1920 / 79 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 15 Apr 1920 18:00:01 GMT) scan diff

schäftigen. (Zuruf rechts: „Der Feind steht rechts!*) Ich habe mich ja darüber ausgesprochen. MNun einige Bemerkungen zu dem, was der Herr Abgeordnete Trimborn über die Notwendigkeit des Standrechts gesagt hat. Wie liegen die Dinge in den Bezirken nördlich der Ruhr? Abgesehen von einem kleinen Bezirk in der Bochumer Gegend fimden dort jetzt Kampf⸗ bandlungen in dem Gebiet nördlich der Ruhr nicht statt, und wenn die inge so liegen, muß es doch möglich sein, daß eine Säuberungsaktion dort durchzuführen ist, auch ohne das Standrecht einführen zu müssen. Ich weiß, daß auch darim weite Kreise der Bevölkerung dort mit mir durchaus übereinstimmen.

Herr Abgeordneter Trimborn hat recht: wenn das Standrecht nicht eingeführt wird, muß dafür gesorgt werden, daß die außerordentlichen Kriegsgerichte vermehrt weren, damit sie in der Lage sind, schneller zu arbeiten. Vorbereitungen sind von uns bereits Ende der vorigen Woche getroffen worden. Wir haben eine Vermehrung der außer⸗ ordentlichen Kriegsgerichte angeordnet, und es wird mit diesem Mitbel möglich sein, in jenem Bezirk Ordnung zu schaffen.

Es hann auch gar keine Rede davon sein, daß etwa der Reichs⸗ präsident, wie es nach den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Trimborn den Anschein haben könnte, dort wahllos seim Begnadigungs⸗ recht ausüben will. Meime Herren, in diesen Zeiten des Bürgerkrieges liegen die Dinge si difficile, daß der Herr Reichspräsident recht darin hat, wenn er sich das Begnadigungsrecht vorbehält. Keiner von uns will, daß man dort die Dinge laufen läßt, keiner von uns will irgend eine Enisckuldigung für die Greuel haben, die dort von dem Janhagel des Bezirks und von dem Janhagel anderer Bezirke, die sich dort zusammengefunden hoben, begamngen worden sind, und ich glaube, daß sich dieser Teil der Rede des Herrn Abgeordneten Trimborn nicht gegen die Regierung gerichtet hat, sondern wo anders hin (Zustimmung des Abgeordneten Trimborn), weil ich in dieser Beziehung gestern, glaube ich, so deutssich und klar gesprochen habe, daß über die Stellung der Regierung nicht der geringste Zweifel seim kann, und niemand daran denkt, den Manwell der Liebe über Verbnecher hängen zu wollen, die dort am Werke gewesen sind.

Meine Herren, die Stellung der Regierung in solchen Zeiten, wo in einem Teil des Reiches der Bürgerkrieg herrscht, in anderen Teilen der Bürgerkrieg wieder aufzulodern scheint, ist eine ungeheuer schwierige, und es fällt auch einer Koalitionsregierung nicht immer leicht, das Richtige zu treffen, um alle Bevölkerungsschichten zufrieden zu stellen. (Sehr richtig!)

Ich habe so oft in letzter Zeit Gelegenheit gehabt, Vertretern des Auesllandes auseinandersetzen zu müssen, in welchen Fieberzuständen sich unser Volk befindet, wie wir heute noch unter den Nachwirkungen der Kriegszeit leiden, wie wir deran leiden, daß unser Volk, man kann wohl sagen, seit den Jahren 1915, 1916 nicht mehr die Ernährung gehabt, die es früher hatte, und wie wir in ganz anderer Verfassung wären, wenn unser Volk eiwa nach englischem Muster in der Lage gewesen wäre, Beefsteaks und Hammelkoteletts zu genießen. Wir müssen mit dieser Mentalität des deutschen Volkes rechnen und müssen uns auf sie einstellen. Wir können deshalb auch nicht immer in der Politik wie in der Mathematik den kürzesten Weg zwischen zwei Punkten als den richtigen und zweckmäßigen anerkennen.

Ich verstehe deshalb auch durchaus, daß aus den Reihen der Koalitionsparteien an uns Kritik geübt wird. Wir haben von sozial⸗ demokratischer Seite und haben in der heutigen Sitzung von Zentrums⸗ seite Kritik gehört. Ich verstehe diese Kritik, ich möchte sie nicht⸗ missen. Jeder wird uns nachfühlen können, daß keiner zu seinem Ver⸗ gnügen an dieser Stelle steht, daß jeder den Tag segnen würde, an

dem ein anderer gefunden würde, der bereit wäre, getragen vom Ver⸗ auen der Volksvertetung, an diese Stelle zu treten. Ich sage: Kritik muß sein, kann sein, aber Kritik ich glaube darin Herrn Abgeordneten Trimborn richtig verstanden zu haben ist unter den Regierungsverhältnissen, die wir haben, mrr möglich und zulässig im Rahmen des Vertrauens der Volksvertretung, das insbesondere die Koalitionsparteien zu der Regierung haben müssen. (Beifall bei den Mehrheitsparteien.) Abg. Lattmann (D. Negts Die Worte, die der Präsident gestern gegen die Uebergriffe der Entente richtete, fanden den stüͤrmischen Beifall des ganzen Hauses. Schade, daß demgegenüber die Rede des Reichskanzlers eine reine Wahlagitationsrede war. (Große Unruhe links.) Das Interesse des Vaterlandes müßte allen über den Inter⸗ essen der Partei stehen. (Lebhafte ironische Zurufe links: Sehr richtig.) Die Behauptung, daß die Deutschnationalen an dem Kapp⸗ Putsch beteiligt gewesen seien, ist unwahr. (Widerspruch links.) Von unserer Seite aus war die Regierung aufmerlsam gemacht worden, r die amtlichen Stellen erklärten, sie seien über alles unterrichtet. (Hört, hörtl rechts.) Der Präsident des Hauses hat in Stuttgart feststellen können, daß sich alle Parteien in der Verurteilung des HKapp⸗Putsches einig waren. Die Unruhen im Ruhrgebiet sind aber keine Folge des Kapp⸗Putsches. Diese bolschewistische Bewegung war feit langem vorbereitet, und sie wurde wieder gespeist aus den Kassen er russischen Juden. Wir verlangen auch die Beschlagnahme des Vermögens der Leute, die an der Bewegung im Ruhrgebiet die Schulldd tragen. Die Vergötterung des Generalstreiks der Vergangenbeit und eine Androhung für die Zukunft ist eine schwere Versündigung am Das wird auch von Zentrumskreisen und von wahrheits⸗ Uebenden Demokraten anerkannt. In einem Zentrumsblatte hieß es, die Regierung schleudere mit dem Generalstreik die Brandfackel in das eigene Haus, und von demokratischer Seite wurde zugegeben: Mit einem solchen Unternehmen erklärt sich die Regierung bankrott und stellt sich unter das Joch der Gewerkschaften. Die Reichswehr boauchen wir, aber wie geht die Regierung vor? Eine Abordnung der bayerischen Reichswehrmannschaften wurde von der Regierung nicht nmal empfangen. Der Reichskanzler hätte ruhig bekennen können: Oh wenn auch wir nur den Militarismus noch hätten, dann hätten wir uns gegen den französischen Vormarsch wehren können! (Zurufe llinks: Unerhört!) Die Gefahr des Bolschewismus darf niemand unter⸗ schätzen. Ich hoffe, daß auch in den sogenannten Mehrheitsparteien noch so viel Vaterlandsgefühl ist daß sie dem Volke zurufen, sich gegen diese Gefahr aufzuraffen. (Beifall rechts.)

Reichswehrminister Dr. Geßler: Sehr verehrte Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Lattmann hat auch hier das Gerücht vorgetragen, daß eine Abordnung von bayerischen Truppen, die hier vorstellig werden wollte, nicht angekommen ist. Ich habe heute früh schon der Presse gegenüber dies als einen glatten Schwindel erklären müssen. (Hört! Hört! bei den Mehrheitsp. Zurufe rechts.) Ich sage Ihnen ja, ich habe heute früh der Presse gegenüber dies als glatten Sch vindel erklären müssen! Ich benutze aber die Gelegen⸗ heit, es auch von hier aus noch einmal ausdrücklich zu tun, weil man tatsäͤchlich jetzt in Süddeutschland mit dieser Tendenzlüge (bört, hört! bei den D. D. und Soz.) hausi ren geht. Ich betrachte es immer als einen besonderen Vorzug, wenn Bayern zu mir kommen, weil Bayern meine Heimat ist, nach der ich mich zurücksehne. Des⸗

halb lege ich das größte Gewicht darauf, da ich auch von dem bavperi⸗

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schen Herrn Gesandten wegen der Sache schon zur Rede gestellt worden bin, hier zu erklären, daß das eine jener frechen Lügen ist, mit denen heute gegen die Reichsregierung gehetzt wird, um die Reichseinheit zu sprengen (sehr richtig! bei den D. D. und Soz.) und die partikularistischen Instinkte aufzupeitschen. (Erneute Zu⸗ stimmung.)

Reichsjustizminister Dr. BZlunck: Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Hue hat hier Besorgnisse seiner Freunde darüber ausgesprochen, daß von seiten der Reichsregierung und der zuständigen Organe nicht mit der nötigen Energie gegen die Hochverräter Kapp. Lüttwitz und Genossen eingeschritten werde. Ich kann wohl begreifen⸗ daß derartige Besorgnisse bestehen, kann aber erwidern, daß sie voll⸗ kommen unbegründet sind. Von seiten der Reichsregierung und aller zuständigen Instanzen ist alles geschehen, was in unserer Macht steht, um die Anstifter und Rädelsführer dieses Unternehmens zur strafrecht⸗ lichen Verantwortung zu ziehen. Ich habe Ihnen bereits in der Woche vor Ostern die Namen derenigen bekanntgegeben, gegen die damals Haftbefehl und Steckbrief erlassen war. Nun ist mir vorgeworfen worden: wer sitzt denn außer denen. die damals genannt sind, heute hinter Schloß und Riegel? Darauf kann ich nur antworten: wir haben einen Steckbrief erlassen, der überall bekanntgemacht worden ist; wir haben eine Belohnung für die Ergreifung der Täter ausgesetzt, bisher sind sie aber noch nicht gefaßt. Ein früherer unabhängiger Kollege, Genosse Dittmann (große Heiterkeit) ich meinte „Genosse“ insofern, alls er Mitglied der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei war erklärte mir vor einer Woche, seine Freunde seien außer⸗ ordentlich ärgerlich, weil man weder Herrn Kapp noch Herrn von Lüttwitz ergriffen habe. Ich erwiderte darauf, ich müßte mich immer noch an die alte Nürnberger Regel halten. Da meinte er, er wisse, wo Lüttwitz sei. Darauf habe ich ihm gesagt: das freut mich. Sie können dann von mir 10 000 erhalten, die dafür ausgesetzt sind. Er er⸗ widerte: auf die 10 000 verzichte ich, aber die Adresse will ich Ihnen mitteilen. Bis heute warte ich aber noch auf die Mitteilung des Herrn Dittmann. (Zuruf links.) In der Zeitung stand, er solle sich im Kreise Franzburg aufhalten. (Zuruf links: Das stimmt nicht!) Wenn Sie mir eine genaue Adresse angeben, werde ich schon dafür sorgen, daß diese Adresse an die zuständigen Polizeiorgane weiter⸗ geht. Solange wir aber die Adresse nicht haben, solange wir nicht wissen, wo die Leute sich befinden, können wir sie auch nicht verhaften lassen.

Es sind inzwischen gegen eine weitere Reihe von Personen ebenfalls Haflbefehle ergangen. Ich will die Namen heute hier nicht mitteilen aus verschiedenen Gründen, ich behalte mir aber eine Mitteilung darüber für die Oeffentlichkeit vor. Ich will aber noch hinzufügen, daß mit der gleichen Energie von seiten des Reichsjustiz⸗ ministeriums gegen alle diejenigen das Verfahren angeordnet ist, die an dem hochverräterischen Unternehmen im Ruhrgebiet als Anstifter und Anschürer beteiligt sind. Ich habe dem Oberreichsanwalt schon vor Ostern mündlich und demnächst auch schriftlich davüber Mitteilung gemacht, und das Verfahren wird mit aller Energie durchgeführt werden. (Zurufe rechts: Die haben Sie ja amnestiert!) Eine Amnestie kommt für diese Verbrecher gar nicht in Frage, davon kann gar keine Rede sein, und wenn die Herren den Vonrärts von heute morgen gelesen haben, so werden Sie gelesen haben, daß auch der Vonvärts verlangt, daß die Hetzer und Schürer im Ruhrgebiet zur Verantwortung gezogen werden. Jedenfalls werde ich, solange ich die Ehre habe, als Reichsjustizminister hier vor Ihnen zu reden, stets den Standpunkt vertreten, daß wir die Verbrecher auf allen Seiten fassen und mit aller Strenge zugreisen müssen, gleichgültig, ob sie rechts oder links stehen. (Zuruf: Auch in der Mitte? Heiterkeit.) Ja, auch wenn sie in der Mitte stehen. (Wiederholte Heiterkeit.)

Ich komme nun zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Lattmann. Herr Kollege Lattmann hat behauptet (Zuruf: Der Schwindel ist schon nachgewiesen!) Ich werde ihm wohl noch einiges mehr nachweisen können. Herr Kollege Lattmann hat sich wiederum dagegen gewendet, daß man die Rechtsparteien für das große Unglück, das der Kapp⸗Putsch über unser Vaterland gebracht hat, veran nwortlich mache, indem er meinte, sie wären überhaupt an der Geschichte nicht beteiligt, und durch die authentische Erklärung, die die Führer der beiden rechtsstehenden Parteien am N7. März in der „Täglichen Rundschau“ und in der „Deutschen Tageszeitung“ veröffentlicht haben, sei nachgewiesen, daß sie der Sache vollständig ferngestanden hätten. Ich meine: in dieser Logik kann man Herrn Kollegen Lattmann nicht folgen. Am 4. März hat nach dieser authentischen Erklärung eine Unterredung zwischen Herrn v. Lüttwitz auf der einen Seite und den Führern der Rechtsparteien auf der anderen Seite stattgefunden. In dieser Unterredung haben die Herren von den Rechtsparteien Herrn von Lüttwitz unter anderem ich zitiere wörtlich gesagt: „An einen ernsten militärischen Druck könne und dürfe im Ernst nicht gedacht werden, ein solcher sei Wahnsäinn dieser Aus⸗ spruch ist direkt gebraucht worden und die beiden Parteien der Rechten würden jeden derartigen Druck mit einer glatten Absage beantworten.’“ (Sehr richtig! rechts.) Ja, das haben Sie am 4. März gesagt. Aber was haben Sie am 13. März getan? Darauf kommt es an. (Zuruf rechts: Gar nichts!) Das werde ich Ihnen vorlesen. Sie haben am 13. März eine Erklärung erlassen. (Zurufe rechts: Das ist eine bewußte Unwahrheit!) Es ist Ihnen natürlich unangenehm, daß Sie es jetzt hören müssen, aber es kann dem Volke nicht klar genug und deutlich gesagt werden, in welch verbrecherischer Weise Leute, die sich ihrer Verantwortung dem Volke gegenüber mehr hätten bewußt sein sollen, als diese Militärs, hier tatsächlich mit dem Wohle des Volkes gespielt haben. (Sehr richtig! bei den Mehrheitsparteien.) Am 13. März hat die Deutsche Volkspartei diese „glatte Absage“ an den „Wahnsinn“ von sich gegeben. (Andauernde Zurufe rechts. Gegenrufe von den Mehr⸗ heitsparteien.) Ich kann warten, his Sie wieder ruhig sind. Diese Erklärung beginnt nicht mit einer solchen Absage, sondern mit einer Rechtfertigung dieses Putsches:

„Die bisherige Regierung hat es nicht verstanden, das Vertrauen der Mehrheit des Volkes sich zu erwerben.“ (Sehr richtig! rechts.) Dann heißt es weiter: 98

„Nunmehr hat sich eine neue Regierung gebildet. Alle diejenigen, denen daran gelegen ist, daß sich der Wiederaufbau unseres Vater⸗ landes in ruhiger und ordnungsmäßiger Weise vollzieht, müssen sich jetzt zu der Forderung zusammenfinden, daß die neue Regierung

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zunächst Bürgschaften gibt für die Sicherung der

Eigentums und der Freiheit der Arbeit.“ (Hört, hört! bei den Mehrheitsparteien.)

„Die liberalen Grundsätze der Deutschen Volkspartei bleiben durch

die Umwälzung unberührt.“ (Sehr richtig! rechts.)

„Daher verlangen wir die schnellste Ueberleitung der heutigen

provisorischen Regierung in eine gesetzmäßige.“ (Hört, hört!) Das ist die glatte Absage an den Wahnsinn, die Sie erlassen wollten. Es geht aber noch weiter:

„Wir erwarten“ (Zuruf rechts: Sie haben ja verschiedenes weggelassen!) Ich will es Ihnen dann ganz vorlesen. Wir können den Herrschaften wirklich den Gefallen tun. Es ist nach meiner Meinung notwendig, das ganze Dokument unserem stenographischen Bericht einzuverleiben. (Sehr richtig! bei den Mehrheitsparteien.) Also ich lese es jetzt vollständig vor. (Zurufe rechts.) Regen Sie sich nur nicht auf, Herr Beuer⸗ mann. (Erneute Zurufe rechts. Glocke des Präsidenten.)

Also ich lese jetzt das ganze Dokument vor und bitte die Herren,

mir dann zu sagen, was Sie als glatte Absage in dieser Erklärung

Erklärung.

Die in Berlin versammelten Mitglieder der Fraktionen und . Geschäftsführenden Ausschusses der Deutschen Volkspartei erlastr, unter dem 13. März folgenden Aufruf:

Die bisherige Regierung hat es nicht verstanden, das Vet trauen der Mehrheit des Volkes sich zu erwerben. (Sehr richtig. rechts.) Sie hat sich jedem Streben zur Neubildung einer Re⸗ gierung auf verfassungsmäßigem Wege durch Vornahme von Neu⸗ wahlen widersetzt und darüber hinaus den Bruch der bisherigen Reichsverfassung zur Sicherung ihrer Parteimacht erstrebt.

Damit ist wohl gemeint, daß in einigen Parteien der Wunsch laut geworden war, den Reichspräsidenten nicht durch das Volk, son⸗ dern durch die Nationalversammlung wählen zu lassen.

Dadurch trägt sie die Verantwortung, daß der Weg der organischen Fortentwicklung, zu dem wir uns bekennen, durchbrochen worden ist. Also das ist die glatte Absage an den verbrecherischen Wahnsinn, die Sie am 4. März zugesagt hatten. (Lebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien. Zurufe von der Deutschen Volkspartei: Warum haben Sie diesen Satz eben weggelassen?) Warum ich ihn weg⸗ gelassen habe? Weil ich darin keine solche Absage sehe. (Cebhafter Widerspruch bei der Deutschen Volkspartei. Zustimmung und Zu⸗ rufe von den Mehrheitsparteien.) Es heißt dann weiter: Nunmehr hat sich eine neue Regierung gebildet. Alle diejenigen, denen daran gelegen ist, daß sich der Wiederaufbau unseres Vater⸗ landes in ruhiger und ordnungsmäßiger Weise vollzieht, müssen sich jetzt in der Forderung zusammenfinden, daß die neue Regierung zunächst Bürgschaften gibt für die Sicherung der Ordnung, des Eigentums und der Freiheit der Arbeit. Die liberalen Grundsätze der Deutschen Volkspartei bleiben durch die Umwälzung unberührt. Ich glaube, es war auch nicht möglich, sie nach dieser Stellung⸗ nahme irgendwie noch zu berühren. Daher verlangen wir die schnellste Ueberleitung der heutigen provi⸗ sorischen Regierung in eine gesetzmäßige. Wir erwarten, daß die Regierung 1 das beißt also diese Kappsche Regierung! lebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien) unverzüglich Neuwahlen zu den gesetzgebenden Körperschaften auf der Grundlage des bisherigen freiheitlichen Wahlrechts herbeiführt und dadurch die Bildung einer verfassungsmäßigen Regierung sicher⸗ stellt, zu der alle Parteien heranzuziehen sind, denen es ernst ist mit dem Wiederaufbau unserer Wirtschaft und der Wahrung der nationalen Würde. (Zuruf von der Deutschen Volkspartei: Das ist besser wie der General⸗ streik! Große Heiterkeit bei den Mehrheitsparteien.) Was Ihre Freunde unter „Wahrung der nationalen Würde“ verstehen, das haben wir, glaube ich, in den letzten Jahren zur Genüge kennen gelernt. (Lebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien. Zuruf von der Deutschen Volkspartei: Das verstehen Sie nicht!) Nein, Gott sei Dank, das verstehe ich nicht! (Fortdauernde Zurufe.) Aber nun geht es weiter, es ist nur noch ein Satz, und dieser Satz ist mit der wichtigste. (Fortdauernde Zurufe von der Deutschen Volkspartet. Gegenrufe von den Mehrheitsparteien.) Es heißt weiter: Bis dahin müssen wir es uns zur Pflicht machen, durch einträchtiges Zusammemwirken (Hört, hört! bei den Sozialdemofraten.) uns davor zu bewahren, daß innerer Kampf unseren politischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch herbeiführt. Also „einträchtiges Zusammemwirken“ mit der neuen Regierung, das ist die glatte Absage an den verbrecherischen Wahnsinn, die Sie am 4. März in Aussicht gestellt haben. (Stürmischer Widerspruch und Zurufe von der Deutschen Volkspartei. Lebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien. Abg. Beuermann: Das ist eine bewußte Unwahrheit: Große Heiterkeit bei den Mehrheitsparteien. Glocke des Präsidenten.)

Wenn man die an sich unklare und molluskenhafte Haltung der Deutschen Volkspartei beurteilen will, dann ist dieses Dokument immerhin eine kraftvolle Erklärung zugunsten der neuen Regierung, wie sie kraftvoller kaum gedacht werden kann. (Sehr wahr! bei den Mehrheitsparteien.) Nie und nimmer haben Sie diese Erklärung jemals desavouiert. (Widerspruch bei der Deutschen Volkspartei. Abg. Dr. Becker (Hessen): Doch, am nächsten Tage! Gegenrufe von den Sozialdemokraten: Nachher, wie die Sache gefährlich wurde. Große Heiterkeit bei den Mehrheitsparteien.) Also der Herr Kollege Dr. Becker (Hessen) behauptet jetzt, dies sei keine offizielle Erkläcung der Deutschen Volkspartei gewesen. Ja, dann weiß ich allerdings nicht, was ich dazu noch sagen soll. (Zustimmung und Zurufe von den Mehrheitsparteien.)

Meine Damen und Herren! Ich habe dann hier ebenfalls die Erklärung der Deutschnationalen Volkspartei. Ich bin gern bereit, sie auch im vollen Wortlaut vorzulesen. (Zurufe von den Mehrheits⸗ parteien: Nein!) Sie ist noch einige Nuanocen schärfer als die Er⸗ klärung der Deutschen Volkspartei. Aber ich glaube, wir können davauf verzichten, sie auch hier noch zu den Akten zu nehmen.

Fertetung aus der Jweiten Beilage.)

Herr Kollede Latrmanm Hat hier ferner die Behanptung auf⸗ gestellt, als am 4. März die Führer der Rechtsparteien von Herrr von Lüttwitz über seine Plime unterrichtet worden seien, hätten sie den Reichskanzler Bauer davon denachrichtigt, und somit Heabbe die Ne⸗ gierumg von der gansen Wyschichte Kemtnis gehaäbt. Das ist eine vollkommen erlogene ö (Große Unruhe und Zurufe. Glocke des Prösidenten.)⸗ 1 Ich habe den Satz nicht zu Ende sprechen könmen, ich wollte sort⸗ fahren: wobei ich⸗selbstverständlich nicht sagen will, daß Herr Kollege Lattmann der Erfinder dieser Lüge ist, sondern daß ihm das von irgendeiner Seite außerhalb des Hauses zugetragen worden ist. (Glocke des Präsidenten.) Ich muß allerdings dem Herrn Kollegen Lattmann den Vorwurf machen, daß er in sehr oberflächlicher Weise die Zeitungen gelesen hat; denn die authentische Erklärung der beiden Rechtsparteien, auf die er sich selbst mehrfach bezogen hat, sagt, nach⸗ dem sie den ganzen Verlauf des Zusammentreffens vom 4. Mäörz ge⸗ schildert hat, wörtlich folgendes: Unter diesen Umständen da wird nümlich auseinandergesetzt, daß de Herren die Sache eigentlich gar nicht für ernst gehalten hätten 1 erübvigte sich natürlich jede Mittcilung an bie Regierung. . (Zuruf’ rechts: Weil die Mitteilung schon erfolgt war!) Es Kiegt eine Mitteilung des preußischen Komnussars fir öffentliche Ordnung vor daz ist nun schon so ost. mitgeteilt worden —, in der er ganz all⸗ gemꝰn davon berichtet, daß einé derartig⸗ Bewegung imnbden mlitärischen Kreisen bestünde. (Zurufe rechts: Ra elso!) Er hat berichtet, daß die Stimmung ernft sei, daß aber eine Gefahr für die nächste Zet imn keiner Weise zu befürchten sei. (Zuruf rechts: Und die Regierung hat nicht die Folgerung daraus gezogen?) Das war am 8. März, die Regierung hat daraif am 9. März Herrn von Lüttwitz zu sich berufen, und im Anschluß an diese Unterrodung ist das Ver⸗ fahren gegen Herrn von Lüttwitz sowie gegen die anderen ein⸗ geleitet worden. Die Regierung hat also nichts versäumt. Herr Kollege Lattmann hat mweiterhin schweres Geschütz gegen die verbrecherische Regierung aufgefahren, die durch Entfachung des Generalftreiks das Land eigentlich erst in dieses Unglück gestürzt habe. (Sehr richtig! rechts.) Dieser Vorwurf steht auf derselben Höhe wie heute morgen eine Notiz in der „Täglichen Nundschau“, die fol· gendes sagt: Diese famose Regierung hat nichts getan, um den für Mitte März angckündigten bolschewistischen Aufstand ich weiß davon nichts zu hintertrerben, und sie hat damm, als die Marinobrigade Chahard unter der Parole „gegen Verfassungsbruch und Bolschewismus“ in Berhn einrückte 1

(garoße Heiterkeit links),

es nicht verstanden, diese Streitkraft in den Dienst der Ordnung zu stellen

kernente Heiterkeit Ninkeꝛ) sondern sie hat durch die Ausrufung des Generalstreiks das ganze deutsche Volk auf die Straße gehetzt. Daraus sind die Unruhen cntstanden.

(Zuruvfe: Das ist wohl vom 1. April!) Nein, die Nummer ist

pom heutigen Vormittag.

Nun wird es ja so dargestellt, als ob der Generalstreik, den übrigens die Regierung gar nicht eimnal (Zurufe rechts), den die Re⸗ gieruunmg als solche gar nicht (Zurufe rechts: Führen Sie den Satz zu Ende!) den die Regierung alés solche niemals proklamiert hat (Zuruf rechts: Natürlich hat sie das!) nein das ist nie geschehen! (Zurmfe rechts und Geogenrufe links.) Warten Sie nur! Sie stellen es jetzt immer so hin, als ob dieser Generalstreik gänzlich ohne Grund ausgebrochen sei, ohne daß er von diesen Mäunnern, die sich, wie es in der „Täglichen Rundschau“ so schön bheißt, „gegen Ver⸗ zessungebruch und Bolschewismus“ der Regierung zur Verfügung stellen wvollten, vorausgesehen werden konntè Nun, meine Damen und Herren, da bin ich doch in der Lage, der „Täglichen Rundschau“, aber Dirge in einmd ences

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v⸗“ Se. AA , E111252 ga te Serren ben der Nilten ernma. Fee;

awberen, un ror knmäßiger Liazt drzustellen. hau M. Mirz ift de der Rrderktem Echhiphie Doꝛcesncacng ef⸗

haftr worden. vwei Tage ber, bem Putsch Zerf üte: Wer 1 l

Trritler?), vnd bar desein errn ist ein voleftindiger Organisat: vrrs⸗

RNar tes Kadp⸗Htschae gefurden worden. Zurif recer: Wer ist

Aehrrthle:?) Daser Orgarisationbplan ist gencu detailliert und krifft Vorforde er alle Anzelnen Punkte. Er ist zu lang, aber wir können ihn vielleicht in der nächsten Zeit an die Presse geben. (Zuruf rechts: EvHitG) ““ Aufrufe an das Volk und an die Truppen, in 9 Anlagen em⸗ Uerlten: RNotifikatton an die fremden Regierungen; Gesetzeeberische Maßnahmen: a) Sicherungennaßnahmen, .“ b) gesetzgeberische politische Maßnahmen, dc) gesetzgeberische wirtschaftliche Maßnahmen. (Buruf vechts: Wer ist denn Schnitzler?) Das ist der Mann, gegen Iin ich Steckbrick beamtvagt habe. (Zurufe rochts: Wer ist das denne) Danmn kommt unter IV: Dre Beteiligung anderer Bundesstaaben am politischen Umschwunng und die dieserhalb zu ergreifenden Maßnachmen. (Zurnf rechts: Ist Schnützler ein sozaldemokratischer Redakteur⸗) Unter V beifßt es: Kabe ne utshildang. (Zuruf rechts: Schreibt er im „Berliner Tagsblatt“’? Glocke des Präsidenten.) teine Damen umd Herren! Als ich dieses Dolument zuerst in zatte, da glaubte ich, es sei erst moch dem Putsch entstanden ehl es vuf die Eintzelheiten ein, die tatsächlich bei dem Putsch

damals müöͤlitämsch ufw. durchgeführt worden sind. (Zuraf rechte: Dem stergt Kepp in meiner Achtung! Heiterkeit rechts.) Unter VI ommen dann:

Maßnahmen zur Niederschlagung von Streiks. (Hört, hört! linss. Zuruf vechts: Wer ist denn Scnu tzler!) und es heißt darin: 1

Die Unterdrückimg von Generelstreiks bildet einen Hauptteil der

nuülitärischerseits vorzubereitenden Maßnahmen. Millitärscher Schut

der Eisenbahnknotenpumkte, der Zenmalwerlstätten und von Lbens⸗ wichtigen Betrieben (Post, Telegraph, Fernsprechämter, Gas⸗,

Wasser⸗, Elekvozitäbswerke), Beschoffung von Ersatzkräften in Ver⸗

bindung insbesondeve mit einem wirksamen Schutz der Arbeits⸗

welligen. Versorgung der Arbeiter lebenswichtiger Beniebe mit

Lobensmittemm umd Brenmstoffen, die im Wege des Umlegeverfahrens

mufzubringen sind. (Zunf rechts: Was soll das?) 1““

Gewährumng von Arbeitspränen, Ernlöhnung dunch Akkordsätze, ins⸗

besondere für Ueberstuntden.

(Zuvuf rechts: Herr Minister, wer ist Schnitzler?) Dom bommt under VII:

Techmik des Einsetzens der neuen Regierungsgewolk;

Vevrhaͤltnis zur Enterre;

Abgrenzung der Exwekutivgaralt prischen der polit schen Dikdatur und Oberstem Millitenbefeklshober nach Gelingen der Altion;

X. Besondere Maßnahmen gegen überwehenem Lurus:

(Zumif rechts: Was geht ums das ane Große Heiterdeir Uaks.) Ich habe Ihnen hier zunächst &᷑nmel atenmäßig den Nachnreis dafüir liefert, daß die Urhebar und Anstifter dieses ver⸗ brechsrischen Putsches sich von vornherein genau darüber klar gewesen sind, duß das Volk diesen Putschmiteinam Generalstreik beantwortenwürde, (lebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien) das ist es, worauf es ankommt daßsichder Generalstreik gewäisser⸗ maßon wie eimn Natturnotwendüigkeit durchsetzen mußte. Denn gogenüber dieser Revolte des Militärs darauf hat schon vorhin einer der Vorredner hingewiesen war der Generalstreik das einzige unserem deutschen Volke zu Gebote stebende Mittel, (leb⸗ hafte Zustimmung links) um diesen Bruch, der Verfassung und dissen Umsturz von sich abzuwölzen. (Erneute lebhaßte Bustimmung limks. Ardauernder Lämn umd Zurufe wckte: Wer ist Schnitzler! Glocke des Präsidenten.)

Ich habe das Signalement des Herrn Schnitzler mit dem Haft⸗ befehl und dem Steckbrief veröffentlicht. Ich bitte Sie, lesen Sie den Steckbrief, dann werden Sie darüber unterrichtet sein. (Zuruf rechts: Sie haben von den Rechtsparteien in Verbindung mit Schnitzler gesprochen!) Gewiß, das dvill ich gleich beweisen. Hier haben wir also den dokumentarischen Beweis dafür, daß die Urheber des Putsches den Genoralstreik genau vorausgesehen haben. Da Ihnen, den Rechtsparteien, 8 Tage vorher von diesem großen Putsch Mit⸗ teilung gemacht worden ist und Sie nach eigenem Eingeständnis nichts gekan haben (große Unwihe und erregte Zurufe rechts: Unerhört! Wo steht denn, daß von dem Putsch etwas mitgeteilt iste) Was haben Sie denn getmm, um diese Sache zu vechindern? (Erneute große Unrube und erregte Zwischenrufe rechts. Glocke des Präsi⸗ denten.)

Sie alle kennen die authentische Darstellung der Rechtsparteien über die Vorceschichte des Partsches, insoweit es sich um die Mit⸗ teilungen des Herrn von Lüttwitz handelt. Nach der vorsichtigen Stilisierung, die davon spricht, daß seine Aeußerungen „unblar“ und „unsicher“ gewesen sind, und die von der „Unklarheit seiner Ziele“ spricht, haben Sie, wie es hier heißt, ihm gegenüber gesagt, daß es ein „Wahnsinn sei, an einen ernsthaften militärischen Druck zu denken“; Sie haben ferner ausdrücklich in dieser Unterhaltung ihm gegenüber erklärt, „Sie würden das mit einer glatten Absage be⸗ annvorten“. (Lebhafte Rufe rechts: Na alsov!) Aber Sie haben Bert Nrder aimfsenes Deeres m bdexer veen Gedueher an Sie herer⸗ getred ei. Dos ist es, wos dch Fhnen an Voaritef gerccht Habe. Wer das mi und wer domm om dü3. Marz biese richt mm wol⸗ wollende, fritern direet irpachesievende ind urterstüterde Salvrm einniment, der merbt fich zum Mitschusdigen. (Lebhaste Zustimmung bei den Meicheitsparreien. Großer Lürm und Unrohe rechts. Wiederholte Rufe rechts: Wer ist nun Schnitzler?)

Meine Damen und Herren, Herr Lattmann hat endlich daven gesprochen, daß der Reichskanzler cinen Aufruf an alle hätte erlassen sollen, sich um die Verfassung zu scharen oder, wie er sich ausgedrückt hat, jedensalls über den Parteien zu stehen und alle zur Mitarbeit aufzurufen in dieser schrweren Zeit. Ich glaube, niemandem würde 3 dem Heirn Reichskanzler, hier einen solchen Aufruf an unser ganzes deuksches Volk zu enlassen. (Rufe echts: Warum tut er es denn nicht?) Aber diejenigen Parteien, die sich grunsätzlich nicht auf den Beden der Verfassung stellen (große Unruhe und Ruse vechts: Wer iut denn das? Gegenrufe links: Ihr), diese Parteien, gleich⸗ viel, ob sie rechts oder links sind, können von uns nicht zu einer politischen Mitarbeit herangezogen werden, da wir ein gedeihliches Zusammenwirken auf dem Boden der Verfassung von ihnen nicht erwarten können. (Erneuter lebhafter Widerspruch rechts.) Wir haben heute mehr als je die Veranlassung, dafür zu sorgen, daß in unserem ganzen Volke Klarheit darüber geschaffen wird, daß die R. gierung nur aus Männern besteht, die entschlossen und gewillt sin

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mit allen uns überhaupt zu Gebote stehenden Mitteln unsere Ver nl

fassung und damit die alleinige Grundlage für die Zukunft unseres deutschen Volkes zu verteidigen. (Lebhafter wiederholter Beifall bei den Mehrheitsparteien. Gwßer Lärm rechts.)

Abg. Dr. Most (D. B.): Der Reichsjuftizminister hat durch die At und Ferm

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seiner Rede ein parlamentarisches Zusammenarbeiten

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geradezu unmöglich gemacht, mat ihr hat er das tiefste Niveau erreich das wir jemals bei einem Minister bemerkt haben. (Sehr richtig rechts.) Unser Froktionsvorsitzender Dr. Heinze hat ausführlich da⸗ gelegt, wie unse re Haltung gegenüber dem Kapp⸗Putsch gewesen At Er darf derlangen, dent ihm geglaust wiro; des Borgel en dcs Reichs⸗ justizministers ist danach umerhört. (Zuruf: Ihnen fehlt es bloß on u t!) Meinen Mut habe ich in den Spantakustagen von Duiesburg bewiesen. Ich hätte es nick: crraärtet, deß der Justizminister, um die Rechte anzugreifen, den pokmphen Plan eines Dr. Schnitzler vorlegen würde, zumal er irgend einen Anlaß zu diesem Angriff nicht hatte. Das wichtigste ist fuür uns: Wie kommen wir aus all den ungebeuren Gefahren heraus, in denen wir uns befinden? Wernn Sie uns zum Vorwurf machen, daß in unserm Aufruf die Worte „neue Regierung stehen, so befinden wir uns da in der Gesellschaft der „Frankfurter Zeitung“, die gleichfalls diese Worte gebraucht hat. Wenn der Reichs⸗ zamzler sagt, ohne Kapp⸗Putsch kein Gcneralstreik, so muß ich darcir. zimweisen, der ich lange genug in dem Wetterwinkel gesessen habe, daf: der Linksputsch lange vorb ist. Erst der Generalstreik hat Sen Boden geschaffen für die allgemeine Venrirrung (sehy richtigl rech ish, durch ihr wurde die Voraussetzung geschaffen für die Expresserpolct der letzten Wochen, wie es die „Köln. Volkszeitung“ ausdrückt. Den Sozialdemokraten gebührt der traurige Ruhm, die Parole zum Genere streik ausgegeben zu haben. Für so gleichaültig wie Minister Koch halte

ich den Generalstreik nicht. Vor allen Dingen ist es miͤcht gleichgülheg, daß der Reichsprösident dazu seine Umterschrift geleistet hat. Nach emer Verordnung der Regierung ist derjenjge zu belangen, der durch Wort Schrift oder ander Maßnahmen lebenswichtige Betriebe zur Still legung bringt, wobei nicht halt gemacht werden darf vor der Person. Ich frace deshalb: Sind die Unterschriften unter dem Aufruf gunn - streik echt oder nicht? Sollte es nicht der Fall sein, hat dit. R regierung die notwerdigen Schritte für eine Unterszwchung eingele: und wird sie vorgehen gegen diesenigen, die „di?e Namen 3 unterzeichneter Fozicldemekratischen Minister mißbraucht bebern Ich erinnere, daram, daß am 14. März sich in Elberfeld, auch die sozandemokvatische Mehrheitspartei für die Errichtung der Röte⸗ republik und die Diktatur des Proletariats ausgesprochen hot. 2 der Bekämpfung der Unruhen hat die Reichswehr sich unseren be⸗ sonderen Dank erworben, den ich ihr und der Sickerheitspolizei hier⸗ mit auesprechen möchte. Bedaverlich aber ist es, daß die Reichswehr nicht auch südlich der Ruhr einschreiten soll. Das ist eine dringende Norwendigkeit, unsagbares Elend kann dadurch verbirtet werden. Ich bitte die Regierung um Auskunft, wie jetzt die innere Situation bei der Reichswehr ift. Ich babe heute gehört, daß sich Teile der Reichswehr mit Eingaben unmittelbas an den Präsidenten der Na⸗ tionalversammlung gewandt baben. Ich bikte um Anfklärung, was das auf sich hat. Ferner halte ich eine Darloaung de Regierung für dringlich, wie es mit unserer Emährung steht, und ob die Re⸗ gierung bereit ist, alsbeld ein grostügiges Hilfswerk zugunsten des Kleinhandels, des Fleineren Gewerbes und des bäuerlichen Besites einzuleiten. (Beifoll rechts.)

Reichsjustizminister Dr. Blunck: Gestatten Sie mir bei 8 voxerückten Stunde nur wemge kurze Bemerkungen. Es ist sebr stürmisch nach der Persönlichkeit das Heuin Schnitzler gefragt worden. und ich will diese Neugierde befriedigen. Nach den mir migegangenen Nachrichten war Herr Schnitzter der Vertraute des Generellandschefts⸗ direkwors Kapp, eines Mannes, der aus dem Vorstande der Deutfet⸗ Nationalen Partei Ostpreußens in den Gesamtbvorstand der Deutscb⸗ Nationalen Partei abgeordnet war. (Rufe rechts: Schnitzer?) Happ! Schnitzler war in der Hressestelle der Gardekavalletie- Schützen⸗Diwwision unter Lüttritz tätig und hat so den Pulsch unter ihm mit vorbereitet. (Zuruf vechts: Was hat das mit den Rechtsparteien zu tom?) Ich habe davon gespnochen, daß es sich hier nicht, wie Sie meinbten, um ein apokevphos Dokument handelt, sondem urmn vier Dokument, daß den zweifellos auf Lüttwitz und Kapp zurückzufühtenden Organisationsplan dieses Pulsches enthält. (Zuruf von der Deutschen

tei: Selbstverständlich! daß Kapp Hochverräter war, wissen wir; von den Rechtsparteien war die Rede!) Wie die Rechts parteien damit in Verbindung stehen, hhabe ich vorhin ar und deut⸗ lich zum Ausdruck gebracht. (Lebhafter Widerspvuch rechts.) Wem Ihre Partei, Herr Abgeordnerer, die Deutsche Volkspantei, sich ebenso wie der Herr Abgeordnete Dr. Heinze verhalten hätte, wenn sie ebenso, wie es uns Herr Most hier vorgetragen hat, von vomherein mit Abhehnmumg umnd Emporung sich dem gegenübergestellt hätte, dan wäre die Sachlage andemns. Aber Sie haben sich durch Ihre Erklärung vom 13. März srmwathisch dieser neuen Putschregierumg gegenüber⸗ gestellt und damit den sofortigen Zusammenbruch dieses gewissenlosen Abenteuers vorhindert. (Lebhafte Zustimmung bei den S maldemokraten nnd den Deutschen Demokraten. Große Umuhe rechts. Glorl⸗ Deitschraltürer gedorern dech zu den Kechsperkien.

Deo Herr Mogeordnere Dr. Meoft hat Hien —rs der e peige Zeitung“ oder Arer anderen Zeitung cine Notiz verlefer vonach Mr. eder der Reschsegerung die Aufforderüng dum Generasstre erlesser häten. Ich habe vorhin nur deron gesprocken, deß die Reichhericrune als golcke (abal rechtch meine Herren, das habe ich mehrfach dentlech betont diesen Aufruf nicht erlassen hätte. Mir ist auch mitgeteilt worden, daß diese Unterschriften tatsächlich nicht vorhanden sind. (Zu⸗ rufe und Unruhe rechts.) Was aber die Strafbarkeit betrifft, auf die der Herr Abgeordnete Mest hingewicsen hat, so ist die Frage im Reichszustizministerium geprüft worden, allerdings vor der Zeit, als ich b e Herren wissen ja, daß ich es

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ses Ministerium übernahm; denn 2

8 U erst Ende Mürz übernommen habe. Soweit die Ermittlungen damals

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abgeschlossen worden sind, ist festgestellt worden, und zwan analog dem früheren Zabernfall, daß es sich hier um einen At der Staatsnorwekr handelte und deshalb eine strafbare Handlung nicht gegeben sei. (Obot rechts.). Ich persönlich kann mich dieser Auffassung nur anschließen. (Lebhafter Beifall bei den Scizaltemokraten und den Deutschen Demokraten.) Wenn man die Männer, die in einem Auigenblick, wo durch das verbrecherische und hochve rräterische Unternehmen der Kapy Lüttwitz⸗Leute unsere Verfassung aus den Angeln gehoben wurde und unser Volk damit geradezu in den Abgrund geworfen werden konnte, zuum Generalstreik griffen und damit von vornherein diesen Verbrechern die Lebensmöglichkeit abschnitten, wenn man diese Männer, die sich damit ein Verdienst um die Rettung unseres Vaterlandes erworben haben, strafrechtlich verfolgen wollte, so würde mich das ebenso seltsam anmuten, als wenn man einen Scharfrichter verfolgte, der einen Raub⸗ onörder vom Leben zum Tode befördert hat. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten und den Deutschen Demakraten. Große Unug⸗

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