1920 / 263 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Nov 1920 18:00:01 GMT) scan diff

wird eine zusammenhängende Darstellung der für die Besteuerung des Einkommens und Vermögens der physischen und juristischen Per⸗ sonen maßgebenden Grundsätze, die bei der Aufstellung der Steuer⸗ bilanzen zu beachten sind, gegeben und dabei alles besonders hervor⸗ gehoben, was vom Standpunkt des Steuerpflichtigen aus von Interesse ist. Zunächst werden die in der Reichsabgaben⸗ odmung enthaltenen steuerlichen Mindestvorschriften der der Bilanz, die für alle Steuergesetze gelten, auf welche die eichsabgabenordnung anwendbar ist, kurz erörtert. Wenn der Kauf⸗ mann diese Vorschristen nicht befolgt, setzt er sich Ordnungsstrafen und bei unrichtigen oder verschleierten Angaben der Strafverfolgung wegen öI er ⸗gefährdung aus und wird außerdem die Buchführung und die Bilanz nicht als ordnungsgemäß anerkannt, mit der Folge, daß der Steuerpflichtige den Anspruch auf diejenigen Vergünstigungen berliert, die manche bemene söh für Gewerbe⸗ treibende mit ordnungsmäßiger r Buchführung vorsehen. Vielfach werden in derarkigen Fällen auch die Voraussetzungen § 210 der Reichsabgabenordnung vorliegen, nach dem das Finanzamt 88 Grund seiner Sceung veranlagen kann, gegen die dem Steuer⸗ pflichtigen lediglich das Recht der Beschwerde bei dem Landesfinanz⸗ amt zusteht, nicht der gewöhnliche Nech en tif hnb. e he ac Be⸗ rufung, Rechtsbeschwerde). In den Hauptteilen des Buches be⸗ handelt dann der Verfasser im besonderen die Steuerbilanz nach dem Einkommen⸗ und dem Körperschaftssteuergesetz (Methoden der Ge⸗ winnberechnung und deren Voraussetzungen, die für die Steuerbilanz maßgebende Zeit, unzulässige Abzüge, die Abschreibungen, Bewertung der verschiedenen Aktiven und Passiven, Ausdehnung des Geschäfts auf mehrere Staaten, Länder und Orte, Beteiligung an fremden Geschäften, Befonderheiten für die Erwerbsgesellschaften), die Steuer⸗ bilanz nach dem Besitzsteuergesetz, die Steuerbilanz nach dem Gesetz über eine Kriegsabgabe vom Vermögenszuwachs und die Steuer⸗ bilanz nach dem Reichsnotopfergesetz. Für die 111“ bilanz sind das alte und das neue Steuerrecht nebeneinander berück⸗ sichtigt, weil noch viele Beschwerdefälle, die nach dem alten Recht beurteilt werden müssen, enbängiß fend. die Gegenüberstellung beider Rechte auch die Einarbeitung in die neuen Gesetze erleichtert. Zahl⸗ reiche Beispiele erläutern die leicht verständliche Darstellung, in der durchweg die Ergebnisse der Rechtsprechung verwertet sind, unter besonderer kritischer Würdigung derjenigen Entscheidungen, die vom Standpunkt des Steuerpflichtigen aus nach der Ansicht des Ver⸗ fassers unbefriedigend sind. Kaufleute, Steuerbeamte und Juristen werden das Buch mit gleichem Nutzen lesen. 8 Das Kapitalertragsteuergesetz vom 29. März 1920, erläutert von Dr. Otto Kahn, Rechtsanwalt in 8n 133 Seiten. Verlag von J. Heß, Stuttgart. Geh. 9 ℳ. Das apitalertragsteuergesetz verordnet die Erhebung einer besonderen Reichssteuer von dem aus dem Vermögensbesitz zesesenden sogen. fundierten Einkommen, das nach der Meinung des Gesetzgebers eine stärkere Belastung erträgt als das 11. unfundierte Einkommen, essen Bestand von mancherlei Zufälligkeiten, namentlich von dem mfang der Arbeitskraft und der Möglichkeit ihrer wirtschaftlichen Ausnußung abhängig ist. Diese Steuer stellt, wie die Mehrzahl der Gewerbesteuern und Grundsteuern, eine Abgabe vom Rohertrage dar, welche die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen nicht be⸗ rücksichtigt, und zwar werden die Erträge aus Kapitalvermögen, wie Zinsen von Anleihen, von Hypotheken, von Darlehen usw., ferner venden, Ausbeuten u. dergl., einer Steuer von 10 vH unter⸗ worfen. Unter gewissen Umständen können auf Antrag Härten durch Befreiung und Erstattung gemildert werden. Neu ist für Deutschland die Art der Steuererhebung (an der Quelle), die eine r den anderen Steuergesetzen völlig verschiedene Konstruktion bedingt, die den Schuldner von Kapitalerträgen zum Steuerträger macht und ihm Pflichten auferlegt, über die er sich unterrichten muß, wenn er nicht u Schaden kommen will. Es haben also neben allen Beziehern von Kapitalerträgen, für die besonders die zahlreichen Gründe für Be⸗ 8 von der Steuer von Interesse sind, auch alle diejenigen Per⸗ sonen und Focherschofden, die Zinsen, Dividenden und sonstige Kapital⸗ gewinne zu zahlen haben, sich mit dem Inhalt des Gesetzes vertraut zu machen. Der Verfasser des vorlie enden Buches gibt eine wesent⸗ lich den Bedürfnissen der Praxis Rechnung tragende, gemeinverständ⸗ liche Erläuterung des Gesetzes, ohne die grundsätzlichen Gesichtspunkte außer acht zu lassen. De sen Bestimmungen werden in ihrem Zu⸗ sammenhang und in ihrer Wechselwirkung mit dem gesicherten Be⸗ tande der Privatrechtsbegriffe unter Heranziehung der Gesetzes⸗ materialien und Berücksichtigung aller ergänzenden Bestimmungen Gesetze sowie der einschlägigen Rechtsprechung be⸗ trachtet. Kapitalertragsteuergesetz vom 29. März 1920 und Landessteuergesetz vom 30. März 1920 für das Deutsche Reich, Textausgabe mit kurzen Anmerkungen und aus⸗ ührlichem Sachregister, herausgegeben von Karl Pannier, Land⸗ d 72 Seiten. Verlag von Philipp Reclam jun., Leipzig. h. 1,50 ℳ. Mit dieser Ausgabe des Kapitalertrag⸗ teuer⸗ und des Landessteuergesetzes wird die „Reclams Universal⸗ bibliothek“ angeschlossene Sammlung deutscher Reichsgesetze, speziell die der neuen Steuergesetze des Reiches fortgeführt. Während das erstgenannte Gesetz besonders für den Kapi alisten, auch für den at das Landessteuergesetz große Bedeutung namentlich für emeindeverwaltungen und die weiteren Kom⸗ munalverbände. Es will die Verteilung der Steuererträge zwischen Reich, Läaändern und Gemeinden, das Besteuerungsrecht der letzteren umschreiben und diesen wie den Ländern eine feste finanzielle Unter⸗ lage für ihre weitere Entwicklung schaffen, nachdem das Reich ihnen die Haupteinnahmequellen entzogen und für sich in Anspruch genommen hat. Beide dem Verständnis mancherlei Schwierigkeiten bietende Gesetze sind von r etwas ausführlicher erläutert, als es sonst bei den Textausgaben der „Universalbibliothek“ üblich ist; insbesondere 8 888b dabei die amtlichen Materialien ausgiebige Verwertung ge⸗ funden. 8 Tabellen zum neuen Steuerabzug vom stän⸗ Arbeitseinkommen mit festgestellten Ab⸗ g 9 en⸗, 14 Tages⸗ und Monats⸗ bezüge, mit dem Gesetzestext und den Ausführungsbestimmungen in der Fassung vom 28. Juli 1920, von Emil Hey, Fabrikbeamten. Stuttgart, Verlag von J. Heß. Preis 5 und Teuerungszuschlag. Diese Tabellen enthalten die festgestellten abgerundeten Steuerabzugs⸗ beträge für jedes Arbeitseinkommen bei Lohnzahlung nach Tagen, nach Wochen, nach zwei Wochen und nach Monaten, und zwar sowohl für Arbeitnehmer ohne Haushaltungsangehörige wie für Arbeitnehmer mit solchen, unter jeweiliger Berücksichtigung der abzugsfreien Teile des Arbeitseinkommens. Sie geben cine Uebersicht über den Abzug der Einkommensteuer vom Arbeitseinkommen und dessen Handhabung,

kleinsten, vichtig. ist le

e den sie benutzenden Arbeitgebern vor allem eine Er⸗

sparnis an zeitraubender Ausrechnungsarbeit und bedeuten eine wesent⸗ 8 86 Erleichterung für Lohnbuchhaltungen, Behörden und Haus⸗ altungen. 8

Verkehrswesen.

8

Seit einigen Wochen schweben zwischen Deutschland und Polen Verhandlungen über den Verkehr zwischen Ostpreußen und dem übrigen Deutsch⸗ land. Da diese Verhandlungen bis zum 22. November vertagt werden mußten, sind, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, die deutschen und polnischen Eisenbahnverwaltungen jetzt übereingekommen, schon vor Abschluß der Verhandlungen provisorisch einen Tages⸗und Nachtschnellzug zwischen Berlin und Königsberg in beiden Richtungen auf der Strecke Schneidemühl Dirschau —- Marienburg nss zu lassen. Die deutsche Regierung hat Polen für diese Schnellzüge sieben Loko⸗ motiven zur Verfügung gestellt. Der Tag, von dem ab die Schnell⸗ züge verkehren werden, und ihr Fahrplan wird noch bekanntgegeben. Zur Benutzung dieser Züge wird ein polnisches Visum nicht mehrerforderlich sein, vielmehr genügt ein deutscher Paß oder Personalausweis, der Achrgild und Unterschrift des Inhabers sowie Unterschrift und Amtssiegel der ausstellenden Behörde tragen muß. Ferner muß aus ihm die deutsche Reichsangehörigkeit des Inhabers ersichtlich sein. Angehörige der alliierten und assoziierten Mächte sowie neutraler Staaten müssen mit eigenen Pässen, polnische

8 Staatsangehörige mit polnischen Pässen versehen sein. Die Kontrolle

dieser Ausweise erfolgt während der Fahrt im Zuge. Eine Zoll⸗ kontrolle findet in diesen Zügen nicht statt, doch ist das Aus⸗ und Einsteigen, das Herausgeben und Hereinnehmen von Gepäck, Geld, Briefen und sonstigen Ge⸗ enständen sowie der Verkehr mit Nichtreisenden auf der Strecke Konitz —Dirschau Marienburg untersagt; ebenso ist die Mitnahme von Feuerwaffen, Munition und dergl. nicht gestattet. Nur Jagdwaffen dürfen mit⸗ genommen, müssen aber im Packwagen abgegeben werden.

Alle Reisenden werden zur r. von Mißhelligkeiten dringend gebeten, sich bei Benutzung dieser chnellzüge, die für den Verkehr von und nach Ostpreußen bereits eine wesentliche Erleichterung darstellen, genau an die erwähnten Vorschriften zu halten.

In letzter Zeit haben private Versicherun die Ver⸗ sender von Postpaketen öffentlich aufgefordert, die Pakete bei ihnen vor der Uebergabe an die Post gegen Verlust oder Wert⸗ verminderung zu versichern. Zum Zeichen der vollzogenen Versicherung sollen von der Versicherungsgesellschaft gelieferte Seeeewvis en marken auf den Abschnitt der Paketkarte geklebt werden. Für eine private Versicherung dieser oder ähnlicher Art liegt aber bei dem heutigen Stand des Wertpaketdienstes der Post keine Not⸗ wendigkeit vor. Der Absender kann jeßt bei der Post ein Paket mit Wertangabe mit 500 aufliefern, ohne es in besonderer Weise zu verpacken und überhaupt zu versiegeln. Er hat lediglich den Wert auf der Paketkarte anzugeben. Die Post stellt für ein solches Paket wie für andere Wertsendungen eine Einlieferungsbescheinigung aus. Bei Paketen mit Wertangabe von mehr als 500 ist eine dem wertvolleren Inhalt entsprechende Verpackung und die Versiegelung nötig. Für beide Arten von Wertpaketen haftet die Post bis zur Höhe der Wertangabe nach dem Post Fles⸗ und zwar werden nach den nunmehrigen Grundsätzen der Postverwaltung in Verlustfällen die Herifelangsfosien des Paketinhalts mit Einschluß eines an⸗ gemessenen Unternehmergewinns vergütet. Die Postverwaltung er⸗ leichtert also den Auflieferern die Versendung unter Wertangabe in weitestgehendem Maße und kommt auch hinsichtlich der Haftung billigen Anforderungen nach. Das Publikum kann sich bei der Be⸗ nutzung der allgemeinen Posteinrichtungen die Ausgaben für eine private Versicherung ersparen. Diese bietet dem Paketpersender in keiner Weise eine erhöhte Sicherheit für die richtige Beförderung der Sendung, denn die Post hat mit der privaten Wertversicherung über⸗ haupt nichts zu tun.

Verbot der Einfuhr österreichisch⸗ungarischer Banknoten in Ungarn. Außer der Einfuhr ungestempelter österreichisch⸗ungarischer Banknoten ist nach Ungarn auch die Einfuhr von Banknoten der sogenannten Räterepublik von 200 Kr., Serie 2000 und darüber, und von 25 Kr., Serie 3000 und darüber, verboten.

Theater und Musik.

Im Opernhause wird morgen, Sonnabend, „Madame Butterfly“, mit den Damen Marherr⸗Wagner, von Scheele⸗Müller, Jörn und den Herren Kirchner, Düttbernd, Philipp, Lücke, Stock und Krasa besetzt, gegeben. Musikalischer Leiter ist Dr. Karl Besl. Anfang 7 Uhr.

Im Schauspielhause wird morgen „König Richard III.“ mit Fritz Kortner in der Titelrolle wiederholt. Anfang 7 Uhr. Wegen des Totensonntags mußte die für diesen Tag 11 Uhr Vormittag angesetzte Mittagsveranstaltung und die für 2 ¼ Uhr angesetzte Vorstellung zu ermäßigten Preisen von „Nathan der Weise“ verschoben worden. Die Mittagsveranstaltung findet jetzt am 28. d. M., die Nechwäitee vesfssdung. von „Nathan der

eise“ am 5. Dezember statt. Gelöste Karten behalten Gültigkeit.

Das Märkische Wandertheater öffnet am 1. Dezember unter Leitung von Otto Glaeser wieder seine Pforten. Der Spielplan der Wanderbühne enthält: Goethes „Faust“ und

„Iphigenie“, Schillers „Maria Stuart“, Lessings „Minna von Barnhelm“, Dreyers „Die Siebenzehnjährigen“, Leo Lenz’ „Bettinas Verlobung“, Kurt „Nachtbeleuchtung“, Jungnickels „Die blaue Marie“, Blumenthal⸗Kadelburgs „Im weißen Rößl“, Hauptmanns „Einsame Menschen“.

Mannigfaltiges.

In der gestrigen Sitzung der Groß Berliner Stadt⸗ verdrdneten berichtete zunächst der Stadtverordnete Ewald über die vom vorberatenden Ausschuß vorgeschlagene Abänderung der vorgesehenen Verteilung der auf der Stadtliste gewählten Stadtverordneten auf die Bezirksver⸗

ammlungen. Nach längerer Aussprache wurden die Vorschläge des Ausschusses angenommen. Ein Antrag der Stadtverordneten Dr. Weyl und Genossen auf Abstandnahme von der Er⸗ hebung einer Kaution von den Automatengas⸗ verbrauchern wurde einem Ausschusse überwiesen, desgleichen ein weiterer Antrag der Stadtverordneten Dr. Weyl und Genossen sowie ein solcher der Stadtverordneten Dörr und Genossen, betreffksd Einstellung der Kohlenlieferungen an Bars, Dielen usw. und haitdes erenng ihres Kohlenbedarfs für Zwecke der arbeitenden Bevölkerung. Vorlagen des Magistrats, betreffend de Schaffung der zentralen Ver⸗ waltungsdeputationen und die Bildung einer Ueber⸗ gangsdeputation für außeretatsmäßige Be⸗ willigungen, wurden nach längerer Aussprache angenommen. Es folgte eine ausgedehnte Erörterung über den Ausstand der städtischen Elektrizitätsarbeiter. Zu diesem Gegen⸗ stand lagen mehrere Anträge vor, und zwar einer von deutschnationaler Seite, dahin gehend, zur Feststellung der Schuldigen und ihrer straf⸗ und ivilrechtlichen Verant⸗ wortlichkeit, einen Untersu chungsauss 9 von 25 Mitgliedern einzusetzen; sodann ein Antrag der Deutschen Volkspartei, einen 15 gliedrigen Ausschuß zwecks Feststellung des Tatbestands und Be⸗ richts an die Versammlung einzusetzen. ee gingen aus der Mitte der Versammlung von sozialdemokratischer und demokratischer Seite noch mehrere Anträge ein, die je nach dem Parteistandpunkt zu dem Ausstand und seinen Folgen Stellung nahmen. An der Aussprache, in der scharfe Angriffe gegen den Oberbürgermeister Dr. Wermuth gerichtet wurden, beteiligte sich der Bürgermeister Ritter, nach dessen Rede ein Antrag auf Vertagung der weiteren Aussprache angenommen wurde. Zum Schluß wurde die noch auf der Tagesordnung stehende Vorlage, betreffend die Erhöhung des Tarifs für die Straßenbahnen, einem besonderen Ausschusse zur weiteren Prüfung überwiesen. Die angekündigte Erhöhung des Fahr⸗ preises der Straßenbahn auf 80 Pfennig findet infolge⸗ dessen heute noch nicht statt.

Im Berliner Stadthause fand gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, zu Ehren der hier anwesenden Vors itzenden des finnischen Hilfskomitees für die deutschen Kinder in Helsingfors Fräulein Dr. A. Forsellis, eine Feier statt, bei der der Dank der Berliner Jugend für die Aufnahme der deutschen Kinder in Finnland von den Kindern und der mit ihrer Unterbringung befaßten Organisation zum Ausdruck gebracht wurde.

Im wissenschaftlichen Theater der „Urania“ wird am Sonntag der Vortrag „Aegypten und der Nil“, am Montag der Vor⸗ trag „Der Großglockner, Gastein und die Salzburger Alpen“ und am Dienstag und Sonnabend der Vortrag „Der Golf von Neapel“ wiederholt. Am Mittwoch spricht in der Reihe der Gelehrtenvorträge Rud. de Haas über das Thema „Drei Jahre unter Goldgräbern in Australien. Am Donnerstag wiederholt der Professor Goerke seinen Vortrag Stadt“ und am Freitag der Prosessor Dr. Spies seinen Vortrag „Ostwalds neue Farbenlehre’. Im Hörsaal werden nachfolgende Vortäge gehalten: Montag Dr Meißner: „Gesundheit und Krankheit“; Dienstag, Geheimer

88 2

Rat Professor Dr.

Donath: „Ruhende elektrische Ladungen“ Freitag, Keßner: „Dampfhämmer und hydraulische Schmiedepre

Grenzstadt Asch trafen vergangene Nacht gegen sche Legionäre ein und stürzten das Joseph⸗Denkmal. Die 82 Sturmläuten alarmierte Bevölkerung strömte herbei und richtete beim Lichte von Schein 1 2 Febungen das Denkmal wieder auf. Es kam dabei zu einem

des Hil

eine Entschließung einstimmig vefeßt es heißt: „Die tätigkeiten , lebenden Stammesgenossen mit Die immer drückendere Gewaltherrschaft der Prager Machthaber muß die ganze gesittete Welt davon überzeugen, F die, die gegen ihren

„Ueber hochgespannten Strom“; Sonn⸗

pies: abend, derselbe: „Die Entstehung der Röntgenstrahlen“; Mittwoch, Dr. W. Berndt: „Darwins Lehre II“; Donnerstag, Pezeses Dr.

rofessor Dr. en“. G

Plauen i. V., 18. November. (W. T. B.) ve he E. . i⸗

werfern unter nationalen Kund⸗

ampfe, bei dem eine Person getötet und dreiund⸗

zwanzig verletzt wurden, unter ihnen sieben schwer.

Wien, 18. November. (W. T. B.) Den Abendblättern zufolge

trat unter dem Eindruck der deutschfeindlichen Vorgänge

in der AE“ gestern abend der Leitungsausschuß svereins für Deutschböhmen und der

zusammen, wobei wurde, in der neuerlichen empörenden lsche Hischen Gewalt⸗ erfüllen die außerhalb der Tschecho⸗Slowakei öchster Empörung und Entrüstung.

Sudetenländer zu einer Sitzun

Willen unter das tschechische Joch gezwungen sind, die den Deutschen

unerträgliche Behandlung nicht länger dulden werden. Der tschechis

bedeutet eine ständige Gefahr für den Frieden uropas.“

Prag, 18. November. (W. T. B.) Wie die Blätter aus Brünn melden, haben dort tschechische Studenten das Gebäude der dentschen Technischen Hochschule und eine deutsche Volksschule nach Kaiserbildern abgesucht. Abends zogen einige Hundert Demonstranten vor die Redaktion des „Tagesboten“. Eine Abordnung begab sich zum Haupt⸗ schriftleiter, der das Versprechen Flen mußte, in der nächsten Nummer nichts Aufreizendes zu schreiben. Aus Reichenberg wird gemeldet, daß es in Franzensbad zu Zusamenstößen zwischen der Bevölkerung und Soldaten gekommen ist. Im Laufe des heutigen Tages ist es in Prag zu keinen ern sten Ausschreitungen gekommen. Die deutschen Blätter sind bisher nicht erschienen. Im bisher deutschen Landestheater wird auch weiter tschechisch gespielt. „Cesko Slovo“ erfährt, es sei an maßgebender Stelle entschieden, daß das Landestheater dauernd den Tschechen verbleiben werde.

Nr. 91 des, Zentralblattes b1111“ herausgegeben im preußischen Finanzministerium, vom 13. No⸗ vember 1920 hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. Nichtamtliches: Die Wohnungsfürsorge in der preußischen Berg⸗, Her und Salinenverwaltung. I. Die zweigleisige Johannestal⸗ rücke im Zuge der Eisenbahnstrecke Hannover Hamm. Ver⸗ mischtes: Halkbare Farben für die Ausmalung von Kirchen und Wohnungen. Bücherschau.

Aeronautisches Observatorium. 8 Lindenberg, Kr. Beeskow. 17. November 1920. Drachenaufstieg von 5 a bis 8 ¼ a

Fengühe Wind Feuchtig⸗ keit : Geschwind. 8 oben unten 2% Richtung 9—

122 8 SWzW 6 300 17 1000 17 1500 1— 16

16 18 20

Seehöhe Luftdruck Temperatur Co

Wind Geschwind.

Sekund.⸗

Meter

Relatip Temperatur Co Feuchtig.

Seehöhe Luftdruck kein 8 Se oben unten % Richtung 122 2,6 98 W 600 599 88 NW 2400 65 NWz W 12 4100 ( 24,9 53 NWzW 14 Bedeckt. Nebel. Sicht 2 ½ km. 3

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.) v 2 ö 2 ünices Mmmmee 8 8

Opernhaus. (Unter den Linden.) bezugsvorstellung. Madame Butterfly. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Lohengrin. Anfang 5 Uhr.

Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Sonnabend: Nach⸗ mittags: Kartenreservesatz 116. Schülervorstellung. Minna von Barnhelm. Anfang 2 ½ Uhr. Abends: 211. Dauerbezugs⸗ vorstellung. König Richard der Dritte. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Nachmittags: Vorstellung zu ermäßigten Preisen: Nathan der Weise. Anfang 2 ½ Uhr. Abends: König Richard der Dritte. Anfang 7 Uhr.

Familiennachrichten.

Gestorben: Hr. ehem. Kustos am Botanischen Garten zu Berlin⸗ Dahlem, Professor Dr. phil. Udo Dammer (Dom. Karlsruh,

Ppost Gr. Rambin, Pom.). Hr. Rechtsanwalt und Notar, Geheimer Justizrat Friedmann (Glogau).

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol⸗ Charlottenburg.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle Rechnungsrat

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlaasanstalt Berlin. Wilhelmstraße 32.

Sechs Beilagen

leinschließlich Börsenbeilage und Warenzeichenbeilage Nr. 91 A und B)

und Erste. Zweite und Dritte Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage.

engering in Berlin.

Verlin, Freitag, den 19. November

(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)

Deutscher Reichstag. 29. Sitzung vom 18. November, Nachmittags 3 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)*)

Der Abgeordnete Thabor (Soz.), gewählt im . kreis, Düsseldorf, 8 auf Grund (net) Bemühsten 19. Wahl. prüfungsgerichtsho s aus dem Reichstage ausgeschieden.

Die Inte ellation der Sozialdemokratie, betreffend Vor⸗ 8

enbergbaues, soll, wie die Reichsregi

durch den Reichswirtschaftsminister Dr. Scholz cheregieruns sofort bea ntwortet werden. Präsident Löbe wird die auf die Tagesordnung einer der nächsten itzungen setzen. Die Interpellation Stresemann (D. Vp.), be⸗ treffend die gegenwärtige Wirtschaftskrisis, vwird nach einer Erklärung des Reichswirtschaftsministers Dr. Scholz ] der geschäftsordnungsmäßigen Frist beantwortet

Es folgt die Besprechung der Interpellation der EE1112 berefeh Kartoffelliefe⸗

rträge. ie Interpellation war am 6. No⸗ vember begründet und beantwortet worden. 1

Abg. Feldmann (Soz.) polemisiert n den Abg. Schimmel⸗ pfennig, der die ISorhhore 5 Beeründe. hat. Von einer Hetze gegen die Landwirte kann keine Rede sein, da weite Kreise der Bevölkerung tatsächlich unter dem Kartoffelmangel außerordentlich notleiden und die Landwirte spesiel die industrielle Bevölkerung nicht genügend mit Kartoffeln ver⸗ orgt haben. Auch Herr Schimmelpfennig hat von der Reichstags⸗ tribüne aus einen lebhaften Appell an die Kartoffelproduzenten ge⸗ richtet, alles zu tun, um ihren vertraglichen Verpflichtungen gerecht zu werden; mit diesem oft gehörten Appell allein ist es aber nicht getan. Wenn die Städte zum Teil die Abnahme der gelieferten Kar⸗ toffeln verweigert haben, so hat das daran gelegen, daß die Kartoffeln in schlechtem Zustande angeliefert wurden. Vielfach waren die Kar⸗ toffeln verfault; dennoch sollten die Städte dieses schlechte Material zu 31,75 Mark den Zentner abnehmen. Uebrigens sind im Falle der Weigerung der Städte sofort wilde Händler zur Stelle, die den Preis noch überbieten. Wäre es nicht besser, daß für Kartoffeln und Fleisch die Zwangswirtschaft wieder eingeführt würde? Die gelieferten Kartoffeln sind oft in einem Zustande, daß sie als Speisekartoffeln nicht zu brauchen sind. Es heißt, daß die Kommunalverbände die ö auf Lieferungsverträge nicht abge⸗ nommen hätten, aber die Landwirte in Pommern haben einen Liefe⸗ rungsboykott über Berlin verhängt, weil Berlin sich die Prüfung vor⸗ behalten wollte, ob die Kartoffeln einwandfrei Berlin war gezwungen, um rechtzeitig vor dem Winter überhaupt Kartoffeln zu bekommen, den Lieferungsgenossenschaften über die Vertrags⸗ bestimmungen hinaus entgegenzukommen. Vielfach werden die Kar⸗ offeln weit über den Höchftpreis bezahlt. Im letzten Jahre sind die breise der landwirtschaftlichen Produkte wiederholt erhöht worden, da unten sich die Landwirte auch mal mit einem geringeren Kartoffel⸗ preis begnügen. Viele Kartoffeln sind in das besetzte Gebiet gegangen und von da nach Frankreich. Wir S. die Festsetzung der Kar⸗ toffelpreise, eine gerechte Verteilung, Eisenbahnnottarife für Kartoffeln und Maßnahmen gegen die Preistreiberei. Der Wucher müßte mit ö“ bis zu fünf Jahren bestraft werden. (Beifall bei den Soz.) g. Döbrich (D. V.): Gewiß haben einzelne Personen bei der Kartoffellieseruhg ihre Schuldigkeit nicht getan, aber dafür kann man nicht die ganze Landwirtschaft verantwortlich machen. Durch Einwirkung landwirtschaftlicher Organisationen ist sogar eine Preissenkung erfolgt, und wenn diese Wirkung in großen Städten und in Industriegebieten noch nicht zur Geltung gekommen ist, so ist das sehr bedauerlich, aber keine Schuld der landwirtschaft⸗ lichen Organisationen. Gegenüber dem Vorwurf der verrückten Preise mochte ich darauf hinweisen, daß die Preise auch schon im Frieden im Deutschen Reiche ehr verschieden vesen sind, es gibt Gebiete, wo die W in bereits zwischen 3 Mark bis 4,50 M. 5 r Ernteertrag hat sich auch keineswegs so sehr gesteigert. Außerdem sind vielen Landwirten, zumal in unserer Gegend, im vorigen Jahre sogar die Saatkartoffeln sumn Teil abgenommen worden. Diesmal hat man den Landwirten bei der Abnahme Schwierigkeiten gemacht, es entstanden Störungen gerade zu der it, wo die Abnahme hätte erfolgen müssen. Sachkundige wissen, daß die Abnahme nur zweimal erfolgen kann, entweder direkt nach der Ernte vom Felde her oder die Kartoffeln müssen eingemietet werden. Die Ursache, daß schon dies⸗ mal so viel Kartoffeln erfroren sind, liegt darin, daß sie nicht so ein⸗ gemietet wurden, wie man es sonst hätte tun müssen, weil eben die Kartoffeln nicht abgenommen wurden, wie es erwartet wurde. In einem Bezirk waren z. B. 40 000 Zentner zur Lieferung bereit, sie wurden aber nicht abgenommen und dann zwei bis drei Meter hoch in die Scheunen geschüttet, hiercuf mit Stroh zugedeckt und faulten. Darum kommen die Kartoffeln auch heute so schlecht nur Fieferege. Oft wird aus nichtigen Gründen die Abnahme zurückgewiesen. Es ist nur ein Glück, daß der Fwost nicht so stark eingetreten ist wie im vorigen Jahr. Durch das unverantwortliche Eingreifen mancher Stellen ist großer Wirrwarr eingetreten, und das schlimmste ist, daß einzelne Länder sich zu Sondermaßnahmen haben bestimmen lassen, wie z. zu Ausfuhrverboten. Für dieses Durcheinander man aber nicht die Landwirtschaft ver⸗ antwortlich machen. Die Sozialdemokraten haben die beschimpft und geschändet. Das läßt sich der deutsche Bauer nicht gefallen. Er ist in der Arbeit groß geworden, er erkennt die Not der Allgemeinheit an, er tut seine Schuldigkeit und wird sie weiter tun, aber er 1““ daß endlich auch der anderen Seite die Erkenntnis a

dämmert. (Beifall rechts.) 8 bb 1 Abg. Blum (Zentr.): Man kann wohl behaupten, Deutschland in der Lage ist, seinen Kartoffelbedarf zu ve Gewiß sind infolge von Arbeiter⸗ und Düngermangel die Er⸗ träge früher bedeutend zurückgegangen, aber wir befinden uns doch wieder in aufsteigender Linie. Gegenüber dem Vorjahre haben wir diesmal mit einer Vergrößerung der Anbaufläche um 25 Prozent zu rechnen. Die öffentliche Bewirtschaftung der Kartoffeln würde auf die Dauer eine Anarchie auf dem Kartoffelmarkt herbei⸗ führen; gleichwohl kann ich der Parole, die Reichskartoffelstelle sofort aufzuheben, nicht zustimmen. Es muß ein allmählicher Abbau erfolgen, denn nur allmählich kann sich die Bevölkerung auf den freien Handel wieder einstellen. Bedauerlich ist es, daß von Ostpreußen viele Kartoffeln wegen Wagenmangels nicht abtransportiert werden können. Ein einheitlicher Kartoffelpreis für ganz Deutschland läßt sich nicht festsetzen. (Sehr richtig!) Dazu sind die Bodenverhältnisse und die Arbeitsbedingungen zu verschiedenartig. Auch den Wucherpreis wird man daher immer nur gebietsweise bestimmen können. Es ist als ein Akt der Nächstenliebe anzuerkennen, daß viele Landwirte die Kartoffeln

**) Mit Ausnahme der Reden der Herren Mirnister, die im Wortlaute wiedergegeben werden.

verbilligt haben, aber ein durchgreifender Erfolg war damit nicht zu erzielen; der Egoismus und Mammonismus, 28 wir in jeder .. verurteilen, ist leider auch in manche Kreise der Landwirtschaft eingedrungen. Eine durchgreifende Besserung ist nur zu er⸗ zielen, wenn die Aktion der Kartoffelverbilligung planmäßig organisiert wird. Wir verlangen Bereitstellung von Trans⸗ portmitteln für die Kartoffelversor sung in größerem Um⸗ sange als bisher. Die landwirtschaftlim Organisationen müssen urch ihre Vertrauensleute bis ins letzte Bauernhaus kommen, um de restlose Heranschaffung der nötigen Kartoffelmengen zu sichern. Wir verlangen die vorzugsweise Belieferung der notleidenden Orte mit schwerarbeitender Industriebevölkerung. Eine strenge Kontrolle der Brennereien ist notwendig. Wir verlangen weiter die größere Ein⸗ fuhr von Futtermitteln, damit die Kartoffeln nicht für solche Zwecke verwandt werden. Anderseits ist es nicht richtig, wenn behauptet wird, de Kartoffeln in großem Umfange zur Schweinemast verwandt werden. Mit Kartoffeln allein kann man keine Schweine mästen. Wir brauchen im Ministerium einen Beirat, einen sogenannten Kar⸗ toffelrat, der aus Verbrauchern und Erzeugern besteht, die je⸗ weilige Lage bespricht und die erforderlichen Maßnahmen vorbereitet. Die Erzeuger müssen mit den Verbrauchern in engere Verbindung ge⸗ bracht werden üg Sbeseehngegertiäs⸗ mit Gewerkschaften und anderen Organisationen. Vor allem aber brauchen wir die ausreichende Liefe⸗ rung von brauchbarem Saatgut. Der Verkehrsminister sollte vorüber⸗ gehend Staffeltarife einführen, um die riesigen Frachten für den Kar⸗ toffeltransport vom Osten nach dem Westen zu verbilligen. Schließlich ist eine Verbilligung der Düngemittel notwendig. Der Politik des Reichsernährungsministers stimmen wir durchaus zu. (Beifall im

Zentrum.)

Abg. Dr. Hertz (U. Soz. r.): Dem Wortlaut der Inter⸗ pellation können wir zustimmen, aber Ton und Inhalt der Begründung zeigen, daß die Interpellanten diese Frage nicht vom Gesichtspunkt der Not der städtischen 18 massen aus betrachten, sondem nur den engen kleinlichen Gesichts⸗ punkt der erzeugenden Landwirtschaft anwenden. Die Klagen über ungenügende Wagengestellung sind sehr übertrieben. Die Zahl der Wagen ist von 136 im Vorjahre auf 290 000 vermehrt worden. Die freie Wirtschaft hat allerdings Transportschwierigkeiten herbei⸗ geführt, weil jetzt nicht mehr wie unter der Zwangswirtschaft der kürzeste Weg vom Erzeuger zum Verbraucher gewählt wird. Die Kontrolle der Eisenbahner zur Verhinderung einer unzulässigen Aus⸗ fuhr von Kartoffeln nach dem Ausland ist unbedingt notwendig, von dieser Stelle aus erkläre ich, deß nicht nur die Arbeiterschaft, sondern das ganze deutsche Volk den Eisenbahnern dafür danken muß (Beifall bei den U. Soz.), denn die Behörden haben auf diesem Gebiet voll⸗ kommen versagt. Wenn die Landwirtschaft jetzt die Erfullung der Lieferungsverträge mit behördlichem Zwang verlangt, so ergibt sich daraus, die Landwirte selbst an der völlig reien Wirtschaft kein Interesse haben, sondern Zwangsmaßnahmen

verlangen, wo die freie Wirtschaft mit Risiko und Gefahren für sie verbunden ist. Die Landwinte wollten durch die Lieferungs⸗ verträge den Kommunen das Risiko der freien Wirtschaft aufhalsen⸗ ie wollten, daß die Städte ihnen schon im September, als der Markt noch voll von Frühkartoffeln war, ihnen die nicht haltbaren Kartoffeln zur Deckung des Winterbedarfs abnähmen, die Städte können aber dafür nur die harten Winterkartoffeln gebrauchen, also etwa von Mitte Oktober ab (Lachen rechts). Der Herr hätte lachen sollen, als dies der Ernährungsminister selbst ausführte. Hätten die Städte die Abnahme nicht verweigert, so hätten sie ungezählte Summen Verluste zugunsten der Landwintschaft gehabt. Nach den Lieferungsverträgen sollten übrigens nur 60 Prozent bis Ende Januar und der Rest erst später abgenommen werden, aber der Minister hat festgestellt dcß die 60 Prozent schon jetzt abgenommen sind. Die Stäbte haben außerdem nicht unbeträchtliche Verluste durch die mangelhafte Qualität der Kartoffeln erlitten. Die Wucherpreise werden dem Handel zugeschoben, aber in der freien Wirtschaft ist jeder Handel ein wilder Handel, der nicht auf die Interessen der Verbraucher Rücksicht nimmt. Der Pächter einer ostpreußischen Domäne hat einem Händler 5000 Zentner Kartoffeln zum Preise von 30 Mark angeboten. Was ist da die Vereinbarung eines Preises von 25 Mark zwischen

den landwirtschaftlichen Organisationen und den Verbraucherorganisa⸗

tionen und Gewerkschaften wert? Der Minister berief sich auf die höheren Preise im Vorjahre, aber damals herrschten Schleich⸗ handelspreise. Mit den Erzeugun skosten sind die jetzigen Preise nicht in Einklang zu bringen; hat doch Herr von Schorlemer⸗ Liser gesagt, daß die Produktionskosten durch einen Meis von 20 bis 25 Mark gedeckt würden. (Hört, hört! links.) Die Lieferungsverträge sehen aber einen Preis von 30 Mark vor. Im Volkowirtschaftsausschuß ist der Beschluß gefaßt, den Preis im freien Handel von 30 auf 25 Mark herabzusetzen, aber das Ernährungs⸗ ministerium kümmert sich darum nicht. Wie kann da das Zentrum dem Minister sein volles Vertrauen aussprechen? (Ruf rechts: Not⸗ standsaktionen!) Wo sind die Notstandsaktionen? Herr Roesicke hatte im Ausschuß gesagt, es sei naiv, anzunehmen, daß die Landwirte ihre Verluste aus den Notstandsaktionen aus ihrer Tasche decken würden, 3 würden diese Beträge selbstverständlich auf die Produktionskosten er übrigen Mengen aufschlagen. (Hört, hört! links.) Daß die Land⸗ wirte den Wucher bekämpfen wollen, dafür fehlt uns der Glaube. Ein Antrag der sozialdemokratischen Parteien auf strenge Bestrafung der Wucherer wurde im Volkswirtschaftsausschuß durch die bürgerlichen g abgelehnt, weil sonst ein erheblicher Teil der Landwirte auch estraft werden müßte. Die Folge der Aufhebung der Zwangswirt⸗ schaft war eine teurere und schlechtere Fer orgung. Jetzt winkt gar keine Versorgung. Wir stehen den Erklärungen der Regierung mit dem allergrößten Mißtrauen gegenüber, und die städtischen Verbraucher täuschen sich, wenn sie glauben, daß wir ein Ministerium für Er⸗ nährung haben. Es ist ein Ministerium für die Landwirtschaft, aber gegen die Ernährung. (Beifall bei den U. Soz.) Abg. Dietrich⸗Baden (Senah⸗ Wer den Landwirt⸗ schaftsminister gehört hat, mußte g auben, daß die Not der

städtischen Bevölkerung an Kartoffeln nicht gerade groß sei. hof

Ich bin mir vollkommen darüber klar, daß bei der heutigen Art der Statistik die Zahlen nicht gerade sehr überzeugend sind. Hier muß man feststellen, daß auf beiden Seiten gesündigt worden ist, und zwar sogar sehr schwer, und daß man es im naher Jahre nicht wieder so machen darf, wenn nicht das größte Unheil hervorgerufen werden soll. Fehler sind gemacht worden vor allem in der ganz inkonsequenten Behandlung dieser Frage. Ausgehen müssen wir von der Verordnung vom 13. März d. J. die mit Zu⸗ stimmung des Reichsrats und eines Ausschusses des Reichstags den Bauern einen Preis von 25 Mark als Mindestpreis in Aussicht stellte. Der zweite Vorgang sind die Lieferungsverträge. In beiden Punkten ist man verkehrte Wege gegangen. Bei den Lieferungsver⸗ trägen war es ein großer ißgriff von den Städten, daß man sie nicht in dem Umfang abgeschlossen hat, wie sie nach den Verhand⸗ lungen zwischen den Städten und Landwirten hätten abgeschlossen werden müssen. Sonst hätte man dem Landwirt sagen können: Wir haben einen Vertrag über soundsoviel Zentner Kartoffeln, Du hast aber nicht geliefert, bist also vertragsbrüchig⸗ Die Städte haben ferner die Kartoffeln nicht abgenommen, weil sie glaubten, diese vielleicht billiger bekommen zu können. Der Preis von 25 Mark, den man den Bauern zugesagt hatte, war allerdings rechtlich hin⸗ fällig in dem Augenblick, als die Zwangswirtschaft fiel. So aber denkt der Bauer nicht. Er hatte, 9 bei uns im Süden, mehr angebaut als bisher, weil ihm 25 Mark zugesagt waren, damals vielleicht, wie ich zugeben will, etwas reichlich hoch. Selbst wenn unsere Produktion zurückgeht, so muß doch die Menge hervorgebracht

werden, die für die Städte notwendig ist. Der Kartoffelbau Deutschlands ist so heruntergekommen, weil die Zwangswirtschaft be⸗ stand. Wir im Süden konnten uns unter der Herrschaft der Zwangswirtschaft nicht einmal das beste Saatgut aus Norddeutsch⸗ land heranschaffen. Wir haben hier Vorwürfe gehört von den Land wirten an die Städter und ungesghrt. Beide sollten sich aber an die Brust HSe und sagen: Wir sind alle zusammen daran schuld. Tatsächlich ist die Kartoffel dasjenige deutsche Produkt, das auf deutschem Boden in genügender Menge gebaut werden kann, wenn die See in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Die Kar⸗ toffelzwangswirtschaft wird nicht wiederkommen. Statt der Zwangs⸗ wirtschaft sollte der Staat lieber jeden Pfennig zur Hebung der Produktion verwenden. (Beifall b. d. Dem.

Abg. Thomas (U. Soz. I.): Die Hebung der Produktion durch die freie Wirtschaft ist ein Unding. Einige Land⸗ wirte haben eine ruchlose Sprache geführt: Wir liefern nicht ab, wenn nicht die und die Preise für Brotgetreide bezahlt werden. Das ist keine Sprache, die den Arbeiter beruhigen konnte. Kommt es dann zur Explosion, 5 beschwert sich der Landwirt über Terror. Wir werden so lange keine Kartoffeln haben, so lange sie Ausbeutungsobjekt sind. Wir müssen sie sozialisieren.

Abg. Schiele (D. Nat.) weist die sozialdemokratische Angriffe auf die Landwirtschaft zurück. Die Zwangsbewirt⸗ schaftung der Kartoffeln konnte unter dem Mangel der Autorität der Lokalbehörden nicht mehr aufrechterhalten werden. Infolge des Schifferstreiks mußten hier in Berlin 4 bis 5 Kahnladungen Kar⸗ toffeln auf den Komposthaufen geworfen werden. Das sind Blüten der Zwangswirtschaft, die wahrhaftig ihre Rückkehr nicht wünschen lassen. Die Inaussichtstellung der freien Kartoffelwirlschaft hatte in Preußen eine Steigerung der Anbaufläche um 21,77 Prozent, eine Steigerung des Gesamtertrages um 37,33 Prozent zur Folge. Allein in diesem Jahre werden wir voraussichtlich 8 Millionen Tonnen Kartoffeln mehr ernten als im vorigen Jahre. Das ist gleichbedeutend mit 2 Millionen Tonnen Getreide. Dem Ausland müßten wir 10 bis 14 Milliarden Mark mehr für Kartoffeln bezahlen, wenn im Lande nicht genügend gewonnen würden. Die Zwangsbewirtschaftung der Kartoffeln würde wieder den Wucherern und Schiebern in die Hände arbeiten, den Verbrauchern aber nichts anderes als Papierkartoffeln in Gestalt der Kartoffelscheine geben. Der Städtetag hat sich in einer Erklärung für die Aufrecht erhaltung der Zwangswirtschaft ausgesprochen. Das beweist einen so geringen Kontakt mit der Stimmung der Bevölkerung und mit den

hedürfnissen der Landwirtschaft, daß man sich über die Schwierig⸗ keiten der großstädtischen Versorgung nicht zu wundern braucht. Der Unterzeichner der Eingabe, Herr Wermuth, hat sich ja auch auf anderen Gebieten schon Außerordentliches geleistet. (Sehr gut! rechts) So harmlos ist die von den Eisenbahnern geübte Transportkontrolle doch nicht. 13 Waggons Kartoffeln, die die Landwirte der minderbemittelten Bevölkerung Nürnbergs zum Preise von 10 Mark den Zentner zuführen wollten, wurden unter⸗ 2gs von den Eisenbahnern annektiert! (Hört, hört! rechts.) Die weltschichtigen Notaktionen in verschiedenen Provinzen beweisen, daß wir täändnis für den Notstand haben. Aber ich muß darauf hinweisen, wie selbst Behörden die Reichsgesetze sabotieren und illu⸗ scrisch. machen. In Hessen besteht heute wieder die Zwangswirt⸗ scchaft in voller Ferme das Landesermährungsamt hat die Gemeinden ermächtigt, Vorschriften über die Kartoffelversorgung zu erlassen, und das Ministerium des Innern hat die Kreisämter angewiesen, bei der Erfassung der Kartoffeln Gendarmerie und Sicherheitspolizei zu⸗ Verfügung zu stellen, die Kreisämter haben verfügt, daß von jedem Morgen 10 Zentner Kartoffeln für 20 Mark enteignet und die anderen Kartoffeln für 25 Mark in Anspruch genommen würden und daß Zuwiderhandlungen mit Gefängnis oder Geldstrafe b 8 würden. Im Musterländchen Braunschweig hat ein sozial⸗ demokratischer Minister erklärt, die Zwangswirtschaft sei zwar unzu⸗ lässig, aber er hat unter Berufung auf eine Verordnung von 1832 die Ausfuhr von Kartoffeln verboten. (Hört, hört! rechts.) Die Sozialdemokraten- greifen also selbst in absolutistische Zeiten hinein, wenn es ihnen in den Kram paßt. In Oldenburg ist eine Zwangsumlage von Kartoffeln angeordnet worden, in Thüringen ist ein Preis von 20 Mark vorgeschrieben und die Ausfuhr verboten worden. In Preußen sind zum Teil wieder Kellerrevisionen in aller Form vorgenommen worden, und den Bauem sind die Kartoffeln mit Gewalt genommen worden. Das ist doch ein anarchistischer Zu⸗ stand. Was die Qualität der Kartoffeln betrifft, so hat der Groß. händlerverband die Städte aufgefordert, den Preis herabzudrücken auf 8 22,50 Mark, weil bessere Kartoffeln verlangt werden könnten. Ein Redner hat im Großhändlerverband erklärt, daß er auf die Verträge pfeife. Die Landwirte erkennen die Not der Städte an und sind sich ihrer moralischen. Pflicht vollkommen bewußt. Wir dürfen uns jetzt nicht gegenseitig verärgern, denn wir stehen alle gemein⸗ sam an einem Abgrund, die Unabhängigen sollten nur an den Zuständen in die Gefahr erkennen. Ich richte einen Appell an die Landwirtschaft, aber die Reichsregierung muß auch gegenüber den Mißgriffen der einzelnen Länder ihre Autorität geltend machen. Denn nur in Ruhe und Ordnung kann der Landwirt die Produktion steigern. (Beifall rechts.) 1

Hierauf nimmt der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Dr. Hermes das Wort, dessen Rede wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms erst in der nächsten Nummer dieses Blattes im Wortlaute wiedergegeben

werden wird. Damit schließt die Besprechung. Nächste Sitzung Freitag, 1 Uhr:

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Interpellationen

wegen des Elektrizitätsstreiks und wegen der Kapitalverschie⸗

bungen nach dem Auslande; Antrag, betr. Fortbestand der Portogebühren für Zeitungen; Gesetz über den Staatsgerichts⸗ 0 . 8 5 88 8

G Schluß nach 7 ¼ Uhr.

Handel und Gewerbe.

Die Elektrolytkupfer⸗Notierung der Vereinig un für deutsche Elektrolytkupfernotiz stellte sich 1a Meldung des „W. T. B.“ vom 18. d. M. auf 2260 für 100 kg.

Nachdem im Anschluß an die Königsberger Messe die Ei richtung der Geschäftsstelle mit größerem Fager für Bse negens sn Königsberg, Fleischbänkenstraße 17/19, unter Direktor Gustav Neu⸗ mann erfolgt ist, eröffnet nunmehr laut Meldung des „W. T. B.“ der Einkaufsverband Osten G. m. b. H., Danzig Königs berg⸗Berlin, in Berlin C 2, Klosterstraße 88/90, im Hause der Großhandelsfirma Hermann Rosenberg am kommenden Dienstag seine dritte und größte Geschäftsstelle, deren 1 Leitung Direktor Ernst Lange übernommen hat. Der Gründer, Ver⸗ bandsdirektor Ludwig Wittmoser, verbleibt vorerst in Danzig und behält die Oberleitung weiter. Die Berliner Geschäftsstelle wird mit einem, den jetzigen Verhältnissen entsprechenden gut sortierten Warenlager im Werte von über 5 Millionen Mark ihren He eb

‚Die Verwaltung der Allgemeinen Elektrizitäts⸗ gesellschaft, Berlin, schlägt laut Meldung des „W. T. B.“ der