1921 / 64 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Mar 1921 18:00:01 GMT) scan diff

und in welchem Umfange der Krieg, die mangelhafte Ernährung, die mangelhafte Kleidung, alle die übrigen Entbehrungen, die wir während des Krieges zu ertragen hatten, an einem Todesfall schuld gewesen sind. Das bis ins letzte aufzuklären und statistisch klarzu⸗ stellen, wird, wie mir scheint, auch dem besten statistischen Amte in der Welt niemals restlos gelingen. Was aber nach der Richtung geschehen kann, ist geschehen. Dem Reichstage ist bereits Ende 1918 eine Denkschrift zugegangen, in der die Verluste, die Deutschland durch die Blockade erlitten hat, bis ins einzelne hinein dargestellt sind, und ich darf Herrn Dr. Moses auf diese Denkschrift hiermit verweisen.

Der Herr Abgeordnete hat dann weiter bemängelt, daß die Summen, die für die Tuberkulosebekämpfung im Etat meines Reichsministeriums ausgeworfen seien, so überaus gering seien,

und er hat hervorgehoben, daß der Verein für die Bekämpfung der Tuberkulose auf seinen Antrag wegen Erhöhung des Beitrages vom Reichsministerium des Innern monatelang keine befriedigende Auskunft erhalten hätte. Ich bedaure diesen Umstand mit Herrn Dr. Moses und stimme ganz mit ihm darin überein, daß es er⸗ wünscht gewesen wäre, es hätte früher eine befriedigende Auskunft erteilt werden können. Ich will aber darauf hinweisen, daß diese Auskunft, da das Reichsministerium des Innern Etatsmittel nicht erhöhen darf, erst wird erfolgen können, wenn der Reichstag mich durch Verabschiedung des Etats in die Lage gesetzt haben wird, die nötigen Mittel zur Verfügung zu haben. Sobald die heutige Rede⸗ schlacht beendet sein und der Etat des Reichsministeriums des Innern feststehen wird, werden wir in der Tat in der Lage sein, dem Verein für die Bekämpfung der Tuberkulose mitzuteilen, daß der Reichsbeitrag auf 2 ½ Millionen erhöht worden ist. Also von einer bürokratischen Verzögerung im Reichsministerium des Innern kann gewiß keine Rede sein. Es handelt sich um eine Ver⸗ zögerung des Etats, an der ich niemand schuld gebe, an der aber ouch das Reichsministerium des Innern seinerseits die Schuld zu übernehmen nicht in der Lage ist.

Daß der Beitrag nur 2 ½ Millionen, nicht 3 Millionen be⸗ trägt, ist auf die Sparsamkeitsaktionen zurückzuführen, die betrieben werden. Man hat im Reichsrat die Summe von 3 auf 2 ⁄% Mil⸗ lionen herabgesetzt, und zwar mit der Begründung, daß es in erster

Sinie Aufgabe der Länder sei, auf dem Gebiete der Tuberkulose⸗ bekämpfung vorzugehen. Ich hätte nicht das geringste einzuwenden, wenn es etwa gelingen sollte, hier im Reichstag den erhöhten. Bei⸗ trag wiederherzustellen, bin aber zunächst an die Abstriche des Reichsrats gebunden.

Wenn es in einer Denkschrift des Reichsgesundheitsamts heißt, daß vom Standpunkte der Tuberkulosebekämpfung in erster Linie

eine kräftige Nahrung erforderlich wäre, so ist das eine ärztliche Wahrheit und Weisheit, die nicht verschwiegen werden konnte. Ein Verschweigen dieser Wahrheit hätte zweifellos erst recht zu Vorwürfen geführt. Daß das Reichsgesundheitsamt seinerseits auf diesem Gebiete nicht vorgehen kann, sondern daß es allen den⸗ jenigen Stellen, die die Ausführung der Sozialpolitik in der Hand haben, vorbehalten bleiben muß, hier Abhilfe zu schaffen, steht ohne weiteres fest. Was das Reich hat tun können, geschieht durch die ungeheuer vielen Milliarden, die für die Verbesserung der Volksernährung ausgeworfen werden. Neuerdings geschieht es auch wieder dadurch, daß die Quäkerspeisung seitens des Reiches mit erheblichen Zuschüssen versehen wird. Aber wir werden und darin wird mir, glaube ich, Herr Dr. Moses beistimmen doch darüber einig sein, daß es hier in der Tat in erster Linie Auf⸗ gabe der Länder und Gemeinden ist, dafür zu sorgen, daß an den einzelnen, namentlich an den einzelnen Tuberkulosen, diejenige Nahrung herankommt, die erwünscht ist. z Und nun ein Wort zu der Frage, ob ein Reichsgesund⸗ eitsministerium geschaffen werden soll oder nicht. Ich be⸗ daure, daß hier in den Erörterungen immer wieder der eine Ge⸗ sichtspunkt vergessen wird, wegen dessen häufiger Erwähnung ich mir gestern ja den besonderen Tadel des Herr Dr. Löwenstein zu⸗ ezogen habe, daß wir nämlich kein Einheitsstaat, sondern ein

Bundesstaat sind, und daß deswegen die gesamte Exekutive auf dem

Gebiete des Gesundheitswesens nicht beim Reich, sondern bei den Ländern liegt. Wören wir ein Einheitsstaat, in dem es möglich

wäre, von einer einheitlichen Spitze aus das gesamte Gesundheits⸗ wesen zu beeinflussen, auf diesem Gebiete zu drängen und Maß⸗ nahmen durchzusetzen, dann darin gebe ich Herr Dr. Moses ohne weiteres recht würde es zweckmäßig sein, dafür zu sorgen, daß diese Maßnahmen in die Hand dieser einheitlichen Spitze gelegt würden. Tatsächlich sind wir ja leider auf dem Gebiete des Ge⸗ sundheitswesens fast nichts wie eine Gesetzgebungsmaschine. Alles weitere, alle Ausführungsmaßnahmen sind Angelegenheit der Länder, und die Durchführung der Maßnahmen muß deshalb von der Verwaltung der Länder gewährleistet werden. Ich fürchte des⸗ halb: jeder Versuch, die Zahl der Ministerien noch durch ein Reichs⸗ gesundheitsministerium zu vermehren, wird keinen vollen Erfolg zeitigen können.

Gesetzgeberisch ist das Reichsgesundheitsamt ich darf das doch wohl hervorheben nach meiner Ansicht völlig auf der Höhe. Es hat die besten Fachmänner zu seiner Verfügung, und was auf dem Gebiet der Gesetzgebung geschehen muß, kann und wird durch das Reichsgesundheitsamt geschehen, und es könnte

besser ganz gewiß nicht durch einen besonderen Minister geschehen.

Für diese Fragen ist es ohne ausschlaggebende Bedeutung, welche

Vorbildung der Minister hat.

Ein Reichsgesundheitsministerium würde sich in seinen Auf⸗ gaben und in der Gesetzgebung heute auch mehrfach mit anderen Ministerien überschneiden, so mit dem Arbeitsministerium, dem fast die gesamte Sozialpolitik untersteht, das auch die Wohnungs⸗ frage zu regeln hat, ferner mit dem Ernährungsministerium. Man darf doch nicht vergessen, daß die Pflege der Gesundheit nicht eigentlich ein Stoff ist, der abgetrennt von anderen Stoffen be⸗

rbeitet werden kann, seondern daß sie eine Tendenz ist, die die esamte Gesetzgebung zu durchdringen hat, (sehr richtig! im Zen⸗ rum) die also im Wohnungswesen, im Ernährungswesen, in der

Sozialpolitik, in der Arbeiterfürsorge und vielen anderen Maß⸗

zmen hervortreten muß. Also in allen Ministerien muß, genau wie der sozialpolitische Geist, auch der Geist herrschend sein, der tändnis für die Aufgaben der Hygiene hat; sonst werden alle ie gesetzgeberischen Aufgaben, deren Lösung den einzelnen Mini⸗

Ztrien obliegt, falsch und unrichtig gelöst werden.

Die Gesetze, die von Herrn Dr. Moses vermißt worden sind,

zu⸗ Teil beryts beim Reichsrat, wie das Gesetz über die Ge⸗ lechtskrankheiten, das sich seit März 1920, also seit 1 ¼ Jahren,

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gesundheit

beim Reichsrat befindet, während die Gesetze über die Tuberkulose⸗ fürsorge und über die Trunksucht in Vorbereitung sind und, wie ich hoffe, in absehbarer Zeit an den Reichstag werden gelangen können.

Abg. Frau Dransfeld Gentr)⸗ Ein Antrag meiner Fraktion verlangt eine umfassende Fürsorge für svchopathische Jugendliche, die unbedingt notwendig ist. Es ist sehr bedauerlich, daß es bisher an einer derartigen durchgreifenden Fürsorge fehlt, was allerdings wohl zum Teil darauf zurückzuführen ist, daß der⸗ artige Krankheitssälle nicht ohne weiteres erkennbar sind, und daß auch schwere Fälle mit ganz verschiedenartigen Symptomen auf⸗ treten. Die Sorge für die jugendlichen Psychopaten muß in unser Fürsorgewesen eingebaut werden, damit es möglich ist, solche jugendlichen Personen noch zu nützlichen Gliedern der Gesellschaft zu machen. Infolge dieser Kaneerdes. r1832 stellen die psycho⸗ pathischen Jugendlichen einen erheblichen Prozentsatz der Ver⸗ brecher. In und nach dem Kriege haben sich diese Verhältnisse noch verschlechtert. Im se der seelischen Gesundung unseres Volkes, insbesondere unserer Jugend, ist die Einbringung eines Gesetzes, das die Forschung auf dem Gesamtgebiete der Ppcho⸗ pathie mit allen Mitteln fördert und eine umfassende Piycho⸗ pathenfürsorge unter besonderer Berücksichtigung 88 notwendigen erzieherischen Maßnahmen für Jugendliche beiderlei Geschlechts gewährleistet, erforderlich. Alle in Betracht kommenden Kreise müssen sich an der Fürsorge für b85 bisher arß verhachlällägten Jugendlichen, namentlich aber auch an der für die Kriegspfycho⸗ pathen beteiligen. 1 3

Geheimrat Abel: Die Reichsregierung ist gern bereit, der in dem Antrage enthaltenen Anregung Folge zu geben. Albg. Dr. Schreiber (Zentr.): Die neutrale Haltung des Papstes hat in der Kriegs efangenenfünsgrge Außerordentliches geleistet, was dankbar anzuerkennen ist. Die karitative Fürsorge ollte ein Gebiet sein, auf dem wir uns alle hier Fesommenfindeßt. ee bedeutet einen Lichtblick für die Gegenwart und für die Geheimrat Gruber hat sich als sehr wenig über den Versailler Frieden unterrichtet erwiesen. Der Vatikan ist in eine lebhafte. Kritik des Friedensvertrages eingetreten, in seiner Neujahrsgratulation 1920 hat der Papst besonders auf die Missionen in unseren stüheren Kolonien, die jetzt der Entente gehören, hingewiesen. Damit hat der Vatikan einen starken Vorstoß gegen die Härten des Friedensvertrages unternommen. Auch jetzt wird vom Vatikan dem Versailler Friedensvertrag entgegengewirkt, da auf Veran⸗ lassung des Papstes, der großen Tradition entsprechend, die Europa⸗ hilfe, d. ein Unternehmen zugunsten Deutschlandz einsetzt. Vor wenigen Tagen ist von Rom dem Kardinal in Philadelphia der Dank ausgesprochen worden für die werktätige Liebestätigkeit der amerikanischen Bischöfe. Mit großen Spenden hat der Vatikan außerdem von sich aus zugunsten der deutschen Krieger is ein⸗

egriffen, das ist eine Apologie der Tat. Daß Dr. Moses für eine Person sich nicht mit Geheimrat Gruber actz seeäes ist er⸗ reulich. Dr. Moses hat uns eine Reihe wertvoller Anregungen gebracht, die im sozialen Interesse wohl zu verwerten sind. Hin⸗ sichtlich der Kritik des Reichsgesundheitsamtes stimme ich mit Dr. Moses nicht überein. Das Wichsezashetügame besitzt doch weit⸗ gehendes Vertrauen. Vom Reichsgesundheitsamt geht doch eine große Menge von Signalen und Anregungen ins Land hinaus. auch mit Hilfe des Reichstages. Es wird auch für das rheinisch⸗ westfälische 88 eebiet weiter fruchtbare Arbeit leisten. Es wird empfohlen, in den Städten des Industriegebietes den für das Gesundheitswesen bestellten Stadtrat zu entlasten und neben ihn einen Arzt als Beigeordneten zu setzen, der die Vorbereitungen für Maßnahmen zu trefsen hat, während der Stadt⸗ rat somit die liche erhält, wirklich oxhangsatorisch ahe dem Gebiete der sozialen Hygiene etwas zu schaffen. Die Stadt Bottrop ist unter Führung eines hervorragenden Arztes in dieser Beziehung vorangegangen. Das Verlangen Dr. Moses nach einem Reichsgesundheitsministerium läßt sich zurzeit noch nicht verwirklichen. Wir sind aber ein Kulturstaat und werden als solcher auch bei uns mit der Zeit zu einem Reichsgesundheits⸗ ministerium kommen. (Beisall im Zentrum.)

Angenommen werden die Entschließung des Ausschusses wegen Vorlegung einer Denk⸗

rift über die Unterernährung des deut⸗ Volkes und die Schädigung der Volks⸗ und die Entschließung des Zen⸗ irums wegen Förderung der Forschungen auf dem Gebiete der Psychopathie und Förderung der Psychopathenfürsorge. r

Die Entschließung der Unabhängigen wegen Errichtung eines selbständigen Ge⸗ sundheitsministeriums wird abgelehnt.

85 den Ausgaben für das Reichswanderungsamt legt Berichterstatter Abg. Dr. Schreiber (Zentr.) namens des Hauptausschusses eine Entschließung vor, worin die Regierung um Abbau des Reichswanderungsamtes und finanzielle Unter⸗ stützung der privaten Organisationen, die sich mit der Aus⸗ wandererberatung befassen, ersucht wird. Ferner verlangt die Entschließung die Vorlegung einer Denkschrift über die Aufgaben und die Organisation des Reichswanderungsamts unter besonderer Darlegung, mit welchen privaten Organi⸗ sationen das Amt arbeitet, und Prüfung der Frage, ob statt eines besonderen Amtes nicht eine Abteilung des Ministeriums zweckmäßiger ist.

Abg. Stücklen (Soz.): Das Reichswanderungsamt, das sich nicht nur mit der Auswanderung, Hrdern auch mit der. Ein⸗ wanderung beschäftigt, wurde zur Förderung der Siedlung in Kurland egecheber⸗ da wir aber dort kein Land erhalten haben, ist eigentlich die Aufgabe des Amtes gescheitert. Deshalb wurden dem Amt alle möglichen anderen Aufgaben, darunter auch die Einwanderung, übertragen. Da wir auf lange Zeit nicht Waren exportieren können, werden wir Menschen exportieren müssen. Deshalb kann man das Amt nicht ganz unter den Tisch fallen lassen, aber seine Aufgaben können auch von einer Ministerial⸗ abteilung gelöst werden. Mit der Einwanderung hat das Amt eigentlich nichts zu tun, und es ist eine Irreführung, wenn es sich mit den Flüchtlingen, die nach Deutschland strömen, beschäftigt. Alle Länder sperren sich jetzt gegen die Einwanderung ab; Amerika hat den Prozentsatz der zuzulassenden Deutschen auf ein Minimum beschränkt. an kann die dentschen Auswanderer nicht vürgtgen, nach bestimmten Ländern zu gehen. Sie suchen sich den billigsten und bequemsten Weg. Welche Länder hat denn das Auswande⸗ rungsamt für unsere Auswanderer in Anssicht genommen? Der Hauptstrom unserer Auswanderer wird nach dem Osten und Süd⸗ osten Enropas gehen, und wir müssen lediglich Vorsorge treffen, daß sie der dentschen Heimat nicht entfremdet werden. Das kann aber nicht eine Behörde machen, sondern das müssen die international ver⸗ bundenen Gewerkschaften und die karitativen Vereine besorgen. Auch gegen die amtliche mafngleteen des Wanderungsamtes habe ich Bedenken; denn das Reich übernimmt damit eine Ga⸗ rantie, so daß das Reich schließlich Rechtsansprüche zu gewärtigen hat. s genügt, wenn die privaten Organisationen unter die Kontrolle des Staates gestellt werden. Private Organisationen können vor irgendeinem Lande warnen, aber eine Behörde kann es nicht, denn sonst könnten Repressalien geübt werden, und wir dürfen uns keine neuen Feinde schaffen. Was hat das Amt mit der Inlandssiedlung tun? Mit demselben Recht könnte das Wanderungsamt ein Dezernat für Schweinezucht einrichten. Das Amt 1 im Interesse der Finanzen abgebaut werden, die amtenzahl ist viel zu groß. er Aktendeckel ist die Achse, um die sich alles dreht. (Heiterkeit.) Der Verein für Siedlung und Wanderung will mit dem Wanderungsamt zusammenarbeiten, weil er viele Offizicroe hat, die auswandern wollen. Aber schließlich wird auch joder Gesangverein oder dergleichen ein Mitglied haben, das auswandern will. In dem Siedlungsverein gibt es eine ganze

Anzahl erzreaktionärer Elemente. Dieser Siedlungsveren . sosort, nachdem unser Hauptausschuß den allmählichen Abbau; Reichswanderungsamtes beschlossen hatte, eine Sitzung ein 4 entfaltete eine eifrige Gegenagitation. Es setzen die An L in der Presse ein, in denen sich hesonders die „Deutsche 1 wanderzeitung“ in Hamburg im Tone eines richtigen Redald⸗ blattes auch gegen mich hervortat. Es wurde mir vorgerae eine Million, später doch wenigstens 450 000 Mark unrecht weise verwendet zu haben. Diese 450 000 Mark sind von m Einverständnis mit dem Reichsfinanzminister Dr. Wirth 8 Stuttgart angewiesen worden, um den Vorsitzenden der würtzan bergischen Kriegsgefangenenhilse in den Stand zu setzten, eine ahl Leute in ihre Heimat nach Palästina zurückzubefördern. 88 hat 1500 Mark Vorschuß echaher. einige haben bereits Ble Pzahlt. den Leuten war geholfen. Aber was

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88 8 geschah mit nir⸗ er Präsident des Reichswanderungsamts stellte mich schrit zur Rede, ich hätte in seinen Amttsbereich eingegriffen. Füü widerte, ich sei zu meinem Vorgehen berechtigt gewesen: er 6 egen zog eine Reihe von Erlassen an, die für seine Auffesin Pges sollten, die ich aber durchweg gar nicht gelesen habe. d ich bürokratisch verfahren, so wären die Lente wahrschein heute noch nicht weg, denn vcschr wäre das Schiff abgegange Ich erwarte für meine Handlung keinen Dank, aber es ellra durchaus das Verständnis dafür, daß irgendein Bürokrat dchen kommt und mir sagt: Was geht dich das Feuer an? Das ist ne euer, das lösche ich! In einer später im Reichsministerium e nnern abgehaltenen Konferenz, auf deren Tagesordnung auch bbau des Reichswanderungsamts und die Beschlüsse des Haun ausschusses standen, traten der Reihe nach alle jene Mitglieder Siedlungs⸗ und Wanderungsvereins auf, von denen ich schon z. sprochen habe, und gaben gegen den Hauptausschuß Grklärung ab. Diesem Verein sind auch 20 Frauenvpereine angeschlossen, m die erschienene Vertreterin eines dieser Frauenvereine 1 glet zeitig im Namen sämtlicher 20 auch ihre Erklärung ah. N. Wirkung ist nicht ausgeblieben. Die Vorschläge des aupteue schusses sind an ihn zures emßsen worden, und jetzt schlägt er a gegen seinen früheren Anträgen die unveränderte Bevilliau vor, und der Abbau wird auf den Weg der Entschließungen de wiesen. Wir verzichten darauf, unsere Anträge zu wiederhole wir wollen uns um so mehr bescheiden, weil nach dem Etatzenteung künftig nur jede zweite Stelle wiederbesetzt werden darf, p d auch dort eine Verminderung ganz automatisch eintreten mie Jedenfalls ist Pisr gane Umfang für das Amt nicht notvendi un auf persönliche Liebhabereien haben wir keine Rüchsct nehmen.

Vizepräsident Dr. Bell macht darauf aufmerksam, daß gicht nur der Etat für das Reichsministerium des Innern, sondern wa eine Reihe anderer Etats in der heutigen Sitzung erledigt petzen sollen. Allein zum Etat des Innern seien noch 17 Redner g meldet; die Ermahnungen zur Selbstbeschränkung hätten nun d Erfolg gehabt, daß die Rednerliste und die Reden immer lüngen geworden seien.

Ahg. Brüninghaus (D. V.): Dem Abgeordneten Etücle der schon im Feptea schuß seine heutige Rede gehalten hat, doch auf seine Klagen über die gegen ihn gerichteten Presseangtift entgegenzuhalten, auch die andere Seite sich keinesweg zurückgehalten hat. In der „Schwäbischen Tagwacht“ wird se Reichswanderungsamt als eine Sinekure für höhere Lean hingestellt. Daß Herr Stücklen sich mit seiner praktischen R tätigung für die Zurückschaffung der Leute nach Palästina gret Verdienste erworben hat, erkenne ich gern an. Die Sachen ständigenkonferenz hat Herr Stücklen zu unrecht angegriffe Das einzig Neue in dem heutigen Vortrage war, daß bvielleich später mit den Gewerkschaften die Auswanderung hetrieh werden könnte; aber in jener Konferenz hat gerade der Ne treter des Gewerkschaftsbundes die Auswandererfrage für in soziale Frage erklärt, die durchaus der Staat in der Handh halten müsse. Nach der Darstellung des Abgeordneten Etücleg wäre das Reichswanderungsamt eine kraß reaktionäre Einrich tung; es fehlte in seiner Schilderung eigentlich nur noch das Wort Orgesch. Man kann doch nicht in demselben Altemzug die Auswanderungsfrage als ein großes Problem der Zuluns hinstellen und das Wanderungsamt in Grund und Loden bet dammen. Die höheren Beamten sind früher heeee im Ausg lande, speziell in Nord⸗ und Südamerika gewesen und zurt sech kundigen Beratung durchaus unentbehrlich. Gerade in seiten jetzigen Organisation ist das Amt zweckmäßig aufgebaut, Auch kommt nächstens der Entwurf eines Auswanderungsgesetes he⸗ aus, das Arbeitsgebiet für das Amt nimmt also weiter zu. De Amt ist eine Behörde, die sehr gut arbeitet und der noch grohe Aufgaben geblieben sind. 1 2

Staatssekretär Dr. Lewald: Die Hauptfrage ist, obh st die Erteilung von Auskünften eine besondere amtliche Stel vorhanden sein soll. Der Abgeordnete Stücklen ist dagegen, wei eine solche Einrichtung dem Reiche unter Umständen ge; werden könnte. Es ist aber doch immer der dringende Punse hervorgetreten, 5 hinter den Auskünften auch die Auterit einer verantwortlichen Stelle stehen möchte. Nach den ungeheutet Umwälzungen der neuesten Zeit stehen wir vor einer Art Vülle wanderung, wenigstens wird in der Bevölkerung der Gedan einer Aenderung des Wohnsitzes an zahlreichen Stellen erwoge Da muß sinn⸗ und planloser Vergeudung von Volksgut bor gebeugt werden; es muß verhindert werden, daß Schieberorgan sationen die Unzufriedenheit, Unruhe und Unrast der Leute auf nutzen und sie zu falschen Schritten verleiten, sie dadurch aus beuten und in farh he Gegenden Dazu bedarf es eine Organisation, die diese Fragen sachgemäß und erschöpfend be handelt. Auch die Stellen in Bremen und Hamburg haben für ein besonderes Amt ausgesprochen. Ebenso ist das 1 wärtige Amt der gleichen Meinung. Der Hauptausschuß hat 6 erkannt, daß sein voriger Beschluß einer Korrektur bedurfte

Die ISI s.l88 werden ange⸗ nommen und die Ausgaben für das Reiche⸗ wanderungsamt unverkürztbewilligt.

Beim Kapitel „Reichsarchiv“ bemerkt 4

Abg. Dr. Philipp (D. Nat.): Man rühmt es als eine E run enschaft der Revolution, daß nunmehr die Archibe übern geösfme⸗ sind. Ich warne aber vor Illusionen. Mir scheinen 1 Aufgaben nicht richtig gestellt zu sein für das neue Reichzanf In diesem Zusammenhang möchte ich hervorheben, daß n Freunde mit großem Bedauern die gestrige Erklärung 1 Ministers vernommen haben, wonach denjenigen Beamten Oberschlesien, die sich von der polnischen Propaganda haben bor⸗ sbspeies lassen, daraus nach der Abstimmung keinerlei Unanues 2 ichkeiten erwachsen würden. Die „Historische Kommission nh einseiti SAS. r2 es müßten mehr Männer aus 6 praktischen Leben hineinkommen. Bei der Zusammensazunhah neuen Behörde wird es insbesondere, nachdem die Keiegsgeste aufgearbeitet ist, notwendig sein, die gelernten Archivare mehr! bevorzugen. 1 „ütt

be ewald: Die Aufgaben, die der sa Behörde gestellt wurden, sind gestellt worden nach eingehen, Beratungen mit der „lstorjschen Kommission“. e dn ag arbeitung der ungeheuren Masse der Akten über die Neib geschichte werden zunächst naturgemäß Offiziere in erster c mitzuwirken haben. Im Laufe der Zeit werden es immer Rjoczes werden. Alle wissenschaftlichen Organisationen sind aufgegan worden, Vewerber zu nennen. Im ganzen sind 250 Fen. eingegangen, die in stundenlangen mühevollen Sigungese d nn

Archivare der Wunsch besteht, in viel stärkerem Maße g9 In werden, so wollen wir diese Anregung sehr gern drrülich vor⸗ großen und ganzen aber ist hier ein Stamm wissenschaf

gebildeter ausgezeichneter Beamten vorhanden. 9 Zum Kapitel „Zentralnachweiseam

Kriegsverluste und Kriegergräber“ befürn Abg. Dr. Löwenstein (U. Soz.) einen Antra⸗ nt

Verlegung des Amtes nach Spandau. Die Uebersied ung

„Histoͤrischen Kommission“ Seri. wurden. We

füt

2 ¹ 4 ) 1 Geint mit der Technischen

ere Unterbrechung in der Auskunfterteilung zur Folge die für die Angehörigen schmerzlich wäre. Das 8 mweiseamt muß vielmehr in seinem jetzigen Heim, der ehe⸗ en Kriegsakademie, verbleiben, aus dem dasür die Heeres⸗ dige der das Nachweiseamt nach der Absicht der Regierung chen soll ohne Nachteil für die Allgemeinheit entfernt werden unte. 2 3 ; ; ssekretär Dr. Lewald: Das Zentralnachweiseamt ist gizata in sechs Gebäuden untergebracht; das ist für 8* genn ehörde ein unerträglicher und unhaltbarer Zustand, schon 3 großen Unzuträglichkeiten geführt hat. Die Regie⸗ hat eingehende Erwägungen darüber augssten, ob die Ver⸗ g nach Spandau sich vermeiden lasse. Das Gehäude der f * Kriegsakademie ist aber auch dann für das Zentral⸗ hweiseamt unzureichend, wenn die Heeresbücherei aus dem Ge⸗ de entfernt würde; in diesem Falle würden noch 2000 Quadrat⸗ uh Raum fehlen. Der LE““ des Zentralnach⸗ iseamts ist außerordentlich umfangreich; die Zahl der täglichen sragen betrug durchschnittlich 7000; an mündlichen Auskünften den im vorigen Jahre 30 000 erteilt. Die Verlegung nach u würde durchaus nicht erhebliche Unzuträglichkeiten für skum mit sich bringen, da die gewünschten Auskünfte eittlich eroordert werden können. Wir werden bemüht sein, den diftellten des Amtes die ihnen durch die Uebersiedlung nach dondau entstehenden Unbequemlichkeiten nach Möglichkeit zu ver⸗ 28, Die Febgisseslt einer anderweiten Unterbringnug ist der nicht gegeben. 3 4 ww R211 c445er (Soz.): Die Kriegsbeschädigten und Kriegs⸗ jerbliebenen haben sich ganz energisch gegen die es; des enttalnachweises nach Spandau ausgesprochen. Als in dieser ehörde mehr als 1600 Arbeitskräfte tätig waren, hatte sie nicht biel Raum zur Verfügung wie zu der Zeit, als das Personal r 900 betrug. Hieraus ergibt sich, daß der Raum besser aus⸗ utt werden könnte. Ein zweckmäßiger Um⸗ und Ausbau des bäudes in der Dorotheenstraße, der sich mit einem geringeren stenaufwande ausführen ließe als der Umzug nach Spandau rdern würde, würde die vollständige Unterbringung des Amtes seinem bisherigen Heim g. Sss 1 8 Staatssekretär Lewald stellt fest, daß vom Sparsamkeits⸗ ndpunkte aus die Verlegung nach Spandau vorzuziehen sei. e Kegierung sei zu ihrem Vorschlage nach monatelanger, ein⸗ bender Prüfung aller in Betracht kommenden Umstände ge⸗

men.

Die sich gegen die Verlegung nach Spandau tenden Anträge der Rechtssozialisten Unabhängigen werden abgelehnt.

Beim Kapitel „Polizeischutz“ führt

Abg. Berndt 12 Nat.) aus: Von Disziplin, Autorität und horsam ist bei unseren Polizeitruppen keine Rede mehr, ganze hran sten verweigern den Gehorsam und müssen aufgelöst ren. Tenunziantentum, , LI Gesinnungsterror hen in voller Blüte. In Kiel nahm die Polizei an einer Ge⸗ kfeier für die Revolutionsopfer, einer rein parteipolitischen Ver⸗ staltung, offiziell teil. Das ist unerhört und skandalös. Die tteipolitische Hersezung nimmt unter Duldung und Zustimmung Lehc. Severing ihren Fortgang. Die serenaeueh Wirt⸗ saftsverbände sind die einzigen Vorgesetzten, sie sind nicht eine benregierung, sondern die Hauptregierung. Sie verbieten den vlizeitruppen Streikarbeit. (Sehr gut! links.) Einen zuver⸗ siigen Schutz der öffentlichen Ordnung bietet die Polizei nicht hr. Die Zivilkommissare sind reine Gewerkschaftsbeamte und ten in der Polizei keinen Platz haben. Schnelles Handeln ist boten, da die Zivilkommissare sogar lebenslänglich angestellt den sollen; das muß verhindert werden. Wie steht es mit der llasung des Inspekteurs, Geheimrats von Priesdorf? Die astände in der Polizei bedürfen größter Aufmerksamkeit.

Hierauf nimmt der Reichsminister des Innern Koch das ort, dessen Ausführungen wegen verspäteten 5 des enogramms erst in der nächsten Nummer dieses Blattes im ortlaute wiedergegeben werden. 1

Abg. Jäker (Soz.) befürwortet eine von einer großen Reihe inischer Abgeordneter aller Parteien unterstützte Ent chließung,

rheinisch⸗westfälischen Gemeinden die anläßlich der Wirren in Kapp⸗Putsch in Ausführung des Bielefelder Abkommens ent⸗ ndenen Kosten für die Ortswehren und die Unterbringung und erpflegung der „Roten Armee“ aus Reichsmitteln zu ersetzen.

Abg. Thomas (Komm.): In Bayern bern t die Pickel⸗ nbe. Die bayerische Polizei muß dahin Heen t werden, wo hingehört, die Nägel müssen ihr etwas beschnitten werden. Vor igen Tagen hatte ich das Vergnügen, in Augsburg von einer heriscen Pickelhaube verhaftet zu werden. In der wilhelmi⸗ schen Zeit hätte das im Reichstage dec Aufsehen erregt; heute gt es im Reichstage anders, was in Bayern geschieht, ist alles rtrefflich, alles macht hier Verbeugungen vor Bayern. Auch it der Schutzhaft arheitet die bayerische Polizei. Aber es nützt nichts, hier mit Beschwerden darüber zu kommen, denn alle atteien legen sich Bayern gegenüber die größte Reserve. auf. segen des Verbots einer politischen Zeitung habe ich den Reichs⸗ inister interpelliert; er hat mich abgewiesen, die Sache ginge ngern an. Die Zeitung ist noch heute verboten und wirtschaft⸗ h ruiniert. Das ist die bayerische Polizei, an ihrer Spitze der tüöhmte Herr von Pöhner mit seinen Lakaien.

Reichsminister des Innern Koch: Für den Ersatz der von den meinden zufgewendeten Kosten für die Ortswehren usw. sprechen köhliche Billigkeitsgründe. Ich habe die darauf bezügliche An⸗ zung befürwortend an den Finanzminister weitergegeben, vermag ser natürlich nicht vorweg und nicht allein zu entscheiden.

Abg Eckerstädt⸗Kiel (Soz.): Die Deutschnationalen sind ech die Allerletzten, gegen uns nach der Art des Abg. Berndt orwürfe zu erheben; die Konservativen haben doch früher gerade

meisten Mißbrauch der Polizei und des Militärs für ihre farteizwecke getrieben. Aber die Phantasie hat Herrn Berndt 8 eit hingerisen. Es war in Kiel eine Gedächtnisfeier für alle teise der Bevölkerung, und da auch Angehörige der Sicherheits⸗ vlizei sich unter den Opfern befanden, so haben auch Vertreter

Sicherheitspolizei an der Feier teilgenommen. Herr Berndt it ganz zu erwähnen vergessen, daß zur gleichen Zeit auf dem arnisonfriedhof eine Gedächtnisfeier stattfand, an der die ganze keicsswehr teilgenommen hat und zu der man sich den Herrn von emmelmark extra verschrieben hatte, der die Front abgeschritten Die Zivilkommissare sind eine Errungenschaft der Kapp⸗Tage. z wundert mich nicht, wenn Herr Berndt sie nicht gern sieht, her es wundert mich. daß der Minister sich ihm anschließt. enn in den Kapp⸗Tagen wußte die Regierung diese Kommissare ir wohl zu schätzen. Jetzt glaubt sie sie anscheinend nicht mehr btig zu haben. Jedenfalls brauchen wir die Zivilkommissare 8 uns einem Abbau auf diesem Gebiet mit aller Energie dersetzen.

Der Antrag Fäker wird angenommen und das

apitel bewilligt. 1

Für Zwecke der Technischen Nothilfe sind an auernden Ausgaben 15 Millionen Mark ausgeworfen. Im serordentlichen Haushalt stehen weitere 25 Millionen Mark.

Ubg. Brey (Soz.): Wir lehnen diese Position ab. Man chtu Nothilfe als mit einer dauernden Ein⸗ mng zu rechnen. dafür spricht ihre Einstellung in den Etat, geidenwachsen der Summe auf 40 Millionen und vor allem die 28 erung nach Ländern. Nach den Erläuterungen verfügt die ahetsce Nothilfe über hunderttausend Köpfe. Von ihrem Ein⸗ . aben wir gerade on den Stellen und zu der Zeit, wo es

allernotwendigsten gewesen wäre, nichts bemerkt. In Berlin

sge ündhes auf das schwerste geschädijat worden.

sind die allerärmsten Kreise hart betroffen worden

Aerztestreik. Gerade diejenigen, die berufen Ffwesen

ranken zu helfen, haben ihre Tätigkeit eingestellt: die

en mußten wohl oder übel mit den streikenden Kassen⸗ 3

ne läng

ärzten verhandeln, weil die Technische Nothilfe nicht einschritt Auch als die großen Hoteliers und Keeeaeh. ihren .e gegen das Personal begannen, ist nicht der geringste Versuch ge⸗ macht worden einzugreifen, obwohl unzweifelhaft hier ein Ein⸗ griff in die sebense zingdncen großer Kreise der Berliner Be⸗ völkerung vorlag. Das gleiche war festzustellen beim Streik der Milcherzeuger und Milchlieferanten. Ueberall war von Technischer Nothilfe zuänstzn der benachteiligten Massen nichts zu bemerken. Die Technische Nothilfe wird immer nur gegen Arbeiter in Be⸗ wegung gesetzt, und das macht sie bei den Arbeitern verhaßt. In der Ka⸗ iindustrie ist der Tarifvertrag für rechtsverbindlich erklärt worden; die Kaliindustriellen verweigern ihm aber bhre An⸗ erkennung, machesn diese vielmehr von einer Anzahl von Be⸗ din ungen abhängig, durch deren Annahme die Arbeiter ihre ver⸗ fassungsmäßigen Rechte aufgeben würden. Kommt es hier zu einem Streik, so ist unsere Volkswirtschaft aufs äußerste geführdan das Eintreten der Technischen Nothilfe würde auch hier nur dazu führen, daß die Arbeiter in der Ausübung ihrer Rechte gestört und an der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile gehindert werden. Eine Umstellung der Technischen Nothilfe in der Richtung einer Berücksichtigung der verfassungsmäßigen Rechte der Arbeiter ist gar nicht möglich. Die Gewerkschaften wollen selbst für die Notstandsarbeiten sorgen. Die Technische Nothilfe vergab einen Auftrag auf 20 000 Monteuranzüge an einen Herrn Rosenbaum, und dieser machte dabei einen Reibach von 300 000 ℳ, die die Technische Nothilfe durch ihr unpraktisches Vorgehen einfach zum Schaden des Reiches zum Fenster hinausgeworfen hat. Rosen⸗ baum soll Beamte der Technischen Nothilfe bestochen haben, um den Auftrag zu erhalten. Ist egen ihn gerichtlich vorgegangen worden? Wir lehnen die Mittel für die Technische Noihilfe ab.

Hierauf nimmt der Reichsminister des Innern Koch das

Wort, dessen Ausführungen im Wortlaute wiedergegeben werd sobald das Stenogramm derselben eingeht. 8 8

Abg. Berndt (D. Nat.): Die Technische Nothilfe ist eine Notwendigkeit, solange sich unser Volk 81. 1.daNNa.S. der Verwilderung aller moralischen Begriffe befindet. Erst wenn das Verantwortlichkeitsgefühl in allen Schichten wieder⸗ gekehrt ist, hört diese Notwendigkeit von selbst auf. (Lärm auf der äußersten Linken.) Für lebenswichtige Betriebe erkennt auch die Arbeiterschaft die Notwendigkeit der Technischen Nothilfe an. (Lärm bei den Kommunisten.) Von Streikbrechern zu reden, ist eine demagogische und agitatorische Redensart. In Lever⸗ kusen hätten 200 Nothelfer genügt, um den Schaden zu verhüten, der durch einen frivolen Streik verursacht wurde. Leider wurde nicht eingegriffen, während z. B. in Altona das Eingreifen der Nothilfe das Verderben wertvoller Nahrungsmittel verhindert hat. Die freien Gewerkschaften haben ihre Mitglieder vielfach nicht mehr in der Hand. Die Technische Nothilfe darf nicht ab⸗ gebaut werden, sondern, um mit Minister Severing zu reden, ihr weiterer Ausbau ist notwendig. Ausreichender Schutz hat leider oft gefehlt. Ich erinnere nur an den Terror im pommer⸗ 8— Landarbeiterstreik, wo es sogar Tote gegeben hat. Wir ordern grundsätzlich Vorbereitung eines ausreichenden Schutzes für die Nothilfe in allen Fällen. (Beifall rechts.)

Abg. Unterleitner (U. Soz.): Meine Partei hat sich von vornherein gegen die Technische Nothilfe erklärt, Wir be⸗ trachten sie als eine Streikbrechergarde, als ein Instrument der Konterrevolution. Hervorgegangen ist sie aus der Garde⸗ Kavallerie⸗Schützen⸗Division. In den Berliner Glektrizitäts⸗ werken hat die Technische Nothilfe einen Schaden in Höhe von 273 000 Mark angerichtet. Um 9 Uhr spricht der Redner noch weiter. G

Nächste Sitzung Donnerstag, Vormittags 10 Uhr: Haus⸗ halt des Reichsministeriums, des Reichskanzlers und der Reichskanzlei, Haushalt des Ministeriums des Aus⸗ wärtigen u. a.

Parlamentarische Nachrichten.

der Betätigung an Ort und Stelle für uns überhaupt möͤglich ist. Dieses Problem hängt aber eng zusammen mit den Siedlungs⸗ problemen, die wir in DTeutschland selbst zu erledigen haben. Denn wir können unsere wiederaufbauende Kraft nicht ausschließ⸗ lich in den Dienst der Gegner stellen, wix müssen unsere eigene Not dabei auch in Rücksicht ziehen. Ich halte deshalb dafür, daß der Plan der Wiederaufbautätigkeit in ganz 22,— Stile in Angriff genommen werden muß. Darin bitte ich vor allen Dingen um die freiwillige und eingehende Mitarbeit aller Wirtschaftskreise des deutschen Volkes. Aber das genügt noch nicht, um aus der schweren Lage der europäischen Gesamtwirtschaft herauszukommen, die in eine Sackgasse geraten ist, wie das niemand besser erkannt hat als unsere Gegner. Wir müssen außerdem ein Mittel finden, um der dringenden Kapitalnot der französischen Wirtschaft eine Möglichkeit der Milderung zu verschaffen. Das können wir nicht mit Geld und Gold, wir haben beides nicht. Wir können das auf die Dauer nur mit unserer Arbeit, die wir als Gewährleistung und Sicherheit für eine Anleihe einsetzen, mit der wir den französischen Finanz⸗ bedürfnissen entgegenkommen können. Auch diese Frage muß unbe⸗ dingt geprüft werden. Sie ist meiner Ansicht nach sehr viel schwerer als die erste und kann sehr viel weniger von uns gelöst werden, weil sie viel unmittelbarer auf internationale Zusammenarbeit abgestellt ist. Aber auch hier müssen wir Vorbereitungen treffen, damit wir, wenn die Zeit gekommen ist, wo wir uns wieder an den Verhandlungstisch setzen, mit wirklich ausgearbeiteten Plänen kommen. Unbedingt muß hier etwas von uns geschehen, weil die Gegner sich mit den Annuitäten festgerannt haben, mit denen man niemals weiterkommt. Deshalb möchte ich vorschlagen, daß auch im Reichswirtschaftsrat diese beiden Fragen auf das eingehendste erörtert werden, und daß er seine so zahlreichen sachkundigen Kräfte in den Dienst der Sache stellt. Wann wir praktisch davon Gebrauch machen, steht dahin. Augenblicklich ist die Zeit dafür noch nicht gekommen. Aber ich möchte nochmals betonen: Wenn sie gekommen ist, müssen wir bereit sein, vielleicht bereiter, als das früher der Fall gewesen ist.

In der nun folgenden Erörterung wurde die Rechtsfrage der „Sanktionen“ nicht weiter berührt, da ihr Unrecht völlig klar ist; wohl aber wurden Befürchtungen laut, daß diese Gewaltmaßnahmen von der Entente, wie es ihre Fresse auch schon ganz offen verlangt, zu einer Blockade Deutschlands benutzt werden. Trotzdem herrscht darüber Einigkeit, daß die „Sanktionen“ vorläufig ertragen werden müssen, weil die werktätige Bevölkerung viel mehr und für eine Generation darunter leiden würde, wenn zu schwere, untragbare Be⸗ dingungen von uns angenommen werden würden. Anerkennung und Unterstützung fand die Absicht der Reichsregierung, die Wirtschaft, die von außen diesen schweren Schlag erhält, im Inlande zu stützen. Von Arbeitnehmerseite wurde hierbei betont, daß die Belebung der Bautätigkeit und anderer Gewerbe allein dazu jedoch nicht genüge, sondern eine Regelung der Wirtschaft notwendig sei, die unter Senkung der Inlandspreise auch wieder erhöhte Verbrauchsmöglich⸗ keiten im Inlande schaffe. Von den Vertretern des Handels wurde die vom Reichswirtschaftsminister geäußerte Absicht gebilligt, den Außenhandel möglichst von allen bürokratischen e zu befreien. Mit Beziehung auf die in der Ententepresse geäußerten Blockadeabsichten wurde auch die Notwendigkeit einer Umstellung der deutschen Getreidewirtschaft betont.

„Zur gegenwärtigen Ernährungsfrage äußerte ein Vertreter des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, daß die Ernährung bis zur neuen Exnte unbedingt ge⸗ sichert und eine gewisse Reserve an Lebensmitteln für den Fall der Not vorhanden sei. 8

. Da die Gesetze über die Handhabung der „Sanktionen“ noch nicht von allen beteiligten Feindstaaten durchgebracht worden sind, kann eine ins einzelne gehende Aussprache darüber erst zu einem späteren Zeitpunkte stattfinden. Um der Regierung wie Msglichkeit sn geben, bei den oft dringlich und sehr schnell zu fassenden Be⸗ chlüssen jederzeit sich des Rates von Sachverständigen des Reichs⸗ wirtschaftsrats bedienen zu können, wurde unter Zustimmung der Regierung ein fünfzehngliedriger Ausschuß gebildet, zu dessen Vorsitzenden die Herren Direktor Kraemer, Minister a. D. Wissell und Staatssekretär Dr. August Müller gewählt wurden.

Der wirtschaftspolitische Ausschuß des Reichs⸗ wirtschaftsrats, vermehrt um die Mitglieder des Vorstands und des Außenhandelkontrollausschusses des Reichswirtschafts⸗ rats, nahm in seiner gestrigen Sitzung Erklärungen des Reichswirtschaftsministers und des Reichsministers der aus⸗ wärtigen Angelegenheiten über die Folgen der als „Sanktionen“ bezeichneten Gewaltmaßnahmen der

Entente entgegen. 18 Der Reichswirtschaftsminister Dr. Scholz führte, wie das „Nach⸗ richtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger“ berichtet, etwa folgendes aus: Eine Rechtsgrundlage für die sogenannten Sanktionen sei in dem Friedensvertrage nicht gegeben. Sie würden außerordent⸗ lich schwierige Verhältnisse in Deutschland schaffen, und es sei not⸗ wendig, Gegenmaßnahmen zu treffen. Der Feindbund verkenne, daß Deutschland wenig von seinen Gegnern, besonders auch England, werde kaufen können, wenn sein Außenhandel durch die verlangte 50 prozentige Ausfuhrabgabe gedrosselt werde. Der Außenhandel werde sich auf die veränderten Verhältnisse einstellen und sich neue Wege suchen müssen. Es sei zu hoffen, daß der Osten von Europa sich für die deutsche Ware als aufnahmefähig erweisen werde. Diese neuen Wege dem Handel zu erleichtern, sei Pflicht der Reichs⸗ regierung. In Frage komme eine Erweiterung der Ausfuhrfreiliste, der Wegfall der Preiskontrolle auf den meisten, der Mengenkontrolle auf verschiedenen Gebieten, dazu auch Abbau der Ausfuhrabgaben. Der durch die Handelserschwerung drohenden Minderbeschäftigungen der Industrie werde am besten durch eine energische Wiederbelebung des Baumarktes entgegengewirkt. Hier werde auch der bevor⸗ stehende, durch den Reedereiabfindungsvertrag gewährleistete Wieder⸗ aufbau der Handelsflotte wesentliche Dienste leisten. Ferner seien Erweiterungen der produktiven Erwerbslosenfürsorge ins Auge zu fassen. Die Einfuhrberhote für überflüssige Aus⸗ landswaren seien mit Nachdruck festzuhalten. Vorkehrungen gegen „ein neues Loch im Westen“ sowie eine Verringerung des Verbrauchs überflüssiger Einfuhrwaren durch Erhebung von Abgaben wären in Betracht zu ziehen. Endlich sei auch der Beamtenfrage im besetzten Rheinland ernste Aufmerksamkeit zu widmen. Besprechungen hierüber mit den Vertretern der Rheinlande ständen unmittelbar bevor.” Der Minister betonte, daß seine Ausführungen nicht als Programm zu betrachten seien, sondern noch Kiagchende Beratungen über diese Fragen, besonders auch mit den Ausschüssen des Reichswirtschaftsrats stattfinden sollten. 89 Sodann führte der Reichsminister der guswärtigen Angelegeu⸗ heiten Dr. Simons aus: Der Zweck der heutigen Aussprache ist, wenn ich ihn richtig Frteumn in die Zukunft gerichtet. Es handelt sich darum, sich darüber schlüssig zu werden, in welcher Weise wir aus der gegenwärtigen hochgespannten und gefährlichen Lage der deutschen AMärischaft am besten herauskommen. Ich möchte nur auf zweierlei kurz hinweisen, was mit der Außenpolitik zusammenhängt. Die deutsche Wirtschaft muß fähig gemacht werden, den Ansturm der Zwangsmaßnahmen zu ertragen und die großen Ge⸗ fahren abzuwenden, die auf dem Gebiete der Arbeitslosigkeit aus ihnen erwachsen. Sie muß aber gleichzeitig neben dieser negativen Aufaabe des Festhaltens gegenüber den Zwangsmaßnahmen der Gegner sich auch schon positiv vorbereiten auf das, was später kommen soll. Denn darüber sind wir uns wohl alle 667 daß wir über kurz oder lang wieder zu Verhandlungen kommen werden und das um so sicherer, je ruhiger wir unsere gegenwärtige Lage über⸗ denken und je fester unsere Nerven sind. Ich bin der Meinung, daß es sich jetzt erwiesen hat; Die Methode unserer Gegner, schon jetzt auf lange Zeit hinaus Ziffern für deutsche Finanzleistungen in An⸗ nuitäten festzusetzen, hat Fiasko gemacht. Wir müssen die Sache jetzt von einer anderen Seite anfassen und, wie das auch im e von allen Parteien gefordert ist, die Wiederaufbauaufgabe in den Mittelpunkt unserer ganzen Vorbereitungen stellen. Für den Wieder⸗

Die zweite Lesung des Gesetzentwurfs über die Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in den Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften ꝛc. im sozial⸗ politischen Ausschuß des Reichswirtschaftsrats am 15. März hat eine wesentliche Veränderung der Stellungnahme von Arbeitgeber⸗ und ⸗nehmerseite nicht ergeben. Doch führte eine andere Stimmabgabe der Verbraucher und der Vertreter der freien Berufe zu einigen Abänderungen im Sinne der Wünsche der Arbeitnehmer.

So, wurde eine Eeee üeer.; in das Gesetz gebracht, die verhindern soll, daß Firmen duxch Umtaufe und geringe Aenderun der Satzung ihres Aufsichtsratz- die Hinzuziehung eines Betriebs⸗ Feszttß iedes umgehen. Angenommen wurde ein Antrag Thissen⸗ Aufhäuser, daß zu sedem Aufsichtsrate, der mehr als 3 Mitglieder zählt, 2 Betriebsratsmitglieder hinzuzuziehen sind. Der Gesetzentwurf sah dies erst bei 5 und mehr Aufsichtsrats⸗ mitgliedern vor. Alle Wedlsescsehsaghe sind gefallen; der betreffende Absatz lautet nunmehr: „Wählbar (in den Aufsichtsrat) sind alle Mitglieder des Wahlkörpers“ (Betriebsräte). Bei Erwerbs⸗ und Wirtschaftsgenossenschaften fällt auch die Einschränkung weg, daß Aufsichtsratsmitglieder selbst Angehörige der Genossenschaft sein sollen, wie sie in § 9 des betreffenden Gesetzes und auch im vorliegenden Gesetzentwurf der Regierung vorgesehen war. Die bei der ersten Lesung bereits angenommenen Bestimmungen über die paritätische Besetzung der beiden Aufsichtsratsstellen mit Arbeiter⸗ und Arngestelltenvertretern wurd: auch diesmal angenommen. Un verändert blieb die Regierungsvor age außer in den weniger wichtiger Bestimmungen auch in dem umstrittenen Punkte der Rechte und

flichten der Betriebsratsmitglieder. Sie sieht die Haftpflicht auch ür diese vor. Die zweite Lesung hat im ganzen eine in wesentlichen 88. von der Regierungsvorlage abweichende Formulierung des

esetzes ergeben, die am Schlusse mit 15 gegen 6 Stimmen ange⸗ nommen wurde. Die Vprlage wird nun in dieser Form der Voll⸗ versammlung des Reichswirtschaftsrats vorgelegt werden. Dem Reichstag ist der Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Artikel 169, 192, 202 und 238 des Friedensvertrags nebst Begründung zur Beschluß⸗ fassung zugegangen. Nach ihm soll die Reichsregierung er⸗ mächtigt werden, die Maßnahmen zur Durchführung der Aus⸗ lieferung oder Rückgabe der in den Artikeln 169, 192, 202 und 238 des b bezeichneten Gegenstände zu treffen. In der Begründung wird dazu bemerkt:

„Die Artikel 169, 192 und 202 des Vertrags von Versailles ver⸗ pflichten Deutschland zur Auslieferung des Kriegematerials usw. an die allijerten und assoziierten Mäͤchte. Nach Artikel 238 des Versailler Vertrags ist Deutschland verpflichtet, gemäß dem von der Reparationskommission bestimmten Verfahren die Rückführung in bar des weggeführten, beschlagnahmten oder sequestrierten Bargeldes, wie auch dis Rückführung der weggeführten, beschlagnahmten oder seguestrierten Tiere oder Gegenstände aller Art und Wertpapiere zu be⸗ wirken, falls es möglich ist, sie auf dem Gebiet Deutschlands oder seinen Verbündeten festzustellen. Die für die Ueberwachung der Ausführung der miritärischen Bestimmungen des Versailler Vertrags in diesem vorgesehenen Ueberwachungsausschüsse haben auf Grund der ihnen erteilten Ermächtigungen eine Reihe von Forderungen erhoben. Dire Reichsregierung ist swar in der Lage, ihre eigenen Organe mit entsprechenden Anweisungen zu persehen. Dagegen reichen die bestehenden Felebche Vorschriften nicht aus, die Durch⸗ führung sol rr Forderungen durch Privatpersonen zu gewähr⸗ leisten, insbesondere gegen Privatpersonen, falls dies erforderlich erscheinen sollte. Zwangsmaßregeln zu treffen. Ebenso sind in der

rotokollen, welche die Reparationskommission zur Feststellung des

aufbau der zerstörten Gebiete muß nunmehr ein wirklich in das egelns gehender Plan gemacht werden, soweit das bei dem Mangel

esttitutionsperfahrens erlassen hat, eine Anzahl Vorschriften enthalten deren Durchführung für das Deutsche Reich den Ffh Vor.