e]
einer Einschränkung der Produktion ge . Die jetzigen Schwierig⸗ keiten werden sich steigern, je mehr das kapitalistische Eigentum in die Landwirtschaft eindringt. Nur durch die Sozialisierung von Grund und Boden kann die Erzeugung gesteigert werden. (Beifall links, Lachen rechts.)
Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Dr. Hermes: Herrn Ramm waren konkrete Tatsachen über Be⸗ stechungen bekannt, und trotzdem hat er nur dunkle Andeutungen mir een gemacht. Dieser Widerspruch bleibt bestehen. Am 11. Mai hat Staatssekretär Huber noch keine Kenntnis von dem Brief Ramms gehabt, weil ich ihn nicht b5een habe. Ramm hatte ja selbst die Vertraulichkeit verlangt. Wenn ich die Gewißheit er⸗ Inge, daß die Aeußerung von dem niederträchtigen Verleumder“ sich auf
ehauptungen aus der Vergangenheit beziehen sollte, werde ich gerichtlich vorgehen. ie Rückwirkung der freien Fleisch⸗ wirtschaft auf das Brotgertreide habe ich anerkannt. Ich habe die Landwirtschaft ermahnt, für genügend Brotgetreide zu sorgen. Uebrigens haben die Korsumgenoßtenschaften die freie Fleischwirtschaft viel eher gefordert als ich. Fur Erhaltung des Brauereigewerbes mit seinen über 120 000 Arbeitnehmern war eine stärkere Be⸗ lieferung der Brauereien erforderlich. Ihre schwächere Belieferung hat nur zu vermehrtem Schnapsgenuß geführt. Die staatliche Exekutive soll zur Sicherung der Ablieferung aufs bestimmteste durchgeführt werden. Dafür bin ich immer eingetreten. Herrn Hertz erkenne ich nicht als sachkundigen Richter über meine Eignung zu meinem Posten an. (Sehr richtie rechts.) Mit Bürokratismus stellen wir eine „...62 Wirtschaftsführung nicht sicher. Wir müssen die pro⸗ duktiven Kräfte der Nation sammeln. lange ich in meinem Amte bin. (Beifall.)
Die weitere Beratung wird auf Donnerstag, 2 Uhr, vertagt. (Außerdem - über die Erhöhung der Kinder⸗ zuschläge bei der Beamtenbesoldung.)
Preußische Landesversammlung.
190. Sitzung vom 6. Dezember 1920.
Nachtrag. 8
Die Rede, die bei der Beratung über den Haushalt
des Finanzministeriums in Erwiderung auf die Ausfüh⸗
rungen der Abgg. Dr. von Kries (D. Nat.) und Dr. Leidig
(D. Volksp.) der Finanzminister Lüdemann gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:
Meine Herren und Damen! Der letzte Herr Redner hat an
die Spitze und an den Schluß seiner Ausführungen den Hinweis auf
dan werde ich arbeiten, so⸗
8
die besonderen Umstände gestellt, unter denen wir staatspolitisch und namentlich finanzpolitisch deshalb leben, weil wir genötigt sind, uns den Bedingungen des Versailler Friedens zu unterwerfen. Ich
glaube, in dieser Tatsache liegt auch die stärkste Erklärung dafür, daß heute jede Regierung ihre Politik in sehr hohem Umfange in stark zwangsläufig geregelten Linien vollziehen muß, und ich glaube, daß, wenn Herr Leidig an meiner Stelle die Finanzpolitik des preußi⸗ schen Staates zu führen hätte, er wahrscheinlich in sehr weitem Um⸗ fange zu den gleichen Ergebnissen und Maßnahmen gelangen würde, zu denen ich gelangt bin.
Ich kann nicht erwarten und habe nicht erwartet, daß aus Ueberlegungen, die der Herr Vorredner nach dieser Richtung ange⸗ stellt hat, ein persönliches Vertranensvotum für mich erwachsen würde. Das scheint mir auch im Augenblick nicht notwendig. Viel wertvoller ist mir, daß es gelingt, in wesentlichsten Fragen der preußischen Finanzpolitik auf möglichst allen Seiten des Hauses die Ueberzeugung hervorzurufen, daß die Maßnahmen, die die Regierung dem Parlament vorschlägt, unerläßlich sind, um wieder zu einer Ge⸗
8 sundung unserer Finanzwirtschaft zu kommen. Ich habe auch vor⸗
läufig die Hoffnung, daß die Vorschläge und Entwürfe, die der Landesversammlung von mir unterbreitet worden sind, die Zustim⸗
nnung einer sehr großen Mehrheit des Hauses finden.
Die Herren Vorredner haben sämtlich darauf verzichtet, sich zu den Fragen, die ich im Auge habe, zu äußern. Ich verstehe das voll⸗ kommen, hoffe aber, daß in sehr kurzer Zeit die Herren Gelegenheit haben werden, zu diesen Fragen besonders Stellung zu nehmen und daß namentlich in der Frage der Erschließung neuer Steuerquellen wir zu einer weitgehenden Uebereinstimmung kommen und damit zu einer neuen Fundierung unserer Staats⸗ finanzen, die dringend notwendig ist, einmal um den Staat aufrecht, lebensfähig und leistungsfähig zu erhalten, sodann um mur die aller⸗ dringendsten Ausgaben auf dem Gebiete der sozialen Reform, der Beamtenbesoldung usw. bestreiten zu können.
Die Herren haben allen ihren Ausführungen hinzugefügt, daß man darin übereinstimme, daß gespart werden müsse. Ich habe wiederholt ausgesprochen, daß das auch meine Ueberzeugung ist, aber daß es mir nicht zweckdienlich erscheint, nur immer von der Not⸗ wendigkeit des Sparens zu reden. Viel wichtiger ist es, daß Re⸗ Rerung und Parlament bei ihren Maßnahmen und Beschlüssen eine Sparpolitik tatsächlich praktisch durchführen. Ich bin des⸗ halb auch erfreut, daß von allen Rednern die Uebereinstimmung aus⸗ gesprochen ist mit den Geundsätzen über die künftige Finanzpolitik Preußens, die auf mein Betreiben unter Anlehnung an die im Reich gefaßten Beschlüsse von der preußischen Staatsregierung beschlossen worden sind. Wenn diese Grundsätze
Möglichkeit, tatsächlich zu sparen, einzuschränken, abzubauen, soweit es notwendig ist, um zu einer besseren Gestaltung unserer finanziellen Verhältnisse zu kommen, gegeben. Ich habe in meinem Ministerium einen Herrn als Kommissar bestellt mit der besonderen Aufgabe, diesen Grundsätzen zur Verwirklichung zu helfen, und ich habe das Vertrauen, daß auch meine Kollegen in den übrigen Ressorts mich darin unterstützen werden, auch in ihren Verwaltungen diese Grund⸗ sätze so durchzuführen, daß sich die Möglichkeit eröffnet, dem neuen Landtag einen Etat vorzulegen, der bereits auf das vergrößerte Be⸗ dürfnis nach Sparsamkeit und Einschränkungen die weiteste Rück⸗ sicht nimmt.
Der erste Redner, Herr Abgeordnete Bartels hat dann auf die Notwendigkeit hingewiesen, unsere werbenden Anlagen etatrechtlich anders einzugliedern, um deadurch eine höhere Ertragsfähigkeit und eine leichtere Gestaltung unserer Etats⸗ wirtschaft zu erhalten. Ich stimme darin mit Herrn Bartels voll⸗ kommen überein und habe bereits früher hier ausgesprochen, daß ich es für dringend notwendig halte, unsere großen Staatsbetriebe von den gegenwärtigen fiskalischen und bureaukratischen Hemmungen zu befreien, damit sie sich besser entwickeln und höhere Erträge bringen können und damit gleichzeitig eine Entlastung dieses Hauses von entbehrlichen Einzelberatungen erfolgt.
Der von Herrn Abgeordneten Bartels gegebene Hinweis auf die großen Totalisatorumsätze findet mein lebhaftes Interesse. Ich habe mich für diese Frage schon früher interessiert und habe fest⸗ gestellt, wie der preußische Staat steuerrechtlich dazu steht. Leider
ist die Besteuerung der Rennwetten durch ein Reichsgesetz geregelt;
das Reich bestenerk die Rennwelten mit 20 P, und von der Emnahme daraus bekommen die Länder und damit auch Preußen die Hälfte, leider
mit der Auflage, sie in vollem Umfange für die Pferdezucht zu ver⸗ wenden. (Hört! Hört! links.) Daraus ergibt sich der unerfreuliche Zustand, daß die eine Hälfte, die frei verwendet werden kann, dem Reich zur Verfügung steht, während die Verwendung der anderen Hälfte vorgeschrieben ist, so daß die Länder aus dieser Steuerquelle, die meines Erachtens in ihrem Ertrage noch steigerungsfähig ist, tat⸗ sächlich nichts gewinnen. Ich werde erwägen, welche Maßnahmen er⸗ griffen werden können, um hierin eine Besserung zugunsten unserer Finanzen herbeizuführen.
Auf diesem wie auf allen anderen Gebieten uns neue Einnahmen zu erschließen, ist um so notwendiger als — darauf haben die Herren Redner schon mit Recht hingewiesen — wir zurzeit immer noch nicht klar sehen, welchen Ertrag der preußische Staat aus den großen Reichssteuernzu erwarten hat, deren Länderanteile ja den Haupt⸗ beitrag zur Balanzierung unseres Staatshaushaltes darstellen. Die Reichseinkommensteuer hat zwar neuerdings — darauf habe ich bereits im Ausschuß hingewiesen — zu fließen begonnen. Aber was uns zu⸗ fließt, ist immer noch unverhältnismäßig wenig im Vergleich zu dem großen bereits eingetretenen Rückstande und zu dem Geldbedarf des preußischen Staates.
Ich benutze deshalb gern jede Gelegenheit, um dazu beizutragen, das die Reichssteuern schneller als bisher einlaufen. Aber die Mög⸗ lichkeiten. da eine Aenderung herbeizuführen sind leider sehr beschränkt. Einer der Herrn Vorredner hat ja schon darauf hingewiesen, daß die Umgestaltung der Steuerverwaltung die Stagnation in der Einziehung der Steuern hervorgerufen hat, die deshalb auch erst allmählich über⸗ wunden werden kann
Dann hat Herr Dr. von Kries einige Ausführungen gemacht, auf die ich kurz antworten will. Er hat auf die Notwendigkeit hingewiesen, für gewisse Beamtenkategorien einen numerus clausus einzuführen und er hat den Wunsch ausgesprochen, die Staatsregierung möge sich nicht dazu verleiten lassen, lediglich das Ablegen einer Prüfung als Maßstab für die Eignung eines Beamten zu nehmen. Ich will darauf gern erwidern, daß mir dieser Standpunkt durchaus sympathisch ist. Ich kann mir nichts Unerwünschteres denken, als wenn die Behörden nur nach dem Bestehen einer Prüfung ihre Be⸗ amten auszusuchen hätten. Es muß stets danach gestrebt werden, Maß⸗ stäbe für die Eignung und Befähigung zu finden, die über ein mehr oder weniger theoretisches Examen hinaus ein klares Bild geben, ob und inwieweit ein Beamter geeignet ist, im Dienste des Staates be⸗ schäftigt zu werden. 1
Was die Frage der Diätare anlangt, so darf ich sagen, daß die Regierung wohl bereit ist, aus den vorhandenen Fonds die Diätare soweit wie möglich in ihrem Lebensunterhalt zu unterstützen, daß aber die Einführung einer allgemeinen Besoldung der Diätare, wie sie teilweise verlangt wird, den preußischen Staat ement mit gang beträchtlichen Ausgaben belasten würde, die ich schätzungsweise auf 40 Millionen Mark beziffern möchte, wenn es sich mr darum handeln würde, die 5000 Gerichtsreferendare in Preußen diätarisch nach Gruppe 7 zu besolden.
Herr Dr. von Kries hat damm auf die Bauabteklung hingewiesen und mir empfohlen, mich wmn der EFlektrizitätsver⸗ sorgung anzunehmen. Ich kann dazu mitteilen, daß die Elektri⸗ zitätswirtschaft gegenwärtig meinem Ministerium noch nicht unter⸗ stellt ist. Sollte das demnächst eintreten, so werde ich gern bereit sein, dieser zweifellos für die Kmaftversorgung unseres preußischen Wirtschaftslebens außerordentlich wichtigen Frage die größte Aufmerk⸗ samkeit zuzuwenden.
Was die Angelegenheik des Kakasterkonkrolkeurs Kemski in Wolmirstedt anlangt, so muß ich leider bestätigen, daß das Disziplinarverfahren gegen diesen Beamten uner⸗ freulich lange hinausgezögert worden ist. Ich kann aber mitteilen,
daß von seiten meines Ministeriums wiederholt die Regierung in
Magdeburg gedrängt und gemahnt worden ist, und ich will hinzu⸗ fügen, daß wir auch weiter bemüht sein werden, soweit es in unseren Kräften liegt, den Fortgang dieser Angelegenheit nach Möglichkeit zu beschleun igen. 1 8
Was das Fürsorgegesetz für die Bamten in den abge⸗ tretenen Gebieten anlangt, das Herr Dr. von Kries gewünscht hat, so möchte ich darauf aufmerksam machen, daß gegemvwärtig im Reichsrat wie im Reichstag Verhandlungen über ein Verdrängungsgesetz schweben und der Abschluß dieser Verhandlungen erst abgewartet werden muß, um die erforderlichen Unterlagen für ein gesetzgeberisches Vorgehen Preußens zu bekommen. Jedenfalls würde es durchaus unerwünscht und unzweckmäßig sein, wenn im gegenwärtigen Augen⸗ blicke, wo wir noch in verschiedenen sehr schwierigen Verhandlungen namentlich mit Polen stehen, wir diese Verhandlungen in einem für uns ungünstigen Sinne beeinflussen würden.
Da ich eben von den Beamten gesprochen habe, darf ich bezüglich der Besatzungszulagen gleich hinzufügen, daß, nachdem vor
wenigen Tagen im Reichstagshauptausschuß beschlossen worden ist, entschlossen und konsequent durchgeführt werden, dann ist dadurch die
daß den Ländern und Gembinden 80 Prozent der von ihnen auszu⸗ zahlenden Besatzungszulagen aus Reichsmitteln erstattet werden sollen, von mir sofort am 3. Dezember bereits eine Verfügung er⸗ lassen worden ist, durch die die nachgeordneten Behörden angewiesen werden, die Besatzungszulagen auszuzahlen, das heißt die Besatzungs⸗ zulagen für die zurückliegende Zeit vom Janwar bezw. Februar bis zum 1. Juli dieses Jahres. Seit dem 1. Juli sind die laufenden Besatzungszulagen ja schon seit einer Reihe von Monaten ausgezahlt worden. Ich hoffe, daß diese Anordnung, die die Gewähr bietet, daß die Beamten in den besetzten Gebieten noch rechtzeitig vor dem Weihnachtsfest in den Besitz dieser nachträglichen Auszahlung ge⸗ langen, die / Beamtenschaft in diesen Gebieten, die unter besonders schwierigen Umständen zu arbeiten hat und auf deren Erhaltung in
guter und treuer Gesinnung zu unserem Vaterlande wir den größten
Wert legen müssen, in günstiger Weise beeinflussen und das Miß⸗ vergüngen über die verspätete Auszahlung überwinden helfen wird. Herr Abgeordneter Dr. von Kries hat einige Fragen über die aus dem früheren königlichen Besitz in die Verwaltung des Staates übergegangenen Einrichtungen angeschnitten. Unter anderem hat er auf die Verwaltung der früͤheren königlichen Gärten Bezug genommen und die Besorgnis ausgesprochen, daß diese Gärten verwahrlosen würden. Diese Besorgnis scheint mir vorläufig in den Tatsachen nicht begründet zu sein. Wir sind bemüht, für die Gärten, wie es notwendig ist, eine möglichst billige Verwaltung durch⸗ zuführen. Wir unterstellen sie durchweg den zuständigen Regie⸗ rungen und glauben, daß damit auch die nötige Gewähr geboten ist,
1“
daß die Gärten in einem möglichst guten Zustand erhalten werden. Es ist ja selbstverständlich, daß wir in der gegenwärtigen Zeit der
allgemeinen Verarmung unseres Staates ans nicht erlauben dürsen, für die weitere Ausgestaltung und eine besondere Verbesserung dieser Gärten noch besondere Aufwendungen zu machen. Aber was not⸗ wendig ist, um die Gärten in gutem Zustande zu halten, wird selbst⸗ verständlich geschehen.
Uber die ehemals königlichen Theater haben wir mit allen in Betracht kommenden Gemeinden Verhandlungen geführt, um entweder die Uebernahme dieser Theater auf die Gemeinden oder die Heranziehung der Gemeinden zur Aufbringung der Kosten für den Betrieb der Theater zu erreichen. Diese Verhandlungen befinden sich in einem guten Fortschreiten und sind teilweise sogar schon zu einem gewissen Abschluß gekommen. Ich werde mir erlauben, Ihnen durch einen meiner Herren Kommissare noch besondere Aufklärungen über die Einzelheiten und den gegenwärtigen Stand dieser Angelegenheit geben zu lassen.
Durchaus erwünscht waren mir die Hinweise auf die Kost⸗ spieligkeit der Unterhaltung von Autos. Die Autos sind in der Tat gegenwärtig eine außerordentlich teure Einrichtung und belasten unseren Etat recht erheblich. Ich habe deshalb auch bereits angeordnet, daß Ermittlungen darüber angestellt werden, in⸗ wieweit man auf die Erhaltung staatseigener Autos verzichten und durch die Benutzung von Mietautos eine Verbilligung der Ver⸗ waltung herbeiführen kann. (Sehr richtig!) Ich weiß nicht, ocoh der Herr Abgeordnete hier besondere Fälle im Auge ge⸗ habt hat. Weil er diese Sache beim Etat des Finanzministeriums zur Sprache gebracht hat, möchte ich bemerken, daß in meinem Ministerium, als ich kam, bereits ein Auto anden war, das für das sehr weit abgelegene Finanzministeri auch notwendig er⸗
Autos für das Finanzministerium durch meinen Vorgänger, den Herrn Abgeordneten Hergt, veranlaßt worden. Das Finanz⸗ ministerium liegt ja, wie ich schon erwähnte, besonders weit ab, namentlich auch vom Abgeordnetenhause, so daß es wohl gerecht⸗ fertigt erscheint, hier ein eigenes Auto zu unterhalten. Imvieweit sich das bei anderen Ministerien und Behörden rechtfertigten läßt, wird geprüft werden.
Im übrigen bestätige ich dem Herrn Abgeordneten gern, daß auch nach meiner Auffassung die Ministerien teilweise über⸗ mäßig durch relativ untergeordnete Angelegen⸗ heiten in Anspruch genommen werden. Auch hier bin ich bemüht gewesen, eine Entlastung herbeizuführen. Aber hier handelt es sich teilweise um Maßnahmen der Verwaltungsreform, die so schnell nicht durchgeführt werden können, zu deren Beschleuni⸗ gung ich indessen nach Möglichkeit mithelfen werde.
Meine Damen und Herren, ich glaube, damit auch die weseni⸗ lichsten Fragen, die Herr Dr. Leidig aufgeworfen hat, beantwortet zu haben, und darf mich deshalb wohl noch kurz einigen Personal⸗ angelegenheiten zuwenden, die hier zuerst von Herrn Ab⸗ geordneten Dr. von Kries angeschnitten und dann von Herrn Ab⸗ geordneten Dr. Leidig kurz berührt worden sind.
Was zunächst die Frage der Bearbeitung der Per⸗ sonalien in meinem Ministerium anlangt, so sind von Herrn Abg. Dr. von Kries dagegen Bedenken erhoben worden, daß die Be⸗ arbeitung der Personalien der Beamten einem in Privatdienstver⸗ hältnis stehenden Mitarbeiter übertragen worden sei. Ich darf darauf hinweisen, daß dieser Sachverhalt nicht ganz zutrifft. Die Personalien der Beamten werden in meinem Ministerium nach wie vor von einem Beamten — und wie ich einschalten will, von einem sehr alten und bewährten Beamten — becrbeitet, und es ist lediglich einem anderen Mitarbeiter das Korreferat übertragen zu dem be⸗ sonderen Zweck, mir die Bearbeitung der Personalien zu erleichtern; denn es war ganz natürlich, daß ich in dem Augenblick, in dem ich in das Ministerium eintrat, das Bedürfnis hatte, einen besonderen Vertranensmann mit in Anspruch zu nehmen, um in diese Dinge soweik Einblick nehmen und mitwirken zu können, wie es mir not⸗ wendig erschien, um den erforderlichen Einfluß auf die Bearbeitung der Personalien zu nehmen. Ich glaube nicht, daß gegen eine Rege⸗ lung in dieser Form irgendwelche begründete Bedenken erhoben werden können. (Zurufe bei der Deutschnationalen Volkspartei.) Ich glaube nicht, daß es notwendig ist, sich hier im Hause über alle Beschwerden von Beamten zu unterhalten; ich habe dargelegt, daß hier eine Regelung getroffen ist, die die Gewähr bietet, daß die Personalien von einem Beamten bearbeitet werden, und es is meines Erachtens damit die Gewähr geboten, daß die Beamtenschaft dabei voll zu ihrem Rechte kommt.
Sodann eine andere Frage. Die Herren Redner sind noch ein⸗ mal auf den Fall Busch⸗Löhlein zurückgekommen, der bereits bei der ersten Lesung des Haushalts meines Ministeriums hier eine Rolle gespielt hat und auch bei der Beratung meines Haushalts im Hauptausschuß der Gegenstand einer ausführlichen Aussprache gewesen ist. Diese Angelegenheit ist ja von den Herren Abgeordneten Dr. von Richter und Genossen zum Gegenstand einer besonderen großen Anfrage gemacht worden. Zu meinem persön⸗ lichen Bedauern ist diese Anfrage noch nicht zur Verhandlung gestellt worden. Ich hätte diese erwünschte Gelegenheit benutzt, um mich darüber dann ausführlich äußern zu können. Nun ist hier im Rahmen der Etatberatung erneut auf diese Dinge eingegangen worden, und das nötigt mich, in diesem Rahmen ebenfalls noch einmal darauf zurückzukommen.
Zunächst ist von dem Herrn Abg. Dr. von Kries — das war der Beginn seiner Ausführungen — auf Aeußerungen hingewiesen worden, die ich bei Gelegenheit der Beratung des Gesetzent⸗ wurfs über die Altersgrenze gemacht habe. Herrn Dr. von Kries hat es besonders beunruhigt, daß ich bei dieser Ge⸗ legenheit das Wort „Anpassungsfähigkeit“ gebraucht habe, und be⸗ sonders habe ihn die Art und Weise gestört, wie ich den Ausdruck gebraucht bzw. wie ich auf einen Zwischenruf seiner Freunde diesem Wort noch eine besondere Betonung gegeben habe. Ich darf daßu erklären, daß ich diesen Ausdruck in durchaus sachlicher, keines⸗ wegs beunruhigender Weise gebraucht habe, und ich sehe auch gar keinen Anlaß, sich bei diesem Worte irgendwie zu beunruhigen. Ich habe es nicht verstanden, warum die Freunde des Herrn Dr. von Kries bei der Anwendung dieses Ausdruckes Zwischenrufe gemacht haben, die mich nötigten, darauf hinzuweisen, daß ich selbstverständ⸗ lich Beamte aller Parteirichtungen bzw. ohne An⸗ sehung ihrer Parteirichtung zum Staatsdienst heranzuziehen geneigt sei; das ist meines Erachtens in unserm demokratisch⸗ republikanischen Staatswesen eine Selbstver⸗
ständlichkeit, die eigentlich gar keiner Betonung mehr bedurfte. Meine Herren, ich darf aber darauf hinweisen, daß eine Zeitung, die 6.* 1 7 84ℳ 1 1 24 —
b Fnn Weise wie ich gebraucht hat, also anscheinend auch der
scheint. Soweit ich unterrichtet bin, ist die/ erste Anschaffung des
2 1 Grade zu vollziehen. Ein solcher Beamter kann ganz parteilos
entscheiden, ob sie glauben, mit mir zusammenarbeiten zu
Herren der rechten Seite sehr nahesteht, diesen Ausdruck in
ist, daß es notwendig ist, in der gegenwärtigen Zeit bei mthans . "9,, en ensteen wer Fäeceeh betraut sind, ein Stück Anpassungsfähigkeit vorauszusetzen. In dieser Zeitung — sie ist vom 27. November — lese ich:
Es ist mur zu verständlich, daß die Mehrzahl dieser (über⸗ alterten) Beamten heute nicht mehr so leistungsfähig ist, wie man es im Interesse des Vaterlandes verlangen müßte. Dann aber ist es entschuldbar, daß viele der älteren Beamten sich auf die neue Zeit nicht mehr umzustellen ver⸗ mögen. Wer seine 40 bis 50 Jahre den Dienst in einer be⸗ stimmten Form versehen hat, wird sich nur schwer zu allen Reformen verstehen können, und da die Zeit solche Reformen — allerdings nicht im Sinne der hãufig wechseln⸗ den Parteiminister — dringend erfordert, können die ilteren Beamten leicht die erforderliche Weiter⸗ entwicklung hemmen. Selbstverständlich gibt es noch ge⸗ nügend Ausnahmen, die ihre Erfahrungen und Kenntnisse mit geistiger Frische und Anpassungsfähigkeit lhört, hört! links), ohne deshalb gleich die Gesinnung zu wechseln, in den Dienst des Vaterlandes stellen können.
Das find Ausführungen, die ich in vollem Umfange unterschreibe. (Sehr richtig! links.) Ich möchte meinen, daß mit mir jedes Mit⸗ glied dieses Hauses bereit sein sollte, sich mit diesen Ausführungen einverstanden zu erklären. Diese Zeitung ist — die „Poste l(hört, hörtt links), also doch gewiß ein Blatt, das meiner Parteirichtung nicht nahe steht, sondern zu der Richtung der Herren gehört, die neu⸗ lich an meinen durchaus in der gleichen Richtung gehaltenen Aus⸗ führungen Anstoß genommen haben.
Was sodann die Ausführungen des Herrn Dr. von Kries und Dr. Leidig über die besonderen Vorgänge in meinem Ministerium abangt, die zu der Zurdispositionsstellung der Herren Unterstaatssekretär Busch und Ministerialdirektor Löhlein ge⸗ führt haben, so habe ich mich über diese Vorgänge im Ausschuß bei der Beratung meines Etats ausführlich geäußert. Ich will aber noch kurz folgendes sagen: Was zunächst die Besprechung anlangt, die ich am 31. März mit diesen Herren geführt habe, so habe ich in dieser Besprechung — das scheint mir wesentlich zu sein g deutlich unter⸗ schieden zwischen der Beamtenschaft ganz allgemein und den Beamten, die zn den höhergestellten Beamten des Ministeriums ge⸗ hören. Ich habe dabei von den „höheren“ Beamten gesprochen, aber nicht in dem Sinne der im alten Klassenstaat beliebten Ein⸗ teilung der Beamtenschaft in höhere, mittlere und niedere Beamte, sondern im Sinne der höhergestellten, mit leitenden Auf⸗ gaben betrauten Beamten. Ich habe ausdrücklich auf eine An⸗ frage ergänzend erklärt, daß ich diejenigen Beamten gemeint hätte, die mit der Vorbereitung und Durchführung politischer Aufgaben betraut seien. Hinsichtlich dieser Beamten habe ich die Ansicht geäußert, daß mir ein wirklich frucht⸗ bares Zusammenarbeiten nur möglich zu sein scheine, wenn sie republikanisch und demokratisch dächten. Daß derartige Forderungen bei unserem durch die neue Verfassung und durch die Revolution begründeten republikanisch⸗demokratischen Staats⸗ wesen nicht als ungerechtfertigt angesehen werden können, wird von keiner Seite bestritten werden können, am allerwenigsten von denjenigen beiden Herren, die heute über diese Frage etwas abweichend geredet haben. Ich muß zu meinem Bedauern darauf hinweisen, daß Herr Dr. von Kries von heute sich in seinen Ausführungen nicht ganz mit dem gedeckt hat, was der Herr Dr. von Kries in der Beratung des Hauptausschusses ausgeführt hat. Bei der Beratung im Hauptausschuß ist von den Rednern sowohl der Deutschnationalen wie der Deutschen Volks⸗ partei zugegeben worden, daß eine solche Forde⸗ rung berechtigt sein würde. Sie haben nur einen Vorbehalt bezüglich der Zeit gemacht und gesagt, sie würde erst berechtigt sein, wenn die Republik sich etwas gefestigt und das demokratische Regierungssystem sich einigermaßen bewährt hãtte. Das ist ja auch in dem gedruckten Bericht, der Ihnen allen vorliegt, festgehalten worden. Demgegenüber kann ich nur wieder das sagen, was ich bereits im Ausschuß gesagt habe, daß mir diese Forderung, deren grundsätzliche Berechtigung damit anerkannt worden ist, jetzt um so notwendiger erscheint, wo es darauf ankommt, den Bestand der Republik m sichern. Ist diese Republik erst fest ver⸗ ankert durch jahrzehntelange Entwicklung wie in anderen demo⸗ kratisch gerichteten Ländern, dann sind Besorgnisse viel weniger be⸗ gründet. Gerabde jetzt ist es notwendig, daß die maßgebenden politischen Beamten sich in einer weitergehenden Ueberein⸗ stimmung mit der Aufassung der Staatsregierung in bezug auf ihre demokratisch⸗republikanische Regierungstätigkeit befinden.
Nun möchte ich aber besonders betonen, meine Herren und Damen, daß ich meine Ausführungen seinerzeit überhaupt nicht in die Form einer Forderung an die Beamten gekleidet hatte, sondern daß es lediglich eii Bekenntnis war, das ich ausgesprochen habe, für dessen Aufrichtigkeit allerdings, wie ich heute zu meinem Bedauern feststellen muß, anscheinend nicht bei allen beteiligten Beamten das von mir vorausgesetzte Verständnis vorhanden gewesen ist. Was mich bei dieser Unterhaltung geleitet und mich veranlaßt hat, die bemstandeten Aeußerungen zu tun, das war das Gefühl, dem der Reichskanzler Fürst Bismarck einmal guten Ausdruck verliehen hat, als er im Reichstag am 3. März 1881 folgendes sagte:
Administrativ⸗ und Regierungsbeamte haben einer bestimmten Regierung zu dienen und deren Weisungen bis zu einem gewissen
nicht sein, und mir ist es immer eine peinliche und nicht ganz würdige Erscheinung gewesen, wenn ich jemand in einer Regierungsstelle sehe, der mit der Politik der Regierung im diametralen Wizderspruch steht und im Amte bleibt. Die Stellung in der Verwaltung bedingt ein gewisses Maß von Parteinahme für die Regierung. 8 Meine Herren und Damen, aus diesem Gefühl und aus dem Bedürfnis heraus, durch eine offene Aussprache eine Atmosphäre des Vertvauens zu schaffen, habe ich meine Ansicht über die Voraus⸗ setzungen für ein fruchtbares Zusammenwirken des Ministers mit seinen höchsten Beamten ausgesprochen, um daran anschließend die Bitte auszusprechen, die Herren möchten selbst prüfen und
können, und ich habe damit das Anerbieten verbunden, für den Fall,
zuführen, d. h. unter Berücksichtigung der zu äußernden Wünsche eine Veränderung in den Stellenbesetzungen herbeizuführen.
Meine Damen und Herren, meine damaligen Worte enkhielten also ein freimnütiges Bekenntnis über die Art, wie ich die Politik zu führen gedächte, und ein sehr loyales An⸗ erbieten bezüglich der von den Beamten selbst etwa gewünschten Personalveränderungen. Ich kann es daher nur als bedauerlich be⸗ zeichnen, daß beides — wenigstens bei einem Teile der Beteiligten — nicht die von mir erhoffte Aufnahme gefunden hat.
Ueber die weiteren Vorgänge, die sich im Anschluß hieran in meinem Ministerium abgespielt haben, und die mich schließlich die Ueberzeugung gewinnen ließen, daß eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, wie sie von mir und wohl von jedem anderen Kollegen als unerläßliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Amtsführung angesehen wird, mit den in der Anfrage genannten Herren nicht möglich sein würde, habe ich mich bereits im Aus⸗ schuß geäußert. Außerdem steht das Staatsministerium auf dem Standpunkt, daß eine Verpflichtung zur Auskunfterteilung über Zur⸗ dispositionstellung politischer Beamten für sie nicht besteht. Ich beschränke mich deshalb heute auf die rein tatsächliche Feststellung, daß die Herren Unterstaatssekretär Busch und Ministerialdirektor Löhlein vollkommen ordnungsgemäß durch Be⸗ schluß des Staatsministeriums in den einst⸗ weiligen Ruhestand versetzt worden sind. Dieser Be⸗ schluß ist gefaßt worden auf Grund des Gesetzes vom 31. Juli 1852 in Verbindung mit § 3 der Verordnung vom 26. Februar 1919, wobei das Staatsministerium von der Erwägung ausging, daß das im Interesse des Dienstes nötige vertrauensvolle Zusammenarbeiten zwischen den beiden Herren und mir als ihrem Chef nicht mehr
tehe. (Zuruf.) —
8 Ich glanbe, daß gerade die Herren von der Rechten nichts dagegen haben könnten, wenn die neue demokratisch⸗republikanische Regierung sich auf Gesetze stützt, die durch eine alte, ehrwürdige Tradition vieler Regierungen, die Ihnen nahgestanden haben, für Sie geheiligt sein müßten, insbesondere wenn sie ergänzend die neuerdings ergangenen Novellen und Verordnungen mit heranzieht.
Was nun die Rechtsfrage anlangt, so darf ich kurz noch einmal darauf hinweisen, daß beide in Frage kommenden Herren politische Beamte sind. Für die politischen Beamten gelten die Bestimmungen des eben erwähnten Gesetzes, betreffend die Dienst⸗ vergehen der nicht richterlichen Beamten, von 1852, dessen 8 87 be⸗ stimmt, daß die nachbenannten Beamten „jederzeit mit Ge⸗ währung des vorschriftsmäßigen Wartegeldes einstweilig in Ruhestand versetzt werden können’“. (Abg. Dallmer: Bricht Reichsrecht nicht Landrecht?) — Die Herren sind vollständig im Irrtum. Im Reich be· steht gar kein Gesetz, auch keine Verfassungsbestimmung, die irgendwie mit diesem Gesetz in Widerspruch steht, und es liegt daher auch kein Anlaß vor, dieses Gesetz heute für weniger gültig zu halten als früher. Genannt waren in diesem Gesetz u. a:: Unterstaatssekretäre, Ministerialdirektoren, Oberpräsidenten, Re⸗
gierungspräsidenten, Landräte usw. Die damalige preußische Regierung hat in den Motiven zu der Verordnung vom 11. Juni 1849, der Vor⸗ läuferin dieses eben von mir erwähnten Gesetzes, sich ausdrücklich über die Gründe auszulassen, die zu der Sonderstellung der politischen Be⸗ amten geführt haben. Es wird da in dem. Stenographischen Bericht über die Verhandlungen der Kammer vom Jahre 1850 (3. Band, Anlage S. 87) gesagt, „daß diese Beamten einen solchen Beruf haben, daß der Regierung notwendig ein mehr unmittelbarer Einfluß auf ihre Amtstätigkeit zustehen muß, damit in wichtigen Zweigen der Ver⸗ waltung die notwendige Kraft und Einheit ge⸗ sichert bleibt. Bei der verhältnismäßig geringen Zahl der Be⸗ amten tritt allerdings in jedem konstitutionellen Staate das Be⸗ dürfnis einer größeren Amovibilität ein. Gäbe es keine Möglichkeit, dergleichen Becnte, so lange sie sich nichts eigentlich Str ꝛzfbares zuschulden kommen ließen oder so lange sie nicht dienstunfähig ge⸗ worden sind, mit Bewilligung eines angemessenen, ihren anständigen Lebensunterhalt sichernden Wartegeldes einstweilen in den Ruhestand zu versetzen, so würde in der Tat die unerläßliche Har⸗ monie der Regierungstätigkeit nur in sehr un⸗ genügendem Maße zuerzielen sein und die Minister⸗ verantwortlichkeit könnte niemals eine Wahr⸗ heit werden.“ (Abg. Heilmann: Sehr richtigt — Zurufe rechts: Das war früher einmal)) Das waren sehr beachtenswerte Ausführungen, und ich bin erstaunt, daß die Herren von der Rechten geneigt sind, die Be⸗ rechtigung dieser Ausführungen für die heutige Zeit zu verneinen. Diese Grundsätze billige ich durchaus, und nach ihnen handle ich. Und Sie sehen, ich und die gesamte Staatsregierung befinden sich in voll⸗ kommener Uebereinstimmung mit einer Handhabung von Gesetzen und Bestimmungen, die jetzt fast 70 Jahre in Geltung sind. An diesen gesetzlichen Bestimmungen hat die Revolution und die demokratische Regierung nichts geändert. Das einzige, was in Preußen durch die demokratische Regierung geändert wurde, war, daß man den Beamten zunächst eineb aus kömmliche Besoldung gewährte, die früher nie bestanden hat. (Sehr richtig! bei den Sezialdemokraten.) Das bezieht sich auch auf die politischen Beamten, deren Bezüge durch die von mir vorhin erwähnte Novelle vom Februar 1919 und im Mai d. J. nochmals erhöht worden sind.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir zum Schluß noch ein paar Worte zu der in Zwischenrufen von der rechten Seite des Hauses zum Ausdruck gelangten ganz irrigen Meinung, als ob durch Art. 130 der Reichsverfassung an dem Beamtenrecht in Preußen irgend etwas geändert worden sei. Die frühere deutsche Reichs⸗ verfassung enthielt über die politische Gesinnungs⸗ und Vereinigungsfreiheit der Beamten keinerlei Be⸗ stimmungen; aber auch die preußische Verfassung hatte in ihren Grund⸗ rechten über die Beamten keine Ausnahmebestimmung getroffen. Nach Art. 27 der preußischen Verfassung hatte jeder Preuße das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern, ohne daß dieses Recht auf Meinungsäußerung für be⸗ stimmte Gruppen gesetzlich besonders beschränkt worden wäre. Ins⸗ besondere enthielt auch das Gesetz über die Dienstvergehen der nicht⸗ richterlichen Beamten vom Juli 1852 keinerlei einschränkende Be⸗ stimmungen. In § 2 dieses Gesetzes wurde vielmehr lediglich be⸗ stimmt, daß ein Beamter, welcher 1
1. die Pflichten verletzt, die ihm sein Amt auferlegt, oder
2. sich durch sein Verhalten in oder außer dem Amt der Achtung,
sgleich herbei⸗
des Ansehens oder des Vert 2 die sein Beruf erfordert,
den Vorschriften des Gesetzes unkerliegk Irgendwelche Ausnahms⸗ bestimmung, durch die die Beamten in ihren politischen Rechten be⸗ schrünkt worden wären, hat es also auch früher in Preußen nicht ge⸗ geben. Leider sind aber durch die früheren Regierungen die vorhandenen Bestimmungen mungunsten der Beamten so ausgelegt worden, daß sich in Wirklichkeit eine unerhörte Be⸗ schränkung der politischen Freiheit der Beamten ergeben hat. (Sehr richtig! links. — Unruhe rechts.) Darin unter scheidet sich der alte Zustand von dem neuen Zustand (Rufe rechts: na, nal), daß, wenn auch durch die Verfassung die Rechte der Beamten nicht erweitert worden sind, wir heute eine Regierung haben, welche bereit und gewillt ist, die den Beamten wie jedem anderen Staats⸗- bürger zustehenden Rechte wirklich zu beachten und zu schützen. (Un⸗ ruhe und Zurufe rechts.) Meine Damen und Herren, früher — i hatte nicht die Absicht, darauf weiter einzugehen — hat die Regierung niemals Bedenken getragen, Beamte zu maßregeln, in ihrem Fortkommen zu beeinträchtigen, aus dem Dienst zu entlassen, zur
Disposition zu stellen ufw., die sich in ihrem Dienste nichts hatt
zuschulden kommen lassen, sondern die lediglich für sich persönlich sich politisch irgendwie abweichend von der Regierung betätigt hatten, sei es nun in Vereinen, sei es im Parlament, oder sei es selbst nur in akademischen Vorlesungen an Hochschulen b
Universitäten. Das ist früher in sehr umfangreichem Mahe geschehen und wenn die Beamten in dieser Weise verfolgt und beschränkt worden sind, dann haben sie nicht einmal bei den bestehenden Gerichten den nötigen Schutz finden können. 5 dieser Artikel 130 Platz gefunden hat, so nicht deshalb, weil damit eine Erweiterung der Rechte der Beamten herbeigeführt werden sollte, sondern lediglich, um den Mibbräuchen der früheren Regierungen ein Ende zu machen. (Unruhe rechts.) Insofern ist es sicher mar derrchaus euwünscht, daß auch in der Verfassung des nenen Deutschen Reiches niedergelegt ist, daß die Beamten die gleichen Rechte haben (Unnuhe vechts und Rufe: Ausgezeichnet! Das ist eine Logik!) wie die übrigen deutschen Staatsbürger. Ich glaube allerdings, daß diese Be onung jetzt weniger notwendig ist als jemals früher; dem ich habe das Vertrauen, daß in unserem neuen republikanisch geordneten Staats⸗ wesen die Regierungen mehr als bisher bereit sein werden, die Rechte der Beamten ebenso zu achten wie die jedes anderen Staatsbürgers. (Abg. Heilmann [Charlottenburgl: Außer, wenn die Rechtspa-teien wieder zur Regierung kommen sollten!) Die einzige Gefahr besteht,
wenn einmal, was wir nicht hoffen wollen, die Rechtsparteien wieder
ans Ruder kommen sollten, und für diesen Fall ist es zweifellos nur gut, wem in der deutschen Reichsverfassung zum Ausdruck gebracht wird, daß sie, wenn sie ihre alte Politik wieder aufnehmen würden, sich eines schweren Verstoßes gegen die Reichsverfassung schuldig machen würden. Für die preußische Staatsregierung ber Gegenwart glaube ich nachgewiesen zu haben, daß sie sich immer auf dem Boden der Verfassung und des gesetzlichen Rechtes bewegt hat, und damit hoffe ich in weiten Kreisen die Ueberzeugung gestärkt zu haben, doß unter dem gegenwärtigen demokratischen Regierungssystem die Beamten das Vertvauen haben können, daß im Gegensatz zu früher ihre staatsbürgerlichen Rechte voll gewahrt werden. (Brovol bei den Sozialdemokraten. — Zischen rechts.)
Auf Bemerkungen des Abg. Dr. Crüger (Dem.) ent⸗ gegnete der Finanzminister Lüdemann:
Ich danke dem Herrn Vorredner für die Erklärung, daß seine Freunde gern bereit sein werden, an einem Pr zur Gesun⸗ dung unserer Staatsfinanzen mi iten. Es wird ja nicht mehr Aufgabe dieser ihrem Ende ertgegengehenden Landes⸗ versammlung sein, abschließende Reformen durchgzuführen, das wird in der Hauptsache Aufgabe des neuen Landtags sein. Nur scheint mir, die Grundlage dazu muß noch von dieser Landesversammlung ge⸗ legt werden. Wenn daher der Herr Vorredner gesagt hat, es er⸗ schiene ihm das Wichtigste, zunächst einmal die bereits bewilligten Steuern zu ordnen und einzuziehen, so muß ich hinzufügen, daß für uns in Preußen eine Möglichkeit dazu ja leider nicht besteht weil uns noch keine neuen Steuern bewilligt worden sind. Diese Aufgabe steht der Landesversammlung noch bevor, und ich hoffe, daß sie sich gern und bereitwillig dieser Aufgabe unter⸗ ziehen wird.
Was die Besatzungszulagen amlangt, so kann ich zur Beruhigung des Herrn Vorredners erklären, daß auch die Geiftlichen einbezogen werden, genau so wie sie früher bei der Gewährung der staotlichen Teuerungszulagen einbezogen worden sind. Nach denselben Grundsätzen, wie damals verfahren worden ist, wird auch jetzt ver⸗ fahren. Es werden ebenfalls Staatsmittel für die Geistlichen bereit gestellt werden.
Einige Spezialfragen sind gestellt worden. Vom legten Herrn Vorredner ist der Wunsch geäußert worden, die Oberpräsidien möͤchten sich später einmal in dem Haushalt des Ministeriums des Innern befinden. Das ist eine sehr schwerwiegende Frage von erheblicher Tragweite, über die gegenwärctig noch Enwögungen schweben, die noch nicht abgeschlossen sind.
Bezüglich der Verminderung der Beamten im Finanzministerium glaube ich darauf binweisen mu sollen, daß die Verminderung der Beamtenschaft, die dadurch bedingt und geboten war, daß die großen Zweige unseres selbständigen Steuer⸗ rechts, die alten direkten und indirekten Steuern auf das Reich über⸗ gegangen sind, bereits vollzogen worden ist. Diese Beamten sind alle zum Reich hinübergegangen bis auf einen ganz kleinen Rest, der notwendig ist, um uns in Preußen überhaupt auf dem Gebiete unserer Steuersorgen aktionsfähig in erhalten. Darüber binaus gerade im Finanzministerium an der zentralsten Stelle, wo am meisten getan werden kann, um für eine sparsame Wirtschaft im ganzen Staatsbetriebe zu sorgen, noch eine weitere Verminderung der Beamtenschaft in Aussicht zu stellen, sehe ich mich gegenwärtig außer⸗ stande. Ich glaube, Sie werden mir beipflichten, wenn ich sage⸗ gerade an dieser Stelle, wo die meiste Kraft mit Erfolg angewandt werden kann, um eine sparsame Politik durchzuführen und dem Staate neue Einnahmequellen zu erschließen, ist es notwendig, einen Beamtenstand aufrechtzuerhalten, der leistungsfähig und groß genug ist, um bier die Interessen des Staates restlos wahrzunehmen.
Ich habe in den Ausschußberatungen bereits darauf hingewiesen und möchte hier nur durch einige Zahlen hervorheben, wie sich der Geschäftsumfang erhöht hat. Während die Zahl der Ein⸗ gänge im Finanzministerum im Jahre 1914 23 000 betragen hat, hat sie in der Zeit vom 1. September 1919 bis August 1920 62 000 betragen. Das ist also eine so gewaltige Vergrößerung der Ein⸗ gänge, daß allein dieser gesteigerte Geschäftsumfang in der zurück⸗ liegenden Zeit mir eine ausreichende Begründung dafür an bieten