1920 / 166 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 28 Jul 1920 18:00:01 GMT) scan diff

8

8 1 1““ 8 8 v . 8 1“ ““ 1 t denken an 5 2 bauliche auf di 5 1 6 vanzöͤstschen Re⸗ 8 Pnüchst . eemMae Weülichn auf die Möglichkeit der Information der französischen Regierung hin⸗ . . 2 8 v j 1 M Ende gemacht wird. Wir verlangen nicht nur die Sozialisierung des Se FrIea. Ah Kons, eTsrdc veh eerh'h ee Vergbaus, songern de Szialsierung dang allgemein. Der Sozialis⸗ sachen ein besseres Vertrauen zwischen den doch schließlich mehr oder aus wird es sein, der letzten Endes den Vertrag von Versailles revi⸗ weniger auf ein Zusammenleben angewiesenen Na vrufen 25— ““ auch jest unser Vertrauen nicht könne. ““ gussprechen. Das Ergebnis von Spaa will ich weder rühmen noch e itscheid ist danmn auf die Frage verdammen, aber ich mißbillige die Art, wie man in Spaa mükfrärisehe Herr Breitscheid ist 88 der Neutrolitöt oin⸗ eeeee ken; Politik treibt, die dem Sozialismus zum meinen allgemeinen tatsächlichen und internationalrechtlichen Auf⸗ . 815 bei den U. Soz.) 3 fassungen mutgeteilt. (Zurufe von den U. Soz.) Ich bin überzeuat, keichsminister des Aeußern Dr. Simons: Meine Damen und daß sein Berfall mir insofern aut bebommt als es der Beifall eines Mannes ist, der die Frage studiert hat. Ob es sich da um etnen Unab⸗ hängigen oder um einen Deutschmationalen handelt, macht meiner

8 8 kur amentarischen usschusses für auswärtige Angelegenheiten herausging, sagte der Herr⸗

Unsicht nach darin keinen Unterschied. (Zuruf von den U. Soz.: Bei Ihnen!) Ja, für mich. (Heiterkeit und Zumufe bei den U. Soz.)

ögeordnete Hue, mit dem ich mich in Spaa sehr gut verstanden habe, achend zu mir: Nehmen Sie sich in acht, Herr Simons, daß Sie nicht nech einmal der Außenminister der Unabhängigen werden! (Heiterkeit.) Die Neutralität oder wee man auf österreichisch sagt, die Neitralität Sollte das jemals mein Ehrgeiz gewesen sein, so bin ich bitter ent⸗ ist aber nicht eine Sache, die man durchführen kann hwenh hhorn Feise 8 18 8 Herr Dr. Breitscheid hat eben den Trennungsstrich Truppen hat. Deswegen verstebe ich nicht rocht. weshallb Herr Breit⸗ wise en seiner unabhängigen Gesinnung und der meinigen, die er als scheid es verurteilt, daß wir zur Wahruna unserer Noutralität Truppen sehr abhängig bezeichnet hat, außerordentlich scharf gezogen. Das würde in Ostpreußen so zu dislozieren suchen, wie es für den Schutz der mich aber nicht veranlaßt haben, jetzt zu sprechen, wenn er nicht dazu Grenze notwendig ist. Das ist ein 1e Feg pflichtmäßiges Gebot de übergegangen wäre, sonstige Behauptungen aufzustellen, die ich nicht Stunde, und es ist ein großer Irrtum wenn der Hex Abgeordnete einen Augenblick unwidersprochen ins Land hinausgehen lassen kann. Stampfer meint. daß die Neutrolität vns darch unse re Ohmenacht ayf Er hat versucht, einen Gegensatz zu konstruieven zgwischen dem Reichs⸗ gezwungen wäre. Nem, meine Damen und Herren gemde ein vc kanzler und mir bezüglich der Stellungnahme zum Bolschewismus, als mächtiger Staat kann nicht neartval sein, weil er von dem mächti sten ein Mittel, in Spaa Erfolge zu erzielen. Ich hatte gestern gesagt, daß seiner Nachbam überrannt wird. (Sehr richtig! rechts.) So ich deshalb das Wort „Bolschewismus“ nicht in den Mund genommen mächtig sind wir nicht, daß wir nichgt noch eh uns sch anen könnten habe, weil ich fest überzeugt war, dadurch nur das tiefste Mißtrauen wenn mon sich erfrecht, unsere Neutralität amzutasten Cebchafbe 8* bei den Alliierten heworzurufen. Nun sagt Herr Breitscheid, daß der stimmung rechts. Zurufe und Lachen bei den U Soz.) Herr Reichskanzler doch von Bolschewismus gesprochen habe. Das ist Meine Damen und Herren! Nach der Richtung hin ist mir eine Veränderung der Sachlage. Der Herr Reichskanzler hat in einem neulich etwas höchst Merkwürdiges passiert. Ein sehr erfahrener anderen Zusammenhange von Bolschewismus gesprochen, er hat nämlich Mann, der aus Rußland kam, der einer neutralen Macht angehört darauf hingewiesen, daß wir unsere Truppenzahl nicht zu stark herab⸗ aber die russischen Verhältnisse und russischen leitenden Persönlich⸗ setzen bürfen, um gegenüber dem Bolschewismus den nötigen Wider⸗ keiten genau kennt, sagte mir, seiner Meinung nach bestehe eine ge⸗ sband leisten zu können. (Zuruf bei den U. Soz.: Na also!) Das ist wisse Gefahr, daß die russische Militärpartei denn es gibt auch aber. nicht der Boschewismus als Prinzip, sondern als Waffenmacht, in Rußland eine Militärpartei, so gut wie in Polen und anderen die sich unseren Grenzen nähert. (Lachen bei den U. Soz.) Da bin ich Ländern! (Sehr richtig! bei den Deutschnationalen) Ostpreußen ganz derselben Meinung wie der Herr Reichskanzler und werde Ihnen in Besitz zu nehmen trachten würde, um ein Pfand für die deutsche das nachher noch sagen. (Zuruf bei den U. Soz.: Rückzug Nr. 21)) Neutralität zu haben, weil Deutschland zu schwach wäre, sie in Ost⸗ Zum zweiten hat Herr Breitscheid gesagt oder wenigstens an⸗ preußen zu schützen. Das läßt doch tief blicken! Ich habe dem gedeutet ich habe nicht gehört, daß er das positiv behauptet hat, er Herrn gesagt: haben Sie Beziehungen zu den leitenden Männern hat damit nur diolektisch gearbeitet —, daß in Spaa gewisses Material, Rußlands, so sagen Sie ihnen, ich warnte sie; sie würden eine Nuß das durch militärische Kreise in bezug auf die Niederwerfung revolutio⸗ finden, die sehr hart zu beißen wäre (Bravol), und der Erfolg würde närer Bestrebungen in Deutschland zusammengebracht sei, der Entente sein, daß Deutschland an der Seite der Entente und an der Seite zur Kenntnis gegeben worden wäre, um unsere Stellung zu verbessern. Polens in den Krieg gegen Rußland ziehen würde. (Zurufe und (Zuruf bei den U. Scoz.: Unsere Ansicht ist nicht zur Kenntnis gegeben! Unruhe bei den U. Soz.) Dann käme das, was ich unter allen Um⸗ Die Ansichten des Reschsministers haben sich darauf gestützt!) So, ständen vermelden möchte, daß Deutschland das Schlachtfeld für das ist etwas anderes. Ich wollte nur konstatieren, daß weder von dem diesen fürchterlichen Kampf bilden würde. (Zuruf von den U. Soz:: Herrn Reichskanzler noch von mir noch von dem Reichswehrminister Da redet das Volk hoffentlich noch mit!) Man kann in den Krieg irgend etwas über die inneren Verhältnisse Deutschlands, das nicht gezogen werden, ohne daß man will! (ustimmung.) Es sind genug vor die Augen der Gegner gehörte, ausgehändigt worden ist. (Zurufe 68n öö.“ b wn den U. Soz. Glocke des Präsidenten.) .“ un ie mal selber gehen!) Dann hat Herr Breitscheid sich des längeren darüber ausgelassen, Selber den Krieg gehen? (Zuruf von den U. Soz.: Ihre daß die politischen Ansichten, die ich gestern vor dem Hause zu ver⸗ 1 S 2 treten die Ehre hatte, durchweg nicht geteilt würden abgesehen von Gerode g ELET“ auf die Neutra lität noch einiges zu sagen. anderen Ressorts auch im auswärtigen Amte, und er hat auf gewisse bG ich so außerordentlich eifrig dafür zu wachen suche, daß Instanzen des auswärtigen Amts hingewiesen, die mit dem eisernen 9u 8 8g herausgelistet Besen auszukehren wären. Ich komme erst seit wenigen Wochen in das Vorfälle in 11““ 111“ zene Amt, und ich bin deshalb nicht in der Lage, jeden einzelnen An⸗ ich kann bezüglich einiger di N. richt 8 WC““ gestellten näher zu kennen; aber das weiß ich, daß jeder, der dort an⸗ Hö“ üsts 86 fo vb Heute gestellt ist, seinen Dienst nach seiner besten Ueberzeugung tut, um dem M agek altene ““ 1 Wohle des Reiches zu dienen. Wenn ich Sech daß Fon (Hört! hört!) Die imteralliterte Eisenbahnkommission in Wiesbaden Instanz eine andere Politik getrieben wird dis Hiezegigse, die ich för hat gestern nachmittag gegen die Festhaltung des Zuges Protest richtig halte (Zuruf von den U. Soz.: Dann sind Sie draußen! gelegt und gebeten, daß der Zug ohne 11.“ 688 Fahrt Große Heiterkeit) Abwarten! dann wird der Wille, der sich mir fortsetzt. (Hört! hört!) Wie ich schon gestern sagte, meine 8 entgegensetzt, entweder gebrochen oder dann bin ich nicht mehr da. und Herren, steht die Neutralitätserk aärung früheren Verträgen, Glauben Sie doch nicht, daß das mir ein besonders ängstlicher oder auch dem deutsch⸗polnischen Wirtschaftsabl 8 889 Besorgnis erregender Gedanke wäre; denn ich habe mich wahrhaftig v“

8 8 8 voran. Demgemäß ist bereits bend Rei rkehrs⸗ nicht nach dem Amte gedrängt, es hat sogar große Mühe gekostet, mich mi nisterium Anw eis 1 vhih kt 8 8 W“ 8 88 zu veranlassen, das Amt zu übernehmen. Wo ich aber einmal darin 3 9 , enz zurück⸗

b o uleiten. (Bravo!)

bin das verspreche ich Ihnen, meine Damen 88 1 1 88 Ich bose dann noih einiges in bemerken üher Mikteilunden die

ich, solange ich es verwalte, es so daß ich 8- die Hand⸗ in dem Organ der links von Herrn Breitscheid stehenden Herren und

lungen, die darin vorgenommen werden, Rechenschaft ablegen kann. Damen (Heiterkeit), in der „Roten Fahne“, gestanden haben. In

(Bravol rechts. Zurufe ten den u. os) der „Roten Fahne“ vom 22. Juli wurde erwähnt, daß deutsche Es ist dann weiter von Herrn Breitscheid ich kann es nur so Offiziere mit dem englischen General Malcolm nach Warschau ge⸗

muesprücken eine Denunftation meiner Person gegenüber der Entente fahren seien, um die polnische Kommission zu beraten. Die Nachricht

euseresprochen worden. Er hat gesaat, ich hätte im parlamentarischen

t war schon im englischen Unterhaus von Bonar Law dementiert Ausschuß erblärt, innerbhalb sechs Monaten würde die Welt sich drehen worden. In der Tat ist an ihr, soweit deutsche Offiziere in Betracht und würde die Entente uns die Möglichkeit geben, mit einem großen

kommen, kein wahres Wort. Heer irgendwelche Taten zu tun. (Widerspruch bei den U. Soz.) Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch das oft auftretende Darauf dam es ungefähr hinaws. (Zuxruf von den U. Soa.): In Gerücht dementieren, daß deutsche Offiziere in der bolschewistischen sechs Monaten würde sie zu einem anderen Urteil kommen!) Also Armee mitkämpfen. Wie wenig dieses Gerücht den Tatsachen ent⸗ die Entente würde zu einem anderen Urteil über unsere militärische spricht, geht daraus hervor, daß nach einem Stockholmer Telegramm Weh kvaft kommen. (Zustimmung bei den U. Soz.) Ich habe

der „Morning Post“ Trotzki in der „Prawda“ erklärt hat, es sei meiner Evmmerung nach die Reden im vparlamentarischen Ausschuß kein einziger deutscher Offizier in der russischen Armee.

habe ich mir weder vorher noch nachher aufgeschrieben gesagt und Es ist dann ferner noch gegen unsere neutrale Haltung von der jedenfalls meiner Gesimmma nach mir sagen wollen: ob die Schwierig⸗ „Roten Fahne“ auf die Tatsache aufmerksam gemacht worden, daß Herten. die ums die augenblichliche Entwaffmumng der Bevölkemma und der bekannte Burzew in Berlin anwesend sei oder gewesen sei. Es die augenblickliche Reduktion unseres Heeres machen, nach fechs ist selbstverständlich, daß Berlin nicht gegen russische Persönlichkeiten, Monaten noch so auf uns lasten werden. wie es jetzt der Fall ist,

sie mögen welcher politischen Richtung angehören wie immer, ver⸗ können wir nicht wissen. Ich habe geswat, ich sei überwuat, daß sich bis schlossen gehalten werden kann, solange sich diese Persönlichkeiten dahin die Verhältnisse so geändert haben werden, daß die Entente mit uns in ernem andern Verhältnis als dem des schärfsten Mißtrauens

nicht lästig machen. (Zurufe bei den U. Soz.) Aber ebenfalls ist es selbstverständlich, daß eine amtliche Unterstützung von politischen Be⸗ und des schärfsten Unterdrückungswillens stehen wird. Das ist das, was ich habe sagen wollen, und diesem Ziel streben alle meine Be⸗

strebungen irgendeiner dieser Persönlichkeiten hier in Berlin nicht stattfindet.

mühungen zu. Dann hat der Herr Breitscheid einiges über die Worte Ich möchte dann noch auf einen Umstand eingehen, den sowohl

gesaat. die ich dem framösischen Gesandten in München gewidmet habe. Herr Stampfer wie Herr Breitscheid hier behandelt haben, wenn

und dabei ist ihm der Irrtum unterlaufen, den er aus dem unkborri⸗

gierten stenographischen Protokoll sofort rektifizieren kann, daß ich

auch in etwas veränderter Abschattierung: das ist meine Erklärung, gesagt hätte, es werde jetzt in München zwischen Herrn von Kahr und

die ich vor dem Eintritt in die Debatte heute nachmittag hier ab⸗ gegeben habe. Herr Stampfer hat sie für einen Schwächeanfall er⸗ Herrn Dard über die Aufrechterhaltung der Einwohnerwehr ver⸗ handelt. Nein, nein! Ich habe mur gesagt: Möalicherweise wird V

klärt, Herr Breitscheid für einen mehr oder weniger geordneten Rückzug. Ich muß mit Bedauern feststellen, daß die Seelenstimmung gevadezu die Anwesenheit eimes französischen Gesandten in München der beiden Herren ähnlich ist, wie die von mir bedauerte Serlenstim⸗ dazu führen, die große Spammung, die durch die Forderunag der unver⸗ mung der gesamten Berliner Bevölkerung aus Anlaß der Flaggen⸗ züglichen Entwaffnung der Einwobnerwehr gerade in füddeutschen frage. Meine Damen und Herxgen, ich spreche jetzt sehr ernst, ich Staaten entstanden ist, etwas zu lösen, da die Herren sich davüber unter⸗

bin der Meinung, wenn man einen Fehler begangen hat, so ist es der weiß, wie in Bavern die Verbälbnisse Niegen. Nicht von jetzt vor

nicht beschämend, wenn man ihn eingesteht, sondern beschämend, wenn man darauf beharrt. Ich habe den Fehler berangen, daß ich eine Redenhart brauchte, die 1, be.

8.

Kabinetts aufgefaßt werden konnte, dem ich selbst angehöre. Ein solcher Angriff wäre unkollegial und politisch zu verurteilen gewesen.

richtigzustellen als einen, der gar nicht gegen die Reichswehrverwal⸗

tung gegangen ist. Das habe ich getan, und zwar in denselben Worten, die ich vor einigen Tagen gegenüber der französischen Bot⸗ schaft durch richtige Darstellung des Reglements und des Vorgangs gewählt habe. Ich habe genau so gut der französischen Botschaft

gegenüber wie heute vor Ihnen die Eigentümlichkeit unserer mili⸗ tärischen Bewaffnung und unseres militärischen Verhaltens klar⸗ gestellt. Ich habe der französischen Botschaft gegenüber wie auch heute und gestern vor Ihnen gesagt, daß ich dieses Verhalten objektiv für international unrichtig halte und daher bestrebt bin, das

Reglement abzuändern.

Meine Damen und Herren, es ist stets mein Bestreben gewe en, Unrecht, das ich getan und eingesehen habe, in der schleunigsten, aber

auch in der würdigsten Art und Weise, die ich finden konnte, gut⸗ zumachen (Bravo! bei den Deutschen Demokraten), und ich glaube nicht, daß Sie mir vonwerfen können, daß ich heute nicht schleunig und daß ich heute nicht würdig gehandelt habe. (Beifall bei den

Deutlschen Demokraten.)

Ich muß dann noch einmal zurüöckkommen auf den Vonvarf, der mir schon im parlamentarischen Ausschuß gemacht worden ist, ich hätte gegenüber der Entente die deutschen Verhältnisse dadurch bloß⸗ gestellt, daß ich die Entente aufgefordert hätte, uns gegenüber so vor⸗ zugehen, wie das deutsche Heer 1871 gegenüber der Kommune. Es

Jhat mir vollkommen ferngelegen, und ich muß das hier vor dem Hause nochmals betonen, irgend etwas zu sagen, was darauf hinausliefe, die Machtmittel der Entente anzurufen zur Niederschlagung innerer Revolten. Ich habe nur gesagt, nachdem mir Lloyd George in etwas lebhaftem Ton vorgeworfen hatte, daß die französische Regierung uns gezeigt hätte, wie man Rebellionen niederwürfe, dann möchten doch die alliierten Regterungen uns gegenüber denselben Standpunkt ein⸗ nehmen, wie die deutsche Regierung damals gegenüber der fran⸗ zösischen, nämlich ihr die Truppen zur Verfügung lassen, die die Re⸗ gierung nötig hätte, um selbst mit der Revolte fertig zu werden. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei.) Das ist alles, was ich gesagt habe, und daran halte ich fest.

Denn, meine Damen und Herren, ich muß doch eins sagen, und das hängt mit der Entwaffnungsfrage sehr nahe zusammen. Eine Regierung, die es zuläßt, daß dauernd große Teile der Bevölkerung in der Lage sind, wenn sie Unzufriedenheiten mit der Regierung haben, gegen sie mit Waffengewalt vorzugehen, ist nicht wert, an der Spitze des Staates zu bleiben. (Sehr richtig! bei der Deutschen Voltks⸗ partei und bei den Deutschen Demokraten.) Deswegen ist es die verfluchte Pflicht und Schuldigkeit einer Regierung, die etwas auf sich hält und die glaubt, daß sie mit Recht im Amt ist, daß sie alles versucht, um einem solchen Zustand der Dinge abzuhelfn. (Bravo!)

Ich habe gesagt: diese Gewaltanwendung von Nichtregierungs⸗ seite mag kommen, von wem sie wolle, ich werde immer die Re⸗ gierung dahin beraten, auch aus Gründen der auswärtigen Politik, daß sie die in ihrer Hand befindlichen Waffen zur Niederschlagung solcher Gewaltanwendung mit aller Kraft und allem Nachdruck führt. (Sehr gut! bei den Deutschen Demokraten und bei der Deutschen Volkspartei. Zuruf von den Unabhängigen Sozialdemokraten: Gegen Kapp aber auch!) Nach allen Seiten: da bin ich ganz Ihrer Meinung.

Dann darf ich doch auf das zurückkommen, was Herr Breitscheid über den Sachverständigen und Reichstagsabgeordneten Stinnes ge⸗ sagt hat. Herr Stinnes ist, soviel ich sehe, nicht anresend. Ich din es ihm aber, als Leiter der kechnischen Darlegungen der deutschen Delegation in Versailles unter Führung des Reichesfanzlers schuldig, ihn hier gegen derartige Denunziationen und Insinuationen in Schutz zu nehmen. (Bravo! bei der Deutschen Volkspartei.), Ich kann das nicht anders sagen, meine Herren.

Ich kann nicht glauben, daß meine gestrige Rede das gute Verhältnis, das ich immer zu Herrn Stinnes gehabt habe und auf das ich Wert lege, vollständig über den Haufen geworfen hat. Das glaube ich aber zu wissen, daß Herr Stinnes vieles davon besser verstanden hätte, als es von Herrn Stampfer und Herrn Breitscheid verstanden worden ist. (Sehr gut! bei der Deutschen Volkspartei.) Herr Stinnes ist als Sackverständiger meiner Ansicht nach in Spaa gar nicht zu umgehen gewesen, denn Herr Stinnes ist der Mann, der vom Standpunkt des Unternehmers aus die sämt⸗ lichen in Betracht kommenden wirtschaftlichen Faktoren weitaus am besten beherrscht und übersieht. Ich kenne keine Persönlichkeit in Deutschland und ich habe in den letzten ¾ Jahren Herrn Stinnes neben vielen anderen wirtschaftlichen Perönlichkeiten in Deutschland kennen gelernt und habe kaum eine gefunden, die eine so intuitive Urberschau über die Gesamtheit unserer wirtschaftlichen Beziehungen hatte wie Herr Stinnes. Wenn er diese seine geradezu geniale Be⸗ gabung auch in den Dienst seines Unternehmergewinnes stellt, so bin ich, solange es Unternehmer gibt, keineswegs gewillt, ihm das übel⸗ zunehmen. Jedenfalls weiß ich nur, daß ich kaum einen Menschen kenne, der von dem Gelde, das er verdient, so wenig hat wie Herr Stinnes. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei. Na, na! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Denn ein Mann, der so arbeitet Tag und Nacht wie er, ist mir kaum je vorgekommen. (Bravo! bei der Deutschen Volkspartei.) Ob es in Zukunft noch derartige Unternehmergewinne geben kann, wie sie Herr Stinnes zu immer neuen Kombinationen deutscher Wirtschaft verwendet, das weiß ich nicht. Ob die Art und Weise, wie jetzt die Mafsierung des Vermögens stattfindet, vielleicht nichts anderes ist als eine Vor⸗ frucht des weitergehenden Sozialismus, das stelle ich dahin. Aber das kann ich Ihnen sagen: solange wir Unternehmer haben, wird man niemals an Herrn Stinnes vorübergehen können.

Wem ich jetzt in dem Weißbuch diejenigen Teile der Rede von Herrn Stinnes nicht wiedergegeben habe, die sich nicht unmitt lbar auf sein kohlensachverständiges Gutachten bezogen, so hat das folgen⸗ den Grund: In der Einleitung zu dem Weißbuch ist dargelegt, daß wir keine amtlichen Protokolle haben. Infolgedessen war es auch nicht möglich, die Rede wiederzugeben, die Herr Millerand am Nach⸗ mittag des Tages gehalten hat, an dem Herr Stinnes seine Rede gehalten hatte. Es scheint mir aber nicht fair, daß man Angriffe, die so stark besprochen worden sind, wörtlich wiedergibt und die Ver⸗ teidigung des Mannes, der angegriffen worden war, nicht mit wiedergibt.

(Forisehuma in der Zweiten Beilaae.)

nähere Erläuterung als ein direkter Angriff gegen ein Mitglied des

Ich habe mich deswegen für verpflichtet gefühlt, diesen Angriff

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsan

““

Berlin, Mittwoch, den 28. Fuli

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)

Außerdem war noch folgendes zu erwägen: ich hatte von vorn⸗ herein sowohl wegen der Rede des Herrn Stinnes wie der Rede des Herrn Hue die formelle Verantwortung der deutschen Delegation ab⸗ gelehnt. Wenn ich jetzt die politischen Teile dieser beiden Reden ab⸗ druckte, so übernahm ich nachträglich dafür wieder die Verantrwortung; und das konnte und durfte nicht sein. Deswegen glaube ich, in dieser Hinsicht auch nur nach den mir obliegenden Pflichten gehandelt zu haben. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)

Einer derjenigen Teile der Rede von Herrn Breitscheid, die mir

nerlich am nächsten gegangen sind, waren seine heftigen Auseinander⸗ setzungen über die Schuld am Kriege. Meine Damen und Herren! Wir sollten doch aufhören, uns hier vor dem Ausland immer wieder über die Schuld am Kriege zu zanken. (Lebhafte Zustimmung.) Wir sollten alle dazu übergehen, zu erkennen, daß es eine große inter⸗ nationale Schuld ist, die mit einem großen internationalen Uebel bestraft wird, die in dem Weltkrieg und in den Friedensschlüssen über Europa und über der Welt nach wie vor hängt. (Sehr richtig!) Wir sollen aber unseren Blick nicht dahin richten, wer nun an diesem Unglück mehr oder weniger schuld ist sondern wir sollen unseren Blick dahin richten, wie wir aus diesem Unglück so schnell als möglich wieder herauskommen. (Bravo!) Und das, meine Damen und Herren, können wir nur durch Einigkeit.

Ich habe gestern meine Rede fast ausschließlich als Außenminister gehalten, und das war der Fehler und die Schwäche dieser Rede. die ich offen eingestehe; denn ich hatte angenommen, daß die einleitenden Worte des Herrn Reichskanzlers und die noch zu erwartenden Worte der technischen Minister meine Lücke ausfüllen würden. Jetzt möchte ich aber doch die Gelegenheit benutzen, um Ihnen zu sagen, wie tief mir als Deutschem die schweren Lasten gegangen sind, die die Zusatz⸗ protokolle von Spaa zꝛu dem Friedensvertrag von Versailles dem rdeutschen Volke auferlegen; nicht nur den deutschen Bergarbeitern, von denen ich auch gesprochen habe und die in allererster Linie zu berücksichtigen sind, sondern z. B. auch der Gesamtheit der deutschen Industrie, die durch die Entziehung der Kohle ganz außerordentlich schwer wird leiden müssen. Ich wünsche auch hier nochmal zu be⸗ tenen, wie schwer unsere sämtlichen Sicherheitsformationen, von der Reichswehr über die Sicherheitspolizei zur Eenwohnerwehr, durch das Diktat von Spaa getroffen worden sind, wie schwer aber auch unsere Gesamtwirkschaft dadurch getroffen wird, daß in überstürzter Form nun wieder neue Massen von Menschen in die ohnebin schon von Arbeilslosigkeit bedrohten deutschen Bevölkerungskreise hineingeworfen werden.

Herz in Spaa schwer gewesen ist, und daß es mir noch schwer ist bei dem Gedanken an die Durchführung dessen, was wir damals unter⸗ schrieben haben. Aber wir können über alles das nur hinweg durch Einigkeit.

Wenn zum Schluß der Herr Abgeordnete Breitscheid gesagt hat, daß es nur eine Form der Revision des Friedens von Versailles gebe, und das wäre der Fortschritt der revolutionären Arbeiterbewegung und der Sieg des Bolschewismus, dann muß ich dem aufs entschiedenste widersprechen. Meine Damen und Herren! Ich habe über meine Stellung zum Bolschewismus gar keinen Zweifel gelassen. Für mich ist die bolschewistische Macht eine nationale Macht wie jede andere. Solange das rutsische Volk die Macht der Sonjetregierung anerkennt und sich ihr beugt, solange ist sie für mich eine Tatsache und ein Recht. Aber, meine Damen und Herren, ich glaube, daß sie nicht berufen ist, die Welt zu erobern. Während sie jetzt noch siegreich an ihren Grenzen vorschreitet, ist sie innerlich bereits zu einem großen Telle erledigt; denn diejenigen Erscheinungen, von denen ich gestern einen außerordentlich charakteristischen Zug mitmteilen mir erlauben durfte, bedeuten doch, daß die ursprünglichen Formen der bolschewisti⸗ schen Bewegung, die hier unter dem Begriff der Rätediktatur immer noch propagiert werden, schon dem Absterben nahekommen (Wider⸗ spruch bei den U. Soz. Zustimmung ben den übrigen Parteien.)

Meine Damen und Herren! Ich habe heute bei einer Be⸗ sprechung mit dem ital enischen Botschafter folgendes Bild gebraucht. Der Bolschewismus ist wie eine fressende Flamme; sie geht nach allen Richtungen vorwärts und ist von großer Gewalt. Aber sie verzehrt alles, was sie erreicht, und läßt hinter sich eine Aschenspur. Es gibt keine andere Methode, sich diesem Feuerbrand entgegenzustellen als dadurch, daß man ein Gegenfeuer entzündet, wie es die Trapper auf den Prärien Amerikas machen. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Pater poccavi!) Nein, das ist eine Bemerkung von mir, die älter ist als meine gestrige Rede. Dieses Gegenfeuer kann nicht bestehen im Mälitarismus, nicht in der Unterdrückung, nicht im politischen Druck irgendwelcher Art, sondern nur in dem Entgegen⸗ stellen einer anderen, überlegenen Iee. Diese überlegene Idee finde ich eben in dem richtig aufgefaßten Sozialismus, allerdings, meine Damen und Herren, nicht in dem Sinne, wie ihn Herr Breitscheid dem Zaune seiner Zähne entschlüpfen leß, als er sagte: Sozialismus ist die Beseitigung der Unternehmerschaft. Nein, meine Damen u d Herren, Sozialismus ist die Arbeitsgemeinschaft zwischen Arbeiter⸗ schaft und Unternehmerschaft. (achen bei den U. Soz.) Das ist der Gedanke, unter dem ich meine imere Politik geführt habe und meine auswärtige Politik zu führen entschlossen bin. (Lebhafter Beifall.)

Abg. Spahn (Zentr.) ist bei seiner schwachen Stimme auf der Presseenspore im Zusammenhang nicht zu verstehen. Anscheinend Ult er dem, was die deutsche in Spaa erreicht hat, seine nerkennung. Es sei gelungen, für die Heeresverminderung eine Fristverlängerung zu erreichen; ebenso sei die Herabminderung der Forderung der Kohlenlieferung auf zwei Millionen Tonnen monatlich immerhin relativ ein Erfolg zu nennen. Der Redner behandelt in diesem Zusammenhang auch die Stellungnahme der deutschen Berg⸗ arbeiterschaft, empfiehlt eine internationale Regelung der gesamten Kohlenwirtschaftsfrage und kommt schließlich zu einer Erörterung der Rechtsfrage der Bestellung eines besonderen französischen Gesandten bei dem bayerischen Partikularstaat.

Alles dieses möchte ich betonen und nochmals sagen, daß mir das

Dr. Hötzsch (D. 385 Die deutschnationale Fraktion hat an V die Konferenz von Spaa keine optimistischen 8 hen geknüpft und erlebt daher jetzt auch keine Enttäuschung. Eine Fnttkuschang aber hat für uns die gestrige Rede des Reichsaußenministers gebildet, die eine solche Hoffnungslosigkeit, einen solchen Mangel an nationalem Willen bekundete, daß der Stahlhelm ganz sicher nicht als Symbol sür diese Rede anzusehen ist. Nach seinem ersten Auftreten im Aus⸗ schuß für auswärtige Angelegenherten und nach seiner gestrigen Rede hat sich an vielen Stellen die Empfindung aufgedrängt, daß Herr Dr. S mons Grund gehabt hat, gemachte Fehler einzugestehen, und er nird sich nicht wundern dürfen, wenn unsererseits diese seine gestrige Rede der schärfsten Opposition und Ablehnung begegnet. Lebhafte Zustimmung rechts.) Herr Dr. Simons hat gestern die Solidarität des Reichskabinetts betont, aber die Art, wie sich andere Kabinettsmitglieder an anderer Stelle über Spaa ge⸗ änßert haben, zeugt nicht gerade von Solidarttät des Kabinetts. Die deutsche Delegation ging nach Spaa mit dem Auftrage, Würde und nationale Festigkeit im Auftreten zu bewahren, auf keinen Rechtstitel, der Deutschland noch zustand, zu verzichten und drittens nichts zu unterschreben, was nicht erfüllbar sei. Auch darin waren sich die Parteien einig, daß die D⸗legation verpflichtet war, alle schwebenden Fragen im Zusammenhang zur Sprache zu bringen und zur Verhand⸗ lung zu stellen, da sonst, wenn dieser orgänische Zusammenhang zer⸗ rissen würde, das ganze Gebäude zusammenfallen müsse. Auch diesmal ist übrigens die Berichterstattung von Spaa durch das „W. T. B.“ ganz unglaublich gewesen. (Sehr wahr! rechts)) Der Bericht des „W. T. B.“ bekommt es fertig, von weltgeschichtlichen Fortschritten zu sprechen, die in Spaa gemacht worden seien Hier sollte der Reichs⸗ außenminister doch endlich einmal Ordnung schaffen. In dem uns vorgelegten Weißbuch fehlen leider die Verhandlungsprotokolle, es fehlt auch die protokollarische Feststellung unseres Widerspruchs gegen die Einmarschklausel und die darauf bezügl che Aeußerung des englischen Ministers, die nur als Gespräch von Mund zu Mund über⸗ liefer! wird. Trotz der Schwierigkeiten der Regierungsbildung hätten die Vorbereitungen zur Konferenz von Spaa deutscherseits so über⸗ stürzt nicht zu sen brauchen. Die Einlavung war bereits am 26. April ergangen und es heißt in ihr ausdrücklich, daß von der deutschen Re⸗ gierung präzise Erklärungen über alle angeführten Gegenstände der Tagesordnung, auch über die Militärfrage erwartet würden. Was den letzteren Punkt betrifft, so ist die deutsche Delegation nicht ge⸗ nügend vorbereitet nach Spaa gegangen. Es ist dann gekommen, wie wir rsien: nir kbeben wiederholt gesagt, wir können das und das nicht leisten, und schließlich, wir können es doch leisten. Dieser Vor⸗ gang erklärt doch bis zu einem gewissen Grade, daß die ganze Welt außerhalb Deutschlands die Deutschen nicht ganz ernst nimmt. (Sehr gaut! rechts.) Während, wie auch Dr. Breitscheid zugeben mußte, die Reden von Sünnes und Hue keinen Schaden angerichbet haben, haben das die Reden der Delegierten getan. Entspricht das Verhalten unserer Delegation in der Entwaffnungsfrage der nationalen Würde? Die Frage stellen, heißt sie verneinen. (Sehr richtigl rechts.) Die Delegation hat die Rechte Deutschlands bezüglich der Einmarsch⸗ klausel nicht gewahrt. Der Einmarsch ist ein Rechtsbruch. (Sehr richtig! rechts.) Nachdem der Frieden ratifiziert war, müßte ein Einmarsch als eine Verletzung des Vertrages ausgeschlossen sein. Einer Besetzung muß eine formelle Kriegserklärung voraus⸗ gehen. Alles andere ist und bleibt Rechtsbruch. (Sehr richtig! rechts.) Das deutsche Volk muß jeden Versuch, in das Ruhrgebiet einzumarsckieren, als einen Völkerrechtsbruch ansehen, daher mußte die Untersckrift unter dieses Protokoll unterbleiben. Es war doch gesagt worden, man wollie nichts unterschreiben, was nicht erfüllt werden könnte, und die Frage der Kohlenlieferung ist als erfüllbar nicht anzusehen. Ueber die Entwaffnung wird uns ja noch eine Gesetzes⸗ vorlage zugehen, die uns zeigt, wie sich die Regierung im einzelnen die Entwaffnung denkt. Wir glauben an die technische Erfüllbarkeit der Entwaffnungsbest mmungen schlechterdings nicht. Auch im höheren Sinne, das heißt im staatserhalt nden Sinne, ist die Entwaff⸗ nung unmöglich. Das hätte der Entente ganz anders vorgeführt werden müssen, als Hesche en ist. Man kann nicht die Entwaffnung verlangen und gleichzeitig die Herabsetzung der Heeresstärke. In den kritischen Zeiten, denen wir entgegengehen, fordern wir ein brauch⸗ bares Instrument, das in der Hand der Regierung Ruhe und Ord⸗ nung aufrechterhält. (Zuruf: Gegen die Kappis en!) Gegen die Kappisten sowohl wie namentlich gegen Putschversuche von links. Der Reichsaußenminister hätte in Spaa die Energie besitzen müssen, im Zufammenhange mit der Entwaffnung auch das Wort Bol⸗ che⸗ wismus zu erwähnen. Der französische Ministerpräsident Millerand hat sich am 21. Juli vor seiner Kammer über das Abkommen in Spaa ausgesprochen, und man war sehr befriedigt darüber. Frank⸗ reich hat heute gegenüber 1913 80 Prozent seines Bedarfs wieder erhalten. (Hört, hört! rechts.) Das 8” an sich schon recht an⸗ erkennenswert. Aber er hat sn kurz gerechnet, indem er die Pro⸗ duktion des Saargebiets nicht berücksichtigte. Wenn man die mit in Betracht zieht, so ist der Bedarf an Kohlen in Frankreich gegenüber 1913 fast zu 100 Prozent gedeckt. (Hört, hört! rechts.) Demgegenüber ist der Kohlenbedarf Deutschlands ein chließlich der Produktion Ober⸗ schlesiens nur zu 48,4 Prozent gedeckt, also noch nicht zur Hälfte. Da ist es erklärlich, daß Frankreich befriedigt ist, un daß wir die Haltung der Delegation entschieden mißbilligen. Die Scch⸗ verszändigen, die seit Monaten diese Frage bearbeiten, haben erklärt, daß das Höchste, was Deutschland leisten kann, 1,1 Millionen Tonnen sei. Versprochen haben wir 2 Milljonen Tonnen. Es bleibt eine Sponnung von 900 000 Tonnen, die wir mit einiger Aussicht auf Erfolg schwerlich liefern können. Der Reichsaußen⸗ minister sagte, er habe seinen Standpunkt in Spag geändert, weil die Sachverständigen schwankend geworden seien. Im Reichswirt⸗ ist erklärt worden, daß die Schwankung im Urteil der Sachverständigen aus politischen Gründen erfolgt sei. Nun hat sich der Reichsaußenminister auf den Standpunkt gestellt, es 8 eine Mehrlieferung von 900 000 Tonnen möglich. Ich bin nicht Sach⸗ verständiger genug, um beurteilen zu können, ob tatsächlich die Heran⸗ ziehung der Braunkohlen in dem nötigen Maße möglich ist. Nun ist gesagt worden, infolge der Schiebungen sei die Uebersicht über das, was Deutschland leisten könne, unmöglich. Ein größeres Armuts⸗ zeugnis kann man sich doch nicht ausstell’'n. Was soll man dazu sagen, wenn zunächst erklärt wird, eine Million Tonnen ist das Aeußerste, was wir liefern können, und schließlich kommt heraus, daß wir auch 2 Millionen Tonnen wohl leisten können? Daß die Mehr⸗ belastung der Kohlenlieferung Deutschlands ganz erschütternde Folgen haben wird, brauche ich nicht zu schildern. Wir hatten schon im letzten Winter mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen, sowohl die Land⸗ wirtschaft wie die Industrie. Sachverständige haben erklärt, daß es, um den Mehrbedarf der Kohlenlieferung herauszupressen, eine Still⸗ legung unserer Industrie um rund 25 Prozent erfordere, und das in einer Zeit, wo wir gerade durch die Umkehr der ganzen wirtschaftlichen Verhältnisse in einer Krise der Arbeitslosigkeit stehen, die dadurch noch zußerordentlich vermehrt wird. Hungern und frieren soll das deutsche Volk in diesem Winter. Die fünf Goldmark sind doch höchstens als ein Almoren zu bezeichnen, sie betragen pro Woche und Kopf des Bergarbeiters eipen Zuschuß von nur 80 ℳ, während der Gesamtzels huß über 200 beträgt. Also eine Besserung der Verhältnisse der Berg⸗ arbeiter, die die unbedingte Voraussetzung ist, tritt absolut nicht ein. Die Erfüllung der Kohblenlieferung in der zur Verfügung stehenden Zeit ist nach unserer Aufassung unmöglich. Der deutsche B ergarbeiter 1ist nach der Konferenz von Spaa für seine Ernährung und Be⸗

5* 1

er der russischen

kleidung abhängig vom Willen der Entente. Ob das ein wünschens⸗ werter Zustamd ist, das überlasse ich Ihrem Urteil. Ob es durch die Sozialisierung der Kohlen besser werden wird ist doch sehr fraglich da nach dem Zugeständnis Scheidemanns der deutsche Sozialismus bankerott ist, und nach den Aeußerungen des Herrn Lenin der Sozialis⸗ mus der Unabhängigen. Ueber die oberschlesische Kohlenproduktion müssen wir verfügen können, sonst können wir die Kohlenlieferung nicht einhalten. Diesen Standpunkt halten wir aufrecht. In der Kom⸗ mission wird Deutschland rettungslos majorisiert werden. Schesien ist doch noch deutsches Lard. Das staatliche Hoheitsrecht muß ullange⸗ tastet bleiben. Es befremdet mich sehr, daß der Außenm nister in einem Augenblicke, in dem wir uns über das Abstimmungsergebnis im Osten gefreut haben, bezüglich unseres Selbstbestimmungsrechts in de oberschlesischen Kohlenfrage 85 Verzichtäußerungen gebraucht hat. Auch wir sind damit einverstanden daß der Versuch gemacht wird, unsere Leistungen für die Entente zu steigern, gber das setzt voraus, daß Deutschland wieder zahlungsfähig und arbeitsfähig gemacht wird. So⸗ wohl die Wiedergutmachung wie auch die Kohlenfrage und die En waffnungsfrage kann nur in diesem Zusammenhange behandelt werde (Sehr richtig! rechts.) Nun hat Herr Walter Rathenau die Frage der Be setung des Ruhrgebiets zum Anlaß genommen, eine glänzende Antigrese aufzuwerfen; er sagte, es handelte sich gar nicht um Lieferung oder Nicht⸗ lieferung, sondern um Kohlenlieferung mit Einmarsch oder ohne Ein⸗ marsch. Ich erinnere aber doch an die jetzige militärische Lage der Entente und auch daran, daß schließlich zur Lieferung der Arbeits wille vorhanden sein muß. Trotzdem ich die schwierige Lage unserer Delegation nicht verkenne, meine ich doch, da die geforderte Leistung unmöglich ist daß die Unterschrift hätte verweigert werden müssen. (Lachen links.) Der Minister meinte, es habe keinen Zweck, über den Schmachfrieden zu schreien, es gelte die Erfüllung. Nein, wir ferdern immer wieder die Revision des Vertrages, aber Herr Simons scheint sich mit dem Vertrage schon abfinden zu wollen Er spricht in einer Form, als ob man über Auslegungen im einzelnen streiten könne, der Vertrag im ganzen aber unangreifbar sei. Wir firden es auch Licht richtig, daß er für den Terrorismus der Bolschewisten kein schärferes Wort fand als „Ueberspannung der Nätediktatur“. Das Lob, das Wiederaufbauarbeit zollte, trifft nicht zu. Aus welchen authentischen Quellen hat er dieses Lob ge⸗ schöpft? Die Berichte der englischen urnd italtenischen Arbeiter⸗ deputationen lauten ganz anders. Ich habe auch das Zutrauen zu der Wahrheitsliebe Feren Deputation (zu den Unabhängigen), daß sie einen objektiven Bericht mitbringen wird. Was angeblich geleistet ist, steht nur auf dem Papier. Wir wollen zusammenarbeiten mit dem Rußland der Zukunft, und die gehört nicht dem Bolschewismus sondern der wahrer Demokratie. In dem Protokoll von Spaa be⸗ findet sich leider nicht die schriftliche Zusicherung, daß. unsere in Genf zu machenden Vorschläge die Grundlage der dortigen Bera⸗ nungen bilden sollen. Wir sind also auch in diesem Punkt noch so un⸗ gewiß wie bisher. Wir haben keinen Anlaß, der Delegation, wenn e beantragt werden sollte, ein Vertrauensvotum auszusprechen, wir müß dagegen stimmen. Es berührt eigenartig, daß man den deutschen Arbei mahnt, recht fleßig zu sein. Ich kann es verstehen, wenn die deutscher Arbeiter sich fragen, warum sie sich für die Entente abschinden solle Die Regierung muß endlich eine planvolle organische Wirtschafts. politik anbahnen. Von einem immer gedankenloser werdenden Ini⸗ perialismus der Entente auf der einen Seite und von einem bar⸗ barischen asiatischen Bol chewismus auf der anderen Seite sind wir bedroht. Da heißt es, alle Kraft für den Wiederaufbau anspannen. Bekennen wir uns zu einem starken, deutschen, nationalen Machtstaat! Lebhafter Beifall rechts, Händeklatschen auf den Tribünen. Prä⸗ sident Löbe: Beifallsbezeigungen von den Tribünen aus si unstatthaft. Im Wiederholungsfalle werde ich sie räumen lassen.)

Reichskanzler Fehrenbach: Bei der eben gehörten Rede konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß zwar die Vorgänge von Spaa, und was jetzt damit im Zusammenhang steht, erörtert werden, daß der Herr Redner sich aber offenbat im Datum vergriffen hat. Er rien nicht am 27. Juli 1920 zu sprechen, sondern etwa am 27. Juli 1914. (Sehr richtig! im Zentrum und links. Unruhe bei den Deutsch⸗ nationalen Volkspartei.) Der ganze Krieg, das Ende des Krieges und was mit dem Krieg zusammenhing, der Friede von Versailles alles war vergessen. Die Rede ist aufgebaut auf dem Gedankengang, als hätten wir es noch mit einer deutschen Macht zu tun wie in der Ze vor dem Kriege, als wären nicht durch den Frieden von Versailles man mag sich im übrigen zu ihm stellen, wie man will ganz andere Lebensbedingungen für uns geschaffen worden, so daß wir, was jetzt auch für Genf prophezeit wird, dem Diktat siegreicher Feinde gegen⸗ überstehen. Dieses Diklrat siegreicher Feinde wird uns aber für das, was wir in Spaa zu berücksichtigen hatten, nicht gutgeschrieben. Wer unsere Situation richtig erfaßt, der weiß doch, daß wir nicht einfach unseren Willen durchsetzen konnten. Das, was der Herr Redner aus⸗ geführt hat, über die nationale Festigkeit usw., war doch aufgebaut auf dem Gedanken, als ob wir, wenn wir einmal ein Wort gesprochen, da⸗ bei bestehen bleiben konnten, wenn auch die Welt darüber in Trümmer ging. Solche Gedankengänge entsprechen nicht der Situation, in der wir uns befinden.

Meine Damen und Herren, der Herr Redner hat in der Rede des Herrn Außenministers einen Mangel an Glauben in den Wiederauf⸗ bau unseres Reiches und an gutem Willen, persönlich zu dem Wieder⸗ aufbau mitzuwirken, gefunden. Ich nehme doch an, meine Damen und

Herren, daß Sie (nach rechts) wirklich nicht daran zweifeln, daß es einem so ernsten, für sein Vaterland so begeisterten Manne wie dem Herrn Außenminister an dem Glauben in die deutsche Zukunft oder an dem guten Willen gewiß nicht fehlt. Aber als nüchterner, ehrlicher Mann hat er die Verhältnisse geschildert, wie sie sind. (Lebhafte Zu⸗ stimmung.) Er hat nichts gefärbt, er hat uns die trübe Lage, in der wir uns nun einmal befinden, offen dargetan. Das muß man aner⸗ kennen (erneute Zustimmung) und nicht subjektive Folgerungen daraus ziehen, die schmerzen. Ich möchte die Herren, die jetzt so kräftig an den Glauben für die deutsche Zukunft und an den Willen zu ihrem Aufbau appellieren, bitten, das doch selbst recht in die Tat umzusetzen (wieder⸗ holte lebhafte Zustimmung im Zentrum und links), in die Tat umzu⸗ setzen in ihrer ganzen öffentlichen Tätigkeit! (Zurufe von der Deutsch⸗ nationalen Volkspartei.) Wir werden dann weiterkommen als durch diese Art von Kritik, wie sie hier an der Rede des Herrn Außen⸗ ministers geübt worden ist. (Zurufe rechts: Sollen wir etwa ein⸗ verstanden sein?) Nein, das verlange ich nicht!

Die Rede des Herrn Außenministers hat in dem Herrn Vor⸗ redner Gefühle der Trauer und Empörung ausgelöst. „Trauer“ das kann man noch hinnehmen. Aber „Empörung“ ist ein starkes Wort. Soweit die Verhandlungen in Spaa zu dieser Aeußerung Anlaß ge⸗

geben haben, werde ich im folgenden Verlauf meiner Ausführungen