1921 / 19 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 24 Jan 1921 18:00:01 GMT) scan diff

doch aber in allen Zeitungen gestanden, und das hat der Finanz⸗ minister erklärt. Warum kommen wir in die Notwendigkeit der indirekten Steuern? Auf Grund Ihrer Politik, die eine geradezu unsinnige und undurchführbare Häufung der Besitzsteuern her⸗ beiführte. Sie haben die Butter vorweggenommen, und jetzt be⸗ kommen Sie das trockene Brot. Wir werden mit einem großen Scheinwerfer den Dingen ins Gesicht leuchten. Wenn Notwendig⸗ keiten bevorstehen, die der großen Masse des deutschen Volkes nicht efallen, dann wissen wir, wo wir die Schuldigen zu suchen haben. ebhafter Beifall rechts; Rufe b. d. Soz.: Oberschieber!) Reichsminister der Finanzen Dr. Wirth: Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Dr. Helfferich hat sveben in der Ihnen vorgelegten Novelle zum Reichseinkommensteuergesetz be⸗ mängelt, daß wir in unserem Gesetzentwurf § 13 Ziffer 7 des Ein⸗ kommensteuergesetzes zum Strich beantragt haben. Diese Ziffer 7 lautet bekanntlich: 8 Beiträge an kulturfördernde, mildtätige, gemeinnützige und poli⸗ tische Vereinigungen, soweit ihr Gesamtbetrag 10 v. H. des Ein⸗ kommens des Einkommensteuerpflichtigen nicht überschreitet das soll nach § 13 bekanntlich abgezogen werden dürfen. Es ist ichtig, daß das Reichsfinanzministerium unter Würdigung der Ver⸗ hältnisse der Finanzlage des Reiches den glatten Strich dieses § 7 beantragt hat. Ich bin bereit, über diesen § 7 und das war die Absicht des glatten Striches mit mir rneden zu lassen. Zuruf rechts: Auch jetzt?) Auch jetzt lasse ich darüber mit mir reden.

Aber, meine Damn und Herren, warum ich den glatten Strich beantragt habe, kann ich Ihnen an wenigen Beispielen zeigen. Zu⸗ nächst ist es für das Finanzministerium, für die Finanzämter nicht möglich, eine einheitliche Auffassung über den Begriff „kultur⸗ fördernd“ herbeizuführen. Es muß also mindestens der Begriff des Kulturfördernden umschrieben werden. Dazu kommt ein Zweites, und das war die Veranlassung für die ganze Sache. Ich halte es nicht für erträglich, daß für politische Vereinigungen schlechthin der⸗ artige Ausnahmen zugestanden werden. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Ich werde Ihnen das an einem einfachen Bei⸗ spiele zeigen. Nehmen Sie an, irgendeine physische Person über die Gesellschaften wollen wir nachher sprechen hat 1 Million Einkommen, und der Betreffende gibt davon 100 000 für politische Zwecke. Es soll nicht gar so wenig vorkommen, daß derartige Be⸗ träge gegeben werden, und ich habe mir erzählen lassen, daß in den verflossenen Wahlkämpfen derartige Zuwendungen an die ver⸗ schiedensten politischen Gruppen in vielen Fällen erfolgt seien. Nun aber beachten Sie das eine: von diesen 100 000 ℳ, die damit vom steuerlichen Einkommen abgehen, sind zweifellos bei diesem hohen Einkommen 60 000 eigentlich dem Reiche zuzuführen gewesen. Diese 60 000 gehen dadurch, daß sie politischen Vereinigungen zugewendet werden, dem Reiche verloren. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Ich überlasse es der Einsicht der Kommission, zu diesem Antrage des Reichsfinanzministeriums Stellung zu nehmen. Ich bin mir bewußt, daß ich vielleicht bei manchen Gruppen des hohen Hauses damit keinen Anklang gefunden habe, wenn ich diese politischen Zuwendungen dem Reiche sichern will. Aber wie ich Ihnen von Anfang an, seit dem ich mein Amt führe, erklärt habe: die Vorlagen, die an den Reichstag oder an die Reichsregierung kommen, werden ganz allein nach sachlichen Gesichtspunkten aufgestellt.

Nun hat der Herr Abg. Dr. Helfferich gewiß im Gegensatz zu früher in erwas gemäßigterer Form zum Reichsfinanzministerium Stellung genommen. Er hat unter anderem in seinen Schlußworten gesagt, durch die Besitzsteuer sei die Butter bereits weggenommen worden. Dann begreife ich aber nicht, wie er uns auf der anderen Seite vorwerfen konnte, daß die Besitzsteuern zum Teil noch gar

nicht wranlagt seien. (Lachen und Zurufe rechts.) Es scheint also doch nicht genau so zu stimmen, als ob die Butter gleichsam jetzt schon weggenommen wäre. (Erneutes Lachen und Zurufe rechts: Sehr schwach!) Sie nennen das ein sehr schwaches Argument. Ich glaube, daß Vorwürfe, wie sie ja vorhin aus der Rede des Herrn Abg. Keil hervorgegangen sind, als ob wir es an der nötigen Energie hätten fehlen lassen, nicht berechtigt sind. Ich verkenne gewiß nicht die Aufgabe der Finanzverwaltung, ein Doppeltes zu leisten: erstens die Organisation durchzuführen, zweitens aber auch die Einhebung der von der Nationalversammlung verabschiedeten Steuern vorzu⸗ nehmen. Aber ich glaube, ein Vorwurf nach der Richtung hin, als ob das Finanzministerium die Politik des Abbaues der Besitzsteuern begonnen hätte, kann nicht erhoben werden. Für die politischen Parteien wie für den Finanzminister bestand vor Weihnachten meiner Meinung nach gar keine angenehme Situation (hört, hörtl bei den Sozialdemokraten), als wir unter Anwendung sehr lebhaften Druckes die rasche Verabschiedung der teilweisen Einhebung des Reichs⸗ notopfers in diesem hohen Hause vornehmen mußten. Ich habe damals die Opfer, die die Regierungsparteien gebracht haben, sehr wohl zu würdigen gewußt. Ich habe es auch an dem Appell nach außen an unsere Finanzbeamten nicht fehlen lassen, und wenn ein Mitglied des hohen Hauses in der Lage ist, mir den Leiter eines Finanzamtes zu nennen, der absichtlich oder weil er etwa zu vor⸗ geschrittenen Semesters ist es ist vorhin von den „alten Büro⸗ kraten“ gesprochen worden (Abg. Dr. Becker⸗Hessen: Das sind die tüchtigsten Beamten; sehr richtig! rechts) wenn Sie mir einen im deutschen Lande nennen, der seine Pflicht versäumt, oder der nicht in die Lage kommt, etwa weil er zu vorgerückten Semesters ist, das Nötige zu leisten, dann dürfen Sie versichert sein, daß ich dafür sorgen werde, daß ein derartiger Beamter seines Dienstes enthoben wird. An unserer Energie soll es in dieser Beziehung nicht fehlen. Ich habe dem Gesetz, als es nach unseren Aemtern hinausgegangen ist, noch ein besonderes Vorwort hinzugefügt. Es heißt in diesem Vorwort: Ich vertraue, daß alle Dienststellen von diesem Bewußtsein durch⸗ drungen sind, und daß alle Kräfte daran gesetzt werden, um die vorläufige Veranlagung des Reichsnotopfers in kürzester Zeit durch⸗ zuführen. Dabei wird, wie ich zuversichtlich annehme, volles Ver⸗ ständnis für den Grundgedanken des Gesetzes bestehen, daß die Ab⸗ gabe ohne Ansehen der Person als Opfer in der höchsten Not des Reiches zu erheben ist, daß aber unmnötige Härten vermieden und Lebensbedürfnisse der Volkswirtschaft geschont werden müssen. Wir haben damals bei der Verabschiedung jener Gesetzesnovellen individualisiert. Wir haben den Finanzämtern die Ermächtigung ge⸗ geben, bei den einzelnen wirtschaftlichen Objekten das Lebensinteresse dieses Wirtschaftsobjektes zu wahren, um nicht zu zerstören, was wir notwendig zum Wiederaufbau brauchen. Ich muß es also ablehnen, daß von irgendeiner Seite auch der Herr Abgeordnete Dr. Helfferich hat das zu Unrecht gesagt etwa von mir behauptet wird, daß ich das Prinzip des Abbaues der Besitzsteuern etwa auch nur als Schlag⸗ wort aufgebracht hätte. So ist es nicht. Solange ich an meinem

den Besitz von den Opfern zu enklasten, die in der höchsten Not des Reiches dem Besitz zugedacht worden sind.

Von links wie von rechts ist dann die Frage erörtert worden und nach meiner Auffassung mit Recht —, wie es bei der Einkommen⸗ steuer bezüglich der Steuerrückstände gehen werde. Ich habe dieses Problem nicht etwa erst in der Viertelstunde, während der wir jetzt darüber sprechen, erwogen; seit langem sind wir im Finanzministerium an der Arbeit, um hier einen Ausgleich herbeizuführen. Ich hoffe, daß ich im Benehmen mit allen Parteien des Hauses zu einer solchen Ordnung der Beseitigung der steuerlichen Rückstände kommen werde, daß auch das Reich dabei noch einigermaßen bestehen kann. Ich fühle sehr wohl die Schwierigkeiten, die darin liegen, wie etwa nach der definitiven Veranlagung zur Einkommensteuer Arbeiter, Beamte, überhaupt alle, die in einem Lohnverhältnis stehen, über das Maß hinaus herangezogen werden können, das im Lohn⸗ und Gehaltsabzug festgelegt ist. Die Anregung dazu ist etwa nicht erst heute vom Herrn Abgeordneten Keil gegeben worden, sondern auch seitens der Re⸗ gierungsparteien sind seit Tagen Anregungen nach dieser Richtung an mich ergangen. (Sehr richtig! rechts.) Und ich bin bereit, über diese Frage im Steuerausschuß alsbald, soweit die Geschäftslage es erlaubt, mit mir reden zu lassen. Vom Reichsfinanzministerium werden dazu die nötigen Unterlagen beigebracht werden. (Zuruf rechts: Itt das Abbau?) Das ist Abbau. Hier handelt es sich aber, wie Sie wohl zugeben werden, nicht um die Besitzsteuer, sondern hier handelt es sich um eine Einkommensteuer. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Ich bitte, das auseinanderzuhalten. Wir stehen der Notwendigkeit gegenüber, die Steuern auf das Einkommen der jetzigen wirtschaftlichen Lage und der Gestaltung unserer Währung anzupassen; wir sind zu jedem vernünftigen und verständigen Ent⸗ gegenkommen bereit. (Hört! hört! rechts.) Und ich scheue mich auch gar niemals, in diesem Zusammenhang zu sagen: Es ist besser, man spielt das praevenire, als man kommt politisch zu spät. Das Zuspätkommen in der Politik, meine Herren, war, glaube ich, bei Herrn Helfferich mehr zu konstatieren als bei der derzeitigen Re⸗ gierung. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.)

Nun, meine Damen und Herren, kommt ein unangenehmes Kapitel, über das ich am liebsten heute nicht gesprochen hätte. Ich bin nicht erbaut darüber, daß jetzt noch einmal im Plenum die Frage der Wertbemessung landwirtschaftlicher Grundstücke behandelt worden ist. Ich sage, es war nicht gut, daß sie heute angeschnitten worden ist. Vor allem war es nicht gut von Herrn Abgeordneten Dr. Helfferich, noch ein mal daran zu erinnern. (Zuruf rechts: Von Keil war es gut!) Nicht immer so voreilig! Der Herr Abgeordnete Helfferich hat,

wie er das schon einmal getan hat, der Regierung gewissermaßen den Bruch eines Versprechens vorgeworfen. Aber er hat dabei zwei Irr⸗

2 nehmen.

tümer unterlaufen lassen. Er sprach nämlich zunächst vom Notopfer⸗ gesetz. Nicht darum handelt es sich, Herr Abgeordneter Dr. Helfferich, sondern es handelt sich um die Reichsabgabenordnung in § 152, die Sie herbeiziehen können. Aber eines hat Herr Dr. Helfferich über⸗ sehen: wenn dieser § 152 für die Berechnung des Ertragswerts land⸗ und forstwirtschaftlicher oder gärtnerischer Grundstücke sakrosankt sein soll für die Wertbemessung, dann hat Herr Dr. Helfferich übersehen, daß in § 152 Abs. 3 auch darin steht: als Ertragswert gilt für land⸗ und forstwirtschaftliche und gärtnerische Grundstücke das Fünfund⸗ zwanzigfache des Reinertrags —, während wir für diese Wert⸗ bemessung, um der Landwirtschaft entgegenzukommen, das Zwanzig⸗ fache gesetzlich niedergelegt haben. Ich sage also nur: wenn man auf den § 152 derartig scharf abhebt, so muß man mehr Verständnis für die Art und Weise entgegenbringen, wie das Finanzministerium damals die Richtlinien festgelegt hat.

Aber nun rennen ja die Herren offne Türen ein. Ich weiß nicht, warum wir uns heute darüber derartig streiten sollen. Die Be⸗ ratungen sind im Steuerausschuß in Gang gekommen. Einer der Herren hat gefragt ich glaube, es war der Kollege Keil —, warum ich nicht dabei gewesen bin. Es gibt einen physikalischen Grundsatz, daß da, wo ein Körper ist, nicht gleichzeitig ein zweiter sein kann; es gibt aber auch einen politischen Grundsatz, daß ein Minister nicht zu gleicher Zeit die Beamtenvorlage verabschieden und in der gleichen Stunde im Steuerausschuß weitgehende Erklärungen abgeben kann. (Heiterkeit.) Die Anträge liegen also vor. Ich habe gemeint, daß man sowohl rechts wie links es mir ersparen würde, heute zu diesen An⸗ trägen Stellung zu nehmen. (Zuruf rechts: Links wie rechts! Links hat angefangen!) Nun gut! Es hat immer angefangen. Ich bedaure, daß heute das Finanzministerium im Laufe der Debatte dazu Stellung nehmen muß. Denn es können die Ausführungen nicht unwidersprochen ins Land hinausgehen. Sie haben den Gegenstand weitgehender Erörterungen im ganzen Reich gebildet. Wenn man diese Grundsätze, wie wir sie seinerzeit im September hinausgegeben haben, anschaut, sie sorgfältig einmal prüft auf ihren Charakter, und wie wir beabsichtigen, daß die Bestimmungen auszuführen sind, so kann meines Erachtens niemand bestreiten, daß auf individuelle, charakteristische Einzelheiten im weiten deutschen Land bereits ein⸗ gehend Rücksicht genommen worden ist. Es sind aber die Grund⸗ sätze und insbesondere die Auslegung sowohl von der rechten wie von der linken Seite, auch aus den Kreisen meiner politischen Freunde ich will das nicht bestreiten stark bemängelt worden. (Zuruf rechts: Und durch die Demokraten!) Also gut: einmütige Kritik! Wenn eigne derartige Kritik von allen Seiten kommt, ist der Finanzminister selbstverständlich und insbesondere in einem parlamentarischen Staate

es soll dabei den individuellen Verhältnissen der einzelnen

triebe Rechnung getragen werden. 8 Ich habe daraufhin die Grundsätze noch einmol angeschaut mnd erklären: das, was die Herren wünschen, steht mwortlich 8 expressis verbis, in diesen Grundsätzen vom 4. September hens darin, die die Grundlage im Benehmen mit den bäuerlichen Or 1 sationen und ihren Standesvertretungen bei den Landesfinanzinte schaffen, um individuell in Deutschland nach allgemeinen Richtlin diese Wertbemessung zu gestalten. Ich sehe also zu meiner Freul daß diese Grundsätze, die wir seinerzeit hinausgegeben haben, die zeichnet sind von Herrn Staatssekretär Moesle, einen guten Kenn dieser Gesetzgebungsmaterie was ja auch hier seinerzeit nerkan worden ist —, daß diese Grundsätze im allgemeinen gar nicht me der Beanstandung unterliegen, so daß es doch ich glaube, ich g nicht zu weit eine künstliche Mache war, diese Grundsätze in ihr Totalität so scharf kritisieren zu lassen, sondern es kommt jetzt all darauf hinaus, wie auch der Antrag in der Kommission lautet Antrag Nr. 25 Hepp, Herold, Dr. Roesicke, Böhm; er ist unte zeichnet auch von den Abgeordneten Becker, Rießer, Herold Hompel, Veltin, Roesicke, Schimmelpfennig, Dr. Helfferich, 2 Oberfohren, Böhm (Münster) —, es kommt alles auf die Frage hi aus, daß bei dauernd land⸗ oder forstwirtschaftlichen oder gürtnerisch Zwecken zu dienen bestimmten Grundstücken beim Notopfergeset G Durchschnittsertrag der Wirtschaftsjahre 1908/09 bis 1917/18 zugru gelegt wird. Meine Damen und Herren, ich erkläre Ihnen ga offen ich hätte Ihnen das am Montag in der Kommission a erklärt —: ich bin nicht in der Lage, diesem Antrage zuzustimme (Hört! höre! bei den Sozialdemokraten. Zuruf von den Sozic demokraten: Er ist vom Zentrum mit unterschrieben! Gegen von der Deutschen Volkspartei: Die Herren haben doch eine eige Meinung, freuen Sie sich doch darüber!) Nur keine Aufergu darüber! Dieser Antrag ersucht den Reichsminister der Finanze folgendermaßen zu verfahren, und daraufhin erkläre ich, daß ich dies Antrage in seiner Totalität nicht zustimmen kann. Ich würde so glaube ich, die Pflichten, die mein Amt mir auferlegt, nicht rich und nicht genügend wahren. (Hört! hört! bei den Sozialdemokrate Aber ich sage, man kann darüber streiten, ob man für diese We bemessung allein die Kriegsjahre von 1914 bis 1919 zugrunde leg soll. (Na alsol bei der Deutschen Volkspartei.) Man kann darül sehr wohl sachlich miteinander bedattieren. Man kann auch frage ob man etwa ein oder zwei Jahre Vorkriegsjahre dazuzählen ka (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten. Zuruf von d Deutschen Volkspartei: Es hat sich niemand auf die Zahl der Jah festlegen wollen!) Ja, meine Herren, hier ist eben eine Festlegu erfolgt. Ich sage Ihnen, darüber lasse ich mit mir reden; nur d Jahr 1919 kann ich nicht ausscheiden. (Sehr richtig! bei den Sczig demokraten.) Ich lasse mit mir reden, um einen Ausgleich herbe zuführen, mit einem oder dem andern Jahre der Vorkriegszeit hi⸗ einen Ausgleich zu schaffen, und das kommt billigem Recht durcha entgegen; aber, meine Herren, ich habe schon ausgeführt, nachdem G mich heute mit diesen scharfen Angriffen gegen das Finanzministeriuk als ob wir einen Bruch mit Treu und Glauben vorgenommen hätte zu dieser Erklärung geradezu nötigen heute ist es ja etwas mild gewesen als damals —, haben Sie mich heute genötigt, Herr Abg ordneter Dr. Helfferich, das jetzt zu erklären, was auf dem We der Verhandlungen vielleicht besser gewesen wäre.

Ich komme zum Schluß. Die große Zahl der Probleme, d wir nun noch in Angriff nehmen müssen, gehören gewiß für de Finanzminister nicht zu den angenehmsten. Die Frage der Erhöhu des steuerfreien Einkommensteils, die Frage der Rückstände, die Fra der kleinen Rentner und was noch alles damit zusammenhängt, si gewiß Probleme, zu deren Inangriffnahme ich gern bereit bin. C. hat keinen Wert, die Augen vor Notwendigkeiten zu verschließe Aber ich glaube, es ist besser, die Inangriffnahme dieser Notmwendi keiten zunächst jetzt an der Hand der Novelle im Steuerausschuß do zuberaten und zu schauen, wie weit Anregungen der politischen Hoa teien erfolgen werden. In einem Hauptteile bin ich bereit, nicht ab zuwarten, sondern Ihnen möglichst bald Vorschläge der Regieruf zukommen zu lassen.

Nun ist die Frage nach großen steuerlichen Programmen a geworfen worden. Ja, hat vielleicht jemand von Ihnen erwartet, dg ich jetzt hierher treten und Ihnen ein großes Steuerprogramm unten breiten soll? Der Finanzminister, der sich hierher stellt und ei Steuerprogramm insbesondere im Hinblick auf die bedeutende, das Reich ausschlaggebende Reparationsfrage aufstellen würde, würd doch geradezu töricht handeln. Gewiß ist es richtig, daß politisch parteipolitische Momente in das Verhalten der Regierungsparteis und der Oppositionsparteien hineinspielen können. Daß Preußen wahlen, die vor der Tür stehen, nicht gerade geeignet sind, steuerlich Probleme zu fördern, will ich ohne weiteres hinzusetzen, aber ich glaub ich habe in dem, was ich in den letzten Tagen getan habe, insbesonden bei der Beamtenvorlage, durchaus nicht gezögert, diejenigen staats politischen und steuerlichen Notwendigkeiten hervorzuheben, die in Anschluß an diese großen Ausgaben für mich ohne weiteres gegebe sind. Hier gibt es bei mir kein Versteckenspielen. Es wird Aufgah der politischen Parteien sein, die an der Regierung teilnehmen, Reichskabinett die Wege zu eröffnen, die notwendig sind, um un vor einem weiteren Finanzelend zu bewahren. (Bravol bei de Deutschen Demokraten und im Zentrum.)

verpflichtet, über diese Grundsätze mit allen Kreisen Fühlung zu Ich habe das getan, und ich war bereit, auch im Steuer⸗ ausschuß in eine eingehende Aussprache darüber einzutreten. Das ist bereits geschehen. Sie wissen ja ich darf das hier noch einmal wiederholen —: es ist im Steuerausschuß auch so gelaufen, wie ich es mir gedacht habe. Es ist zuerst von der linken Seite es war damals der Herr Abgeordnete Simon (Franken) ausgeführt worden, daß auf Grund dieser Grundsätze die bäuerliche Bevölkerung nicht genügend zum Notopfer beigezogen wird. Es ist insbesondere von Bayern, von Herrn Dr. Heim, den ich heute sehr gern hier gesehen hätte, gesagt worden, daß die Wertbemessung, wie sie hier vorgesehen ist, eine Mörderpolitik des Finanzministers Wirth darstelle. Es sind noch stärkere Ausdrücke gefallen. Also, wie gesagt: die Kritik kam von allen Seiten. Ich habe nun meine Bereitwilligkeit wieder⸗ holt ausgesprochen, eine Nachprüfung dieser Grundsätze eintreten zu

darin, daß bei den niedrigeren Einkommensteuerstusen übe

lassen: erstens nach der Richtung hin, daß die Grundsätze stärker individualisiert werden könnten. Ich würde dann mit einem Beschluß des bayerischen christlichen Bauernvereins einig gehen, der mir vorhin während der Sitzung überreicht worden ist, worin gesagt wird:

Die Gesamtvorstandschaft des bayerischen christlichen Bauernvereins lehnt jede schematische Heranziehung zum Reichsnotopfer ab. Die

Platze stehe, werden Sie die Hand von mir nicht bekommen, hier 1 1“ 8 1 11144“]

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Veranlagung soll erfolgen nach den Grundsätzen des Gesetzes; aber ““ 3 ““

mitarbeitend für den Abbau der Besitzsteuern ein, so

arbeit an

Abg. ten Hompel (Zentr.): Die Vorlage ist durch die be änderten Verhältnisse, besonders durch den 8 . Fortschrittee Geldentwertung veranlaßt. Eine besondere Schwierigkeit, 5 Abzug von 10 % hinaus noch weitere Steuerbeträge eingeforde werden müssen. Im einzelnen wird der Ausschuß darüber zu 8 scheiden haben, wie er auch erneut die Frage des Existensminimu und der angemessenen Berücksichtigung der Verhältnisse der 8 rentner zu prüfen haben wird. Auf allen diesen Gebieten, 4 in verschiedenen Fragen des Veranlagungsverfahrens wird 9 lichst nach einem Ausgleich zu suchen sein. Die Vorwürfe d. Abg. Keil gegen das Iesan weise ich zurück, wenn er nen Partei beschuldigt, im e.--. ausschließlich agrare, orientiert gewesen zu sein, so ignoriert er die offenkundige sache, daß im Steuerausschuß der Nationalversammlung uneliede im Steuerausschuß des Reichstags das Zeuntrum durch Mitglien vertreten ist, die den Stadt⸗ und Landarbeitern, se wi und der Industrie angehören. Wenn er uns ferner vorwirft, it träten offen oder versteckt unter der Führung des Abg. Dr. keaüsen selbständig genug, um einer Führung durch den Abg. Dr. Helfsern nicht zu bedürsen, und sind 2e 82* unsere praktische 9 dem Aufbau des großen Steuerprogramms gegen tr t solchen Vorwurf hinlänglich geschützt. Das Zentrum nimm 1 voller Objektivität und Gerechtigkeit die Interessen aller völkerungsschichten gleichmäßig wahr. Daß wir auch die 6

d biete ftl ur lligkeiten * k““

dem Mittelstand ahh

gleichen, die sich aus der Gesetzgebung ergeben haben, daraus kann man uns keinen Vorwurf machen. Wir haben den Antrag auf Hinausschiebung des Termins für die Annahme der Kriegsanleihe mitunterschrieben, um auch denjenigen Steuerzahlern gerecht zu werden, die Kriegsanleihe gezeichnet haben. Was die Wertbemesfung der ländlichen Grundstücke anbetrifft, so hat auch der Reichsfinanz⸗ minister zugestanden, daß man darüber sehr verschieden denken kann, und wenn die bürgerlichen Parteien über das, was der Finanzminister als sachlich möglich selbst zugibt, um einige Jahre Fnausgegangen sind, so kann man uns auch daraus keinen be⸗ gründeten Vorwurf machen. Von irgendeinem Abbau der Besitz⸗ steuern ist dabei absolut nicht die Rede, es handelt sich vielmehr lediglich um eine gerechte Auslegung und Handhabung der be⸗ stehenden Gesetzgebung.

8 Dr. Hertz (U. Soz.): Nicht die Frage der Einkommen⸗ steuer, sondern der Abbau der Besitzsteuer ist das Kernproblem in allen S . überhaupt. Bisher stand die Besitzsteuer zum allergrößten Teil nur auf dem Papier. Wenn Abg. ten Hompel das Zentrum vor dem Vorwurf schützte, den Abbau der Besitz⸗ steuer zu erstreben, so unterscheidet sich die Haltung des Zentrums von früher zu ihrer sesaen Haltung sehr erheblich. Früher wurde die Politik des Reichs inanzministers Erzberger untéer allen Um⸗ ständen vom Zentrum gestützt, der jetzige Finanzminister aber ist gezwungen, sich gegen Anträge des Zentrums zu wenden. Deshalb aben wir allen Anlaß, den künftigen Arbeiten des Zentrums mit Mißtrauen 1e e.henn Wenn der Finanzminister darauf hingewiesen hat, daß bei der Eigenart des Gesetzes es außer⸗ ordentlich schwer sein werde, in den nächsten Monaten die Steuer⸗ leistungen von den Steuerzahlern einzuheben, so ist das durchaus richtig. Die Schwierigkeiten werden so groß sein, daß auch die kräftigste Staatsgewalt nicht in der Lage sein wird, sie ohne die gewaltigsten Widerstände einzuheben. Deshalb ist es dringend nötig, daß das Reich sich dieser Tatsache bewußt bleibt, daß in der Novelle zum Steuergesetz die Einziehung der Rückstände oder ihre Gestaltung so getroffen wird, daß eine Gefährdung der notleidenden Masse der Bevölkerung vermieden wird. Ueberdies besteht noch neben dem Reichseinkommensteuergesetz die Möglichkeit, daß die Gemeinden eine ähnliche Steuer erheben. Das Reich hat durch die Fesgang des Einkommensteuergesetzes die Gemeinden auf diese schiefe Bahn gedrängt und dadurch das Interesse der minderbemittelten Bepölkerung verletzt. Die Finanzen der Ge⸗

meinden sind zum größten Teil völlig hCö“ Trotz

der Bestimmungen des Reichseinkommensteuergesetzes ist ein außer⸗ ordentlicher Rückgang in den Zuwendungen von Privaten an wohl⸗ tätige Anstalten zu verzeichnen. Diese Bestimmung bedeutet weiter nichts als eine Bevorzugung der Besitzenden, dem Reich gehen große Mittel verloren, 8 h sie mildtätigen oder wohltätigen wecken überhaupt zugehen. In der Praxis bedeutet diese Be⸗

timmung nichts als eine Förderung der Propaganda der rechts⸗ stehenden Parteien mit Regierungsgeldern. Die Arbeiterklasse hat keinen Vorteil davon. Der Abbau der Besitzsteuer unter gleich⸗ zeitiger Erhöhung der indirekten Stenern wird bei uns an hef⸗ kigsten Widerstan 1,1n9 indirekte Abgaben sind ein schweres Hemmnis für die Wiederbelebung unseres EE11— und besonders unseres Verkehrs, verbunden mit einer Ue erlastung der Bevölkerung. Auch andere Länder haben Besitzsteuern, sie führen sie aber cuch durch. Dabei gehen die Steuern dieser Länder teilweise wesentli über das hinaus, was Deutschland not hat. Wenn in Deutschland die Besitzsteuer nur auf dem Papier steht, so liegt das daran, daß das Bürgertum es verstanden hat, die Lasten von sich auf andere abzuwälzen. Professor Bühler, ein deutschnationaler Mann, hat in „Recht und Wissenschaft“ dargetan, daß das ET“ und das Notopfergesetz gar nicht den heutigen Verhältnissen entsprechen. Statt 80 *%, wie es sein sollte, würden nur 20 % weggesteuert. Redner verliest Sätze aus Bühlers Darlegungen und betont, daß vor allem die wohlhabenden Land⸗ wirte nach wie vor zu wenig Steuern zahlten, während die ärmsten Arbeiter hochbesteuert würden. Redner führt Fälle aus Sachsen, Schlesien und Ostfriesland an. Unter solchen Umständen ist es, so schließt Redner, unerträglich, von neuen indirekten Steuern zu reden. Wir verlangen bei Beratung dieser Novelle Milderungen ür Arbeiter und Angestellte, die dem gesunkenen Geldwert ent⸗ rechen. Auch muß der soziale Kurs bei der Einkommensteuer ge⸗

ändert werden, damit die Gemeinden nicht gezwungen werden, Steuern zu erheben, die mit den primitivsten Anforderungen so⸗ zialer Gerechtigkeit in Widerspruch stehen. (Beifall bei den U. Soz.) Abg. Dr. Becker⸗Hessen (D. Vp.): Wir hätten gewünscht, daß

der Entwurf gleich an einen Ausschuß ging; nicht als ob wir damit die Beratungen in eine Dunkelkammer verweisen wollten! Wenn Herr Hertz den Ausschußverhandlungen beiwohnte, würde er sehen, daß dort genau so wie hier im hellen Licht des Saales beraten wird. Auch gehen, manchmal in überreichlicher Form, Berichte in die Presse, so daß die Oeffentlichkeit genau unterrichtet ist. Jeden⸗ falls baben wir gar kein Interesse daran, zu verdunkeln, was wir an Anschauungen vertreten, sondern wir wollen es durchaus ins Licht des Tages stellen. Damit haben wir bei den Wahlen keine chter Geschäfte gemacht. Unser Wunsch war begründet einmal urch Rücksicht 89 unsere kostbare Zeit. Wir stehen Ende Januar 1921 noch mitten in der Etatsberatung für 1920, und wir sollten doch alle ein Interesse daran haben, zu geordneten Budgetverhältnissen zu kommen. Zweitens wollten wir nicht vor den Wahlen die Leidenschaften aufgepeitscht Ge. Ich mache da keinen Unterschied zwischen links und rechts, wenn auch der Anfang von links gemacht ist. Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es auch wieder heraus. Die Doppelbesteuerung des Jahres 1920 haben wir schon seinerzeit bekämpft. Heute wird anerkannt vielleicht auch von den Sozialdemokraten —, daß diese Doppelbesteue⸗ rung unhaltbar ist. Es ist nicht angängig, das Einkommen des ast 1920 auch noch für 1921 der zugrunde zu egen. Das verstößt nicht nur gegen das Interesse der großen

Steuerzahler, sondern auch der kleinen. Wie das geändert werden

kann darüber wollen wir uns im Ausschuß unterhalten, heute sind die Dinge noch nicht genügend geklärt. Der Vorschlag der Regie⸗ rung ist nicht annehmbar, daß man zu einer ganz anderen Ver⸗ anlagungsweise übergeht, indem man das Einkommen eines Jahres in diesem Jahre selbst veranlagt. Wir vie die Steuergesetz⸗ ebung mit den Augen des gesunden Praktikers ansehen, auch in eer Richtung, ob der Ge easat sie wirklich ausführen kann. Wenn man sich überzeugt, es geht nicht, so muß das sachlich Bessere dem vielleicht nur Gnten weichen. Wenn man nach dem Vorschlag der Regierung ferner die Steuerfreiheit der Zuwendungen für Kultur⸗ und mildtätige Zwecke aufhebt, dann schädigt man nicht diejenigen, die diese Zuwendungen machen, sondern die Institute selbst, wie Universitäten und dergleichen, denen Zuwendungen gemacht werden. Universitäten und andere Institute klagen jetzt täglich, daß sie keine Mittel haben und ihre Bibliotheken usw. nicht ergänzen könnten. Werden ihnen keine privaten Zuwendungen mehr gemacht, so müssen Reich, Länder und Gemeinden dafür eintreten und diese Institute mit höheren Summen Sftee als die Besteuerung der privaten Zuwendungen ergibt. uch sozialdemokratische Parteigenossen machen ja 8g Zuwendun en. Diese Steuervergünstigung kommt also jeder artei außnn. on dem Lohnabzug sagt die Vorlage gar nichts, aber es ist nicht ar ängig, daß über den Lohnabzug hinaus am noch he aares ber gesordert werden. Ob man das mit einem ganz auswischt oder vielleicht den Tarif anders ge⸗

im Ausschuß prüfen. Herr Keil hat den ss 58 nrpße Reden über die Be⸗

Schwamm · altet, das werden wir ee provoziert, es U16“ itzsteuergesetzgebung zu halten. Was He 1 8 ö 8 bei Parlamentsreden vielfach vor —, no richtig. Wir haben die Gesichtspunkte der Erzbergerschen Steuer⸗

re rnherein bekämpft, Füarm Wir haben uns immer gegen diese 8 macherei im Flugzeugtempo ausgesprochen. Herr Keil „a ün keinen 1-hl Nen Tag. Er macht die Beamten verächtlich, He edie Steuergesetze nicht durchführen können. In utschlaßd s sh aber noch die alte Steuerorganisation, und da sitzen no 1b so⸗ eenannten alten Bureaukraten, während in Preußen die 8n hehörhen wesentlich neu aufgezogen sind. Herr Keil verletz 8 11“ 8

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erhaltung dieser Bestimmung für selbstverständlich.

er Keil sagte, war weder neu

und die Wahlen haben uns

gerade die Beamten, die die guten alten Vormänner sind, die ihr Handwerk verstehen, bei denen alles klappt und über die keine Klagen erhoben sind Ich bedauere, daß man den Leuten die Arbeitsfreudigkeit dadurch nimmt, daß man sie hier öffentlich bloßstellt als Menschen, die es mit ihrem Eid leicht nehmen. Wir wollen uns dieser Beamten mit Wärme annehmen. Ueberein⸗ stimmung hat doch darüber bestanden, daß Kriegsanleihe solange zDum Nennwert angenommen werden sollte, bis die Steuerpflich⸗ V182 im Besitz der Veranlagung waren. Dabei gingen wir alle von der Voraussetzung aus, daß die Veranlagung bis zum 31. Dezember 1920 Fn⸗ sein würde. Da dies aber nicht ge⸗ schehen ist, ist die Frist bis zum 31. Januar im Ausschuß ver⸗ längert worden. Nachdem diese Verlängerung im allgemeinen Einvernehmen erfolgt ist, bestehen doch keine Bedenken, die Frist abermals zu verlängern, da eben auch bisher die Veranlagung noch nicht durchgeführt 8 Und eine solche Verlängerung würde doch die ganze Steuerge ehgebung durchaus nicht etwa aus den Fugen heben. Gegenüber der Behauptung des Ab . Keil, daß der Abg. Dr. Helfferich die Führung der bürgerlichen Parteien in der Steuerpolitik habe, will ich bemerken, daß es durchaus keine Schande ist, demjenigen zu folgen, den man für sachverständiger hält. Der Streit um die Frage, über welchen Zeitraum die Wert⸗ bemessung der landwirtschaftlichen Grundstücke ausgedehnt werden soll, sollte uns doch nicht so weit auseinanderbringen, sondern wir sollten uns bemühen, einen Ausweg zu finden. Auch die Sozialdemokraten sollten aber doch erkennen, daß gerade die Kriegsjahre nicht geeignet sind, eine gerechte Wertschätzung zu er⸗ möglichen. Die Grundsätze, die wir hinsichtlich der Zesitzsteuern vertreten haben, können sich durchaus sehen lassen. Wir wollen durchaus nicht die Millionäre schüßen, obwohl im allgemeinen Interesse auch auf diese einige Rücksicht zu nehmen ist, sondern wir wollen die kleinen Leute schützen. Auch die Arbeiter sollten aber erkennen, daß mit einer Erschütterung un erer deutschen Wirtschaft auch ihre Interessen geschadigt werden. (Lebhafter Bei⸗ all rechts.) Abg. Düwell (Komm.): Die lebhafte Kritik, die der Ab⸗ geordnete Keil heute hier geübt hat, hätte er schon damals bei dem Gesetz üben sollen, das seine politischen Freunde aber trotz unserer Warnungen mit Pauken und Trompeten angenommen haben. Damals war die Sozialdemokratie aber Regierungs⸗ partei und glaubte aus 1. Grunde alle Bedenken hintan⸗ stellen zu sollen. Heute, wo sie Oppositionspartei ist, sieht sie sich in die Lage dea an dem Gesetz heftige Kritik zu üben. Alles, was der Abg. eil heute gesordert hat, haben wir schon damals verlangt. Damals aber sind wir von den Sozialdemokraten als Demagogen und Spekulanten bezeichnet worden. Daß so schnell nicht weniger als drei Novellen zu dem Gesetz notwendig ge⸗ worden sind, liegt daran, daß die Regierungsparteien damals durch Verabschiedung des Gesetzes möglichst schnell die Mittel hereinholen wonten, um ihre Herrschaft zu stützen, um die kapi⸗ taliftische Wirtschaft zu festigen. Das ist geradezu eine Schande. Auch nicht diese Novelle wird den Interessen der Arbeitermassen gerecht, ihnen kann vielmehr nur eine kommunistische Wirtschaft helfen, in de dann allerdings der Abg. Helfferich sicherlich zu denen gehören wird, die steuerfrei bleiben. Dem Abg. ;s rich machen wir vor allem zum Vorwurf, daß er trotz der Er⸗ kenntnis von der Notwendigkeit nicht schon während des Krieges den Besitz hinreichend zur Steuer herangezogen hat. (Zuruf des Abg. Helfferich: Ist geschehen! Es sind 500 Millionen in⸗ direkte und sechs Milliarden direkte Steuern erhoben worden!) Der Abg. Helfferich wird bald seine Rolle im Reichstag aus⸗ gespielt haben und Gelegenheit finden, sich an anderer Stelle zu verantworten. Abg. Pohlmann (Dem.): Die Schwierigkeiten der Durch⸗ der Veranlagung zur Einkommensteuer sind durch die erhältnisse bedingt. Es war eben nicht möglich, im Jahre 920 die Veranlagung auf Grund des Vorjahres vorzunehmen. Von den Gründen, die in der Novelle angeführt sind, vermag ich nur den anzuerkennen, daß wir das Arbeitseinkommen nicht richtig erfaßt Set Es ist dann hier der Vorwurf erhoben worben, als ob im Steuerausschuß die Absicht bestanden habe, die Besitz⸗ teuer abzubauen. Aus der Novelle darf dieser Vorwurf nicht elesen werden. Ich halte es auch für vollständig aus⸗ zefchlassen, daß wir zu einem Abbau der Besitzsteuer kommen können. Ein solchir bbau wäre nur möglich, wenn wir auch einen Abbau der indirekten Steuern vornehmen könnten. avon kann aber koine Rede sein. Wir müssen vielmehr neue Steuern einführen, und diese können nur indirekte sein. Im übrigen ist der Vorwurf schon deshalb unberechtigt, weil wir ja inzwischen eine Verschärfung in der Fese thrnnh. des Reichsnotopfers be⸗ S haben, was deutlich erkennen läßt, daß keine Partei die lbsicht hat, die Besitzsteuern abzubauen. Mit aller Entschieden⸗

beit wenden sich meine politischen Freunde dagegen, daß der

Absatz 7 des § 13 gestrichen wird. Wir halten

die s Der Wider⸗ 8 der Sozialdemokraten ist nicht recht verständlich. Wenn vom Reich und Staat verlangt wird, Mittel für gemeinnützige Körper⸗ schaften usw. zur Verfügung zu stellen, so würden zweifellos unsere Feinde Bedenken veg gen geltend machen, weil sie darin eine Beeinträchtigung ihrer Ansprüche erblicken. Die Abneigung

der Bevölkerung gegen direkte Steuern ist verständlich. Ich bin

aber der Meinung, daß dieser Widerstand weniger in der Höhe der Steuer begründet ist als vielmehr in den ungünstigen Lebens⸗ verhältnissen, unter denen wir zu leiden haben. Wenn die Ver⸗ hältnisse günstiger wären, wenn unsere Mark wirklich den vollen Markwert hätte, würden die Steuern ohne weiteres bezahlt wer⸗ den. Der Vorwurf, daß die Demokraten im Steuerausschuß sich unter die Führung Helfferichs begeben hätten, ist nicht berechtigt. Die Richtlinien für die Bewertung der landwirtschaftlichen Grund⸗ stücke sehen ja gar nicht den unbedingten Zwang zur Abschätzung nach den fünf Kriegsjahren vor; den Finanzämtern ist ja die Freiheit gegeben, ganz individuell vorzugehen. Man sollte also zunächst das Ergebnis dieser Abschätzung abwarten. Selbst Land⸗ wirte haben erklärt, daß die Belastung auf Grund dieser Richt⸗ linien durchaus erträglich ist. Was die Inzahlungnahme der lin en dnf hen zum Nennwert angeht, so ist der § 43 des Reichs⸗ notopfergesetzes in der Voraussetzung beschlossen worden, daß die Veranlagung bis Ende 1920 durchgeführt sein werde. Da dies nicht der Fall ist, so ist es selbstverständlich eine banh loyale Aus⸗ legung des § 43, wenn man übergeht, die Frist bis zu dem Zeitpunkt zu erweitern, zu dem die Steuerpflichtigen im Besitz der Veranlagung sind. Vor allem ist es notwendig, Maßnahmen zu treffen, um die Doppelbesteuerung für 1920 zu vermeiden oder auszugleichen. Zweckmäßig ist es, den Steuerausschuß zu einem ständigen Ausschuß zu machen.

Abg. Dr. Heim (B. V.); Alle Parteien mit Ausnahme der Linken haben beanstandet, daß die Steuerfreiheit für Beiträge an kulturfördernde, mildtätige und politische Vereine beseitigt werden soll. Sonderbarerweise wird in der Begründung nur esagt, daß man über den Begriff „kulturfördernd“ nicht zur Klarheit hat kommen können. Ich verstehe nicht, wie man nun auch die Steuer⸗ freiheit für mildtätige und gemeinnützige Zuwendungen wegfallen lassen will. Der Abg. Keil sagt, das Reich braucht das Geld. Mit solcher Streichung werden doch aber gerade die Aermsten der Armen geschädigt. Wir hören, daß auch in Berlin zahlreiche Wohltätigkeitsanstalten aus Mangel an Mitteln entweder schon eingegangen sind oder einzugehen drohen. Dann müßte doch wenigstens das Reich für diese Anstalten eintreten, wenn es aber nur das Geld nehmen will, ohne sich um das Los dieser Anstalten unbedingt zu kümmern, so ist mir das geradezu unverständlich. Von einem wirklichen Zußrift dort, wo etwas zu holen wäre, hört man nichts, oder es wird höchstens über Vermögenskonfiskation geschrien; hier aber will man ausgerechnet bei den Allerärmsten mit der Sparsamkeit im Interesse des Reichssäckels anfangen. Lieber wird doch ein solcher mildtätiger Beitrag überhaupt nicht mehr gegeben werden, als daß der Geber sich erst umständlich auf Grund des § 108 der Reichsabgabenordnung mit einem Gesuch an die Steuerbehörde wendet. Die Steuergesetze sind seinerzeit aus der dringendsten Notwendigkeit herausgewachsen und mußten in

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Weimar und in Berlin so rasch wie möglich geschaffen werden; aber ein Fehler, ein sehr großer Fehler war es, daß man gleich⸗ zeitig die Zentralisation der gesamten Steuerverwaltung des

Reichs und die Umgestaltung und Neuschaffung des ganzen

Steuerapparats in Angriff nahm: daher die Verzögerung, da liegt

der Hund begraben. Der Reichsfinanzminister hat in seiner

Rede auf einen Zeitungsartikel hingedeutet, den ich geschriehen

habe. Die Sünde sei zugestanden! (Zuruf bei den Sozialdemo⸗

kraten: Absolvite!) Ihre Absolution brauche ich nicht. (Heiterkeit.)

Der Artikel handelt von einem Kleinbauern und Kurzarbeiter,

der mir seinen Steuerbescheid eingeschickt hat; es handelt sich um

einen Mann mit einem kleinen Besitz von noch nicht 10 Hektar und mit einer in die Tausende gehenden Steuerbelastung, um einen Mann, der von früh bis spät mit der Axt im Walde arbeitet.

(Zuruf links: Einen Holzknecht!) Ist ein Holzknecht in Ihren

Augen kein Mensch? (Zurufe links: Er hat wohl ein Hakenkreuz?)

Nein, eine Hacke, Sie scheinen Arbeitsinstrumente nie in Ihrem

Leben genau betrachtet zu haben. (Stürmische Heiterkeit.) Die

bayerischen Finanzämter haben den Besitz dieses Mannes in der

unglaublichsten Weise bis auf 300 Prozent des Wehrbeitrages geschätzt. Dabei liegt dieser Grundbesitz auf steiniger Berghalde.

Ueber diese Finanzämter habe ich mich alteriert, nicht über Sie.

(Heiterkeit.) Jedenfalls ist die Art der Veranlagung von Grund

und Boden uns früher anders zugesichert worden; ein späterer

Erlaß hat die Sache jedenfalls nicht in völliger Uebereinstimmung

mit dieser Zusage geregelt. Abhelfen kann nur eine Nachbewer⸗

tung. Heute wird jeder Landwirt als reicher Mann angesehen.

Auch ich weiß, daß viele Landwirte reich geworden sind, aber der

Reichtum besteht hauptsächlich in Papier. Eine ganz kleine Besse⸗

rung unserer Valuta kann da im Verein mit der Senkung der

Auslandskörnerpreise sehr starke Wandlungen hervorrufen und

die Reserven unserer Landwirtschaft sehr rasch verschwinden lassen.

Im übrigen kann der Bauer sein Vermögen nicht über die Grenze

verschieben, er bleibt mit seinem Vermögensstand im Lande.

Jedenfalls ist die ungeheuerliche Höhe der Steuerbelastung für

einzelne Steuersubjekte geradezu vernichtend. Schließlich wird

sich der Kampf gegen die Steuergesetzgebung zu einem Kampf

der Selbsterhaltung der Person gegen den Staat zuspitzen und

alle Moral zerstören, wenn hier nicht Einhalt getan wird. Reichsminister der Finanzen Dr. Wirth: Meine Damen und

Herren! Der Herr Abgeordnete Heim hat gemeint, ich hätte ihn

hierher zitiert. So lag es nicht. Ich habe nur bedauert, daß er be

einem Teil der Ausführungen nicht an seinem Platze war. Ich weiß ja: Gefährlich ist's, den Leu zu wecken. Aber immerhin, ich danke ihm für seine Ausführungen, und ich hätte gewünscht, daß der Herr

Abgeordnete Heim gerade bei dem Teil der Verhandlungen

im Ausschuß uber die Novelle zum Notopfergesetz als

Kenner der Landwirtschaft und insbesondere der bayerischen Ver⸗

hältnisse uns seinen ausgezeichneten Rat geliehen hätte. Da hätte ich

gewünscht, daß der Abg. Heim ausführlich über die bayerischen Ver⸗ hältnisse Auskunft gegeben hätte. Aber es kann ja noch nachgehol

werden. 8

Von mir aus war es doch gewiß Pflicht, nachdem von einer

Seite in jener Kommission, nämlich von der Linken, jene großen

Vorwürfe erhoben worden sind, als ob die Bauern beim

Notopfer weitgehend geschont würden, daß ich dann au

ihren Artikel verwiesen habe, in dem mir „Mörderpolitik“

nachgesagt ist. Ich bedaure, daß ich den Artikel nicht ausführlich da habe, ich besitze nur einen kleinen Ausschnitt, der erkennen läßt, wie er auf den übrigen Teil der Zeitungen gewirkt hat. Der Herr Abg

Heim hat ja soeben ein klein wenig abgewickelt. (Abg. Dr. Heim

Eingewickelt habe ich!) Die damalige Darstellung war

außerordentlich weitgehend, und ich glaube, wenn er den

Artikel noch einmal schreiben würde, würde er sich überlegen, ob

man so weit gehen darf. Denn tatsächlich hat er nur einen Fall

herausgegriffen, der ihm zu Ohren gekommen ist. Wir wollen den einen Fall nehmen, den er vorgetragen hat. Wenn ein Finanzamt in Bayern derartig töticht verfahren hat, daß es 300 % zum Wehr⸗ beitrag zugeschlagen hat, so muß ich sagen: es sind Klagen aus ganz

Deutschland gekommen, aber ein derartig eklatanter Fall ist mir mit Aus⸗

nahme des Finanzamts, in das der Herr Abg. Dr. Heim Einblick hat, nich

zugegangen. Und da muß ich sagen, es war Zeit, daß die Finanz verwaltung Bayerns verreichlicht worden ist, damit wir derartige

Mißstände abstellen können. Ich bin also sehr gern bereit, hier in

Bayern nach dem Rechten zu sehen, damit ein derartiger Fall nich

mehr vorkommen kann.

Aber, Herr Abgeordneter Heim, es ist ja jetzt nur einmal, um ein wenig mit Ihnen gemütlich zu plaudern, wenn ich Ihnen doch einen kleinen Ausschnitt aus Ihrem Artikel vor Augen führe. Es wird also da im „Fränkischen Bauern“ von dem Herrn Abgeordneten

Dr. Heim geschrieben:

„Es wird notwendig sein ich habe bereits bei der Gesamt⸗ vorstandschaft der Bauernvereine den Antrag gestellt sofort in Beratungen darüber einzutreten, ob gegenüber derartigen Un⸗ gerechtigkeiten nicht sofort weitgehende Selbstschutzmaßnahmen zu ergreifen sind.“ 3

(Hört! Hört! und Heiterkeit.) Na ja, Sie können aber doch nicht

gleich mit der Einwohnerwehr aufmarschieren. (Abg. Dr. Heim: Das

habe ich von Euch gelernt. Heiterkeit.) Weiter: „Ich bringe es nicht über mein Gewissen, eine derartige Mörder⸗ arbeit des Herrn Finanzministers Wirth, des Busenfreundes des Herrn Erzberger, ruhig mit anzusehen.“

(Sehr gut! bei den Soz.) „Gegenüber den Bauern aber,

heißt es dann da hat er (der Finanzminister) den Mut, zuzugreifen, glaubt, die Bauern lassen es sich gefallen, und weil er weiß, ihm die Bauern nicht vors Fenster ziehen können.“ 1

Da war es mir doch erlaubt, einmal bei dem Herrn Abg. dem

etwas zu „fensterln“. (Heiterkeit.) 8

Nun glaube ich, der Herr Abg. Heim ist in großem Irrtum über die Richtlinien, die wir herausgegeben haben. Ich behaupte sogar, daß der Herr Abg. Heim diese Richtlinien nicht kennen kann.

Denn sonst könnte er nicht derartig schreiben, wie er geschrieben bat

Ich habe nämlich in den Richtlinien seinerzeit sie waren vom

Staatssekretär Moesle amtlich gezeichnet folgendes festgesetzt:

„Wenn sich Grundstücke nach ihrer Lage und Beschaffenheit von den Grundstücken, die bei der Festsetzung der Normalsätze zugrunde gelegt wurden, wesentlich unterscheiden, 8

das sind also solche, wie sie der Herr Abg. Dr. Heim besonders

bezeichnet hat 1 b 8 wird ein Zuschlag zu den Normalsätzen oder ein Abschlag von ihnen zu machen sein.“

Sie also sehen ganz deutlich (Abg. Dr. Heim: Ich kenne Sie

ganz genau.) Ja, aber erst seit heute. (Abg. Dr. Heim: Nein⸗

nein!) Wenn das Finanzamt also einen Fehler gemacht hat, so hat

weil er daß

es vielleicht nach bayerischen, aber nicht nach Reichsrezepten gehandelt.