1920 / 138 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 Jun 1920 18:00:01 GMT) scan diff

1. Vom 1. Juli 1920 ab werden zur Entnahme und Abg Kohlen folgende weitere Abschnitte freigegeben: der 2 Zentner⸗Kochkarte, 8

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Abschnitt 5 der

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8 45 bezw. 55 u. 65 der 40

II

Bevorzugt zu beliefern sind die früher freigegebenen Abschnitte der Koch⸗, Ofen⸗, Koks⸗ und Sonderkarte, sofern sie nicht für ver⸗ fallen erklärt sind.

II

Verstöße gegen diese Anordnung werden gemäß § 93 der vor bezeichneten Verordnung bestraft. J

Berlin, den 24. Juni 1920.

¹ Lochlensgenk⸗ Groß. üe. .: Mollath.

A.)

1“ Bekanntmachung.

Das gegen den Fleischermeister Richard Oesterrei Guͤlzow auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaltung unzu⸗ verlässiger Personen vom Handel vom 23. 9. 15 unterm 30. Januar d. J. ausgesprochene Handelsverbot wird hiermit auf⸗ gehoben. Oesterreich ist zum Verkauf von Fleisch und Fleisch⸗ waren im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen wieder berechtigt.

Cammin i. Pomm., den 19. Juni 1920.

Der Kreisausschuß. Schulte⸗Heuthaus, Landrat.

veö.“;

Auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915, betr. eunbaltung unzuverlässiger Personen vom Handel, wird hiermit dem Meßßer Jakob Graf in Altenkirchen der Handel mit Lebensmitteln aller Art wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf den Metzgereibetrieb im Reichsgebiet unter Auferlegung der Kosten des Verfahrens untersagt.

Altenkirchen, den 18. Juni 1920.

Der Landrat. Dr. Boden.

———

8

Bekanntmachung.

Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 (-RGBl. S. 603) abe ich dem Direktor der Saalbetriebsgesellschaft Max Selbiger, Berlin, Oranienburgerstr. 66, und dem Schankwirt Wilhelm Engfér, Berl in, Frankfurter Allee 57 wohnhaft, durch Ver⸗ fügung vom heutigen Tage den Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs wegen Uuverlaffigkeil in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt.

Berlin 0. 27, den 19. Juni 1920.

Der Polizeipräsident. Abteilung W. J. V.: Heyl.

Bekanntmachung. Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaltung vnbeveelaͤshger Personem vom Handel vom 23. September 1915 (RGBl. S. 603) abe ich dem Schankwirt Richard Sander, Berlin, Tauben⸗ straße 50, und der Frau Rosa Rey, Berlin, Taubenstr. 50, wohnhaft, durch Verfügung vom heutigen Tage den Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs wegen Unzuver⸗ lässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt. Berlin 0. 27, den 22. Juni 1920. Der Polizeiprästdent. Abteilung W. J. V.:

88₰

8 Bekanntmachung.

Auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915,

betr. Seeee unzvfersalfiger Personen vom Handel (-RGBl. 1915

S. 603), fowie der Ausfü egh b⸗kamemgchmngen zu dieser Ver⸗

ordnung vom 27. September 1915 und 2. August 1916 habe ich dem

Sei unfabeitanden arl Friedrich Hoffmann in Weitmar

die Ausübung des Handels mit Gegenständen des

täglichen edarfs, insbesondere mit Seife, sowie

Nahrungs⸗ und Futtermitteln wegen Unzuperlässigkeit

untersagt. Die Untersagung tritt mit dem 25. Juni 1920 in Kraft.

Bochum, den 16. Juni 1920.

Der Landrat. Stühmeyer.

hr. Hülsberg.

8 Bekanntmachung.

Auf Grund der Bekanntmachung vom 23. September 1915 ist dem Schleifermeister Paul Mü⸗ uchberg von hier, Richt, straße 69, durch Verfügung vom heutigen Tage der Handel mit Eisenkurzwaren sowie Haus⸗ und Küchengeräten wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb unter⸗ sagt worden. v11“

Frankfurt a. O., den 14. Juni 1920.

Die Polizeiverwaltung. J. A.: Morgenbesser.

Bekanntmachund. 1.“

Dem Kaufmann Lewin Waldthausen, Wesel, Rhein⸗ torstraße 2, wird auf Grund der Bekanntmachung betreffend Fern⸗ hartaeng. übivessghr Personen vom Handel vom 23. September 1915 (RGVl. S. 603) bis anf weiteres, mindestens aber auf die Dauer eines Jahres, der Handel mit sämtlichen Lebens⸗ und Futtermitteln sowie jegliche Handelsbetäti⸗ gung untersagt. Gleichzeitig wird ihm die unterm 20. Fe⸗ bruar 1920 Nr. 104 des Repicsers erteilte Großhandelserlaubnis ent⸗

ogen. Wesel, den 16. Juni 1920.

Der Landrat des Kreises Rees: Dr. Schneemann.

Bekanntmachung. Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaltung unzuverlässiger

vom Handel vom 23. September 1915 (RGBl. S. 603)

haben wir durch Verfügung vom heutigen Tage dem Bäckermeister

Karl Grothe in Wi ttenberg, Dresdenerstraße Nr. 8, den

Handel mit Mehl und Backwaren aller Art wegen

Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt. Wittenberg, Bez. Halle, den 18. Juni 1920.

Die Polteiverwaltung. Dr. Nottebohm.

A 8

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nr. 27 der Preußischen Gesetzsammlung enthält unter Nr. 11 909 eine Verordnung, betreffend vorläufige Aende⸗ rungen von Gerichtsbezirken anläßlich der Ausführung des Friedensvertrags, vom 21. Juni 1920, und unter Nr. 11 910 einen gemeinsamen Erlaß der Reichsregierung und der Preußischen Staatsregierung über die Einsetzung eines Reichs⸗ und Staatskommissars für die Provinz Westfalen und den unbesetzten Teil des Regierungsbezirks Düsseldorf, vom 11. Juni 1920. 8 Berlin, den 23. Juni 19222. Gesetzsammlungsamt. Krüer.

—. —1 1

(Fortsetzung des Amtlichen in der Ersten Beilage.)

Nichtamtliches

Deutsches Reich.

In der am 24. Juni 1920 unter dem Vorsitz des Staats⸗ sekretärs Dr. Lewald abgehaltenen Vollsitzung des Reichs⸗ rats wurde dem Entwurf einer Bekanntmachung, betreffend Aufhebung der Bekanntmachung über die I der Ge⸗ bührenordnung für die Untersuchung des in das Zollinland eingehenden Fleisches, dem Entwurf einer Anweisung zur Ent⸗ nahme und Versendung pestverdächtiger Untersuchungsgegen⸗ stände, der Vorlage über Ausprägung von weiteren 50 Mil⸗ lionen Mark in Fünfzigpfennigstücken aus Aluminium zuge⸗ stimmt.

Von den drei dem Vorsitzenden der deutschen Friedens⸗ delegation in der Frage der Entwaffnung von seiten der alliierten Regierungen zugegangenen Noten zählt die erste, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ mitteilt, verschiedene Verstöße gegen die militärischen Bestimmungen des Friedensvertrags auf, die Deutschland von den Alliierten zur Last gelegt werden. Es wird dann im einzelnen darauf hingewiesen, die Alliierten seien darin einig, daß die Bestimmungen des Friedensvertrags über die Entwaffnung Deutschlands sowohl was die Heeresstärke, als auch was das Kriegsgerät betreffe, restlos durchgeführt werden müßten. Daher müsse es bei der Herabsetzung der deutschen Heeresstärke auf 100 000 Mann ver⸗ bleiben. Die Sicherheitspolizei sei innerhalb dreier Monate aufzulösen. Dafür könne die n vor dem Kriege bestandene Ordnungspolizei auf 150 000 Mann, somit um 70 000 Mann gegen ihren Stand von 1913 erhöht werden.

Ferner fordern die Alliierten, daß die deutsche Gesetz⸗ gebung ausdrücklich in Einklang mit den militärischen Bestim⸗ mungen des Friedensvertrags gebracht werde, womit, wie aus der zweiten Note hervorgeht, insbesondere die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht durch Gesetz gemeint ist. Ferner werden in der Note gesetzliche Maßnahmen gegen die Ausfuhr von Kriegsmaterial verlangt. Endlich wird auf wirk⸗ same Maßnahmen zur Auflösung der Einwohnerwehren bestanden. Die zweite Note gibt insbesondere Einzelheiten über den Ersatz der Sicherheitspolizei durch die 150 000 Mann Ordnungspolizei.

Die dritte Note fordert mit Rücksicht auf die unvoll⸗ kommene Ausführung der Auslieferung des militärischen Luft⸗ fahrmaterials, daß die Anfertigung von Luftfahr⸗ material in Deutschland, die an sich am 10. Juni wieder hätte beginnen können, erst drei Monate nach voll ständiger Durchführung der Auslieferungspflich⸗ wieder aufgenommen werden darf. 1““

Die französische Regierung hat bei der deutschen Re⸗ ierung die Genehmigung 6 den für Berlin bestimmten ranzösischen Botschafter Charles Laurent nachgesucht. Die Genehmigung ist dem „Wolff'schen Telegraphenbüro“ zufolge bereits erteilt worden.

Wie die „Frankfurter Zeitung“ aus Moynheim meldet, erläßt die Eisenbahndirektion Ludwigshafen eine Bekannt⸗ machung, wonach die alliierte Unterkommission mit Rücksicht auf die Wiederaufnahme der Arbeit die Requisition des tergischen Eisenbahnnetzes aufhebt.

Die Freifahrscheine des Deutschen Schutzbundes

berechtigen nach einer Mitteilung desselben zur Fahrt durch den

polnischen Korridor nur in Sonderzügen oder durchlaufenden Fügen (Lauenburg —Danzig, gegebenenfalls Konitz, Czersk, Marienwerder). Der Deutsche Schutzbund ist im ganzen Reiche durch Zweigstellen, Arbeitsgemeinschaften sowie durch die Ver⸗ eine heimattreuer Ost⸗ und Westpreußen vertreten. Die Schutz⸗ bundfahrscheine gelangen durch diese Stellen zur Ausgabe. Wer noch nicht im Besitz eines Fahrscheins ist, tut gut, bei den genannten Stellen anzufragen, sofern er nicht bereits verständigt ist, daß er wegen der immerhin beschränkten Transportmöglich⸗ keiten nicht befördert werden kann.

Bei der Benutzung der Abstimmungssonderzüge genügt auch für die Fahrt durch den polnischen Korridor der Ab⸗ stimmungsausweis und ein amtlich (von der Ortspolizei oder anderen Behörden) beglaubigter Personglausweis mit Lichtbild. Für die Benutzung von Zügen des öffentlichen Verkehrs, die durch den polnischen Korridor fahren, muß ein Paß mit polni⸗ schem Visum besorgt werden. Sollte der Ie Konitz Czersk Marienwerder so rechtzeitig eingerichtet werden, daß er für die Abstimmung in Frage kommt, so kann diese Strecke ohne Paß benutzt werden. Für die Fahrt über See sind weder Paß noch Personalausweis erforderlich, sondern lediglich der Abstimmungsausweis. Die Rückreise muß dann aber auch auf dem Seewege erfolgen.

Die Abstimmungsausweise werden von deutsch⸗polnischen Abstimmungskommissionen im Abstimmungsgebiet selbst aus⸗ gestellt und versandt. Der Versand erfolgt teils unmittelbar, teils durch Vermittlung der Heimatverbände. Es muß damit gerechnet werden, daß ein Teil dieser Ausweise erst in den Besitz der Steuerberechtigten

ersten Tagen des Juli in den gelangt.

Die in letzter Zeit von den Ländern erlassenen Be⸗ soldungsgesetze klassifizieren vielfach die Landesbeamten günstiger ein, als das im Frühjahr zustande gekommene Reichs⸗ gesetz gleichwertige Reichsbeamte. Für die Reichsbeamten

wird der Ausgleich bei der bevorstehenden Revision des

Besoldungsgesetzes herbeizuführen sein. Diese umfangreiche und schwierige Arbeit ist, nach einer Mitteilung des „Wolffschen Telegraphenbüros“, vom Reichsfinanzministerium bereits ein⸗ geleitet. Aus der Verschiedenheit der Besoldungsgesetze der Länder und des Reiches ergeben sich aber auch jetzt bereits unmittelbare Schwierigkeiten bei der Klassifikation der Landes beamten der Betriebe, die auf das Reich übergegangen sind. Dieser Umstand hat zu einer Beratung des Reichsverkehrs ministers mit dem Reichspost⸗ und Reichsfinanzminister An⸗ laß gegeben. Sie waren übereinstimmend der Ansicht, daß nicht nur im Herbst die Folgerungen aus den Gesetzen der Länder für das Reichsgesetz gezogen werden müssen, sondern daß auch schleunigst ein Weg werden müsse, wie schon jetzt die Einreihung der in den Reichsdienst zu übernehmenden andesbeamten in die Besoldungsordnung des Reichs ohne Nachteil gegenüber den Landesbeamten erfolgen kann. Diese Frage ist einer Kommission überwiesen, die ihre Arbeiten be⸗ reits begonnen und diese beschleunigt durchzuführen hat. Die Angelegenheit wird alsdann sofort dem neuen Kabinett und dem Reichstage unterbreitet werden.

Der Regierungspräsident in Köln gibt bekannt, daß die Rheinlandkommission den zehnprozentigen Lohn⸗ abzug genehmigt hat.

Die Seifen⸗Herstellungs⸗ und Vertriebs⸗Gesell⸗ schaft gibt dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge bekannt, daß die mit Genehmigung des Reichswirtschaftsministeriums festgesetzten Preise für fetthaltige Waschmittel bis auf weiteres betragen: 1 Stück reine Kernseife 5 ℳ, 1 Doppel⸗ stück reine Kernseife 10 ℳ, 1 Stück reine Feinseife 5 ℳ, 1 Stück sterh 2,50 ℳ, 1 Stück K. A. Seife 3,50 ℳ, ⸗Pfd.⸗Paket Seifenpulver 3,50 ℳ, 1⸗Pfd.⸗Paket Seifen⸗ pulver 7 ℳ. Diese Preise sind Höchstpreise. Die Seifen und Seifenpulverpakete werden mit Genehmigung des Reichswirt⸗ schaftsministeriums ohne Preisaufdruck hergestellt

Waldeck.

Die Waldeck⸗Pyrmontsche Landesvertretung hat den Antrag des Gesetzgebungsausschusses, betreffend Ab⸗ findung des Fürsten von Waldeck, laut Meldung der „Waldeckschen Zeitung“ mit 15 gegen 5 sozialdemokratische Stimmen angenommen. Für den Antrag hatten auch zwei Sozialdemokraten gestimmt. Der Fürst erhält danach die Domäne Hüninghausen bei Arolsen in Größe von 736 Morgen, die Oberförsterei Arolsen mit 12 000 Morgen Wald, das Schloß in Pyrmont mit Hofgarten sowie das fürstliche Erbbegräbnis Rhoden mit zugehörigem Grundstück. Ferner gewährt der Staat dem fürstlichen Hause die Nutznießung an dem Residenz⸗ schloß in Arolsen. Die Unterhaltungskosten desselben hat zum größten Teil der Waldecksche Staat übernommen. Der Fürstin Witwe wird auf Lebenszeit Nutznießung am Neuen Schlosse in Arolsen und dem dazu gehörigen Park überlassen. An Bar⸗ abfindungen erhält der Fürst 3 ½ Millionen Mark, die zum größten Teil für die Rei Svermögenssteuer verwendet werden

EE116166“

Desterreich. 1. Iu Festern nachmittag abgehaltenen Sitzung des Hauptausschusses berichtete der Präsident Seitz über die

schwierigen Verhandlungen wegen der Neubildung eine

Regierung.

Laut Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ teilte der Präsident ein Schreiben der christlich⸗sozialen Kabinettsmitglieder mit, worin sie mit Rücksicht auf die gegebener politischen Verhältuisse um Enthebung von der Fortführung der Geschäfte bitten, und gab die von ihm auf Vorschlag des Staatskanzlers Renner getroffene Verfügung wegen der provisorischen Fortführung der Geschäfte der zurückgetretenen Staatssekretäre durch den Staatskanzler bezw. die sozialistischen Staatssekretäre be⸗ kannt. Der Großdeutsche Din hofer beantragte für den Fall, daß die Bildung einer Regierung nicht möglich wäre, daß der Präsident ersucht werde, die leitenden Beamten der Staats⸗ ämter unter dem Vorsitz eines Beamten mit der einstweiligen Leitung der Verwaltung zu betrauen. Der Präsident Seitz verwies auf die gegen den Antrag bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken und erklärte, wenn der Ausschuß einen solchen Beschluß fasse, müsse behufs der Durchführung an einen anderen Präsidenten gedacht werden. Der sozialistische Vertreter sprach sich gegen die Bildung einer reinen Beamtenregierung aus.

Der Bericht des Präsidenten wurde schließlich zur Kenntnis genommen und der Antrag Dinghofer abgelehnt.

In den Besprechungen, welche unmittelbar vor Aus⸗ bruch des Boykotts zwischen dem Staatskanzler Renner und dem ungarischen Gesandten in Wien, Dr. Gratz, stattgefunden haben, ist der Gedanke einer Vermittelung des öster⸗ reichischen Staatskanzlers zwischen der ungarischen Regierung und dem Internationalen Gewerk⸗ schaftsbund in Amsterdam aufgetaucht. Dr. Gratz erklärte im Auftrag seiner Regierung, daß diese, falls eine solche Ver⸗ mitielung stattfinden sollte, sich der Erteilung von Aufklärungen an die Bertreter des Internationalen Gewerkschaftsbundes nicht entziehen wolle. Drei Delegierte des Internationalen Gewerk⸗ schaftsbundes treffen am Sonnabendabend von Amsterdam in Wien ein, wo sie unter Vermittelung des Staatskanzlers Renner mit den Vertretern der ungarischen Regierung eine Aussprache haben werden.

8 Großbritannien und Irland. Wie „Reuter“ erfährt, hat die britische Regierung den Völkerbundsrat gebeten, sich mit der Frage der Ober⸗ herrschaft über die Alandsinseln zu befassen, da der Oberste Rat sich nicht damit beschäftigen könne. Der Völkerbundsrat werde bald zusammentreten, um über die Frage zu beraten.

Für die Behandlung verschiedener Fen en, die mit dem Völkerbunde in Verbindung stehen, ist dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge ein Kabinettsausschuß gebildet worden, der sich aus Balfour als Vorsitzenden, Lord Curzon, Chamber⸗ lain und Fisher zusammensetzt.

Infolge der ernsten Auffassung, welche die militärischen Behörden über die Lage im 8 und mittleren Osten b hat das Kriegsamt in London nach einer Meldung der „Daily Mail“ einen Aufruf an die ehemaligen Sol⸗ daten erlassen, bei der Reserve Dienste zu nehmen. Eine Verstärkung der Heeresreserve um 15 000 bis 20 000 Mann wird für erforderlich gehalten.

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Der Premierminister Lloyd George erklärte im⸗

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nterhause in Erwiderung auf mehrere Anfragen, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ berichtet, Deutschland werde ein⸗ geladen werden, in den Völkerbund zu treten, wenn es den ernsten Willen zeige, die ihm nach dem Friedensvertrage obliegenden Verpflichtungen auszuführen. Lloyd George teilte ferner mit, daß die Verhandlungen mit Krassin ihren Fortgang nähmen; er poffe binnen kurzem eine Mitteilung darüber machen zu können. Im weiteren Verlauf der Sitzung gab Asquith der Meinung Ausdruck, daß es sich für Groß⸗ ritannien empfehlen würde, Mesopotamien zu räumen, denn es habe rechtlich keinen Anspruch auf dies Land, der Völkerbund allein könne ein Recht darauf verlangen. I. schlug vor, die beantragten Kredite um eine Million Pfun Sterling zu kürzen. Lloyd George erklärte

Die britische Regierung in Mesopotamien entspreche den im November 1918 gemachten Vorschlägen. Heute besteht die Ansicht, daß das Wilajet Mossul einbezogen werden müsse, um Mesopotamien zweckmäßig zu verbessern. England habe ein unmittelbares moralisches Recht auf Mesopotamien. Es sei Weisung gegeben, die Ansichten der arabis Volksführer über die vorgesehene Regierung in Meso⸗ potamien einzuholen. Wenn diese gebildet sei, wuüͤrden die Kosten für die militärischen Streitkräfte verringert werden können.

Der Antrag Asquith wurde mit 285 gegen 50 Stimmen abgelehnt.

Dem „Algemeen Handelsblad“ zufolge teilte der Staatssekretär des Kolonialamts Lord Milner in einer Rede, die er in London hielt, mit, daß die vormaligen deutschen Besitzungen in Östafrika in Zukunft Kenia⸗Kolonien ge⸗ nannt werden würden.

Der Generalsekretär für Irland hat ein dringendes Telegramm des 81v von Londonderry erhalten, in der die Untätigkeit der Regierung beklagt und erklärt wird, die Lage sei verzweifelt, da die Lebensmittel⸗ lieferungen und die Gasversorgung nahezu aufgehört hätten. Wie aus London gemeldet wird, dauerten in Londonderry die Schießereien zwischen Unionisten und Sinnfeinern in der Nacht vom 23. Juni an. An verschiedenen Stellen der Stadt wurden Barrikaden errichtet. Es gab viele Tote und Verwundete. Ein Bataillon ist zur Verstärkung der Regierungstruppen nach Londonderry unterwegs.

Frankreich.

In der Kammer stand vorgestern der für das Ministerium des Auswärtigen zur Beratung.

Nach dem Bericht des Wolff'schen Tele raphenbüros fene der Abg. Danielou fest, daß die in 85 Isolierung zurückgekehrten Engländer und Amerikaner Frankreichs Anstrengungen für die Freiheit der Welt schnell vergessen hätten. Man halte dort das ranzöͤsische Volk für ermüdet, faul und selbstsüchtig. Der Redner forderte einen EII1“ für die englische und amerikanische Presse. Jean

ennessy wi alle taaten in den Völkerbund auf⸗ genommen wissen, was den Royalisten Lbon Daudet zu dem Zwischenruf veranlaßte, es sei dumm, zu Ffaces daß Deutschland als Mitglied des Völkerbundes nicht mehr dasselbe sein würde. Hens essy sprach auch von den Einverständnissen zwischen Frankreich und England. Barthélemy bestätigte dies; in Eng⸗ land arbeite man für den Völkerbund. Der so sbttsch e Abgeordnete Lafont kritisierte Clemenceaus Politik gegenü kußland und trat dafür ein, daß die Regierun und die Kammer alles tun sollten, was notwendig sei, um die Beziehungen zu Rußland wieder anzuknüpfen. Man müsse wirtschaftliche Verhandlungen anknüpfen, um später zu diplomatischen zu gelangen. Der Ministerpräsident Millerand erwiderte, die fengfich und die alliierten Regierungen blieben einer Politik der wirtschaftlichen Beziehungen treu. Lafont habe von den schlechten Verhältnissen Rußlands gesprochen und gebeten, man solle den Unglücklichen zu Hilfe kommen. Als der Völkerbund sich an die Sowsetregierung gewendet habe, um eine Enquetekommission zuzulassen, habe die Sowjetregierung das zurückgewiesen. An dem Tage, an dem die Sowjetregierun begriffen habe⸗ 8 die erste 8 sich für eine Regierung, die auf diesen Namen Anspru habe, sei, ich solidarisch und verantwortlich für alle internationalen Verpflich⸗ tungen der voraufgegangenen russischen Regierungen zu erklären, an diesem Tage könne man mit ihr verhandeln. „Bis zu diesem Tage“ so erklärte Millerand, „haben wir nichts mit einer Regierung zu tun, die keine Regierung ist“. (Lebhafter Beifall.) Der Ministerpräsident antwortete alsdann kurz auf die Erklärungen des Abgeordneten Hennessy und trat warm für den Völkerbund als einer idealen

Gründung ein. Die Kammer setzte alsdann die Beratung über Steuer⸗

gesetze fort.

Italien.

Nach einer Stefanimeldung ist es infolge der Agitation gegen die italienischen Behörden, die in Tirol im oberen Etschtal unter der Bevölkerung getrieben wurde, in Trient zu schweren Zusam menstößen gekommen. Die Menge griff die Karahinieri an und versuchte, die Polizeipräfektur zu stürmen.

Belgien.

Einer Havas⸗Reutermeldung zufolge ist der belgisch Ge⸗ sandte in Tokio Graf de la Faille de Leverghem

Gesandten in Berlin ernannt worenn.

Niederlande.

Laut Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ hat das Ministerium eine Verordnung erlassen, nach welcher das Ueberfliegen des Wohnsitzes des vormaligen Deutschen Kaisers, Haus Doorn und Umgegend, für andere als niederländische Militärflugzeuge verboten ist.

Polen. Vom Staatschef ist Grabski mit der Bildung des Kabinetts betraut worden. Er erklärte, er habe dem Staatschef den Vorschlag gemacht, ein fachmännisch⸗parteiloses Kabinett zu bilden. Dem Deutsch⸗polnischen Pressedienst zufolge hat der Staatschef folgende Mitglieder des neuen Kabinetts ernannt: Ministerpräsident und Finanzminister: Ladislaus Grabski, Meinister des Aeußern: Sapieha, Kriegsminister: Generalleutnant Lesniewski, Minister für Kultus und öffentliche Aufklärung: Lopuszans ki, Ml gi er für Landwirtschaft und Staatsgüter: Bujak, Eisen⸗ bahnminister:, Bartel, Minister für Post und Tele⸗ graphen: Ludwig Tolloczko, 2 der öffentlichen Arbeiten: Fafutwiet, Verpflegungsminister: Sliwinski, vorläufiger Leiter des Ministeriums des Innern: S-7 zynski, Leiter des Justizministeriums: Jan Morawski, des Ministeriums für Industrie und Handel: Anton Olschewski, des Ministeriums für öffentliche Gesundheitspflege: Chodzko. Eine Entscheidung über die Berufung der Minister für Arbeit, öffentlichen Schatz, Kultur und Kunst, sowie des ehemaligen preußischen Teilgebietes erfolgt später.

Litauen.

In der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung entwickelte Ministerpräsident Grinius das Progr amm der neuen Regierung. Nach dem Bericht des „Litauischen Delegraphenbüros“ werde sich die Regierung auf dem Gebiete der äußeren Politik vor allem bemühen, die schleunigste An⸗ erkennung der Unabhängigkeit Litauens als gleichberechtigtes Mitglied und seinen Eintritt in den Völkerbund zu erlangen. Die Regierung werde engste Be iehungen zu den Nachbar⸗ staaten pflegen. Mit Polen könne Litanen nur Frieden schließen, wenn die besetzten litauischen Gebiete, vor allem Wilna, ge⸗ räumt würden. Die Nationalversammlung sprach mit Aus⸗ nahme der Sozialisten der neuen Regierung das Vertrauen aus.

Tschecho⸗Slowakei. In der gestrigen Sitzung des Senats gab der Minister⸗

präsident eine Erklärung über blutige G1ö16

ab, die sich in Iglau in der Nacht zum 24. zwischen deutschen Zivilisten, die von einer Sonnwendfeier zurück⸗ kehrten, und tschechischen Legionären ereignet hatten. Ein Antrag der deutschen Senatoren auf Eröffnung der Debatte über diese Erklärung wurde chgeehun⸗ Während der dann folgenden Erörterung über das Kriegsanleihegesetz ver⸗ langten die deutschen Senatoren auf Grund neuer Nachrichten aus Iglau, wo über 100 Deutsche unschuldig eingesperrt worden seien, den Schluß der Sitzung. Diese wurde unterbrochen. In einer nun fo

Senator Fahrner die Entsendung einer parlamentarischen Kommission nach Iglau, womit der Ministerpräsident sich ein⸗ verstanden erklärte. Wie „Wolffs Telegraphenbüro“ mitteilt, ist die hece des Zusammenstoßes darin zu suchen, daß bei den Gemeindewahlen in Iglau vor 9 Monaten die Deutschen eine Zweidrittelmehrheit erlangt hatten, wogegen die Tschechen Einspruch erhoben hatten. Die 9 euwahlen stehen bevor. Die Regierung hat inzwischen 2400 lschechische Legionäre nach Iglau versetzt, die sich an den Neuwahlen beteiligen sollen.

Nach einer Havasmeldung aus Konstantinopel ist der riedensvertrag zwischen Georgien und Aser⸗ eidschan unterzeichnet worden. Georgien behält die Provinz

Tiflis. Ueber den Bezirk von Zakotaly, der vorläufig bei Georgien verbleibt, soll später entschieden werden.

Dem „ZJournal des Dobats“ zufolge hat die

riechische Armee gegen die Streitkräfte von Mustapha e ascha die Offensive vorgestern begonnen.

Nach einer Meldung des „Temps“ aus Beyrut ist der Waffenstillstand, den General Gouraud mit Mustapha Kemal 8 cha abgeschlossen hat, nicht erneuert worden. Kemal habe ihn am 17. Juni, weil er von den Franzosen nicht

ehalten wurde, gekündigt. Die Türken hätten 100 Mann des bei Bozanti gefangen genommenen französischen Bataillons frei⸗ ungefähr 250 Gefangene zurückbehalten, was

elassen, jedo - Mru. W“ ie gezwungen habe, auch ihrerseits eine entsprechende

Zahl Geiseln zurückzubehalten. Man glaube, daß es unter diesen Umständen schwierig sein werde, die Räumung Ciliziens durchzuführen.

Amtlich wird dem „Reuterschen Büro“ zufolge mitge⸗ teilt, daß unter dem britischen Mandat über Mesopotamien das Staatsgrundgesetz unter beratender Mitwirkung der Be⸗ völkerung aufgestellt werden wird, durch das die Entwicklung des Landes zu einem Staat mit Selbstregierung erleichtert wird, damit es bei Ablauf des Mandats imstande sei, auf eigenen Füßen zu stehen. Ein vorläufiger Staatsrat wird unter einem arabischen räsidenten gebildet werden, ebenso eine frei⸗ gewählte Nationalversammlung.

Parlamentarische Nachrichten.

Der preußischen Landesversammlung ist der Entwurf eines Gesetzes, betr. die Neuregelung der Verfassung der evangelischen Landeskirche der älteren Provinzen ““ nebst Anlagen und Be⸗ gründung zur Beschlußfassung zugegangen. 8

1 Statistik und Volkswirtschaft.

Arbeitsstreitigkeiten.

Der Landarbeiterausstand im Regierungsbezirk Kö8⸗ lin umfaßt dem „Generalanzeiger“ zufolge bis jetzt ungefähr 150 bis 200 Güter, davon allein im Kreise Stolp 100 Güter. Seit Mittwoch hat der Ausstand auch auf den Kreis Rumm els⸗ burg übergegriffen. Plünderungsversuche sind in den Kreisen Sto Lp und Schlawe vorgekommen. Der Landrat des Kreises Köslin hat, wie „W. T. B.“ meldet, nach langwierigen Verhandlungen mit den Ausständigen nunmehr die Technische Nothilfe auf⸗

erufen. Daraufhin ist im Laufe des gestrigen Tages die Rot⸗

hälfe auf fünf Gütern des Kreises zur Verrichtung der Notstands⸗ arbeiten eingesetzt worden. Da auch im Kreise Flatow ein neuer Landarbeiterausstand ausgebrochen ist, steht auch hier die Nothilfe bereit. Im übrigen macht die von der Technischen Not⸗ hilfe eingeleitete Werbung unter der landwirtschaftlichen Bevölkerung zwecks Durchführung der landwirtschaftlichen Nothilfe 8 Fortschritte. So haben sich beispielsweise vor einigen Tagen in Bergen auf Rügen allein an tausend Angehörige der Landwirtschaft zur land⸗ wirtschaftlichen Nothilfe verpflichtet. In anderen Städten haben sich Fachschulen mit ihren Lehrkräften der landwirtschaftlichen Nothilfe geschlossen zur Verfügung gestellt.

n Essen haben „W. T. B.“ zufolge die ausständigen städtischen Arbeiter das Wasserwerk still⸗ gelegt. Die ganze Stadt ist ohne Wasser, auch die Kranken⸗ anstalten. Mehrere industrielle Werke haben den Betrieb bereits einstellen müssen.

Aus London wird dem „W. T. B.“ telegraphiert: Der Vereinigte Seemannsrat in Liverpool hat eine Ab⸗ ordnung ernannt, die mit den Schiffsreedern, der Marconigesellschaft und dem Handelsamt über die Beilegung des Ausstandes der Funkentelegr 1 18 isten verhandeln soll. Einstweilen nehmen die Funkentelegraphisten die Arbeit wieder außf.

Kunst und Wisseuschaft.

Eine staatlich anerkannte Beratungs, und Ver⸗ mittlungsstelle für angewandte Kunst ist kürzlich unter irkung der Staatsministerien für Unterricht und Kultus sowie für Handel, Industrie und Gewerbe in Bayern ins Leben ge⸗ rufen worden. Die beteiligten Ministerien haben in einer Bekannt⸗ machung die Satzung der Beratungs⸗ und Vermittlungsstelle ver⸗ öffentlicht. Nach dieser hat die Stelle den Zweck, 1. Auskunft und Rat in künstlerischen Fragen zu erteilen, 2. geschmacklich und

genden Obmännerkonferenz forderte der deutsche

achlich brauchbare Ektwürfe in vermitteln,

seitige Beeinflussung und Aufklärung das Zusammenwirken von Künstlern, Gewerbetreibenden und sonstigen Auftrag⸗ gebern zu fördern und hierdurch erzieherisch zu wirken. Die Leitung der Stelle 89 dem Münchener Bund; ihr ist ein künstlerischer Beirat von fünf Mitgliedern beigegeben. Der Beirat beurteilt die eingelaufenen Entwürfe und empfiehlt die Künstler. Für Aufgaben von größerer Bedeutung sind öffentliche Preisausschreiben zu erlassen und besondere Preisgerichte zu ernennen. Die Satzung ist im Ein⸗ vernehmen mit dem Kunstgewerberat beim Staatsministerium für Handel, Industrie und Gewerbe zustande gekommen, dem u. a. die Vertreter der S.a Münchener, Nuürnberger und sonstigen bayerischen Kunstgewerbevereine sowie die Direktoten der Kunstgewerbe⸗ schulen in München und Nürnberg u. a. m. angehören.

3. durch gegen⸗

Literatur.

Von den im Verlage von Ernst Wasmuth A⸗G., Berlin, er⸗ scheinenden Zeitschriften liegen eine Anzahl Einzelhefte vor. So die Berliner Architekturwelt, Zeitschrift sür Malerei, Plastik, Kunstgewerbe der Gegenwart, Herausgeber Hans Schliep⸗ mann, Preis des Jahrgangs 24 ℳ. Im Schlu heft des XX. Jahr⸗ gang⸗ regt Schliepmann eine Aussprache aller Beteiligten über Ver⸗ esserungen der Berliner Bauordnungen an und erwähnt dabei die von Kayser verfaßte Denkschrift über die kubische Berechnung der Bebauung von Grundstücken. Lamps Postscheckamt Berlin scheint in der Einzelausbildung trotz des Aufwandes zu hart; es fehlen die beruhigenden wagerecht durchlaufenden Linien, Gehäuse, Muster. Die Wohn⸗ und Geschäftshäuser leiden in der äußeren Gestaltung immer noch an dem zuviel des Gebotenen; wenn man schon gezwungen ist zur Ausnutzung des Grundstücks Ecken und Balkons anzubringen, dann sind Giebelatrappen wie bei Lindhorsts Haus, Kleiststraße, sicher überflüssig. Wie wohltuend wirkt dagegen Jessens der Telegraphenkompagnie, Zimmerstraße. Nun aber eist der handhausbau. Man sollte meinen, Landhäͤuser wären schon zu allen Feiten gebaut worden, und wenn man heute im Fortschritt gegen rüher eine Badestube und Wasserklosett einbaut, so dürfte das kaum Veranlassung geben, die ganze Nebereer ah die im Grundriß rechteckige Häuser mit Satteldach oder mit Walmdach baute, abzutun. Es erwachsen jedoch in den Vororten verkrüppelte Gebilde von Häusern mit wildesten Vor⸗ und Rücksprüngen, angeklebten Giebeln und Giebelstückchen, in der Form gezwungenen Mansard⸗ düchern, Tempelgiebeln, die derartig kleine Häuser auseinander prengen, Dachverfallungen und Verbiegungen und was dergleichen Mätzchen mehr sind, die sich unsere Architekten ausklügeln, um „interessant“ zu wirken, oder „Silhouette“ zu erzielen. Diese Unrahe der Gestaltung ist aber mit naivem Ungeschick bis ins kleinste durchgeführt, z. B. die Vorgarteneinfassungen; daß man die obere Linie derselben mit dem Gelände parallel gehen, steigen und fallen läßt, ohne Abtreppungen herzustellen, begreift man nicht; ebensowenig sieht man ein, wie unschön bei Eisen⸗ oder Holzgebäuden alle 3 bis 4 Meter die Unterbrechung durch Stein⸗ pfeiler ist, die zudem dann noch über die obere Begrenzungslinie des Geländers hmnausragen. Namen sollen lieber nicht genannt werden. Im architeklonischen Gestatten zist Ruhe die erste Bürgerpflicht“. Erfreulicher sind da die abgebildeten Möbel der „Hausrat, gemein⸗ büfigen . m. b. H.“, Entwürfe von Bender, Kikolar, Jessenow, Blunck u. a. Heft 5/6 des XXI. Jahrgangs ent⸗ hält mehrere zum Teil gute Kleinhäuser von Meyer⸗Radon, der allerdings, wenn es sich um größere Anlagen handelt, nach „Motiven“ sucht. Kösters Entwürfe zu Kirchen, Plätzen, Siede⸗ lungen, so z. B. die Rückansicht des Neumarktes für Mörs, sind treffend und gut. Auch Jessens Arbeiten, Sparkassen für Eisenach, Lübeck, Siedelung Lichtenrade, Gartenhaus Bleichröder, verdienen volle Anerkennung. Aus Heft 7/8 sind vor allem die Innenraäume einiger Wohnhäuser von Arch. v. Tettau zu erwähnen.

Wasmuths Monatshefte für Baukunst. Preis des Jahr⸗ gangs 28 ℳ. III. Jahrgang, Heft 11/12 enthält eine umfassende Veröffentlichung des Theaters der neuen freien Volksbühne von Architekt Kaufmann, das in Anlage und künstlerischer Durcharbeitung als wohl gelungen gelten darf. Heft 1/2 des IV. Jahrgangs ist Poelzigs Arbeiten gewidmet, eines phantasievollen Künstlers, der sich auf bewußt modernen Wegen bewegt, dabei jedoch durchaus prak⸗ tisch und ungezwungen arbeitet. Eine gute Leistung ist Schultze⸗ Naumburgs Gutshof in Mitteldeutschland in Heft 3/4, das außer dem noch Studien über ägyptische Königsgräber, über rumänische Bauernhaͤuser und im Archiv für Geschichte und Aesthetik der Archi⸗ tektur eine Abhandlung über das Skizzenbech des Damian Stuber, churfürstl. Baudirektorlalraths, enthält. Heft 4—5 bringe Klein⸗ siedlungen. Der Zwang, der den Architekten hier durch das Er⸗ fordernis der Sparsamkeit auferlegt ist, hat zu ebenso selbstperständ⸗ lichen, wie natürlichen Anlagen geführt, die handlung der Einzelheiten sehr ansprechend sind. Goettel, Köln, Jansen, May, Breslau, Schmitthenner, Siebold, Taut und andere sind ver⸗ treten. Heft 9 —10 endlich zeigt die Hamburger Bauten Fr. Schumachers, die in der geoßen Form doch oft nicht ganz abgeklärt erscheinen und in der Formensprache der Einzelheiten ihre Modernität zu bewußt zur Schau tragen. Fritz Krischen schreibt über Nachfolger Piranesis. Heft 5/6 des Städtebaus, 16. Jahrgang, enthält drei Stadtbilder: Göttingen, Soest, Münster, von Th. Goecke; Siedlungs⸗ anlage Rastenburg; Zeitgemöße Bodenpolitik von Dieck, Buer; Boulevard Lille⸗Tourcoing; Bücher, Mitteilung, Chronik. Preis des Jahrgangs 26 ℳ, 10 vH Teuerungözuschlag.

Von Professor Dr Rudolf Euckens Werk „Mensch und Welt“, das bei seinem ersten Erscheinen an dieser Stelle be⸗ sprochen wurde, ist eine r Auflage erschienen. (Verlag von Quelle und Meyer in Lespzig; geb. 20 ℳ.)

Fichte. Eine Einführung in seine Schriften. Von Oberschulzat,

rosessor Dr. A. Messer. (Verlag von Ouelle und Mever in Leipzig; geh. 6,60 ℳ, geb. 9,60 ℳ.) In dieser ausgezeichneten Schrift wird neben einer Schilderung von Fichtes Leben und Persönlschkeit Urerh gegliederter und gedanklich klarer Ueberblick über die Philosophie dieses großen Idealisten geboten. Das Buch ist um so willkommener, als dem deutschen Volk in seiner gegenwärtigen Lage wohl kein deutscher Denker mehr bieten und geben kann, als gerade Fichte. Das Verständnis für dessen reiche und tiefe Gedankenwelt zu erschließen, ist auch deshalb ein besonderes Verdienst, weil das

Studium der Fichteschen Schriften dem Laien vielfach schwer über⸗ Die Mejsersch⸗ Schrift,

windliche Schwierigkeiten bereiten dürfte. in der Fichte selbst möglichst oft zu Worte kommt, biete

eine vor⸗ treffliche Einführung und sei angelegentlich empfohlen.

Theater und Musik.

Im Opernhause wird morgen, Sonnabend, „Madame Butterfly“, mit den Damen Marherr⸗Wagner, Birkenström, Jörn, den Herren Nasta und Laaß als Gästen sowie den Herren Henke, Stock, Philipp, Bachmann und Krasa besetzt, gegeben. Dirigent ist Dr. Karl Besl. Anfang 7 Ühr.

Im L hause werden morgen „Die Räuber“ in bekannter Besetzung aufgeführt. Spielleiter ist Dr. Reinhard Bruck. Anfang ½ Uhr.

Mannigfaltiges.

Im amtlichen Teil der heutigen Nummer des Blattes ist (unter Precsen) eine Bekanntmachung der Kohlenstelle Grof Berlin vom 20. d. M. über die Freigabe weiterer Abschnitte zur Entnahme und Abgabe von Kohlen veröffentlicht.

Die Berliner Stadtverordneten stimmten in ihre gefstrigen Frun zunächst ohne Erörterung ein eingeg ringlichen Antrag dahin zu: „Den 2 at zu

bei der liebe ollen Be⸗-

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