß die Arbeiten, die in meinem Ministerium mit dem Aufgebot der äußersten Kraft betrieben werden, so rasch gefördert werden können, daß in der Tat mit dem 1. April 1920 die neue Beamtenbesoldung in Kraft treten kann, die verbunden sein muß mit nicht unwesentlichen Reformen auf anderen Gebieten des Beamtenrechts. Wenn die Staatsregierung sich wiederholt be⸗ müht hat, durch laufende und durch einmalige Teuerungszulagen oder Zuschüsse der wachsenden Notlage, wenn nicht aller, so doch sehr weiter Beamtenkreise abzuhelfen, so ist dabei anzuerkennen, daß der⸗ artige Hikfen ihrer Natur nach immer etwas nachhinken müssen. Denn

den

erst muß die wachsende Notlage festgestellt sein, ehe der Staat ein⸗ greifen kann, und die besondere Verschärfung der Teuerung, die Anlaß u einer so weitgehenden Erhöhung der Teuerungszulagen gegeben hat, ist erft in den letzten Wochen vor Abschluß des Jahres 1919 und in den ersten Tagen dieses Jahres eingetreten.

Es ist nicht zu verkennen, daß sich in der Beamtenschaft eine starke Beunruhigung demerkbar gemacht hatte, als zuerst bekannt geworden war, daß der Herr Reichsfinanzminister übrigens in Ueberein⸗ stimmung mit dem Hauptausschuß der Nationalversammlung, also der Volkevertretung, wenn auch nicht nach vorheriger Verständigung mit den großen Beamtenverbänden, die aus einem mir unbekannten Grunde unterblieben ist —, die Erhöhung der Teuerungszulagen um 50 Pro⸗ zent ins Auge gefaßt hatte. Es sind diese Klagen auch, als ich erklärte Preußen könne sich nach den allgemeinen Abmachungen, die zwischen dem Reich und Preußen getroffen worden sind, und übrigens auch aus selbstverständlicher Befolgung einer alten Tradition nur dem Reich anschließen, an das Preußische Finanzministerium herangetragen worden, und zwar in zum Teil sehr heftiger Form. Meine Zurück⸗ haltung gegen weitgehende Wünsche erklärt sich ganz selbstverständlich

für den verständigen Beurteiler dieser Dinge aus der zwingenden Not⸗ wendigkeit, die Finanzen unseres Landes in Ordnung zu halten und

die Leistungen nicht allein für die Beamten, seondern die Leistungen der Staatskasse überbaupt in Einklang zu bringen mit den Einnahmen, über die ich verfügen kann. Ich bin verantwortlich für die richtige Gestaltung dieser Buchseite unseres staatlichen Lebens, und es ist für mich kein Argument, wenn mir entgegengehalten wird, daß einer Weigerung, über einen bestimmten Satz hinauszugehen, keine Bedeutung zuzumessen sei, weil ich eine ähnliche Weigerung bei früheren Gelegenheiten auch schon ausgesprochen habe mit dem Hinweis auf mangelnde Mittel, während sich nachber selche Mittel doch gefunden hätten. Das ist kein Argument. Die Reichsregierung hat sich dann in gemeinsamer Beratung mit der preußischen Regierung und den Vertretern der Beamten⸗ und Arbeiterverbände davon überzeugt, daß die damals ins Auge gefaßte Regelung, nämlich eine 50 prozentige Er⸗ höhung der laufenden Teuerungszulagen und eine Erhöhung der Kinder⸗ zulagen, in der Tat nicht ausreichend sei, um das Gespenst der Sorge von den Türen unserer Beamten zu bannen. und es ist daraufhin be⸗ schlossen worden, wie ich Ihnen vorhin vorgetragen habe.

Aber es ist nicht allein die Rücksicht auf die Notwendigkeit, Ein⸗ nahmen und Ausgaben des Staats, soweit das überhaupt in der heutigen Zeit möglich ist, im Gleichgewicht zu halten, sondern es sind auch noch andere Erwägungen, die uns zur Vorsicht bei Maßnahmen wie der jetzt ins Auge gefaßten veranlassen. Was kann ich unseren Beamten geben? Ich kann ihnen nur Papier in die Hand geben (Sehr richtig!). und selbst, wenn ich die Buchseite unserer Staats⸗ wirtschaft weit über das hinaus belastete, was überhaupt zu verant⸗ worten wäre, würde ich auch nichts anderes den Beamten geben als eine vermehrte Menge ven Papier. (Sebr richtig! urd Leider!) Das Pro⸗ blem vor dem wir stehen, ist nicht sowohl das einer ungenügenden Be⸗ zahlung von Beamten und Arbeitern, sondern es ist das viel weiter reichende und viel wichtigere Problem, daß Waren in genügender Menge, um für irgend einen Betrag den Arbeitern, den Beamten, den Angestellten und den anderen Bewohnern dieses Landes zur Verfügung gestellt zu werden, nicht vorhanden sind. (Lebhafte Zustimmung.) Das ist ein Zustand, der sich nicht allein in Deutschland, sondern in der ganzen Welt bemerkbar mecht. Nachdem sich Europa, und unter Hin⸗ zuziehung amerikanischer und asiatischer Völkerschaften ¾ oder der ganzen Welt 4 „½ Jahre lang nur damit beschäftigt haben, Werte zu

8

dèdèDaã j⅞I

Korsettstangen gefertigt werten. Das

Staatsanzeiger. 1920.

vernichten, mußte dieses Leerbluten der Volkswirtschaft eintreten, die

nicht in einer ebenso langen Zeit, geschweige denn in einer viel kürzeren

Zeit wieder überwunder werden kann. (Wiederholte Zustimmung.) Unsere Wirtschaft gleicht tatsächlich einem totkranken Organismus. Wenn ich sie mit einem Organismus vergleiche, me netwegen mit dem Kömper eines Menschen so ergibt sich, daß die Blutbahnen im mensch⸗ lichen Körper ihr Gegenstück in den Verkehrseinrichtungen unseres

Landes finden. daß der ganze Trakt, der zum Steffwechsel dient, im allgemeinen sein Gegenstück in der Produkuon, dem Handelsumschlaag und dem Epport findet. Nun stellt sich zunäckhst für uns gleich tdie vernichtende Tatsache heraus, daß die Bluthahnen unstres staatlichen

und Wirtschaftsleben vollständig verstopft sind: unser Verkehr liegt danierer, so sehr danieder, daß auck de geringste Verschärsung dieses Zustandes mit einem vollständigen Zusammenbruch unserer Wirischaft verknüpft fein kann. (Sehr richtig!) Beror es nicht gelingt diese Bluthahnen des Wirtschaftslebens wieder zu öffnen, den Blutstiom wieder durch sie hindurckjagen zu lessen, so wie er in einem kräftigen Körper pulst, werden unserc Zustände nicht besser werden, können sie nicht besser werden. 3

Nun fagt man mweiter: ja der Verkehr ist aber von Kohlen abhängig, und die Kohlen sind von der Möglichkeit abhängig, die nötigen Gruben⸗ und Beförderungseinrichtungen zu schaffen, von Eisen und Eisen ist wieder von Kohlen abhängig. So bewegen wir uns in einem ewigen circulus vitiosus, aus dem wir herauskommen müssen.

Ich erwähne nur nebenbei, daß dabei die individuelle Leistung des einzelnen Mannes, ob er ein Arbeiter oder ein Beamter oder senst ein Mitglied unserer Volkswirtschaft sei, ist ganz gleichgültig, zunächst einmal erheblich erhöht werden muß (sehr ricktig!), daneben die Kollektivleistungen, soweit die Individuen in Fabrikkörperschaften zusammengefaßt sind. Das geht nicht, daß unsere Volkswirischaft schwersten Gefahren anheimfällt, weil die Reparatur⸗ oder sonstigen Werkstätten der Eisenbahnen angeblich nicht imstande sind,

8 1 e

das nötige Lokomotivenmaterial zu liefern. Das geht nicht. Da muß

geholfen werden, es muß eingegriffen werden und es wird eingegriffen werden! (Bravo!) Es geht weiterhin auch nicht an, daß in der bisherigen Weise planlos bei uns gewirtschaftet wird. Die vor⸗ handenen Materialien müssen für das verwendet werden, was am notwendigsten ist. (Sehr richtig!) Was im Krieg möglich war, muß und soll auch im Frieden möglich sein! (Sehr richtig! links.) Es geht nicht an, um nur ein Beispiel zu nennen, ohne zu sagen, daß es mit der Wirklichkeit übereinstimmt, daß Pflüge fehlen und ist unmöglich. (Zustimmung. Hier muß und soll regelnd eingegriffen werden.

Es geht auch nicht an, daß in einer planlosen, beinahe ver⸗ brecherischen Weise Güter aus dem Ausland in das Inland zum reinen Luxusbedarf eingeführt werden (sehr richtig!), so daß unsere Valuta draußen ins Bodenlose sinkt. Meine verehrten Anwesenden, ich schätze die Menge der Waren, die, allerdings nicht durch deutsche Schuld, sondern durch die Schuld wesentlich der Entente, durch das Loch im Westen nach Deutschland eingeführt worden sind, und zwar überwiegend Luxusartikel, auf mindestens 60 bis 80 Milliarden Mark. (Hört, hört!) Wir müssen uns volkswirtschaftlich darauf einstellen, zunächst das Nötige zu schaffen. Was ist das Nötige? Das Nötige sind die Produktionsmittel, z. B. die Einrichtungen für Bergwerke, zum Tagbau von Braunkohlenwerken. Braunkohle ist verhältnis⸗ mäßig leicht zu schürfen, sie liegt vielfach im Tagbau; die Erde braucht nur abgedeckt zu werden und man kommt an die Lager heran. Wollen Sie das heute unternehmen, dann fehlen Ihnen Trockenbagger, Kipp⸗ wagen, Maschinen, um Briketts aus der Braunkohle zu pressen; kurz, es fehlt on allem diesen. Heir muß angefaßt werden, muß geholfen werden, hier muß unsere Produktion planmäßig gestaltet werden. Ich will diesen Plan gar nicht! allzu weit ausgedehnt wissen. Ich will nicht in alle Zweige der Volkswirtschaft den Staat regelnd eingreifen lassen, weil ich viel zu sehr von der Unmöglichkeit überzeugt bin, es mit dem vorhandenen Personal heute durckführen zu können. Auch gehe ich nicht so weit, wie einzelne sagen, wir müßten auch im Innern als Gegenstück zum Verbot der Einfubr von Luxusartikeln die Lurue industrien schließen. Ich bin nicht der Meinung; ich bin bereit Roh⸗ stoffe, Arbeitsmaterial, z. B. dem sächsischen Textilbezirk für die Fabrikation von Spitzen, Gardinen usw., zur Verfügung zu stellen. Aber ich verlange auch, daß die dort gefertigten Gegenstände aus⸗ geführt werden. (Sehr richtia!) Sie sind nicht für den Verbrauch im Inland zu bestimmen. Wir sind ein armes Volk geworden und können uns Luxusartikel nicht mehr leisten; aber ausführen können wir sie; die andern sind die Reichen und können und müssen uns für das, was wir ausgeführt haben, liefern, was wir brauchen: Lebens⸗ mittel und Rohstoffe.

Schon vor dem Krieg brauckten wir für den fünften Teil der, deutschen Bevölkerung eine Zufuhr an Lobensmiktoln vom Ausland; ein jeder Sechste ernährte sich von den vom Auand eingeführten Loebensmitieln. Dieser Bedarf ist jetzt nicht geringer, er ist stärler geworden. Unsere Landwirtschaft ist nicht in der Lage, das zu liefern, was sie früher liefern konnte. Nun bitte ich aber, meine verehrten Anwesenden, zu bedenken, daß wir, wenn das Fehlende aus dem Aus⸗ land kommen soll, Gegenwerte liefern müssen; wir müssen etwas hin⸗ ausbringen, wenn wir etwas hereinnehmen wollen. Mit der Mark allein können wir es nicht schaffen. Mit dem gedruckten Papier können wir es unmöglich leisten. Unsere Valuta spielt infolgedessen eine ganz erhebliche Rolle. Das wird vielfach übersehen. Ein Kilogramm Fett, das heute in Holland 8 Gusden kostet. kommt uns an Ort und Stelle auf nahezu 200 zu stehen; ich frage Sie, wie sollen wir bei

einem solchen Stande unserer Mark denn solche Stoffe einführen? Das geht nur noch eine Weile. Heute steht unsere Mark in Helland so, als wenn sie 10 Pfennig gälte im Vergleich zu früher. Wenn sie weiter sinken, wenn sie auf 5 Pfennig sinken sollte was ein gütiges Geschick verhüten möge dann vürde sich jenes Kilogramm Fett auf 400 nach unserem Gelde stellen Wenn sie auf 1 Pfennig sinken sollte, dann würde es auf 1000 kommen. Daß da keine Einfuhr

8 1 8 . S“ 1“ * I1I .“