1920 / 288 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Dec 1920 18:00:01 GMT) scan diff

Abg. Neumann⸗Magdeburg Ees. verweist als Bericht⸗ erstatter auf den von ihm über die Vorlage schon im April des Jahres erstatteten ausführlichen Bericht. Die Landes⸗ versammlung habe sich die Nachprüfung der Einzelheiten des damals verabschiedeten und am 7. Mai publizierten Gesetzes vorbehalten, und der Ausschuß für die Beamtenbesoldungsfrage habe sich dieser Prüfun in andauernder angestrengter Tatigkeit unterzogen. Das vom NMeich erlassene Sperrgesetz hat den Ländern die Art der Regelung der Besoldungen vorgeschrieben und die Selbständigkeit der Laänder sehr beschränkt. Im Rahmen dieser reichsgesetzlichen Bindung hat der Ausschuß versucht, dasjenige, was im alten Diensteinkommensgesetz den Wuͤnschen der Beamten nicht entsprach, in ihrem Sinne zu ändern. Nan ist auf den Gedanken der Ausgleichszulage gekommen, die sich den wirtschaftlichen Gesamtverhältnissen anpassen soll, um den Beamten über die Not der Zeit hinwegzuhelfen. Es ist notwendig, daß sich Preußen mit dem Reiche schleunigst ins Be⸗ nehmen setzt, um die Ausgleichszulage zu erhöhen. Um so dring⸗ licher muß die Regierung aufgefordert werden, darin Wandel zu schaffen und die schleunigste Auszahlung der Betrãge zu bewirken. Auch das wird immerhin zu einer gewissen Beruhigung der Beamten⸗ schaft beitragen. Da man die analogen Reichstagsbeschlüsse abzu⸗ warten hatte, sind im letzten Augenblicke noch eine Reihe von Ab⸗ änderungen und Berichtigungen in der Eingruppierung und in den Sätzen der Besoldungsordnung nötig geworden, die der Ausschuß nachträglich aufzunehmen beantragt.

Abg. Paul Hoffmann (U. Soz.): Die in der neuen Be⸗ soldungsordnung für die unteren und vi Beamten vorgesehenen Gehälter sind völlig ungenügend und entsprechen keineswegs den wirklichen Teuerungsverhältnissen. Wir verlangen für die unteren und mittleren Beamten und für die Stellenanwärter dieselben Zu⸗ schläge wie für die oberen Beamten.

Abg. Müller⸗Hannover (Soz.): Der Abgeordnete Paul Hoffmann ist im Ausschuß nur bis zur 28. Sitzung zugegen gewesen, nachher hat er nicht mehr teilnehmen dürfen. Ich beantrage, das Gesetz en bloc anzunehmen.

Abg. Paul Hoffmann (U. Soz.): Die Unabhängigen sind nach der 28. Sitzung aus diesem Auss⸗ wie aus allen übrigen Ausschüssen ausgeschlossen worden.

Da niemand dem Antrage auf Blockabstimmung wider⸗ spricht, wird das Gesetz in zweiter Lesung ohne Einzel⸗ beratung en bloc und sofort darauf auch in dritter Lesung endgültig einstimmig angenommen. (Beifall.)

Es folgt die zweite und dritte Beratung des entwurfs, welcher die für die Leiter und Lehrer an den staatlichen höheren Lehranstalten geltenden Gesetze über das Beamtendienstein⸗ kommen und über das Beamtenaltruhegehalt auch auf die Leiter und Lehrer der kommu⸗ nalen höheren Lehranstalten ausdehnt. Die Vorlage wird in der vom Beamtenbesoldungsausschuß vor⸗ geschlagenen Fassung nach dem Referat des Abg. Oelze (D. Nat.) ohne Erörterung in zweiter und dritter Lesung en bloc angenommen und außerdem folgende Ent⸗ schließung gefaßt:

„Akademisch gebildete Lehrer (Lehrerinnen) dürfen nur an höhere Lehranstalten versetzt werden.“

Die Gesetzentwürfe über die Versor⸗ gungsbezüge der bis zum 1. April 1920 pensionierten unmittelbaren Staatsbe⸗ amten und der Lehrer werden in zweiter und dritter Beratung einstimmig angenommen. Die Alt⸗ und Neupensionäre werden danach gleichgestellt.

v über die Aufbesse⸗

s Diensteinkommens der evange⸗

und katholischen Geistlichen werden

gegen die Stimmen der Unabhängigen, Neukommunisten und eines Teiles der Mehrheitssozialisten an genommen.

Das Volksschullehrerdiensteinkommens⸗ gesetz wird in zweiter und dritter Beratung gleichfalls angenommen.

Es folgt die erste Beratung des Gesetzentwur F“ beihilfen und zu den rtszuschlägen d nichtplanmäßigen Beamten und Volksschu

lehrpersonen.

Finanzminister Lüdemann: Die Regierung dankt den Mitgliedern der Landesversammlung für die Verabschiedung der Besoldungsvorlagen, die vielen Beamten wesentliche Auf⸗ besserungen bringen. Wir haben den Verbesserungsanträgen des Parlaments trotz mancher Bedenken zugestimmt. Leider ließ sich die Sache nicht so beschleunigen, daß die Beamten schon zum Weihnachtsfest in den Genuß der erhöhten Bezüge treten konnten. Ich habe darum bestimmt, daß das erste Quartal⸗ bzw. Monatsgehalt von 1921 schon vor Weihnachten ausgezahlt wird. Wir hoffen, daß die Beamten damit bis zum nächsten Zahlungstermin aus⸗ kommen werden. Auch die erhöhten Gehälter können natürlich nicht mit der immer steigenden Preisentwicklung Schritt halten. Darum hat die Regierung den vorliegenden Gesetzentwurf eingebracht, der für Notzuschläge 155 Millionen auswirft; voraussichtlich wird diese Summe noch überschritten werden müssen, und wir können vielleicht mit 200 Millionen rechnen.

Abg. Ro (Soz.): Wir beantragen Ueberweisung der Vorlage an den Hauptausschuß. Sämtliche Parteien sind mit dem Gesetzentwurf nur deshalb einverstanden, weil das Reichs⸗ sperrgesetz uns hindert, den Beamten mehr zu gewähren.

Die Vorlage geht an den Hauptausschuß.

Aus den Reihen des Zentrums, der Demokraten und der Sozialdemokraten sind in der Fein vom Mai bis Dezember dieses Jahres acht Anträge hervorgegangen, welche die Gewährung der den Reichsbeamten in den besetzten Gebieten bewilligten Besatzungszulagen auch für die preußischen Staatsbeamten, Lehrer und Geistlichen sowie für die Beamten der Selbstverwaltungskörper bezwecken, bezw., nach⸗ dem die Staatsregierung diese Ausdehnung grundsätzlich be⸗ schlossen hatte, die alsbaldige Auszahlung dieser Besatzungs⸗ zulage fordern. Der Ausschuß für die Beamten⸗ besoldungen hat diese Anträge beraten und dem Plenum folgende Beschlußfassung empfohlen:

die Staatsregierung zu ersuchen,

A. 1. den preußischen Beamten, den Geistlichen und Lehrern, den Angestellten und Lohnempfängern der Staatsbetriebe der besetzten Gebiete die Besatzungszulage nach den Grundsätzen des Reiches mit rüuckwirkender Kraft vom Tage der Besatzung ab, frühestens vom Januar 1920 an unverzüglich auszuzahlen,

. 2. die Besatzungszulage un alle Empfänger von Ruhegehalts⸗ und Hinterbliebenenbezügen entsprechend auszudehnen, 1

3. auf alle Kommunalverwaltungen einzuwirken, daß bei diesen sinngemaß verfahren wird,

¹. durch scfortige Verhandlungen mit dem Reich dahin zu wirken, daß sämtliche Besatzungszulagen als durch den Krieg erwachsene not⸗ wendige Ausgaben durch Reichsmittel gedec werden;

B. den im besetzten Teile der Stadt Düsseldorf wohnenden und im unbesetzten Teile beschäftigten Beamten die Wirtschafts⸗ beihilfe (Besatzungszulage) zu zahlen;

e SFeale. 222 v.See.e- . . 5 2's eine gleichmäßig age in s höchste 2h e. g ßige Zulage in Höhe de n

Beamtengruppe dort gezahlt worden ist, zu ge⸗ h8

währen und diese Zulage wie die Besatzungszulage auch den Empfängern von Ruhegehalt⸗ und Hinterbliebenenbezügen zu gewähren sowie ent⸗ sprechende Verhandlungen mit den Kommunalverwaltungen und wegen der Deckung mit dem Reiche zu führen.

Ohne Erörterung gelangt dieser Ausschußantrag ein⸗

stimmig zur Annahme. Es folgt der Bericht des Rechtsausschusses über den Ge⸗ setzentwurf über die Vermögensausein⸗ andersetzung zwischen dem preußischen Staate und dem preußischen Königshause sowie über die Anträge der Sozialdemokraten auf Zurückziehung dieses Gesetzentwurss und der Unab⸗ hängigen Sozialisten und Kommunisten auf Enteignung des Vermögens der ehemaligen Fürstenhäuser.

Der Ausschuß beantragt die Annahme folgender Entschließung:

„Das Staatsministerium wird ersucht, in eine erneute Prüfung des Vergleichs und seiner Unterlagen einzutreten, bei der, unbeschadet des Grundsatzes des Artikels 159 der Reichs⸗ verfassung, die Ergebnisse der Verhandlungen des Rechtsausschusses berücksichtigt werden.“

Der Antrag der Sozialdemokraten soll als erledigt betrachtet, Weiterberatung des Gesetzentwurfs und der anderen Anträge zur Erledigung der Nachprüfung ausgesetzt werden.

Abg. Oppenhoff (Zentr.): In der Ausschußberatung haben ich über die Frage des Privateigentums des vormaligen preußischen Königshauses so große Meinungsverschiedenheiten und so lebhafte rechtliche Bedenken ergeben, daß die Ausschußmehrheit der Meinung geworden ist, daß bei dieser Sachlage zwar nicht eine Zurückziehung des Vergleichs in Frage komme, dagegen eine erneute Prüfung des

Vergleichs und seiner Unterlagen durch das Staatsministerium nicht nur wünschenswert, sondern auch nötig sei.

Abg. Kilian (Neukomm.): Wir können dem Ausschußantrag nicht zustimmen. Wir müssen darauf bestehen, daß der Antrag Adolf Hoffmann auf Enteignung angenommen wird. Die Re⸗ volution hat die früheren Rechtsverhältnisse aufgehoben, sie hat neues Recht geschaffen, die politischen Verhaltnisse nach der Revo⸗ lution müssen nach den neuen, von der Revolution zum Erfolg geführten Grundsätzen durchgeführt werden.

Abg, Dr. Dolezych (D. Nat.): Wir haben keine Veranlassung, unsere Auffassung von der Sachlage zu ändern, chaben auch aus den Ausschußverhandlungen keine Notwendigkeit d ntnehmen können. Wir werden den Ausschußantrag ie Fnen.

Abg. Hauschild (Soz.): Durch die Ausschußverhandlungen ist die Rechtsgrundlage für den Vergleich eine wesentlich andere ge⸗ worden. Die Fraktion erwartet, daß die Staatsregierung mit allem Ernst alle neu aufgetauchten Rechtsfragen und rechtlichen Bedenken untersucht.

Abg. Ludwig (U. Soz.): Der Vergleich rührt doch nicht von Dr. Rosenfeld her, er stammt erst vom 26. Februar 1920, wo Rosen⸗ feld schon seit über einem Jahre aus dem Ministerium ausgeschieden war. Daß die Herren, welche den Vergleich unterzeichnet haß mehr Minister sind, ist zweifellos eine Folge auch dieses Vergleichs. (Sehr wahr! links.) Die Volksbeauftragten haben am 13. November das Privateigentum beschlagnahmt und das weitere der Zukunft überlassen.

Finanzminister Lüdemann: Zur Verhütung der Bildung von Wahlmärchen bemerke ich: es ist richtig, daß Möbel aus dem könig⸗ lichen Schloß abtransportiert sind. Ich sehe gar nicht ein, was darin gefunden werden kann; es fragt sich doch, wohin sie transportiert worden sind. Es haben Zimmer für andere Zwecke, für Einrichtung des Museums usw. freigemacht werden müssen; irgendein Moment der Beunruhigung wird darin wohl nicht zu finden sein.

Abg. Stendel (D. V.): Wir sind nicht davon überzeugt, daß die Erledigung der Vorlage auf Grund der vorhandenen Unterlagen sich nicht hätte erreichen lasen. Wir bedauern aufs tiefste die Nichterledigung. Wären die Meinungsverschiedenheiten im Schoße der Regierung zur rechten Zeit ausgetragen worden, so hätte der Vergleich die Billigung des Hauses gefunden. 8

Abg. Adolf Hoffmann Neukomm.): Als ich hier den Ab⸗ transport von 40 bis 50 Möbelwagen erwähnte, hatte Dr. Südekum die Stirn, zu behaupten, das wäre Hintertreppenklatsch, das wäre alles erlogen. Ich erkläre heute zum dritten Male, daß ich alles aufrechterhalte, was ich gesagt habe. 1

Der Ausschußantrag wird gegen die Deutschnatio⸗ nalen angenommen.

Die Verfügung des Justizministers vom 16. Juni 1920 über die Dienstverhältnisse der Justizsekretäre und Registratoren wird ge⸗ nehmigt.

Es folgt die erste Beratung des Ges über die Regelung der Hochwas und Vorflutverhältnisse an der mittleren Oder.

v. d. Osten (D. Nat.) begründet die Vorlage und be⸗ antragt ihre Ueberweisung an den Hauptausschuß. bg Schulte (Zentr.): Wir werden im Ausschuß für eine wesentliche Erhöhung der von der Regierung ausgeworfenen Beträge eintreten.

Die Abgg. Held (D. V.), Fritsch (Soz.) und Dr. Grund Dem.) treten gleichfalls für die Vorlage ein.

Der Gesetzentwurf wird dem Hauptausschuß überwiesen. Zur ersten kommt hierauf der Gesetzent⸗

zur Verstärkung des Beamtenstandes des Provinzialschulkollegiums in Berlin.

Abg. Dr. Kauf mann (D. Nat.): Die Vorlage ist für uns unannehmbar. Sie erfordert einen jährlichen Kostenaufwand von über 94. Million, aber sie ist ganz mangelhaft begründet. Wie kommt der Kultusminister dazu, kurz vor seinem politischen Tode mit dieser Vorlage eine organisatorische Umgestattung des Provinzial⸗ schulkollegiums zu versuchen. Er will noch kurz vor Toresschluß die christliche Volksschule treffen und eine Reihe außerordentlich ge⸗ sinnungstüchtiger Personen an die richtige Stelle bringen. Wir kennen diese Personen, auch diejenigen innerhalb dieses Hauses. Wir machen das nicht mit.

Abg. Schüner (D. Dem.): Der Vorredner macht sich die Ab⸗ lehnung der Vorlage sehr leicht. Wir beantragen Ueberweisung an den Hauptausschuß, damit wir dort ihre Notwendigkeit prüfen können.

Die Vorlage geht an den Hauptausschuß.

Abg. Rippel (D. Nat.): Wir beantragen jetzt Ver⸗ tagung. -

3 29. Heller (Scz.): Wir sehen in dem Antrag den Versuch einer Versch

.

die bis

eppung .

g. v. d. Osten (D. Nat.): Von einer Verschleppung ist keine Rede. Auch unfere Arbeitskraft hat eine S

Abg. Riehl (Zentr.) schließt sich dem Vertagungsantrag an. Der Vertagungsantrag wird ab gelehnt.

8 Es olgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs er ie Selbstbewirtschaftung der Do⸗ änen.

Der Ausschuß setzt die Mittel zur Durchführung des Gesetzes von 180 auf 60 Prülltonen herab und n 2 der Selbstbewirtschaftung diejenigen Domänen aus, die sich zur Neu⸗ oder Anliegersiedlung eignen, und solche, für die bei der Neuausbietung ein angemessener Pachtzins geboten wird.

Abg. Kaulen (Zentr.): Wir lehnen die Vorlage ab. Sie ist nicht so dringlich, daß ihre Verabschiedung nicht dem neu zu wählenden

en, nicht

Landtag überlassen werden kann. Auch der sachliche Inhalt des Ge⸗ setzentwurfs is. so, daß wir uns nicht damit befreunden konnen. Wir sehen in der Verlage den ersten Versuch, das Etatsrecht des Land⸗ tags zu durchbrechen. Dem werden wir uns entschieden widersetzen. (Beifall rechts und im Zentrum.)

Abg. Sckreiber⸗Halle (Dem.): Aus dem Domänenbesitz wird keine solche Rente mehr erzielt; der Pachtzins beträgt pro Morgen im Durchschnitt nur 5,50 Mark, ein bei dem heutigen ert

aus unangebrachter Sat. Der Versuch der Regierung, höhere Er⸗

trage zu erzielen, müuß daher unterstützt werden. Der Siedlungs. gedanke muß aber im Vordergrunde bleiben, und es soll die Ver⸗ pachtung auch erfolgen, sobald ein angemessenes Angebot erfolgt.

Weissermel (D. Nat.): Uns erscheint das Gesetz nach jeder Richtung hin bedenklich. Es soll hier tatsächlich der erste Schritt zur Sozialisierung des Grund und Bodens getan werden. Wir lehnen die Vorlage rundweg ab.

Präsident des Staatsministeriums und Minister für Landmirt⸗ schaft, Domänen und Forsten Braun: Gerade in der jetzigen Zeit ist die Annahme der Vorlage dringlich. (Heiterkeit.) Wenn Abg. Weissermel meint, es sei der erste Schritt auf dem Wege zur Sozia⸗ lisierung, so übersieht er effenbar, daß es sich bei der Vorlag⸗ darum handelt, Mittel für die Selbstbewirtschaftung schon sozzali⸗ sierten Grund und Bodens, d. h. im Staatseigentum befindlichen Grund und Bodens, zu beschaffen. Dieser Boden braucht nicht soziali. siert zu werden, er befindet sich bereits im Staatseigentum. Ich bin allerdings nicht der Auffassung, daß nur dann Selbstbewirtschafturng eintreten soll, wenn ein Pächter, dem der Grund und Boden x Bewirtschaftung übergeben ist, die Domänen vollständig devaste. heruntergewirtschaftet hat. Dann kann, wie Herr Kaulen mein der Staat auch nur zeitlich begrenzt dieses Grundstück durch Sellz, bewirtschaftung wieder hoch bringen und viele Hunderttausende dasm ausgeben und es dann wieder einem Pächter übergeben, der die Frücht der Arbeit des Staates erntet. Das verträgt sich wohl kaum mit einer pflichtgemäßen, gewissenhaften Verwaltung des Staatsper⸗ mögens. Daher ist der Staat verpflichtet, diesen seinen wertvollsten Vermögensteil, den Domänenbesitz, im Interesse des Staates um nicht einzelner Personen zu bewirtschaften.

Es kommt aber auch weiter darauf an, daß gerade die heutige Zeit es erheischt, daß der Staat über seinen Grund und Boden fre verfügen kann. Domänenbetriebe haben den Zweck, durch vorbild⸗ liche Betriebsführung volkswirtschaftliche Beispiele zu geben. Das kann der Staat auf seinen Domänen nur tun, wenn er die freie Verfügung über sie hat. Darüber ist kein Zweifel. Wir haben eim Reihe tüchtiger Domänenpächter, die Gutes geleistet und ein gutes Beispiel gegeben haben. Wir haben aber leider auch eine Anzahl von Pächtern, die das ihnen zur Bewirtschaftung übergebene Staatz gut in der schlimmsten Weise heruntergewirtschaftet und der Voll ernährung nicht so gedient haben, wie es ihre Pflicht gewesen ist. (Sehr richtig! links.) Wollte man jetzt gerade dieses Gesetz nicht machen, das dem Staat die Möglichkeit geben soll, wenn aus der Pacht ihm anfallende Domänen sich nicht zur Siedlung eignen, sie selbst zu bewirtschaften, dann würde das in der Tat ein Monopel der jetzigen Domänenpächter schaffen. Denn die hohen Beträge, die jetzt zur Uebemmahme eine Domäne erforderlich sind, bringen es nit sich, daß die Zahl der Bewerber sehr gering ist, daß letzten Eres also der Pächter, der auf der Domäne sitzt, ein erhebliches Verrecht hat, diese Domäne in den nächsten 18 Jahren gegen eine bei der jetzigen Geldentwertung nicht gerechtfertigte Pachtsumme auszubeuten. Das kann vom Staat nicht länger mit angesehen werden, daß einer kleinen Gruppe von Domänenpächtern es handelt sich um einige hundert Personen dieser wertvolle Domänenbesitz zu für den Staat ungünstigen, für die Domänenpächter überaus günstigen Bedingungen überlassen wird. (Sehr richtig! links.)

Es ist davon gesprochen worden, daß das politische Momen bei der Auswahl der Domänenpächter früher keine Rolle gespiel: habe. Diese Frage ist früher im Abgeordnetenhaus sehr oft aus führlich erörtert worden. Ich möchte dazu nur das eine bemerke Es kommen wohl in den Domänenakten früherer Zeit Bemerkunge wie folgende vor: Der Bewerber soll an liberalen Versammlunge teilgenommen haben (lebhaftes hört, hört! links), er ist deshalb 8 Domänenpächter völlig ungeeignet. (Lebhaftes Hört, hört! liek Also das politische Moment, Herr Abg. Weissermel, ist bei der Ua⸗ wahl von Domänenpächtern nie ganz ausgeschaltet worden. Es pfffn ja auch die Spatzen von den Dächern, nach welchen Grundsätzen, nin nur rein wirtschaftlichen, sondern einseitig politischen die Ausnebl der Domänenpächter, in früheren Jahren erfolgt ist. Sie wünschen, daß diesem kleinen Kreis die Ausnutzung des wertvollsten Stams⸗ besitzes weiter überlassen wird. (Abg. Weissermel: Ausnutzung?) Jawohl, diese Herren haben die Domäne zu einer Pacht (Aög. Weissermel: Rechtlich gepachtet!) das bestreite ich nicht —, aber zu einer Pachtsumme, die heute in weitesten Kreisen Empörung aus⸗ löst. (Sehr richtig! links.) Die Durchschnittspachtsätze sind pro Hektar 46 ℳ. Die niedrigsten Pachtsätze z. B. in Ostpreußen be⸗ tragen 22 pro Hektar, d. h. 5,50 für einen Morgen. (Hött, hört! links.)

Wenn Sie weiter berücksichtigen, daß diese Herren Pächter oft, um das Landbedürfnis der Anlieger, der kleinen Bauern zu be⸗ friedigen, im Wege der Unterpacht abverpachten und für diese Flachen von den kleinen Bauern das acht⸗ und zehnfache fordern, was sie selbst an den Staat zahlen, dann werden sie es verstehen, daß das in den Kreisen dieser kleinen Landwirte Empörung hervorruft. (8 hafte Zurufe im Zentrum und rechts: Einverstanden!) Meine Herren, diese Empörung richtek sich nicht allein gegen die Domänen⸗ pächter, sondern dann auch gegen den Staat, der es leidet, daß mit seinen Domänen ein solcher Wucher getrieben wird. (Große Unruhe und Zurufe rechts.) Ich habe keine Pachtschutzordnung erlassen, sondern diese ist vom Reich erlassen worden, und wenn die Pacht⸗ schutzordnung so ausgefallen wäre, wie ich sie gewünscht habe, dann hätten Sie keinen Grund, solche Zurufe hier zu machen. Das Reich hat gegen meinen Willen die Pachtschutzordnung so gestaltet. (Zurufe rechts.) Da oft die berechtigten Ansprüche der Ansiedler, der kleinen Landwirte auf Land nicht befriedigt werden können, ist es ein dringendes Bedürfnis, daß der Stoat das Verfügungsrecht über seine Domänen wieder erhält, sofern sie aus der Pacht berausfallen. Js bekomme vielfach Beschwerden von kleinen Landwirten, die in der Nachbarschaft von Domänen liegen und Land verlangen. Der Staat

ne Pacht herauszubekommen. In den ersten Monaten, ja in dem

kam es ihnen nicht geben, weil er durch Pachtvertrag gebunden ist.

Zweite Beilage

aum Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger

Verlin, Sonnabend, den 18. Dezember

1920

Nr. 288.

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.) inn es nicht gelingt, im Wege gütlicher Vereinbarung Land aus

cisten Jahre nach der Novemberumwälzung ist allerdings die Neigung zur Abgabe von Land wie bei den Großgrundbesitzern auch bei den Domänenpächtern größer gewesen. Aber in dem Maße, wie sich die Verhältnisse beruhigt und stabilisiert haben, hat diese Neigung ab⸗ genommen und sie ist jetzt in manchen Teilen des Landes bis auf den Nullpunkt herabgegangen. Die Kleinbauern verstehen es aber richt, daß der Staat nicht soviel Verfügungsrecht über seinen Grund und Boden hat oder sich verschafft, daß er die berechtigten Land⸗ bedürfnisse befriedigen kann. Aus diesem Grunde ist es notwendig, daß der Staat das Verfügungsrecht über seine Domänen so schnell vie möglich wieder in seine Hände bekommt. Sehr richtig! links.)

Noch eins bezüglich des fimanziellen Ergebnisses. Wenn wir z. B. „Zze Weinbergsdomänen nicht selbst bewirtschaftet, sondern ver⸗ aoctet hätten (Zuruf rechts: Das ist genz etwas anderes!), wenn 8 unsere Weinbergsdomänen auch derartig verpachtet hätten, wie ibrigen Domänen, so wären die ganzen Millionenergebnisse der ürigen Weinkonjunktur nicht in die Kasse des Staates, sondern

8 2 85 * Staat

5 ze Taschen der einzelnen Pächter geflossen, ohne daß der 8 zen Pfennig Anteil daran gehabt hätte. Sie mögen daraus er⸗ eeen, wie volkswirtschaftlich falsch es ist, wenn der Staat sein Eigen⸗ er ohne Not zur privatwirtschaftlichen Ausnutzung an einzelne, an 8* kleine Gruppe von Personen überantwortet. (Sehr richtig! Irke) Soviel nur grundsätzlich zu dieser Frage. 8 Nun ist in langen Ausführungen die Art kritisiert worden, in der die Selbstbewirtschaftung der Domänen in Zukunft betrieben werden sll Meine Damen und Herren, ich will Ihnen ganz offen gestehen, deeser komplizierte Weg ist auch mir nicht lieb. Ich wãre lieber einen sehr viel einfacheren Weg gesangen, wenn ich da mit dem Finanz⸗ ministerium zu einer Verständigung gekommen wäre, und eben die Schwierigkeiten unserer etatsrechtlichen Verhältnisse nicht im Wege standen. Soll aber die staatliche Selbstbewirtschaftung Erfolg haben, so muß sie sich freimachen von der bürokratischen Form, die jest dem staatlichen öffentlichen Betriebe innewohnt und seine Miß⸗

. 2 NB erfolge zum Teil verschuldet.

Es muß eine wirtschaftliche Beweglich⸗ keit für unsere Betriebsverwaltungen geschaffen werden, die aus richtiger Erkenntnis von einer großen Anzahl von Kommunalbehörden seit Jahren bereits geschaffen worden ist, ohne dadurch die Kommunal⸗ vertretungen irgendwie in ihrem Etatsrecht zu beschränken. Man kegnügt sich in allen großen Städten, bei elektrischen Bahnen, Gas⸗ anstalten usfw. damit, daß der Gemeindevertretung der kaufmännische Zetriebsabschluß vorgelegt wird, so daß sie jederzeit in der Lage ist, sber die Wirtschaft zu beraten und entscheidende Beschlüsse zu fassen. Worauf es aber ankommt, meine Herren, ist das: es sollen die Er⸗ (vmwerwisse, die sich aus den etatsrechtlichen Bestimmungen für die Selbsthewirtschaftung ergeben, vermieden werden. Damit wird das Etateecht des Hauses nicht angetastet. Denn eine Wahrung des Etrchts ist es doch wahrlich nicht, wenn alljährlich auch für die

Beebsverwaltungen in Ausgaben und Eingaben Zahlen hinein⸗

alzt werden, die mit der Wirklichkeit zumeist gar nichts zu tun haben. Shr richtig! links.) Diejenigen Verwalter derartiger ö“ iese Zahlen ein bis eineinhalb Jahre vorher angeben müssen, werden in ihrer Gewissenhaftigkeit vollständig demoralisiert. Sie wissen genm, das, was sie angeben, sind fingierte Zablen, die längst nicht meht stimmen, wenn sie in der Wirtschaft zur Geltung kommen. Sehen Sie sich doch unsern Forstetat, unsern Bergetat, unfern been Eisenbahnetat an, wo es auch so ist, daß Einnahmen 1 die eingesetzt sind, nicht im geringsten mit den Zahlen der Wirklich 8 übereinstimmen. Gerade in den letzten Jahren ist das in die Er⸗ scheinung getreten. Wenn Sie also diese fingierten Zahlen spãäter baben und darüber beraten, damit ist doch Ihr Etatsrecht nicht gewahrt. Der Administrator einer Domäne kann sich bei seinen wirtschaftlichen Maßnahmen wirklich nicht danach richten, welche Summen im Etat stehen. Wenn seine Rosgenschläge ausgewintert sind, kann er nicht sagen: ich kann nicht umpflügen und Sommergetreide aussäen, weil

der Etat mir dazu nicht die Mittel bereitgestellt hat. Der Mann

gehört dann eben nicht auf seinen Posten, wenn er so handeln wollte. Im Gegenteil, er muß den Erfordernissen der Wirtschaft entsprechend handeln. Das kann er aber nicht machen, wenn man ihn an den Etat bindet. Soll er aber daran nicht gebunden sein, dann ist es falsch, derartige Betriebsverwaltungen etatsrechtlich in der alten Form zu haben nun, um, ohne die etatsrechtlichen Bestimmungen zu verletzen, etwas beweglicher von bürokratischen Hemmungen befreit wirtschaften zu können, wie es im Reiche und auch in vielen kommu⸗ nalen Körperschaften bereits geschehen ist, die Form einer Treuhand⸗ gesellschaft gewählt, in der der Staat der entscheidende Faktor ist, der alle Einnahmen nimmt und alle Ausgaben deckt. (Sehr richtig! links.) Die Kritik des Herrn Abgeordneten Weissermel an den Einzelheiten des Entwurfs, worauf ich nicht eingehen will ich möchte nicht soviel von der kostbaren Zeit wegnehmen ö ist ganz abwegig. Sie hätte nur Zweck, wenn diese Aktiengesellschaft ein ganz fremdes, finanziell selbständiges Unternehmen wäre, das als dritter dem Staat, d. h. dem landwirtschaftlichen und Finanzressort, gegenüber⸗ tritt. Sie haben aber selbst gesagt, die Treuhandgesellschaft iit nichts weiter als die Vertretung des Landwirtschaftsministeriums. Deswegen ist die weitere Kritik darüber, was diese Aktiengesellschaft in ihrem Verhältnis zum Staat für Rechte und Pflichten hat, vollständig ab⸗ wegig, und es verlohnt sich nicht, darauf im einzelnen einzugehen. (Zuruf des Abgeordneten Weissermel.) Nein, Herr Abgeordneter Weissermel, es ist keine Verwirrung, es ist, offen gesagt, ein Weg gewählt worden, der es ermöglicht, sich in dieser Beziehung den wirt schaftlichen Erfordernissen anzupassen und letzten Endes zum Besten des Staates, der fiskalischen und im weiteren der volkswirtschaftlichen Interessen zu handeln. (Zurufe rechts: Ostpreußen!) Das ist nicht xfahrlich, weil es nichts Neues ist, sondern es ist etwas, was an ver⸗ schiedenen Stellen der öffentlichen Verwaltung schon mit großꝛm Erfolg erprobt ist. (Zurufe: Oberrechnungskammer!) Ich nöchte

hinweisen, daß, z. B., wenn es mir recht in Erinnerung ist, seiner⸗ zeit der Ansiedlungskommission für Posen und Westpreußen gleich⸗ falls eine sehr viel größere Freiheit bei der Bewirtschaftung der Güter gegeben wurde, weil man schon damals einsah, daß, wenn man sich an das formale Etatsrecht bindet, eine ordnungsmäßige Wirtschaft nicht möglich ist. Damals haben Sie zugestimmt, ehne sich in Ihren Etatsrechten etwas zu vergeben, daß gewisse Rechte auf die Ansiedlungs⸗ kommission übergingen. Außerdem sind die Instruktionen für die Oberrechnungskammer keine gesetzlichen Bestinmungen, wie ich Herrn Abgeordnetem Weissermel sagen möchte. Soweit sie aesetzliche Kraft haben, werden sie durch dieses Gesetz geändert. Es handelt sich um einen ganz legalen Weg. Soviel möchte ich nur sagen über die Art, wie die Selbstbewirtschaftung ausgeführt werden soll. Meine Herren, ich möchte also um Schluß nochmals bervorheben, es handelt sich nicht um eine Einschränkung des ECtatsrechtes dieses Hauses. Sie haben beim Domänenetat ohne weiteres das Recht, in die Domänenwirtschaft vineinzuleubten und Ihre Wünsche durch Anträge, durch Interpellationen, durch alle parlamentarisch vor⸗ gesehenen Mittel laut werden zu lassen, Ihre Auffassung über die Wirtschaft zur Geltung zu bringen. Das Etatsrecht wird nicht im geringsten beschränkt. Es wird nur vermicden, daß durch fingierte Summen, durch derartige nominelle Aufftellungen der Betrieb in seiner Eigenart, in seiner Anpassungsfähigkeit erschwert, bürokratisch schwerfällig gemacht wird, so daß die Staatsverwaltung nicht das Ergebnis erzielt, das wir alle im Interesse des Staates wünschen müssen, und das auch erzielt werden kann wenn die Sache richtig angefaßt wird. (Lebhafter Beifall vei den Sozialdemokraten.)

Auf Antrag Graef (D. Nat.) wird hierauf die Weiter⸗ beratung auf Sonnabend, 12 Uhr, vertagt. Auf der Tagesordnung stehen außerdem kleine Vorlagen.

Schluß 634 Uhr.

Parlamentarische Nachrichten.

betreffend die Ein⸗ und Ausfuhr von Kriegsgerät, nebst Begründung zur Beschlußfassung zugegangen.

Der Vertrag von Versailles (Teil V Abschnitt I, Bestimmungen über das Landheer) verbietet im Artikel 170 Abs. 1 die Einfuhr von Waffen, Munition und (anderem Landheer⸗) Kriegsgerät jeder Art nach Deutschland. Abs. 2 desselben Artikels untersagt die An⸗ fertigung und Ausfuhr von Waffen, Munition und Kriegs⸗ gerät jeder Art für fremde Länder. Im Abschnitt II (Be⸗ stimmungen über die Seemacht) wird durch Artikel 192 Abs. 4 die Herstellung von Waffen, Munition und (anderem) See⸗ kriegsgerät auf deutschem Boden für fremde Länder oder ihre Aus⸗ fuhr dorthin verboten. Die in diesen Artikeln enthaltenen Ein⸗ und Ausfuhrverbote sind durch die Veröffentlichung des Friedens⸗ vertrags im deutschen Reichs⸗Gesetzblatt Bestandteil des inneren

Dam Reichstag ist der Entwurf eines Gesetzes,

deutschen Rechts geworden; die Bestrafung von Zuwider⸗ handlungen ist durch 131 des Vereinszollgesetzes gesichert. Es fehlt jedoch, um eine gleichmäßige Handhabung der Vor⸗ schriften zu gewährleisten, an einer Bestimmung darüber, welche Gegenstände unter den Begriff „Waffen, Munition und Kriegsgerät“ im Sinne der Artikel 170 und 192 fallen. Diese Bestimmung, die auch von den alliierten Regierungen wiederholt mit Nachdruck ge⸗ fordert worden ist, soll durch die Vorlage gesetzlich festgelegt werden.

Der Entwurf eines Gesetzes zur Aenderung des Gesetzes vom 27. Februar 1880, betreffend Besteuerung des Wanderlagerbetriebes, ist nebst Begründung der preußischen Landesversamm⸗ lung zugegangen. Er lautet, wie folgt: Artikell.

des Gesetzes, betreffend die Besteuerung des Wander⸗ vom 27. Februar 1880 (Gesetzsamml. S. 174) erhält

Steuer beträgt für jede Woche der Dauer des Wanderlager⸗ in den Orten . er ersten Gewerbesteuerabteiunn .500 ℳ, r zweiten und dritten Gewerbesteuerabteilung 1 889 ℳ, r vierten Gewerbesteuerabteiluun 300 ℳ.

Artikel 2. Steuersätze des Artikels 1 finden keine Anwendung, wenn nitt, für welchen die Steuer zu entrichten ist, bei In⸗ ieses Gesetzes bereits begonnen hat.

In der beigegebenen Begründung wird ausgeführt: 1 Nach den geltenden Bestimmungen ist der Betrieb eines Wander⸗ lagers neben der hier wenig ins Gevicht fallenden Steuer vom Ge⸗ werbebetrieb im Umherziehen mit einer Sondersteuer belegt. ie Wanderlagersteuer wird zugunsten der Gemeinden bezw. er Amtsverbände, in deren Bezirk der Wanderlagerbetrieb stattfindet, er⸗ hoben und beträgt bisher für jede Woche des Betriebs: 8 in den Orten der ersten Gewerbesteuerabteilung (das sind nach § 1 Abs. 2 des Gewerbesteuergesetzes die Städte nit mehr als 50 000 Einwohnern) in den Orten der zweiten und dritten Gewerbesteuer⸗ abteilung (Städte mit 2000 bis 50 000 Einwohne 8 40 ℳ, in den Orten der vierten Gewerbesteuerabteilung (alle mn ibrigen Orte) sowie in den Hohenzollernschen Landen 30 ℳ. Diese Steuersätze stehen mit den heutigen, infolge der Ent⸗ wertung des Geldes gesteigerten Erträgen nicht mehr im 89—3 Während die von den stehenden Gewerben erhobene S insbe⸗ sondere infolge der Anspannung der Zuschläge durch die v g im allgemeinen mit dem Ertrage dieser Gewerbe b ält, werden die Wanderlager noch jetzt nach den vor dem Kriege in Geltung gewesenen und an sich nur mäßigen Sätzen, die aus praktischen Rücksichten nicht nach dem Ertrage der Betriebe bemessen werden können, zur Fg; 8 gezogen. Hierin liegt eine der Hauptursachen für ie s er e S mehrung der Wanderlager, die in letzter Zeit besonders in den lich bevölkerten Teilen des Staatsgebiets beobachtet worden 82 Die Wanderlager sind zu einer empfindlichen Konkurrenz für das stehende Gewerbe geworden, das bei der herrschenden Stockung tes Warenumsatzes schon an sich mit „großen Schwierigkeiten zu kämpfen hat und durch die Demobhilmachungsbestimmungen an der erwünschten Verringerung des Personals verhindert ist, während bei den Wanderlagern die Einstellung von Hilfskräften ur ach dem

50 ℳ,

Sie, die Sie an die Rechte der Oberrechnungskammer erinnern, darauf 88—

augenblicklichen Bedarf erfolgt.

die

Mit Rücksicht hierauf schlägt der Entwurf, zahlreichen An⸗ regungen folgend, eine namhafte Erhöhung der Steuersätze vor.

In den Hohenzollernschen Landen wurde auf Grund der Er⸗ wägung, daß die Wanderlager dort im Gegensatz zu den übrigen Landesteilen schon der allgemeinen Gewerbesteuer unterlagen, bisher nur eine einheitliche Steuer von 30 erhoben. Nachdem aber durch die Hohenzollernsche Gemeindeordnung vom 2. Juli 1900 und durch das Gesetz, betreffend die Umgestaltung der direkten Staatssteuern in den Hohenzollernschen Landen, vom gleichen Tage (Gesetzsamml. S. 189 und 252) die allgemeine Gewerbesteuer für die Wanderlagerbetriebe beseitigt worden ist, liegt für die Beibehaltung der Bevorzugung kein ausreichender Grund mehr vor. Es ist deshalb geboten, die in dem übrigen Staatsgebiet geltenden Steuersätze auch in den Hohenzollernschen Landen ein⸗ zuführen.

Der Preußischen Landesversammlung sind ferner der Entwurf eines Gesetzes über die Besoldung der Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen mitt⸗ leren Schulen (Mittelschullehrer⸗Diensteinkommens⸗ gesetz) und der Entwurf eines Gesetzes, betreffend das Diensteinkommen der Gewerbe⸗ und Handelslehrer und⸗lehrerinnen an den gewerblichen, kaufmänni⸗ schen und hauswirtschaftlichen Berufsschulen, sowie

der Entwurf eines Gesetzes, betreffend staatliche Förderung Königsberger Hafenanlagen, und der Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Amtsgerichts in Hambornnebst Begründungen zugegangen.

Verkehrswesen.

VonHamburg nach Amerika finden im Monat Dezember außer den bereits veröffentlichten Postabgängen noch solche mit den nachbezeichneten Dampfern statt:

Dampfer „Mystic“, „Katrina Luckenbach“ und „Jowan“ nach New York von Hamburg am 24., 29. und 30. Dezember; Postschluß beim Postamt 1 in Hamburg am 23., 28. und 29. Dezember 12 Uhr Mittags für eingeschriebene, 9 Uhr Abends für gewöhnliche Brief⸗ sendungen. 8 Mit dem Dampfer „Stockholm“ am 31. Dezember von Goten⸗ burg nach New York (Postschluß beim Postamt] in Hamburg am 28. Dezember 8 Uhr Vormittags für eingeschriebene, 7 Uhr Nach⸗ mittags für gewöhnliche P“ werden nur Sendungen mit entsprechendem Leitvermerk abgesandt. b Dampfer „Argentina“ nach Montevideo und Buenos Aires von Hamburg am 30. Dezember; Postschluß beim Peostamt 1 in Hamburg am 29. Dezember 12 Uhr Mittags für eingeschriebene, 9 Uhr Abends für gewöhnliche Briefsendungen. Dem Dampfer „Argentina“ werden nur solche Briefsendungen nach den La Plata⸗ Staaten und Durchgang zugeführt, die einen entsprechenden Leitvermerk tragen. 4 8eRachträgliche Aenderungen der vorstehend angegebenen Abfahrt⸗ zeiten der Dampfer „Mystic-, Katrina Luckenbach“, „Jowan“ und „Argentina“ sind nicht ausgeschlossen. Die Abfahrt des? ostdampfers „Garibaldi“ von Genua nach Santos und Buenos Aires, die für den 20. Dezember vorgesehen war, ist auf den 23. Dezember ver⸗ schoben worden (Postschluß beim Postamt 9 in Frankfurt a. Main am 20. Dezember, 12 Uhr Nachts, beim Postamt 1 in Hamburg am 19. Dezember, 12 Uhr Nachts.

Auf Grund einer telegraphischen Mitteilung der österreichischen Postverwaltung hat in Deutschland die Annahme von Post⸗ sendungen jeder Art nach Wien gesperrt werden müssen. Ebenso dürfen in Deutschland bis auf weiteres Pakete nach solchen Ländern nicht angenommen werden, die auf ihrer Beförderung Oester⸗ reich passieren müssen.

Eine Paketbeförderung mit norwegischen Dampfern ist nach einer Mitteilung der norwegischen Postver⸗ waltung zwischen Hamburg und Bergen moöglich. Postvakete und Postfrachtstücke mit und ohne Wertangabe nach Norwegen werden daher zur Leitung über Hamburg wieder ange⸗ nommen, erleiden jedoch einstweilen noch Verzögerungen. Die übrigen Leitwege nach Norwegen über Schweden und Dänemark bleiben noch gesperrt. Alles Nähere ist bei den Postanstalten zu erfahren.

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Herrn Auer von Welsbach, an dessen Namen sich der beispie lose Aufschwung der künstlichen Beleuchtung knüpft, wurde in einer Fest⸗ sitzung des Vereins deutscher Ingenieure der Siemens⸗Ring als besonders hohe Auszeichnung deutscher Technik und Wissenschaft ver⸗ liehen. Die Siemens⸗Ring⸗Stiftu age begründet am 100. Geburtstag von Werner Siemens, will das Andenken an diesen großen deutschen Forscher, Gestalter und Industriebegründer dadurch in Ehren halten, daß sie Männern, die sich durch Förderung der Wissenschaft und Praxis ausgezeichnet haben, den künstlerisch kostbaren Ring verleiht. In der oben erwähnten Festsitzung, an der sich hervorragende Vertreter der Wissenschaft und Technik, darunter der erste Träger des Siemens⸗Ringes, Dr. von Linde aus München, ein⸗

efunden hatten, gab der Vorsitzende Warburg, der Präsident der hysikalisch⸗Technischen Reichsanstalt übrigens auch einer Gründung von Werner Siemens —, eine anziehende Schilderung der Lebens⸗

arbeit Auers.

Nr. 63 des „Zentralblatts für das DeutscheReich“, herausgegeben im Reichsministerium des Innern am 10. Dezember 1920, hat folgenden Inhalt: Steuer⸗ und Zollwesen: S be⸗ treffend Abänderung der 111 zum Umsatzsteuer⸗ gesetze vom 24. Dezember 1919. erordnung über Befreiungen von der Umsatzsteuer nach dem Umsatzsteuergesetze vom 24. Dezember 1919. Verzeichnis der Annahmestellen für Iehunverschreizungen usw. gemäß Gesetz üher das Reichsnotopfer.