Vorschriften E“
der Verordnung über zuckerhaltige Futtermittel pom 5. Oktober 1916 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1114) in der Fassun der Verordnungen vom 15. November 1917 e; 8 S. 1047) und 4. Oktober 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1229), der Verordnung über die Einfuhr von Futtermitteln, Hilfs⸗ stoffen und Kunstdünger vom 28. Januar 1916 (Reichs⸗ Gesetzbl. S. 67)
nebst den dazu erlassenen Ausführunßes säsmmungen treten außer
Kraft, soweit sie sich auf Melasse bezie Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Oktober 1920 in Kraft.
„Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft wird er⸗ mächtigt, den Worklaut der Verordnung über den Verkehr mit Zucker vom 17. Oktober 1917 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 914), wie er sich aus Artikel 1 dieser Verordnung ergibt, in fortlaufender Nummernfolge der Paragraphen unter der Ueberschrift: „Verordnung über den Ver⸗ kehr mit Zucker“ unter dem Datum dieser Verordnung im Reichs⸗ Gesetzblatt bekanntzumachen. 8 8
Er kann Uebergangsvorschriften erlassen.
Berlin, den 30. September 1920. Die Reichsregierung. 88 Dr. Scholz.
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Bekanntmachung über Druckpapier. Vom 30. September 1920.
Auf Grund der Verordnung über Druckpapier vom 18. April 1916 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 306) wird folgendes bestimmt:
81
Verleger und Drucker von Zeitungen dürfen in der Zeit vom 1. Oktober 1920 bis zum 31. Dezember 1920 Druckpapier nur in den Mengen beziehen und verbrauchen, die für sie von der Wirtschafts⸗ stelle für das Deutsche Zeitungsgewerbe festgesetzt werden. Dies gilt auch, soweit es sich um die Er iKung dereilt abgeschlossener Lieferungs⸗ verträge handelt. Die Festsetzung geschieht nach folgenden Grundsätzen: 1. Zeitungen, die im Jahre 1915 eine Fläche . bis 200 Quadratmeter eingenommen hatten, erfahren) eine Einschränkung von 11 vom Hundert don 201 bis 250 Quadratmeter eingenommen hatten, erfahren eine Einschränkung von 13,5 vom Hundert von 251 bis 300 Qmadratmeter eingenommen hatten, erfahren eine Einschränkung von 18 vom Hundert von 301 bis 350 Quadratmeter eingenommen hatten, erfahren eine Einschränkung von 22,5 vom Hundert von 351 bis 400 Quadratmeter eingenommen hatten, erfahren eine Einschränkung von 27 vom Hundert von 401 bis 500 Quadratmeter eingenommen hatten, erfahren eine Einschränkung von 30 vom Hundert von 501 bis 600 Onadratmeter eingenommen hatten, erfahren eine Einschränkung von 31 vom Hundert von 601 bis 700 Quadratmeter eingenommen hatten, erfahren eine Einschränkung von 32 vom Hundert von 701 bis 800 Quadratmeter eingenommen hatten, erfahren eine Einschränkung von 33 vom Hundert . von 3801 bis 950 Quadratmeter eingenommen hatten, erfahren eine Einschränkung von 36 vom Hundert . von 951 bis 1100 Quadratmeter eingenommen hatten, erfahren eine Einschränkung von 37 vom Hundert von 1101 bis 1250 Quadratmeter eingenommen hatten, erfahren eine Einschränkung von 38 vom Hundert 3. von 1251 bis 1400 Quadratmeter eingenommen hatten, erfahren eine Einschränkung von 39 vom Hundert von 1401 bis 1600 Quadratmeter eingenommen hatten, erfahren eine Einschränkung von 42 vom Hundert . über 1600 Quadratmeter eingenommen hatten, erfahren eine Einschränkung von 44,5 vom Hundert Die Quadratmeterfläche wird errechnet durch Feststellung der Papierseitengröße und der Gesamtzahl der Seiten (Umfang), die die Zeitung im Jahre 1915 gehabt hat. Zeitungen, deren Quadratmeterfläche sich im Jahre 1915 gegen⸗ über dem Jahre 1913 verringert hat, erhalten, wenn die Minderung 1. bis zu 300 Quadratmeter beträgt,) 4 vom Hundert 2. von 301 bis 450 Quadratmeter be⸗ uüber diejenige Menge trägt, 5 vom Hundert, [hinaus, zu deren Bezug 3. von 451 bis 500 Quadratmeter be⸗ s sie gemäß Ziffer 1 be⸗ trägt, 6 vom Hundert, rechtigt sind. 4. über 500 Quadratmeter beträgt, 7 vom Hundert Zeitungen, deren Quadratmeterfläche sich im Jahre 1915 gegen⸗ über dem Jahre 1013 vermehrt bat, erbalten, wenn die Vermehrung 1. bis zu 50 Quadratmeter beträgt, 4 vom Hundert . . von 51 bis 75 Quadratmeter be- - trägt, 6 vom von 76 bis 100 Quadratmeter be⸗ trägt, 8 vom Hundert ven 101 bis 125 Quadratmeter be⸗ trägt, 10 vom Hundert über 125 Quadratmeter beträgt, 1 12,5 vom Hundert 3
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zhaltigen Druckpapier,
einen Zeitraum von drei Monaten.
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für den Druck der
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„ zu deren Bezug sie gemäß Ziffer 1 berechtigt sind.
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Verleger und Drucker von Tageszeitungen, deren Bezugs⸗ und
1000
Verbrauchsrecht in der Zeit vom 1. Oktober 1920 bis zum 31. De⸗ zember 1920 mehr als 5000 Kilogramm, Druckvapier beträgt, und deren gedruckte und gegen Entgelt aöbgefezte Auflage am 1. Oktober 1920 oder zu einem spateren Zeitpunkt gegenüber der Durchschnitts⸗ auflage des Jahres 1915 zurückgegangen ist, sind verpflichtet, der Wirischaftssts e für das Deutsche Fhetebgegenecbe hiervon unverzüglich Anzeige zu erstatten. Die Wirtschaftsstelle kürzt das Bezugs⸗ und Beibrmuths t dem Rückgang der Auflage entsprechend. Ausnahmen hiervon bedürfen der Zustimmung des Reichswirtschaftsministers. Verleger und Drucker von Tageszeitungen haben der Wirtschafts⸗ stelle jede von ihr zur Ermittlung der pweiligen Auflage geforderte Auskunft wahrheitsgemäß r erteilen. . Für Tageszeitungen, die im Jahre 1915 nicht erschienen sind, kann die Wirtschaftsstelle ein Bezugs⸗ und Verbrauchsrecht festsetzen. 2. Verleger und Drucker solcher auf maschinenglattem, holz⸗ baltigen ruckpapier gedruckten Zeitungen, deren Ausgabe in einer nicht mehr als sechs Bogen zu 8 vier Seiten umfassen, unter⸗ Uiegen, soweit sie vor dem 20. Juni 1917 erschienen sind, keiner Ein⸗ schränkung im Verbrauche von Druckvapier der genannten Art; sie dürfen jedoch in der Zeit vom 1. Oktober 1920 bis zum 31. De⸗ ber 1920 nicht mehr maschinenglattes, holzbaltiges Druckpapier shicten 2 n dreifachen Menge des Verbrauchs im Monat März entspr Die Verleger dieser Zeitungen haben der Wirtschaftsstelle für das Deutsche Zeitungsgewerbe auf ihre Kosten ein Pflichtexemplar jeder Ausgabe durch die — regelmäßig bestellgeldfrei zu überweisen. — nach Ziffer 2 Abs. 1 und 2 finden keine An⸗ wendung auf Verleger und Drucker, in deren Verlag auch Zeitungen erscheinen, die den Vorschriften der Ziffer 1 unterliegen. 3. Bei Festsetzung der Menge nach Ziffer 1 und 2 werden vor⸗ Handene Bestände angerechnet. § 2
„Die Bestimmungen des § 6 der Bekanntmachung über Druck⸗ pom 20. Juni 1916 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 534), soweit sie sich auf unbedrucktes maschinenglattes, holzhaltiges Druckpapier erstrecken, das Eeen Herst ung don Tageszeitungen bestimmt ist, werden
undert unter derjenigen Menge,
3.
Die Bestimmungen des § 8 der Bekanntmachung über Druck⸗ papier vom 24. J⸗ 1920 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1336) bleiben in Geltung, soweit sie sich auf den Bezug von unbedrucktem maschinen⸗ latten, holzhaltigen Druckpapier beziehen, das zur Herstellung von ageszeitungen dient.
Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu ntausend Mark wird bestraft, 8 1 d- — § 1 zuwider Druckpapier der im § 1 bezeichneten Art Iinr größeren Mengen betieht oder verbraucht, als für ihn von dder Wirtschaftsstelle für das Deutsche Zeitungsgewerbe fest⸗ gesetzt wird, 2 8 2. wer Druckpapier der im § 1 bezeichneten Art, das zur Her⸗ stellung von Tageszeitungen bestimmt ist, ohne Genehmigun der Wirtschaftsstelle für das Deutsche He tungeecss verkauf e
oder liefert oder den von der Wirtschaftsstelle für das Deutsche Zeitungsgewerbe an die Lieferung geknüpften Bedingungen zu⸗
widerhandelt, 8 wer der Anzeige⸗ und Auskunftspflicht nach § 1 Ziffer 1
zuwiderhandelt, 4 b Die Bestimmungen treten am 1. Oktober 1920 in Kraft. Berlin, den 30. September 1920. Der Neichswirtschaftsminister. J. V.: Dr. Hirsch.
Preußen. Finanzministerium. Der Oberbuchhalter Fleischhauer aus Koblenz Landrentmeister bei der Regierung in Düsseldorf worden.
8
ist zum ernannt
Ministerium für Handel und Gewerbe.
Dem Regierungs⸗ und Gewerbeschulrat Selle ist die Stelle eines Regierungs⸗ und Gewerbeschulrats bei den Re⸗ gierungen in Osnabrück und Aurich mit dem Amtssitz in Osnabrück übertragen worden.
Ministerium des Innern.
Die Preußische Staatsregierung hat auf Grund des § 28 des Landesverwaltungsgesetzes vom 30. Juli 1883 (Gesetzsamml. S. 195) den Regierungsassessor Dornheckter in Gumbinnen zum zweiten Mitglied des Bezirksausschusses in Gumbinnen auf Lebenszeit ernannt.
Die Preußische Staatsregierung hat die Regierungsräte Dr. Böninger in Bentheim und Goedecke in Siegen zu Landräten ernannt.
Dem Landrat Goedecke ist das Landratsamt im Kreise Siegen, dem Dr. Böninger das Landratsamt im Kreise Graf⸗ schaft Bentheim übertragen worden.
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Anordnung der Landeszentralbehörden, 8 betreffend Umwandlung des Kommunalverbandes „Kohlenverband Groß Berlin“.
Auf Grund des §8 15 Absatz 2 der Bekanntmachung über die Errichtung von Preisprüfungsstellen und die Versorgungs⸗ regelung vom 25. September und 4. November 1915 (Reichs⸗ gesetzbl. S. 607 und 728) wird folgendes angeordnet:
I.
Mit dem 30. September 1920 scheiden die Restkreise Teltow und Niederbarnim aus dem Kohlenverbande Groß Berlin aus.
M.
Die Rechte und Pflichten des Kohlenverbandes Groß Berlin gehen mit Wirkung vom 1. Oktober 1920 gemäß § 2 des Gesetzes über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin 27. April 1920 (Gesetzsammlung Seite 123) auf die neue G
Berlin im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über. III. 1““ “
Die Vermögensauseinandersetzung zwischen der neuen Stadt⸗ gemeinde Berlin und den Restkrrisen Teltow und Niederbarnim wird, soweit nicht eine Einigung unter den Beteiligten zustande kommt, dem Schiedsgericht für die Auseinandersetzung der neuen Stadtgemeinde mit den Restverbänden nach den in dem Gesetze vom 27. Avpril 1920 (Gesetzsammlung S. 123) enthaltenen Grundsätzen überlassen.
IV.
Die bisherigen Verwaltungsstellen des Kohlenverbandes Groß Berlin haben bis zur üönderweitigen Regelung durch die neue Stadt⸗ gemeinde Berlin und durch die Landkreise Teltow und Niederbarnim ihre Geschäfte nach den Weisungen des Magistrats der neuen Stadt⸗ gemeinde Berlin fortzuführen.
Die Fortführung der Geschäfte gemäß Ziff. IV. dieser Anordnung über den 1. April 1921 hinaus wird von der Zustimmung der Rest⸗ kreise Teltow und Niederbarnim abhängig gemacht.
Berlin, den 2. Oktober 1920.
Zugleich im Namen des Ministers für Handel und Gewerbe. Der Minister des Innern. J8. L2. Freunb. 11“ 2. 8 E“ 111““ Ministerium fuͤr Lanvdwirtschaft, Domänen und Forsten.
Der Kreistiexarzt Velmelage in Eupen ist in die Kreis⸗
tierarztstelle des Kreises Rendsburg versetzt worden.
— —
Die Oberförsterstelle Zeitz im R. jerungsbezirk Merseburg ist zum 1. Dezember 1920 zu besetzen. ewerbungen müssen bis zum 18. Oktober eingehen. 8
Ninisterium für Volkswohlfahrt.
Der Kreisassistenzarzt Dr. Bohenstein aus Breslau ist zum Kreisarzt in Rosenberg (Oberschlesien), der Kreisassistenz⸗ arzt Dr. Domansky aus Bublitz zum Kreisarzt in Bublitz, der Kreisassistenzarzt Dr. Widmann aus Münster zum Kreis⸗ arzt in Papenburg ernannt worden. “ Ministerium für Wissenschaft, Kunst
und Volksbildung.
Der Ministerialrat beim Staatsministerium, Geheime Regierungsrat Valentiner in Berlin ist zum 1. Januar 1921 zum Kurator der Universität Göttingen ernannt woͤrden.
Der Oberbibliothekar an der Staats⸗ und Unsversitäts⸗ bibliothek in Breslau Dr. Leyh ist zum Direktor an der Universitaͤtsbibliothek in Halle a. S. und
gleicher Eigenschaft in die naturwissenschaftliche Universität in Franksurt a. Main versetzt worden.
Kustos bek den
Der ordentliche Professor Dr. Johnsen ne gh⸗ 1 8
Dr. Anton Karl Neugebauer zum
staatlichen Museen in Berlin ernannt worden.
Bekanntmachung. Auf Grund des § 16 Abs. 4 der Prüfungsvorschriften für
Nahrungsmittelchemiker vom 22. Februar 1894 ist den staat⸗ lichen Anstalten zur technischen Untersuchung Nahrungs⸗ und Genußmitteln, an denen die nach 3* 1
von
iffer 4 des genannten Paragraphen nachzuweisende prakti che usbildung erworben werden kann, das Chemische Unter⸗
suchungsamt der Stadt Danzig gleichgestellt worden.
Berlin, den 18. September 1920. -Der Preußische Minister für Volkswohlfahrt.
Nichtamtliches.
Deutsches Reicch. Die vereinigten Ausschüsse des Reich zrats für Haushalt und Rechnungswesen, für Reichswehrangelegenheiten und für Seewesen hielten heute eine Sitzung. — —
Eine schwere Grenzverletzung haben sich, wie die „Neidenburger Zeitung“ mitteilt, polnische Posten an der Grenze vei Wolla zuschulden kommen lassen. Am 28. Sep⸗ tember wurde der Altsitzer Friedrich Krajewski aus Scharnau von polnischen Posten auf dentschem Boden ohne jeden Grund erschossen. Die polnischen Posten schleppten die Leiche Muf polnisches Gebiet, wahrscheinlich um den Anschein zu erwecken, als sei er wegen unerlaubten Grenzübertrittes dort erschossen worden. Es wurde einwandfrei festgestellt, daß Krajewski die Grenze nicht überschritten hatte. Die von amtlicher Seite ein⸗ geleiteten Verhandlungen wegen Auslieferung der Leiche sind
2
ergebnislos verlaufen.
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Im Neichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat am Freitag eine Besprechung mit den Ernäh⸗ rungsministern der Länder stattgefunden, bei der die gegenwärtig im Vordergrunde stehenden Fragen der Ernäh⸗ rungswirtschaft einer besonderen Erörterung unterzogen wurden, namentlich die Brotgetreidewirtschaft und die Kar⸗ toffelversorgung. 1
Die Konferenz war sich laut Bericht des „Wolffschen Telegraphen⸗ büros“ klar darüber, daß ein großer Bedarf an Auslands⸗ getreide vorhanden sei, daß eine Steigerung dieses Bedarfs außer⸗ ordentlich nachteilig set und im Interesse der Reichsfinanzen b Vklchfet vermieden werden müsse. Wenn auch fast von allen Seiten berichtet wurde, daß die Roggenernte nicht gut ausgefallen sei, so wurde doch immer wieder die Notwendigkeit betont, daß die Getreide⸗ ablieferung möglichst umfangreich-sein müsse, um die Einfuhr zu ver⸗ ringern. Der Wunsch nach einer Erhöhung der Brotration wurde durchaus verständlich und berechtigt anerkannt, zugleich wurde aber auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die Erhöhung durchzuführen. Hin⸗ gegen fand die Anregung lebhafte Zustimmung, die in Aussicht ge⸗ stellte Kation des gering ausgemahlenen Kochmehles von 125 Gramm auf 150 Gramm wöchentlich zu erhöhen. Die Reichsregierung sagte eine wohlwollende Prüfung dieser Anregung zu, nachdem aus der Mitte der Versammlung hervorgehoben worden war, daß das Kochmehl wegen seines höheren Preises nicht von allen Kom⸗ munalverbhänden voll übernommen werde und hiernach der Einfuhrbedarf keine erhebliche Steigerung erfahren würde. Auf Wunsch Thüringens wurde auch die Frage eines Kuchenbackverbotes besprochen, wobet darauf hingewiesen wurde, daß ein “ bestehe, daß es aber nicht angängig erscheine, das Verbot auch auf Privathaushaltungen zu er⸗ strecken. Mehrfach wurde Klage darüber geführt, daß die berufenen Organe gegen Ausschreitungen und Uebertretungen zu wenig ein⸗ schreiten. So würden fast üͤberall weiße Brötchen gebacken und offen zum Verkauf angeboten, ohne daß die Polizeiorgane irgendwie ein⸗ griffen, während die Möglichkeit und die Pflicht zur Beschlagnahme vorliege. Als ein Hauptinittel für die Sicherung der Brotversorgung wurde immer wieder auf eine verstärkte Anlieceferung seitens der einheimischen Landwirte und auf eine schärfere Erfassung hingewiesen. Dabei wurde betont, daß in dieser Richtung eine Besserung nur durch die Tätigkeit der Landes⸗ regierungen erzielt werden könne, in deren Händen der Vollzug der einschlägigen Vorschriften der Reichsgetreideverordnung liege. 8
Der Stand der Kartoffelverssroung wurde pon ver⸗ schiedenen Vertretern der Länder wesentlich günstiger beurteilt, als das heute in der Heffentlichkeit geschieht, und zwar führte zu einer günstigeren Auffassung die Tatsache, daß die Kartoffelernte nach den einkommenden Nachrichten eine gute Mittelernte ist, und daß durch den Beschluß vom 29. September eine Einigung zwischen den Organisationen der Erzeuger sowie der Städte und Gewerkschaften
Uüber NRiederhaltung der Preise zustande gekommen ist.
wurde aber von verschiedenen Seiten die Meinung vertreten, daß der Oeffentlichkeit sich eine gewisse Nervosität bemäaäͤchtigt habe, obwohl die Ernte jetzt erst recht in Gang komme, und daß diese Nervosität zu übereilten Kaufversuchen und damit zu Preis⸗ treibereien führe. Die Mehrzahl der Redner sprach sich dahin aus, daß eine Aufhebung der abgeschlossenen Verträge durch das Reich nicht möglich sei ohne daß das Vertrauen in die Verordnungen des Reiches erschüttert und damit für die Wirt schaft im nächsten Jahre eine große Gefahr herausbeschworen würd Der Leiter der Reichskartoffelstelle legte dar, daß die Verordnung über die Lieferverträge einschließlich der Preise auf die Initiative der Städte und Berufsvertretungen zurückgehe, nicht auf die der Reichsbehörden, die sich bemüht hätten, die Preise für Ver⸗ tragskartoffeln durch Ernjedrigung der Prämie von 5 ℳ zu vermindern. Aus verschiedenen Landesteilen wurde berichtet, daß zwischen Verbrauchern und Erzeugern unter Führung der Provinzial⸗ und Landesbebörden ein Uebereinkommen getroffen sei, wonach für de Hektar eine bestimmte Anzahl von Zentnern Kartoffeln zu einem Preise von 20 ℳ und darunter für schlechter gestellte Familien,
namentlich auch Kriegerwitwen, zur Verfügung gestellt würden. Es wurde angeregt, diesem Beispiele in größerem Umfange zu folgen. Vor allem aber wurde die Erwartung ausgesprochen, daß der Prei
8 1 8
von 25 ℳ nach der Vereinbarung vom 27. September auch wirklich nicht überschritten werde. 8
In der Besprechung der Milcherzeugung wurde darauf hingewiesen, daß der zurzeit vom Reiche zugestandene Höchstpreis von 1,25 ℳ nicht heraufgesetzt werden könne. Zur Ver⸗ meidung von Ungleichheiten in der Preisbildung und Belieferung wurde die Schaffung größerer Wirtschaftsgebiete in Aussicht genommen. Weiter wurde noch die Nährmittelwirtschaft besprochen, während die Aussprache über die Ein⸗ und Ausfuhr wegen der vor⸗ gerückten Zeit vertagt werden mußte.
Die nächste Konferenz der Ernährungsminister soll Anfan November in Weimar stattfinden.
ie vom Reichsarbeitsministerium mitgeteilt wird, hat die Entwicklung der vüefschaktgicen Verhältnisse seit dem Früh⸗ jahr d. J. dahin gefü
seinen
insbesondere der
Kongresses in Orleans wandte sich
6 ₰ 1 eJ. in den kleineren Staaten den Arbeiterschutz einzuführen. De Entschließung tritt ferner für eine gerechte Verteilung der Roh⸗ stoffe ein und verurteilt schließlich die Politik der französischen
Rußland ausgesprochen. 8 Minberh
Senag.. Internationale beizutreten, ohne jedoch die Selb⸗ ständigkeit der französischen Gewerkschaftsbewegung aufzugeben.
8
— unter ihnen
Beisitzer zn den Gewerbe⸗ und Kaufmanns gerichten aus der in der Verordnung vom 12. Mai 1920 vorgesehenen Zuständigkeitsgrenze von 15 000 ℳ Schwierigkeiten ergeben haben. Das Reichsarbeitsministerium bereitet daher er
a Da keichsarbeitsministerium bereitet daher eine Notverordnung zur Abänderung der Verordnung vom
12. Mai 1920 vor, in der die Einkommensgrenze erheblich
heraufgesetzt werden soll. Es empfiehlt sich daher, die Wahl noch bis zum Inkrafttreten der neuen Verordnung hinaus⸗ zuschieben.
.
Preußen.
Vertreier des Verbandes der Oberschlesischen Presse hatten vorgestern eine Konferenz mit dem stellver⸗ tretenden Präsidenten der Interalliierten Kommission de Mar⸗ tini in Anwesenheit von Vertretern Englands und Frankreichs. Nach allgemeinen Bemerkungen, in deren Verlauf General de Martini die außerordentliche Bedeutung der Presse hervor⸗ hob, insbesondere auch für die Entwicklung der oberschlesischen Bevölkerung, wandte sich die Besprechnung der Frage des Ver⸗ hältnisses zwischen der Besatzungsbehörde und der Presse zu. Seitens der Pressevertreter wurden, wie „Wolffs Tele⸗ graphenbüro“ mitteilt, drei Punkte zur Erwägung vorgeschlagen und begründet: 1. Schaffung einer Vertretung für die oberschlesische Presse bei der interalliierten Kommission, 2. Anweisung der Kreiskommissare zur Information der Presse bei besonderen lokalen Ereignissen, 3. Hinzuziehung eines Vertrauensmannes der vbschlesschen Presse in Fragen der Heitungsverbote. Die Kommission sagte für diese drei Vorschläge und den damit zusammenhängenden Fragenkomplex wiederholt wohlwollende Erwägung zu. Der Mangel einer bisher nicht bestehenden Verbindung zwischen der interalliierten Kommission und der oberschlesischen Presse wurde anerkannt und baldige Abhilfe in Aussicht gestellt. Die Verhandlungen waren obiger Quelle zufolge von dem Wunsche getragen, zu einem Einvernehmen zu kommen unter beiderseitiger Betonung der Wahrung der Freiheit der Presse in nationaler und religiöser Hinsicht.
„Der niederösterreichische Landesrat hat einstimmig beschlossen, gegen die von dem internationalen Grenz⸗ regulierungsausschuß im Gmündner Gebiet be⸗ schlossene ungerechtfertigte Abgrenzung nachdrücklich zu pro⸗
testieren. Großbritannien und Irland.
Am 10. Januar d. J., dem Tage des Inkrafttretens des Völkerbundes, hatte die englische Regierung dem Sekretariat des Völkerbundes 16 internationale Verträge zur Registrierung und Veröffentlichung zugehen lassen. Lord Curzon teilt nunmehr dem Völkerbunde mit, daß die englische Retzierung künftig alle von ihr angenommenen internatio⸗
8
nalen Verträge dem Völkerbund unterbreiten werde.
8 Frankreich. .“
che Botschafter Dr. Mayer hat gestern
dem Ministerpräsidenten und Minister des Aeußern Leygues ersten giellen Besuch abgestattet. Die „Agence Havas“ berichtet über den Besuch wie folgt: Dr. Mayer ver⸗ sicherte zu wiederholten Malen mit aller Entschiedenheit, Deutschland sei gewillt, den Friedensvertrag in seinem vollen Umfang bis an die Grenze des Möglichen zu erfüllen. Leygues erwiderte dem Botschafter, wenn Frankreich den guten Willen Deutschlands bei der Ausführung des Friedensvertrags er⸗
kennen könnte, so würde die Regierung der Republik gewiß alles tun, um die Lage Deutschlands hinsichtlich
einer Verpflichtungen zu erleichtern, und um die Wiederaufnahme der normalen Beziehungen zwischen beiden Ländern zu fördern. Der Ministerpräsident fügte hinzu, daß unter solchen Umständen die Wiederaufnahme und die Entwicklung der Handelsbeziehungen, die durchaus in der Absicht der französischen Regierung liegen, zum gegen⸗ seitigen Vorteil der beiden Länder sehr erleschtert würden. Der deutsche Gesandte erklärte, daß die Wiederanknüpfung der wirt⸗ schaftlichen g. zwischen Frankreich und Deutschland eutschen Regierung erwünscht wären. Die Unterhaltung, die von beiden Seiten durchaus offen
unnd aufrichtig geführt wurde, gestattet ein günstiges Urteil über den Charakter weiterer Besprechungen.
— Der Führer der französischen Militärmission bei der pol⸗ nischen Regierung, General Henry, ist dem „Journal“ zufolge abberufen und durch den General Niessel, zurzeit Befehlshaber des 19. algerischen Korps, ersetzt worden.
— In der vorgestrigen Sitzung des sozialistischen Jouhaux gegen die Haltung der Minderheit, die zu Moskau übergehen wolle, und schlug eine Entschließung vor, die die Beschlüsse von Amiens als Grundlage für die französische Gewerkschaftsbewegung be⸗ zeichnet und erklärt, daß die Nationalisierung der wichtigsten
industriellen Betriebe unvermeidlich wäre. Diese Entschließung wurde in der Schlußfitzung mit 1478 gegen 602 Stimmen an⸗ e
genommen. Für eine Entschließung Verdier stimmten 42 Mitglieder,
83 enthielten sich der Abstimmung. In dieser Entschließung,
in der der Standpunkt der äußersten Linken des Kongresses zum Ausdruck kam, wird erklärt, daß man sich vollkommen
auf den Boden der in Lyon im vorigen Jahre angenommenen Resolution stellt und ohne Vorbehalt den revolutionären End⸗
zweck bestätigt. Die, Entschließung spricht sich ferner für die Nationalisierung der wesentlichen Industrien und Austauschmittel aus und bekennt sich zur Gewerkschaftlichen Internationale. Sie begrüßt auch das Internationale Arbeitsamt, dessen grund⸗
legendes Verdienst es sein könne, auch in den Kolonien und Die
Regierung, die ein Instrument der Weltreaktion sei. Endlich wird die vollkommene Solidarität mit dem revolutionären p Der Kongreß war damit beendet. eit der C. G. T. beschloß in einer besonderen ein revolutionäres Komitee zu bilden und der dritten
Italien.
Der König hat die Ernennung von 60 Senatoren unterzeichnet. Der „Agenzia Stesani“ zufolge befinden sich die sechs ehemaligen Minister Bertolini, Dele⸗ gierter bei der Wiederherstellungskommission in Paris, Crespi, Direktor der Handelsbank, Dacomo, Rava eletto und
S Sonnino; ferner Bergamini⸗ Diroktor bes „Giornale d'Ftalia“,
und der Journalist und frühere Abgeordnete Faelli. Weitere 37 der Ernannten sind ehemalige Abgeordnete, die übrigen hohe Beamte und Gelehrte.
— Das Amtsblatt veröffentlicht die Gesetze, welche den Friedensvertrag von St. Germain und die Besitzergreifung der Ilalien zugesprochenen Gebiete billigen.
— Nach einer Meldung des „Corriere d'Italia“ verlangt Montenegro von Italien, daß ein montenegrinischer Dele⸗ gierter an der Konferenz zur Lösung der Adriafrage teil⸗ nehme.
„— Die Zusammenkunft der sozialistischen Parteileitung in Mailand ist vorgestern beendet worden. Wie die „Agenzia Stefani“ meldet, wurde mit 7 Stimmen eine Tagesordnung angenommen, die den 21 Bedingungen Moskaus zustimmt und den Kongreß auffordert, die Form für die Ausstoßung von reformistischen Elementen festzusetzen. Eine andere Tages⸗ ordnung wurde mit 5 Stimmen angenommen, die den Moskauer Bedingungen bis auf die siebente zustimmt, die die Ausstoßung der Reformisten fordert. Die Parteileitung be⸗ fimmt ferner, daß der nationale Sozialistenkongreß vom 29. Dezember bis zum 3. Januar in Florenz stattfinden soll.
Spanien. Der König hat nach einer Reutermeldung die Auf⸗
lösung des Parlaments verfügt. Die Neuwahlen sinden im Dezember statt. Das Parl ird Anfang Januar eröffnet. 8 8 111XX“X“ Nach einer Radiomeldung tritt der Rat des Völker⸗ 288. in Brüssel am 14. Oktober zu einer Sitzung zu⸗ ammen.
— Die vorgestrige Sitzung der Finanzkonferenz, in der die Frage der Kredite geprüft wurde, brachte neben einer kurzen Besprechung des Vorschlages einer internationalen Bank von Delacroir ein Projekt des holländischen Bankiers Termeulen, nach dem eine Organisation geschaffen werden soll, die dem Warenverkehr hinsichtlich der Kreditabwickluug eine sichere Grundlage gewährleistet. Diese Grundlage sieht eine Zentralkommission vor, die von mehreren Staaten gebildet wird, und der die Aufgabe über⸗ tragen ist, einen Sicherheitsfonds zu verwalten. Dieser Sicherheitsfonds wird durch Steuern und andere Einnahmen der an dem Projekt beteiligten Staaten gespeist. Von der Kommission gehen auch Obligationen heraus, die den eigent⸗ lichen Kreditverkehr zwischen den Importeuren und Exporteuren aller beteiligten Länder vermitteln sollen. Nur für den dringendsten Bedarf sollen Kredite gewährt werden, auch nur für Rohstoffe zur Herstellung von Halb⸗ und Fertigfabrikaten, die wieder für hen Export bestimmt sind. Aus dem Erlös des Exports sind sodann die Obligationen einzulösen. In der Nachmittagssitzung äußerte sich der französische Delegierte Ave⸗ nol zu dem Vorschlage Termeulens dahin, daß dieser Vorschlag gegen den von Delacroix einen Fortschritt bedeute. Er sei mehr anpassungsfähig und habe hauptsächlich den Vorzug, Schuldner und Gläubiger in unmittelbaren Beziehungen zu einander zu belassen. Avenol sprach seine Zustimmung unter Vorbehalt aus, weil nach seiner Meinung eine internationale Organisation, die die finanzielle Solidarität der Völker praktisch verkörpern würde, notwendig sei. Hierauf wurde die Er⸗ örterung geschlossen. Die Tagesordnung der Konferenz ist er⸗ schöpft. Nunmehr wird dem Ergebnis der Ausschußberatungen entgegengesehen. G
Der Präsident der Konferenz bildete einen besonderen Ausschuß, der die Aufgabe hat, über die finanzielle Verfassung der einzelnen Länder einen Bericht zu verfassen. Von deutscher Seite ist in diesen Ausschuß Professor Dr. Lotz⸗München
ewählt.
— Der Premierminister Delacroir hat aus Rio de Janeiro ein Telegramm des Königs erhalten, das den Minister des Auswärtigen Jaspar mit der vorläufigen Leitung des cJe““
Finnland.
Am Freitag wurde laut Melduug des „Wolffschen Tele⸗ graphenbüros“ auf der ‚Dorparter Konferenz festgestellt, daß in den zur Besprechung stehenden drei Hauptfragen zwischen Finnland und Rußland eine Verständigung nicht erzielt wurde. Die Verhandlungen sind somit in ein sehr kritisches Stabdium eingetreten und drohen zu scheitern. Rußland verlangte Vertagung der Konferenz für zehn Tage, die Finnländer gewährten aber nur einen Aufschub bis Montag.
Litauen.
Der Vertreter Litauens im Völkerbund hat an den Vorsitzenden des Pölkerbundes, Senator Bourgeois, einen Brief gerichtet, in dem er gegen das Vorgehen des polnischen Generalstabs prokestiert, der nur eine Waffen⸗ ruhe von zwei Stunden gewähren wolle, obwohl die polnische Regierung nach den Bestimmungen des Völkerbundes die Ver⸗ pflichtung übernommen habe, die Feindseligkelten einzustellen. Der Vertreter Litauens vereasft eiligst Maßnahmen, damit nach den Bestimmungen des Völkerbundes verfahren werde
Lettland. “ Von den „Berlingske Tidende“ verbreiteten offizlösen Melbungen aus Riga zufolge scheint in den Friedens⸗ verhandlungen eine ungünstige Wendung eingetreten zu sein, da Joffe, wie man annimmt, auf Befehl Trotzkis eine Reihe russischer Forderungen vorgelegt hat auf die Polen nicht eingehen will. Die russische Abord⸗ nung erklärt u. a., daß Rußland nicht in die Eingliederung Wilnas und Grodnos in Polen einwilligen könne, da, wenn diese Städte in den Bereich Polens kämen, dies eine ständige strategische Gefahr für Rußland bedeuten würde. Die russische Sowsetregierung verlangt daher, daß die polnischen Truppen sich aus Litauen zurückziehen. Ferner verlangt sie, daß in Ostgalizien eine Volksabstimmung abgehalten werde, und daß der Teil von Wolhynien, der östlich des Bug liegt an Ruß⸗ land fallen soll. Diese letzte Forderung hat in rschau be⸗ sondere Mißstimmung hervorgerufen. M“ “
Tschechs⸗Elowakei. 8 8
Die deutschen Abgeordneten und Senatoren der Nationalversammlung der tschecho⸗slowakischen Re⸗ publik haben an den Völkerbund eine Denkschrift gerichtet, die dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge zunächst fest⸗ stellt, daß der tschecho⸗slowakische Staat gegen den Willen von etwa sechs Millionen Menschen, also in offenem Wider⸗ spruch mit dem Sa1n5eenung8rec der Völker von den fiogreichen Hauptmächten einfach nach der Rechte
des Stärkeren geschaffen worden sel. Die im Friedenzverkrag von St. Germain niedergelegten Bestimmungen, die den Schutz der Minderheiten unter internationaler Garantie bezwecken sollen, seien in keiner Weise geeignet, die Deutschen vor Ueber⸗ vorteilung und Unterdrückung zu bewahren, denn der Wille sehle, die Bestimmungen ehrlich durchzuführen und dem Geiste es Vertrags gerecht zu werden. Die Denkschrift weist dann im einzelnen an der Hand der Gesetzesbestimmungen über den Schutz der Minderheiten nach, daß die Gesetzgebung im tschecho⸗
flowakischen Staate diese Bestimmungen bedenkenlos sowohl
formell als auch materiell verletze, aber nicht mit Waffen⸗ gewalt, sondern mit viel feindlicheren Mitteln werde hierbei vom Staate gearbeitet.
Deutsche Schulen seien kurzerhaud als überzählig gesperrt und die Gebäude und Räume für den tschechischen Schul⸗ unterricht in Anspruch genommen worden. Von gleicher Herrschbegier und Haß gegen alles Nichttschechische seien die Bestimmungen des neuen Sprachengesetzes über den Sprachgebrauch bei Behörden erfüllt, die von den Deuts nicht nur als unerhörte Demütigung und Herausforderung empfunden werden müssen, sondern vielfach undurchführbar seien. Nach dieser Lage der Dinge erheben die deutschen Abgeordneten und Senatoren mit vollem Bewußtsein ihrer Verantwortung vor aller Welt die Anklage: Die tschecho⸗flowakische Republik hat in den ersten drei Halbjahren ihres Bestehens, gestützt auf eine nationalchauvinistische Beamtenschaft und auf die Gewalt der Bajonette, in Gesetzgebung und Verwaltung brutalste Tschechisierungspolitik betrieben, sie hat jede wirkliche Demokratie, alle nichttschechischen Völker in rücksichtsloser Weise unterdrückt, jedes Einflusses auf die Leitung und Verwaltung des Staates beraubt, so daß sie als entnationalisierender imperialistischer, chauvinistischer Staat, in dem die Minder⸗ heit von der Mehrheit beherrscht wird, einen Hort der Reaktion und eine dauernde Gefahr für die friedliche Fort⸗ entwickklung Mitteleuropas darstellt. Als einzig berufene Vertreter von vier Millionen Deutschen in der tschechoslowa⸗ kischen Republsik richten daher die deutschen Abgeordneten und Senatoren an den Rat des Völkerbundes die Bitte, bei der tschechoflowakischen Regierung die von ihr durch den Ver⸗ trag von St. Germain gegenüber ihren nationalen Minder⸗ heiten übernommenen Verpflichtungen durchzuführen und eine unparteiische internationale Kommission in die Tschecho⸗Slowakei zur Prüfung der Beschwerden des deutschen Millionenvolkes zu entsenden.
— In Karlsbad ist gestern der zweite Parteitag der deutschen sozialdemokratischen Partei der tschecho⸗ flowakischen Republik eröffnet worden.
Der Abgeordnete Dr. Czech verwies obiger Quelle zufolge darauf, daß der Parteitag in einer Schicksalsstunde der Partei zu⸗ sammentrete und zu entscheiden habe, welche Wege sie in Zukunft gehen solle. Es handle sich um Sein oder Nichtsein der geschlossenen Partei. Der Abgeordnete Hillebrand schlug vor, der Parteitag solle einen Ausschuß einsetzen, der ihm einen Kompromißvorschlag zu unterbreiten habe, in dem folgende Grundsätze enthalten sein müßten: Die Dittatur im Sinne des kommunistischen Mamffestes ist als die Diktatur einer Mehrheit über eine Minderheit abzuweisen. Inner⸗ halbIder Partei darf es keine diktatorische Gewalt geben. Keine internationale Instanz darf diktatorische Rechte über die Partei er⸗ erhalten. Die Mehrheit des Parteitages stimmte dem Vorschlage zu, daß der Antrag als erster Punkt auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung gestellt werde.
Schweden.
„Im Namen des Provinziallandtags von Aaland ist ein Schreiben an die finnländische Regierung ge⸗ richtet worden, in dem dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zu⸗ folge darauf ö gemacht wird, daß die Juristen⸗ kommission des Völkerbunds ausdrücklich erklärt habe, daß die Frage über die souveräne Zusammengehörigkeit internationales Gepräge habe und daß diese Auffassung einstimmig vom Völker⸗ bundsrat gebilligt worden sei. Als eine selbstverständliche Folge hiervon müßten die Maßregeln, die die finnländische Regierung auf Grundlage der Auffassung getroffen hat, wonach die Aalandsfrage eine innere finnländische Angelegenheit sei, schleunigst von der Regierung aufgehoben werden.
Türkei.
Die „Times“ meldet aus Konstantinopel, daß den letzten Berichten aus Transkaukasien zufolge ein Angriff auf Armenien begonnen zu haben scheint. Eine von Türken ge⸗ führte kurdische Streimacht habe Olty angegriffen. Die Bol⸗ asee die den Friedensvertrag mit Armenien noch nicht unterzeichnet hätten, sendeten Truppen nach der neutralen Zone bei Zanezur und in Richtung auf Kamarlu (10 Meilen von Eriwan). Die armenische sozialdemokratische Partei habe einen Appell an die Sozialdemokraten von Europa und Amerika ge⸗ richtet, in dem sie gegen diese Aktion und gegen die Politik der Moskauer Regierung Einspruch erhebt. Die türkischen nationalistischen Blätter melden die Ankunft eines Abgesandten der russischen Räteregierung in Angora.
Amerika. 8 Santiago de Chile zufolge, ist Sennor Alessandri zum Präsidenten der Republik gewählt worden. Asien.
Nach dem „Nieuwe Rotterdamschen Courant“ meldet der Wochenbericht des britischen Kriegsministeriums aus Sibirien, alle bolschewistischen Divisionen schienen die Ostfront verlassen zu haben und der Bolschewismus verliere in Sibirien Boden; antibolschewistische Streitkräfte seien in Tomsk, in Nowo⸗Nikolajew und an anderen Orten aufgetreten, und die bolschewikenfeindliche Bewegung breite sich bis nach Irkutsk aus. Ein Teil des Heeres der Regierung von Werchne Udinsk habe sich gegen die Bolschewiken erklärt und sei mit Sack und Pack desertiert.
— Die „Times“ meldet, daß Japan die Errichtung von Gesandtschaften in Griechenland und schlossen habe.
Der Ausstand der kaufmännischen Angestellten im Berliner Zeitungsgewerbe hat, wie die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ berichtet, Sonnabend ziemlich stark eingesctt. Nicht nur die in den der Afa angeschlossenen Verbänden organisierten Angestellten sind in den Ausstand getreten, sondern auch Mitglieder der anderen am Ausstand nicht beteiligten Angestelltenorganisationen. Im Laufe des Sonnabend haben nach einer Meitteilung der Streik⸗ leitung die Zeitungszentrale und die „Neue Berliner Zeitung“ die Forderungen der Ausständigen restlos bewilligt und mehrere Seüla8.
Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ aus
Polen be⸗
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