Zweite B
e “ 8 Fiskus muß diese Sachgüter den deutschen weite dieser Entwicklung unterhalten, daß wir uns gegenseitig endlich der Tatsache aus, darauf bauen wir die notwendige Einsicht auf, um . b taa sangehörigen zah en. Es will öfters scheinen, als ob für den Kllavrheit einschenken. Denn der schrecklichste der Schrecken wäre nicht dieses große Werk der Rettung unseres Vaterlandes durchföhren zu können 1 aA g E Gesichtspunkt in der Welt kein Verständnis vorhanden wäre. (Leb⸗ etwa eine Art Kapitalisierung im schlimmsten Sinne des Wortes Sttaatswirtschaft und Privatwirtschaft sind jetzt unlösbar mit einander bafte Zustimmung.) Er kann dies zurzeit nur mit Hilfe der Noten⸗ der Eisenbahn und Post durch inneres Kapital, sondern der schrecklicste verbunden. Die Privatwirtschaft muß den größten Teil ihres aanzen presse, und so steigern diese Leistungen unser Valutaelend. Für die der Schrecken, wenn wir nicht weiterkommen würden, wäre die Ver⸗ Besitztums verlieren, wenn der Staat 5ankerott macht. Umgekehrt ist Besatzungsarmee haben wir bereits fast 3 Milliarden aufbringen pfändung dieser großen Verwaltungen etwa an ausländisches Kapital. die Staatswirtschaft auch darauf angewiesen, einen sehr großen Teil des müssen. (Hört, hört!) 1 (Sehr wahr! rechts, im Zentrum und bei den Deutschen Demokraten.) Privateinkommens in Form von Steuern an sich zu ziehen. Hatte früher
Zu diesen Kosten treten die Kosten der zahlreichen Kommissionen Das muß unter allen Umständen verhütet werden, wenn wir nicht das Volk etwa den zehnten Teil des Einkommens an Steuern zu ent⸗ der alliierten und assoziierten Mächte hinzu, die durchaus nicht zu fremde Sklavenketten eines Weltkapitalismus auf uns laden wollen. richten, so wird in Zukunft wohl der vierte, wenn nicht ewa der dritte anterschäten sind. Ich will Ihnen nur einmal eine kleine Zahl (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) Tei! des ganzen Einkommens an die öffentlichen Körperschaften abge⸗ üöen nur vr- “ B. ein Sen I Nun dürfen wir die zwei Momente, von denen ich sprechen geben werden müssen. Man muß sich von dem Ungeheuerlichen, das in .-ha üexe zurzeit, in? ark ausgedrückt, monatlich 000 wollte, nicht vergessen. Durch die Wirkungen des Krieges und des diesen wenigen Zahlen liegt, einmal in einer ruhigen Stunde ein Bild .“ 8 gung), ein einfacher Soldat monatlich 2000 ℳ. Waffenstillstandes sowie durch die gewaltige Teuerung der Gegen⸗ machen. Dabei ist naturgemäß bereits von einem nominell wesentlich Cebhafte Rufe: Hört, hört!) — Die Herren rufen: hört, hört! Sie höheren Einkommen ausgegangen. Diese Steuerbelastung würde
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1
zun Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Etaatsanzeiger.
Berlin Dienstag, den 27. April
8
1920.
ImArTIACcʒimE;
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(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)
zeigen, wo die Veranlagung gut und wo sie schlecht gewesen ist Der Finanzminster wird dann daraus seine Konsequenz zu ziehen haben und unbrauchbare oder unfähige Elemente aus der Finanz⸗
vom Reich für die Verbilligung der Lebensmittel aufgewendet worden, als vor dem Kriege der Wert einer gesamten deutschen Getreideernte, Brotgetreide einschließlich alles übrigen Getreides, betragen hat. Eeb⸗ hafte Rufe: Hört, hört!) Da muß man sich aber doch fragen: Wäre es nicht besser, wenn diese Summen zur Förderung der Produktion
Markkurs schwankte an der Amsterdamer Börse an diesen Tagen zwischen 3,80 und 3,27. In den ersten Tagen des Avpril hat sich eine sehr rasche Aufwärtsbewegung geltend gemacht, die am 12. bis 5,60 stieg, dann aber wieder auf den Stand von Anfang April zurückgeebbt ist. Immerhin ist aber die Besserung gegenüber dem Tiefstand im
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als
können sich denken, welche Wirkung das auf unser besetztes Gebiet, auf die Beamten und Angestellten, deren Gebrauchsgüter von den feindlichen Besatzungsarmeen aufgekauft werden, und welche Wirkung es auf die deutsche Volkswirtschaft als Ganzes auslöst! (Allseitige Zustimmung.)
Für die Ordnung unserer Finanzwirtschaft ist es unbedingt not⸗ wendig, daß wir in absehbarer Zeit wissen mit welchen bestimmten Leistungen wir auf Grund des Friedensvertrages zu rechnen haben. Ich kann es vom deutschen Standpunkt aus nur begrüßen, wenn jetzt bei den leitenden Staatsmännern der Gegner immer mehr die Auf⸗
fassung Platz zu gewinnen scheint, daß es im beiderseitigen Interesse liegt, die Deutschland obliegenden Leistungen alsbald bestimmt zu be⸗ grenzen. Die Feststellung einer bestimmten Entschädigungssumme wird aber erst erfolgen können, wenn unsererseits unsere finangielle und wirtschaftliche Lage genau dargestellt ist. Diese Arbeit ist in vollem Gange; sie ist dem Abschlusse nahe. Eine solche Darlegung an unsere Feinde soll binnen kurzem erfolgen. Die Antwortnote der Entente vom 16. Juni 1919, die hierfür eine viermonatliche Frist vorsieht, und zwar vom Tage der Ratifikation an, wie später fest⸗ gestellt worden ist, wird uns eine Veranlassung dazu geben. (Sehr gut!) Der Stichtag ist bekanntlich der 10. Mai. Wir stehen also 88n vor dem Abschluß dieser großen Schicksalsfrage für das deutsche
Volk.
Nun aber fragt es sich, was mit den Fehlbebrägen werden soll, die ich Ihnen schon wierderholt nannte, die nun zu unserm Haushalt hinzu⸗ treten, mit den Fehlbeträgen der Post und der Eisenbahn. — Erlauben
Sie mir darüber auch einige Worte, ohne daß irgend jemand darüber
einen heißen oder gar einen roten Kopf zu bekommen hätte.
Die Post rechnet trotz Erhöhung der Tarife mit einem Fehlbetrag von mindestens einer Milliarde Mark. (Hört, hört! im Zentrum.) Die Eisenbahn rechnet uns gar vor, daß im Jahre 1920 ein Fehl⸗ betrag von 12 Milliarden. Mark zu ewarten sei. (Erneute Rufe: Hört, hört!) Meine Damen und Herren, mit solchen Ziffern kann man auf die Dauer nicht wirtschaften! (Lebhafte Zustimmung.)
Es ist an mich schon die Frage herangetreten, ob ich nicht Ver⸗ aanlassung nehmen sollte, in aller Oeffentlichkeit auf die großen Kon⸗ sequenzen dieser Fechlbeträge einzugehen. Ich habe es im Haushalts⸗
ausschuß getan, und ich tue es auch hier. Ich will für alle, die guten
Willens sind, hier offen sagen: man mag sich zum Sozialisierungs⸗
eine Zerstörung der Idee wäre schon gegeben, wenn es uns nicht glückt, in verhältnismäßig kurger Zeit — ich werde das näher begründen — mit den großen Fehlbeträgen in diesen eminent sozialisierten Betrieben aufzuräumen. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten und im Zentrum.)
Es wird sehr zu überlegen sein, wie man diese für unsere Reichs⸗ finanzen zweifellos sehr unangenehme Sitation beseitigen kann. Der Grundsatz muß wohl der sein — und ich bin der Auffassung, daß diesem Grundsatz von allen Seiten zugestimmt werden sollte —: derartige Betriebe müssen sich aus sich selbst erhalten (erneute Zustimmung), und wenn sie noch so sehr im öffentlichen Interesse gelegen sind. Wir können nicht aus Steuermitteln das Verkehrswesen unterhalten.
Es wird sich sragen, wie die berreffenden Fehlbeträge zu behandeln sein werden. Von diesem gewaltigen Defizit bei den Verkehrsanstalten hängt es ab, wie sich schließlich der außerordentliche Etat des Reiches gestalten wird. Die Betriebsverwaltungen wird man loslösen müssen von der allgemeinen Venwaltung des Reiches, weil sonst ein Mammut⸗ etat herauskommen würde.
Ich gehe aber noch einen Schritt weiter und sage: Von der Aus⸗ gestaltung der Betriebsverwaltungen der Post und Eisenbahn wird unser finanzielles Schicksal überhaupt abhängen. (Sehr richtig! im Zentrum und bei den Deutschen Demokraten.) Die schwierige Lage der
Eisenbahnen erklärt sich gewiß aus manchen Momenten. Ich will nur wei hervorheben, und ich will, ehe ich sie heworhebe, noch eine be⸗ sondere Bemerkung einfließen lassen. Meine Damen und Herren, mit irgendwelchem Schimpfen und Kritisieren der Eisenbahnarbeiter⸗ schaft und der Beamtenschaft gegenüber ist gar nichts gewonnen. Ich mache darauf aufmerksam, es ist gewiß betrüblich, was an Kund⸗ gebungen in den letzten Tagen an uns herangekommen ist. Drohung mit dem Generalstreik (hört, hört! im Zentrum) in dem Augenblick, wo die Nationalversammlung bereits die Frage der Zu⸗
schläge zu den Löhnen geregelt hatte, war mehr als ein politischer
Unfug (sehr wahr!), das war eine Verirrung allerschlimmster Art. (Zurufe rechts.) — Ich habe Ihren Zwischenruf nicht verstanden! — Ich mache Sie aber noch auf eins aufmerksam: Gerade die Eisenbahn⸗
wart sind die Eisenbahnen natürlich in größte Mitleidenschaft gezogen. Durch die Abnutzung im Kriege, durch die Aufschiebung von nötigen
Reparaturen, besonders durch das Hindenburgprogramm sind die Eisenbahnen ungeheuer abgenutzt worden. Es wurde Raubbau mit
dem Verkehrswesen getrieben, und es wurde auch Raubbau mit den Menschen getrieben. (Sehr wahr! bei den Sozialdsmokraten.) Dazu kam der Verlust an rollendem Material durch den Waffenstillstand, der zu weiterem Raubbau an dem noch vorhandenen Material drängte. Wenn nun Milliarden von Ausgaben, die normalerweise für die Re⸗ paraturen gemacht werden müssen, jetzt kumulativ zusammenkommen, so erklärt sich daraus die Not der Eisenbahnen, und das um so mehr, als die Reparaturen der Eisenbahnen ein Vielfaches mehr kosten, als sie sonst gekostet hätten.
Ein anderes Moment ist die Steigerung für die Personal⸗ unkosten. Ich bin gewiß der letzte, der sich gegen soziale Notwendig⸗ keiten stemmt. Aber die Eisenbahner dürfen nicht vergessen, daß das
Sparsamkeit zurechtkommen können, daß eine Angleichung zwischen
klar werden. gleichzeitige Steigerurng des realen Einkommens sind innerliche Gegensätze. (Sehr richtig!) Wenn die Eisenbahn es so machen könnte wie die Industrie und ihre Preise auf das Zehnfache und auf noch mehr setzen könnte, würde sie sich natürlich auch rentieren. Aber was würde dann aus unserer Volkswirtschaft? Und weiter! Müßte nicht eine so gewaltige Verkehrseinschränkung erfolgen, daß eine außer⸗ ordentlich große Zahl des vorhandenen Personals überflüssig würde? Man muß sich klar sein, daß, wenn die Entwicklung nicht andere Bahnen einschlägt, der Satz wahr wird, daß der Verkehr sich selber aufißt. Betrachten Sie die Budgets der Straßenbahnen in den Städten, betrachten Sie die Budgets der Kleinbahnen! Man kann nicht ins Grenzenlose — ich erinnere nur an die Erhöhung der Personentarife — weitergehen. Die Einnahmen nehmen dann nicht zu, sondern sie nehmen von einer gewissen Grenze an ab. (Hört! hört!) Im übrigen muß man sich stets vergegenwärtigen, daß die im Kriege angestaute Not des Verkehrs nun plötzlich in ihrer ganzen Größe in die Erscheinung tritt. Die Etatsziffern lehren uns vor allen Dingen eins, daß wir zur Gesundung unter allen Umständen die innere Verhindung der
Die
arbeiterschaft war in vielen deutschen Landen — ich nehme auch mein Heimatland Baden nicht aus — jene Gruppe der Arbeiter, die in der Organisation am wenigsten weit fortgeschritten waren (sehr richtig! bei den Mehrheitsparteien) und auf denen der unglücklichste Druck von oben gelastet hat. (Erneute lebhafte Zustimmung.) Jahrzehnte⸗ lang hat man sie nie beigezogen, jahrzehntelang — ich habe das gehört von einer der großen Verwaltungen — hat man sich geweigert, mit den Verbänden überhaupt in Verhandlungen einzutreten. (Hört, hört! bei den Mehrheitsparteien.) Da war der Tag der goldenen Freiheit natürlich außerordentlich verlockend, und ich habe in Frankfurt aus einer Rede von einem etwas wild gewordenen Eisenbahner gelesen, daß die Revolution bei der Eisenbahn eigentlich in Permanenz erklärt werden müsse. (Hört, hört! und Heiterkeit.) Das kann es natürlich nicht geben. Ich habe in den letzten Tagen den großen Organisationen mitteilen lassen, daß ich mich sehr freue, wenn gerade von dieser Seite aus einmal im Finanzministerium vorgesprochen wird, damit wir in gemeinsamer Arbeit mit den Organisationen dieser großen Betriebs⸗ verwaltund en, Post und Eisenbahnen, uns über die finanzielle Trag⸗
Finanzpolitik mit der Wirtschaftspolitik nötig haben. (Sehr richtig!)
gedanken und zur Idee der Gemeinwirtschaft stellen, wie man will, Wir können das wirtschaftliche Geschehen nicht einfach sich selbst
überlassen, das freie Spiel der Kräfte ist eine Phrase! Wir müssen
uns fragen, ob das ständige Schwanken unseres Geldwertes nicht von den verhängnisvollsten Folgen für unsere staatlichen Finanzen werden
soll. Bis vor kurzem hat jeder Mensch die Frage gestellt: wie
bessern wir unsere Valuta? Und nun beachten Sie eins! Jetzt, wo
eine Besserung der Valuta einzusetzen begann, klagte bereits das Exportgewerbe über die Folgen der Besserung unserer Valuta. (Hört!
hört!) Und doch ist es viel richtiger, daß wir uns stabilen Verhältnissen
in unserem Geldwerte, in unseren Preis und Einkommensverhält⸗
nissen zu nähern versuchen. Hier liegen nun die Berührungspunkte
zwischen Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik. Steuerpolitik allein
schafft es nicht. (Sehr richtig!) Wenn wir nicht eine großzügige
Finanzpolitik mit einer ebenso großzügigen Wirtschaftspolitik ver⸗
einigen (sehr wahr!), werden wir noch jahrelang mit den Schwierig⸗ keiten zu kämpfen haben.
Zusammenfassend möchte ich Ihre Aufmerksamkeit noch einmal auf die Größe der Gesamtsumme des neuen Haushalts hinlenken. Allein der ordentliche Haushalt weist einen Bedarf von fast 28 Mil⸗ liarden auf. Ich wiedexhole das Wort: 28 Milliarden im ordent⸗ lichen Etat! Und dabei sind darin die Bedarfsziffern der Länder und Gemeinden noch nicht enthalten, und außerdem kommt noch der außer⸗ ordentliche Bedarf hinzu, der hauptsächlich mit Rücksicht auf den Friedensvertrag nötig wird. Ob nun auch jenen endlich, die da meinen, die goldene Zeit von gestern könne bald wiederkehren, aus diesen Zahlen ein Licht aufzugehen beginnt? So karg die Sprache dieser Ziffern ist, so wuchtig ist sie. In diesen Zahlen kommt zum Aus⸗ druck, was der Krieg uns volkswirtschaftlich geschadet hat, welche Wunden er uns geschlagen hat. Darin kommt aber auch zum Aus⸗ druck, daß die ganzen Grundlagen unserer Wirtschaft sich verschoben haben. Die Bedeutung der Zifsern wird man am ersten erkennen, wenn man sich vergegenwärtigt daß das gesamte Nationaleinkommen des deutschen Volkes vor dem Kriege auf 43 Milliarden geschätzt wurde, eine Summe, die nicht viel hinter der zurückbleibt, die jetzt durch die Haushaltsmaschinerie des Reichs hindurchgetrieben wird. Ich sage mit Absicht: hindurchgetrieben. Naturgemäß kommt die Entwertung des Geldes mildernd in Betracht. Aber die Tatsache, daß das Reich einen ordentlichen Etat hat, der mehr als halb so groß ist wie das gesamte Einkommen des ganzen 68⸗Millionenvwolkes vor dem Kriege, beleuchtet grell den grundstürzenden Wandel der Dinge. Es ist eine gewisse Sozialisierung eingetreten schon lange, bevor das Wort überhaupt gebraucht worden ist. Die gesamte Wirt⸗ schaft hat eine Ausweitung erfahren, wie sich niemand vor dem Kriege hat träumen lassen. Wie eine gewaltige Ironie der Geschichte ist es, daß an dieser Förderung des Staatssozialismus — wenn ich dieses Wort gebrauchen will — die größten Annexionisten beteiligt waren, die im Kriege das Wort geführt haben. Denn nur dadurch, daß der Krieg so lange geführt wurde, nur dadurch, daß er bis zum Zu⸗ sammenbruch unserer gesamten Kraft hinausgezögert wurde, sind die finanziellen Folgewirkungen so fabelhaft groß geworden. (Sehr richtig! links.)
Diese finanziellen Folgewirkungen bedeuten das engste Verstricken der Privatwirtschaft und der Staatswirtschaft, und es hilft nichts, meine Damen und Herren, vor dieser Verstrickung der Staatswirtschaft mit der Privatwirtschaft die Augen verschließen zu wollen. Wir gehen von 1
Volk ungeheuer viel ärmer geworden ist und daß wir nur mit äußerster
unerträglich anzusehen sein, wenn die Summen nicht wieder in der Volks⸗ wirtschaft kreisten und so wirtschaftlich verarbeitet werden könnten. Aber weil ein sehr großer Teil des Gesamteinkommens über den öffent⸗ lichen Haushalt geleitet werden muß, ist ein gerechter Aufbau des ganzen Steuersystems die Urvoraussetzung für eine tragfähige Reform. Bei dieser Finanzreform stand die Frage zur Entscheidung, ob der Kapitalismus bis ins Extreme gefördert werden sollte, oder ob wir zu einer gesunden Verteilung des Volkswohlstandes kommen sollen. Wie die Lösung durch die Reform angestrebt und angebahnt wird, habe ich bereits auseinandergesetzt.
Es genügt aber nicht, meine Damen und Herren, daß die direkten Steuergesetze gedacht sind, es ist auch notwendig, daß sie möglichst gleich⸗ mäßig und gerecht ausgeführt werden. Da komme ich auf den springenden Punkt der Arbeiten der letzten Monate und Jahre. Das ist eine sehr schwere Aufgabe. Die Agitation, die vielfach gegen einzelne Steuergesetze wie gegen die ganze Aufmachung der bisherigen Steuerreform getrieben worden ist und wird, hat nicht dazu geführt, den Steuerwillen und die
Real⸗ und Nominaleinkommen erst gefunden werden kann, wenn wir wieder genügend produzieren; das muß unserm ganzen Volke endlich Verminderung der volkswirtschaftlichen Produktion und
Steuerfreudigkeit der Bevölkerung zu heben. (Sehr richtig.) Bei uns in Deutschland ist man noch nicht an die Zahlung von großen direkten Steuern gewöhnt. Deswegen sind die Versuchungen zur Steuerhinter⸗ ziehung zweifellos ziemlich lebhaft und zahlreich. (Sehr lebhaft! links.) Ich möchte aber mit aller Entschiedenheit erklären, daß wir die bisher getätigten Steuergesetze mit aller Energie, soweit es an unserem Amte liegt, zur Durchführung bringen werden. Ich möchte zugleich auch alle jene warnen, welche glauben sollten, sie könnten in ähnlicher Weise, wie es besonders während des Krieges der Fall gewesen ist, den Staat in seinen Fordevungen durch Steuerhinter⸗ ziehungen oder Steuerumgehumngen verkürzen. Es besteht die Gefahrn, daß manche Leube meinen, sie bönnten es so halten, wie sie es während des Krieges gehalten haben. Während des Krieges wurde gegen die Steuererklärungen vonseiten der Behörden leider nur sehr selten eine Erinnerung vorgebracht, weil es an den dazu nötigen Beamten einfach fehlte; man hatte zu wenig Zeit und Uieß deshalb im all⸗ gemeinen die Stewererblärung unbeanstandet. Jetzt ist es anders oder — noch besser gesagt — jetzt sollte es anders sein. Wenn auch im Augenblick die Arbeit ungeheuer groß ist, die geleistet werden muß. es kommen auch wieder whigere Monate, und die Nachprüfuung der Steuererklävung kannm sich auf Uängere Zeit erstrecken. Wenn jemand auch nicht gleich eime Beanstandung seimer Steuererklärung durch das Finanzamt erhält, so braucht er deswegen noch lange nicht zu glauben, daß nun eine Steuerdefvaudation nicht mehr entdeckt wird. Die Steuer⸗ erklärungen können auch später noch nachgeprüft werden. Dazu bietet sich vielfach mit Rücksicht auf andere direkte Sbeugrn Gelegenheit, die auf früher veranlagten aufbauen. Gevade diese Zuscmmenhänge zwischen den einzelnen Steuern machen es viel leichter möglich, bat⸗ sächlich Steuerhimterziehungen auf die Spur zu kommen, als das bisher der Fall gewesen ist.
Außerdem haben wir — und davem feien im letzten Augenblick die versteckten Steuersünder aller Länder, Städte und Gemeinden noch erinnert — ganz andere Mittel an der Hand, um die Steuererklärung auch wirklich nachzuprüfen und die Wahrheit zu erforschen, ganz andere Mittel, als dies bisher der Fall gewesen ist. Man denke mur an die vielen entsprochenden Bestimmungen der Reichsabgabenordnung. Genau so, wie man beschlossen hat, jedem abgehenden Schüler eine Verfassung in die Hände zu geben, sollte man jedem Steuerzahler bei der ersten Veranllagumg die Reichsabgabenordwmumg in die Hand drücken. (Sehr gut! und Heiterkeit.) Die Lebtüre der Reichsabgabenordnung empfe hle ich jedem, der von einer Versuchung zur Steuerhimterziehung geplagt wird. Er soll sich da einmal die Pavagraphen genau ansehen, die der Steuerbehörde die Mittel zur Erforschung des Datbestandes geben; er soll weiter ein bißchen umblättern und auch das Steuerstrafrecht einmal genau durchlesen; umnd endllich soll er auch noch — um auch einen mildden Ton in dieses Satzgefüge hineinzubrimgen — das Gesetz über die Steuernachsicht auf seinen Inhalt hin einmal genau studieren. Gerade das Gesetz über die Steuernachsicht bietet einerseits noch einmd die Möglichkeit, daß alte Steuersünden wieder gutgemacht werden können, andererseits aber bedroht es das trotzdem noch hinter⸗ogene Ver⸗ mögen mit dem direkten Verfall an das Reich. Auch die Bestimmung, ge geschlossen werden können, sollte nicht außer ocht gelessen we
Ich will keine vexratorische Durchführung der Steuergesetze, aber eine ehrliche Erfüllung der Pflicht. Jeder Stewerzahler soll sich sagen, daß es keinem Finanzminister Spaß macht und Spoaß machen kann, diese oder jene Steuer aufzuerlegen. Es handelt sich eben hier um unumgängliche Staatsnotwendigkeiten, von deren Erfüllung auch das Wohl jedes einzelnen Bürgers mit abhängt. Wenn der Geist des Solidarismus wieder in unserem Volke wach wird, der Geist, der uns in der ersten Hälfte des Krieges stark gemacht hat, wenn dzeser selbe Geist wieder den unseligen Wuchersinn und die verderbliche Mammons⸗ gesinmung verdrängt, dann wird sich auch die Steuermoral so heben, daß die harten und sckarfen Strafbestimmumgen unseres jetzigen Steuer⸗ rechts nicht oder nur selten in Wirksamkeit zu treten bnauchen. Ich nehme an, daß die sveben etwas in Erscheinung getretene Unruhe nicht etwa ünnerer Unruhe entspricht. (Heiterkeit und Zurufe.)
Ich schließe aber dieses Kapitel mit einer auch für Sie wich⸗ tigen Bemerkung, und ich möchte Sie herzlich und dringend bitten die folgenden Sätze hinauszutragen in Ihre Wahlkreise⸗ die särnt⸗ lichen Finanzbeamten des Reichs fordere ich auf, daß sie mit aller Energie und Gewissenhaftigkeit die Veranlagung zu den direkten Steuern vornehmen. Auch Gesetze müssen durch Menschenhand zur Ausführung gebracht werden. (Sehr richtig!) Es wird sich ja bald an der Hand der Ergebnisse der einzelnen Landesteile und Bezirke
(Fortsetzung in der Zweiten Beilage.)
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verwaltung entfernen. Ein Beamter, der in der Steuerveranlagung tätig gewesen ist und hier lassig vorgehen würde, kann das Vater⸗ land ungeheuer schädigen (Zustimmung); er wird aber auch mit⸗ helfen an der Schädigung der übrigen Bevölkerung, der ehrlichen Steuerzahler. (Lebhafte Zustimmung.) Es wird von dem Finanz⸗ beamten gegenwärtig ein hohes Maß von Arbeit und ein starkes sitt⸗ liches Wollen verlangt; nur dann wird er seiner Pflicht nachkommen können. Haben wir aber einen solchen integren Beamtenstand, dann bin ich überzeugt, daß die jetzigen Finanzgesetze auch wirklich großen Segen bringen.
Wenn nun in der Presse in einzelnen Artikeln von der ungeheuren Bestechlichkeit der Zollbeamten, der Finanzbeamten usw. die Rede gewesen ist — ich erinnere an den Artikel eines namhaften Politikers in Berlin —, so möchte ich hier hervorheben, daß nach den Erhebungen, die von seiten des Finanzministers vorgenommen sind, nur eine außerordentlich verschwindende Anzahl von Fällen nach⸗ gewiesen werden konnte, und ich mache es jedem Artikelschreiber zur Pflicht, sich darüber im klaren zu sein, daß allgemeine Anklagen gegenüber den Finanzbeamten und Zollbeamten des Reichs uns nicht helfen können. Wer irgendwo von Verfehlungen hört, der hat die sittliche Pflicht zu sagen, wo die Verfehlungen vorgekommen sein sollen. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Diese Erhebung von allgemeinen Anklagen hift uns nicht, im Gegenteil, treibt die Beamten gerade in eine mißmutige Stimmung hinein. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten und im Zentrum.) Selbstverständlich hat das Finanzministerium alles Interesse daran, daß jeder, der irgend⸗ wie seine Pflichten auf diesem Gebiete verletzt, festgestellt und ent⸗ sprechend bestraft wird. Wenn sich nun der eine oder andere Beamte als bestechlich erweist, so darf man deswegen nicht die Tausende sonstiger Beamten dafür haftbar machen. Das Publikum selbst hat hier eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Es soll alle Fälle von Be⸗ stechlichkeit sofort den zuständigen Behörden melden. An mir soll es nicht fehlen, zu der Verfolgung solcher schuldiger Beamten und zur Reinigung der Beamtenehre meine Hand zu geben. Ich halte aber meine Hand schützend über dem großen, großen Heer von Beamten, die in der Kriegszeit und in der Nachkriegszeit bisher getreu und eifrig ihre Pflicht erfüllt haben. (Lebhafter Beifall.) Gerade hier zeigt sich, daß der letzte Kern und das Wesen der Politik die moralische Gesinnung des Menschen ist (Zustimmung), und an diesem moralischen Kern des Menschen, der eigentlich seine Menschennatur, seine Würde ausmacht, muß ich auch in dieser Stunde appellieren.
„Neben dem gewiß nicht leichten Werk der Durchführung der Stauerreform sind noch eine Reihe anderer Aufgaben zu lösen, die naturgemäß nicht im Handumdrehen gelöst werden können, auf deren Lösung aber von vornherein zielbewußt hingearbeitet werden maß. Da ist es mir eine auffallende Tatsache gewesen: kaum ist man 24 Stunden in diesem gewiß dornenvollen Amte, da erwarten schon gewisse große Politiker die neuen großen Jdeen, die sie selbst der Welt nicht sagen können, nachdem sie jahrelang Zeit gehabt haben, solche Dinge aus⸗
zubrüten. (Sehr wahr! bei den Deutschen Demokraten.) Es ist da zunächst die Frage der Geldinflation und der Anleihepolitik. Die schwebende Schuld mußte infolge des Mangels an steuerlichen Ein⸗ nahmen sowie des noch nicht genügend befestigten Vertrauens zur Zukunft ungeheuerlich wachsen. Nun aber darf diese Entwicklung nicht mehr so weiter gehen. (Zustimmung.) Ich darf die Damen und Herren bitten, ihr Hauptaugenmerk nicht zu richten auf die Gröhe der Papier⸗ flut, die im Umlauf ist (sehr wahr! bei den Mehrheitsparteien) — ich verkenne die Bedenken nicht —; sondern wollen Sie ein Barometer für die finanzielle Lage des Reiches, so schauen Sie sich dos Kapitel der schwebenden Schuld an (sehr wahr!) und treffen dg; mit uns Maßnahmen und bereiten Sie solche vor, um diese schwebende Schuld, einmal — was ja das geringste ist — nicht stark anwachsen zu lassen, und zweitens, arbeiten Sie mit uns an dem großen Pvoblem, diese schwebende Schuld abzubauen! Dann haben Sie Ihre Aufgabe gegen⸗ über dem Reich und gegenüber dem deuts chen Volke erfüllt. (Sehr richtig!) 1 Ich habe gesagt, daß diese Entwicklung nicht mehr so weiter gehen kann. Wir müssen unbedingt zu einer gewissen Konfolidation kommen, müssen das Problem der Baranleihen in einer großzügigen Weise lösen. Es sind in unserem Volke gegenwärtig über 80 Milliarden an Spargeldern und Depositen vorhanden, darunter Gelder auf den Banken und Bankhäusern etwa 40 Milliarden, bei den Sparkassen annähernd 40 Milliarden und auch noch ein Betrag von 5 bis 10 Milliarden bei den Genossenschaften. Das zeigt, daß die Grundlagen für unsere große Anleihe heute noch gegeben sind. 9 Unsere Politik muß dahin gehen, eine möglichst große Anleihe im Inland sobald als menschenmöglich aufzulegen. Das „möglich das ist die Frage unserer wirtschaftlichen und politischen Konsolidation. Die Schäden, die uns die ständig fortschreitende Inflation bei der inneren Preisgestaltung sowie auf dem Gebiete des internationalen Kredits verursacht, zwingen mit Notwendigkeit zu einer durchgreifenden Aenderung unserer Politik. Hier müssen wir, sofern wir dazu in der Lage sind, möglichst bald Wandel schaffen. Ueber das Wie und über das Wann werden die Ansichten natürlich weit auseinandergehen. Wir müssen die im Ausland in letzter Zeit bemerkbare Besserung des Markkurses mit allen Mitteln zu stützen versuchen. Sehr richtig!) In den letzten Wochen ist ja eine nicht unwesentliche S unseres Valutastandes eingetreten. So hat sich der Markkurs, der Ende Februar in 2,67 Gulden stand, im März bis
Amsterdam auf 2 auf 3,97 Gulden gehoben, um in den Tagen des Kapp⸗Putsches, am 15. März, auf 2,85 wieder herunterzustürzen.
Aber schon am nächsten Tage, nachdem es klar wurde, daß die deutsche Reagierung über den Putsch Herr werden würde, ist der
Februar auch jetzt noch sehr erfreulich.
Wenn wir unsere Anleihe mit aller Energie in Angriff nehmen, dann würden wir meines Erachtens unseren Kredit im Ausland wesentlich zu stärken vermögen.
Eine weitere Aufgabe, die wir noch in diesem Jahre zu erfüllen haben werden, ist die Aufbringung des Restbedarfes an laufenden Ein⸗ nahmen. Ich berühre damit das Steuerproblem. Heute kann ich dazu noch keine fest umgrenzte Stellung nehmen. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß in unserem ordentlichen Etat, obaleich die Ein⸗ nahmeposten ziemlich reichlich veranlagt, sind, ein Fehlbetrag in Höhe von 2,9 Milliarden, also rund von 3 Milliarden Mark, vorhanden ist. Diesen Betrag müssen wir meines Erachtens durch Steuern auf⸗ zubringen versuchen. Ich unterstreiche das Wort „versuchen“. Die Herren haben ja Gelegenheit, in den nächsten Wochen der Wahl⸗ agitation vor ihren Wählern derartige Versuche zu erörtern. GHeiter⸗ keit.) Ich wünsche nur allen viel Glück bei dieser Erörterung. Das ist um so weniger überflüssig, als im nächsten Jahr ein Betrag von 3 Milliarden, der jetzt als einmalige Einnahme aus der Vermögens⸗ zuwachssteuer eingestellt ist, in Wegfall kommen muß. Dabei möchte ich ausdrücklich noch darauf hinweisen, daß ein Teil unserer Steuer⸗ einnahmen durch unsere eigentümliche gegenwärtige Lage bedingt ist. So wird man in Zukunft bei einigermaßen normalen Verhältnissen weder aus dem Bankwesen 950 Millionen ziehen können, noch als Aus⸗ fuhrabgabe eine Milliarde einsetzen können. Wir müssen also in der Zukunft in der Entwicklung unseres Etats, den wir nach dem Zu⸗ sammentritt des Reichstages Ihnen vorlegen werden, in den nächsten Jahren, will ich ergänzend hinzufügen, mit dem Ausfall einiger nam⸗ hafter Posten rechnen. Das gestaltet die Entwicklung unserer Finanz⸗ politik außerordentlich schwierig. Gerade die beiden soeben genannten Posten stützen sich auf zwei Erscheinungen, die wir nach Möglichkeit ausschalten müssen, nämlich auf die Papiergeldinflation einerseits und auf die Valutaentwertung andererseits. In dem Augenblick, wo wir wieder gesundere Verhältnisse haben, müssen wir sehen, daß diese laufenden Einnahmen durch entsprechende andere Einnahmen gedeckt werden.
Nun ist das Gebiet der direkten Besteuerung ausgebaut, sobald die Besitzsteuer, deren Reform noch durchgeführt werden muß, nach den Wahlen unter Dach und Fach gebracht wird. Was dannd Dann wird man entsprechende neue Einnahmequellen erschließen müssen. Indirekte Steuern haben aber neben ihren sonstigen großen Schatten⸗ seiten vor allem den großen Nachteil, daß gerade eine Reihe von indirekten Steuern anreizt, zu einer Mehrüberwälzung über die Steuersumme hinaus (sehr richtig!), und was wir da in den letzten Wochen und Monaten für Erfahrungen gesammelt haben, wird doch sehr zum Nachdenken veranlassen. Der Verbraucher muß dann in die Taschen des Privatkapitals entsprechende Summen bezahlen. Das ist eine ungewollte und auch sehr ungünstige Erscheinung im indirekten Steuersystem.
Es muß darum danach gestrebt werden, eine derartige Wirkung wenn irgend möglich auszuschalten, und da komme ich nun zunächst in einer theoretischen kurzen Bemerkung auf das tatfächlich beste Mittel, das sich bietet, das Finanzmonopol. Ich sage das, ohne mich für Monopole irgendwie und in irgendwelcher Art von vornherein fest⸗ legen zu wollen. Aber wenn während des Krieges unter dem alten Regime von Wissenschaftlern und Praktikern die Einführung von Monopolen als eine Selbstverständlichkeit für die Ordnung der Finanzwirtschaft nach dem Kriege hingestellt ist — lesen Sie darüber die Literatur mal etwas nach —, um wieviel mehr ist das heute nötig. Ich verkenne nicht, daß man gegen Monopole große Bedenken haben kann. Aber es gibt doch einzelne Zweige des Erwerbslebens, welche die Bedingungen für eine gesunde Monopolbildung in sich tragen, wenn es gilt, den Staat zu retten und unbedingte Staatsnotwendig⸗ keiten durchzuführen.
Wenn wir nun vor die Wahl gestellt sind, ob wir aus der Not herauskommen wollen oder ob unser ganzes Wirtschaftsleben zusammen mit dem Staate in dauerndes Siechtum verfallen soll, dann dürfen wir uns nicht an Schönheitsfehler oder an irgendwelche untergeordnete Eimwände stoßen, sondern müssen mit klarer Zielbewußtheit den Weg gehen, der zur Rettung führen kann.
im Lande aufgewendet würden (sehr richtig!), als daß wir sie für eine verhältnismäßig sehr geringe Nahrungsmittelmenge hingeben? (Lebhafte Zustimmung. In diesem ersten Uebergangsjahr müssen ja solche Zuschüsse — ich habe die Politik des näheren dargelegt — gewährt werden Für die Zukunft aber kann das Reichsbudget dauernd mit derartigen gewaltigen Summen unter gar keinen Um⸗ ständen belastet werden. (Erneut lebhafte Zustimmung.) Hier ist unbedingt notwendig, daß wir in Deutschlannd die Produktion so mächtig fördern als nur irgend möglich. Summen, die für die För⸗ derung der Produktion ausgegeben werden, sind indirekt rentierende Summen, auch dann, wenn der rechnerische Gewinnkoeffizient für normale Verhältnisse nicht sehr hoch erscheinen mag. Was hätten wir beispielsweise gespart, wenn wir einige Jahre vor dem Kriege die verhältnismäßig gar nicht große Summe bewilligt und auf⸗ gewendet hätten, die notwendig gewesen wäre, um unsere Moore rationell zu kultivieren? (Sehr gut!) Die Summe, die das ge⸗ kostet hätte, müssen wir jetzt in ein paar Monaten allein für unsere Lebensmittel zuschießen.
Andererseits muß auch jetzt unserer Volkswirtschaft gewaltiger Schaden erwachsen, wenn nicht Finanzpolitik und Wirtschaftspolitik miteinander Hand in Hand arbeiten. Es wird mit aller Macht darauf hinzuwirken sein, daß wir sobald als möglich soviel Lebensmittel ge⸗ winnen und einführen können, daß das Rationierungssystem sobald als möglich verschwinden kann. (Sehr gut!) Die Rationierung ist eine Maßnahme der Notzeit. Sie kostet uns aber außerordentlich viel durch die verschiedensten Maßnahmen in verwaltungstechnischer Hinsicht. Darum muß unsere Wirtschaftspolitik auch mit Rücksicht auf den finanziellen Effekt darauf eingerichtet sein, daß die Inlandsproduktion auf dem Gebiete der Landwirtschaft wie auf jenem des Gewerbes so hoch als möglich gesteigert wird. Der Herr Ernährungsminister wird Ihnen darüber weiteres mitzuteilen haben. Ich sage: auf dem Gebiete des Gewerbes; denn je größer die Menge von Waren ist, die wir aus⸗ führen können, desto leichter sind wir imstande, auch Lebensmittel gegen diese kristallisterte Arbeit einzuführen.
Wie Wirtschaft und Finanzen sich durchdringen, geigt wohl am allerdeutlichsten die Valutafrage. Sie wird nicht allein von seiten der Wirtschaftspolitik gelöst werden können, so wenig wie sie durch finang⸗ politische Maßnahmen allein gelöst werden kann. Es spielen hier eben die Zusammenhänge zwischen Handelsbilanz und Zahlungsbilanz die ausschloggebende Rolle Die Zahlungsbilanz aber baut sich nicht bloß auf den Momenten der Wareneinfuhr und Warenausfuhr auf, sondern ist auch durch die verschiedenfachsten sonstigen Zahlungen und Leistungen bedingt. Sie ist nicht zuletzt bedingt durch Vorgänge auf dem Gebiet der Kreditwirtschaft. Die kreditwirtschaftliche Seite der Valutafrage aber muß vom finanzpelitischen Gesichtspunkte aus bearbeitet werden. Schon diese ganz kurzen Hinweise mögen genügen, meine Auffassung von der Notwendigkeit des Zusammenarbei tens des Wirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums zu kennzeichnen. Beide können nicht getrennt voneinander ihre Politik verfolgen; sie müssen miteinander arbeiten. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demo⸗ kraten.) Ihre Arbeit muß sich gegenseitig ergänzen und durchdrängen. Ich glaube an dieses Zusammenarbeiten. Die Wirtschaftspolitik muß so gestaltet werden, daß wir zu stabileren Verhältnissen in der Preis⸗ bildung und dem Einkommen gelangen. Wenn wir finanzpolitisch den Neubau der Gegenwart durchgeführt haben, dann wird er bloß haltbar 8 sein, sofern es gelingt, diesen Neuaufbau auch wirtschoftspolitisch untermauern. Ein Steuersystem kann man nicht in die Luft bauen
ssehr richtig!), man kann es nur aufbauen auf einer soliden Wirtschaft. Dieses Verankern einer neuen Grundlage für unser gesamtes staatliches und wirtschaftliches Dasein aber führt uns zurück auf die letzte Kraft⸗ quelle aller völkischen Politik, auf die Arbeit. (Sehr gut!) Nur die Arbeit kann letzten Endes dazu führen, daß die Schäden des Krieges geheilt werden. (Sehr richtig!) Nur sie ist imstande, wieder soviel Güter zu produzieren, daß im Laufe der Zeit die gerissenen Lücken sich wieder schließen. Dabei ist selbstverständlich zu denken an Arbeit in jeder Form, nicht nur an die Handarbeit, sondern von der einfachsten Handarbeit bis zur höchst qualifizierten Tätigkeit des Gelehrten oder des wirtschaftlichen und kaufmännischen Organisators. Wir müssen mit allen Mitteln bestrebt sein,
Für den Fall nun, daß wir Monopole einführen müssen, werde ich persönlich nur für solche Monopole eintreten, welche die wirtschaft⸗ liche Enywicklung nicht hemmen, sondern fördern können. Die Monopolbildung müßte so sein, daß nicht nur der fiskalische Stand⸗ punkt Beachtung findet, sondern daß vor allem auch Rücksicht ge⸗ nommen wird auf die wirtschaftliche und soziale Wirkung. Nicht fiskalische Monopole, wie man sie vielleicht vor 50 Jahren errichtet hat, kommen für uns in Frage, wenn wir der Frage näher treten, sondern wenn wir zu diesem Mittel greifen müssen, muß die neue Monopolwirtschaft elastisch, geschmeidig und fortschrittsfördernd sein. Es müssen Sozialmonopole geschaffen werden.
Die wichtigste Aufgabe bei der Erweiterung unserer Finanzreform ist aber aber unter allen Umständen die Verbindung von Finanz⸗ politik und Wirtschaftspolitik. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.) Wir müssen Finanzpolitik nach jeder Richtung bin treiben, nicht nur Steuerpolitik. Wir müssen diese Finanzpolitik aber auch wirtschaftlich orientieren und umgekehrt unsere Wirtschafts⸗ politik auch so einstellen, daß die Grundlagen für unsere Finanzpolitik wieder gestärkt werden.
Ich komme in wenigen Minuten und Sätzen zu Ende und darf Sie bitten, auch diesem Teile noch einige Aufmerksamkeit widmen zu wollen. Heute sind Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik auf ein⸗ zelnen Gebieten überhaupt nicht von einander zu trennen. So haben wir aus wirtschaftlichen, sozialen und politischen Gründen nun schon
Kurs wieder auf 3,75 Gulden ge⸗ stiegen.
Die Unruhen im Ruhrgebiet haben bezeichnenderweise den Kurs bei weitem nicht so stark drücken können wie der Kapp⸗Putsch. Der
zu wiederholten Malen Gelder für unsere Volkswirtschaft aufwenden ’ müssen. Es sind weit größere Summen seit dem letzten Sommer
unsere Volkswirtschaft auf eine höhere Stufe emporzuführen, damit
der Ertrag aus ihr größer wird. Rücksinken in alte Wirtschafts⸗
formen ist nicht möglich; und wenn wir Bände von Büchern schreiben
über alte schöne Tage, das Verlorene führt uns keine menschliche
Kraft zurück. (Sehr gut!) Intensiveres Wirtschaften durch höhere Technik und höhere Betriebsorganisation, Sparen an aller nicht nötigen volkswirtschaftlichen Arbeit, Ausnützen auch der letzten
Kräfte, die die Natur in den Schoß der Erde gelegt hat, das ist es, was uns wieder emporbringen kann, das ist es auch, was schließ⸗ lich dann zu einer inneren Ueberwindung des Steuerdrucks, den wir jetzt der Bevölkerung leider auferlegen müssen, zu führen vermag.
Mit dem ständigen Wechselspiel zwischen Preiserhöhung und Steigerung des Einkommensniveaus und neuerlichen Preiserhöhungen
usw., mit der Schraube ohne Ende kommen wir über die Nöte der
Zeit nicht hinweg. Nur wenn wir reale Werte in möglichst großem Umfange erschließen und mit diesen realen Werten möglichst sparsam umgehen, wird es uns beschieden sein, auch die Lasten aufzubringen, die wir als Folge des verlorenen Krieges wirtschaftlich und finanziell nach uns schleppen müssen.
Ist das der Weg, der auf allen Gebieten wieder nach oben führt, so ist damit aber auch zugleich gezeigt, daß in der Zukunft nicht der ruhende Besitz das Ausschlaggebende ist, sondern die lebendige, Fortschritt schaffende Arbeit. Die Arbeit, die uns retten soll, muß auch in ihrem Werte vollkommen anerkannt werden: si muß nicht nach ihrem Pfennigwerte anerkannt werden, sondern die ehrliche Arbeit muß auch nach ihrem Persönlichkeitswert anerkannt