1921 / 22 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 27 Jan 1921 18:00:01 GMT) scan diff

ich es für zweckmäßig und wünschenswert, ja, ich möchte weiter gehen, für notwendig halte, daß die Schwurgerichte sich aus allen Kreisen unseres Volkes zusammensetzen. Ich möchte auch bezüglich der übrigen Gerichte fordern, daß unsere Richter die engf

Fühlung mit dem Volksleben haben, sie sich nach Möglichkeit aus allen Kreisen des Volkes rekrutieren, daß die Gelehrtengerichte in Verbindung stehen mit Laienrichtern, um dadurch wirklich eine enge Verbindung zwischen dem Volksempfinden und unseren Ge⸗ richten herbeizuführen. Aber, meine Herren, so weit zu gehen,

unsere Gerichte auf eine völlig andere Basis zu stellen, dann

Volkswahlgerichte einzuführen, davor würde ich dringend warnen. Das würde kein Umbau, das würde kein Fortschritt sein, sondern das würde schließlich der Ungerechtigkeit Tür und Tor öffnen. Zustimmung xechts.) Der Halt unserer ganzen Rechtsprechung

doch letzten Endes das gelehrte, beamtete Richtertum, und dabei issen wir bleiben. (Sehr gut! bei der Deutschen Volkspartei.) Wir können wohl wünschen, daß unsere gelehrten Richter vielleicht noch mehr mit dem Volk in Verbindung treten, mehr Fühlung mit dem Volksleben bekommen. Das ganz gewiß, meine Herren, aber von dem gelehrten, beamteten Richtertum zu abstrahieren, das muß ich unter allen Umständen ablehnen. (Sehr richtig!

Es wird ja so vielfach auf den gesunden Menschenverstand hingewiesen. Er könne bei richterlichen Entscheidungen ebensogut entscheiden wie der gelehrte Richter. Meine Herren, ganz gewiß soll der gelehrte Richter den gesunden Menschenverstand an⸗ wenden. Worin besteht denn aber gerade die Ueberlegenheit des gelehrten Richtertums? Sie besteht zum großen Teil darin, daß der gelehrte Richter sich durch sein Berufsstudium das zu eigen gemacht hat, was der gesunde Menschenverstand auf dem Gebiete

des Rechts durch die Jahrhunderte errungen hat. Ich frage aber weiter: wie sollen durch reine Volksgerichte, ohne gelehrte Richter, die ungeheuren Aufgaben erfüllt werden, die an die Gerichts⸗ barkeit unserer Gegenwart gestellt werden? Unsere Richter müssen doch zunächst Kenntnis von dem gewaltigen Rechtsstoff haben, und wie soll jemand, der nicht Recht studiert hat, Kenntnis von diesem Rechtsstoff bekommen? Der Rechtsstoff muß aber nicht nur mechanisch erfaßt, sondern er muß auch systematisch und wissen⸗ schaftlich durchrungen werden. Das bedarf des weiteren Rechts⸗ studbiums. Und schließlich, meine Herren, ziehen sie die Aufgabe in Betracht, die der Richter in allererster Linie erfüllen muß, um unparteiisch, kühl und sachlich auch dann zu entscheiden, wenn die Leidenschaften des Tages hochgehen! Auch diese Aufgabe kann am besten von einem gelehrten Berufsrichtertum erfüllt werden. Nur derjenige, der durch jahrelange Praxis geübt ist, alle Neben⸗ motive in seiner eigenen Seele auszuschalten, kann in der kriti⸗ schen Situation so fest bleiben, daß das Recht durch seinen Richter⸗ spruch zur Wahrheit wird. (Sehr wahr! rechts.) Wenn ich mich nun über die Bedeutung des Richtertums so eingehend ausgelassen habe, so will ich selbstverständlich die übrigen bei der Rechtspflege beteiligten Organe, die Staatsanwälte, die Rechtsanwälte und auch die Justizamtmänner in ihrer Bedeutung für das Rechts⸗ leben durchaus nicht hintansetzen. Ich erkenne die Bedeutung dieser Berufsgruppen durchaus an.

Habe ich nun über die Bedeutung und die Stellung des Richtertums im allgemeinen gesprochen, davon gesprochen, daß ein gelehrtes Richtertum auch für die Zukunft unter allen Umständen festgehalten werden muß, so will ich mit einigen Worten noch die Ausbildung der Juristen streisen, die ja in der letzten Zeit vielfach in der Oeffentlichkeit erörtert worden ist. Die Aus⸗ bildung unserer Juristen ist ja vermöge unseres deutschen Staats⸗ rechts in erster Linie Sache der einzelstaatlichen Kultusministerien und der einzelstaatlichen Justizministerien. Aber, meine Herren, wenn das Reichsjustizministerium es schon für seine Aufgabe er⸗ achtet, das ganze deutsche Rechtsleben unter seinen Augen zu haben, so kann es natürlich an der Ausbildung unserer Juristen nicht vorbeisehen. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei.) Infolgedessen haben in der letzten Zeit Besprechungen mit hervor⸗ ragenden Praktikern, Theoretikern und Politikern im Reichsjustiz⸗ amt über die Ausbildung unserer Juristen stattgefunden. Die Aussprachen werden, nachdem Gutachten erstattet worden sind, in der kommenden Zeit fortgesetzt werden.

Die erste Ausbildung unserer Juristen liegt den Universitäten pb. Auch die Frage, wie die Rechtsausbildung auf den Univer⸗ sitäten zu erfolgen hat, ist in vollem Fluß. Seitens der Reichs⸗ justizverwaltung seien auch dafür einige Gesichtspunkte angegeben. Mehr als früher die Dinge haben sich übrigens in der letzten Zeit geändert muß die Anschauung schon im ersten Rechts⸗ unterricht wirken. Niemals wird ein junger Inrist wirklich Interesse für seine Wissenschaft gewinnen, wenn er nicht die An⸗ schauung vom Rechtsstoff hat. Wie ihm diese Anschauung ver⸗ mittelt wird, ob durch Teilnahme an gerichtlichen Verhandlungen, ob durch Vorführung einzelner Beispiele gelegentlich der Uebungen, mag dahingestellt bleiben. Es muß weiter intensiv behandelt werden das gesamte öffentliche Recht und vor allem das soziale Recht. Diese Angelegenheiten sind vielleicht bisher zu sehr in den Hintergrund getreten. Wir müssen allergrößtes Gewicht darauf legen, daß die Rechtsgebiete, die unser Volk zu einigen geeignet sind, auf denen namentlich die Wünsche der breiten Ar⸗ beiterschaft zur Geltung kommen, daß die Rechtsgebiete, die ganz besonders jetzt in der Entwicklung begriffen sind, schon auf der Universität in gebührendem Maße behandelt werden.

Richtet sich damit das Studium der Universitäten zum großen Teil auf Tagesfragen, so möchte ich doch als Reichsjustizminister von dieser Stelle aus betonen, daß auch die historischen Studien nicht in den Hintergrund treten dürfen. (Bravo! bei der Deutschen Volkspartei.) Ich bin fest davon überzeugt, daß eine wirkliche Beherrschung des Rechts nur auf Grund historischer Studien zu erreichen ist. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei.) Namentlich muß die ganze Bedeutung unseres deutschen Rechts, die große Bedeutung, die es gerade für die Gegenwart hat, die Tatsache, daß die neue Rechtsentwicklung zum großen Teil auf deutschrechtlichen Rechtsgedanken beruht ich weise auf den Rechtsgedanken der Genossenschaft hin —, müssen alle diese Tat⸗ sachen, die durch den großen Rechtslehrer, der kürzlich seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, so sehr gefördert worden sind, den Rechtsstudierenden vor Augen geführt werden.

Wenn ich hier von der Bedeutung des deutschen Rechts ge⸗ sprochen habe, so möchte ich doch auch, daß das eorpus juris zu seinem Rechte lommt. Der Student muß durch ernste Arbeit einen Begriff von dem Werte des römischen Rechts für die gesamte

Jurisprudenz erhalten und muß sich selbst in die römischen Rechts⸗ quellen vertiefen. (Bravol! bei der Deutschen Volkspartei.) 1j

Meine Herren! So muß die Wissenschaft die Praxis vor⸗ bereiten und die Praxis muß mit der Wissenschaft stets aufs engste verbunden bleiben. Wir können in Deutschland stolz darauf sein, daß unsere Gerichte bisher wissenschaftlich gearbeitet haben. Ich weise namentlich hin auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts, das in der Verbindung von Wissenschaft und Praxis so außer⸗ ordentliches geleistet hat. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volks⸗ partei.) Wer die Entscheidungen des Reichsgerichts genauer durch⸗ denkt, der wird sehen, wie fein der Zusammenhang mit der Wissen⸗ schaft jederzeit gewahrt ist. (Zustimmung bei der Deutschen Volks⸗ partei.)

Dabei tritt ganz besonders ein Zug im deutschen Charakter zutage, der uns auf der anderen Seite wieder Schwierigkeiten macht, der Zug, abgesehen von einer rein formalen Jurisprudenz, wie sie in Frankreich von dem französischen Kassationshof geübt wird, auch bei formalen Fragen immer auf die Frage der Billig⸗ keit des einzelnen Falles einzugehen. Gerade das Reichsgericht be⸗ müht sich, auch in abstrakten Fragen immer dem einzelnen kon⸗ kreten Falle nach der materiellen Seite hin gerecht zu werden, und man kann nur die volle Bewunderung vor diesem Bestreben des Reichsgerichts haben. Wenn uns das Reichsgericht bisher Schwie⸗ rigkeiten gemacht hat, so hat es das nicht durch seine Rechtsprechung getan, sondern die Schwierigkeiten sind dadurch entstanden, daß sich die Aufgaben des Reichsgerichts zahlenmäßig derart vermehrt haben, daß es der Reichsjustizverwaltung kaum möglich gewesen ist, der Ueberlastung Herr zu werden. Aber, meine Herren, das beruht doch letzten Endes auf dem außerordentlichen Vertrauen, das unser deutsches Volk zum Reichsgericht hat. (Sehr gutl rechts.)

Ich sprach schon davon, daß die Reichsjustizverwaltung auch der Wissenschaft Genüge tun wollte, so weit es möglich ist. Wir wissen sehr wohl, daß das nur in beschränktem Maße der Fall sein kann. Aber, wo wir der Wissenschaft nützen können durch Lieferung von Material, durch Heranziehung der gesetzgeberischen Arbeiten, durch Unterstützung in allen möglichen Einzelfällen, da werden Sie mich auf dem Platze finden. Ich werde mich u. a.,

um ganz konkret zu werden, zurzeit bemühen, dahin zu wirken, daß eine Unternehmung, nämlich die Herausgabe einer deutschen Aus⸗

gabe amerikanischer Gesetze, die jetzt wegen Geldmangels schwer gefährdet ist, zustande kommt. Was an mir liegt, werde ich tun, um Mittel für diese Kulturaufgabe flüssig zu machen.

Wenn ich nunmehr auf die einzelnen Aufgaben, mit denen sich die Reichsjustizverwaltung beschäftigt, eingehe, so möchte ich voraus⸗ schicken, daß die Reichsjustizverwaltung dauernd das gesamte Ge⸗ biet des Rechtslebens beobachtet und dauernd bei allen gesetz⸗ geberischen Aufgaben zum mindesten gutachtlich herangezogen wird. Ich will auf diese Tätigkeit, die das Reichsjustizministerium in weitestgehendem Maße in Anspruch nimmt und so außerordentlich viel Kräfte und Scharfsinn erfordert, nicht weiter eingehen. Ich will sie aber doch berührt haben, um eben die Tätigkeit und die Bedeutung des Reichsjustizministeriums ins rechte Licht zu setzen.

Ich will mich hier darauf beschränken, diejenigen größeren Aufgaben näher zu besprechen, die von seiten des Reichsjustiz⸗ ministeriums augenblicklich für die Gesetzgebung vorbereitet werden. Da komme ich zunächst auf die Publikation des Ent⸗ wurfs zu einem neuen Strafgesetzbuch, die vor einigen Tagen hat erfolgen können.

Mit dieser Veröffentlichung, die den Entwurf der Strafrechts⸗ kommission von 1913 und den umgearbeiteten Entwurf von 1919 mit einer eingehenden Denkschrift der großen Oeffentlichkeit dar⸗ bietet, hat die Bewegung zur Reform unseres Strafrechts, die etwa vor zwanzig Jahren unter Staatssekretär Nieberding eingesetzt hat, nunmehr zunächst einmal eine Etappe erreicht, wenn auch noch längst nicht ihren Abschluß. Wann dieser erreicht sein wird, wird wesentlich auch von der Stimmung des hohen Hauses abhängen. Die Arbeit, die damit, wie gesagt, zu einer Etappe gelangt ist, kann nicht wohl in ihrer Bedeutung für unser gesanztes deutsches Kulturleben überschätzt werden. (Sehr richtig! rechts.)

Das Strafgesetzbuch greift ja ganz besonders in unser gesamtes Kulturleben ein. Die Publikation bezieht sich, wie gesagt, zunächst auf den Entwurf vom Jahre 1913. Sie bringt dann weiter den Entwurf vom Jahre 1919, der den Entwurf von 1913 wesentlich umgearbeitet hat und vielfach, den veränderten Zuständen Rech⸗ nung tragend, Neues bringt.

Beiden Entwürfen ist eine Denkschrift beigegeben, die im Reichsjustizamt ausgearbeitet worden ist, und die einführt in die gewaltigen Probleme unseres Strafrechts. 1

Wenn ich ganz kurz den Unterschied dieses neuen Entwurfs gegenüber dem jetzigen Strafrecht hervorheben darf, so liegt es darin, daß die Person des Verbrechers, der Zweckgedanke im neuen Strafrecht, sehr viel mehr zur Geltung kommen wird als zurzeit. Während im jetzt geltenden Strafrecht der Gedanke der Vergeltung, der objektiven Vergeltung vorherrscht, ist auf Grund der modernen wissenschaftlichen Arbeiten, die in den letzten Jahrzehnten statt⸗ gefunden haben, nunmehr der Zweckgedanke mehr in den Vorder⸗ grund gerückt worden, d. h. der Gedanke, daß bei Ausmessung der Strafe in erster Linie die Person des Verbrechers berücksichtigt werden muß, die Strafe auf die Person des Verbrechers abzu⸗ stimmen ist. An diesen großen Fundamentalunterschied knüpfen sich dann eine Fülle von Neuerungen: ein verändertes Strafen⸗ system, die scharfe Trennung zwischen den Verbrechens⸗ und den Vergehensdeliktatbeständen einerseits und den Uebertretungstat⸗ beständen andererseits usw. Die Entwürfe sind nunmehr der öffentlichen Kritik unterbreitet worden. Die öffentliche Kritik wird ihr Wort zu sprechen haben, dann wird der Entwurf eines Straf⸗ gesetzbuchs im Reichsjustizministerium ausgearbeitet werden, den gesetzgebenden Faktoren vorgelegt werden, und schließlich in diesem Hause zur Erörterung kommen.

Wir hoffen, daß gleichzeitig mit dem Entwurf zum neuen Strafgesetzbuch auch der Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes wird vorgelegt werden können. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volks⸗ partei.) Strafgesetzbuch und Strafvollzugsgesetz stehen in engster Verbindung miteinander. Augenblicklich liegt die Strafvollzugs⸗ ordnung wesentlich in den Händen der Einzelstaaten. (Zuruf bei den Vereingten Kommunisten: Das merkt man in Bayern!) Diese Regelung wird sich durch die Neuregelung des Strafrechts ändern, wir werden auch ein Reichsstrafvollzugsgesetz bekommen. Inwie⸗ weit aber nun die einzelnen Vorschriften des Strafvollzuges in die Praxis umgesetzt werden können, wird wesentlich von der Finanz⸗ lage Deutschlands abhängen. (Sehr richtig! bei der Deutschen

* 11“

plizierter machen Sie die Gesetzgebung.

Volkspartei.) Das Strafvollzugsgesetz wird wesentliche Neuerungen bringen müssen. Diesen Neuerungen stehen unsere wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse entgegen. Aber wir werden uns deswegen nicht abhalten lassen, das Gesetz seinerzeit dem Reichstag vorzulegen, ungeachtet unserer finanziellen Lage. Man kann sich dann damit behelfen, daß man gewisse Partien des Gesetzes, unserer finanziellen Lage entsprechend, nach und nach in Geltung treten lassen wird. Darüber werden die gesetzgebenden Faktoren zu ent⸗ scheiden haben.

In Umgestaltung befindet sich weiterhin unser bürgerliches Recht. Unser Bürgerliches Gesetzbuch wird, wenn auch nicht grund⸗ stürzende Veränderungen zu erwarten haben, so doch einschneidende Veränderungen. Unser bürgerliches Recht wird sich in gewissen Punkten den Erfordernissen der Verfassung anpassen müssen. Das Vereinsrecht wird umgearbeitet werden müssen. Es wird dann weiter eine sehr einschneidende Aenderung des Rechtes des Dienst⸗ vertrages und des Mietvertrages stattfinden. Sie wissen ja, daß ein Arbeitsrecht in Vorbereitung ist. Ein Gesetz, das den Mietzins regelt, ist gleichfalls in Vorbereitung und wird dem hohen Hause in absehbarer Zeit zugehen.

Eingehender Erörterung bedarf eine Spezialfrage, die kürzlich hier durch eine kleine Anfrage im Reichstag angeregt worden ist, die Frage nach Einführung der Mobiliarhypotheken, der Hypo⸗ theken auf bewegliche Gegenstände. Die Frage ist juristisch außer⸗ ordentlich diffizil; ich will sie hier nicht vertiefen. Es haben sich für und gegen die Mobiliarhypothek gewichtige Stimmen, juristische und wirtschaftliche Stimmen, laut gemacht. Die Er⸗ örterungen in diesen Kreisen müssen noch fortgesetzt werden, ehe das Reichsjustizministerium zur endgültigen Entscheidung kommen wird. 1 Dagegen hoffen wir, Ihnen in Bälde ein Gesetz über eine verbesserte Rechtsstellung der außerehelichen Kinder vorlegen zu können. Die Reichsverfassung fordert eine solche; das Reichs⸗ justizministerium ist mit der Ausarbeitung eines derartigen Ge⸗ setzes beschäftigt. Die Frage aber, wann Ihnen ein derartiges Gesetz vorgelegt werden kann, hängt mit der Förderung eines andern großen Gesetzes zusammen, bei dem das Reichsjustizministe⸗ rium nicht sederführend ist: des Jugendwohlfahrtsgesetzes. Das Jugendmwohlfahrtsgesetz soll auch nach Möglichkeit gefördert wer⸗ den. Das Gesetz über die Besserstellung der außerehelichen Kinder ist wesentlich auf dieses Gesetz abgestimmt. 1

Was das Handelsrecht angeht, so liegt ja augenblicklich dem Reichstage ein Gesetz über die Betriebsbilanz vor. Wir hoffen, dieses Gesetz in wenigen Tagen verabschieden zu können. Dieses Gesetz ist gewissermaßen Ausführungsgesetz zu dem Gesetz über die Betriebsräte. Ein anderes Ausführungsgesetz zu dem Gesetz über die Betriebsräte, das Gesetz über die Teilnahme der Betriebsräte an den Aufsichtsräten, ist im Reichsarbeitsministerium in Ver⸗ bindung mit dem Justizministerium in Vorbereitung.

innerhalb des Kreises des

Frage schweben eingehende Beratungen Justizminifteriums.

Das Recht des gewerblichen Eigentums Patentwesen, Ge⸗ brauchsmusterwesen, Warenzeichenwesen wird in absehbamr Zeit weitgreifenden Aenderungen entgegengehen. Es liegen, was diese Gesetze angeht, bereits Gesetzentwürfe aus dem Jahre 1913 vor. Diese Gesetzentwürfe sind aber inzwischen durch die Zeit überholt worden; sie werden eingehend umgearbeitet werden

Patentverfahren durch die Bekanntmachung vom 9. März 1917 eingeführt worden sind, auch bei den kommenden Gesetzen bestehen bleiben werden. .

Die wichtigste Frage, jedenfalls die wichtigste Frage neben dem neuen Strafgesetzbuch, ist nun die Umgestaltung unseres Prozeßrechts, die Umgestaltung der Strafprozeßordnung, der Zivilprozeßordnung und der damit in Verbindung stehenden Ge⸗ richtsverfassung. Diese drei Gesetze sind durch die große Justiz⸗ reform der siebziger Jahre eingeführt worden, seinerzeit einheitlich in den siebziger Jahren ausgearbeitet worden und einheitlich am 1. Oktober 1879 in Kraft gesetzt worden. Die Gesetze haben seiner⸗ zeit einen außerordentlichen Fortschritt bedeutet. Jetzt sind sie

lich scharf konstruiert. Meine Herren, in der Gegenwart legt man weniger Wert auf formal scharf konstruierte Gesetze, die bisweiler

Gesetze, die den Tatsachen möglichst gerecht werden und den Richter befähigen, in schneller, leichter, wenig kostspieliger Weise den Prozeß zu Ende zu führen. (Sehr richtig! bei den Deutschen

aufgegriffen werden, und unter diesen Gesichtspunkten sind die großen Reichsjustizgesetze aus den siebziger Jahren grundlegend umzuarbeiten. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten, bei der Deutschen Volkspartei und bei den Deutschnationalen.) Die Umständlichkeit unseres Prozeßverfahrens hat zu erheb⸗ lichen Mißhelligkeiten geführt und unsere Justiz geradezu ge⸗

lichen Gerichten zu Sondergerichten stattgefunden, und, meine

sprechung, die abgewandert ist (sehr richtig! rechts), sondern ouch für die Justiz, die geblieben ist, und letzten Endes für unser ge⸗ samtes Rechtswesen. (Sehr gut! bei den Deutschen Demokraten, bei der Bayerischen Volkspartei und rechts.) Der fortwährende Ausbau der Sondergerichte führt zu Komplikationen, die unter

müssen. (Sehr wahr! bei den Deutschen Demokraten, bei der Bayerischen Volkspartei und rechts.) Er führt zu einer außer⸗ ordentlichen Zersplitterung unseres gesamten Rechtslebens. Wenn die einzelnen Gerichte voneinander keine Kenntnis mehr haben, so wird die Einheit des Rechtslebens zerstört. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten und bei der Bayerischen Volkspartei) Dabei wird eine Unzahl von unnötigen Kräften verbraucht. Die

zu konzentrieren, alles möglichst einheitlich und durchsichtig zu ge⸗ stalten. (Sehr richtig! bei der Bayerischen Volkspartei.) Je Sie aber Sondergerichte machen, desto unübersichtlicher und

Unser gesamtes Rechts⸗ ir den

24

ungeheuren Aufgaben, die beim Wiederaufbau Deutschlands 1

leben muß einfach und klar sein; denn nur so können w br

unserem Rechtsleben gestellt sind, gerecht werden. Sehr

Von handelsrechtlicher Bedeutung ist auch die wirtschaftlich wichtige Frage nach Einführung der Kleinaktien. Auch über diese

müssen. Ich nehme aber an, daß die Vereinfachungen, die im

doch aber in wesentlichen Teilen überholt. Die Gesetze nament⸗ lich die Zivilprozeßordnung sind formal⸗juristisch außerordent⸗

mit einem sehr schwerfälligen formalen Apparat arbeiten, als auf

Demokraten und bei den Deutschationalen.) Diese Frage muß

schädigt. Es hat eine weitgehende Abwanderung von den ordent⸗

Herren, das ist ein Schaden nicht nur für die diejenige Recht⸗

allen Umständen auf die Dauer vermieden und abgebogen werden!

ganze Gesetzgebung muß darauf gehen, Kräfte zu sparen, Kräfte

bei den Deutschen Demokraten.)

bei dieser Kompliziertheit kommen keiten vor. Auch das ist ein schw 3 z 1 weichcsesebzehng st sch 898 Mangel unserer Sonder⸗

Letzten Endes aber, meine Herren, werden die o

Gerichte und damit unser gesamtes Rechtsleben deswegen g geschädigt, weil man von dem ordentlichen Richter verlangen muß daß er einen Ueberblick über das gesamte Rechtsleben hat. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei.) Und wenn ich jetzt eine besondere Forderung für unsere ordentliche Gerichtsbarkeit stelle, so ist es die: mit der Arbeiterschaft und mit den Interessen der Arbeiterschaft in engster Verbindung zu stehen. Wenn die ordent⸗ lichen Gerichte mit den Interessen und mit dem Leben der Ar⸗ beiterschaft in enger Verbindung stehen, meine Herren, so wird sich das auf dem Gebiete der Rechtsprechung und anch auf dem Gebiete der Strafrechtsprechung äußern. (Sehr wahr! bei den Deutschen Demokraten.) Das ist ein Moment, dessentwegen ich dringend warne, immer weiter mit der Sondergerichtsbarkeit vor⸗ zugehen. Wir sind ja jetzt so weit gekommen, daß eigentlich bei jedem neuen Gesetze, bei jeder neuen Rechtsmaterie ein Sonder⸗ gesetz eingeführt wird. Ich könnte da auf eine ganze Anzahl von Gesetzen in der letzten Zeit hinweisen. Nein, meine Herren, es muß unser Bestreben sein, aus den dargelegten Gründen die deutsche Rechtsprechung möglichst wieder an die ordentlichen Ge⸗ richte heranzuziehen. (Sehr richtig!)

Nun will ich damit nicht sagen, daß die Rechtsprechung nach den bisherigen Grundsätzen unter der bisherigen Prozeßordnung an die ordentlichen Gerichte herangezogen werden kann. Ich weiß die Vorzüge der Sondergerichtsbarkeit sehr wohl zu schätzen. Ich bin selbst ungefähr gleichzeitig Vorsitzender des Gewerbegerichts, des Kaufmannsgerichts in Dresden und gleichzeitig Amtsrichter gewesen. Ich weiß sehr wohl, es liegt an manchen Bestimmungen der einzelnen Prozeßordnungen für die Sondergerichte, daß die Sondergerichte leichter arbeiten. Es liegt zum Teil in einer Ver⸗ bindung der Sondergerichtsbarkeit mit dem Laienelement, zum Leil in der wenig großen Kostspieligkeit der Sondergerichte. Ich könnte eine ganze Reihe Momente hier vorführen. Ich weiß es also sehr wohl. Die Umgestaltung unseres Prozeßrechts muß dahin führen, daß die Vorzüge, die die Sondergerichte errungen haben, nun auch für die ordentlichen Gerichte fruktifiziert werden. Das ist die Aufgabe, die wesentlich unserer neuen Prozeßordnung zufallen wird.

Dabei werden wir tiefgehende Reformen zu machen haben. Eines der Haupterfordernisse, das an die Umgestaltung unseres Prozesses zu stellen ist, ist das, daß wir wirtschaftlich scheiden zwischen Rechtsangelegenheiten, die wirklich den außerordentlich schwerfälligen, komplizierten Apparat des ordentlichen Prozesses wert sind, und derartigen Angelegenheiten, die schnell erledigt werden müssen. Damit kommen wir einem tiefgehenden Bedürfnis unseres gesamten Volkes entgegen. Um es kurz auszudrücken, die Bagatellprozesse dürfen nicht durch das schwerfällige ordentliche Verfahren durchgetrieben werden, wir müssen versuchen, Prozesse, bei denen die Billigkeit gegensiber einem scharfen richterlichen Urteil überwiagt, in einem besonderen Verfahren zu entscheiden. Wir müssen also dazu kommen, das Güteverfahren mehr als bisher auszubauen. 164“*“

Wir müssen weiter dahin kommen, den Instanzenzug wesentlich zu vereinfachen. Es geht auch hier nicht, daß für gewisse minder⸗ wertige Rechtsangelegenheiten der schwere, außerordentlich kompli⸗ zierte Instanzenzug unseres jetzigen Prozesses mit zahlreichen juristisch geschulten Persönlichkeiten in Anspruch genommen wird.

Wir müssen weiter an Kräften unseres Richterpersonals sparen. Ich wünsche für unser Richtertum die Zahl beschränkt und die Stellung des Richters nach Möglichkeit entsprechend ge⸗ hoben. (Bravo!) Das ist eine Forderung, die nur der allgemeinen Justiz zugutekommen kann.

Wir müssen daher mehr dazu kommen, das Einzelrichtertum auszubauen. Ich bin überzeugt, das Einzelrichtertum kann gegen⸗ über dem bisherigen Rechtszustande ganz wesentlich erweitert werden. Wie weit wir da kommen, das werden die Arbeiten dann im einzelnen klarzulegen haben. Wir müssen schließlich dahin tommen, die richterliche Kraft nur für die eigentliche juristische Tätigkeit in Anspruch zu nehmen sehr richtig!), alles vom Richter fern zu lassen, was nicht wirklich eingehende juristische Kenntnisse, juristische Arbeit nötig macht. Das wird andererseits ermöglichen, die Tätigkeit der Justizamtmänner, der Gerichtsschreiber zu heben. Einfache Angelegenheiten können auf die Gerichtsschreiber ab⸗ gewälzt werden.

Schließlich wird bei unserer Justizreform das Rechtsmittel der Revision eine wesentliche Umarbeitung zu erfahren haben. Das Rechtsmittel der Revision ist bei uns hier in Deutschland so ausgedehnt worden, daß wir, wie gesagt, dauernd mit der Ueber⸗ lastung des Reichsgerichts zu tun haben. Das Rechtsmittel der Revision wird bei uns in Deutschland noch zu sehr als ein Rechts⸗ mittel für den Einzelfall aufgefaßt. Der einzelne Fall soll dem Revisionsgericht das Material liefern, und der einzelne Fall soll natürlich im konkreten Fall nicht zu kurz kommen. Wir müssen uns aber mehr zu der Anschauung durchringen, daß das Rechts⸗ mittel der Revision in erster Linie nicht für den einzelnen Fall gegeben ist, sondern daß es im Staatsinteresse für die Vereinheit⸗ lchung unseres Rechts und für die Fortentwicklung unseres Rechts gegeben ist. Das ist die hohe Aufgabe für unser Reichsgericht, das ist die hohe Aufgabe, der unser Reichsgericht gerecht geworden ss.. Man wird aber in Zukunft diese Aufgabe mehr heraus⸗ erbeiten müssen gegenüber der bisherigen Verwertung dieses Rechtsmrittels.

Bei allen diesen großen Fragen unserer Justigreform wird natürlich die Stellung der Rechtsanwaltschaft auch eingehend zu behandeln sein. Soweit das Reichsjustizministerium in Betracht vmmt, können Sie versichert sein, daß das Reichsjustisministerium die Wünsche und die Bedürfnisse der Rechtsanwaltschaft aufs ein⸗ prüfen wird mit der Tendenz, ihnen gerecht zu werden. ravo!) Diese Bemerkungen, meine Herren, gelten mehr oder weniger für beide Prozesse, sowohl für den Strafprozeß wie für den Zivil⸗ dwzeß. Beide Prozesse hängen ja aufs engste zusammen, und beide Prozesse hängen wiederum mit der Gerichtsverfassung zu⸗ ammen, Es ist unmöglich, eine Neuorganisation des Zwifprozesses durchzuführen, ohne gleichzeitig eine Neuorganisation der Zwik⸗

Bei diese Zersplitterung und

fortwährend Kompetenzstreitig⸗

der angedenteten Weise zu Ende gekommen sein werden, dann wird

Hauptgedanken dieser Justignovelle.

sind; ob wir in erster

Einzelrichter haben oder Kollegialrichter, das wirkt 9 üe. Struktur des Prozesses ein. Aehnlich ist es beim Strafprozeß. Auch der Strafprozeß steht in engster Verbindung mit der Ge⸗ richtsverfassung in Strafsachen. Wir können ja gar keinen Straf⸗ prozeß machen, wenn wir nicht wissen, ob wir Einzelrichter, Schöffengerichte, große oder kleine oder mittlere Schöffengerichte oder Schwurgerichte haben. Also ist der ganze Strafprozeß wieder abgestimmt auf die Gerichtsverfassung in Strafsachen. Anderer⸗ seits ist wiederum die Gerichtsverfassung in Zivilsachen abgestimmt und aufs engste verbunden mit der Gerichtsverfassung in Straf⸗ sachen. Es ist vollständig klar, daß wir keine Gerichte konstruieren können, die gleichzeitig für Strafsachen und für Zivilsachen zu judizieren haben, wenn wir nicht wissen, wie die Strafgerichte und Zivilgerichte zu bauen sind, wenn wir⸗ nicht gleichzeitig eine Ueber⸗ sicht über die Straf⸗ und Zivilgerichtsbarkeit haben. Wir können, namentlich wie die Dinge jetzt liegen, nicht zu einer einschneidenden Organisation auf dem Gebiete der Strafgerichte kommen, die ja doch sehr weitgehende Personalveränderungen im Gefolge hat, wenn wir nicht gleichzeitig eine Organisation der Zivilgerichte durchführen. Erst die Strafgerichte mit allen Personalverände⸗ rungen neu organisieren und dann nach einigen Jahren die Zivil⸗ gerichte, geht unmöglich an, denn dieselben Personen sind doch teils Straf⸗ und teils Zivilrichter. Ein Gericht erst nach der strafrecht⸗ lichen und dann nach der zivilrechtlichen Seite ausbilden, heißt volle Verwirrung namentlich in die Personalien bringen. Die Neuorganisation muß gleichzeitig erfolgen.

Meine Herren! Diese drei Dinge: Strafprozeß, Zivilprozeß und Gerichtsverfassung hängen aufs allerengste zusammen und können meines Erachtens vernünftigerweise nur im Zusammen⸗ hang reformiert werden. Was den Strafprozeß angeht, so liegt bereits ein Entwurf dem Reichsrat vor. Was den Zivilprozeß angeht, so sind im Reichsjustizministerium eingehende Vorarbeiten im Gange. Wir haben Kommissionen zusammenberufen. Einige dieser Kommissionen haben bereits getagt. Es hat eine Kommission getagt, um über das Güteverfahren zu beraten; es hat eine Kom⸗ mission getagt über die Organisation der Gerichte, über die Aus⸗ biloung der Juristen; in wenigen Wochen wird eine Kommission zusammentreten, die die Frage der Rechtsanwaltschaft und die Frage der Zwangsvollstreckung erörtern soll. Zu diesen Kom⸗ missionen haben wir Juristen und Interessenten aus den ver⸗ schiedensten Kreisen hinzugezogen: Theoretiker, Praktiker, wir haben auch Angehörige aus dem Stande der Justizamtmänner hinzugezogen, sowie Politiker. Wir haben sonach versucht, schon in den ersten Stadien der Gesetzesbildung mit den interessierten Kreisen in weitestgehender Weise Fühlung zu nehmen.

Wenn die Vorbesprechungen für unsere Zivilprozeßordnung in

innerhalb des Reichsjustizministeriums ein Vorentwurf, ein amt⸗ licher Entwurf, aufgestellt werden. Dieser amtliche Entwurf soll dann von einer kleinen Kommission von Sachverständigen begut⸗ achtet werden. Ich sehe, wenn ich die Kommission seinerzeit zu⸗ fammenstellen werde, da vollständig ab von irgendwelchen Partei⸗ richtungen, sondern sehe lediglich auf die Eignung und die wissen⸗ schaftliche Bedeutung für den Zivilprozeß. Ich hoffe weiter, für diese Kommission oinen so hervorragenden Sachverständigen wie den früheren österreichischen Justizminister Klein zu gewinnen. (Bravo!) t . 8 Meine Herren! Bei dieser großen Reform sollen alle die Grundsätze eingehend durchgearbeitet werden, um die gestritten wird. Es soll dabei beine der Fragen umgangen werden, die die Oeffentlichkeit bewegen. Es muß für die Zeit, in der wir leben, eine ähnliche Klärung erfolgen, wie das seinerzeit Ende der siebziger Jahre erfolgt ist, und dann muß Ruhe eintreten; denn ein Gesetzgebungswerk von dem Umfange des geplanten muß sich erst in jahrelanger intensiver, steter, beruhigter Arbeit durch Wissenschaft und Praxis einleben.

Da mun aber die Gerichte wegen der außerordentlichen Ge⸗ schäftslast nicht warten können, bis die große Justizreform, die ja noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird, durchgeführt ist, so hat sich das Reichsjustizministerium entschlossen, dem hohen Hause eine Entlastungsnovelle vorzulegen, die Ihnen heute oder morgen zugehen wird. Diese Entlastungsnovelle soll lediglich ein Notbau sein, sie wird sich auf die Entlastung der Kollegial⸗ gerichte, auf die Entlastung des Reichsgerichts und auf die Ent⸗ lastung der Richter überhaupt beziehen. Sie wird dahin gehen, die Zuständigkeit der Amtsgerichte und der Schöffengerichte wesentlich zu erhöhen. Ich bin überzeugt, daß das bei der Güte unserer Amtsgerichte unbedenklich ist. Die Novelle wird den einzelnen Instisverwaltungen die Füglichkeit geben, eine große Anzahl von Geschäften, die bisher der Richter hat wahrnehmen müssen, auf die Gerichtsschreiber abzuwälzen. Das sind die Die deutsche Justiz und die Gerichte leiden ganz außerordentlich unter der Ueberlastung, und ich richte die Bitte an das hohe Haus, diese Novelle, die rein technisch ist und grundsätzliche Fragen nicht berührt, so schnell wie möglich und noch vor der Vertagung, die Anfang Februar ein⸗ tritt, zu verabschieden. (Bravol) Ich bitte, bei dieser Ange⸗ legenheit rein fachliche Gesichtspunkte entscheiden zu bassen, sich bewußt zu bleiben, daß wir unseren Gerichten jetzt etwas bieten müssen, und die grundsätzlichen Fragen zurückzustellen. Hier gilt es wirklich einmal, rein praktische Arbeit zu leisten, bei der sich die Parteien, unter Zurückstellung prinzipieller Gegensätze, zusammenfinden koönnen. 8

Ich hoffe, in absehbaver Zeit dem hohen Hause auch ein Gesetz über die Jugendgerichtsbarbeit vorlegen zu können. (Bravol bei der Deutschen Volbepartei.) Das Gesetz liegt dem Reichsrat vor. Es wird abgestellt werden mwüssen auf die bisherige Prozeß⸗ ordnung. Ich hoffe, in rgester Frist auch dieses Gesetz hier vorlegen und mit dem hohen Hause bevaten zu können. Meine Hervren, das ist eine harge Uebersicht über die Auf⸗ gaben, dRe die Reichsinstigoerwaltung augenblicklich in Be⸗ arbeitung hat.

Zu Beaginn habe ich shen darauf Rngewsesen, daß nebenbei eine Fülle von Arbeit in der Metroerhung dei zahllosen anderen Geseten geleistet werd. it der eigentlichen Politik hat das Reichazustignäntsberiam weniger za. an als die übrigen Mini⸗ sterten. Und dech, meime Hervers, gveist das Reichsjustig⸗ münisterium in Fabhlreichen Pmeten in dee Politik ein. Gs be⸗ teifft das gewesse Fragen, Re h edt ersrwern will, zunächst die Fvage der Hebämgpfung des Mehers Gs in un November 1019

lichkett ist die Meinung berbreitet, daß dieses nützt habe, daß der Wucher blühe wie zuvor. der äußersten Linken.) Diese letzte Frage will wirtschaftliche Frage im gegenwärtigen Moment dahingestellt sein lassen. Sollte der Wucher blühen wie zuvor, so würde das eine Bestätigung der Behauptung sein, die ich aufgestellt habe, daß mit Strafgesetzen gegen derartige Volkskvankheiten , übermäßig viel zu machen ist. Im übrigen Ihnen doch einige Zahlen vorhalten, um die Tätigkeit der Wuchergerichte ins rechte Licht zu rücken. Im ersten Halbjahr des Jahres 1920 für das zweite Halbjahr liegen noch keine abschließenden Zahlen vor find 18 454 Verfahren anhängig gemacht worden. Es sind verurteilt worden 6186, davon 4899 zu Geldstrafen, die übrigen zu Freiheitsstrafen; Zuchthausstrafen find wenig ausgesprochen worden. Wenn die Wuchergerichte dargetan haben, daß die usti 1 diesem Gebjcte das Ihrige tut, so tut sie das auch ac de⸗ andeven Gebieten, die politisches Interese erregen. Meine Herren, gestern ist in der Interpellation die Frage der Amnestie berührt worden, und gerade diese Frage der Amnestie, der An⸗ wendung des Gesetzes vom 4. August des vorigen Jahres, hat wettgehend die Gemüter erregt. Es ist behauptet worden, daß die Amnestie nach der linken Seite hin wesentlich ungünstiger ge⸗ wirkt habe als nach der rechten Seite (sehr richtig! bei den Kommunisten), daß sie der rechten Seite wesentlich mehr zu⸗ gute gekommen sei als der linken. Meine Herren, sieht man die Ziffern an, so überwiegen die Ziffern der nach der linken Seite hin Begnadigten um das Vielfache die nach der rechten Seite. 8 (Lebhafte Rufe rechts: Hört! hört! Lachen links.) Das Reichs. gericht hat nur über die Frvage, inwieweit Beschuldigte aus dem Kapputsche amnestiert worden sind, Bericht erstattet. Ich habe darnach in jedem einzelnen Falle feststellen können, daß die Sache absolut klar liegt. Es sollte doch grundsätzlich alles amnestiert werden. Nicht amnestiert werden sollten die Führer und Urheber eines Zentralunternehmens. Von der re hten Seite kam fast lediglich das Kappunternehmen als Zentralunternehmen in Betracht. Führer und Urheber dieses Zentralunternehmens sind natürlich nicht Hunderte gewesen, sondern, wie ich Ihnen schon bei Beratung des Amnestiegesetzes dargelegt habe, einige wenige Leute. Auf diese wenige Leute bezieht sich die Amnestie nicht. Sie werden auch heute noch vom Oberreichsanwalt ver⸗ folgt. (Zurufe und Heiterkeit bei den Kommunisten.) Ich kann nur wieder und wieder feststellen, daß das Reichsgericht in voll⸗ ständig objektiver Weise die einzelnen Fälle geprüft hat. In keinem einzigen Falle ist es von der strengen Bahn, die ihm Gesetz und Recht vorschreiben, auch nur um einen Deut abge⸗ wichen. (Bravol bei der Deutschen Volkspartei.) Was im übrigen die pokitischen Aufgaben der Reichsjustiz angeht, so ist mir von seiten der Rechten wiederholt der Vor⸗ wurf gemacht worden, daß sich die deutsche Justiz mit dem Hoch⸗ bervat, der da täglich und stündlich begangen würde durch— Zeitungsartikel, Aufrufe, Reden, nicht genug abgebe, ssehr richtig! bei der Deutschnationalen Volkspartei) daß sie diesen Hochverrat nicht genug im Auge hätte. Meine Herren, ich kann Ihnen ver⸗ sichern, sowohl der Obervreichsanwalt wie guch die Reichsjustiz⸗ verwaltung bechachten die Vorgänge des öffectlichen Leben⸗, von welcher Seite sie kommen mögen, auf das imtenfisfte, aufe gewissenhafteste. Ich möchte Sie aber weiter darauf hinweisen, daß wir natürlich mit der Verfolgung derartiger Dinge, mögen sie von rechts oder von Ünks kommenm, mit der Vorsicht vorgehen müssen, mit der wir pflichtgemäß vorgehen müssen, wenn wir einen Hochvervatsprogeß vor dem Reichsgericht in Bewegun setzen. (Sehr gutl bei der Deutschen Volkspartei.) Wie ich von fedem Staatsanwalt verlange, daß er vor Einreichung der Am⸗ klage die Sache gewissenhaft auf ihre Durchführbarkeit prüft und einen Progeß unterläßt, wenn er nicht sicher ist oder eine g⸗⸗ wisse Sicherheit hat, ihn durchzuführen, so muß ich vor allem vom Oberreichsanwalt verlangen, daß er den großen Apparat eines Hochverratsprozesses vor dem Reichsgerichte nicht im Be⸗ wegung setzt, wenn schließlich eine Freisprechung oder eine Ber urteilung wegen unwesentlicher Delikte herauskommt. Wenn doas Reichsgericht dauernd mit Hochverratsprogessen in Bexegung ge⸗ setzt wird, so kommen wir aus der politischen Sensctiom und Unruhe nicht heraus. Ich möchte aber konstatieren um nicht mißverstanden zu werden, daß wir aufs sorgfältigste alle Vor⸗ Politik. Wie unsere Justiz auf die innere Volktik cincwirkt. so

Gesetz wenig ge⸗ (Sehr richtig! auf ich als eine volks-⸗

hin tätig sein kann, wird es seimen Memm stehem.

legen, mit Oesterreich wiederum in

kommen. Ich hunn Ihmnen verfichern.

trennen, die wir nach dem Irredensvertvage üegadeehen; h dem das hanm uns miemamd dermheenn. Meine Herren, von Fuöhzzers Bed

Juseig und für Re demssche Hebhel Federeaga d der Bohandlung der soewenanemeen Krneeeneveden.

gerichte vorzunehmen. Wie der Zivilprozeß sich abwickelt, wird

8

R. in in dan lahen ———V —— 1