Die von heute ab zur Ausgabe gelangenden Nummern 172 und 173 des Reichs⸗Gesetzblatts enthalten: Nummer 172 unter
Nr. 7724 ein Gesetz zur Ausführung der Bestimmungen des Friedensvertrags über gemischte Schiedsgerichtshöfe und die Vollstreckung ausländischer Urteile, vom 10. August 1920,
„MNr. 7725 ein Gesetz, betreffend eine Ergänzung der Vor⸗ schriften über den juristischen Vorbereitungsdienst, vom 10. August 1920,
Nr. 7726 ein Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über den Wiederbeginn und den Ablauf von Fristen vom 3. April 1920 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 445), vom 12. August 1920,
Nr. 7727 ein Gesetz, betreffend Aenderung der Verordnung über Lohnpfändung, vom 10. August 1920;
Nummer 173 unter Nr. 7728 eine Verordnung über Gemüse, früchte, vom 14. August 1920,
Nr. 7729 eine Verordnung, betreffend Abänderung der Verordnung über Erwerbslosenfürsorge vom 26. Januar 1920 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 98), vom 11. August 1920. r
Berlin, den 17. August 1920.
Postzeitungsamt.
bst und Süd⸗
Krüer.
Preußen.
Dem Märkischen Elektrizitätswerk, Aktiengesell⸗ schaft in Berlin wird auf Grund des Gesetzes vom 11. Juni 1874 (Gesetzsamml. S. 221) hiermit das Recht verliehen, dasjenige Grundeigentum, das
1. zur Herstellung der Anlagen für die Leitung und Verteilung
des elektrischen Stroms innerhalb der Kreise Beeskow⸗Storkow, Jüterbog⸗Luckenwalde, Angermünde, Templin, Oberbarnim, Niederbarnim (in diesem Kreise mit Ausnahme der zum ver⸗ tragsmäßigen Versorgungsgebiete anderer Elektrizitätsunter⸗ nehmungen gehörenden Gemeinden) im Regierungsbezirk Potsdam, zum Bau einer 30 000⸗Voltleitung von Sperenberg im Kreise Teltow nach Luckenwalde im Kreise Jüterbog⸗Luckenwalde, Re⸗ gierungsbezirk Potsdam, und zum Bau einer Stromzuführungsleitung, die von der schon bestehenden 15 000⸗Voltleitung nördlich Fürstenwalde durch das Stadtgebiet Fürstenwalde im Kreise Lebus, Regierungs⸗ bezirk Frankfurt a. O., zum Stromverteilungsnetz im Kreise Beeskow⸗Storkow führt, 1 in Anspruch zu nehmen ist, nötigenfalls im Wege der Ent⸗ eignung zu erwerben, oder, soweit ausreichend, mit einer dauernden Beschränkung zu belasten. Auf staatliche Crund⸗ stücke und staatliche Nechte an fremden Grundstücken findet dies
Recht keine Anwendung. b
Berlin, den 5. August 1920. Namens der Preußischen Staatsregierung. Der Minister für Handel und Gewerbe. J. A.: von Meyeren. Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. J. Wr Fgert. Der Minister der öffentlichen Arbeiten. J. A.: Kirschstein. Der Minister des Innern. A.: von Falkenhausen.
der
Der Landrat Hayessen aus Fraustadt ist zum Leiter Fürsorgeamtes für Beamte aus den Grenzgebieten mit Amtsbezeichnung „Oberregierungsrat“ ernannt worden.
Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. „Der Maler Professor Wilhelm Jordan ist zum plan⸗ mäßigen Professor an der Staatlichen Kunstschule in Berlin ernannt worden.
Bekanntmachung. Das am 5. Dezember 1919 gegen den Hausierer 8 rich Münch, Bredderstraße 11 a wohnhaft, erla andelsverbot habe ich heute zurückgenommen. Blarmen, den 14. August 1920. 1 Die Polizeiverwaltung. J. V.: Dr. Bragard
Bekanntmachung. s Jul. Brinkmann, Schafbrücken⸗ verlässigkeit der Handel mit sämt⸗
Der Ehefrau de straße 9 b, ist wegen Unzu
lichen Gegenständen destäglichen Bedarfs unter⸗
sagt worden. — Die Kosten dieser Bekanntmachung trägt Frau Brinkmann. III/84. Bearmen, den 11. August 1920.
Die Polizeiverwaltung. J. V.: Dr. Bragard.
(Fortsetzung des Amtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Der Reichsrat trat heute zu einer Vollsitzung zusammen; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Voltswirtschaft und sür Rechtspflege sowie die vereinigten Ausschüsse für Volks⸗ wirtschaft und für Haushalt und Rechnungswesen Sitzungen.
Wie „W. T. B.“ an zuständiger Stelle erfährt, wird nach den neuerdings eingegangenen Nachrichten die Konferenz in Genf voraussichtlich erst in der zweiten Hälfte des Sep⸗ tember stattfinden.
Wie dasselbe Büro aus zuverlässiger Quelle erfährt, steht die deutsche Regierun e mehreren Tagen mit der interalliierten Kommission in Oppeln in Verhandlung über die Wahrung der Neutrolität im oberschlesischen Abstimmungsgebiet. Die interalliierte Kommission hat versichert, daß sie etwa die Grenze überschreitenden Truppen der kriegführenden Mächte entwaffnen und internieren würde,
und daß sie auch jede Unterstützung der kriegführenden Mächte aus dem Abstimmungsgebiet heraus oder durch das Ab⸗ stimmungsgebiet hindurch, zum Beispiel durch Zusuhr
Kriegsbedarf, Rekrutierung usw. verhindern würde.
Gelegentlich der von der Reichsregierung angeordneten Internierung des nach Ostpreußen übergetretenen polnischen Truppenteils ist die Frage aufgeworfen worden, welchem Teil die Unterhaltung der internierten Truppen zur Last fällt. Von zuständiger Seite wird dem „W. T. B.“ hierzu folgendes mitgeteilt:
Nach dem Haager Neutralitätsabkommen von 1907, das insoweit mit der Haager Landkriegsordnung vom Jahre 1899 übereinstimmt, muß jede neutrale Macht die auf ihr Gebiet übertretenden Truppen der kriegführenden Heere internieren und ihnen mangels einer ab⸗ weichenden besonderen Vereinbarung Nahrung, Kleidung sowie die durch die Menschlichkeit gebotenen Hilfsmittel gewähren. Die durch die Unterbringung verursachten Kosten sind nach dem Friedensschluß zu ersetzen. Obwohl die Haagger Ahkommen den eiss Feseh Staat nicht ausdrücklich bezeichnen, besteht kein Zweifel darüber, daß derjenige Staat ersatzpflichtig ist, dem die internierte Truppe angehört. 8 8 3
Die polnische Regierung ist demnach für die Kosten, für Unterhaltung und Verpflegung ihrer auf deutsches Gebiet übergetretenen Truppen ersatzpflichtig.
— —
Dieser Tage ist in Schneidemühl wiederum ein Nach⸗ schubzug angehalten worden, der für die alliijerten Truppen der besetzten Gebiete im Osten bestimmt war. Die Bevölkerung wird deshalb wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß diese Transporte gemäß Friedensvertrag zu befördern sind, und daß sie genau von den zuständigen Behörden kontrolliert werden. Die Kontrolle findet in folgender Weise statt: A. Personen.
Außer den Militärpersonen der Entente können in den plan⸗ mäßigen Entente⸗Nach⸗ und Abschubzügen Zivilpersonen beiderlei Geschlechts mitreisen, sofern die elben im Dienste der Besatzungs⸗ behörden der Entente in den Abstimmungsgebieten stehen oder nächste Angehörige von Militärpersonen der Entente in den Abstimmungs⸗ gebieten sind. Diese Personen müssen im Besitze einer Fahrkarte des öffentlichen Verkehrs für die von ihnen benutzte Wagenklasse und eines Ausweises sein, der klar über ihre Person, Zweck und Ziel der Reise Auskunft gibt. Ob die Zahl der mitfahrenden Militärpersonen der Entente mit der auf dem Ferntegähhe verzeichneten Anzahl übereinstimmt, und ob mitreisende Zivilpersonen der Entente sich im Besitz der vorgeschriebenen Fahr⸗ karten und Ausweise befinden, wird für die West⸗Ostrichtung in Bischofsheim, für die Ost⸗Westrichtung in Fraustadt bezw. Carlsmarkt durch Eisenbahnbeamte kontrolliert. Das gleiche Kontrollrecht steht den Bahnhofskommandanten von Gerstungen, Taucha und Sagan im Beisein des der Entente zu. Die Interalliierte Transportkommission in Wiesbaden hat vorstehenden Kontroll⸗ maßnahmen zugestimmt und ihre Militärkommissionen ausdrücklich angewiesen, die deutschen Eisenbahnbeamten bei der Kontrolle der Ententezüge zu unterstützen.
B. Wagen. DBPie zu den Entente⸗Nach⸗ und Abschubzügen gehörenden Wagen sind von jetzt ab durch große deutliche Plakate mit der Aufschrift zu versehen: . „Transport gemäß Friedensvertrag.“
Ferner wird auf der Fahrt in der West⸗Ostrichtung in Bischofs⸗ heim von einem deutschen Eisenbahnbeamten und einem Beauftragten der interalliierten Transportkommission in Wiesbaden protokollarisch Zahl und Inhalt der Wagen einschließlich Leerwagen des eigentlichen Ententezuges auf Grund der Frachtbriefe festgestellt b Aluf diese Weise sind alle Maßnahmen für eine Kontxrolle der Entente Nach⸗ und Abschubzüge getroffen, und es darf er⸗ neut die Erwartung ausgesprochen werden, daß die Bevölkerung derartige Wagen nicht mehr anhalten wrd.
Das Reichsfinanzministerium hat, wie „W. T. B.“ meldet, in einer Bekanntgabe an die Landesfinanzämter bis auf weiteres eine Reihe von Erleichterungen im Steuerabzug vorgesehen. An erster Stelle steht folgende Bekanntmachung:
Uebersteigt der abzugspflichtige Teil des Arbeitslohnes — auf das Jahr umgerechnet — den Betrag von 15 000 ℳ, nicht aber den Betrag von 30 000 ℳ, so sind bis auf weiteres von dem Teil des Arbeitslohnes, der, auf das Jahr umgerechnet, den Betrag von 15 000 ℳ nicht übersteigt, 10 vH, von dem übrigen Teil des Arbeits⸗ lohnes 15 vH einzubehalten.
An zweiter Stelle wird angeführt: Vom Abzug bleiben bis auf weiteres frei besondere Entlohnungen für Arbeiten, die über die für den Betrieb regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistet wurden. Als regelmäßige Arbeitszeit gilt die Arbeits⸗ woche 8 6 Arbeitstagen, der Arbeitsmonat zu 25 Arbeitstagen und das Arbeitsjahr zu 300 Arbeitstagen.
„Die Telegrammadresse des Reichsministeriums für Er⸗ nährung und Landwirtschaft lautet „Reichslandwirtschaft“.
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Preußen.
Laut Verfügung der Interalliierten Regierungs⸗ und Plebiszitkommissionen in Oppeln vom 17. August 1920 wurde der verschärfte Belagerungszustand über die Stadt Kattowitz verhängt. Ansammlungen von mehr als fünf Personen unter freiem Himmel oder in bedeckten Räumen sind verboten. Alle öffentlichen Lokale sind um 8 Uhr Abends zu schließen. Von 8 ½ Uhr Abends bis 4 Uhr früh darf niemand ohne Ausweis der Interalliierten Kom⸗ mission die Straße betreten. Nähere Bestimmungen zu der Verordnung ergehen noch.
Die Interalliierte Kommissionfür Ober⸗ schlesien hat laut „W. T. B.“ folgende Bekannt⸗ machung erlassen:
on verschiedenen Seiten hat man das Gerücht zu verbreiten gesucht, daß die Interalliierte Regierun skommission an Polen während der jetzigen schrferjen Lage geenbilfe zu leisten beab⸗ sichtige. Man hat sogar behauptet, daß Truppenbewegungen zu diesem Zweck begonnen worden seien. Das ist durchaus falsch. Diesen Tendenzgerüchten zufolge sind große Protestversammlungen ein⸗ berufen worden gegen eine Handlunh die die Kommission nie unter⸗ nommen hat und nicht einmal zu unternehmen beabsichtigt. Damit kann nur eine Störung des amtlichen ö und die Verwirrung des öffentlichen Lebens und Rechtes erzielt werden. Eine solche Agitation führt zu nichts, sie kann nur der Hetzerei derjenigen, die die allgemeine Ruhe stoͤren wollen, ohne sich um die Wohlfahrt des Lebens zu kümmern, dienen.
Von der Interalliierten Regierungs⸗ und Plebiszitkommission in Oppeln wird über die vorgestrigen Vorgänge in Kattowitz folgende Darstellung gegeben:
Den Anlaß zum Vorgehen der Kavallerie bot die Verwundung zweier Jäger durch die Menge, wobei der eine leichter verletzt wurde. Die Menge stürzte sich auf die Jäger und mißhandelte sie, weshalb
sich die Kavallerie zum Schutze des Lebens der beiden Jäger in Vor⸗ marsch setzte. Der Sicherheitspolizei war es inzwischen gelungen, die beiden Jäger zurückzubringen, von denen der eine einen Kopfschuß aufweist. Rittmeister L'Allane, der ebenfalls den bedrängten Fagern zu Hilfe kommen wollte, wäre um ein Haar von der wütenden Menge gelyncht worden; nur der Umstand, daß einige Personen, die ihn kannten, der Menge zuredeten, rettete ihm das Leben. Inzwischen war eine große Se in die Sedanstraße eingedrungen und versuchte in die Friedrichstraße einzudringen. Zugleich drängten auch die Massen aus der Friedrichstraße vorwärts und drückten die Soldaten und die Sicherheitswehr immer mehr an das Haus der Interalliierten Kommission. Pitdich fiel aus einem Hause schräg gegenüber der Kommission ein Schuß und durchbohrte ein Fenster. Kurz darauf wurde eine Handgranate aus derselben Richtung geworfen, die schweren Schaden unter den Demonstranten angerichtet aben dürfte. Daraufhin feuerte der Posten vor dem interalliierten Gebäunde aus eigener Initiative einige Schüsse ab. Es entstand zwar eine kleine Panik, doch kehrte die Menge bald wieder vor das Haus der Kommission urück. “ t lieber den Tod des Sanitätsrats Dr. Milécki wäre zu berichten, daß dieser in Gegenwart des Majors Hiehrberg drei Verwundete verband. Bei dieser sanitären Tätigkeit wurde er von der fanatisierten Menge angefallen und schwer mißhandelt. Die Fuß⸗ bodenbretter des Krankenwagens wurden aus dem Wagen heraus⸗ gerissen und Dr. Milécki damit Ferarsn †
In später Nachtstunde staute sich eine riesige Menschenmenge emeut vor dem Hause der, Kommission. Es wurden im Laufe der Nacht wiederholt aus den schräg gegenüberliegenden Häusern auf das Gebäude der Keene so Schüsse abgegeben; auch Sprengstoffe wurden benutzt, die aber wirkungslos und ohne Schaden anzurichten im Garten ezplodierten. Inzwischen kam die Nachricht, daß der Posten am Bahnhof (20 Mann) heftig angegriffen wurde und bereits einen Toten und einen Verwundeten habec. Dogpusßin ging eine Kom⸗ pagnie zur Hilfeleistung nach dem Bahnhof ab. Sie wurde aber auf dem Wege dorthin von einem wahren Trommelfeuer von Hand⸗ granaten und Gewehrschüssen überschuͤttet. Erst mit Morgengrauen nahm die Schießerei ihr Ende.
Auf seiten der alliierten Truppen sind an Verlusten zu ver⸗ zeichnen: 2 Tote und ein schwer verletzter Soldat, sowie 10 leichter Verwundete.
——
Nach einer Meldung der „Ostdeutschen Morgenpost“ aus Kattowitz ist die ungeheure Spannung des gestrigen Nach⸗ mittags abermals zur Entladung gekommen. Gegen 6 Uhr Nachmittags hatte sich vor dem Hotel „Deutsches Haus“, dem Sitz des polnischen Plebiszit⸗ Kommissariats, eine ungeheure Menschenmenge ange⸗ sammelt, die dort ein grohes Waffenlager vermutete und dessen Auslieferung forderte. Als ein Lastautomobil mit Sicherheitspolizei erschien, das die Menge zerstreuen wollte, wurde plötzlich aus dem Hause das Feuer eröffnet. Die Straße war sofort leer. Jeder Passant war bedroht. Gegen 8 Uhr brach in den unteren Räumen Feuer aus. Von den Besatzungstruppen wurde nicht zur Wieder⸗ herstellung der Ordnung eingeschritten. Im Keller explodierten Munitionsvorräte. Gegen 9 Uhr ergab sich die Be⸗ satzung. Die Sicherheitspolizei und die Feuerwehr gingen an die Löschung des Feuers und die Festnahme der Besatzung. Die letzte Phase des Gefechts wurde von Sicherheitspolizei und Zivil geführt. 17 Personen sind festgenommen. Die Akten liegen auf der Straße. Die Stadt ist sonst ruhig. Die gesamte Bevölkerung ist trotz des Belagerungszustandes auf der Straße. Die Besatzungstruppen werden in den Kasernen gehalten. Seit 9 Uhr Abends ist die Verbindung mit Kattowitz unterbrochen. Hauptmann Leist, Adjutant der 1. Ab⸗ teilung der Sicherheitswehr, wurde bei dem Versuche, die Menge am Bahnhof zu beruhigen, durch einen Herzschuß getötet. Bisher war es unmöglich, die Zahl der Opfer einwandfrei festzustellen, da die Toten und die Verwundeten zumeist in Privatwohnungen geschafft worden sind.
Wie aus Kattowitz von zuverlässiger Stelle gemeldet wird, beruht die gestrige Mitteilung über die Entwaffnung der dortigen Sicherheitspolizei auf einem Irrtum; vielmehr wird darauf verwiesen, daß das Verhalten der Truppen in jeder Hinsicht einwandfrei und korrekt gewesen ist.
Die polnische Presse von Oberschlesien fordert die Ausweisung der landfremden Leiter der deutschen Zeitungen, der Redner in den Volksversammlungen und der Veranstalter der gestrigen Unternehmungen, ferner die Aus⸗ weisung sämtlicher in den letzten zwei Jahren zugezogenen Deutschen, sofortige Auflösung der Sicherheitswehr und der deutsch orientierten Feuerwehren, Entfernung und Bestrafung der am Streik beteiligten Eisenbahn⸗ und Postbeamten, sowie Einsetzung von alliierten oder polnischen Kontrolleuren bei den Eisenbabn⸗ und Postbetrieben.
Oberschlesien,
Der Leiter der polnischen Agitation in Korfanty, verbreitet einen Aufruf, in dem von einer deutsch⸗bolschewistischen Verschwörung und von einer militäri⸗ schen Geheimorganisation die Rede ist. Diese Organisation betreibe in Verbindung mit den politischen Parteien Ober⸗ schlesiens Sabotage gegen die Besatzungstruppen. Die pol⸗ nische Bevölkerung Oberschlesiens wird aufgerufen, sich bereit⸗ zuhalten und die interalliierten Truppen zu unterstützen. Am Schlusse des Korsantyschen Aufrufes heißt es: „Wir sind die Herren des Landes! Es wäre eine Schande, sich von einer Handvoll zugelaufener Fremdlinge terrorisieren zu lassen. Besonnen und ruhig zum Kampfe bereit!“
Anmerkung des „W. T. B.“: In dem Aufrufe werden Einzelheiten über die „Geheimorganisation“ mitgeteilt. Sie soll ihren Sitz in der Königin Augustastraße 38 haben. Auch werden die Namen der führenden Militärs genannt. Korfanty hat in dem Eifer, eine deutsche Verschwörung zu entdecken, unterlassen, sich über die Tatsachen zu Unterrichten. Die von ihm angegebenen Namen treffen völlig zu und sind die Namen einer Abteilung des Reichswehrministeriums, und zwar der amtlichen Verbindungsstelle zu der Entente⸗Kom⸗ misson. Die Verbindungsstelle hat ihren Sitz unter der von Korfanty mitgeteilten Adresse, nämlich im Reichswehrministe⸗ rium selbst, und nimmt die ihr übertragenen Geschäfte auf dem legitimen amtlichen Wege wahrr.
Der Oberpräsidentevon Hessen⸗Nassau hat laut „W. T. B.“
für den Bereich der Provinz Hessen⸗Nassau sämt⸗ liche Orgesch⸗Organisationen sowie die Organi⸗ sation „Jungdeutscher Orden“ verboten.
Bayern.
Vertreter der österreichischen Regierung sind am 17. d. M. mit Vertretern der Reichsregierung sowie Preußens, Bayerns und Sachsens in München zusammengekommen, um zu prüfen, inwieweit die zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Deutsch⸗ land früher geschlossenen Handelsverträge unter den
Verhältnissen noch anwendbar sind.
Ministeriums des Innern den
1 X⸗ 088*
Der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten der Ver⸗ fassunggebenden Versammlung hat laut „W. T. B.“ beschlossen, den Oberkommissar Sir Reginald Tower zu ersuchen, in dem Kriege zwischen Rußland und Polen für das Gebiet der künftigen Freien Stadt Danzig die strenge Neutralität zu erklären und hiervon den beteiligten Mächten unverzüglich Kenntnis zu geben. Der Beschluß ist in Abwesenheit der Vertreter der Polen und gegen die Stimmen der unabhängigen sozigldemokratischen Partei gefaßt worden. Auf Antrag des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten ist die Verfassunggebende Versammlung für Freitag, den 20. August, zu einer Vollsitzung einberufen worden; einziger
Punkt der Tagesordnung ist die Besprechung der außen⸗ politischen Lage.
Großbritannien und Irland.
Wie aus London gemeldet wird, hat der General⸗ sekretär des Völkerbundes der deutschen Regierung eine Einladung zur internationalen Finanzkonferenz 8 den 24. September in Brüssel zugestellt. Die deutsche Regierung wird barin ersucht, drei Vertreter zu ernennen. Ferner wird darauf aufmerksam gemacht, daß die Konferenz nicht ermächtigt ist, irgendeine Frage, die sich auf die Wieder⸗ gutmachung bezieht, die Deutschland im Verfailler Vertrag übernommen hat, oder irgendeine andere Frage, die im Augen⸗ blick des Zusammentritts der Konferenz den Gegenstand von Be⸗ sprechungen zwischen Deutschland und den Alliierten bilden sollte, zu behandeln.
Der Völkerbund teilt nach Meldung des „W. T. B.“ aus London mit, daß die Dänische, die Schwedische und die Norwegische Regierung vier Zusatzanträge sum Völkerbundpakt eingereicht haben zum Zwecke ihrer Prüfung durch die Völkerbundversammlung in Genf am 15. November. Der erste Antrag sieht den Zu⸗ sammentritt einer jährlichen Versammlung an einem bestimmten Tage vor, der zweite die Einberufung einer Sondertagung der Völkerbundversammlung zu irgen einem Tage auf Er⸗ suchen von 10 Mitgliedern des Völkerbundes. Der dritte An⸗ trag verlangt, daß die Pflicht der Anrufung des Schiedsgerichts erweitert werde. Der vierte Antrag schlägt eine Abänderung der Wirtschaftsblockade vor.
„Algemeen Handelsblad“ meldet aus London: Die Arbeiter haben in Ahrer Politik eine Schwenkung vorgenommen durch den Beschluß, im Falle eines Krieges gegen Rußland keinen allgemeinen Ausstand zu verkündigen. Der Aktionsausschuß hat beschlossen, in diesem Falle lediglich die Betriebe, die für die Kriegführung notwendig sind, stillzu⸗ legen und den anderen Betrieben zu gestatten, die Arbeit fort⸗ zusetzen, damit nicht die Nation der Lebensmittel und anderer Lebensbedürfnisse beraubt wird.
Frankreic.
Zu der Forderung der sozialistischen Kammer⸗ fraftion, die Deputiertenkammer sofort einzuberufen, wird dem „W. T. B.“ aus Paris berichtet, daß die Fraktion einstimmig beschlossen habe, sofort eine Interpellation über die Ausweisung der englischen Arbeiterdelegierten sowie eine Interpellation über die ungesetzliche Haltung der Regierung gegenüber der russischen Revolution einzu⸗ bringen. In Verfolg dieser Interpellationen wird die sozia⸗ listische Kammerfraktion verlangen, daß die Ministerien Clemenceau und Millerand in Anklagezustand versetzt werden.
Wie der „Temps“ mitteilt, ist durch ein Verschen des beiden englischen Arbeiter⸗ delegierten Adamson und Gosling die Reise von Boulogne nach Paris möglich gemacht worden. Man habe nämlich ge⸗ glaubt, sie würden erst am Mittwoch in Boulogne landen; der Polizeipräsident von Boulogne habe den Auftrag gehabt, ihnen
das Betreten des französischen Bodens zu untersagen.
Rußland.
Eine gestern in London eingetroffene Moskauer amtliche Meldung besagt: Die russisch⸗polnische Waffenstill⸗ standskonferenz ist am Dienstagabend 7 Uhr eröffnet und auf Mittwoch vertagt worden. 1 G
In einer Kundgebung Tschitscherins,⸗ die durch Funk⸗ spruch verbreitet wurde, heißt es:
Die Pläne der Entente, auf Sowjetrußland einen Ueberfall zu organisieren, sind zusammengebrochen. Die englischen Arbeiter haben beschlossen, nicht nur den Krieg zu verhindern, sondern vor nichts zurück⸗ zuschrecken, um die Aufhebung der Blockade und die Anerkennung der Sowjetregierung zu erreichen. Die bayerischen Eisenbahner haben beschlossen, keine Ausrüstung für Polen durchzulassen. Die Tschecho⸗Slowakei, Südslawien, Oesterreich und sogar Amerika haben die Hilfe für Polen abgelehnt, Italien. har sich in bezug auf die russisch⸗polnische Frage von Frankreich und England losgelöst. Rumänien beabsichtigt nicht, gegen uns Krieg zu führen. Trotzdem konzentriert die Entente Truppen für Polen auf den nach Galizien führenden Bahnstrecken. Deswegen, Genossen, seid nach wie vor auf
der Hut! 1 88 8 Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten.
Weiter wird der Behauptung entgegengetreten, daß die Rote Armee „selbständig“ arbeite. Das rasche Vordringen der Roten Armee erfolge nach genau festgelegtem Plan.
Die frühere bürgerliche Stadtverwaltung in Minsk ver⸗ öffentlicht auf Grund unzähliger Berichte der Geschädigten eine Denkschrift über die Grausamkeiten und Ver⸗ gewaltigungen seitens der polnischen Truppen. Beim Rückzuge der Polen von Kowel sei der Bahnhof zerstört, Maschinen, Werkstätten 8 und Lokomotiven fort⸗ geführt. Bei den zurückgelassenen Lokomotiven seien die Kessel zerstört. Die Eisenbahnbrücke sei gesprengt. Die Polen hätten eine Menge brennender Kohlen zurückgelassen, die jedoch ge⸗ löscht wurden. Die umliegenden Dörfer seien größtenteils zerstört. Tausende von Flüchtlingen zögen umher. 1 In Baranowitschi haben die Arbeiter mit dem Komitee der russischen kommunistischen Partei beschlossen, eine Reihe kommunistischer Arbeitstage zum Wiederaufbau des durch die Polen zerstörten Gebietes zu veranstalten.
Ein weiterer Funkspruch aus Moskau meldet:
Die Sonderkommission zur Untersuchung der Polengreuel besuchte die Ortschaft Kojdanowo, 35 Werst von Minst, und . die Spuren der Zerstörung durch die polnischen Truppen fest. eßs Bahnhof und Bahnhofsgebäude ist nichts übrig, von 700 Seg und Läden sind 300 dank ungeheuren Lösegeldern verschont geblie en. Die Polen plünderten Häuser und Warenlager, „begossen dis Häuser mit Petroleum, zündeten sie an und verh et e. dos Löschen. Von den Feuerwehrwagen wurden die Räde zentfernt. In eins der brennenden Häuser wurde eine 75jährige alte Ffag geworfen, die dort lebendig verbrannte. Außerdem eermordeten die
olen noch 16 Mann. Sie verhöhnten die Greise, le jbnen S Belen und Haare aus und forderten als Lösegeld 5 ℳ. Viele Frauen und Mädchen wurden
gewaltigt. Die jüdische 2 rung der Stadt hatte besonders zu leiden. Den Bewohnern wurde Schuhwerk und Kleidung auf der Straße ausgezogen. Alle Pferde, Vieh und Geflügel wurden mit⸗ genommen. Nach Verübung dieser Greueltaten zogen die Polen ab, während die einrückende Rote Kavallerie mit großer Freude als Be⸗ freierin begrüßt wurde.
M Polen. Nach einem aus Kopenhagen übermittelten Telegramm aus
Warschau meldet der polnische Heeresbericht:
„Die von General Sikorski trotz großer Schwierigkeiten eröffnete Gegenoffensive an der Nordfront verläuft an⸗ dauernd sehr, günstig. Der Feind, der an diesem Abschnitt zehn Divisionen eingesetzt hatte, ging auf der ganzen Linie zurück, stellenweise ist sein Rückzug fluchtartig. Unsere Flieger bombardierten mit guten Ergebnissen die seindlichen Kolonnen. Das Ergebnis der erfolgreichen Kämpfe wird bereits in Warschau gespürt, wo der Druck des Feindes in der Richtung Zegrze und Dembe bedeutend schwächer ist. Dagegen wüten südöstlich von Warschau noch sehr erbitterte Kämpfe, aber auch hier wurden alle Angriffe abgeschl 8 und an mehreren Stellen Fortschritte gemacht. Im Zentrum haben unsere Truppen eine größere Offensive unter persönlicher Leitung des Marschalls Pilsudski ein geleitet. Nach einem 45 km langen Eilmarsch haben unsere Truppen bereits am Mittag des 16. August Garwolin erreicht und den Feind von der Weichfel vertrieben. Auf dem rechten Flügel
stoßen und haben Geschütze und Maschinengewehre erobert; wir rücken kämpfend schnell vorwärts. Auf der Südfront haben wir eine Gegenoffensive begonnen, um den Feind zurückzutreiben, der den Bug bei Sokal und bei Busk überschritten hatte. Nördlich von Zloczow, Zborow und längs der Strypa waren die feindlichen lokalen Angriffe ohne Erfolg.
Vom russisch⸗polnischen Kriegsschauplatz liegt der nachstehende Lagebericht des „W. T. B.“ aus Königsberg vom 18. d. M. vor:
ie Eisenbahnlinie Deutsch Eylau — Thorn überschreitend, haben bolschewistische Truppen Lessen und Rehden erreicht. Südlich von Bischofswerder ist russische Kavallerie aufgetreten. Graudenz wird mit Hilfe der Zivilbevölkerung be⸗ schleunigt armiert. Der Bahnhof Wlozlawek liegt unter russischem Artilleriefeier. Südwestlich von Cie chanow ist der Entlastungsstoß des polnischen Nordflügels zum Stehen gebracht. Ciechanow ist in den Händen der Bolschewisten. An der Nordost⸗ front von Modlin und der Ostfront von Warschau halter starke bolschewistische Angriffe an. Der Gegenstoß des pol⸗ nischen Zentrums aus der Linie Warschau — Jwangorod und der Flankenstoß 8 des Oberlaufes der Wieprz gewinnen an Boden. Kämpfe bei Nowo Minfk, nördlich von Zelechow und bei Lukow. An der Südfront örtliche Kampfhandlungen.
8
Belgien.
Die Parlamentssession der belgischen Deputierten⸗ kammer ist geschlossen worden. Die Kammern treten ver⸗ fassungsgemäß am 2. Dienstag des Monats Dezember wieder zusammen. Jeboch wird, wie „W. T. B.“ meldet, der Senat Ende September noch eine kurze Tagung abhalten, um die Wahlrechtsfrage zu erledigen.
Italien.
Wie die „Südtiroler Landeszeitung“ meldet, ist die Interalliierte Kommission zur Grenzbestimmung in Meran eingetroffen. Die Kommission werde alle Inter⸗ essenten empfangen, denen sie volle Freiheit zur Aeußerung ihrer Wünsche zusichert. v“
Norwegen. 8
Durch Königliche Verordnung wurde das Handelsministerium ermächtigt, die Einfuhr von Luxuswaren zu verbieten. Das Verbot, von dem Nachlaß gegeben werden kann, umfaßt eine lange Reihe von Waren, die nicht früher unmittelbar Gegenstand einer Preisregelung gewesen sind und die unter den Begriff „reiner Luxus“ fallen. Es ist ein Einfuhrrat ein⸗ gesetzt, der die Regierung bei der Regelung der Fragen der Einfuhr beraten wird.
Schweiz.
Die Delegiertenversammlung der Pers onal⸗Union des eidgenössischen Personals in Zürich hat nach Meldung des „W. T. B.“ eine Resolution angenommen, in der es heißt:
Das eidgenössische Personal in Zürich b 1 dringende Aufgabe, internationale Solidarität zu üben und alle Waffen⸗ und Kriegsmaterialtransporte durch die Schweiz zu verhindern. Es fordert daher die Organisationen des schweizerischen Eisenbahnerverbandes und des Gewerks Haftsbundes auf, sofort von den obersten Bundesbehörden Garantien zu verlangen, daß keine Kriegsmaterialtransporte durch die Schweiz durchgelassen werden. Die Personal⸗Union fordert deshalb die sofortige Ein⸗ setzung von Personalkommissionen, die an der Grenze alle inter⸗ nationalen Transporte zu überwachen und zu untersuchen haben. Sollten diese Garantien verweigert werden, so wird der schweizerische Eisenbahnerverband aufgefordert, Abwehrmaßnahmen einzuleiten.
betrachtet es als eine
Serbien.
Die „Neue Freie Presse“ meldet aus Belgrad: Die Re⸗ gierungskrise ist durch die Bildung eines neuen Kon⸗ zentrationskabinetts, dessen Vorsitz wieder Wesnitsch übernommen sat⸗ gelöst. Der Führer der Radikalen, Protitsch, und der Führer der Demokraten, Dawidowitsch, sind ausgeschieden und durch andere Parteigenossen ersetzt worden. Die Besetzung der übrigen Ministerposten ist unverändert.
Amerika. 8 b Chicago Tribune“ mitteilt, besindet sich ein Beamter des sranzösischen Finanzmintstaftunhs in New York, um über eine Anleihe von 150 Millionen Dollar zu verhandeln. Die Anleihe soll dazu dienen, den französischen Anteil an einer englisch⸗französischen Anleihe im Betrage von 250 Millionen Dollar, die demnächst rückzahlbar wird, zurückzuzahlen. Das französische Finanzministerium be⸗ stätigte der „Liberté“, daß tatsächlich ein Beamter des Mini⸗ steriums nach Amerika gereist sei, um die Rückzahlung einer Schuld bei verschiedenen amerikanischen Banken zu prüfen 3 es sei aber unmöglich, jetzt schon zu sagen, daß die Aufnahme einer neuen Anleihe geplant sei. 1 Nach einer Havasmeldung aus Washington weigert sich die amerikanische Regierung, den für Polen be⸗ stimmten Anteil an einem bewilligten Kredit von 250 Millionen Dollar auszuzahlen, weil die Vereinigten Staaten sich nicht mit Sowjetrußland im Krieg befänden und mfolgebesgen auch nicht in der Lage seien, Polen in diesem Augenblick einen Kredit zu bewilligen. Nachdem die gesetzgebende Körperschaft des Staates Tennessee die bereits vom amerikanischen Kongreß angenommene Gesetzesvorlage, betreffend Einführung des Frauen⸗ stimmrechts, ratifiziert hat, wird die Vorlage Gesetz Die Zustimmung von 36 Staaten zur Vorlage er orderlich, und
Wie
vor den Augen der Bevölkerung ver⸗
Tennessee ist der 36. 8
sind polnische Abteilungen auf Widerstand des Feindes bei Kock ge⸗
Afrika.
MNach einer Rotterdamer Meldung des „W. T. B.“ aus Kapstadt hat der Premerminister Smuts im Parlament erklärt, daß die Deutschen, deren Eigentum von der Regierung be⸗ schlagnahmt wurde, entschädigt werden müßten. ezüg⸗ lich des Eigentums von Deutschen, die nicht in Südafrika wohnhaft seien, werde die Regierung sich an die Bestimmungen des Friedensvertrags halten. Nach Abzug der Schadenersatz⸗ orderungen seien ungefähr neun Millionen Pfund Sterling in en Händen der südafrikanischen Regierung geblieben, die als Darlehen für 30 Jahre, mit 4 vH verzinslich, zu betrachten seien, da die Regierung keine Sicherheit habe, daß das Geld, wenn es nach Deutschland gesandt werde, in die Hände der wirklichen Eigentümer gelange. Smuts sagte, die Regiexung handle den Deutschen gegenüber in dieser Frage so milde wie möglich, da gemäß dem Friedensvertrage Südafrika ein Recht haben würde, alles deutsche Eigentum in Südwestafrika zu be⸗ schlagnahmen.
Das Südafrikanische Ministerium des Innern hat vom englischen Auswärtigen Amt Anweisung erhalten, Nahf e für Deutsche, die über England nach Deutschland reisen wollen, zu visieren. Es bestehen daher keine Paßschwierig⸗
8
keiten mehr bei der Heimreise Deutscher aus Sid⸗Afrika über England. ö11A1A14A4A“
Parlamentarische Nachrichten.
Der Volkswirtschaftliche Ausschuß des Reichs⸗ tags hat in seiner Sitzung am 17. August dem von der Re⸗ gierung vorgelegten Entwurf einer Verordnung über Kartoffeln seine Zustimmung erteilt und sich gleichzeitig damit einverstanden erklärt, daß seitens der Neichskartoffelstelle eine Reserve in Höhe von 20 Millionen Zeninern zur Be⸗ seitigung etwaiger Notstände sichergestellt wird.
Die Verordnung sieht laut „W. T. B.“ vor, daß mit Wirkung vom 15. September ab die öffentliche Bewixtschaftung der Kartoffeln aufhört, daß jedoch die zur Deckung des Bedarfs der Kommunalverbände mit der Landwirtschaft auf Grund der Verordnung vom 21. Mai 1920 abgeschlossenen Lieferungsverträge in Kraft bleiben. Die die öffentliche Bewirtschaftung der Kartoffeln regelnden Ver⸗ ordnungen vom 18. Juli 1918, 4. September 1919 und 11. November 1919 treten daher mit dem 15. September außer Kraft. Die Ver⸗ ordnung vom 21. Mai bleibt insoweit bestehen, als ihre Vorschriften sich, auf die Durchführung der auf Grund dieser Verordnung ab⸗ geschlossenen Lieferungsverträge beziehen.
Mit dem 15. September hört daher die Verpflichtung für die Kommunalverbände auf, die Bevölkerung mit einer bestimmten Kartoffelration zu versorgen. An die Stelle der Kommunal⸗ verbände treten Handel und Genossenschaften, denen die Aufgabe obliegt, im freien Verkehr den Bedarf der Bevölkerung mit Kar⸗ toffeln zu decken. Damit der Handel in die Lage versetzt wird, am 15. September dieser Aufgabe gerecht zu werden, wird beabsichtigt, bereits zu einem früheren Zeitpunkt, etwa am 5. September, die Verladung der freien Kartoffeln zu gestatten. G
In den durch Lieferungsverträge sichergestellten Kartoffeln steht den Kommunalverbänden eine Reserve zur Ver⸗ fügung, die sie befähigt, Notstände, die sich während der Herbst⸗ oder Wintermonate exkgeben sollten, zu beseitigen. Durch diese Reserve wird es insbesondere möglich sein, einem übermäßigen Anziehen der Kartoffelpreise vorzubeugen. Soweit diese Reserve nicht ausreicht, ist die Reichskartoffelstelle in der Lage, mit der von ihr unmittelbar bereitgestellten Reichsreserve von 20 Millionen Zentnern helfend einzugreifen. 1
Gemäß § 3 der Verordnung werden demnächst für Brennereien, Trocknereien und Stärkefabriken einschränkende Be⸗ stimmungen erlassen werden, durch die verhindert werden soll, daß durch die Ankäufe dieser Betriebe die Marktlage ungünstig beeinflußt wird.
Die bisherigen Berichte über den Umfang des Anbaues und den Stand der Ernte berechtigen zu der Hoffnung, daß mehr Kartoffeln als in den letzten Jahren zur Ernährung der Bevölkerung im Herbst zur Verfügung stehen werden. Es kann daher damit gerechnet werden, daß sich im freien Verkehr ein Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage herstellen und dadurch eine günstige Beeinflussung der Preis⸗ bildung erfolgen wird, falls nicht durch Ankäufe seitens der Großverbroucher zu übertrieben hohen, durch die Marktlage nicht gerechtfertigten Preisen eine Beunruhigung des Marktes eintritt. Im eigensten Interesse der Konsumenten muß dringend vor derartigen Ankäufen gewarnt werden.
Statistik und Vokkswirtschaft. Arbeitsstreitigkeiten.
Aus Dortmund wird dem „W. T., B.“ gemeldet: Die Be⸗ legschaften des Eisen⸗ und Stahlwerks Hoesch, der Dortmunder Union, die Arbeiter des „Phönir“ in Hörde und einiger anderer größerer Werke haben beschlossen, in einen Paeetch h hht n gegen den Steuerabzug einzutreten. Die
ewerkschaften sind gegen den Ausstand.
Die im Zentralverband der Maschinisten und Heizer organssierten Uebertagearbeiter in Essen haben, wie die „Tägl. Rundschau“ erfährt, beschlossen, vom 1. September ab jede Sonntagsarbeit einzustellen, wenn ihnen nicht ein Lohn⸗ zuschlag von 100 vH für Sonntagsarbeit zugebilligt wird.
Das Magdeburger Krupp⸗Gruson⸗Werk droht der Vag. Ztg.“ zufolge jetzt öffentlich die dauernde S chließung seiner Betriebe an, falls sich die in letzter Zeit mehrfach vor⸗
ekommenen Kundgebungen und Betr iebsstörungen feitens der Arbeiter noch einmal wiederholen. Eine große Anzahl anderer Magdeburger Fabriken hat sich mit dem Krupp⸗ Gruson⸗Werksolidarisch erklärt.
In Hamburg ist, wie „W. T. B.“ meldet, die Werft von Blohm u. Voß infolge von Ausschreitungen der Ar⸗ beiterschaft gegen leitende Personen bis auf weiteres geschlossen worden.
Das „Journal Officiel“ veröffentlicht eine Verordnung, betreffend die Ausführungsbestimmungen zu dem Gesetz vom 23. April 1919 über den Achtstundentag in der Bauindustrie und die⸗ öffentlichen Arbeiten der befreiten Gebiete Frankreichs. Die effektive Arbeitsdauer darf 8 Stunden täglich nicht überschreiten. Auf Antrag der Arbeitgeber⸗ und⸗Arbeitnehmer⸗ organisationen kann durch eine andere Ver⸗ teilung der 48 Stunden der Arbeitswo e erfolgen. Für dringende Arbeiten oder Arbeiten zur nationalen Verteidigung kann die Arbeits⸗
dauer verlängert werden.
Wie „Secolo“ meldet, hat die Konferenz der Metall⸗ arbeiter am 17. d. M. in Mailand beschlossen, in allen metallurgischen Werken Italiens infolge von Meinungsverschiedenheiten mit den Unternehmern am Freitag in den Ausstand zu treten. — Der Ausstand der italienischen Hafenarbeiter dauert entgegen anders lautenden Meldungen