1920 / 98 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 08 May 1920 18:00:01 GMT) scan diff

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des Jahres 1919 Frankreichs Ausfuhr sich gehoben und in den ersten drei Monaten dieses Jahres, verglichen mit der gleichen Zeit des Vorjahres, fast verdoppelt habe.

Rußland.

Eine radiotelegraphische Meldu „An Alle“ besagt:

In der „Istwestia“ beweist Radek in einem Artikel, wie absurd die französische Politik sei, wenn sie sich in ein Abenteuer einlasse, das fatal für Polen auslaufen müß te, welches Frankreich als Alliierten gegen Deutschland nötig habe. Nachdem er die internationale Lage dargelegt hat, kommt Radet zu dem Schluß: Wir führen diesen Krieg unter zehnfach besseren Bedingungen als denjenigen gegen Koltschak, Denekin und Judenitsch. Unser Vertrauen auf den Sieg ist nicht nur auf dem Kräfteunterschied zwischen Rußland und Polen begründet, sondern auch auf der ganzen internationalen Lage.

Der „Nieuwe Courant“ hringt ein drahtloses Moskauer Telegramm, wonach eine besondere Kommission ernannt worden sei, die die Aufgabe habe, die Streitkräfte und Kampfmittel an der polnischen Front zu verstärken. Der Vorsitzende der Kommission sei Brussilow, auch die Mitglieder seien aus dem Kriege bekannte militärische Führer.

Entgegen der Meldung der „Associated Preß“, daß die Polen in Kiew eingerückt seien, besagen radiotelegraphische Berichte aus Moskau vom 5. Mai, daß Kiew sich an jenem Tage noch in den Händen der Sowjetregierung befand. Einer Blättermeldung aus Warschau zufolge dauert der Kampf zwischen Bolschewisten und Polen um den Besitz

iew Tag und Nacht fort.

NMievderlande. ein Antrag Rave⸗

aus Moskau

1“ 1““ 1

In der Zweiten Kammer kam

8 ftens (Kommunist) über die Möolichkeit der Wiederher⸗

stellung der politischen und Handelsbeziehungen mit Rußland zur Sprache. Der Mirnister des Aeußern Karne⸗ beeck erklärte dem „Wolffschen Tele raphonbüro“ zufolge: Die Erfahrungen, die andere Regierungen mit Sonjetoertretern gemacht hätten, machten nicht wahrscheinlich, daß die Sowjetregierung bei Wiederaufnahme der politischen Beziehungen beabsichtige, die Rechte der niederländischen Regierung zu achten. Sowohl in Eng⸗ land wie in Deutschland unt) in Schweden habe man die Sowjet⸗ vertreter ausweisen müssen. Der Minister saghe weiter, daß das russische Problem vom Völkerbund in Behandlung genommen sei, und daß Holland nicht vereinzelt mit der Anerkennung der Räte⸗ regierung vorgehen könne. Die Regierung müsse deshalb eine abwartende Haltung einnehmen. Auf die Frage der Handelsbeziehungen über⸗ gehend, wies der Minister darzuf hin, daß die Kopenhagener Be⸗ sprechungen bisher keinen bebonderen Erfolg gezeitigt hätten. Die englischen und die französischen Delegierten seien abgereist, und die amerikanischen Delegiirten seien im Begriffe, dasselbe zu tun. Der Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen müsse eine genaue Unter⸗ suchung der wirtschaftlichen Bedingungen vorausgehen. 8 18 Schluß teilte der Minister mit, daß nach aus Narwa eingetroffenen draht⸗

lichen Mitteilungen alle Niederländer, die sich noch in Rußland be⸗

finden, 103 an der Zahl, sich an Bord eines holländischen Regierungs⸗ dampfers nach Holland eingeschifft hätten. Die Kammer lehnte den Antrag Ravesteyn mit 48 13 Stimmen ab.

Pänernark.

Bei dem gestern erfolgten. Zusammentritt des Folke⸗ thing hielt der Ministerpräsidont KNeergaard laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbüros“ folgende Programm⸗ rede:

Die Regierung, die aus den Wahlen zum Folkething am 26. April hervorgegangen ist, hat als erste und wichtigst“ Aufgabe die nahe be⸗ vorstehende Wiedervereinigung mit unseren südjütischen Landsleuten durchzuführen. Nicht am wenigsten liegt das Schicksal der dänisch gesinnten Mittelschleswiger uns am Fre. Die Regierung betennt sich in vollem Umfang zur eichstagsresolution vom 3. Oktober 1918 und zur Erklärung des Folkething vom 2. März d. und sie sieht es als ihre Pflicht an, alles zu un, was in ihrer Macht stieht, in so großem Umfange, wie es sich mit den Bestimmungen des Friedensvertrags vereinbaren läßt, unsere Landsleute dort unten in ihrem Bestreben, eine Ordnung zu erreichen, die sie gegen nationale Unterdrückung sichern kann und die ihnen Aussicht auf eine naticnale Entwicklung gibt, zu unterstützen. Mit Bezug auf die Verfassung stellt sich die Regierung auf den Standpunkt, daß eine Veräsnderung derselben mit Bezug auf die bevorstehende Wiedervereinigsung baldmöglichst bb werden muß. Mit diesem Ziel lann ein langer und bitterer Kampf um die Verfassung nicht vereinbart werden. Die Regierung wird sich mit allen Gegesaparteien in dieser Frage zu einigen suchen. Was die Gesetzälderungsarbeit betrifft, so soll bis zur nächsten Reichstagswahhl nach der Wiedervereinigung nur das Notwendiagste vorgenomnen werden. Die Vertreter des däni⸗ schen Südjütlands haben das Recht, an der Reformarbeit teil⸗ zunehmen, wie sie die vezränderte Weltlage notwendig gemacht hat, nicht zum wenigsten 88 sozialem und ötonomischem Gebiete. Auch die Militärordnung miiß den Forderungen der neuen Weltlage angepaßt werden und die Außgaben dafür nerse. so sehr herabgesetzt werden, wie die Stellung Dsänemarks als Mitglied des Völkerbunds dies zuläßt. Mit Bezug auf die Landesökonomie sagte der Minister, daß äußere Ruhe in dem Arbeitsverhältnis und Sicherung des ungehinderten Ganges der Gisn⸗ und Ausfuhr das wichtigste sei. Es müsse unbedingt Sicherheit dsafür gegeben werden, daf die Arbeit, die notwendig sei für die Auffrechterhaltung der Völkergemeinschaft, jederzeit ausgeführt werde. Der Minister schloß: Das Ministerium, das aus der Partei der Linkesn hervorgegangen ist, wird arbeiten auf der Grundlage des Proe ma⸗ dieser Partei. Cs erbietet sich aber zu offenen und entgegenkommienden Verhandlungen und hofft, als Gegenleistung dafür mit der notwendigen Unterstützung von der anderen Seite rechnen zu kösinen zur Durchführung der Aufgaben,

die es noch zu lösen hat.

Amerika.

Im amerikanischer Senat sprach sich nach einer Meldung

des „Echo de Paris“ der Senator Knox in seiner Rede scharf gegen den FriedensHpertrag von Versailles aus und erklärte die Vorbehalte des Senators Lodge für ungenügend, denn sie könnten wohl den Völterbundsvertrag für Ameritka unschädlich machen, es sei aber nötig, daß der Völkerbunds⸗ vertrag für die ganze Welt unschädlich gemacht werde. Der Frieden der Welt ser niccht sichergestellt, sondern bedroht durch Abkommen wie diejenfigen, die man in Persailles getroffen habe. Knox richteie auch heftige Angriffe gegen den Präsidenten Wilson, der lieber die Nation weiterhin im Kriegszustand halte, sals doß er von dem Wege, den ihn sein Eigensinn gehen heiße, auch nur ein wenig abweiche. Es sei notwendig, den Machtbefugnissen dieser Regierung unver⸗ züglich ein Ende gu machen. Der republikanssche Senator France brachte eimen Antrag ein, der bezweckt, Deutsch⸗ land beim Antauf, von solchem Material, das für seinen wirtschaftlichen Waderaufbau notwendig ist, veizustehen. Die Vorlage ermächtigt eine Finanzkorporation 250 Millionen Dollar zum Ankauif von Lebensmitteln und e1116“

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Rohstoffen zu

leihen, wofür die mit dem Plane einverstandene Korporation e in sechsprozentigen deutschen Wertpapieren erhalten würde.

Republikanische Senatoren aus allen Staaten haben der „Times“ zufolge in Washington eine Versamm⸗ lung abgehalten, in der beschlossen wurde, bei der Präsident⸗ schaftswahl das amerikanische Volk über die Völkerbundsfrage entscheiden zu lassen. Zu diesem Zweck wurde eine Erklärung angenommen, die die Völkerbundsstamuten in der Form, wie sie Wuüson aus Paris gebracht hat, verurteilt, die der republikanischen Senatoren wegen ihrer

eigerung, die Integrität und Sicherheit der Vereinigten Staaten zum Opfer zu bringen, preist und den Präsidenten 1 den Fall, daß die Wahl auf einen Republikaner fällt, zur usführung eines Programms verpflichtet, wie es in der letzten Rede von Knox aufgestellt wurde. In dieser Rede wurde der Krieg für ungesetzlich erklärt und die Errchtung eines parlamentarischen internationalen Gerichtshofs gefordert.

Mit Rücksicht auf die Entscheidung des Arbeitsamts, daß die Zugehörigkeit zur kommunistischen Partei allein noch kein Grund zur Aus weisung sei wurde eine Sondersitzung des Einwanderungsausschusses des Senats abgehalten, um über eine sofortige Abänderung des Einwanderungsgesetzes zu beraten.

Nach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphen⸗ büros“ hat Carranza am 5. Mai in einem Manifest bekannt⸗ gegeben, daß er sich weigere, von der Präsidentschaft zurück⸗ zutreten. Er werde solange kämpfen, bis der Aufstand niedergeworfen sei, und die Präsidentschaft nur einem gesetz⸗ mäßig gewählten Nachfolger übergeben. Einer „Havasmeldung“ zufolge hat der General Obregon im Staate Guerrero zum Anschlusse an die revolutionäre Bewegung gegen Carranza auf⸗ gefordert. Nach einer weiteren „Havasmeldung“ aus Jeisga s in Mexiko soll der General Villa sich mit 2000 Mann den Revolmionären von Chihuahua angeschlossen und 10 000 Mann sus Unterstütung des Generals Obregon zusammengezogen aben.

Handel und Gewerbe.

In der gestrigen Aufsichtsratssi;ung der Felten u. Guilleaume Carlswerk Aktiengesellschaft, Köln⸗ Mülheim, wurde über die Verhandlungen in den letzten Wochen mit einer luxemburgischen Gruppe berichtet. Die ausländische Gruppe ist laut Meldung des „W. T. B.“ bereit, auf eine längere Reihe von Jahren den wesentlichen Teil des Halbzeugbedarfs des Carlswerts zu decken. Sie beansprucht hiergegen einen Aktien⸗ besitz in Höhe des gegenwärtigen Aktienkapitals von 60 Millionen Mark, das zu diesem Zweck verdoppelt werden müßte, und c bereit einen Erwerbspreis von 250 vH zu bezahlen. Die

chwierigkeiten der Verhandlungen lagen vorwiegend in zwei Fesgen. Einmal mußte den ausländischen Beteiligungs⸗ ansprüchen gegenüber der deursche Einfluß auf das Carlswerk erhalten bleiben, sodann schien es erwünscht, den alten Aktionären eine Ver⸗ gütun 68 die Aufgabe ihres Bezugsrechts zuzuwenden, zumal die Verdopplung des Aktienkapitals zu einem erheblich unter dem Boͤrsen⸗ kurs liegenden Bezugspreis erfolgt. Durch das Zwischentreten der A. E. G., die den Carlswerk⸗Aktionären den Umtausch ihrer Aktien im Verhältnis von 2 Carlswerk⸗Aktien gegen 3 A. E. G.⸗Aktien angeboten hat, wurden diese v beseitigt. In der Annahme, Faß ein erheblicher Teil der Carlswerk⸗Aktien umgetauscht wird, e tigt die A. C. G., mit der luxemburgischen Gruppe einen Konsortialvertrag zu schließen, durch den das Fontbestehen des deutschen Einflusses auf die Verwaltung sichergestellt wird. Sie beabsichtigt jerner, in diesem Vertrage auszubedingen, daß den Felten & Guilleaume⸗Aktionären eine Entschädigung von 50 vd 500 für die Aktie aus dem von der luxemburgischen Gruppe zu zahlenden Kaufpreise sofort vergütet wird und daß ein gleicher Betrag nach Ablauf des Geschäftsjahres 1920 zur Auszahlung gelangt, sofern das Rebenistcnee des laufenden Jahres nicht hinter dem des vergangenen zurückbleibt. Für das abgelaufene Jahr wird der Generalversammlung vorgeschlagen 15 vH zu verteilen. hener der Voraussetzung, daß das Geschäft tatsächlich zu⸗ ande kommt, erhalten die nicht⸗ tauschenden Aktionäre erstens Gewinnanteil 15 vH, zweitens eine Bezugsvergütung, die 50 vH und möglicherweise nach einem Jahre nochmals 50. 99 be⸗ trägt, somit bei günstigem Abschluß des laufenden Geschäftslahres insgesamt 115 vH. Die tauschenden Aktionäre erhalten diese er⸗ ünstigung nicht, dagegen statt einer Aktie 1ÿ½ A. E. G⸗Aktien. Krechnet man somit den Wert der Carlswerk⸗Aktie n ch Verdoppelung des Aktienkapitals und nach Abgang dieser Vergütungen gleich dem der jungen A. E. G.⸗Aktie, so hat der Carlswerk-Aktisnär die Wahl, ob er im günstigen Falle 115 vH oder sofort eine halbe A. E. G.⸗Atktie in Empfang nehmen will.

Zur Deckung des Kapitalbedarfs, der durch die Steigerung der Materialpreise und die Ausdehnung des Geschafts, insbesondere nach dem Auslande, eingetreten ist, nimmt laut Meldung des „W. T. B.“ die Gasmotoren⸗Fabrik Deutz eine weitere 4 prozentige, zu 103 % rückzahlbare Gchuldverschreibungsanleihe auf, die im übrigen in gleicher Weise wie die jüngst begebene Anleihe ausgestattet ist. Die Uebernahme ist durch ein unter Führung des A. eöb Bankvereins A.⸗G. stehendes Konsortium, dem die Disconto⸗Gesellschaft, Dresdner Bank und Deutsche Bank an⸗ gehören, erfolgt. 8

In der gestern abgehaltenen Generalversammlung der Aktien⸗ gesellschaft „Weser“, Bremen, wurde laut Meldung des „W. T. B.“ außer der Bilanz die bevorstehende, Aenderung des § 17 der Statuten genehmigt, wonach der Aufsichtsräl das Recht hat, aus seiner Mitte Ausschüsse zu bilden und ihnen einzelne Obliegenheiten zur selbständigen Erledigung zu überweisen.

Haag, 7. Mai. (W. T. B.) „Nieuwe Courant“ t hat Kanada Griechenland eine fünfprozentige An⸗ leihe von 25 Millionen Dollar beyvilligt, die von der griechischen Regierung bei der griechischen Nationalbank garantiert werden.

Osaka, 7. Mai. (Havas.) Die hauptsächlichen Firmen der Baumwoll⸗ und Seidenindustrie ermäßigten ihre Preise um die Hälfte. Nachrichten aus den Webzentren melden die Ein⸗ stellung der Arbeit. Einige Firmen haben ihre Arbeiter beurlaubt. Die zeitweilige Schließung der Weberei wird auf die Absicht der Weber zurückgefünrt, die Erzeugung um die Hälfte zu verringern, um die weichenden Preise zu halten. Wenn die gegenwärtige Krise einen längeren Niedergang im Gefolge hat, wird sich Japan zum ersten Male der Frage der Aussperrung gegenübersehen, die auf alle Fälle Verwickelungen mit der Arbenterschaft hervorrufen wird.

London, 6. Mai. (W. T. B.) Auswetz der Bank von England. Gesamtrücklage 19 854 000 geges die Vorwoche Ahn. 3 230 000) Pfd. Sterl., Notenumlauf 111 116 000 (Zun. 3 282 000)

d. Sterl., Barvorrat 112 520 000 (Zun. 2000) Pfd. Sterl.,

echselbestand 79 691 000 (Zun. 4 527 000) Pfd. Sterl., bng der Privaten 116 516 000 (Ahn. 5 962 000) Pfd. Sterl. uthaben des Staates 20 650 000 (Zun. 2 747 000) Pfd. Sterl., Notenrücklage 19 322 000 (Abn. 3 231 000) Pfd. Sterl., Regierungssicherheiten 55 310 000 (Abn. 4 495 000) Pfvd. Sterl. Verhältnis der Rück⸗ lagen zu den Verpflichtungen 14,50 gegen 16,40 vH in der Vor⸗ woche. Clegringhouseumsatz 900 Millionen, gegen die eutsprechende Woche des Vorjahres 409 Millionen mehr. 8

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Paris, 6. Mai. (W. T. B.) Ausweis der Bank von Frankreich. Gold in den Kassen 3 608 288 000 (gegen die Vorwoche Zun. 254 000) Fr., Gold im Ausland 1 978 278 000 (unverͤndert) Fr., Barvorrat in Silber 242 577 000 (Abn. 1 508 000) Fr., Guthaben beim amerikanischen Staats⸗ schatz 259 c00 000 (unverändert) Fr., Guthaben im Ausland 670 630 000 (Zun. 40 255 000) Fr., vom Moratorium nicht betroffene Wechsel 2 028 180 000 (Abn. 280 324 000) Fr., gestundete We sel 555 801 000 (Abn. 3 762 000) Fr., Vorschüsse auf Wertpapiere 1 829 807 000 (Zun. 45 350 000) Fr., Vorschüsse an den Staat 26 100 000 000 (Zun. 600 (00 000) Fr., Vorschüsse an Verbündete 3 830 000 000 (Zun. 10 000 000) Fr., Notenumlauf 38 249 345 000 un. 561 745 000) Fr., Schatzguthaben 59 948 000 (Abn. 29 894 000) r., Privatguthaben 3 423 369 000 (Zun. 43 904 000) Fr.

Berlin, 7. Mai. (W. T. B.) Elektrolytkupfer. (Notierung d. Ver. f. d. dt. Elektro.⸗Notiz) 2375 ℳ.

Wagengestellung für Kohle, Koks und Briketts am 6. Mai 1920. ——

-—— Ruhrrevier Oberschlesisches Revier Anzahl der Wagen

19 368

Sestetklkl. Nicht gestellt.. Beladen zurück⸗

18593

Berichte von auswärtigen Wertpapiermärkten.

Köln, 7. Mai (W. 1. B.) Englische Noten 202,00 bis 203 50, Französische Noten 321,50 322,00, Belgische Noten 343,00 345,00, ollaͤndische Noten 1925,00 1930,00, Rumänische Noten 89,00 91,00, Amerikanische Noten ,—, Schweiz. Noten

935,00 940,00.

Wien, 7. Mai. (W. T. B.) An der Börse herrschte auf sämtlichen Verkehrsgebieten große Geschäftsstille, da sich einmal der Wochenschluß fühlbar machte und dann die gedrückte Stimmung, die die unveräͤnderte ET111“ des Friedensvertrags mit Ungarn an der Budapester Börse hervorrief, auf die Stimmung in Wien zurückwirkte. Die wenigen Umsätze vollzogen sich zu nachgebenden Kursen. Einzig Renten lagen fest.

Wien, 7. Mat. (W. T. B.) Türkische Lose —,—, Staats⸗ bahn 4270,00, Südbahn 603,00, Oesterreichische Kredit 1007,00, Ungarische Kredit 1572,00, Anglobank 847,00. Unionbank 930 00, Bantverein 885,00, Länderbank 1114,00, Oesterr.⸗Ungar. Bank 5080,00, Alpine Montan 4020,00, Prager Eisen 7500,00, Rima⸗ Muranyer 3450,00, Skodawerke 2880,00, Salgo Kohlen 6830,00, Brüxer Kohlen —,—, Galtzia 14 475,00, Waffen 3630,00, Lloyd⸗ Aktien 22 100,00, Poldihütte 2802,00, Datimler 1400,00, Oester⸗ reichische Goldrente —,—, Oesterreichische Kronenrente 91 75, 97,75, Mairente 96 00 Ungarische Goldrente 258 00, ngarische Kronenrente —,—, Veitscher 152,50, Merkur 1660,00.

Wien, 6. Mai. (W. T. 8. Notterungen der Devisen⸗ zentrale: Berlin 423,50 G., Amsterdam 7500,00 G. Zürich 3700,00 G., Kopenhagen 3575,00 G.. Stockholm 4550,00 G., Christiania 3975,00 G., Marknoten 422,50 G.

Wien, 7. Mai. (W. Z. B.) Notierungen Feteeg. Berlin 430,00 S. Amsterdam 7600,00 G., Zürich 750,00 G., Kopenhagen 3600,00 G., Stockholm 4550,00 G., Christiania 4000,00 G., Marknoten 429,00 G.

Prag, 6. Mai. (W. T. B.) Notierungen der Devisen⸗ zentrale: Berlin 115,25 G., Marknoten 113,20 G., Wien 26,62 G.

Hrag, 7. Mai. (W. T. B.) Notierungen der Devisen⸗ zentrale: Berlin 115,25 G., Marknoten 113,25 G., Wien 26,62 G.

London, 6. Mai. (W. T. B.) 2 ½¼ % Englische Konsols 47 ⅜, 5 % Argentinier von 1886 89, 4 % Brasilianer von 1889 44, 4 % Japaner von 1899 53, 5 % Mexikanische Goldanleihe von 1899 40, 3 % Portugiesen 35, 5 % Russen von 1906 25, 4 ½ % Russen von 1909 17 ½, Baltimore and Ohio 43 Canadian Pacific 150, Pennsylvanta 51, Southern Pacisie 123, Union Pacific 150, United States Steel Corporation 124, Rio Tinto 35 ½, De Beers 24 ⅛,

Goldstelds 1 ¾¼, Randmines 3.

Amsterdam, 7. Mai. (W. T. B.) Wechfel auf London 10,54, Wechsel auf Berlin 5,25, echsel auf Paris 16,80, Wechsel auf Eechweiz 48,50, Wechsel auf Wien 1,27 ½, Wechsen, auf Kopenhagen 46,50, Wechsel auf Stockholm 58,15, Wechlel auf Christianta 52,25, Wechje auf New York 274,50, Wechsel auf Brüssel 17,85, Wechsel auf Madrid 46,80, Wechsel auf Italien 12,80. 5 % Niederländ. Staatvanleihe von 1915 85 ⁄16, 3 % Niederlaͤnd. Staatsanleihe 52 ¼, Königl. Niederländ. Petroleum 962, Holland⸗Amerika⸗Linie 519, Niederländisch⸗Indische Handelsbank 352 ½, Atchison, Topeka & Santa F6 89 ½1 6, Rock Island 69, Southern Pacifie —, Southern Rail⸗ way 24, Umon Pacific 130, Anaconda 134 ½, United States Steel Corp. 108 ½, ö Anleihe —,—, Hamburg⸗Amerika⸗

Linie —,—. Fest.

Kopenhagen, 6. Mai. (W. T. B.) Sichtwechsel auf Stockholm 125,00, do. auf Christiania 112,00, do. auf Hamburg 11,50, do. auf vondon 22,72, do. au Paris 36,50, do. auf Antwerpen 38,75, do. auf schweizerische Plätzt 105,00, do. auf Amsterdam 215,50, do. auf Helfingfors 32,45, do. auf New York 592,00.

Kovenhagen, 7. Mai. (W. T. B.) Sichtwechsel auf Stockholm 125,50, do. auf Christiania 112,00, do. auf Hamburg 11,50, do. auf London 22,87, do. auf Paris 37,00, do. auf Antwerpen 39,00, do. auf schweizertsche Plätze 105,00, do. auf Amsterdam 216,00, do. auf Helsingfors 32,00, do. auf New Yort 593,00.

Stockholm, 6. Mai. (W. T. B.) Sichtwechsel auf London 18,25, do. auf Berlin 9,20, do. auf Paris 29,25, do. auf Brüssel 31,50. vo. auf schweizerische Plätze 83,70, do. auf Amsterdam 172,00, do. auf Kopenhagen 80,25, do. auf Christiania 90,00, do. auf Washington 475,00, do. auf Helsingfors 26,00.

Stockholm, 7. Mai. (W. T. B.) Sichtwechsel au London 18,18, do. auf Berlin 9,00, do. auf Paris 29,00, do. 49 Brüssel 31,00, do. auf schweizerische Plätze 82,75, do. auf Amsterdam 172,00, do. auf Kopenhagen 80,00, do. auf Christiania 89,75, do. auf Washington 473,00, do. auf Helsingfors 25,50

der Devisen⸗

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Berichte von auswärtigen Wa enmärkten. London, 6. Mai. (W. T. B.) Bei der Fortsetzung der Wollauktion wurden heute 11 865 Ballen angeboten. Viele Partien wurden infolge des niedrigen Preisgebots seitens der Inter⸗ essenten aus dem Verkehr zurückgezogen. In verschiedenen Wollsorten herrschte gute Nachfrage zu stetigen Preisen, andere Sorten wurden 20 vH unter dem Märzpreis notiert. .

Liverpool, 6. Mai. (W. T. B.) Baumwolle. Um 4000 Ballen, Elnfuhr 2340 Ballen, davon amerikanische wolle Ballen. Für Mai 26,59, für Juni 25,60, für Juli 25,44.

Amerikanische und Brasiltanische 46 Punkte höher, Aegyptische unverändert. 3

Bradford, 6. Mai. (W. T. B.) Der Woll auf allen Gebieten eine durchaus matte Stimmung. stellten sich niedriger. Die Garnpreise waren ziemlich gut behauptet, sn die Spinnereien auf einige Zeit im voraus mit Aufträgen ver⸗ ehen 88

g”

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.) Preußische Landesversammlung. 8 144. Sitzung vom 8. Mai 1920, Mittags 12 Uhr.

(Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“*).)

Ein Regierungsvertreter erklärt auf Anfrage des Abg. Mehrhof (U. Soz.), daß das Streikrecht der Land⸗ arbeiter nach wie vor bestehe. Die Aufrechterhaltung der lebenswichtigen Betriebe macht indessen die vorübergehende tsilweise Beschränkung notwendig.

Abg. Garnich (D. V.) fragt: Nach einer anscheinend amtlichen Mitteilung war die Untersuchung über die Richtigkeit der Steuer⸗ erklärung des früheren Reichsfinanzministers Erzberger bereits vor einigen Wochen nahezu abgeschlossen. Ist die Staatsregierung in der Lage, nunmehr über das Ergebnis dieser Untersuchung Auskunft zu geben?

Präsident Leinerterteilt einem Vertreter der Regierung zur Beantwortung dieser Anfrage das Wort; es stellt sich in⸗ dessen heraus, daß niemand zur Beantwortung anwesend ist. (Lebhaftes Hört, hört! Große Heiterkeit und anhaltende Un⸗ ruhe rechts.) .

Weitere Anfragen betreffen Beschwerden über mangelhafte Wagengestellung für Strohfabrikate und Verzögerung der Aus⸗ zahlung von Lieferungsprämien für Getreide und Kartoffeln in einzelnen Kreisen Hannovers.

Sodann meldet sich ein Regierungsvertreter zur Beantwortung der Anfrage des Abg. Garnich (Hört, hört!):

Im Hinblick auf die Vorschriften der Steuergesetze über Ge⸗

heimhaltung der Steuererklärungen und nach den bisher verfolgten

Grundsätzen ist die Staatsregierung nicht in der Lage, die erbekene (Lebhaftes Hört, hört! und anhaltende Be⸗

Auskunft zu erteilen.“ wegung im ganzen Hause.) Eine die Anwerbungen für die Fremdenlegion be⸗

treffende Anfrage kann seitens der Regierung heute noch nicht

vorlagen.

beantwortet werden.

Es folgt die Berichterstattung über die B esoldungs⸗ Die Staatsregierung hat den Entwurf eines

Gesetzes, betr. die Bereitstellung von Mitteln zu Dienstein⸗

gesetze waren dem sch Mantelgesetz dem Hauptausschuß überwiesen worden.

. kommensverbesserungen, als ein sog. Mantelgesetz mit neun weiteren Gesetzentwürfen gleichzeitig vorgelegt, von denen sieben

Besoldungsaufbesserungen, zwei Vorschläge zur Deckung der entstehenden Mehrausgaben enthalten. Die sieben Besoldungs⸗ 20. Ausschuß, die Deckungsgesetze und das

Berichterstatter für das Beamtendiensteinkommensgesetz, Abge⸗ ordn

Wirkung vom

eter Neumann⸗Magdeburg (Soz.): Ob alle Hoffnungen und Erwartungen, die die Beamtenschuft an diese Vorlage knüpft, in Er⸗ füllung gehen werden, ist durch unsere finanzielle Notlage immerhin nicht ganz außer Zweifel gestellt. Die Besoldungsreform von 1908 sah nach zehn Jahren eine Fhure jelung vor. Die Wirren des Krieges und die Verworrenheit der b den Krieg herbeigeführten inneren Verhältnisse haben die Reform verzögert. Allseitig besteht Einverständ⸗ nis darühber, daß die Reform von 1908 absolut unzulänglich war. Der heulige Entwurf bringt eine völlige Neuordnung der Gehaltsbezüge, die sich in Grundgehalt, Ortszuschlag, Ausgleichszuschlag und Kinder⸗ zulage gliedern. Durch die Kinderzulage wird das Grundgehalt nicht etwa herabgedrückt. Der Ausgleichszuschlag stellt in neuer Form die alte Teuerungszulage dar; sie wird prozenkual vom Grundgehalt und Ortszuschlag gewährt. Ueber die Höhe der einzelnen Gehälter und über die Einteilung in die dreizehn Besoldungsklassen wird heute nicht

zu reden sein, da die beiden Ausschüsse dem Hause vorschlagen, die jämtlichen Besoldungsgesetze einheitlich mit dem Mantelgesetz mit Wirkung vom 1. April 1920 mit der Maßgabe in Kraft treten zu assen, daß sie sämtlich nach dem im Juni 1920 erfolgenden Wieder⸗ zusammentritt der Landesversammlung einer Nachprüfung, und zwar mit rückwirkender Kraft vom 1. April 1920 ab, zu unterziehen sind. Erstmalig bis zur anderweiten Festsetzung dusch den Etat soll der Ausgleichzuschlag auf 50 Prozent gleichmäßig festgesetzt werden. Deckungsvorlagen, nämlich das Gesetz, betreffend den preußischen An⸗ teil an der Grunderwerbssteuer, und das Gesetz, betreffend die Er⸗ hebung von Zuschlägen zur Grunderwerbsosteuer, sollen das erstere mit 1. Oktober 1919, das letztere mit dem Tage der Ver⸗ kündung des E in Kraft treten. Außer dem Dienstein⸗ kommensgesetz gehören hierher das Pensionierungsgesetz, das Volksschul⸗ lehrer⸗Diensteinkommensgesetz, das Volksschullehrer⸗Altruhegehalts⸗ gesetz, die Vorlagen zur Aufbesserung des Diensteinkommens der evan⸗

gelischen und der katholischen Geistlichen. und die Vorlage, betreffend das Diensteinkommen der Leiter und Lehrer an nichtstaatlichen höheren

Lehranstalten. Mit dem Ruhegehaltsbezugsgesetz geht Preußen dem Reiche vorbildlich voran. Der Referent schließt mit dem Ausdruck der Ueberzeugung des Ausschusses, haß der Wiederaufbau Deutschlands nur geschehen kann, wenn die deutsche Beamtenschaft freudig daran mit⸗ arbeitet; und die preußische Beamtenschaft werde sicherlich in ihrer Gesamtheit dankbar anerkennen, daß der Staat ihren Wünschen nach besten Kräften gerecht zu werden versucht hat.

Hierauf wird das Beamtendiensteinkommens⸗

gesetz im einzelnen ohne Erörterung angenommen, ebenso das Gesetz über die Versorgungsbezüge.

Die Gesetzentwürfe, betrt. die evangelischen und katholischen Geistlichen, wollen die Unabhängigen Sozialdemokraten ablehnen.

Abg. Richter⸗ALichtenberg (U. Soz.): Wir sind gegen die Zuwendung von öffentlichen Mitteln für die Geistlichen nicht nur qauf Grund des Erfurter Programms, das die Abschaffung aller Aufwen⸗ dungen aus öffentlichen Mitteln für die Kirche verlangt, sondern auch auf Grund des Art. 137 der Reichsverfassung: es besteht keine Staats⸗ kirche. Hierdurch ist klar und deutlich festgestellt, daß eine weitere staatliche Unterstützung der Kirche nicht mehr stattfinden kann. Die 120 Millionen Mark, die für die Pfarrer als Teuerungszulagen be⸗ willigt werden sollen, sollte man lieber den Rentenbeziehern, den Un⸗ fallverletzten geben für die noch nicht das geringste getan ist, um ihre furchtbar große Not zu mildern. Wir gönnen jedem Geistlichen die Teuerungszulagen, verlangen aber, daß die Religionsgemeinschaften, für die diese Herren tätig sind, ihnen diese Gelder zahlen. In welcher Höhe sie ihnen gegeben werden, das kann uns gleichgültig sein. Der Kirche ist es gleich, woher das Geld kommt; ob aus der Kasse, zu der Juden. Christen und Heiden beisteuern, danach fragt sie nicht. Welche reaktionären Tendenzen gerade in der kirchlichen Bewegung noch berrschen, ist genügend im „Berliner Tageblatt“ gekennzeichnet worden. Im übrigen stimmen wir dem Gesetzentwurf zu, weil auch wir wollen, daß den Beamten, Lehrern und Ruhegehaltsempfängern schnellstens geholfen werden muß.

*) Mit Ausnahme der Reden der Herren Min laut wiedergegehben werden.

gebung abgelöst werden. muß der Staat seine rechtlichen Verpflichtungen gegenüber der Kirche

Die

6u

&

Zweite Beila

anzeiger und Preußischen Sta

Sonnabend, den 8. Mai

Berlin,

Abg. Eismann (Zentr.): Der Vorredner hat leider übersehen, daß es in Art. 138 der Reichsverfassung heißt, daß die bisherigen Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften durch die Landesgesetz⸗ Solange diese Ablösung nicht erfolgt ist,

erfüllen. Die Kirche ist seinerzeit durch Säkularisierung ihrer Besitz⸗ tümer beraubt worden. Wenn man ihr diese Milliarden wieder zurückzahlt, dann wird sie in der Lage sein, selbst für ihre Seelsorger zu sorgen. Ich bitte, den Antrag der Unabhängigen abzulehnen.

Abg. Cassel (Dem.) verwahrt sich dagegen, daß die Kirche von Juden, Heiden und anderen Sündern ausgeplündert worden wäre.

Abg. Dr. von Kries (D Nat.): Die Geistlichen sind tatsäch⸗ lich in einer Notlage; sie bedürfen dringend der Teuerungszuschläge. Im Art. 138 der Reichsverfassung ist allerdings vorgesehen, daß die Leistungen an die Kirche abgelbst werden sollen. Es steht aber in Art. 173, daß bis zum Erlaß eines Reichsgesetzes die bisherigen Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften bestehen bleiben. Wenn eine derartige Entwertung des Geldes stattgefunden hat, wie jetzt, dann liegt es im Sinne dieser Bestimmungen, daß die Staats⸗ leistungen noch geleistet werden.

Abg. Ad. Hoffmann (U. Soz.): Nach Art. 137 der Reichs⸗ verfassung besteht keine Staatskirche mehr. Die bisherigen Staals⸗ leistungen sind allerdings noch fortzusetzen, das bedeutet aber nicht, daß neue Leistungen hinzukommen dürfen. Es widerspricht der Reichs⸗ verfassung, wenn abermals 120 Millionen für die Erhöhung der Pfarrergehälter bezahlt werden sollen. Bei den Wahlen werden Sie die Antwort darauf bekommen (Unruhe rechts), auch durch den Austritt aus der Kirche werden Sie die Antwort bekommen. Manche Pfarrer sind allerdings in Not, aber es gibt auch resige Pfründen, die an andere abgeben könnten, und große Kirchenvermögen, die an die ärmeren Kirchengemeinden abgeben könnten. Außerdem sind mit der Erhöhung der Einkommensteuer auch die Kirchensteuer erhöht worden.

Abg. Meyer⸗Herford (D. V.): Es muß etwas geschehen, um die Notlage weiter Volkskreise zu beseitigen. Wir haben den Be⸗ amten und den Rentenempfängern Teuerunagszulagen gegeben. Was dem einen recht ist, ist dem andern billig. Wir wollen nicht nur für eine Partei sorgen, sondern nach Möglichkeit allen Forderungen ge⸗ recht werden. Wenn der Staat die Leistungen für die Kirche nicht übernimmt, müßten die einzelnen Gemeinden dafür eintreten, die viel schwächer sind als das große Staatswesen. Die Trennung von Staat und Kirche ist noch nicht durchgeführt, daher muß der Staat noch für die Geistlichen sorgen. (Abg. Hoffmann: Die bisherigen Leistungen!) Das sind eben die Leistungen, die bis zur wirklich erfolaten Trennung von Staat und Kirche nach der Reichsverfassung noch zu geben sind. Darüber werden wir uns allerdings mit Herrn Hoffmann nie verstän⸗ digen, was die Kirche für die Kultur des deutschen Vaterlandes ge⸗ leistet hat. (Widerspruch des Abg. Ad. Hoffmann.) Dafür haben die Herren auf der Linken kein Verständnis. Die Kirche muß auch am Wiederaufbau des deutschen Vaterlandes mitwirken. Mögen wir ver⸗ suchen, die wirtschaftlichen Kräfte des Volkes zu heben, wenn aber nicht eine sittlich⸗religiöse Erneuerung kommt (Lärm bei den Unab⸗ hängigen Sozialdemokraten), dann wird alles vergebens sein. Man kann die Kräfte nicht ausschalten, die berufen sind, dazu mitzuhelfen. (Abg. Ad. Hoffmann: Erneuerung mit 120 Millionen!)

Unter Ablehnung des Antrages der Unabhängigen Sozial⸗ demokraten werden die beiden Pfarrerbesoldungsgesetze im ein⸗ zelnen angenommen.

Ohne Erörterung werden ferner in zweiter Beratung unter den gleichen Voraussetzungen verabschiedet der Gesetzentwurf, betreffend das Diensteinkommen der Leiter und Lehrer an nicht⸗ höheren Lehranstalten, und der vom 20. Ausschuß in

Borschlag gebrachte Entwurf eines Volksschullehrer⸗Altruhe⸗

gesetzes, ebenso die beiden Deckungsgesetze, schließlich auch das Mantelgesetz.

Das Haus tritt sofort in die dritte Beratung ein und

enehmigt das Mantelgesetz mit sämtlichen dazu ge⸗

Fsesnden Vorlagen einstimmig. (Beifall.)

Die drei von den beiden Ausschüssen vorgeschlagenen Ent⸗ schließungen: a. auf die Gemeindebehörden und die unter staͤatlicher Aufsicht stehenden öffentlichen Verwaltungen dahin einzuwirken, daß die Grundzüge der Besoldungsordnung auch für ihre Beamten usw. Anwendung finden, bd. ein Gesetz, betreffend das Diensteinkommen der Leiter und Lehrer an mittleren Lehranstalten, festzulegen, c. sofort beim Wieder⸗ zusammentritt der Landesversammlung eine Besoldungs⸗ verordnung für die Beamten der Landesversammlung mit möglichster Gleichstellung dieser Beamten mit denen des Reichs⸗ tages vorzulegen, gelangen zur Annahme.

Finanzminister Lüdemann: Mit der einstimmigen Annahme dieser Gesetze haben Sie ein Gesetzgebungswerk zustande gebracht, das in seiner Bedeutung weit über die anderer Gesetze, die in den letzten Monaten verabschiedet worden sind, hinausgeht. Die Arbelts⸗, Besoldungs⸗ und Versorgungsverhältnisse der Beamtenschaft werden hiermit auf eine ganz neue Grundlage gestellt. Wir wollen eine zu⸗ friedene, arbeitsfreudige, schaffenslustige Beamtenschaft erhalten. Wenn die Landesversammlung im Verzicht auf Einzelberatung sich eine an⸗ erkennenswerte Selbstentäußerung auferlegt hat, so wird sie sich ins⸗ besondere mit der Deckungsfrage noch eingehend zu beschäftigen haben. Ich glaube auch der Versammlung namens der Beamkenschaft herzlich danken zu dürfen. Durch die Vorlage wird die Beamtenschaft in nur dreizehn Gruppen zusammengefaßt, zahlreiche Aufstiegsmöglichkeiten werden geschaffen und besonders die niederen Klassen werden erheblich aufgebessert. Dies bezieht sich auch namentlich auf die Ruhegehälter. Der Unterschied zwischen Alt⸗ und Neupensionären wird ausgeglichen, jemand, der vor dem 1. April ausgeschieden ist, wird in seinen Be⸗ zügen mit dem später ausgeschiedenen gleichgestellt. Die Altpensionäre erhalten eine wesentliche Aufbesserung, auch die Witwengeldbezieher erhalten besondere Zuschüsse ohne Prüfung der Bedürftigkeit und ohne besonderen Antrag. Besondere Fürsorge wird den aus den abgetretenen Gebieten, insbesondere aus Polen vertriebenen Beamten zuteil, sie werden wie die aktiven Beamten behandelt, bekommen das volle Gehalt und die erhöhten Bezüge. Einen besonderen Vorschuß auf die neue Besoldung anzuweisen, bin ich nicht geneigt. Mit der Zuschuß⸗ und Vorschußwirtschaft muß gebrochen werden, dagegen lege ich besonders großen Wert darauf, daß die Auszahtung der neuen Gehälter schleunigst erfolgt, eine entsprechende Anweisung geht den Behörden in diesen Tagen zu. Sie können mit dem Bewußtsein nach Hause gehen, daß von Ihnen und auch von der Regierung alles geschehen ist und ge⸗ schehen wird, was den berechtigten Forderungen der Beamtenschaft entspricht. (Lebhafter Beifall.)

Weiter steht auf der Tagesordnung noch die erste Lesung des Gesetzentwurfs über die Aufhebung der Standes vorrechte des Adels und die Auflösung des Haus⸗ vermögens.

Eine allgemeine Besprechung findet nicht statt. Abg. Dr. von Krause (D. V.) beantragt die Verweisung der Vorlage an den Rechtsausschuß, da eine Ausschußberatung wegen der

Wichtigkeit der in der Vorlage berührten wirtschaftlichen Fragen sowie

uch der Uebergangsbestimmungen erforderlich sei.

sfimmt zu. sidenten ersucht, schon in der Woche vom 15. bis 22. Juni die

Abg. Heller (Soz.) widerspricht der Ausschußberatung. Nach

Alrt. 109 der Reichsverfassung habe die Vorlage an das Haus gebracht

werden müssen. Er beantragt, die zweite Lesung morgen vorzunehmen. „Abg. Reinecke (Zentr.): Wir waren bereit, die Vorlage ohne Ausschußberatung zu erledigen; nachdem aber die deutsche Volkspartei Ausschußberatung beantragt hat, sind wir bereit, ihr, zuzustimmen. (Heiterkeit links.)

Nachdem noch Abg. Dr. Friedberg (Dem.) sich gegen den Antrag von Krause ausgesprochen hat, wird dieser Antrag abgelehnt. 8 8

Hierauf regt Abg. Dr. Friedberg an, die Vorlage schon heute in zweiter und dritter Lesung zu erledigen.

Präsident: Das ist nur möglich, wenn niemand widerspricht.

Abg. Dr. von Krause erhebt Widerspruch; damit ist

diese Anregung gefallen.

Das Haus erledigt noch eine Reihe von Berichten des Rechtsausschusses, des Unterrichtsausschusses und des Handels⸗ und Gewerbeausschusses, über Eingaben durchweg ohne Erörte⸗

rung nach den Ausschußanträgen.

Damit ist die Tagesordnung erledigt. Der Präsident erkärt seine Geneigtheit, dem Antrage Heller gemäß die zweite und dritte Beratung der Vorlage wegen Auf⸗

hebung der Adelsvorrechte morgen stattfinden zu lassen.

Abg. Dr. von Richter (D. V.)⸗ Damit würde durchaus nichts gewonnen sein. Der dritten Lesung würden ohne weiteres 15 Mit⸗ glieder widersprechen.

Abg. Ad. Hoffmann (U. 8* Ich begreife ja, daß die Herren ihre Vorrechte noch auf einen Monat weiter behalten wollen (Heiterkeit), aber helfen wird es ihnen nicht, wenn sie nicht etwa glauben, daß inzwischen Kapp noch hilft. (Wiederholte Heiterkeit.) Wir können ja aber die dritte Lesung auch am Sonntag oder Montag vornehmen.

Nachdem der Präsident festgestellt hat, daß der Widerspruch gegen die Vornahme der dritten Lesung am morgigen Tage heute bei der Feststellung der Tagesordnung erhoben werden muß, schlägt er eine

Sitzung für morgen zur Vornahme der zweiten und dritten Beratung der erwähnten Vorlage vor.

Gegen die dritte Beratung erheben die sämtlichen an⸗ wesenden Mitglieder der Deutschen Volkspartei und der Deutsch⸗

nationalen Volkspartei Widerspruch. Die dritte Lesung kann also morgen nicht vorgenommen werden.

1— Unter diesen Um⸗ ständen zieht Abg. Heller seinen Vorschlag zurück.

Hierauf schlägt der Präsident vor, die nächste Sitzung am Mittwoch, dem 23. Juni, 2 Uhr, stattfinden zu lassen und ihn zur Feststellung der Tagesordnung zu ermächtigen. Das Haus

Der Versesungsateh. wird durch den Prä⸗

Vorberatung der Verfassung möglichst zu fördern.

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Statistit und Volkswirtschaft.

Die deutschen Sparkassen im Monat März 1920.

Die Geschäftsergebnisse der deutschen Sparkassen waren in den letzten Monaten recht ungünstig, insofern die Rückzahlungen höher als die Einzablungen waren, und die Unruhen im März ließen be⸗ fürchten, daß das Ergebnis dieses Monats noch ungünstiger ausfallen werde. Doch hat nach der Monatsstatistik der deutschen Sparkassen, die der Direktor des Landesbank der Provinz Westfalen und Geschäͤrts⸗ führer des Deutschen Sparkassenverbandes E. Reusch in der volks⸗ wirtschaftlichen Zeitschrift „Sparkasse“ veröffentlicht, der März einen Umschwung zum Besseren, statt einer weiteren Abnahme eine Zunahme der Spareinlagen, und zwar im Gesamtbetrage von rund 50 Millionen Mark gebracht. Es ist dies, mit dem Ergebnis für den März der beiben Vorjahre verglichen, das eine Zunahme der Spareinlagen um je 400 Millionen Mart zeigte, zwar nicht viel, aber der Anfang ist gemacht; wie Reusch mitteilt, lauten die bisherigen Nachrichten über die Geschäftsergebnisse des Monats April noch erheblich günstiger. Zum großen Teil scheint der verstärkte Zufluß zu der Sparkassen daher zu rühren, daß die „Geldhamsterer“ eingesehen haben, daß ihr Geld bei einer Sparkasse besser aufgehoben ist als zu Hause.

Unerfreulich ist, daß die Unzahl der Einzahlungen im März ihren Rückgang fortgesetzt hat. Die Höhe der Einzelbeträge erreichte bei den Einzahlungen im Durchschnitt 949 ℳ, bei den Rückzahlungen 1080 „", das ist das Achtfache der früheren Friedenszeit.

Seit Jahresbeginn betrug bei der Gesamtheit der deutschen Sparkassen im Veragleich mit den Feststellungen für die entsprechende Zeit der belden Vorjahre (ohne die Abschreibungen auf die Kriegs⸗

anleihen) die Abnahme (—) bezw. Zunahme (+) der Spareinlagen:

ier 1920 1919 1918 Millionen Mark

Januar „— 110 + 1 250 + 1 250 Februar 300 + 800 + 600 März P— 50 + 400 + 400

zusammen 360 + 2450 X 2250.

Arbeitsstreitigkeiten. der Binnenschiffer

8 8 Zum usstand „W. T. B.⸗ mitgeteilt: den Streik

1 wird dem aus dem Reichsverkehrsministerium folgendes

Die neue Bedrohung, die unser Wirtschaftsleben durch der Binnenschiffer erfahren hat, der sich über die ganze Oder, Elbe und die märkischen Wasserstraßen ausdehnt, hat den Reichsoerkehrsminister veranlaßt, sich durch Einberufung eines weiteren Kreises zur mündlschen Besprechung über die Lage zu unterrichten. An der Besyrechung haben die einschlägigen Ministerien des Reichs und Preußens teilgenommen, der Ober⸗ präsident der Provinz Sachsen, die Strombauverwaltungen, ferner Wertreter der sächsischen Regierung und des Magistrats Berlin sowie der Arbeitgeberverbände, des Transportarbeiterverbands, des Zentralverbands der Maschinisten und Heizer und der Schiffer⸗ betriebeverbände. Das Ergebnis der sehr eingehenden Prüfung der Verhältnisse war, daß der Reschsverkehrsminister keine Ver⸗ anlassung nahm, seinerseits in den Streik einzugreifen oder Verhand⸗ lungen mit den Streikenden zu empfehlen. Er sah hiervon ab, da es sich um einen von den maßgebenden Zentralorganisationen der Arbeiter nicht gebilligten Streik handelt, durch den der erst vor kurzem geschaffene Tarifvertrag gebrochen wurde

In Stolp (Pommern) hinderten „W. T. B.“ zufolge die seit drei Wochen ausständigen Metallarbeiter gestern vor⸗ mittag die Angestellten der Ueberlandzentrale an dem Zutritt zu den Werken. Infolgedenen ist die Elektrizitäts⸗ versorgung von Stadt und Umgebung völlig lahmgelegt.

Die Münchener Banken haben, wie „W. T. B.“ erfährt gestern vormittag an