und Kriegshinterbliebenenfü b wichtiger, der Kriegsbeschädigten⸗ oder Kriegshinterbliebenen⸗ fürsorge dienender Einrichtungen.
§ 2.
1. Der voranschlagsmäßige H2habetrag des den Hauptfürsorge⸗
Sen und Fürsorgestesen u erstattenden Aufwandes wird auf die 88, der Haupt He ene nach folgenden Gesichtspunkten
verteilt:
8 a) drei Viertel lediglich nach der Einwohnerzahl,
b) ein Viertel auf die im Ortsklassenverzeichnisse zum Reichs⸗ besoldungsgesetze genannten Orte der Ortsklassen A bis D derart, daß auf die Einwohner der
Drtsklasse A 6. vom Hundert 7. B 2 7 9 „ 10o. 8 mehr entfällt als auf die Einwohner der Orte der Orts⸗ klasse D. 1
Maßgebend sünc die Ergebnisse der neuesten Volkszählung, soweit sie noch nicht feststehen, die vom Jahre 1910.
. Bis zu diesen Höchstbeträgen erhalten die Hauptfürsorge⸗ stellen vierteljährlich im voraus Vorschüsse. Der Vorschuß kann von vorheriger ordnungsmäßiger Rechnungslegung für das vorletzte Kalendervierteljahr abhängig gemacht werden. .
leber die Verwendung der Mittel der sozialen Fürsorge hat die Hauptfürsorgestelle dem Reichsarbeitsminister nach Maßgabe der er⸗ gehenden besonderen Vorschriften Rechnung zu söhhr Die Ab⸗ rechnungen der Fürsorgestellen sind von der Haupt ürsorgestelle zu prüfen und als richtig zu bestätigen. Beanstandungen, die nicht be⸗ hoben werden können, sindd bei der Vorlage anzugeben.
3. Vorschüsse, die die Hauptfürsorgestellen oder Fürsorgestellen Kriegsbeschädigten oder Kriegshinterbliebenen auf die ihnen zu⸗ kommenden Versorgungsgebührnisse zulässigerweise gewähren, werden in den voranschlagsmäßigen Höchstbetrag des vom Reiche zu er⸗ tattenden Aufwandes insoweit nicht eingerechnet, als sie aus Pensions⸗ shns zurückerstattet werden können. Die Gewährung derartiger BGorschüsse und deren Abrechnung richtet sich nach den ergehenden be⸗ sonderen Vorschriften.
§ 3.
Das Reich trägt vier Fünftel der von den Hauptfürsorgestellen und Fürsorgestellen aufgewendeten Kosten der sozialen Kriegs⸗ beschädigten⸗ und Kriegshinterbliebenenfürsorge nur, wenn das rest⸗ liche Fünftel aus öffentlichen Mitteln des Landes oder seiner Selbst⸗ verwaltungskörper aufgebracht wird; an Kosten, die aus Stiftungen oder sonstigen Spendenmitteln gedeckt werden; beteiligt es sich nicht.
§ 4.
An den einzelnen Aufwendungen für die soziale Kriegs⸗ beschädigten⸗ und Kriegshinterbliebenenfürsorge beteiligt sich das Reich nur, wenn die Aufwendung den Richtlinien entspricht, die der Reichsausschuß der Kriegsbeschäͤdigten⸗ und Kriegshinterbliebenen⸗ fürsorge mit Zustimmung des Reichsarbeitsministers für die Durch⸗ führung der Fürsorge aufgestellt hat.
§ 5.
An den Verwaltungskosten beteiligt sich das Reich nur insoweit, als die Aufwendungen den Grundsätzen einer guten, aber sparsamen Verwaltung entsprechen und durch die Erfüllung der Aufgaben der Kriegsbeschädigten: und Kriegshinterbliebenenfürsorge besonders entstanden sind.
§ 6
8 9. SDas Reich beteiligt sich regelmäßig insbesondere nicht
a) an Besoldungen solcher Beamten, die nach den Verwaltungs⸗
gesetzen oder Verwaltungssatzungen des Landes oder Selbst⸗ derwaltungskörpers auch ohne Rücksicht auf die Durch⸗ führung der Kriegsbeschäbigten⸗ und Kriegshinterbliebenen⸗ fürsorge für allgemeine Verwaltungsaufgaben einzustellen wären,
b) an Besoldungen solcher Beamten und Angestellten, die nach ihren Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten den ihnen sozialen Aufgaben offenkundig nicht gewachsen ind,
c) 8 Besoldungen und sonstigen Vergütungen, die bei Beamten oder Angestellten nicht üblich sind, wenn sie lediglich für das Land oder den Selbstverwaltungskörper tätig sind,
d) an Besoldungen und sonstigen Vergütungen von Beamten
uund Angestellten, deren volle Arbeitszeit nicht wenigstens zu einem Drittel durch Aufgaben der Kriegsbeschädigten⸗ und Kriegshinterbliebenenfürsorge in Anspruch genommen ist,
e) an Bau⸗ und Bauunterhaltungskosten sowie an Anschaffungs⸗ kosten für Einrichtungs⸗ und Ausstattungsgegenstände, die
eeinen dauernden Wert besitzen, es sei denn, daß die Gebäude oder Gegenstände in das Eigentum des Reichs übergehen. Für die Benutzung kann lediglich ein angemessener Miets⸗ zins oder ein Abnutzungsgeld angerechnet werden,
†) an dem Mehraufwand an Verwaltungskosten, der dadurch entsteht, daß für Bezirke von weniger als 20 000 Ein⸗ wohnern besondere Fürsorgestellen errichtet sind, es sei denn, daß die Notwendigkeit der Einrichtung vom Reichsarbeits⸗ minister anerkannt worden ist.
Soweit Beamte oder Angestellte nur zu einem Teile mit Auf⸗ aben der Kriegsbeschädigten⸗ und Kriegshinterbliebenenfürsorge be⸗ schaäfti t sind, beteiligt sich das Reich nur an einem entsprechenden Anteil der Besoldung oder Vergütung.
§ 7. heberichteszughen der für den Bezirk einer Henth th stele
estgesetzten Höchstbeträge werden zu vier Fünsteln vom Reiche in⸗ oweit ersetzt, als der Aufwand für Leistungen, zu denen das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter vom 6. April 1920 (Reichs⸗ Sesane S. 458) die Hauptfürsorgestellen verpflichtet, und für Einzel⸗ leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht (§ 21 des Reichsver⸗ sorgungsgesetzes vom 12. Mai 1920 — Reichs⸗Gesetzbl. S. 989 —), die Hälfte dieser Höchstbeträge übersteigt.
Im übrigen entscheidet der Reichsarbeitsminister — soweit er⸗ forderlich im Benehmen mit dem Reichsminister der Finanzen —, inwieweit sich das Reich an Ueberschreitungen der voranschlags⸗ mäßigen Höchstbeträge beteiligen kann; dabei wird, wenn die Ueber⸗ schreitung darauf zurückzuführen ist, daß der Verwaltungsaufwand mehr als 25 vom Hundert des voranschlagsmäßigen Höchstbetrags um⸗ faßt, das Reich seine Beteiligung an der Deckung dieser Ueber⸗
reitung in der Regel davon abhängig machen, daß wenigstens die Hälfte des Mehraufwandes an Verwaltungskosten von dem Lande oder Selbstverwaltungskörper getragen wird.
§ 8. „Die Hauptfürsorgestelle kann im Rahmen des ihr zugeteilten Höchstbetrags den voranschlagsmäßigen Höchstbetrag für die Aufwen⸗ dungen der einzelnen Fürsorgestellen bestimmen. Sie kann sich die Geneh igung der Kostenvoranschläge der Fürsorgestellen vorbehalten und bestimmen, daß gewisse Arten von Aufwendungen allgemein oder über einen bestimmten Betrag hinaus nur dann erstattungsfähig sind, wenn sie ihnen vorher zugestimmt hat. Berlin, den 9. August 1920. Der Reichsarbeitsminister. J. V.: Dr. Geib.
. 111A““ zur Ausführung der Reichsgetreideordnung für die Ernte 1920.
Vom 26. August 1920.
Auf Grund des 8 8 Abs. 1 Nr. 3 der Reichsgetreide⸗ ordnung für die Ernte 1920 vom 21. Mai 1920 (Reichs⸗ Gesetzbl. S. 1028) wird mit Zustimmung des Reichsrats bestimmt: “
§ 1. Unternehmer landwirtschaftlicher Betriebe dürfen 1. ihren nb sebauten Hafer aus der Ernte 1920 an das im Beetriebe gebaltene Vieh verfütter;,;/ 8
sorge und zur Förderung reichs⸗
von ihrex selbstgebauten Gerste a) an das im Betriebe gehaltene Vieh die im § 8 Abs. 1 Nr. 1 genannten Mengen an Gerste, soweit diese zur menschlichen Ernährung nicht verwendet werden, 8 b) an ihre Zuchtsauen, sofern diese gedeckt sind und dies dem Kommunalverband angezeigt ist, zwei Zentner für den Wurf verfüttern. 8 Die Vorschrift im Abs. 1 Nr. 1 gilt auch für selbstgebautes Ge⸗ menge aus Hafer und Gerste, das nicht mehr als dreißig vom Hundert Gerste enthält.
Die Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft. Berlin, den 26. August 1920. Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft.
J. N. Dr. Heinrici.
In Königsberg i. Pr. ist eine Prüfungskommission zur Abnahme der Prüfung der Schiffer auf Küsten⸗ fahrt eingesetzt worden. v
Bekanntmachung. Meine Verfügung vom 10. Februar 1920 — abgedruckt in Nr. 67 des Reichsanzeigers vom 25. Februar 1920 —, durch die er Firma Braude und Goldschmidt in Vacha der Handel mit Häuten und Fellen aller Art unter⸗ sagt worden ist, wird hiermit aufgehoben. Dermbach, den 31. Juli 1920. Der Direktor des IV. Verwaltungsbe v1
Prenßsen.
Finanzministerium.
Versetzt sind: die Katasterkontrolleure, Steuerinspektoren Mews von Beeskow nach Berlin (Katasteramt Berlin⸗Nord⸗ west) und Rothe von Beuthen O. S. nach Neustadt O. S.
Bestellt sind die Katasterlandmesser Ernst Mönnig und Mühlberg zu Katasterkontrolleuren in Beuthen O. S. bezw. Emmerich.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen
v“ und Forsten. 8 8 HBekannimachung.
Ddie Herren Forstbeflissenen, die in diesem Herbst die
Forstreferendarprüfung abzulegen beabsichtigen, haben
die vorschriftsmäßige Meldung spätestens bis zum 15. Sep⸗
tember d. J. einzureichen.
Berlin, den 26. August 1920. Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. J. A.: Laspeyres.
“
Ministerium für Volkswohlfahrt. Bekannimachung.
Nachdem durch den “ Reichsminister des Innern ein euer Nachtrag zur 6. Ausgabe der Deutschen Arznei⸗ axe 1920 unter der Bezeichnung
„Preisänderungen in der 6. Ausgabe
(
1 4 1
der Deutschen Arzneitaxe 1920,
3. Nachtrag zur 6. Ausgabe“ herausgegeben worden ist, bestimme ich, daß dieser Nachtrag, durch den die Gültigkeit des ersten und zweiten Nachtrags nicht berührt wird, mit Wirkung vom 1. September 1920 ab für das preußische Staatsgebiet in Kraft tritt. Der Nachtrag erscheint im Verlage der Weidmannschen Buchhandlung in Berlin SW. 68, Zimmerstraße 94, und kann von dort zum Preise von 80 ₰ bezogen werden.
Berlin, den 28. August 1920. Der Preußische Minister für Volkswohlfahrt. J. A.: Gottstein.
Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Un ne gnschaf
Die Wahl des Rektors der bisherigen städtischen höheren Mädchenschule in Torgau Dr. Schlemilch zum Direktor des städtischen Lyzeums in Torgau ist namens der Preußischen Staatsregierung bestätigt worden. 8 Der Pfarrer Lütgert in Frankfurt a. M. ist zum Kon⸗ sistorialrat und Mitgliede des Evangelischen Konsistoriums da⸗ selbst im Nebenamt ernannt worden.
1u6“
8 VBekaninterachung Dem Metzgermeister August Freese in Laer bei Bochum, Wittenerstraße, habe ich ie Wiederaufnahme des Handels mit Gegenständen des täglichen Bedarfs gestattet. Bochum, den 16. August 1920. Der Landrat. Stühmeyer.
—
Bekanntmachung.
Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 (RGBl. S. 603) habe ich dem Schlachtermeister Andreas Jacobsen in Wyk für die Dauer von sechs Mongten durch Verfügung vom heutigen Tage den Handel mit Fleisch und Fleisch⸗ waren 81 Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersag 8 Niebüll, den 20. August 1920.
“ Der Landrat. Bö
. 11“ 8 8 35
Bekanntmahung.
Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 (Neichsgesetzblatt S. 603) habe ich eem Milchhändler Friedrich Schulz in Sande durch Verfügung vom heutigen Tage den Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs, insbesondere mit Milch und den daraus gewonnenen Erzeugnissen, wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsteil untersagt. Die Kosten dieser Veröffentlichung hat Schulz zu tragen.
Wandsbek, den 25. August 1920. 88
Der Landrat des Kreises Stormarn. Knutzen.
—
etzung des Arfftlichen in der Ersten Beilage.) “ ö“
8
Deutsches Reich. 3
In der am Sonnabend abgehaltenen K abinettssitzung er⸗ stattete der Reichsarbeitsminister Dr. Brauns Bericht über den Stand der Arbeitslosenfürsorge und im Anschluß daran über Verhandlungen, die im Arbeitsministerium mit Ver⸗ tretungen der Erwerbslosen und der Kommunalverwaltungen,
pflogen worden sind. Ueber die einschlägigen Beschlüsse des Kabinetts wird in den nächsten Tagen im volkswirtschaftlichen Ausschuß des Reichstags noch näher verhandelt werden.
——
Der Reichsminister des Auswärtigen Dr. Simons ist von seiner Urlaubsreise wieder in
— E1“]
am Sonnabendmorgen Berlin eingetroffen.
Wie erinnerlich, hat die Ermordung des deutschen Konsuls Wustrow in Täbris in der Oeffentlichkeit seinerzeit großes Aufsehen und berechtigten Unwillen hervorgerufen. Die Verhandlungen mit der persischen Regierung zogen sich in die Länge, und eine Zeit lang schien es, als seien sie auf einem toten Punkt angelangt. Dieser Eindruck wurde verstärkt, a in Täbris ein neuerlicher Ueberfall auf das deutsche Konsulat erfolgte.
Nunmehr scheinen, wie „W. T. B.“ mitteilt, beide Ange⸗ legenheiten einer Lösung in freundschaftlichem Geiste
trägers in Teheran hat der persische Minister des Aeußern Moschar el Saltane einen amtlichen Besuch in der deutschen Gesandtschaft abgestattet, um das aufrichtige und leghafs Be⸗ dauern der Kaiserlich persischen Regierung über die Vorfälle in Täbris zum Ausdruck zu bringen. Der Außenminister teilte dem Geschäftsträger mit, daß der bisherige Generalgouverneur von Täbris Ain el Daule abberufen und der neuernannte Generalgouverneur Mochbir el Saltane angewiesen sei, die Angelegenheit peinlichst zu untersuchen und die Schuldigen aus⸗ findig zu machen.
Am Peiteg hat sodann der hiesige persische Geschäfts⸗ träger Abbas Khan, der den in der Schweiz weilenden per⸗ sischen Gesandten vertritt, den Leiter des Auswärtigen Amtes, Gesandten von Rosenberg im Auftrage seiner Regierung be⸗ sucht. Er hat dieselbe Erklärung abgegeben wie der persische Außenminister in Teheran.
Der Reichsminister Dr. Hermes ist mit Geheimrat Merz, der ihn begleitet hatte, von der Konferenz in London zurückgekehrt. Die ursprüngliche Absicht, eine gemeinsame
stalten, hatte infolge unvorhergesehener Umstände in letzter Stunde nicht verwirklicht werden können. Trotzdem hatte die englische Regierung die Einladung an die deutsche Regierung zu der Londoner Zusammenkunft aufrecht erhalten in der Er wägung, daß eine gemeinsame Aussprache zwischen dem englischen und dem deutschen Ernährungsministerium über die Maßnahmen zur Verbesserung der Er⸗ nährungslage Deutschlands von Vorteil, sein würde. Dieser englisch⸗deutschen Ernährungskonferenz, die unter dem Vorsitz des englischen Ernährungsministers Mac Curdy statt⸗ fand, und an der auch der deutsche Geschäftsträger, Minister Sthamer, teilnahm, wohnten auch Vertreter Frankreichs, Italiens und Belgiens zu informatorischen Zwecken bei.
Der Minister Mac Curdy eröffnete nach einem Be⸗ richt des „W. T. B.“ die am 24. August abgehaltene Be⸗ sprechung mit Worten der Begrüßung für die Erschienenen und wünschte insbesondere Auskunft über das Ernährungs⸗ programm Deutschlands für das eben begonnene Wirtschaftsjahr. Der Minister Sthamer dankte im Namen der deutschen Delegation für die Worte der Begrüßung, worauf Reichs⸗ minister Dr. Hermes sich in längeren Ausführungen über die gegenwärtige Ernährungslage der deutschen Bevölkerung aus⸗ ließ und die Einfuhrnolwendigkeiten Deutschlands darlegte. Er wies unter anderem darauf hin, daß das deutsche Volk und besonders die Bergarbeiter alles daran setzten, um die im Spaaer Abkommen eingegangenen Verpflichtungen zur Kohlenlieferung restlos zu erfüllen. Trotz des völlig unbefriedigenden Ernährungs⸗ zustandes habe die deutsche Bergarbeiterschaft durch freiwillig über⸗ nommene Mehrarbeit es bewirkt, daß die Kohlenablieferungen den An⸗ forderungen entsprächen. Die deutsche Arbeiterschaft sei aber jetzt am Ende ihrer Kräfte, und es sei daher eine Besserung der Ernährung un⸗ erläßlich. Diese Verbesserung sei ebenso, wie diejenige der übrigen deutschen Bevölkerung, nur möglich durch eine wesentliche Verstärkung der Nahrungsmittelzufuhr aus dem Ausland. Diese habe aber ihrerseits zur Voreaussetzung die schleunigste Bereitstellung der in Ziffer VI. des Anhangs zum Protokoll der Konferenz von Spaa vom 16. Juli 1920 festgesetzten Vorschüsse durch die Alliierten Mächte, und zwar zu Bedingungen, die eine dauernde Hebung der Ernährungslage des deutschen Volkes gestatteten. Ohne die vorherige Regelung der Frage der Vorschüsse sei die Aufstellung eines praktisch degheebrsen Er⸗ nährungsplanes für die deutsche Regierung und damit auch die dauernde Gesundung des deutschen Volkes unmöglich. Deutschland könne nicht länger von der Hand in den Mund leben, sondern müsse endlich zu einer vernünftigen Ernährungswirtschaft gelangen, sonst wiederhole es sich, daß das deutsche Volk zwar zu Beginn des Wirtschafts⸗
jahres etwas besser, wenn auch durchaus nicht ausreichend ernährt werden könne, aber in den letzten Monaten des Wirtschaftsjahres infolge ungenügender Auslandszufuhr wieder in den Sueeh starker Unterernährung zurückgeworfen werde. Dieser fortwährende Wechsel zwischen einer geringen Verbesserung der Ernährung und völliger Unterernährung erkläre den stark nervösen und krankhaften Zustand, unter dem das deutsche Volk nach wie vor leide, durch den seine Arbeitslust und Arbeitsfühigkeit sehr beeinträchtigt und auf die Dauer die Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen unmöglich gemacht werde. Die für Deutschland notwendige Unterstützung seitens der Alliierten liege daher auch in deren eigenem Interesse. Der Minister Mac Curdy würdigte vollkommen die vomn Reichsminister Dr. Hermes dargelegten Schwierigkeiten, die sich für die Aufstellung des Ernährungsprogramms aus der noch nicht er⸗ folgten Regelung der Vorschußfrage ergeben, und erklärte sich auf Wunsch des Reichsministers Dr. Hermes bereit, auf die beschleunigte Regelung der Frage der Vorschüsse durch die Reparationskommission, zu deren ausschließlicher Zuständigkeit diese Frage gehöre, hinzuwirken. Die weitere Aussprache über die nächsten Einfuhrbedürfnisse Deutschlands wurde vom Reichsminister Dr. Hermes mit der grundsätzlichen Darlegung eingeleitet, daß Deutschland neben der Einfuhr von Nahrungsmitteln auch auf diejenige von Rohstoffen für die Landwirtschaft Gewicht legen müsse. Die Sicherung der Ernährung Deutschlands für die Zukunft müsse in erster Linie auf der heimischen Erzeugung beruhen, deshalb müsse diese mit allen Mitteln gefördert werden. Diese Auffassung wurde von den Vertretern des englischen Ernährungsministeriums durchaus anerkannt. Anschließend daran wurde dann Auskunft gegeben über die Lage auf den wichtigsten Gebieten der deutschen Ernährungswirt⸗ schaft. Eine eingehende Besprechung hierüber erfolgte am zweiten Tage der Keshe innerhalb kleinerer, aus Vertretern der beiden Ministerien und Sachverständigen gebildeter Kommissionen.
vom Willen zu positiver Zusammenarheit getragen und verdier
ö“
Die englisch⸗deutsche Ernährungskonferenz war beiderseits t
86 8 “
Anteil nehmen werden. vornehmlich von Groß Berlin, im Laufe der letzten Woche ge⸗
entgegenzugehen. Nach einer Meldung des deutschen Geschäfts⸗
Konferenz der Alliierten Mächte und Deutschlands zu veran-
Führung auf der Südlinie zu besprechen.
als erster Versuch eines persönlichen Gedankenaustausches
zwischen den Ernährungsministern Englands und Deutschlands Beachtung, zumal die anderen nächstbeteiligten Mächte Kenntnis von den Verhandlungen genommen haben. Die bei der Londoner Konferenz behandelten Fragen werden voraussichtlich Gegenstand weiterer Beratungen sein, an denen dann hoffentlich die bisher nur informatorisch vertretenen Staaten tätigen
Der französische Botschafter Laurent ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Botschaft wieder über⸗ nommen.
Infolge der Breslauer Vorgänge hat das dortige französische Konsulat seine Tätigkeit eingestellt. Nunmehr müssen sich, wie „W. T. B.“ mitteilt, deutsche Reichsangehörige, die sich in das Abstimmungsgebiet be⸗ geben wollen, wegen des Paßvisums an das französische Konsulat in Berlin oder an ein anderes Fangäfssches Kon⸗ sulat wenden. Französische Konsularbehörden befinden sich außer in Berlin noch in Bremen, Düsseldorf, Frank⸗ furt a. M., Hamburg, Karlsruhe und Mainz. 8
Preußen. “
Am Sonnabend haben, wie „W. T. B.“ aus Beuthen meldet, die Vertreter der deutschen und der polnischen politischen Parteien und Gewerkschaften folgenden Aufruf unterzeichnet:
An das oberschlesische Volk! Genug des Blutes und des Schreckens! Die Vertreter der deutschen und der polnischen Sache haben sich zusammengefunden, um unserem Volke Ruhe, Frieden und ungestörte Arbeit wiederzugeben. Wir alle wollen die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes. In Beratungen haben wir den Weg zur Verständigung auf folgender Grundlage, ohne den bestehenden Gesetzen vomdigre gefunden: —
1. Entfernung der Sicherheitswehr und Ersatz derselben bis zur
möglichst baldigen Bildung einer Abstimmungspolizei, durch eine gesetzliche Hilfspolizei, die sich zur Hälfte aus oberschlesischen Polen und Deutschen zusammensetzt. 2. Ausweisung derjenigen, welche nach dem 1. August 1919 nach Oberschlesien zugezogen sind, aus⸗ enommen diejenigen, die durch berufliche, geschäftliche und fonstige billige. Interessen der Betreffenden gerechtfertigt sind, begutachtet durch eine für jeden Kreis zu bildende, paritätisch aus Deutschen und Polen zusammengesetzte Kommission unter Vorsitz eines Vertreters der alliierten Kommission. Die Ver⸗ ordnung hat nur den Zweck, diejenigen Elemente zu treffen, die nach Oberschlesien gekommen sind, um in ungesetzlicher Weise oder unter Mißbrauch der Amtsgewalt die Abstimmung zu beeinflussen. 3. Weigerung, die Waffen niederzulegen oder abzugeben, oder der un⸗ rechtmäßige Besitz soll mit den schärfsten Strafen, mindestens mit einjähriger Zuchthausstrafe, geahndet werden. 4. Jeder Terror gegen Andersdenkende hat zu unterbleiben. Insbesondere ist jede Ein⸗ wirkung durch Gewalttätigkeit oder Drohung in Arbeitsbetrieben oder im Privatleben, jeder Zwang wegen Zugehörigkeit zu einer politischen oder wirtschaftlichen Organisation untersagt. Jeder Miß⸗ brauch der Amtsgewalt oder Stellung als Vorgesetzter hat zu unter⸗ bleiben. Zur Ueberwachung der Dukchführung dieser Vereinbarungen soll für das deutsche Abstimmungsgebiet die paritätische Kommission aus Deutschen und Polen unter Vorsitz eines Vertreters der inter⸗ alliierten Kommission gebildet werden. 1
Laßt darum ab von allen Gewalttaten, legt die Waffen nieder, kehrt zu Eurem Tagewerk zurück! 3
An erster Stelle unterzeichnet für die Deutschen: Dr. Urbanek und Pfarrer Ulitzka. Für die Polen: Korfanty. v 11“
—
8
Der Kultusminister Haenisch hat nach Mitteilung des „W. T. B.“ folgende Verfügung erlassen: Jede Schulfeier am Sedantage hat zu unterbleiben. Am 1. wie am 2. September ist regelmäßiger Unterricht d. rchzuführen.
Sachsen.
Der Reichsverkehrsminister Groener ist am Sonn⸗ abend in Dresden eingetroffen, um die ihm unterstellte Verkehrs⸗ abteilung in Sachsen zu besichtigen und der Landesregierung einen Besuch abzustatten. Die Landesregierung hat laut Meldung von „W. T. B.“ dabei Gelegenheit genommen, mit dem Reichsverkehrsminister, abgesehen von anderen Fragen, auch ihre Wünsche betreffs des Mittellandkanals und seiner
Württemberg.
Der Generalstreik in Württemberg hat nach Meldung des „W. T. B.“ aus Stuttgart am Sonnabend begonnen. In der Industrie wird nicht gearbeitet. Die Lieferung von Gas und elektrischem Strom hat aufgehört. Dagegen sind estern vormittag die Zeitungen noch erschienen; die Organi⸗ shneieh der Verkehrsbeamten haben beschlossen, daß der Verkehr mit allen Mitteln aufrechterhalten werden soll. Zu Uuruhen und Zwischenfällen ist es bisher nicht gekommen. Stuttgart war ohne Licht, hat aber Wasser. In Untertürkheim versuchten junge Arbeiter die Daimlerwerke, in Kornwestheim den Bahnhof zu besetzen; die Sicherheits⸗ polizei zerstreute sie. In Heilbronn und Ravensburg wurde der Generalausstand verkündet. Am gestrigen Sonntag hat sich die Streiklage nicht verändert. Der Tag ist ruhig verlaufen.
Braunschweig.
In der Frage der Föortsetzung des Mittelland⸗ kanals ist, wie „W. T. B.“ aus Braunschweig gemeldet wird, von Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Anhalt, Olden⸗ burg und Bremen ein gemeinsamer Antrag an das Reich ausgearbeitet worden, der die alsbaldige Inangriffnahme des Kanalprojektes durch das Reich, als die allein dafür noch ver⸗ fassungsmäßig zuständige Stelle, im Auge hat, und zwar die Inangriffnahme auf der Grundlage der südlichen Linienführung.
0 Großbritannien und Irland.
Der Völkerbund gibt bekannt, daß verschiedene Regierungen Nansen eine Million Pfund Sterling zur Verfügung gestellt haben, um die Heimschaffung der gegenwärtig in Deutschland, Rußland, Sibirien und Turkestan befindlichen 500 000 Kriegs⸗ gefangenen zu Ende zu führen.
— Die Abstimmung der Bergarbeiter über einen etwaigen allgemeinen Ausstand ist, wie „Reuter“ meldet, so gut wie beendet; sie hat anscheinend eine Zweidrittel⸗ mehrheit für den Ausstand ergeben. Die endgültigen Ergeb⸗ nisse sollen am 2. September bei einer allgemeinen Bergarbeiter⸗
Nationale Sozialistenpartei) hat eine Entschließung angenommen, in der mit größtem Nachdruck gegen einen Massenstreik oder Generalstreik Einspruch erhoben wird, da er not⸗ wendigerweise Elend und Entbehrung über die ganze Be⸗ völkerung bringen und zu Anarchie und Bürgerkrieg führen müsse.
— „Havas“ berichtet aus Irland:
Die Unruhen in Belfast dauerten gestern an. Es wurden zahl⸗ reiche Häuser in Brand gesteckt und geplündert. Eine Zivilperson wurde getötet, mehrere wurden verletzt. In Dundalk wurden zwei Warenhäuser in Brand gesteckt; bei dem Feuer sollen drei Angestellte verbrannt sein. Vor dem Gefängnis von Brixton versehen über 1000 Polizeibeamte, darunter 300 zu Pferde, den Sicherheitsdienst, um weitere Zusammenrottungen der Menge zu verhindern. Ein Soldat eines englischen Regiments wurde bei einem Ueberfall getötet, und mehrere andere wurden verletzt. Aus Rache hat das Regiment die Stadt Queenstown geplündert; der angerichtete Schaden ist bedeutend.
— Nach einer Havasmeldung aus London ist am Sonn⸗ abendnachmittag die Kaserne im Westteil von Belfast durch die Sinnfeiner angegriffen worden. Es kam zu einem Gefecht, bei dem es viele Verletzte gab. Polizei und Truppen mußten mehrere Male mit dem Bajonett vorgehen, um die Meuterer zu vertreiben. Abends wurde ein Panzer⸗ auto gegen die Aufständischen vorgeschickt, durch dessen Feuer 6 Zivilisten getötet und 50 verwundet worden sind. Nach dem Matin“ ist gestern 24 mal in Belfast Feuer angelegt w den.
Frankreich. Der polnische Finanzminister Grabski ist in Paris ein⸗ ffen, um über die zwischen Polen und Frankreich benden finanziellen Fragen zu unterhandeln, die nfole es russisch⸗polnischen Krieges bisher nicht erledigt werden konnten. Der General Weygand erstattete dem Kriegsminister Bericht über seine Mission in Polen.
Rußland.
Nach Meldung des „W. T. B.“ aus London hat TDschitscherin die polnische Regierung ge⸗ beten, die weiteren Verhandlungen wegen der schlechten Verständigungsmöglichkeit zwischen Minsk und War⸗ schan in einer Stadt Estlands abzuhalten.
Der durch Funkspruch verbreitete russische Heeresbericht vom 27. August besagt:
Die Kämpfe um die Zugänge zu Brest⸗Litowsk dauern an. Im Abschnitt Lemberg dauern die Kämpfe an, wobei wir Gefangene machten, dreizehn Maschinengewehre und Gewehre erbeuteten. Im Krimabschnitt dauern im Bezirk Cherson und Orechow die hart⸗ näckigen Kämpfe an. 8
Italien.
Laut „Ideg Nazionale“ hat der Papst Polen angeraten, nicht über die Grenzen hinauszugehen und bei den Friedens⸗ verhandlungen einen versöhnlichen Geist zu zeigen.
Nach einer Meldung aus Rom berichtet „Epoca“, daß Tittoni, Nicola und Bonomi zu Vertretern Italiens im Völkerbund ernannt wurden.
„Sidele“ meldet, daß das französisch⸗belgische Militärabkommen am Mittwoch endgültig abgeschlossen werden wird.
Polen.
Nach einem Telegramm aus Warschau vom 30. d. M. heißt es in einer Note des polnischen Ministeriums des Aeußern: Die polnische Friedensdelegation hat am 27. August die russischen Friedensbedingungen abgelehnt, weil sie gegen das Selbstbestimmungsrecht der PVölker und gegen die von Rußland bereits anerkannte Souveränität Polens sprecheu und eine Einmischung in die innere Politik Polens darstellen.
Der Operationsbericht des polnischen General⸗ stabs vom 27. August meldet:
Nordfront: Die Lage ist unverändert. Zentrumsfront: An der Grenze Preußens vermehrte sich unsere Beute am 26. August um 4 Geschütze, 30 Maschinengewehr, beträchtliches Kriegs⸗ material und Vorräte. Dem für den 26. d. M. vom Feinde geplanten Angriff auf Brest⸗Litowsk zuvorkommend, ging unsere 3. Legionärdivision am 25. zur Gegenaktion über. Bei Pabikowo wurden während der Ausladung Hauptkolonnen des Feindes überraschend angegriffen. Wir machten 650 Gefangene, darunter 111 Linienoffiziere, und erbeuteten 12 Maschinengewehre und 4 Last⸗ autos. Der Kommandeur der 57. Sowjetdivision und dessen Stabs⸗ chef fielen. Südfront: Oestlich Lemberg schwere Kämpfe, die be⸗ sonders bei Dziedzilow am 26. heftig tobten. Im Abschnitt Bönryka — Swero wurden heftige Angriffe abgewiesen. Bei Pohoryloe zer⸗ sprengten Abteilungen unserer 6. Infanteriedivision das 27. Sowjet⸗ regiment und machten 120 Gefangene. Längs des Flusses Dnjestr ist
ie Lage unverändert. Litauen.
Nach Meldung des „W. T. B.“ aus Wilna erfolgte der Abzug aller bewaffneten Bolschewisten am 25. August, Abends, während die unbewaffneten Angehörigen der Roten Armee sowie die Dienststellen Wilna des Sonnabendabend verlassen wollten. Es wurde durch Verordnung bekannt⸗ gemacht, e cen jetzt ab die “ der Stadt und des Landkreises Wilna allein der sisee Nationalversammlung Wund den von ihr eingesetzten Verwaltungsorganen zu⸗ kommt; gleichzeitig wurde über die Stadt und den Landkreis Wilna der Kriegszustand verhängt. Am Freitag erfolgte die endgültige Besetzung Wilnas durch die litauischen Truppen. Mittags zog unter den Klängen der litauischen Hymne und dem Jubel der Bevölkerung ein Regiment ein, im Laufe des Nachmittags folgten weitere litauische Truppenteile. Abends verkündeten 20 Kanonenschüsse die Befreiung der litauischen Hauptstadt.
In einer Note des litauischen Ministers des Aeußern an den polnischen Minister Fürsten Sapieha wird erklärt, daß Litauen im russisch⸗polnischen Kriege auch weiterhin volle Neutralität beobachten werde. Zur Ver⸗ meidung von Zusammenstößen zwischen litauischen und polnischen Truppen schlägt die litauische Regierung der polnischen vor, ihren Truppen zu befehlen, die von litauischen Posten bewachte Grenze Litauens nicht zu überschreiten. Im Gouvernement Suwalti, wo die litauische Grenze noch nicht festgesetzt ist, schlägt die litauische Regierung Bildung einer vorläufigen Demarkationslinie Grabowa —Augustowo nach Slatin vor. 3
Der russische Volkskommissar des Aeußern Tschitscherin teilte der litauischen Feeisfun durch die Rigaer Vertretung drahtlich die am 28. August über Minsk nach Wilna erfolgte Abreise des russischen Vertreters in Litauen, Axelrod, mit. Dieser ist mit der Lösung aller Unstimmigkeiten
konferenz in London bekanntgegeben werden. Der Vollzugs⸗ ausschuß des Sozialdemokratischen Bundes (früher
zwischen den Regierungen Litauens und Ruß⸗ lans ahtiieeeee “ 6 11“ 8* 4 8
verzeichnen.
Finnland.
Wie das „Journal des Débats“ aus Helsingfors meldet, ist die Kommission des finnischen Reichstags für wärtige Angelegenheiten zusammengetreten und hat si heimer Sitzung mit der Frage des Friedensschlu Sowjetrußland befaßt. Es sei beschlossen wor Friedensschluß aufzuschieben. 8 X“
Schweiz.
Das Internationale Arbeitsamt in Genf teilt folgendes mit:
Entsprechend einem Beschlusse der internationalen Arbeits⸗
konferenz in Washington vom Jahre 1919 ist eine internationale Auswanderungskommission gebildet worden, die die Auf⸗ gabe hat, die Auswanderung der Arbeiter aus ihrem Heimatlande zu regeln und die Interessen der Lohnarbeiter, die sich in einem anderen Lande als in ihrem Heimatlande befinden, zu schützen. Die Kommission umfaßt 18 Mitglieder, die sich aus Vertretern der Negierungen, der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber zusammensetzen. Deutschland hat einen Vertreter der Arbeitnehmer abgeordnet Das internationale Arbeitsamt hat an 42 Regierungen, die sich ihn angeschlossen haben, einen eingehenden Fragebogen gesandt, der Auf⸗ klärung über die Auswanderung, die auf sie bezügliche Feer ebenh usw verlangt. Die bisher eingegangenen Antworten sind noch zu unvoll⸗ ständig, als daß sich darauf erschöpfende Arbeiten der Auswanderungs⸗ kommission aufbauen ließen. Die in Frage stehenden Regierunge sind daher nochmals ersucht worden, ihre Antworten bis zum 15. Oktober dieses Jahres einzureichen. Voraussichtlich wird dann die Kommission 1921 in Genf zusammentreten. — Laut Meldung des „W. T. B.“ aus Bern wurden zu Schiedsrichtern für die aus den Kriegsverhältnissen sich ergebenden zivilrechtlichen Streitigkeiten bestimmt: Professor Eugen Borel, Genf, für Streitigkeiten zwischen England und Dentschland, Professor Paul Moriaud für Streitigkeiten zwischen Belgien und Deutschland.
Serbien.
„Niach einer Reutermeldung hat Serbien die Ver⸗ einigten Staaten aufgefordert, Vertreter für die alliierte Kommission zu ernennen, die über den Streit zwischen Al⸗ banien und Südslawien eine Untersuchung anstellen soll. Ein ähnliches Ersuchen wird auch an England, Frankreich und Italien gerichtet werden.
„Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Belgrad sollte die kommunistische Stadtverwaltung vorgestern die Ge⸗ schäfte übernehmen und dabei den üblichen Eid leisten. Da sie vor Ablegung des Eides den kommunistischen Standpunkt zu
jeder Eidesleistung darlegte, verbot der Minister des Innern,
der in dieser Erklärung einen ungesetzlichen Vorbehalt sah, den Kommunisten die Uebernahme der Geschäfte und ließ das Rat⸗ haus militärisch besetzen.
Amerika.
Der Marinesekretär Daniels hat, wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, mitgeteilt, daß der Panzerk „Pittsburg“ Befehl erhalten hat, von Reval 1 zu gehen, um die Amerikaner zu schützen.
Asien. Nach einem Bericht des britischen Kriegsamtes lassen die Meldungen aus Mesopotamien erkennen, daß sich die Un⸗ ruhen in das Gebiet von Muntefik hinein ausgedehnt haben. Die Lage am Schatt el Hai sei kritisch. In der Nachbarschaft von Hillah sei eine umfangreiche England feindliche Bewegung im Gange. Der Widerstand der Stämme im Nordosten von Bagdad sei noch immer erheblich. Die Araber hätten Kifri eingeschlossen. Der Gehilfe des dortigen Regierungsvertreters sei gefangen genommen worden. Eine Kolonne aus Chanikin habe die Garnison von Garaghan entsetzt.
Statistik und Volkswirtschaft.
Ueber die Dampfkessel⸗- und Dampffaß⸗ Explosionen in Preußen in der Zeit von 1877 bis 1918 bezw. 1890 bis 1918 veröffentlicht das preußische Statistische Landesamt in der „Stat Korr.“ eine vergleichende Uebersicht, der die folgenden Angaben ent⸗
nommen seien.
Sowohl für Dampfkessel⸗ wie für Dampffaßerplosionen weist die Entwicklungsreihe erfreulicherweise mit wenigen Ausnahmen eine stetige Abnahme nach. Konnte man zunächst in den ersten fünf Jahren der Erhebung der Dampfkesselexplostonen, von 1877 bis 1881, im ganzen 67 Explosionen feststellen, so fiel die Zahl der Explosionen im letzten Jahrfünft 1914 —1918 auf 35, somit beinahe auf die Hälfte. Im erstgenannten Jahrfünft zählte man im Mittel rund 38 600 Dampfkessel, im letzten dagegen 117 700, also über das Dreifache. Sind demnach im ersten Jahrfünft auf je 10 000 DPamp ee im Jahresdurchschnitt 3,s Explosionen vor⸗
ekommen, so entfallen im letzten Jahrfünft auf je 10 000 Dampf⸗ eesssel im Jahresdurchschnitt nur 0,8 Explosionen. Die Explosions⸗ gefahr der Dampfkessel ist somit ganz bedeutend zurückgegangen. Aehnlich steht es bezüglich der bei den Dampfkesselexplosionen ver⸗ unglückten Personen. So sind im Jahrfünft 1877 —81 ins⸗ gesamt 206 Personen, im Jahrfünft 1914 —1918 dagegen 68 Personen, somit nur ein Drittel verunglückt. Auf je 10 000 Dampfkessel sind jährlich durchschnittlich im ersten Jahrfünft 10,7¶ und im letzten Jahr⸗ fünft 1,18 Personen verunglückt. Es ist also hier auch ein starker Rückgang der Lebensgefahr bei der Bedienung der Dampfkessel zu Während der ganzen Berichtsperiode von 1877 bis 1918, also in 42 Jahren sind 430 Dampfkesselexplosionen mit 966 ver⸗ unglückten Personen vorgekommen, das waren im Jahresdurchschnitt 10,2 Explosionen und 23,“0 verunglückte Personen. Unter den 966 ver⸗ unglückten Personen befanden sich 326, im Jahresdurchschnitt 7,8 tödlich Verunglückte.
Dampffaßerplosionen wurden im ersten Jahrfünft seit dem Beginn der Erhebung, 1890 — 1894, insgesamt 15 gezählt, im letzten Jahrfünft 1914 — 1918 dagegen nur 7, also noch nicht die Hälfte. Im ersten Jahrfünft wurden im Mittel rund 4070 Dampffässer ermittelt, während im letzten Jahrfünft die Zahl der Dampffässer im Mittel auf 16 570 stieg, somit auf über das Vierfache. Legt man nun hier bei den Dampffaßerplosionen zur Ermittlung der Explosionsgefahr 1000 Dampffässer im Jahresdurchschnitt zu Grunde, so ergeben sich für das erste Jahrfünft 0,74 Explosionen, während für das letzte Jahrfünft nur 0,98 Explosionen erreicht werden, also vom ersten bis zum letzten Jahrfünft eine starke Abnahme auf etwa den neunten Teil. Im ersten Jahrfünft verunglückten bei den Dampffaßexplosionen 23 Personen, im letzten Jahrfünft dagegen nur 9 Personen oder auf 1000 Dampffässer im Jahresdurchschnitt 1, 1 bezw. 0,u Personen. Also auch hier bei den Dampffaßerplosionen ist ein erfreulicher Rück⸗ gang der Lebensgefahr bei der Bedienung der Dampffässer festzustellen. Während der Jahre 1890—1918, also in 29 Jahren, haben sich ins⸗ gesamt 85 Dampffaßexplosionen mit 133 Verunglückten ereignet, d. s. im Jahresdurchschnitt 3 Explosionen mit 1,8 verunglückten Personen. In den Jahren 1900 und 1917 wurden Dampffaßexplosionen über⸗ haupt nicht ermittelt, und in den Jahren 1902 und 1916 waren auch bei den Dampffaßerplosionen Verletzungen an Personen nicht zu verzeichnen.