1920 / 173 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 05 Aug 1920 18:00:01 GMT) scan diff

Breslau und dem Deutschen Metallarbeiterverband, Ver⸗ waltungsstelle Breslau, im Anschluß an den allgemein ver⸗ bindlichen Tarifvertrag vom 30. Juni 1919 nebst Nach⸗ trägen abgeschlossenen Tarifvertrag vom 25. April 1920 zur Regelung der Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen der gewerblichen Arbeiter in der Weiß⸗ und Feinblechindustrie wird für diesen Berufskreis gemäß § 2 der Verordnung vom 23. Dezember 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1456) für den Stadtbezirk Breslau für allgemein verbindlich erklärt. Die allgemeine Verbindlichkeit beginnt mit dem 1. April 1920. Mit dem gleichen Zeitpunkt tritt die allgemeine Verbindlichkeit des Tarifvertrags vom 30. Juni 1919 und der Nachträge außer Kraft.

Der Reichsarbeitsminister.

J. A.: Hausmann.

8 I1“ Das Tarifregister und die Registerakten können im Reichsarbeits⸗ ministerium, Berlin NW. 6, Luisenstraße 33/34, Zimmer 161, während der regelmäßigen Dienststunden eingesehen werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für die der Tarifvertrag infolge der Erklärung des Reichsarbeitsministeriums verbindlich ist, können von den Vertragsparkeien einen Abdruck des Tarifvertrags gegen Er⸗ stattung der Kosten verlangen. v“ 1 8 Berlin, den 22. Juli 1920. T Der Registerführer. Panse.

——ö—

Bekanntmachung.

Unter dem 23. Juli 1920 ist auf Blatt 1336 des Tarif⸗ registers eingetragen worden:

Der zwischen dem Arbeitgeberverband für Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau in der Rheinpfalz, dem Deutschen Landarbeiterverband, Gau 12, und dem Zentralverband der Forst⸗, Land⸗ und Weinbergsarbeiter Deutschlands, Bezirk Rheinpfalz, am 26. Februar 1920 abgeschlossene Lohntarif⸗ vertrag wird zur Regelung der Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen im Weinbau gemäß § 2 der Verordnung vom 23. Dezember 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1456) für das Gebiet der Bezirks⸗ ämter Neustadt a. d. H., Landau, Bergzabern, Dürkheim und Frankenthal für allgemein verbindlich erklärt. Die allgemeine Verbindlichkeit beginnt mit dem 15. Mai 1920.

Derr Reichsarbeitsminister.

Das Tarifregister und die Registerakten können im Reichs⸗ arbeitsministerium, Berlin NW. 6, Luisenstraße 33/34, Zimmer 161, während der öö Dienststunden eingesehen werden.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für die der Tarifvertrag infolge

ePr;. 4 e; 7 Aa 42474 6 4 4 4 4 der Erklärung des Reichsarbeitsministeriums verbindlich ist, können von den Vertragsparteien einen Abdruck des Tarifvertrags gegen Erstattung der Kosten verlangen. Berlin, den 23. Juli 1920. 8 Der Registerführer. Panse.

8

Fekaniiung.

Unter dem 23. Juli 1920 ist auf Blatt 1333 registers eingetragen worden:

Der zwischen dem Deutschen Kürschner⸗Verband, Filiale Leipzig, Sektion der Schweifbranche, und den Arbeitgebern der Schweifbranche in Leipzig am 1. April 1920 abgeschlossene Tarif⸗ und Arbeitsvertrag zur Regelung der Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen der gewerblichen Arbeiter in der Schweif⸗ branche wird für diesen Berufskreis gemäß § 2 der Verordnung vom 23. Dezember 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1456) für das Gebiet der Stadt Leipzig und der eingemeindeten Vororte für allgemein verbindlich erklärt. Die allgemeine Verbindlichkeit beginnt mit dem 1. Juni 1920.

8 Der Reichsarbeitsminister.

Das Larifregister und die Registerakten können im Reichs⸗

arbeitsministerium, Berlin NW. 6, Luisenstraße 33/34, Zimmer 161, während der regelmäßigen Dienststunden eingesehen werden.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für die der Tarifvertrag infolge der Erklärung des Reichsarbeitsministeriums verhindlich ist, können von den Vertragsparteien einen Abhdruck des Tarisvertrags gegen Erstattung der Kosten verlangen.

Berlin, den 23. Juli 1920. 6“

Der Registerführer.

Tarif⸗

Bekannltmäachung. 8

Unter dem 23. Juli 1920 ist auf Blatt 1335 des Tarif⸗ registers eingetragen worden: Der zwischen dem Verein Leipziger Buchbindereibesitzer in Leipzig und dem Deutschen Werkmeister⸗Verband, Bezirksverein Leipzig 5, am 27. Januar 1920 abgeschlossene Tarifvertrag zur Regelung der Anstellungsbedingungen der Obermeister, Werkmeister, Untermeister und Kalkulatoren im Buchbinder⸗ gewerbe wird für diesen Berufskreis gemäß § 2 der Ver⸗ vordnung vom 23. Dezember 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1456) für das Gebiet der Stadt und Amtshauptmannschaft Leipzig fͤr allgemein verbindlich erklärt. Die allgemeine Verbindlichkeit beginnt mit dem 1. Juli 1920. I11“ Der Reichsarbeitsminister. J. A.: Dr. Sitzler.

3 Das Tarifregister und die Registerakten können in arbeitsministerium, Berlin NW. 6, Luisenstraße 33/34, Zin während der regelmäßigen Dienststunden eingesehen werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für die der Tarifvertrag infolge der Erklärung des Reichsarbeitsministeriums verbindlich ist, können von den Vertragsparteien einen Abdruck des Tarifvertrags gegen Erstattung der Kosten verlangen. 1 Beerlin, den 23. Juli 1920. Der Registerführer. Panse.

1 Reichs⸗

imer 161,

Bekanntmachung.

Unter dem 23. Juli 1920 ist auf Blatt 1334 des Tarif⸗ registers eingetragen worden:

Der zwischen dem Zentralverhand der Bäcker, Konditoren und verw. Berufsgenossen Deutschlands, Zahlstelle Chemnitz, und der Bäcker⸗Zwangs⸗Innung in Aue i. Erzgebirge abge⸗ schlossene, am 25. April 1920 in Kraft getretene Tarif⸗ vertrag zur Negelung der Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen für das Bäckergewerbe wird mit Ausnahme der Bestimmungen unter Nr. 5 des Vertrags (Lehrlingsfrage) und Nr. 8 (vor⸗ zugsweise Beschäftigung von Verbandsgesellen) gemäß § 2 der Verordnung vom 23. Dezember 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1456) für das Gebiet der Amtshauptmannschaft Schwarzenberg für

8 1 5

dem 15. 8

allgemein verbindlich erklärt. Die allgemeine Verbindlichkeit

beginnt mit dem 1. Juni 1920. Der Reichsarbeitsminister.

„Das Tarifregister und die Registerakten können im Reichsarbeits⸗ ministerium, Berlin NW. 6, Luisenstraße 33/34. Zimmer 161, während der regelmäßigen Dienststunden eingesehen werden.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für die der Tarifvertrag infolge der Erklärung des Reichsarbeitsministeriums verbindlich ist, können von den Vertragsparteien einen Abdruck des rifvertrags gegen Erstattung der Kosten verlangen. 1 v““

Berlin, den 23. Juli 1920.

Der Registerführer. Panse

9

1“ Bekanntmachung.

Unter dem 23. Juli 1920 ist auf Blatt 1331. registers eingetragen worden:

Der zwischen den Arbeitgebergruppen des Verbandes christlicher Landwirte der Kreise Neisse, Grottkau, Falkenberg O. S. und Neustadt O. S. in Neisse, dem Schlesischen Verband der Landarbeiter und Landarbeiterinnen und der in sonstigen landwirtschaftlichen Betrieben Beschäftigten, dem Zentralverband der Forst⸗, Land⸗ und Weinbergsarbeiter Deutschlands (Unter⸗ gruppen Neisse, Grottkau, Falkenberg O. S. und Nenstadt O. S.) und dem Deutschen Landarbeiterverband am 27. März 1920 abgeschlossene Tarifvertrag zur Regelung der Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen der Landarbeiter wird gemäß § 2 der Verordnung vom 23. Dezember 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1456) für das Gebiet der Kreise Neisse, Grottkau, Falkenberg O. S und Neustadt O. S., soweit letzterer nicht besetzt ist, für all⸗ gemein verbindlich erklärt. Die allgemeine Verbindlichkeit be⸗ ginnt mit dem 15. Juni 1920.

Der Neichsarbeitsminister J. A.: Dr. Sitz ler.

Das Tarifregister und die Registerakten können im Reichsarbeits⸗ ministerium, Berlin NW. 6, Auisenstraße 33/34, Zimmer 161, während der regelmäßigen Dienststunden eingesehen werden.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für die der Tarifvertrag infolge der Erklärung des Reichsarbeitsministeriums verbindlich ist, können von den Vertragsparteien einen Abdruck des Tarifvertrags gegen Er⸗ stattung der Kosten verlangen.

Berlin, den 23. Juli 1920. 88

Der Registerführer. Panse.

5 ——

Bekanntmachung.

Unter dem 23. Juli 1920 ist auf Blatt 1332 des Tarif⸗ registers eingetragen worden:

Der zwischen dem Verband der Putzgeschäfte von Essen und Umgegend in Essen, dem Verband der Schneider und Schneiderinnen Deutschlands und dem Verband Ghristlicher Schneider, Schneiderinnen und verw. Berufe Deutschlands am 19. April 1920 abgeschlossene Lohntarifvertrag für Putz⸗ macherinnen in der Putzbranche wird für diesen Berufskreis gemäß § 2 der Verordnung vom 23. Dezember 1918 (Reichs⸗ Gesetzbl. S. 1456) für das Gebiet des Stadtbezirks Essen⸗Ruhr sür allgemein verbindlich erklärt. Die allgemeine Verbindlich⸗ keit beginnt mit dem 1. Inni 1920.

Der Reichsarbeitsminister J. A.: Dr. Sitz ler.

Das Tarifregister und die Registerakten können im Reichsarbeits⸗ ministerium, Berlin NW. 6, Luisenstraße 33/34, Zimmer 161, während der regelmäßigen Dienststunden eingesehen werden.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für die der Tarifvertrag infolge der Erklärung des Reichsarbeitsministeriums verbindlich ist, können von den Vertragsparteien einen Abdruck des Tarifvertrags gegen Erstattung der Kosten verlangen. 18.

Berlin, de CII9.

Der Registerführer.

Panse.

Unter dem 23. Juli 1920 ist auf Blatt 1337 des Tarif⸗ registers eingetragen worden: Der zwischen dem Deutschen Metallarbeiterverband, Ver⸗ waltung Velbert, Rhld., dem Christlichen Metallarbeiterverband,

Verwaltung Belbert, dem Gewerkverein deutscher Metall⸗ arbeiter (H.⸗D.), Ortsgruppe Velbert, und dem Arbeitgeber⸗ verband Velbert und Umgegend am 9. April 1920 abge⸗ schlossene Tarifvertrag wird zur Regelung der Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen in der Eisen⸗ und Metallindustrie gemäß § 2 der Verordnung vom 23. Dezember 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1456) für das Gebiet der Orte Velbert, Heiligenhaus und Tönisheide für allgemein verbindlich erklärt. Die allgemeine Verbindlichkeit beginnt mit dem 15. Juni 1920. Der Reichsarbeitsminister. S2. A.: Dr. Sitzler.

Das Tarifregister und die Registerakten können im Reichs⸗ arbeitsministerium, Berlin NW. 6, Luisenstraße 33/34, Zimmer 161, während der regelmäßigen Dienststunden eingesehen werden.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für die der Tarisvertrag infolge der Erklärung des Reichsarbeitsministeriums verbindlich ist, können von den Vertragsparteien einen Abdruck des Tarifvertrags gegen Er⸗ stattung der Kosten verlangen. 8

Berlin, den 23. Juli 1920. 8

Der Registerführer. Panse. 8

Bekanntmachung.

Unter dem 23. Juli 1920 ist auf Blatt 1330 lfd. Nr. 2 des Tarifregisters eingetragen worden:

Der zwischen dem Verband zur Wahrung der sozialwirt⸗ schaftlichen Interessen der Putzbranche in Berlin und dem Deutschen Transportarbeiterverband, Bezir? Groß Berlin, am 20. Mai 1920 abgeschlossene Tarifvertrag zur Regelung der Lohn⸗ und Arheitsbedingungen der Handelshilfsarbeiter der Putzbranche wird für diesen Berufskreis gemnch 8 2 der Ver⸗ ordnung vom 23. Dezember 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1456) für das Gebiet des Zweckverbandes Groß Berlin für allgemein verbindlich erklärt. Die allgemeine Verbindlichkeit beginnt mit

Juni 1920.

Der Reichsarbeitsminister. 8 Das Tarifregister und die Registerakten können im Necichsarbeits⸗

ministerium, Berlin NW. 6, Luisenstraße 33/34, Zimmer 161, während der regelmäßigen Dienststunden eingesehen werden.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für die der Tarifvertrag infolge der Erklärung des Reichsarbeitsministeriums verbindlich ist, können

von den Vertragsparteien einen Abdruck des Tarifvertrags gegen

Erstattung der Kosten verlangen. Berlin, den 23. Juli 1920. 1““ Der Registerführer.

Panse.

Bekanntmachung. 8

Unter dem 23. Juli 1920 ist auf Blatt 1338 des Tarif⸗ registers eingetragen worden:

Der zwischen dem Arbeitgeberverband der Linonform⸗ fabrikanten E. V. und dem deutschen Hutarbeiterverband am 4. Dezember 1919 abgeschlossene Reichstarifvertrag wird zur Regelung der Lohn⸗ und Arbeitbedingungen in den Be⸗ trieben der reinen Linonformfabrikation gemäß § 2 der Ver⸗ ordnung vom 23. Dezember 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1456) für das Gebiet des deutschen Reichs für allgemein verbindlich erklärt. Die allgemeine Verbindlichkeit beginnt mit dem 15. Mai 1920.

Der Reichsarbeitsminister. J. A.: Dr. Sitzler.

Das Tarifregister und die Registerakten können im Reichs⸗ 8 9—

arbeitsministerium, Berlin NW. 6, Luisenstraße 33/34, Zimmer 161, während der regelmähigen Dienststunden eingesehen werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für die der Tarifvertrag infolge der Erklärung des Reichsarbeitsministeriums verbindlich ist, können von den Vertragsparteien einen Abdruck des Tarifvertrags gegen Er⸗ stattung der Kosten verlangen. Berlin, den 23. Juli 1920. 8 n. Der Registerführer. Panse.

(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)

Deutscher Reichstag. 17. Sitzung vom 3. August. Nachtrag.

gestrigen Sitzung des Reichstags hatte folgenden Wortlaut:

Reichsminister des Innern Koch: Meine Damen und Herren! Ich bedauere, daß diese beiden wichtigen Gegenstände, die heute noch in letzter Stunde bei der dritten Lesung zur Erörterung gestellt werden, uns nicht früher beschäftigt haben. Sie hätten es natürlich verdient, hier eingehender erörtert zu werden, als ich es heute noch vor diesem geleerten Hause (Heiterkeit) zu tun wage.

Was zunächst die Frage der Ostjuden angeht, so bin ich der An⸗ sicht, daß dies doch eine Frage ist, die nicht vom Standpunkt der Parteipolitik, (sehr richtig! bei den Regierungsparteien) noch viel weniger etwa vom Standpunkt des Philosemitismus oder Antisemitis⸗ mus erörtert werden kann. Die Sache liegt vielmehr so, daß wir in einer Zeit, wo es uns in Deutschland an Nahrung, Arbeit und Woh⸗ nung fehlt, wo die Gefahr der Einschleppung von Seuchen größer ist, als sie je gewesen ist, alle Veranlassung haben, unsere Grenzen nicht unbesehen jedem zu öffnen, (Zustimmung bei den Regierungsparteien und den Deutschnationalen) sondern nur solche Einwanderer aufzu⸗ nehmen, denen eine Existenz in Deutschland gesichert ist. Diesen Standpunkt hat die preußische Regierung, die ja für diese Frage zu⸗ ständig ist, auch von vornherein eingenommen, und sie hat ihre Grenzen zurzeit im allgemeinen für mittellose, existenzlose Personen geschlossen gehalten. Man kann hier gewiß einwenden, daß Deutschen, wenn diese Praxis um sich greift, im Auslande in gleicher Weise begegnet werden könnte; aber bei den Ländern, um die es sich handelt, wird be⸗ reits heute den Deutschen in gleicher Weise begegnet, so daß aus diesem Grunde eine besondere Ausnahme zu machen keine Veranlassung vor⸗ liegt. Es liegt also so, daß an sich niemand die deutsche Grenze über⸗ schreiten darf, der nicht im Besitz eines Passes ist.

Wenn diese Frage also überhaupt zu Erörterungen führt, so liegt das daran, daß es immer wieder vielen Personen gelingt, ohne Pässe im Wege der Bestechung oder mit gefälschten Pässen über die Grenze zu gelangen. Das wird besser werden, wenn die komplizierten Souveränitätsverhältnisse, die sich im Osten, in Oberschlesien, in Masuren und an anderen Stellen aus den Bestimmungen des Friedens⸗ vertrages über die Abstimmungen ergeben haben, sich vereinfacht haben werden und eine gute Grenzpolizei wieder durchgeführt werden kann. Bis dahin liegt es aber so, daß Personen, einerlei welcher Herkunft und welcher Rasse, die ohne Paß über die Grenze kommen, nach all⸗ gemeinen Grundsätzen nicht in Deutschland geduldet werden können, und daß eine Ausnahmebehandlung für irgend jemand, einerlei, welcher Rasse er ist, zu großen Bedenken Veranlassung gibt.

Es ist dabei auch zu bedenken, daß bei den beschränkten Nah⸗ rungsmitteln und Wohnraum, den wir zurzeit in Deutschland haben, jeder Einwanderer im Osten die Auswanderung eines gelernten Arbeiters im Westen bedeutet, und daß infolgedessen die Zusammen⸗ setzung unscrer Bevölkerung sich verschlechtert, wenn nicht dafür ge⸗ sorgt wird, daß die mangelnde Arbeitsgelegenheit und die geringe Gelegenheit zur Ernährung und zur Wohnung, die in Deutschland vorhanden ist, denen zugute kommt, die wir bereits heute in Deutsch⸗ land haben, und die für uns als Bestandteile unserer deutschen Be⸗ völkerung wichtig sind. Gerade die Auswanderung unserer gelernien Arbeiter im Westen hat einen erschreckenden Umfang angenommen. Man kann deshalb nicht jeden, der unerlaubt über die Grenze ge⸗ kommen ist, innerhalb der deutschen Grenze behalten, und die Be⸗ strebungen, die die deutsche Regierung heute verfolgt, und die dahin gehen, solche Personen, wenn sie keinen ordnungsmäßigen Beruf in Deutschland finden, zu internieren oder über die Grenze zurück⸗ zuschieben, können keineswegs verurteilt werden.

Ich bin also der Meinung, es muß an dem Prinzip festgehalten werden, daß nur derjenige Unterkunft in Deutschland findet, der auf geordnetem Wege mit einem Paß nach Deutschland herein⸗ gekommen ist, und daß alle anderen es sich selbst zuzuschreiben haben, wenn ihnen infolge des unerlaubten Weges, auf dem sie Deutsch⸗ land betreten haben, nachher in Deutschland Schwierigkeiten gemacht werden. Wenn also hier eine Resolution eingebracht ist, die diese Grundsätze festlegt, so vermag die Reichsregierung dieser Resolution nicht zu widersprechen, und sie befindet sich da auch in Ueber

Die Rede des Reichsministers des Innern in der vor⸗

8

einstimmung mit dem Standpunkt, den die preußische Regierung auf Grund von längeren Verhandlungen, die die Reichsregierung mit der preußischen Regierung geführt hat, angenommen hat.

Ich wende mich nun zu der Frage der Abteilung III meines Ministeriums. Der Herr Abgeordnete Runkel hat einen Antrag in Aussicht gestellt, wonach diese Abteilung in ein Reichsschulamt umgewandelt werden soll. Meine Damen und Herren, nach dem bei uns üblichen Sprachgebrauch innerhalb der Behörden würde das einen Rückschritt bedeuten; denn unter einem Reichsschulamt verstehen wir eine dem Ministerium nachgeordnete Behörde, wie das zum Beispiel das Neichsgesundheitsamt ist. Es ist aber alles Gewicht darauf zu legen, daß diese wichtigen Angelegenheiten un⸗ mittelbar in einem Ministerium behandelt werden. Es könnte sich also nur darum handeln, diese Angelegenheiten etwa einem beson⸗ deren Ministerium zu übertragen. Mir scheint aber, daß für eine solche Loslösung der Kulturfragen vom Reichsministerium des Innern wenigstens zurzeit noch keine Veranlassung gegeben ist.

Zuzugeben ist dagegen dem Herrn Vorredner, daß diese Abteilung bisher nach der Zahl ihrer Kräfte unzureichend besetzt gewesen ist. Ich habe bereits bei der vorigen Etatsberatung darauf hingewiesen, daß die geringe Besetzung dieser Stellen eine Verzögerung dieser Aufgaben trotz des großen Eifers, mit dem dort gearbeitet wird, mit sich bringen kann. Im ganzen waren nur drei etatsmäßige Stellen für die ge⸗ samte Bearbeitung des Schulwesens zur Verfügung, und damit er⸗ ledigt sich naturgemäß von selbst die Einwendung des Herrn Ver⸗ redners, daß nicht alle Kreise der Sachverständigen in diesen drei Stellen enthalten sein konnten, denn wir brauchen ja mindestens einen Juristen, und wir brauchten außerdem noch Vertreter des Elementar⸗ schulwesens und des Fortbildungsschulwesens, weil auf diesen Gebieten die Aufgaben, die zu lösen waren, ganz besonders dringlicher Natur waren.

Wir haben aber neben diesen etatsmäßigen S ellen im Wege der Einberusung in der Abteilung für das Schulwesen auch Herren be⸗ schäftigt, die dem höheren Schulwesen nahestehen oder ihm angehören, darunter den bekanzten Geheimrat Kruß, der jetzt als Ministerial⸗ direktor nach Preußen zurückgeht und bekanntlich aus der Oberlehrer⸗ laufbahn hervorgegangen ist; aber auch andere, darunter den Direktor eines Gymnasiums, aus Württemberg.

¹EFCoe ist also auch da versucht worden, ohne jede Einseitigkeit vor⸗

gugehen, worauf ich bei der Zusammensetzung meines Ministeriums von vonaherein größtes Gewicht gelegt habe. Ich glaube also, der Herr Kollege Runkel kann versichert sein, daß jetzt, wo ja eine Reihe von Stellen für das Ministerium neu beantragt und bewilligt worden sind, eine ausreichende Zusammensetzung dieser Abteilung wird erzielt werden können. 8

.Was die Frage angeht, ob die Arbeiten in dieser Abteilung ord⸗

nungsmäßig vorangehen, so kann ich diese Frage durchaus und mit voller Ueberzeugung bejahen. Ich bitte zu bedenken, daß die Abteilung erst im vorigen September gebildet ist, daß da erst zu arbeiten ange⸗ fangen worden ist und daß innerhalb dieser Zeit durch die ganz beson⸗ deren Verhälbaisse, die wir hinter uns haben, Abhaltungen sonder Zahl eingetreten sind. Trotzdem ist es gelungen, das Greundschulgesetz zur Verabschiedung zu bringen. Ein Forktbildungsschulgesetz ist gleichfalls dem Abschluß nahe. Ein Iergendwohlfahrtsgesetz ist dem Reichsrat bereits vorgelegt. Dringlich ist das Gesetz über die Lehrerbildung, das gleicksalls dem Abschluß nahesteht, und endlich das Gesetz über die Ernfessionelle Gliederung des Schulwesens, das auf Grund der Reichs⸗ verfossung ausgeführt werden muß. Ich würde es bedauern, wenn man erwarkete, daß⸗ bevor diese Gesetze vorgelegt werden, etwa noch eine allgeméine Denkschrift hier vorgelegt und zur Debatte gestellt würde. Ich glaube, das würde eine Verzögerung mit sich bringe;, die nament⸗ lich begüglich der Vorlage über das konfessionelle Schulwesen, die über⸗ aus dringlich ist, nicht ertragen werden kann. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.) Im Üübrigen sind wir aber gern bereit, auch eine solche Denkschrit vorzulegen, sobald die Arbeiten so weit gefördert sind, daß das möglich ist.

Daß die Reichsschulkonferenz, deren Einberufung Löngst vor meinem Amtsantritt zugesagt war, ein Fehlschlag gewesen sei, kann ich nicht anerkemnen. Meine Herren, daß eine solche Konforenz von 500 Mitgliedern keine praktischen Ergebnisse bringen wird, davon konnten wir alle von vornherein überzeugt sein, und das habe ich zu Beginn dieser Konferenz gesagt. Ich habe aber das eine am Schluß der Konferenz mit Recht betonen können, daß sie eine Aanäherung der Geister mit sich gebracht hat, viel mehr, als man vorher erwartet hatte. Wir Deutsche leiden viel zu häufig darunter, daß wir, solange wir uns nicht gegenseitig kennen, uns gegenseitig für Popanze halten, die auf irgenderae Parteirichtung eingeschworen seien und kalt und verständnis⸗ los für alles andere wären. Zu dieser Annäherung auf dem Gebiete des Schulwesens, die auf diesem Gebiete gang besonders wichtig ist, hat die Schulkonferenz außerordentlich viel beigebragen, wie mir aus zahlreichen Zuschriften, die an mich ergangen sind, bestätigt worden ist. Wenn das anerkannt wird, bin ich mit dem Ergebnis dieser Konferenz durchaus einverstandena.

Die Anregung, diese Konferenz zu einem Reichskulturrat auszu⸗ bauen, habe ich selbst am Schluß der Konferenz gegeben, und ich ver⸗ mag auch heute nicht, ihr zu widers prechen. Ich kann aber naturgemäß nicht übersehen, wenn unsere allgemeinen Verhältnisse in Deutschland sich so geklärt und beruhigt haben werden, daß es Zeit ist, in groß⸗ zügiger Weise an die Lösung dieser Kulturaufgaben in einem Reichs⸗ kulturetat heranzugehen. An sich scheint es mir eines Kulturvolks allerdings durchaus würdig zu sein, nicht nur einen Reichswirtschaftsrat, sondern daneben auch einen Reichskulturrat zu haben. (Sehr gut! bei der Deutschen Volkspartei.) Ich bin überzeugt, daß wir uns an nächsten kommen, wenn wir in kulturellen Aufgaben gemeinschaftlich arbeiten. (Lebhafter Beifall.)

8

““ 8 1 0 1 b 18 8 18. Sitzung vom 4. August, Nachmittags 1 Uhr,

(Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deu ischer Zeitungsverleger.)“) Die dritte Beratung des Notetats wird beim Haus⸗ halt des Reichwirtschaftsministeriums fort⸗ gesetzt. Es liegt hierzu eine von den Deutschnationalen bean⸗ tragte Entschließung vor, bei Preisermäßigungen für die minderbemittelte Bevölkerung (Lebensmittel, Kleidung, Schuh⸗ werk usw.) stets notleidende Rentner und Pensionäre beiderlei

*) Mit Ausnahme der Reden der Herren Minister, die im Wort

laut wiedergegeben werden.

8 8 2* Geschlechts gleichmäßig mit anderen Kreisen zu berücksichtigen

““ 8 und eventuell notwendig werdende staatliche Beihilfen zu gewähren.

Abg. Dr. Oberfohren (D. Nat.): Es handelt sich bei dieser Entschließung um einen Personenkreis, der heute zu den ärmsten der Armen zu rechnen ist, das sind namentlich die kleinen Rentner und Rentnerinnen. Diese Personen leben seit Mitte des Krieges von ihrem geringen Kapital, dem Grundstock ihrer Existenz. Ihre Not schreit setsäclich zum Himmel. Da muß großzügig geholfen werden. (Beifall.) 8 Abg. Frau Zietz (U. Soz.): Wenn es sich hier tatsächlich um eine Hilfe für die ärmsten der Armen handelt, so stimmen wir der Entschließung selbstverständlich zu.

Die Entschließung nommen. (Beifall rechts.)

Beim Haushalt des riums erklärt

Reichsarbeitsminister Dr. Brauns: Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine kurze Erklärung, die ich sowohl meinem Herrn Amtsvorgänger wie auch den Beamnten meines Ministeriums schuldig bin, im Anschluß an eine Debatte, die vor⸗ gestern hier im hohen Hause vorgekommen ist. In dieser Sitzung hat nämlich Herr Abg. Morath darauf hingewiesen, daß mein Herr Amtsvorgänger für neuernannte Beamte im Bereich des Reichs⸗ arbeitsministeriums zur Besserung ihrer Vorbildung sogar Unter⸗ richtsstunden in der deutschen Sprache und im Kopfrechnen habe ein⸗ richten müssen. Ich nehme als selbstverständlich an, daß dabei nicht an Beamte des Reichsarbeitsministeriums selbst gedacht worden ist, sondern an die Beamten bei den Versorgungsbehörden, die mit dem 1. Oktober v. J. in den Bereich meines Ministeriums getreten sind.

Dazu möchte ich bemerken, daß die Besetzung der Beamtenstellen bei den Versorgungsbehörden von dem früheren Herrn Reichsarbeits⸗ minister genau nach Maßgabe der von dem Kabinett und der Nationalversammlung aufgestellten Grundsätze erfolgt ist. Soweit in die Beamtenstellen Persönlichkeiten aufgenommen worden sind, die bislang noch nicht Beamte waren, hat es sich um Militäranwärter und um Kriegsbeschädigte gehandelt. (Hört, hört! bei den Sozial⸗ demokraten.) Diese hatten schon seit längerer Zeit und zwar meist aus der Zeit vor der Revolution bei den Versorgungsbehörden ge⸗ arbeitet und sich die nötigen Fachkenntnisse erworben. Es erwies sich hierbei als wünschenswert, in einzelnen Fällen ihre Allgemein⸗ bildung noch zu vertiefen. Auf Anregung der Versorgungsbehörden wurde daher in Aussicht genommen, für solche Kriegsbeschädigte besondere Fortbildungsmöglichkeiten zu schaffen. Lediglich für diese Kriegsbeschädigten ist also vom Herrn Minister Schlicke und ich teile durchaus seine Ansicht die Notwendigkeit einer solchen Fort⸗ bildung betont worden, gerade um den Aufstieg der Tüchtigen zu ermöglichen.

Wenn nun gesagt worden ist, daß diese Beamten sogar Unter⸗ richtsstunden in der deutschen Sprache und im Kopfrechnen echalten sollen, so kann sich dies nur darauf beziehen, daß in einem ausdrück⸗ lich als unverbindlichen Referentenentwurf bezeichneten Lehrplan die Lösung schriftlicher Aufgaben auf dem Gebiete des Versorgungs⸗ wesens und die Anstellung von Berechnungen auf Grund der Ver⸗ sorgungsgesetze vorgesehen ist. Das ist übrigens in dem betreffenden Entwurf auch ausdrücklich hinzugefügt. (Hört, hört! bei den Sozial⸗ demokraten.)

Nach diesen Aufklärungen dürften die gegen meinen Herrn Amtsvorgänger erhobenen Vorwürfe nach jeder Richtung als wider⸗ legt gelten. Ich möchte im Gegenteil annehmen, daß es den Wünschen aller politischen Parteien entspricht, wenn geeignete Kriegsbeschädigte gerade bei den Behörden dauernde Aufnahme finden, die für die Kriegsbeschädigten zu arbeiten berufen sind. (Lebhafter Beifall und Zurufe bei den Sozialdemokraten.)

Beim Haushalt des Reichswehrministeriums führt

Abg. Frau Zietz (U. Soz.) aus: Den Kriegsbeschädigten, die auch jetzt noch ganz erbärmlich gestellt sind, und die von dem Taschen⸗ geld, das sie bekommen, nicht leben können, muß mehr Hilfe zuteil werden als bisher.

Präsident Löbe: Die Fürsorge für Kriegsbeschädigte ist jetzt auf das Arbeitsministerium übergegangen. Ich habe Sie aber trotzdem nicht unterbrochen.

Ab⸗

Abg. Fries (U. Soz.): Schon bei der Besprechung über Ab schaffung der Militärgerichtsbarkeit und der allgemeinen Militärpflicht ist auf die Schäden der militaristischen Erziehung hingewiesen worden. Dieser Kadavergehorsam, der während des Krieges den Soldaton den letzten Rest von Denkfähigkeit aus dem Gehirn herausriß, muß endlich aufhören. In der Reichswehr herrscht leider derselbe Geist. Wir bekämpfen deshalb diese Einrichtung der Reichswehr aufs allerschärfste. Wir müssen immer wieder auf die Schandtaten hinweisen, die am deutschen Volke getrieben worden sind,. Die Seelsorge beim Militär hat dazu beigetragen, daß Hunderttausende während des Krieges die Nase vollgekriegt haben von dem offiziellen Christentum; was dort eeleistet worden ist an Erziehung zur Unterwürfigkeit, zum Durch⸗ usw., hat viele Leute, wenn sie ehrlich sein wollten, vom offi⸗ iellen Christentum abstoßen Die deutschen Seldaten wurden straft, wenn sie einem halbvevhungerten Kriegsgefangenen ein Stück Brot gaben. (Widerspruch rechts.) Wenn Sie daran zweifeln, so kann ich Namen nennen. Es ist nicht dagegen protestiert worden, als deutsche Soldaten abkommandiert wunden, um bei den Ostiuden die für den Gottesdienst bestimmte Gegenstände, Sabbathleuchter usw. zu beschlagnahmen. Ich hatte gerade gewünscht, daß Sie (nach rechts) die Duldsamkeit, die Sie für ssic in Amspruch nehmen, auch den Anders⸗ gläubigen zuteil werden lassen. Schon vor dem Kriege wurden unsere Soldalen einfach kommandiert zum Kirchgang. Die Kosten für die Secelsorge könnten erspart werden, da wir ja jetzt an allen Ecken und Enden sparen müssen und so viel hunderttausende Kriegsteilnehmer heute noch in größtem Elend leben und verkommen müssen. Sie (nach rechts) haben nicht die Berechtigung, im Interesse der Arbeiterschaft zu sprechen. Wenn Sie über die plündernde Arbeiterschaft sprechen, so frage ich, wer hat denn den Massen während des Krieges den Respekt vor dem Gigentum anderer Leute genommen? Sie sind es doch gewesen, die dafür noch Orden und Ehrenzeichen bekommen haben.

Abg. von Gallwitz (D. Nat.): Eine so furchtbare Uebertrei⸗ bung und unglaubliche Verallgemeinerung, wie sie der Vorredner be⸗ liebte, muß ich entschieden zurückweisen. Daß bei den Hunderttausenden von Führern auch Mißbräuche vorgekommen sind, bestreitet niemand. Es wäre aber auch grundverkehrt, diese Fälle als Typus der alten Armee hinzustellen, Viele der alten Soldaten denken noch mit Stolz an ihre Militärzeit zurück. Der Vorredner hat in absprechender Weise über unsere Militärseelsorge gesprochen. Ich muß die Seelsorger gegen die Vorwürfe in Schutz nehmen. Ich habe Hunderte von ihnen kennen gelernt und dem Gottesdienst beider Konfessionen beigewohnt, und kann ihnen nur mein Lob aussprechen. Was die Beschlagnahme der Sabbathleuchter betrifft, so haben ja auch die Kirchenglocken in Deutschland denselben Weg gehen müssen. Die Armee hat der Tätigkeit der Militärgeistlichen im Kriege ungemein viel zu ver⸗

wird einstimmig ange⸗

Reichsarbeitsministe⸗

V gesinnten sollten

Abg. Dr. Schreiber (entr.): In dem Gedanken de Humanität sellten wir uns alle zuüsammenfinden. Der Gedanke der Humanität ist in Tausenden vdeon Dekumenten ausgesprochen, die wir aus dem Feldzuge im „Bergischen Verlag“ veröffentlicht haben, und die die pfychologischen Erlebnisse der Soldaten wiedergeben. Danach ist die Religion ein Kulturelement, das sich selbst im Kriege in der

eele von 1 ö geäußert hat. (Andauernde Zwischenrufe bei den Ugashang gen Sozialdemokraten.) Sie mögen Ihre An⸗ schauungen haben, aber Sie kommen an der Tatsache nicht vorbei, daß Hunderttausende sich in anderem Sinne geäußert haben. (Fort⸗ Pleßzte Zwischenrufe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Die Seelsorge ist in die sozialen Gedanken unserer Zeit hineingewachsen. Unsere Seelsorge fördert die Volksbildung. (Zwischenrufe bei den

nabhängigen Sozialdemokraten.) Kommen Sie nur bei uns in West⸗ falen in unsere Sonntage hinein, da können Sie an der Quelle schöpfen. Wir haben Büchereien eingerichtet und treiben Volks⸗ pflege in großem Stil an den Soldaten. Wir besitzen das Ver⸗ trauen unserer Kreise. Die Volkpflege ist auch ein Stück Bevölke⸗ rungspolitik, abgestimmt auf den Grundgedanken, den Soldaten etwas 1. bieten, besonders auch in der Familienpflege. Was haben Sie (zu den Unabhängigen) denn vom Christentum erfahren? Als der Abg. Haase in Schmerzen lag, haben wir ihn mit der wahren Toleranz des Christentums gepflegt, als ob er einer der unsrigen wäre. (Ruf bei den Unabhängigen Sozialdemokraten: Das ist Ihre Pflicht!) Im Zeichen edelster Humanität hat unsere Militärseelsorge gestanden, und wird auch in Zukunft stehen. (Lebhafter Beifall, Unruhe bei den Unoh üntigfn Sozraldemokraten.)

Abg. Korel l (Dem.): Ich habe selbst in der Militärseelsorge gestanden und meine Pflicht getan. Ich will nicht das Wort ge⸗ brauchen, daß man die Perlen nicht vor die Säue wirft. (Sehr gut! rechts.) Aber es hat keinen Zweck vor tauben Ohren zu predigen, die nicht hören wollen. Ich nehme mit Dank Kenntnis von den Er⸗ klärungen der Herren Gallwitz und Schreiber und kann im Namen meiner Kollegen sagen, daß wir unsere Schuldigkeit getan haben, in dem Geschick, das über unser Volk gekommen ist. (eifadl)

Abg. Plettner (U. Soz.): Die Reichswehr ist nur ein In⸗

strument zur Unterstützung des kapitalistischen Staatetz und zur Aus⸗ beutung der Arbeiterklasse (Ruf rechts: Unsinn!) Die Regierung hat in Spaa sogar 200 000 Mann gefordert, nicht um Parade zu machen, sondern um Ruhe und Ordnung zu erhalten, das heißt, die Arbeiterklasse niederzuhalten. (Lebhafte Unruhe und Zwischenrufe rechts.) Die Reichswehr unterhält auch einen großen Apparat zur Bespitzelung der Unabhängigen und der Gewerkschaften in einer Form, die geradezu skandalös ist. Die Mittel dafür kann man vielleicht unter dem Titel: „Hilfeleistung für nicht beamtete Kräfte“ finden. Der Stahlhelm macht vor dem Geßlerhut keine Reverenz. Die Reichswehr ist in Wirklichkeit keine republikanische Truppe. Kein Mitglied des republikanischen Führerbundes soll darin sein (Ruf rechts: Sehr verständig!) Die Reichswehr schickt sogar höhere Offiziere in den Bund, um ihn zu bespitzeln. Dann werden Berichte darüber erstattet, die eine Pogromstimmung gegen die Arbeiterschaft erzeugen. Zu welchem Zwecke werden Geheimbefehle angefertigt, die darauf inauslaufen, die Arbeiterschaft zu bekämpfen. Der Minister muß einmal dahintergreifen. Wir wollen an die Stelle der Reichswehr, der letzten Stütze des Kapitalismus, die Arbeiterwehr zum Schutze der sozialistischen Republik setzen.

Abg. D. Mumm (D. Nat.): Zu einer Zeit, wo wir hier unter

dem schwersten seelischen Drucke stehen, wie wir als ein zerschla⸗ genes Volk uns in die Beseitigung der Wehrpflicht finden müssen, versucht man hier in einer Weise eine innere Wiederaufrichtung des Heeres unmöglich zu machen, versucht man das Mark aus den Knochen des deutschen Volks herauszusaugen, daß man fragen muß, ob wir uns hier überhaupt noch in einem deutschen Reichstage be⸗ finden, oder ob von der Seite, die durch die Beziehungen zwischen dem russischen Herrn Joffe und dem Dr. Kohn gekennzeichnet ist, finan⸗ zielle Mittel aufgeboten werden, um im deutschen Reichstag gegen das wohlverstandene Interesse des deutschen Volkes loszuziehen. Gewiß hat es in dem 5886 Millionenheer vor und im Kriege Mißstände gegeben. Ich selbst habe aufs schärfste während des Krieges den Kampf gegen die Bordelle geführt. Auch ich habe dagegen an⸗ ekämpft, daß die Briefe alter Landwehrmänner von jungen Offizieren ontrolliert wurden. Aber daß diese Mißstände benutzt werden, das Ganze in den Schmutz zu ziehen, ist schlechtweg unerträglich für den, der weiß, wie Jahrhunderte hindurch das deutsche Heer ein Stück deutscher Ehre gewesen ist. (Lachen bei den U. Soz.) Herr Dr. Breitscheid nahm neulich für die Unabhangigen Sozialdemokraten das Urchristentum in Anspruch. Es mag solche Schwärmer geben; aber auf dem Programm der Unabhängigen Sozialdemokraten steht nuz die Feindschaft gegen das auch von mir bekämpfte Staats⸗ Eirchentum.

Die Reichsverfassung legt die Fürsorge auch für die Erhaltung einer Militärgeistlichkeit fest. Abg. Sauerbrey (Ill. Soz.): Der Militarismus ist aus⸗ schließlich an dem finanziellen, wirtschaftlichen und geistigen Zu⸗ sammenbruch schuld, unter dem das deutsche Volk zu eiden hat. Wie kann man Militarismus und Christentum in Einklang bringen wollen? Wie kommt man über das fünfte Gebot hinweg? Herr Dr. Schreiber hält uns vor, die christliche Humanität habe das Ver⸗ halten gegen unseren auf den Tod verwundeten Parteiführer Haase diktiert. Dieses Verhalten war einfach ein selbstverständliches Gebot der Nächstenliebe. Für das Spitzelwesen in der Reichswehr, für eine ausgedehnte, mit großen Geldmitteln arbeitende Spitzel⸗ organisation in der Reichswehr liegen zahlreiche Beweise vor.

Abg. Andre (Hentr.): Die christlich⸗national organisierte Ar⸗ beiterschaft erblickt in der Reichswehr kein Instrument gegen die Arbeiterbevölkerung Deutschlands. Die Reichswehr hat die Aufgabe, Ruhe und Ordnung im Lande zu gewäbhrleisten, und sie hat sich bis jetzt auch bemüht, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Sie hat auch jedenfalls den guten Willen, über den Ständen und Parteien zu

stehen. Wenn aber Parteien nichts weiter zu tun haben, als die

Reichswehr in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, kommt diese schließlich in einen gewissen Gegensatz zu ihnen hinein. Den ruhigen Bürger⸗ und Arbeiterkreisen tut die Reichswehr nicht weh, sondern nur denen, die die Revolution verewigen wollen und sie mehr oder weniger als politisches Geschäft betrachten. Sie (zu den fu. Soz.) treiben ein sehr gefährliches Spiel. Deutschland ist nicht Rußland. Das Experimentieren auf diesem Gebiet muß aufhören. In Zittau braucht man wieder die Reichswehr, und die Reichswehr schützt auch die Arbeiterschaft, soweit sie ihren täglichen Verpflich⸗ tungen nachgehen will. Die russischen Sozialisten waren gescheiter als die deutschen Führer der Unabhängigen; diese konnten nur den Militarismus so gründlich zerstören, daß jetzt ein 60⸗Millionen⸗Volk wie das deutsche wehrlos dasteht, die russischen Sozialisten aber haben ihren Militarismus umgebaut und neu gestaltet. Hätten die Staaten, die am Kriege beteiligt waren, ihre Politik und ihr Wirt⸗ schaftsleben mehr nach den Grundsätzen des praktischen Christentums eingerichtet, dann wäre uns die europäische Katastrophe erspart ge⸗ blieben. Im Kriege hat sich das Christentum als kriegsmildernder Faktor die größten Verdienste erworben. Lernen Sie vom Christen⸗ tum. Das vertritt den Grundgedanken der Liebe; Sie sind die Partei des Hasses! (Lärm bei den U. Soz. Beifall im Zentrum.)

Abg. Adolf Hoffmann (U. Soz.): Wenn wir die Parten des Hasses sind, sind Sie die Partei des Volksbetruges in so großen⸗ Stil, wie gerade dieser Krieg es am deutlichsten gezeigt hat. Nichts ist überflüssiger und verderblicher als das Institut der Militärgeist⸗ lichkeit. Die Eöö haben hier und draußen im Felde ihre Gehälter genommen. (Große Unruhe und Zurufe rechts.) Ich habe fünf Kinder im bunten Rock draußen gehabt, schämen Sie sich! (Präsident Löbe rügt 8. Ausdruck, der gegen die Ordnung des Hauses verstoße.) Das staatliche Kirchentum ist trotz der Reichs⸗ verfassung noch nicht abgeschafft, es besteht bis zur gesetzlichen Rege⸗ lung in den Ländern im vollen Umfange fort, der preußische Staat hat im letzten Etat über hundert Millionen an Pfarrergehältern neu bewilligt aus dem allgemeinen Steuersäckel. Die Kirchlich⸗ sich doch schämen, sich ihren Glauben mit diesen Mil⸗ 888