1920 / 184 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 18 Aug 1920 18:00:01 GMT) scan diff

„Unterstützungen, die der Erwerbslose auf Grund eigener Vorsorge für den Fall der Arbeitslosigkeit bezieht, bleiben von jeder Anrechnung frei.“

Artikel 2. Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündung in Kraft. Berlin, den 11. August 1920.

Der Reichsarbeitsminister. J. V.: Dr.

Satzung des Reichskuratoriums zur lichen Förderung der deutschen . industrie.

§ 1. Das Reichskuratorium zur wissenschaftlichen Förderung der deutschen Textilindustrie ist in Gemäßheit der Denkschrift über die örganisation der Forschungstätigkeit für die Textilindustrie zum Ent⸗ wurf des Haushaltsplanes 1919 und Titel 10 der einmaligen Aus⸗ gaben des ordentlichen Haushalts des Reichswirtschaftsministeriums mit dem Sitz in Dresden ins Leben getreten. Es besteht aus nachfolgenden vom Reichswirtschaftsministerium 68 veige e 8 R. s 1. dem Vorsitzenden der Reichsstelle für Textilwirtschaft, 2. einem Vertreter des Rei 5 3. je einem Vertreter des Reichsschatzministeriums und des Reichsministeriums des Inern, die von diesen Ministerien vorzuschlagen sind, e einem Vertreter der Länder Preußen, Bayern, Sachsen, Zürttemberg und Baden, die von deren Regierungen vor⸗ zuschlagen sind, je 2 Vertretern der auf dem Textilgebiet bestehenden e. hnsassbätten, die von deren Kuratorien vorzuschlagen ind, 9 Arbeitgebern aus der Textilindustrie, von denen 3 von der Regierung Preußens, 2 von der Regierung Sachsens und je einer von den Perunxr Bayerns, Württembergs, Badens und Thüringens vorzuschlagen sind, 9 Arbeitnehmern aus der Textilindustrie, bei denen den gleichen Regierungen wie bei 6 das Vorschlagsrecht vor⸗ behalten ist, und heinem vom Forftpenden in Vorschlag gebrachten geschäfts⸗ führenden Mitgliede.

Vorsitzender des Reichskuratoriums

3 ist der Vorsitzende d Reichsstelle für Textilwirtschaft. is orsitzende der

Wird die Reichsstelle für Textil⸗ wirtschaft aufgehoben, so wählt das Reichskuratorium den Vor⸗ sitzenden. Das Reichskuratorium wählt weiter aus seiner Mitte einen Ersten und einen Zweiten stellvertretenden Vorsitzenden sowie einen Schatzmeister. Die Wahlen erfolgen auf die Dauer von drei Ge⸗ schäftsjahren. Sie bedürfen der Bestätigung durch das Reichswirt⸗ schaftsministerium. Wiederwahl ist zulässig.

lle seiner Behinderung in den 18 durch das geschäftsführende Mitglied, im übrigen tellvertretenden Vorsitzenden vertreten. § 4.

Das Reichskuratorium verfolgt weder politische noch Erwerbs⸗ zwecke. Es dient lediglich der Förderung der Wissenschaft auf allen Gebieten der Textilindustrie. Insonderheit soll es in enger Ver⸗ bindung mit den bestehenden Forschungsstätten als zusammenfassende und anregende Fentralstene 1. die wissenschaftliche Erforschung der bisher verwendeten in⸗

und ausländischen Faserstoffe ihrer chemischen Konstitution, Gewinnung, Verarbeitung und Veredelung,

. die wissenschaftliche Frferschung der bei der Verarbeitung und Veredelung der Faserstoffe bisher zur Anwendung ge⸗ langten Hilfsstoffe, die Auffindung und Nutzbarmachung bisher nicht verarbeiteter einheimischer Faserstoffe

die egerofhaung und Verbesserung künstlicher Faserstoffe und

ilfsstoffe fördern und für diese Aufgaben die ihm zur Verfügu t Mittel verwenden. fs ht hütee

Der Vorsitzende wird im Falle laufenden Soche durch einen der

§ 5. Das Reichskuratorium bildet zur Durch ührung seiner Aufgab a) den Arbeitsausschuß ih⸗ 1 98 d) den wissen schaf ghan Beirat 12), nach Bedarf Sonderausschüsse. 3 § 6. v“ u den Aufgaben des Rei 1 5 umter anbenme g chskuratoriums gehören a) die Förderung der wissenschaftlichen Erkenntnis der Faser⸗ stoffe im Sinne der Zweckaufgaben von § 4 im Ein⸗ vernehmen mit dem wissenschaftlichen Beirat, b) die Beschlußfassung über die Zusammensetzung der in § 5 b und c erwähnten Ausschüsse und ihre Aufgaben, c) die Wahl der Vorsitzenden und des Schatzmeisters 2), d) die Genehmigung des Haushaltsplanes 1 Asf. 3), * die Wahl von Rechnungsprüfern 17 Abf. 2), ¹) die Prüfung der Rechnungslegung das vergangene Ge⸗ schüftsjahe und 19 GFeltuna her Entlastung der Geschäfts⸗

9 ½, 1 Mittel F

g) die rbung von Mitteln zur Förderung seiner Zwecke, h) die Beschlußfassung über Verwendung von vnen, außer⸗

halb des Haushaltsplanes. § 7. . Die Sitzungen des Reichskuratoriums finden der Regel nach in Dresden 688 Nach Bedarf sollen Sitzungen auch nach anderen Orten, insbesondere na dem Sitze einer der dem Reichskuratorium angeschlossenen Forschungsstätten berufen werden. Die Ginladungen zu den Sitzungen erfolgen unter Angabe der Tagesordnung durch den Vorsitzenden mittels eingeschriebener Beiss und sollen spätestens 14 Tage vor dem Sitzungstage zur Post gegeben sein. Die Sitzungen leitet der Vorsitzende, im Behinderungsfalle einer der stellvertreten en Vorsitzenden. ösb Bei Abstimmung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, 89 Stimmgleichheit gibt die Stimme des Sitzungsleiters een Ausschlag. Ueber 2 Sitzung ist eine Fütderscggift aufzunehmen, die die Beratungsgegenstände und die gefaßten Beschlüsse eefgführen hat und die vom Sitzungsleiter und dem geschäftsführenden Mitgliede zu unterzeichnen ist. Fällen k

in dringenden Fällen kann durch den Vorsitzenden schriftliche Abstimmung veranlaßt werden. si

83. Das Geschäftsjahr des Reichskuratoriums ist das Kalees ed, 5ee chr gilt die g 8 1. Geschäftsjahr gilt die Zeit von der Gründung des Reichs⸗ kuratoriums bis zum Schlusse des Jahres 1920. 8 In iedem Geschäftsjahr sollen mindestens zwei Sitzungen abge⸗ halten werden, von denen die eine im 1. Halbjahr, die zweite am Schlusse des Geschäftsjahres stattfinden soll.

§ 9. Die Geschäftsführung liegt in den 3 des Vor⸗

sitzenden, der dabei von dem 8 in grundsätzlichen oder rbeitsausschuß beraten wird. Das Reichskuratorium kann die Geschäftsordnung regeln. Etwa erforderliche genommen.

eschäftsführenden Mitgliede unterstützt, onstwie bedeutsamen Fragen von dem

Geschäftsführung durch eine Hilfskräfte werden vom Vorsitzenden an⸗

Die Geschäftsstelle des Reichskuratoriums befindet sich für die Dauer des Bestehens der Reichsstelle für Textilwirtschaft in Berlin. § 1

Dem Arbeitsausschuß gehören das geschäftsführende Mitglied des Kuratoriums, der Schatzmeister und das geschäfts⸗ führende des wissenschaftlichen Beirats 12 Abs. 2) an. Weitere Mitglieder kann der Vorsitzende nach Bedarf hinzuziehen.

§ 12. 11“ Dem Reichskuratorium steht ein e wissenschaftlicher Beirat ur Seite, -en Aufgabe es ist, bei Wahrung der vollen wissen⸗ chaftlichen elbständigkeit und Unabhängigkeit der einzelnen orschungsstätten den Zusammenhang der wissenschaftlichen Organi⸗ ationen auf dem Textilgebiet zu hnern, das Reichskuratorium in wichrigen, die Textilforschung betreffenden Fragen zu beraten und die Durchführung der von ihm gegebenen Anregungen zu betreiben. Der Beirat besteht aus Wissenschaftlern der einzelnen Forschungs⸗ stätten, sonstigen hervorragenden Wissenschaftlern und anderen Sach⸗ verständigen sowie einem von dem Vorsitzenden des Reichskura⸗ toriums in Vorschlag gebrachten geschäftsführenden Die Berufungen in den Beirat erfolgen durch das Reichs⸗ kuratorium auf die Dauer von 3 Geschäftsjahren. Wiederwahl ist zulässig. Die Berufungen können widerrufen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ueber das Vorliegen eines solchen wichtigen Grundes entscheidet das Reichskuratorium ausschließlich und endgültig.

§ 13.

Der ngeghetsgiche Beirat wählt aus seiner Mitte einen Vor⸗ sitzenden, einen stellvertretenden Vorsitzenden und einen Schriftführer auf die Dauer von 3 Geschäftsjahren.

Er wird von seinem Vorsitzenden im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Reichskuratoriums einberufen. Er tagt in Dresden oder am Sitze einer der dem Reichskuratorium angeschlossenen Forschungsstätten.

Ueber die Hinzuziehung des wissenschaftlichen Beirats zu den figtelnen Sitzungen des Reichskuratoriums entscheidet dessen Vor⸗ itzender.

Die laufenden Geschäfte des Beirats werden von dem Vor⸗ s enden des Reichskuratoriums, in dessen Vertretung von dem ge⸗ dhendfn desdn Mitgliede des Beirats erledigt.

Im übrigen gibt sich der Beirat eine eigene Geschäftsordnung.

§ 14. „Der Bibliothek des Reichskuratoriums sind alle Veröffent⸗ lichungen der angeschlossenen Forschungsstätten unentgeltlich zur Ver⸗ fügung zu stellen. 1S . 5.

Die Tätigkeit der Mitglieder des Reichskuratoriums, des Arbeits⸗ ausschusses, des wissenschaftlichen Beirats und der Sonderausschüsse ist ehrenamtlich.

b und in welchem Umfange Reisekosten erstattet werden können, beschließt das Reichskuratorium.

§ 16.

Die dem Reichskuratorium nach dem Haushaltsplan des EE..“ für das Jahr 1919 zur freien Ver⸗ fügung gestellten . . . 1 500 000 ℳ,

1616161648 die ihm von der Reichsstelle für Textilwirtschaft überwiesen worden sind,

zusammen 750 000 ℳ, sind als Grundstock zinsbar mündelmäßig anzulegen und dürfen in den ersten fünf Geschäftsjahren nicht vermindert werden.

„Ob und welche dem Reichskuratorium ohne besondere Auflage zufließenden weiteren Beträge dem Grundstock zuzuschlagen sind, be⸗ stimmt das Reichskuratorium. Ueber die Verwendung der nicht zum Grundstock geschlagenen Beträge kann das Reichskuratorium ohne die oben festgelegte Beschränkung verfügen.

§ 17.

Die nach § 16 zur Verfügung des Reichskuratoriums stehenden Mittel verwaltet der Schatzmeister.

Der Schatzmeister hat in der ersten Sitzung eines jeden Ge⸗ schäftsjahres, erstmalig im Jahre 1921, dem Reichskuratorium Rech⸗ nung zur Entlastung der Geschäftsführung vorzulegen. Die Rechnung ist vorher von zwei hierzu für das Geschäftsjahr bestimmten Mit⸗ gliedern zu prüfen.

Der Schatzmeister hat ferner in der am Schlusse jeden Geschäfts⸗ jahres abzuhaltenden Sitzung einen im Einvernehmen mit dem Arbeitsausschuß vorbereiteten und vom L13“ genehmigten

Haushaltsplan für das kommende Geschäftsjahr vorzulegen.

§ 18.

Die Satzung ist am 12. Juni 1920 errichtet worden.

Eine Satzungsänderung kann nur mit drei Viertel der in der Kuratoriumssitzung anwesenden Mitglieder beschlossen werden und bedarf der Genehmigung des Reichswirtschaftsministeriums.

Eine Aenderung des Zweckes des Reichskuratoriums ist aus⸗ geschlossen. 8

8

Zu einer Auflösung des Reichskuratoriums ist die Zustimmung von drei Viertel der in der Kuratoriumssitzung anwesenden Mit⸗ ünden vn die Genehmigung des Reichswirtschaftsministerums er⸗ forderlich.

Im Falle der Auflösung sind die etwa noch vorhandenen Mittel zu gleichen Teilen unter die bei Auflösung dem Reichskuratorium an⸗ geschlossenen Forschungsstätten zu verteilen.

Wenn solche Forschungsstätten nicht vorhanden sind, ist das Vermögen zu anderen wissenschaftlichen Zwecken der Terxtilindustri

zu verwenden. Der Vorsitzende. Just, Wirklicher Geheimer Rat.

Die vorstehende Satzung wird hierdurch genehmigt. Berlin, den 11. August 1920. Der Reichswirtschaftsminister.

: Hirsch

Bekanntmachung

über den Schutz von Berufstrachten und Bexufs⸗ abzeichen für Betätigung in der Krankenpflege.

Die mit der Bekanntmachung vom 21. Dezember 1918 (Reichsanzeiger Nr. 303 vom 24. Dezember 1918, 1. Beilage) veröffentlichte Zusammenstellung von Vereinen, Gesellschaften,

Verbänden usw. wird hinter „Bremen“ wie folgt ergänzt:

Tag der An⸗ erkennung

i 9 Schutz⸗ Name Sitz Konfession xeeva

Tracht u. Abzeichen

6. August

Hamburg V v 12

Schwesternverein nie 8

vom Hamburger Säuglingsheim Berlin, den 16. August 1920. 8 DDerr Reichsminister des Innern. J. A.: Isenbart.

cht kon⸗ essionell

8 1

Ministerium des Innern.

Die Preußische Staatsregierung hat die Regierungsräte Dr. Kramer in Schneidemühl und Dr. von Rautenberg⸗ Garezynski in Aachen zu Oberregierungsräten ernannt.

Dem Oberregierungsrat Dr. von Rautenberg⸗Gar⸗ czynski ist die Leitung der Finanzabteilung der Regierung in 92 Aachen,

dem Oberregierungsrat Dr. Kramer die Finanzabteilung in Angelegenheiten der Domänen⸗ und Forstverwaltung bei der Regierungsstelle in Schneidemühl übertragen worden.

Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung.

Der Dozent an der Technischen Hochschule in Aachen Pro⸗ fessor Dr. Seitz ist zum außerordentlichen Professor an der⸗ selben Hochschule und

der elsaß⸗lothringische Kreisschulinspektor Spahn zum Kreisschulrat in Weilburg ernannt worden.

Im Namen der Prenßischen Staatsregierung ist die Wahl des Direktors des fhnaf hen Zymnasiums in Zeitz Dr. Tietz zum Direktor des städtischen Gymnasiums in Stendal bestätigt

Bekanntmachung.

Dezember 1919 gegen den Händler Peter ssen Ehefrau in Bremervörde, Bahn⸗ assene Handelsverbot be ich hiermit

Das am 4. Pape und de hofstraße 5, erl wieder auf.

Bremervörde, den 6. August 1920.

Der Landrat. Grubitz. Bekanntmachung.

Dem Schankwirt Richard Przesang in Berlin, Blumeshof 9, ist durch Beschluß des Wuchergerichts bei dem Land⸗ gericht I in Berlin vom 5. August 1920 (II. W. J. 1922/20) auf Grund der Bekanntmachung zur unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 (REBl. S. 603) in der Fassung des Art. III der Verordnung vom 27. November 1919 (RGBl. S. 1909) der Handel mit Lebensmitteln, ins⸗ besondere durch Führung einer Gastwirtschaft, wegen Unzuverlässigkeit untersagt.

Berlin, den 14. August 1920. 1

Der Oberstaatsanwalt bei dem Landgericht II.

.—-⁵

Bekanntmachung.

Dem Händler Willi Höhne in Brachwitz abe ich zuf Grund der Verordnung vom 23. September 1915 (NGBl. S. 603) den Handel mit allen Gegenständen des täglichen Bedarfs, insbesondere Nahrungs⸗ und Futtermitteln sowie rohen Naturerzeugnissen, Hee ize und Lellllu A““

Belzig, den 13. August 1920.

Der Landrat des Kreises Zauch⸗Belzig.

J. V.: Martinius, Regierungsassessor

8 8 Bekanntmachung.

Der Händlerin Marie Allrich, geb. Wieland, in Reetz habe ich auf Grund der Verordnung vom 23. September 1915 (RGBl. S. 603) den Handel mit allen Gegen⸗ änden des täglichen Bedarfs, insbesondere Nahrungs⸗ und Futtermitteln sowie rohen Naturerzeugnissen, Heiz⸗ und Leuchtstoffen, untersagt. 8—

Belzig, den 13. August 1920.

J. V.: Martinius, Regierungsassessor.

(Fortsetzung des Amtlichen in der Ersten Beilage.)

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Die Botschafterkonferenz hat am Sonntagabend dem Präsidenten der Friedensdelegation die Entscheidung über das ostpreußische Abstimmungsgebiet übersandt. In dieser werden die Orte Lobenstein, Klein Nappern und Groschken von Deutschland abgetrennt und Polen ugeschlagen. Anscheinend handelt es sich jedoch um eine ereits überholte Entscheidung des Obersten Rates, denn die interalliierte Kommission in Allenstein hat bei ihrem Abgang diese Entscheidung mit keinem Wort erwähnt und das ost⸗ preußische Abstimmungsgebiet einschließlich dieser drei Ort⸗ schaften dem deutschen Reichs⸗ und Staatskommissar übergeben.

Der Wortlaut der Note der Botschafterkonferenz ist nach Meldung des „W. T. B.“ folgender:

„Der Artikel 95 des Friedensvertrags hat bestimmt, daß nach der Volksabstimmung in dem Gebiet von Allenstein, so wie es durch Art. 94 des Friedensvertrags von Versailles abgegrenzt ist, die alliierten und assoziierten Machte die Grenzlinie zwischen Deutschland und Polen in dieser Gegend festgesetzt werden. Im Verfolg hiervon hat die Botschafterkonferenz auf Grund ihrer Vollmacht die Grenz⸗ linie wie folgt bestimmt: Von einem Punkt der in Art. 28 be⸗ stimmten Grenze, wo die Gemeindegrenze zwischen den Ge⸗ meinden Klein Lobenstein und Marienfelde sich mit der genannten Grenze trifft bis zu einem Punkt, wo die Gemeindegrenze zwischen den Gemeinden Klein Nappern und Ketzwalde dieselbe Grenze trifft: eine im Gelände eest⸗ zulegende Linie, welche die Ortschaften Klein Lobenstein und Klein Nappern Polen zuweist und Ostpreußen die Ortschaften Marien⸗ felde, Ruhwalde und Ketzwalde sowie die gesamte Eisenbahnstrecke zwischen Haasenberg und Marienwalde. Die Grenze soll soweit wie möglich den Gemeindegrenzen folgen und der wirtschaftlichen Lage der Ortschaften Rechnung tragen. Von dort bis zu dem Punkt, wo die nördliche Gemeindegrenze von Groschken die in Art. 28 festgelegte Grenze trifft: diese Grenze. Von dort bis zu dem Punkt, wo die Verwaltungsgrenze zwischen den Gemeinden von Groschken und Groß Lehwalde die in Art. 28 festgelegte Grenze trifft: eine im Gelände festzulegende Linie, welche die Ortschaft Groschken Polen zuschlägt und Ostpreußen die Ortschaft Groß Lehwalde, wobei die Grenze möglichst den Gemeindegrenzen folgen und der wirtschaftlichen Lage der Ortschaften Rechnung tragen soll. Gemäß Art. 87 des Vertrags von Versailles wird die Festlegung der oben beschriebenen Grenze an Ort und Stelle von der in dem ge⸗ nannten Artikel vorgesehenen Kommission vorgenommen werden. Die Festlegung der Grenze, die hiermit erfolgt, schließt gemäß Art. 95 des Friedensvertrags die Anerkennung der Souveränitat Polens über die oben genannten Gebiete in sich, welche hiermit aufhören, zu

Deutschland zu gehören.“

r 8

8 Preußen.

8 In allen oberschlesischen Städten ist der von den freien Gewerl schaften und den sozialdemokratischen Parteien anempfohlene Proteststreik gegen die Versuche einer Neutralitäts⸗ verletzung Oberschlesiens gestern von 12 Uhr Mittags bis 7 Uhr Abends durchgeführt worden. Wie „W. T. N.

meldet, setzten Elektrizität, Wasser und Gas sowie der Post⸗ verkehr aus, alle Geschäfte und Gasthäuser waren geschlossen. In den Nachmittagsstunden fanden überall die von den Ge⸗ werkschaften einberufenen Protestversammlungen seatt, in denen einheitlich eine Entschließung gegen den Krieg und für die Neutralität Oberschlesiens angenommen wurde, sowie folgende Forderung an die interallierte Kommission: Einsetzung einer Kontrollkommission von Eisenbahnbeamten und ⸗arbeitern, welche im Benehmen mit der interalliierten Kommission sämtliche Transporte kontrolliert; vorherige Ver⸗ ständigung mit der interallierten Kommission über alle noch zu erwartenden Truppentransporte und Truppenverschiebungen.

Im Anschluß an die Versammlungen fanden G umzüge statt; hierbei ist es in Kattowitz und in Rybnik zu Zusammenstößen gekommen, über die dem „W. T. B.“ private Meldungen vorliegen, aus denen zu entnehmen is⸗ daß in Kattowitz die Menge mit französischer Kavallerie ins Handgemenge geriet, bei dem ein französischer Soldat tot auf dem Platze blieb. Die Franzosen eröffneten darauf Maschinengewehr⸗ und Handgranatenfeuer. Neun Tote, darunter zwei Sicherheitspolizisten, und 26 Ver⸗ wundete blieben auf dem Platz. Der Polenführer Rechts⸗ anwalt Dr. Milewski, der eine Handgranate aus dem Fenster warf, wurde aus der Wohnung geholt, erschlagen und in die Rawa geworfen. Die Sicherheitspolizei stellte den Dienst ein und gab die Waffen ab. Gegen 8 Uhr zog die Menge zur Polizei, um sich der Waffen zu bemächtigen.

Nach weiteren Privatmeldungen des „W. T. B.“ hat sich gestern abend eine Abordnung der Gewerkschaften zum Vorsitzenden der interallierten Kommission in Kattowitz, Oberst Blancart, begeben und diesem die Forderung der Bevölke⸗ rung auf Entwaffnung der Besatzungstruppen unter Zusicherung freien Abzugs unterbreitet. Diese Forderung wurde ab⸗ gelehnt. Später sei es dann zu erneuten Verhand⸗ lungen gekommen. In der Nacht habe man ununterbrochen

2

Gewehr⸗ und Handgranatenfeuer in der Stadt gehört.

In Rybnik drang ein polnischer Stoßtrupp in die Protest⸗ versammlung ein und sprengte sie. Au einen Pfiff fielen Schüsse. Ein Toter und vier Verwundete blieben auf dem Platz.

Aus Marienworder melden die „Neuen Westpreußischen Mitteilungen“ unterm 17. August:

Die interalliierte Kommission hat gestern abend, nachdem sie vorher die Verwaltung des westpreußischen gebiets an die deutsche, 8 die eines kleinen Teiles desselben an die polnische Regierung, abgegeben hatte, unsere Stadt ver⸗ lassen. Um 3 Uhr Nachmittags fand ein kurzer Uebergabeakt im Gebäude der Landschaft, dem bisherigen Sitz der interalliierten Kommission, statt, bei dem der deutsche Bevollmächtigte für das west⸗ preußische Abstimmungsgebiet, Graf von Baudissin, und der Vor⸗ itzende der interalliierten Kommission, Exzellenz Pavia, Ansprachen ülnne Um 6 Uhr Abends wurden die Fahnen der alliierten Delegationen von dem Gebäude der Landschaft feierlich heruntergeholt. Bei der Abfahrt des Sonderzuges der interalliierten Kommission sang die auf dem Bahnhof versammelte Menschenmenge das Lied: Deutsch⸗ land, Deutschland über alles. In einer heute veröffentlichten Ver⸗ ordnung des deutschen Bevollmächtigten heißt es, daß von jetzt ab für die deutsch gebliebenen Teile des westpreußischen Abstimmungs⸗ gebiets die deutschen und preußischen Gesetze und Verordnungen Gältigkeit haben. Die Abstimmungs⸗ und Grenzpolizei trägt seit gestern wieder die alte grüne Uniform der Sicherheitspolizei. Die öffentlichen und viele Privatgebäude tragen Flaggenschmuck.

Nach einer weiteren Mitteilung derselben Quelle besetzten

die Polen vorgestern vormittag das ihnen durch die Ent⸗ scheidung des Botschafterrates in ee ge ed es Gebiet auf dem östlichen Weichselufer. Viele deutsche Einwohner haben das den Polen zugesprochene Gebiet fluchtartig mit ihrer Habe zu FJuß und zu Wagen verlassen. Eine Hilfs⸗ aklion für die Flüchtlinge ist in Marienwerder in die Wege

Oesterreich. Der Stoatssekretär Reisch ist nach Abschluß von nebereinkünften über die Bezahlung der Vorkriegs⸗ schulden und über die Liquidation des österreichischen Vermögens im früher feindlichen Auslande heimgeke rt. Während mit Frankreich ein zweiseitiger Vertrag abgeschlossen worden ist, bei dem auch Oesterreich über den Friedensvertrag hinausgehende Verpflichtungen übernimmt, hat nach einer Mitteilung des „Korr.⸗Buüͤros“ England ein solches Verlangen nicht gestellt und gegenüber den Be⸗ stimmungen des Friedensvertrages Erleichterungen ein⸗ treten lassen. Sie sind allerdings an Zahl und achlichem Inhalt weniger weitreichend als die in Frankreich erzielten Er⸗ leichterungen und beziehen sich vorwiegend auf die Eintreibung der Forderungen bei den österreichischen Schuldnern. Es wird jedoch festgestellt, daß durch die abgeschlossenen Verhandlungen sowohl für die österreichischen Schuldner und Eigentümer sequestrierten Vermögens als auch für Oesterreichs Volkswirt⸗ schaft und Staatsfinanzen sehr große, Hunderte von Millionen umfassende Erleichterungen erreicht wurden. Wenigstens ein Teil der übergteonh des Abschnitts 10 des Friedens⸗ vertr erfährt Milderungen. 8 aühe chuß für Aeußeres ist für Donnerstag zu einer Sitzung einberufen. Der Staatssekretär Dr. Renner wird in dieser Sitzung Bericht erstatten üher die füngsten olitischen Ereignisse, namentlich über die Ergebnisse der B sprechun 8. Dr. Benesch und dem Ministerpräsidenten Tusar. Auch die letzten Verhandlungen Dr. Renners mit den Ententekommissionen wegen der Neutralität im russischepolnischen Kriege, die öster⸗ reichische Note an die Reparationskommission und die Unmög⸗ lichkeit der Erfüllung der im vorgesehenen

Wiedergutmachungen in natura sollen erörtert werden.

Ungarn.

Das „Ungarische Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Büro! 4 Die ungarische Regierung erklärte am 13. Juli, sich jei 1 militärischen oder diplomatischen Aktion zu enthalten, ie 68 unmittelbar ungarische Interessen berührt. Trotzdem Fn g gewisse ausländische Blätter das Gerücht von . sichtigten militärischen Intervention seitens der ungarischen 8* gierung gegen Sowfjetrußland. Diesen Ausstreuungen gegen⸗ über wird amtlich festgestellt, daß die ungarische v enh ihren Standpunkt mit der angeführten Erklärung vom 13. Juli

1 deutlich präzisiert hat. edes Gerücht über eine plante militärische Aktion ist daher eigenmächtige findung und entbehrt jeder Grundlage. 8

Großbritannien und Irland. Der König hat sich nach Balmoral begeben. Lloyd George will heute seine Reise nach der Schweiz antreten. Amtlich wird bekanntgegeben, daß der Besuch des Prinzen von Wales in Indien aufgeschoben worden ist, weil man befürchtet, daß die Anstrengungen für ihn zu groß werden. Wenn die Gesundheit des Prinzen es erlaube, werde er im Winter 1921 Indien besuchen können. Inzwischen werde der Herzog von Connaught den Prinzen von Wales bei der Eröffnung der umgestalteten gesetzgebenden Körperschaft Indiens vertreten.

Frankreich.

Der ehemalige Präsident der Republik, Poincars, führte, als er den Vorsitz des Generalrats des Maasdepartements übernahm, nach Meldung des „W. T. B.“ aus, Deutsch⸗ land habe vor den versammelten Alliierten in Versailles zu⸗ gegeben, daß es für den Krieg verantwortlich sei, und daß es den siegreichen Völkern die Militärpensionen zurück⸗ erstätten müsse, die sie zahlten, und den materiellen Schaden, den sie gehabt hätten. Es gebe in Frankreich nicht einen einzigen Bürger, der zulassen könne, daß diese feierlichen Verpflichtungen verkannt würden. Um morgen der Interpret des ganzen Landes sein zu können, dürfe die Regierung nichts von ihren Rechten aufgeben, und sie müsse sich mit den ver⸗ bündeten Unterzeichnern des Friedensvertrages von Versailles unverzüglich und ohne Schwäche zu gemeinsamem Handeln ver⸗ einigen, damit die unabänderlichen Forderungen der bedrängte Bevölkerung erfüllt würden.

Die parlamentarische Gruppe der Sozialisten hat beschlossen, an den Präsidenten das Gesuch um sofortige Einberufung der Kammer zu richten angesichts der Schwere der gegen⸗ wärtigen Ereignisse.

Nußland.

Der Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten Tschitscherin erhielt einen Funkspruch, in dem die rumänische Regierung mitteilt, daß die englische Regierung den Vor⸗ schlag mache, die Bedingungen des Friedens zwischen Rußland und den Randstaaten in London zu be⸗ raten, und die rumänische Regierung einlade, sich an diesen Verhandlungen zu beteiligen. Die rumänische Regierung habe sich damit einverstanden erklärt. Sie habe aber bis jetzt noch keine bestimmte Mitteilung darüber erhalten, ob solche Unter⸗ handlungen begonnen hätten.

Ein Moskauer Funkspruch vom teilt mit:⸗

Unsere Truppen haben den Feind mit dem Bajonett zurück⸗ geworfen und mehrere neue Punkte besetzt; dabei wurden Kanonen und Maschinengewehre erbeutet und Gefangene gemacht. In Ost⸗ galizien haben unsere Truppen nach heftigen Kämpfen am 14. August Sebralsk besetzt.

An der Krim nehmen nach einer „Reuter“⸗Meldung die schweren Kämpfe ihren Fortgang. Die Bolschewisten er⸗ halten Verstärkungen von der polnischen Front und greifen energisch an, wobei sie von massenhaft ö Bombenflug⸗ zeugen unterstützt werden. General Wrangels Streitkräfte, die Pet Verstärkungen erhalten, haben den Don überschritten, Konstantinowskaja besetzt und die Eisenbahnlinie Tsaritsin Jekaterinodar überschritten. Die Kubankosaken sind infolge⸗ dessen in Gefahr, abgeschnitten zu werden. 1X“

Polen.

In den letzten Tagen scheint eine Umgruppierung der polnischen Streitkräfte durchgeführt zu sein, als deren Folge sich ein kräftiger Widerstand gegen das Vordringen der Volschewisten bemerkbar macht. Aus Warschau liegt folgender Frontbericht vom 17. d. M. vor:

Unsere Gegenoffensive gegen Norden entwickelt sich günstig. Bei Sochoczyn machten wir über 600 Gefangene und erbeuteten 120 Wagen mit Munition und 80 Wagen mit Proviant. Dieser Erfolg ist im wesentlichen der Kavallerie zuzuschreiben. Bei Warschau richtete der Feind am 14. tatkräftige Angriffe gegen die Linie Zegrze —Radzymin—Okuniew—Lasniakovizna. Besonders erbittert war der Kampf um Radzymin, das mehrere Male von Hand zu Hand ging. Am 15. Mittags war Radzymin end⸗ gültig in unserem Besitz nach sehr zahem Kampfe, in dessen Verlauf der gein sehr schwere Verluste erlitt. In der Gegend Cholm

rubieszow haben wir sehr günstige Ergebnisse erreicht. Bei

rubieszow hinterließ der Feind 11 Maschinengewehre, viele ferde, Lebensmittel und große Mengen Munition. Die Bolsche⸗ wisten warfen auf ihrer Flucht Kanonen und Maschinengewehre in den Fluß. Der bolschewistische Stabschef dieser Operationen wurde efangen genommen. Gegen 7 Uhr haben die Bolschewisten Sokal beseht ie Räumung der Stadt Brody wurde günstig durch⸗ geführt. Das rollende Material wurde weggeführt.

Ein Lagebericht von demselben Tage aus Königsberg besagt: Pie Weichsel wurde nördlich von Wlozlawek von bolschewistischer Kavallerie erreicht. Ein starker Gegenstoß aus der Linie Plonsk Modlin gewinnt in der Richtung aus Ciechanow erheblich an Boden; um Ciechanow wird lebhaft gekämpt, wodurch die Verteidigung von Warschau im nördlichen Abschnitt stark entlastet wird. Oestlich von Warschau werden heftige Kämpfe auf der Linie Radzymin Okuniew fortgesetzt. Die bolschewistischen Ver⸗ suche, die Weichsel nördlich vn Jwangorod zu forcieren, wurden verhindert. Südöstlich von Warschau in der Gegend Wiepr;z haben neue Gegenoperationen der Polen begonnen.

15. August Abends

Litauen. . 8

Nach dem Beschluß der Kommission der Nationalversamm⸗

lung sach die bE1 wird sich der litauische Staat in sche Republik Litauen“ nennen.

Zukunft „Demokrati

Belgien. 8 Die internationale Finanzkonferenz in Brüssel ist amtlich auf den 24. September festgeset worden.

Schweiz.

er Staatsrat ist amtlich benachrichtigt worden, daß der val ebtedaren i ag dem Gesuch des Präsidenten Wilson beschlossen hat, die erste Vollversammlung des Völker⸗ bundes am 15. November, 11 Uhr Vormittags, in Genf zu eröffnen; sie wird mehrere Wochen dauern und im Refor⸗ der vom Staatsrat zur Verfügung gestellt wird, und in den anschließenden kleinen Sälen abgehalten werden. Die Hilfsdienste (Sekretariat, Presse, Telegraph, Telephon usw.) werden in dem dazu gemieteten Gebäude der Socists Piccard, Pictet & Co. eingerichtet werden, ebenso die Versammlungssäle für die in der Völkerbundsversammlung vertretenen Staaten.

1““

Der deutsche Reichsminister des Auswärtigen Dr. Simons, der zurzeit in der Schweiz auf Urlaub weilt, 12 gestern in Begleitung des deutschen Gesandten in 8 er,

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dem Bundespräsi denten in Bern einen Bes b.X“ Amerirka.

Nach einer Meldung aus Chicago hat die American Federation of Labour eine Entschließung zugunsten eines Generalstreiks angenommen, der proklamiert werden soll, falls di Vereinigten Staaten den Polen militärische Hilfe leisten ollten.

Der Panzerkreuzer „Pittsburg“ und ein Zerstörer, die sich gegenwärtig in Cherbourg aufhalten, erhielten Befehl, sich so sor nach den baltischen Gewässern zu begeben, um dort die amerikanischen Interessen zu schützen. Eine spätere Meldung besagt, daß die beiden Schiffe sich nach Danzig be⸗ geben werden, wo sich zahlreiche, aus allen Gebieten Polens geflüchtete Amerikaner befinden.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Volkswirtschaftsausschuß des Reichstags nahm eine Verordnung mit 16 gegen 12 Stimmen an, wonach die Kartoffelzwangswirtschaft vom 15. September 1920 v“

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Statistik und Vokkswirtschaft.

Volksernährung, Wohn ungswesen Öund Tuberkulose.

Ueber den Rückgang der Ernährung stellen die „Sozialhygienischen Mitteilungen“, Zeitschrift für Gesundheitspolitik und Gesetzgebun nach amtlichen Feststellungen einige Tatsachen zusammen. In Deutsch⸗ land ist die Zahl der Schweine, die der Fleischbeschau unterlagen, von 1913 bis 1918 von 17,8 auf Millionen, die der Kälber von 4,0 auf 1,7 Millionen gefallen. Die zur Verfügung stehende Milchmenge betrug in bayrischen Städten im Jahre 1918 nur etwa die Hälfte der Menge vor dem Kriege. Die Zuckergewinnung erreichte im Jahre 1913/14 2,6 Millionen t, im Jahre 1917/18 nur wenig über die Hälfte (15 Millionen t). Da sich während des Krieges die Tuber⸗ kulosesterblichkeit sehr vergrößert hat, kommen die „Sozialhygienischen Mitteilungen“ angesichts des Umstandes, daß während des Krieges die Wohnungsnot sich nicht so erheblich verstärkt hat wie die Schwierig⸗ keiten auf dem Gebiete des Ernährungswesens, zu dem Schluß, daß

die Tuberkulose in allererster Linie eine Ernährungskrankheit ist.

Arbeitsstreitigkeiten. Wie die „Pfälzische Post“ meldet, ist der Streit mit den Metallarbeitern in Ludwigshafen jetzt beigelegt worden. Die Arbeit sollte heute früh wieder aufgenommen worden.

Kunst und Wissenschaft.

In der am 8. Juli abgehaltenen Sitzung der philo⸗ sophisch⸗historischen Klasse der preußischen Aka⸗ demie der Wissenschaften hielt Herr Norden einen Vortrag „Aus Cäsars literarischer Werkstatt.“ Zunächst wurden einige Diktatdubletten im Bellum Gallicum aufgezeigt. Darauf wurde das Problem der genetischen Entwicklung des Kelten⸗ und Germanen⸗ exkurses im VI. Buch erörtert: er ist ein zum Teil gegen Poseidonios ge⸗ richtetes Literaturprodukt. Die das IV. Buch einleitende Skizze der sue⸗ bischen Ethnographie ist dagegen der militärischen Berichterstattung aufs engste eingefügte ihre Kongruenzen mit dem Exkurse erklären sich daraus, daß Cäsar jene nicht herauslösen, diesen nicht hat missen wollen. Herr Erdmann legte vor sein Buch: „Grundzüge der Reproduktionspsychologie“ (Berlin und Leipzig 1920).

In der Gesamtsitzung der Akademie am 15. Juli sprach err Kükenthal über einen Versuch eines natür⸗

ichen Systems der Oktokorallen. Der Vortragende wies auf die Methode hin, welche man zur Aufstellung eines natürlichen Systems hat. Zunächst müssen alle regulatorischen An⸗ passungsmerkmale als zur Feststellung von Verwandtschafts⸗ beziehungen ungeeignet ausgeschieden werden, die konstanten und vererblichen Anpassungsmerkmale, die man besonders an den Konvergenzerscheinungen erkennt. Nur die übrigbleibenden organi⸗ satoris Merkmale 8* für die Aufstellung eines natürlichen Sesteins verwendbar. Diese wurden vom Vortragenden eingehender dargelegt. Eine restlose Deckung von Phylogenie und ist aber nicht möglich, schon wegen der verschiedenen Ziele, die beide verfolgen, vielmehr handelt es sich bei jedem eue, System darum, verwandtschaftliche Beziehungen in den Vordergrund zu stellen, ohne dabei den praktischen Zweck eines jeden Systems außer acht zu lassen. Herr Fick sprach sich im Anschluß an den in den Sitzungsberichten ch.e Aufsatz von W. Roux, über Naturgesetz und Rege!], gegen die Festlegung der dort vor⸗ Begriffsbestinrmungen aus. Herr Struve legte eine A. handlung von Pros. Dr. H. Rosenberg in Tübingen „Sternphotometeie mit Photozelle und Ver⸗ stärkerröhre vor. Bisher wurde bei der lichtelektrischen Stern⸗ photometrie der durch die Belichtung der Photozelle erzeugte Photo⸗ effekt mittels des Elektrometers gemessen, da die vorhandenen hoch⸗ empfindlichen Galvanometer die in Betracht kommenden Photoströme von der Ordnung 10—14 Ampore nicht mehr zu messen gestatten. Die Anwendung des Elektrometers erfordert durchgreifenden Schutz gegen elektrostatische Störungen und Kapazitätsänderungen, der an einem beweglichen evelserüschen Refraktor zu besoyderen Vorkehrungen zwingt. Statt chlägt der Verfasser vor, den Photostrom durch eine Verstärkerröhre zu „verstärken“, um auf diese Weise die An⸗ wendung des Galvanometers zu ermöglichen. Der Hauptinhalt der Arbeit besteht in der Darlegung der systematisch vorgenommenen Auf⸗ uchung der Bedingungen, unter welchen eine größtm liche, prak⸗ noch brauchbare Verstärkung erzielt werden kann. Es wurde die 8 alzung von Pike (Phys. Rev. 13, 102, 1919) benutzt, jedoch der verstärkte Photostroms, d. i. der Strom im Anodenkreis der Ver⸗ stärkerröhre, nicht direkt, sondern mittels einer vom Verfasser bereits in der Vierteljahrsschrift der Astr. Ges. 48, 3, 1913 beschriebenen Kompensationsmethode gemessen. ndem sukzessive die günstigsten Werte der Anodenspannung, des Heizstroms und der Spannungs⸗ differenz des Heizdrahtes der Verstärkerröhre gegen Erd Potentialdifferenz zwischen Gitter und Heizdraht abhängt, aufgesucht wurden, konnten Verstärkungen bis über 600 000 erreicht werden. Für die benutzte vegresehen von Seddig ist der vünstigste ert der Anodenspannung 60 Volt, des Heizstromes 0,425 Ampore. Mit der Zunahme des Potentials des Heizdrahtes (Mitte) wächst die Verstärkung mit schnell zunehmender Geschwindigkeit Fgen Unendlich. Bis zu Verstärkungen von etwa 1 wurde Proportionalität zwischen Lichtstärke und verstärktem Photostrom innerhalb 2 Prozent gefunden; bei höheren Verstärkungen war die weichang oröhen ie photometrische Genauigkeit der Verstärkermethode fand der Verfasser durch Messungen im Laboratorium gleich mindestens der der elektro⸗ metrischen Auflademethode. Bezüglich der Reichweite glaubt er im⸗ tande zu sein, die lichtelektrischen Messungen noch auf erheblich säenceg zn Sterne auszudehnen, als dies bei der direkten Methode mit Hilfe des Elektrometers möglich ist.

In der am 22. Juli abgehaltenen Sitzung der so pHl Zerh h escdn Klaffe sprach Herr Dragen⸗ dorff über die Zukunft und die Au .chn des Archäo⸗

ischen Instituts. Insbesondere beschäftigte er sich mit den

gstellen in Rom und Athen. ist eine Lebens⸗

Erde, von der die

philo-⸗