1920 / 93 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 03 May 1920 18:00:01 GMT) scan diff

Wuppertal!)

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gliedern der Einwohnerwehren zu holen waren (sehr gut! und Heiterkeit) und die Mitglieder der Einwohnerwehren haben sich nicht erst gana.⸗ gesträubt, die Waffen abzugeben (sehr gut! links), einmal aus Furcht, daß es ihnen im Weigerungsfalle schlimm ergehen könne, dann aber auch weil sie zu einem Teil mit den Absichten der aufständischen Arbeiter sympathisierten. Ein Teil der Einwohnerwehren im Hagener und Dortmunder Bezirk hat sich den aufständischen Arbeitern ange⸗ schlossen. Die Einwohnerwehren sind deshalb im Industriegebiete nicht der Schutz gewesen, den man sich im vorigen Jahre von dieser Ein⸗ tichtung versprochen hat. Ich weiß sehr wohl, daß, soweit die Einwohner⸗ wehren Flurschutz treiben konnten, sie in der Tat auf dem Lande sehr Nützliches geleistet haben. Ich möchte Beschuldigungen da durchaus nicht verallgemeinern und deswegen ausdrücklich die Feststellung treffen, daß die Einwohnerwehren in einigen Provinzen ihrer Zweckbestimmung durchaus gerecht geworden sind, damit meine ich nicht Pommern, nicht Schlesien und andere östliche Provinzen. (Lebhafte Zustimmung links.)

Meine Damen und Herren, wenn wir im Osten Deutschlands zu den unerfreulichen politischen Verhältnissen gekommen sind, wenn jetzt die Bevölkerung dieser Provinzen nervös geworden ist, wenn sie von einem Tage zum andern neue Putsche befürchtet, liegt das nicht zuletzt daran, daß durch Militärkommandos und andere Behörden nicht nur die Mitglieder der Einwohnerwehren mit Waffen versehen sind, sondern darüber hinaus einige Ortschaften sich ganze Waffenarsenale verschafft haben. (Wiederholte Zustimmung links.) Erst in den letzten Tagen haben wir ein Abkommen dahin getroffen, daß durch die Mitglieder der Pommerschen Sicherheitspolizei diese Waffenarsenale ausgehoben werden. Wir wollen zu einer Beruhigung der östlichen Provinzen, wir wollen dahin kommen, daß wir alle der Waffen entkleiden und daß nur diejenigen Waffen tragen, die von uns dazu befugt sind. (Lebhafte Zustimmung links Große Unruhe und Zurufe rechts.)

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, daß ich in diesem Zusammenhang auf einige Ausführungen eingehe, die gestern hier der Herr Abgeordnete Graef (Anklam) gemacht hat. In der Begründung der Interpellation der Herren von der Deutsch⸗nationalen Partei sagte er unter anderm:

Die Schuldigen am Kapp⸗Putsch soll man mit der Strenge des Gesetzes treffen. Aber man soll nicht mit zweierlei Maß messen. Man soll den gutgläubigen Mitläufern die Amnestie nicht versagen. Man hat jetzt Landräte entlassen, gemaßregelt oder beurlaubt; auch Fustizbeamte sollen gemaßregelt werden.

Nach dieser Fassung scheint es mir so, als ob der Herr Abgeordnete Graef (Anklam) der Meinung ist, daß man die Landräte auch zu den gutgläubigen Mitläufern zählt. Ich möchte die Landräte gegen diese Auffassung in Schutz nehmen. (Sehr gut!) Die preußischen Landräte verfügen nach meiner Meinung über ein so hohes Maß von politischer Bildung, daß sie sehr gut gewußt haben, worauf es Kapp und Genossen am 13. März ankam. (Sehr gutl und Heiterkeit.) Wenn sie jetzt aus dem Dienst entlassen werden, dann trifft sie nur die verdiente Strafe. Ich könnte es der Volksvertvetung gegenüber nicht verantworten, daß Landräte in ihren Aemtern blieben, die sich am 13. März und in den folgenden Tagen aktiv am Kapp⸗Putsch beteiligt haben. (Hört, hört! und Sehr wahr!) Die Maßregelung, wie Sie es nennen, wird fort⸗ gesetzt. Eine Provinz nach der andern wird bereinigt werden (Bravo!) so lange, bis wir einen Beamtenapparat bekommen, der bereit ist, mit der Staatsregierung Preußen zu einer Demokratie und die Preußen zu

können, in der Sladt werden die Ortswehren wahrscheinlich den Charakter der Arbeiterwehr tragen können, ohne daß damit eine ein⸗ seitige Bevorzugung einer Klasse ausgesprochen ist. (Hört, hört! rechts.) Das ist selbstverständlich. Wir können in Mecklenburg und Hinter⸗ pommern und in rein agrarischen Bezirken keine Wehren aufstellen, in denen nach den §§ 8 und 9 der Berliner Vereinigung verfahren wird, weil wir die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter entweder gar nicht oder nur ganz schwach vertreten haben. Auf dem Lande werden die Flurschutzformationen den Charakter ländlicher Wehren tragen. In den Industrieorten werden die Wehren mehr den Arbeitereinschlag tragen. Ist das etwas Wunderbares? Man könnte sich darüber ent⸗ rüsten, wenn man sagte, es würden Arbeiter ausschließlich einer ganz bestimmten Gesinnung aufgenommen, auf dem Land ausschließlich Mit⸗ glieder der Deutschnationalen Volkspartei oder Deutschen Volkspartei, in den Industriestädten nur Sozialisten. Wir können nicht schema⸗ tisieren. Die Verhältnisse in Rheinland und Westfalen sind anders als in Pommern und Mecklenburg. Wir müssen die wirtschaftliche Struktur der einzelnen Bezirke berücksichtigen und können nicht mit einem Berliner Schema die komplizierten Fragen des Schutzes dort regeln wollen. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten und links.) Ich bitte deshalb, daß man auch in dieser Frage der Staats⸗ regierung Vertrauen entgegenbringt. Sie wird das Land nicht ohne Schutz lassen.

Es wird weiter von den Herren Abgeordneten Adoloh Hoffmann

und Genossen beantragt: die Sicherheitswehr dadurch ihres militärischen Charakters zu ent⸗ kleiden, daß Mitglieder der zu 1 und 2 erwähnten Organisationen in die Sicherheitswehr aufgenommen werden, bis sie eine zuverlässige republikanische Truppe geworden ist.

Die Sicherheitspolizei soll nach den Intentionen der Staats⸗ regierung ihres militärischen Charakters entkleidet werden. Eine straffe Organisation mit Beibehaltung der straffsten Disziplin ist aber unumgänglich notwendig, wenn die Sicherheitspoligei ihrer Aufgabe gerecht werden soll. Wir werden deshalb darauf halten, daß diese Truppe straff diszipliniert bleibt, auch daß sie eine zuverlässige republikanische Truppe wird. (Lebhafte Zustimmung links. Zuruf.) Es ist sehr wichtig, Herr Dr. Weyl, aber weil es wichtig ist, darf man uns auch keine einseitigen Vorschriften auferlegen wollen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten und Deutschen Demokraten.) Man darf uns die Rekrutierungsgebiete nicht einfach vorschreiben. Wir müssen die zuverlässigen Mitglieder der Sicherheitspolizei dort hernehmen, wo wir sie finden. (Allgemeine Zustimmung. Abg. Dr. Weyl: Sie finden sie bei den Arbeitern eher!) Das weiß ich auchl!

Aber ich möchte keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, daß die Expungenschaften der Revolution nicht nur von den Bolschewisten von rechts gefährdet worden sind, sondern auch von links. (Sehr vichtig! bei den Sozialdemokraten und Deutschen Demokraten.) Wir müssen uns auch, um uns gegen die Bestrebungen zu sichern, die links hervorgetreten sind und die offensichtlich bezwecken, auch die Sicher⸗ heitspolizei zu zermürben und sie für die Kämpfe, wenn sie erforderlich werden sollten, unbrauchbar zu machen, (lebhafte Zustimmung bei den Sozijaldemokraten und Deutschen Demokraten), mit derselben Wach⸗ samkeit gegen links wenden. (Zuruf rechts: Na, na!) Die heutige demokratische Regierung steht zwischen Scylla und Charvbdis. (Sehr richtig!) Sie würde ihre Aufgabe sehr viel leichter durchführen können,

Demokraten zu machen. (Bravo!) Wir befolgen damit nur ein Rezept das uns in den Kapp⸗Tagen der verflossene Innenminister Herr v. Jagow gegeben hat. Die erste Amtshandlung des Herrn v. Jagow bestand darin, den Personalreferenten des Innenministers zu sich zu bithen und ihm zu eröffnen, daß alle nicht verläßlichen Beamten abgesetzt seien. (Zuruf rechts: Ganz nach Ihrem Muster!) Nach unserem Muster, meinetwegen! Aber Sie dürfen uns dann daraus keinen Vor⸗ wurf machen, daß wir nun auch unserem Muster treu bleiben. (Zuruf: Einer lernt es pon dem anderen!) Ich stelle mit Genugtuung fest, daß wir es von den Deutschnationalen gelernt haben sollen, die Landräte zu „maßregeln“. Aber dann wirken Sie bitte doch auf die „Deutsche Tageszeitung“, die „Kreuzzeitung“ und die anderen Blätter der Rechten ein, daß sich die Herren ihre moralische Entrüstung schenken; es hat dann wirklich keinen Zweck, über die Maßregelungswut zu zetern.

Ich wiederhole: wir werden unnachsichtlich gegen alle die Beamten vorgehen, die am Kapp⸗Putsch beteiligt waren. Wir glauben das dem Lande schuldig zu sein, das von der demokratisechn Regierung ver⸗ langt, daß auch der Verwallungsapparat demokratisch geführt wird. Das wäre eine merkwürdige Republik, deren Einrichtungen Herren deutschnationaler und monarchischer Gesinnung anvertraut würden. Soweit sich die Herren der Deutschnationalen Partei oder der Deutschen Volkspartei loyal ohne Hinterhalt auf den Boden der Tat⸗ sachen, auf den Beden der Republik, auf den Boden der Demokratie stellen, so weit werden sie auch im Staatedienste Verwendung finden können. Aber wenn dieses Bekenntnis nicht ehrlich ist, wenn es nur in der Hoffnung abgegeben worden ist, daß doch recht bald die Morgen⸗ röte der Monarchie wieder scheinen wird, wenn die Herren das Ver⸗ sprechen nur abgegeben haben, um Zeit zu gewinnen, Organisationen für einen neuen Pulsch zu schaffen, dann werden sie es der Staats⸗ regierung nicht verübeln können, wenn sie diesen Bestrebungen zuvor⸗ kommt und die Beamten von dem verantwortungsvollen Posten enthebt. (Sehr richtig!) Das möchte ich zu der Anfrage der Herren Graef und Genossen sagen.

Ich wende mich nun dem Antrage der Herren Adolph Hoffmann und Genossen zu. Soweit Ziffer 1 dieser Anträge in Betracht kommt, die in Preußen noch bestehenden Einwohnerwehren aufzulösen, so ist za diesem Antrage bereits entsprochen worden. Die Waffen aus⸗ schließlich von den kommunalen Behörden sammeln zu lassen, geht nicht an. Ich habe Ihnen eben noch auseinandergesetzt, daß wir in einigen Bezirken nicht die freiwillige Abgabe abwarten dürfen, daß in einigen Bezirken schneller vorgegangen werden muß. Wie in Stettin, so wird auch in anderen Orten Deutschlands die Sicherheitspolizei in nächster Zeit eine Razzia nach Waffen vornehmen. (Zuruf: Auch im

Die Stellungnahme der Staatsregierung zu Ziffer 2 des Antrages der Herren Hoffmann und Genossen möchte ich dahin präzisieren, daß uns einstweilen noch keine Möglichkeit gegeben ist. Ortswehren auf⸗ zustellen. Ueber die Form des Ersatzes der Einwohnerwehren können wir erst dann Beschluß fassen, wenn wir durch die Verhandlungen der Reichsregierung mit der Entente wissen, was die Feinde uns zu kon⸗ zedieren bereit sind. Wir sind aber der Meinung. daß an die Stelle

der Einwohnerwehren ein verläßlicher Schutz gesetzt werden muß. Auf dem Lande wird dieser Schutz wahrscheinlich ein Flurschutz sein

wenn sie einem Druck weichen könnte. Wenn wir aber jetzt den Herren von der linken Seite dieses Hauses sagten, daß die destruktiven Persönlichkeiten einer Gruppe, die hier im Hause nicht vertreten ist, uns verpflichten, auch gegen links vorsichtig zu sein, so zweifeln Sie (nach rechts) daran. Wenn wir den Herren von links erklären: Wir sind achtsam auch gegen die Gefahren von rechts (Zuruf von den Unabhängigen Sozialdemokraten: Das hat das letzte Jahr bewiesen!) Das letzte Jahr hat nur bewiesen, daß die Regierung auf die Dauer einem derartigen zweifachen Druck nicht gewachsen ist.

Ich richte deshalb an alle pernünftigen und ordnungsliebenden Elemente, die ich auf allen Seiten dieses Hauses wähne, die dringende Bitte, auf ein paar Monate verzeihen Sie das ominöse Wort den „Burgfrieden“ zu wahren. Nicht daß die politischen Kämpfe aus- geschaltet werden sollten ich bin nicht so naiv, daß ich glaube, en solcher Wunsch hätte gerade während der Wahlbewegung Aussicht auf Erfolg —, sondern daß nicht mehr mit dem Rüstzeug der Barbaren, mit Handgranaten und Maschinengewehren, politische Ziele durch⸗ zuführen versucht werden. Würden wir in diesem Bestreben unter⸗ stützt werden von allen Elementen, die es mit uns darauf anlegen wollen, daß wir in Deutschland wieder zu vernünftigen wirtschaftlichen und politischen Zuständen gelangen dann würden wir, glaube ich, in gbsehbarer Zeit auch wieder den Aufstieg feststellen können, der bis vor wenige Tage vor dem Kapp⸗Putsche doch unverkennbar war.

Damit wende ich mich noch einmal den spezifischen Verhältnissen des rheinisch⸗westfälischen Industriegebietes zu, veranlaßt durch die In⸗ terpellation der Herren Dr. v. Krause und Genossen. Ich kann hier an dieser Stelle keine Geschichte der Ruhrunruhen geben; das würde mich zu weit führen und, glaube ich lediglich eine Wiederholung der Verhandlungen sein, die sich ja bereits in der Nationalversammlung abgespielt haben. Die Ordnung und Sicherheit ist im rheinisch⸗west⸗ fälschen Industriegebiet allerdings empfindlich gestört worden; aber ich muß auch an dieser Stelle noch einmal unterstreichen, was in der Nationalversammlung wiederholt festgestellt worden ist und auch heute früh schon mein Freund Steinbrink hier ausgesprochen hat: ohne den Kapp⸗Putsch wäre die Ruhe und Ordnung im rheinisch⸗westfälischen Industriegebiet nicht in dem Umfange gestört worden, wie wir ihn nun durch die Vorgänge des 13. März und der folgenden Tage feststellen mußten. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)

Ich gebe den Herren von der rechten Seite, die auf Vorberei⸗ tungen der Kommunisten und Syndikalisten himpeisen, Recht, daß es diese Kreise schon einige Monate vorher auf einen Putsch angelegt hatten. Das ist durchaus zuzugeben. Ich habe Kentnis von den Ereignissen in Oberhausen, in Remscheid, in Duisburg, in Düsseldorf; ich wußte, daß Agitatoren der Kommunistenpartei und der Syndikalisten am Werke waren, um zu einer günstigen Zeit zu versuchen, die wirtschaftlichen Forderungen der Soyndikalisten, mindestens die wirtschaft ichen For⸗ derungen, zur Anerkennung zu bringen. Aber, meine Herren, obgleich

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lahmzulegen, die Agitation, die am Anfang Dezember einsetzte, auf gewaltsame Einführung des Sechsstundentages zum 1. Februar, alle diese Dinge brachten Gefahrentage allerersten Ranges. Die Kenner

legen. (Abg. Obuch: Ist denn das wahr geworden?) Wenn sie nicht wahr wurden, Herr Kollege Obuch, dann lag das daran, daß die ver⸗

die die Staatsregierung zu treffen gezwungen war, es dahin brachten, daß die kommunistischen Wahnsinnspläne im Keime erstickt wurden. Es wäre auch in späteren Monaten gelungen, Putschwersuche der Kommunisten und Syndikalisten im Keime zu ersticken, wenn nicht jetzt die ganze Arbeiterschaft durch das verbrecherische Vorgehen der Kapp und Lüttwitz zusammengeschweißt worden wären. Es waren nicht Kommunisten, Syndikalisten und Unabhängige allein, sondern in den Tagen des 15., des 16. und 17. März standen in den Reihen der auf⸗ ständischen Arbeiter auch christlich organisierte Arbeiter, Demokraten und Mehrheitssozialisten. 8 8 Wenn ich nun noch einmal mit einem Wort auf die angeblich zögernde, schwanken und „schwache“ Haltung der Reichs⸗ und Staatsregierung eingehen darf, dann, meine Herren, möchte ich zur Erklärung dieser Haltung sagen: uns lag auch daran, uns lag sehr viel daran, diese Elemente von denjenigen zu trennen, die es wirklich nur auf den kommunistischen Putsch abgesehen hatten. Wir mußten die demokratisch gesinnten Arbeiter, wir mußten die vernünftigen christ⸗ lichen Arbeiter, die vernünftigen unabhängig⸗sozialistischen Arbeiter, die mehrheitssozialistischen Arbeiter, die nichts wollten als die Abwehr des Kapp⸗Putsches, von denen trennen, deren Ziele weiter gesteckt waren, denen es darauf ankam, das Wirtschaftsleben des Ruhrgebietes lahmzulegen. Und das konnten wir nur dadurch, daß wir den Ver⸗ handlungsweg beschritten. Die Vorwürfe, die von der rechten Seite gegen die Reichsregierung und gegen die Staatsregierung erhoben werden, wären berechtigt, wenn durch das Bielefelder Abkommen, durch die Münsterschen Abmachungen in den militärischen Vorbereitungen irgend etwas verzögert worden wäre. Wenn Herr Abg. Tegeder gestern als Sprecher der Deutschen Volkspartei hier gesagt hat, es wäre sehr viel Unheil vermieden worden, wenn das Millitär 5 bis 6 Tage früher marschiert wäre, so möchte ich doch an dieser Stelle feststellen: das Militär konnte gar nicht früher marschieren, weil die Vorbereitungen zum allgemeinen Vormarsch noch nicht restlos getroffen waren. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Das festzustellen, ist jetzt ganz besonders Pflicht. Ich möchte das doppelt und dreifach unterstreichen: nichts ist verabsäumt worden, vor Anfang April konnte das Militär nicht marschieren. (Zuruf rechts.) Das Militär sagt nichts anderes. Die einzelnen Unterführer und dierabiatgewordenen Unteroffiziere einzelner Truppenteile im Westen mögen Ihnen privatim etwas anderes sagen. Wenn die Militäwerwaltung gezwungen wäre, in der vollen Oeffent⸗

zu sagen, dann würde auch die Militärverwaltung, dann würde auch das Wehrkreiskommando VI mit mir übereinstimmen in der Fest⸗ stellung darüber, daß das Militär gar nicht in der Lage war, vor An⸗ fang April überhaupt zu marschieren. Wir hätten kleinere Trupps früher einsetzen können, o ja, die Möglichkeit wäre gegeben gewesen, und wenn sich heute einzelne Oberbürgermeister und Landräte darüber boklagen, daß ihren Hilferufen nicht frühzeitig genug Folge gegaben sei⸗ so stimmt das. Aber diese Hilferufe konnte man nicht berücksich⸗ tigen, wenn man nicht den allgemeinen Operationsplan stören wollte, wenn man nicht die einzusetzenden kleinen Abteilungen in dieselben Ge⸗ fahren hätte bringen wollen, denen am ersten Tage die kleinere Ab⸗ teisung Lichtschlag hatte erliegen müssen. Wir konnten erst vorgehen, G als der Ring im Norden und Osten geschlossen war, mit dem man methodisch von allen Seiten her die noch aufrührerischen Arbeiter fassen konnte. Wenn ich von noch aufrührerischen Arbeitern spreche, so meine ich diejenigen, die auch nach dem Abkommen von Bielefeld im Kampfe verharrten und trotz aller Beeinflussungsversuche, die ins⸗ besondere von unabhängiger Seite unternommen worden sind, unter den Waffen verblieben, angeblich zu dem Zweck, den Militarismus

Auffassung aber zu dem Zweck, um die Machtgelüste und die Be⸗ reicherungsgelüste einiger Räuber und Erpesser zu befriedigen, die es nun verstanden hatten, sich an die Spitze der Truppen zu stellen. (Abg. Obuch: Es scheint mir sehr bedenhlich, diese Absicht zu unter⸗ stellen!) Herr Abg. Obuch zweifelt daran. Ich habe aus dem zahl⸗

Dieser Brief lautet: Liebe Eltern und Geschwister!

Habe den Brief erhalten. Wir sind jetzt in Frie 65 Ragn. haltten wir 5 Gefechte. In unserer Kompagnie sind 18 Tote, dabei auch Ernst Hartmann. In Hamborn haben wir alles verloren. Ich habe nur noch ein Gewehr und hundert Pa⸗ tronen.é Aber Rache ist süß. Sollte ich nicht fallen, komme ich gleich nach Hause. Die Artillerie schießt seit gestern in Hamborn, da bleibt kein Kind am Leben. Dann wird ziemlich unleserlich zum Ausdruck gebracht, daß es darauf ankommt, der Truppe das zuzuführen, was sie in ihrem Kampfe noch bedürfe; „wir werden jetzt in 8 Tagen Düsseldorf stürmen“ und dabei würde Beute gemacht werden. Aehnliche Ausführungen habe ich in unzähligen anderen Schreiben gelesen, und wenn Sie, Herr Kollege Obuch, bezweifeln, daß es ganz fragwürdige Elemente gewesen sind, (Abg. Obuch: Nein, das bezweifle ich nicht!), die in den letzten Tagen das Heft an sich gerissen haben, so bin ich gern bereit, an Hand de Materials, das uvns zur Verfügung steht, Ihnen einige Beweise vor⸗ zuführen. Herr Kollege Ludwig wird Sie darüber auch eines Besseren belehren können. (Abg. Obuch: Das weiß ich!) Wenn Herr Ernst sich mir gegenüber anbot, zuverlässige Truppen aus Haden und den be⸗ nachbarten Orten zu schicken, um die marodierenden Banden in und u Mülheim in Schach zu halten, dann beweist das, daß auch in den Reihen der unabhängigen Sozialisten die Erkenntnis sich Bahn brach, daß man mit diesem Gesindel nur noch mit der ultima ratio fertig

die Gruppen mit ihrer Agitation großen Lärm in der Oeffentlichkeit gemacht haben, wären ihre Bestrebungen ganz unmöglich geblieben, wenn ihnen nicht die Herren Kapp, Lüttwitz und Jagow den Boden geebnet hätten. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) An gefährlichen Situationen, die eine Entladung der kommunistischen Agitation hätten bringen können, hat es im Ruhrgebiet wahrlich nicht

gefehlt. Die Versuche, durch palsive Resistenz die Kohlenproduktion

ünn

Truppen!)

werden konnte. (Abg. Dr. Weyl: Mit zuverlässigen republikanischen Das steht jetzt nicht zur Erörterung. Ich wollte nun sagen: in den letzten Tagen des Kampfes, als es darauf ankam, dem Bielefelder Abkommen Nachachtung zu verschaffen, da handelte es sich nur noch um Gesindel, da standen keine Leute mehr in den Reihen der Heere, denen es darauf ankam, die revolutionären Errungenschaften zu sichern, sondern solche, denen es nur noch darauf ankam,

der Verhältnisse im Ruhrrevier werden mir bestätigen, daß insbe⸗ 8 sondere um den 1. Februar herum die große Befürchtung bestand, daß es durch kommunistische und syndikalistische Umtriebe dahin kommen 1 würde, den Ruhrbezirk in der Produktion für längere Zeit lahmzu⸗

nünftigen Elemente der Arbeiterschaft im Verein mit den Maßnahmen,

lichkeit einmal ein Bild von den Zuständen zu geben, Ihnen alles

beiter, die sich nachweislich an den Kämpfen

zu plündern und zu sengen. Wenn es anders gewesen wäre, dann hätte nicht der Essener Zentralrat vor diesem Gesindel die Flucht ergriffen. Sie (zu den U. Soz.) leisten der republikanischen Sache und der Demokratie keinen guten Dienst, wenn Sie sich auch nur im geringsten schützend vor dieses Gesindel stellen. Ich meine, es liegt im Interesse der politischen Reinlichkeit, von diesem Gesindel ab⸗ zurücken. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten und U. Soz. und rechts.)

Gegenüber diesen Elementen war kein weiteres Zuwarten möglich; als die Truppen ihre Vorbereitungen getroffen hatten, als alles marsch⸗ bereit stand, hätte ein weiteres Zögern nichts anderes bedeutet, als daß man die rheinisch⸗westfälische Industrie für längere Wochen lahmgelegt hätte. Es stand schon so, daß in Duisburg einige Hochöfen zu erkalten

rohten, daß einige Zechen in die Luft gesprengt werden sollten, daß

auf einigen Schächten Dynamit in die Förderkörbe gelegt war (hört, hört!); die Zündschnüre lagen offen, und es bedurfte nur der Tat eines wagehalsigen Mannes, und auf Jahre hinaus wäre die Produktion im Industriegebiet stillgelegt worden. Was das für eine Bedeutung ge⸗ habt hätte, das wissen alle Kenner des rheinisch⸗westfälischen Wirt⸗ schaftslebens. (Sehr wahr!) Da mußte gehandelt werden, und das sage ich besonders Ihnen, meine Herren von der Rechten da ist von der Regierung auch gehandelt worden.

Wenn die Dinge dann den bedauerlichen Verlauf genomen haben, wenn einzelne Truppenteile nicht Disziplin und Manneszucht gehalten haben, so hatte ich von vornherein befürchtet, daß sich das in einer solchen Lage nicht würde vermeiden lassen. Es ist in der Tat teilweise

von den Truppen in einer Art gehaust worden, die leine Verteidigung

verdient. Aber das darf man der Truppe nicht als ihre Spezialität; zur Last legen. Es ist vorhin schon in einem Zwischenruf mit Recht am gemacht worden, daß leider auch die Arbeitertruppen es an Unmenschlichkeiten nicht haben fohlen lassen. In Dortmund galt es beim Kampfe gegen das Korps Lichtschlag vielleicht, eine Truppe

darauf aufmerks

zurückzuweisen und kampfunfähig zu machen, die durchaus kein zuver⸗ lässiges Instrument der demokratischen und republikanischen Regierung war. Aber alles, was dann über Dortmund hinaus geschah, kann von niemandem mehr verteidigt werden. Denn die Sicherheitspolizei, die in Dortmund genau so niedergemetzelt worden ist, wie einzelne Teile des Korps Lichtschlag, war keine Bourgeoisie, das waren keine Mit⸗

glieder der deutschnationalen Volkspartei oder der deutschen Volks⸗ partei; das waren Zentrumsanhänger, Mehrheitssozialisten und auch Das gleiche gilt be-⸗

einige unabhängige Sozialisten. (Pört, hoört!) züglich der Eslener Sicherheitswehr, die in den Revolutionstagen zusammengestellt war, sozialisten befand, die bis in die leblen Wochen hinein auch Unaohangige unte: ihren Mitgliedern zahlte.

Weise angegriffen und zum Teil vernichtet worden. Und welche Soenen

werden. Reichswehr zu schimpfen (sehr richtig!), daß es die Objekuvität ver⸗

pegangen sind, und daß die Regierung durchaus recht gehandelt hat,

wenn sie es vermied, daß diese blutigen Kämpfe schon in den Tagen

erfolgten, wo noch 70 000 Arbeiter bis an die Zähne bewaffnet diesen Reichswehrtruppen gegenübergestellt worden waren. Das wäre ein Blutbad geworden, wie es fürchterlicher in einem Bürgerkriege, in einem Bruberkrlege noch nicht angerichtet worden ist.

Die Herren Dr. Friedberg und Genossen haben nun in ihren Anträgen einige Vorschlage gemacht, wie eine schnelle Reform unserer Sicherheitsorgane herbeigeführt werden kann. Ich kann zu meiner Freude gestehen, daß ich mich mit allem, was die Herren Dr. Fried⸗ berg und Genossen beantragt haben, einverstanden erklären tann (Bravol bei den Deutschen Demokraꝛen) und daß nach diesen Wünschen schon heute verfahren wird. Des Antrages bedarf es deswegen nicht. Nur bezüglich des letzten Punktes möchte ich bemerken, daß noch Meinungsverschiedenherten darüber bestehen, ob es richtig ist, die bis⸗ herige kommunale Sicherheitspolizei restlos in die staatliche Sicher⸗ heuspolizgei zu übernehmen. Alles, was in diesem Augenblick unter⸗ nommen wird, meine Herren, geschieht ja im Hinblick auf die anor⸗ malen Zustande, in denen wir uns befinden. Es wird später einmal leidenschaftslos darüber zu reden sein, wie wir unsere Polizei am zweckmäßlgsten reorganisieren können. Worauf es jetzt ankommt. ist, möglichst umfassend alle Kräfte zusammenzuschließen, die berufen sind, bei ausbrechenden Unruhen die gefährdete Ordnung und Sicher⸗ heit wieder herzustellen. Zu diesem Zwecke können wir auch die kommunale Sicherheitspolizer von heute nicht entbehren. Ob es richtig

ijst, sie nun ohne weiteres, ohne jede Kautel in die staatliche Sicher⸗ hertspolizer aufzunehmen und sie nur mit der staatlichen Sicherheits⸗ polizei einzusetzen, das erscheint mir fraglich. Ich glaube, daß ein Teil der kommunalen Sicherhertspolizei ihrer heutigen Aufgabe er⸗ halten bleiben muß, mit der Einwohnerschaft in engster Fühlung zu bleiben, die kleineren polizeilichen Maßnahmen auszuführen. solche Truppe aber, die diese mehr geschäftlichen, rein formalen Dinge ur Erlebigung zu bringen hätte, eignet sich in ihrem Personalbestand nicht so für die Kampftruppe, die die Sicherheitspolizei ja in erster Linie sein soll. Das ist aber heute cura posterior. Ich glaube, darüber können wir im einzelnen später einmal in der Kommission reden. Ich nehme an, daß sich in der nächsten Zeit eine Kommission dieses hohen Hauses mit den Aufgaben der Polizei eingehend wird beschäftigen müssen. Im allgemeinen aber stimme ich, wie gesagt, den Anregungen zu, die die Herren Dr. Friedberg und Genossen ge⸗ haben. 1 G“ Ich möchte bei dieser Gelegenheit der Sicherheitspolizei, die in den letzten Wochen wie die Reichswehr in Kämpfe verwickelt worden ist, meinen herzlichsten Dank für ihre Opferwilligkeit aussprechen (Bravol) und der armen Opfer gedenken, die bei diesen Kämpfen ihr Leben lassen mußten. Die Staatsregierung kann in diesem Augen⸗ blick nichts anderes tun als das Versprechen abgeben, daß für die Hinterbleobenen der gefallenen Sicherheitspolizisten in ausreichendem Maße gesorgt wird. (Bravol Rufe bei den Unabhängigen Sozlal⸗ demokraten: Und die Arbeiter?) Sie wissen, meine Herren, daß der Herr Minister Giesberts in Bielefeld das Versprechen abgegeben hat, daß er sich in der Kabinettssitzung dafür einsetzen will, daß die Arbeiter nach Möglichkeit schadlos gehalten werden sollen, die Ar⸗ zur Erhaltung der Republik und der demokratischen Errungenschaften beteiligt haben. Sie wissen aber aus der Vermengung der Kämpfe zu diesem Zwecke

1

Auch diese Essener Polizei, eine Arbeiterpolizei, ist von den Arbeitertruppen in der unmenschlichsten

Ich meine deshalb, daß es nicht richtig ist einseitig nur auf die n beantn . 1 regierung hat auf Anträge, die ihr in großem Umfange aus dem

langt, festzustellen, daß auch von der anderen Seite Unmenschlichkeiren Ruhrrevier geworden sind, die Verbindung mit der Reichsrecierung

Eine dann werden

die sich unter der Leitung eines Mehrheits⸗

P. 1 8 2 2 * M. 1 8 1 1 8 aats 8 ir 8 un sich im Essener Wasserturm abgespielt haben, das ist schon wiederholt Genossen: „Was g denkt die Seeesens zu 8 8 .- S. hervorgehoben worden. Alle diese Dinge köonnen auch nicht verteidigt den Aufruhr im Ruhrgebiet Geschädigten unverzüglich wirksam,

zuteil werden zu lassen?“,

ihre Durchführbarkeit, ihre Rich chticung bin poff und werden in diesem Sinne den Antragstellern Bescheid geben. (Zu⸗

euch soweit wie möglich geschohen, soweit feststeht, 8 Reich eingreifen müssen. Das wird der Fall sein, soweit es sich darum

Hilfe angedeihen zu lassen.

und der letzten Erscheinungen, daß es sehr schwer ist, ein generelles Versprechen abzugeben. Ich kann hier nicht sagen, daß alle Opfer in diesem Sinne entschädigt werden sollen. (Zurufe bei den Unab⸗ hängigen Sozialdemokraten.) Alle Soldaten und alle Sicherheits⸗ polizisten, die auf Anweisung der Staats⸗ und Reichsregierung ein⸗ gegriffen haben, waren damals Organe des Stoates und der Reichs⸗ regierung. (Sehr richtig! Zuruf bei den Unabhängigen Sozial⸗ demokraten: Und die Freikorps?) Meine Herren, es wird darüber auch später noch zu reden sein. Ich freue mich, daß meinen Aus⸗ führungen gerade Herr Abgeordneter Ludwig so aufmerksam folgt. Herr Ludwig ist über die Dinge im Bilde und wind mir Recht geben, wenn ich sage, die Solsaten, die sich am 13. April unter den Befehl der Lichtschlag, der Hasenclever, der Lange usw. gestellt haben, waren durchaus keine bewußten Putschisten. (Sehr gut! bei den Unab⸗ hängigen Sozicldemokraten.) Gerade die ennvaffnete Abteilung Lange,

die unter Eskorte einiger unabhaͤngigen Sozialisten wieder nach Biele⸗ feld zurückgeführt worden ist, gerade die Angehörigen dieser Kveise waren alles andere als Verschwörer. Es können von diesen Leuten einige im Kampf gefallen sein. Sollen wir sie deswegen, weil sie unter dem Befehl des Lange gestanden haben, nicht entschädigen? (Rufe: Jawohl, entschödigen!) Schön. Die sind auf Amveisung staatlicher und Reichsorgane eingesetzt worden, und diese alle müssen gemeinsam entschädigt werden. Ich kann aber nicht sagen, daß alle Arbeiter entschädigt werden, weil von den Arbeitern erst der Nachweis geliefert werden muß, beziehungsweise von ihren Angehörigen, daß es sich um Kämpfe gehandelt hat, die wir lich nur die Aufrecht⸗ erhaltung der Errungenschaften der Demokratie zum Zwecke gehabt haben. Bei den Soldaten ist dieser Nachweis nicht erforderlich, wetl sie auf Befehl ihrer Vorgesetzten gehandelt haben. (Zumf: Die Offiziere! Da schweigen Sie!) Nein, ich schweige durchaus nicht. Ich habe Ihnen ja erklärt, Herr Minister Giesberts hat namens —, nein, aber doch, glaube ich, nachdem er die Reichsregierung benachrichtigt hatte, in Bielefeld das Versprechen abgegeben, sich im Kabinett für diese Opfer einzusetzen. Es wird Sache des Reiches sein, dieser Ankündigung des Herrn Ministers Giesberts entsprechend, die Untersuchung, die notwendig ist, einzuleiten. uruf bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Die preußische Regierung kann nicht mehr tun, als in diesen Dingen mit der Reichsregierung destrebt zu sein, möglichst schnell eine Regelung dieser Froge herbeizuführen. Aber wir können keineswegs die finanziellen Lasten Reser Entschewdung auf Preußen übernehmen.

Die Anfrage, die von Herrn Abgeordneten Dr. Frzedberg und Genossen gestellt worden ist, und die die Verhaftung des Herrn Ab⸗ geordneten Dr. Schreiber betraf, wird nachher Her Stastskammissar Dr. Weißmann beantworten.

Die große Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Desrberg und um den durch

kann ich noch einmal im Zusammenhang

mit meinen letzten Ausfühvungen beantworten. Die preußische Staats⸗

bereits aufgenommen. Wir werden alle Schadensersatanprüche auf tigkeit und Berechtigung hin prüͤfen

ruf rechts: Den Geschädigten sind Vorschüsse zu zahlen!) Das wird

handelt, den Schwergeschädigten, wie den Bewohnern von Dinslaken, Aber in Bausch und Bogen alles zu⸗ zugestehen, wird der Reichsregierung nicht möglich sein ohne nähere Prüfung. Das ist auch der Staatsregierung nicht möglich. Sehr gut!) Wir werden jeden einzelnen Anspruch auf seine Berechtigung und Richtigkeit hin nachprüfen müssen, und es wird nach Billigkeit hin und in dem Umfange, wie es die finanziellen Mittel gestatten, den Ansprüchen Gerechtigkeit widerfahren. Das möchte ich zur Be⸗

antwortung der Interpellationen sagen.

Ich verzichte angesichts der Geschäftslage darauf, weitere pole⸗ mische Bemerkungen gegen die Redner zu machen, die gestern bevei ts in der Begründung der Interpellationen gespvochen haben. Ich hoffe zuversichtlich, daß die Erkenntnis in recht naher Zeit Allgemeingut

auch in diesem hohen Hause sein wird, daß wir nicht früher zu ge⸗

ordneten Zuständen in unserem politischen Leben und in unserem wirtschaftlichen Laben gelangen werden, bis wieder diejenigen Waffen

tragen, die von Amts wegen dazu berufen sind. (Sehr richtig!) Helfen Sie uns alle, dieses Ziel zu erreichen; wenn nach dem 6. Juni ich gebe mich keiner Täuschung hin, daß früher eine allgemeine Waffenrazzia Erfolg hätte die Staatsregierung oder Reichs⸗ regierung mit scharfen Maßnahmen einsetzen wird, um die Waffen von denjenigen zu bekommen die sie beute noch verborgen halten, dann bitte ich Sie auf allen Seiten dieses Hauses, leisten Sie der Regierung Ihre Hilfe (Zuruf), in Pommern, Mitteldeutschland, Rheinland und Westfalen, Schlesien leisten Sie der Regierung Hilfe, uns derartige Interpellationen für die Zukunft nicht

mehr überantwortet werden, und wir werden uns wieder der fried⸗

g

lichen politischen Arbeit zuwenden können, die allein eine godeihliche Entwicklung unseres Volkes verbürgt. (Bravol)

v weiteren Verlaufe dieser Beratung erklärte der

Minister des Innern Severing:

Meine Damen und Herren! Mein⸗ Herr Vorredner hat gemeint, daß bie Regierung anerkennen müsse, daß sie dem bewaffneten Aufstande der rheinisch⸗westfälischen Arbeiter ihr Dasein verdanke. Diese Auffassung ist durchaus unrichtig. (Sehr richtigl bei den U. Soz.) Wenn die Be⸗ wegung der rheinisch⸗westfälischen Arbeiter sich im Rahmen des Vor⸗ gehens der Berliner und der Arbeiter anderer Bezirke gehalten hätte, wenn sie nur in der Beteiligung am Generalstreik bestanden hätte, wäre dasselbe erreicht worden, und die Position der Regierung in den nächsten Wochen wäre viel gefestigter gewesen. (Zurufe bei den U. Soz.) Die Beteiligung am Generalstreik war Stütze genug für die Regierung gewesen; ich glaube, das bedarf keines näheren Beweises. Die Kappregierung war am Mittwoch abend zusammengebrochen. Am Donnerstag früh ereigneten sich aber erst die eigentlichen Kämpfe, die zum Schandfleck der Arbeiterbewegung geworden sind. Ich habe volles Verständnis für den Kampfesmut der Hagener Arbeiter und der in den benachbarten Bezirken gehabt. Die provokatorischen Maßnahmen des Korps Lichtschlag, die provozierenden Demonstrationen dieser Ab⸗ teilung, das Mitführen der schwarz⸗weiß⸗roten Fahnen, das demon⸗

strative Absingen monarchischer Lieder, alles das hat eine Hochlpannung

Verhaͤlinisse

hbedarf keiner Feststellung, und was mich anlangt, zu diesem Zwecke die Zivilkommissave

der Arbeiter geschaffen, Re sich irzend wann mal enkladen mußts. Daß sie am 15. März zur Entlebung kam, war für den Kenner der nicht verwunderlich. Wann mit der Vertreibung des Korps von Lichtschlag die Bewezung ihr Ende gefunden hätte, dann wäre das eine ehrende Tsetsache für die Arbriter des rheinisch⸗west⸗ fälischen Industriegebiets geblieben. Dat sich die Bewegung aber dann fortsetzt und sich im weiteren Verlauf nicht allein darauf beschränkte, Militär zu entwaffnen, Milstärs zu töpen, sondem blindwütig alles zu vernichten, was sich an Organen der Sicherheitspolizei, überhaupt an Sicherheitsorganen ihr in den Weg stellen sollte, das war kein Schutz der Regierung, das ist das guwesen, was man als eine Schwächung der Regierungsposition bezeichnen muß. Wenn jetzt der Regierung der Vorwurf gemacht wird, daß sie zwei Ueberschichten von den Bergarbeitern verlangt, aber nicht imstande ist, die Bergarbeiter entsprechend zu versorgen, so muß auch zur Erklärung dieser Tatsache darauf verwiesen werden, daß Holland für einige Wochen seine Lobons⸗ mittellieferungen veswegen hat einstellen müssen, weil den Unter⸗ nehmern und Häadlern in diesem Lande nicht die Gewißheit gegeben werden konnte, daß dis enrollenden Waren auch in die richtigen Hände gelangten. Dos sicht also auch gadans aus als eins Stütze der Re⸗ gierung.

Herr Ludwig hat zum Teil sehr berechtigie Klagen über das Verhalten der Reichswehr arhoben. Aber Sie wissen alle ganz genau, daß unsere Truppe heute nicht so Rszipliniert ist wie in der Vor⸗ kriegszeit. Keine Truppe, ganz gleich, ob es nun eine Arbeitertruppe oder eine andere Truppe ist, befindet sich unbedingt in der Hand ihrer

Führer. Die Abneigung gegen die Reichswehr ist doch nicht ganz so allgemin, wie Herr Ludwig

darzustellen versuchte. Ich moche ihn auf folgendes aufmerksam: als sein Hagener Freund Joseph Ernst auf meine Anregung sich bemühte, zuverlaäͤfsige Arwbeitertruppen aus dem Hagener Bezirk zusammenzustellen und sie gegen die Mülheimer rsvol⸗ tiervenden Arbeitertruppen zu senden, da sagte der Führer der Mülheimer Truppe: um Gottes Willen, nicht die Arbeitertruppe aus Hagen, Ueber Reichswehr! (Hört, hört! im Zentrum. Hurufe bei den U. Soz.) Nein, das hat nicht Ernst gesagt, sondern der Führer der Mülheimer, Heer Nickel, der, als ihm Arbeitertruppen gesandt werden sollten, lisber Reichswehrtruppen haben wollite, weil er sie für zuver⸗ léässiger hielt. (Hört, hört! im Zentrum.) Ich möchts das anführen, um zu zeigen, daß die Abneigung gegen die Reichswehr doch nicht so allgemein ist, wie es Herr Ludwig darzustellen beliebte. Daß dis Ausschreitungen der Reichswehr von allen Leuten verurteilt werden, so habe ich gerade eingesetzt, die die Aufgabe hatten, Ausschreitungen der Reichswehr nach Möglichkeit zu vsr⸗ hondern, und Ihe Berliner Organ, Herr Ludwig, hat auf Ihre Zus schrift hin auch festgestellt: im Sennelaser sind erträgliche Verhält⸗ nisse. Das hat die Kommission der Gefangene auch anerkannt. Wenn Sie aber nachforschen, auf wessen Veranlassung das geschehen ist, so ist das das Verdianst des Zivilkommissars im Sennelager, des Ge⸗ werkschaftssekretär Busing, der es im Einvernehmen mit dem Lager⸗ kommandanten Major v. Kleist erveicht hat, daß die Inhaftierten selbftz eine Beschwerdekommission gewaäͤhlt haben. Ich bedame außerordent⸗ lich, daß nicht bei allen Truppenteilen dies Ergebnis erzielt worden ist. Alle Truppenführer sind eben nicht so einsichtig wie der Major v. Kleist.

Herr Stieler von der Zenssrumspartei hat mir den Vorwurf ge⸗

macht, daß ich mich in Münster von Leuten habe beraten lassen, die eigentlich ganz anderswohin gehörten.

Ich verstehe diese mystische Wendung nicht ganz. Ich nehme an, Herr Stieler, daß Sie Ihre politischen Freunde haben meinen wollen. (Zuruf.) Aber Ihre politischen Freunde haben mich abensowenig beraten, wie die anderen Herren, die Sie vielleicht im Auge haben. (Widerspruch des Ab⸗ geordneten Stieler.) Wenn Sie vielleicht auf die Mitglieder des Essener Zentralrats hinweisen wollten, so möchte ich Ihnen erklären, daß diese Herren von mir ebensowenig gerufen sind, wie Ihre politischen Freunde. Sie sind ungerufen zu mir gekommen, und ich habe sie wie jeden andern, der in meine Amtsstelle kam, angehört. .“

Ich möchte mich überhaupt gegen den recht oft erhobenen Vor⸗ wurf verteidigen, als ob ich meine Amtsführung nach politischen Ge⸗ sichtspunkten orientiert bätte. Meine Damen und Hercen, ich bin im April des vergangenen Jahres von der Reichs⸗ und Staatsregierung als Kommissar für den rheinisch⸗westfälischen Indastriebezirk bestellt worden mit der einzigen Zweckbestimmung, dafür zu sorgen, daß der große Ruhraus⸗ oder ⸗aufstand nach Möglichkeit ohne Blutvergießen beigelegt würde. Ich habe mich sofort, ohne erst zu fragen, welches meine Amtsbefugnisse seien, an die Erledigung dieser Aufgabe begeben; denn ich habe keine lange Zeit gebabt, die Mitarbeiter nach ihrer politischen Parteizugehörigkeit mir auszusuchen. Ich habe diejenigen Freunde herangezogen, die ich in langjähriger gewerkschaftlicher Arbeit in ihrer Qualifikation, in ihrem Arbeitseifer schätzen gelernt hatte, und habe vom ersten Tage an meine Mahnahmen getroffen. (Zuruf im Zentrum.) Das war kein Zufall, nein, das war ganz natürlich. Ich kannte Ihre Herren im Ruhrbezirk zu wenig, Herr Stieler, als daß ich mich mit einem Stabe Ihrer Herren gleich vom ersten Tage an hätte versehen können. Ich möchte Ihnen dazu folgendes sagen: hätte ich im April des vergangenen Jahres gewußt, daß sich meine Tätig⸗ keit über ein Jahr hinaus erstrecken würde, dann hätte ich schon im ersten Monat Mitglieder der Christlichen Gewerkschaften und des Hirsch⸗Dunckerschen Gewerkvereins gebeten, mir einige Mitarbeiter zu benennen, und ich hätte dann diese Herren genau so berufen, wie ich Mitglieder des Freien Bergarbeiterbereins bestellt habe. Aber wie lag es damals? Die Beendigung des Ruhraufftandes war die einzige Aufgabe, die ich leisten sollte. Als diese Sache erledigt war, habe ich der Reichs⸗ und Staatsregierung mein Mandat zur Verfügung gestellt. Ich bin aber gebeten worden, die Sache noch eine Weile weiter zu führen, und als diese Weile verstrichen war, habe ich wieder gebeten, mich von meinem Amt zu entbinden. Wieder bin ich gebeten worden, das Amt weiter zu führen, und so ist von 6 Wochen zu 6 Wochen meine Tätigkeit prolongiert worden, und ich stand zwischen Tür und Angel. Dieser Zustand war mir selbst nicht erwünscht, und ich habe im September Ihrem Herrn Imbusch das Versprechen gegeben, daß, wenn die Einrichtung noch ein Bierteljahr bleiben sollte, auch einige Herren Ihrer Richtung berufen würden. Dann ist an einen Abbau gedacht worden, und Ihre Freunde haben am energischsten gerufen, das Kommissariat aufzulösen. So war ich nicht erpicht darauf, die⸗ jenigen Leute zu berufen, die ven der ganzen Einrichtung nichts bielten, nud so ist es gekommen, daß spesiell Ihre Freunde im Meichs⸗

bommissariat nicht vertreten waren⸗