1921 / 126 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 02 Jun 1921 18:00:01 GMT) scan diff

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vorgeschrieben ist, sind ordnungsgemäß ausgeführt worden. Wie die „Agence Havas“ mitteilt, nahm die Reparations⸗ ommission Kenntnis von der pünktlichen Erfüllung dieser Verpflichtungen durch die deutsche Regierung und teilte der⸗ selben ihre Befriedigung darüber mit, daß sie jetzt schon Vor⸗ kehrungen für die Einlösung der ausgegebenen Schatzwechsel getroffen hat. Rußland.

Offizielle Meldungen bestätigen der „Morning Post“ zu⸗ folge die Ernennung Litwinoffs zum bolschewistischen Unter⸗ sekretär für auswärtige Angelegenheiten an Stelle von Karachan. Die Ernennung soll jedoch nur eine Vorbereitung für die Er⸗ setzung Tschitscherins durch Litwinoff als Volkskommissar für Auswärtiges sein.

In Petersburg haben in Verbindung mit der Ein⸗ stellung der Brotverteilung die Unruhen stark zugenommen. Wie die „Berlingske Tidende“ mitteilt, ist es an mehreren Stellen der Stadt zu blutigen Zusammenstößen gekommen. Trotz des von der Sowjetregierung ausgeübten Terrorismus halten die unzufriedenen Arbeiter öffentliche Versammlungen ab, in denen die Sowfetregierung scharf angegriffen wird. Der Petersburger Sowjet hat Befehl erteilt, daß sämtliche Führer von gegenrevolutionären Arbeitern verhaftet werden sollen. Bisher hat es sich als unmöglsch erwiesen, den Befehl auszuführen. Wie unsicher sich die Sopjetregierung fühlt, geht daraus hervor, daß die Eisenbahnzüge auf der Strecke zwischen St. Petersburg und Moskau nicht mehr halten, und daß die Züge von Militärs mit Maschinengewehren begleitet werden. Aus allen Teilen Rußlands wird eine Ausbreitung

der gegenrevolutionären Bewegung im Innern des Landes gemeldet.

Griechenland.

1 e „Nea Himera“ meldet, daß sich die Griechen und Jugoslaven auf einen Vorschlag von Belgrad hin entschlossen haben, bei der albanesischen Regierung einen energischen Schritt zu unternehmen, damit die unaufhörlichen Heraus⸗ forderungen, die in Epirus zu Tage träten, endlich aufhörten. Falls Albanien bei seiner jetzigen Haltung beharre, würden die griechische und jugoslavische Regierung Maßregeln ergreifen, um der Bevölkerung beizustehen.

1 Amerika.

Die erste Rate der durch Vermittlung der Vereinigten Staaten an die Alliierten zu leistenden deutschen Repara⸗ tionszahlung in Höhe von 45 733 000 Dollar ist dem „Reuterschen Büro“ zufolge gestern in den Besitz der Federal Reserve Bank gelangt. Die deutsche Regierung ergänzte vor⸗ gestern durch Vermittlung von vier New Yorker Bankinstituten die Einzahlung. Die Banken, die Deutschland vertraten, sind Hallgarten & Co., Speyer & Co. sowie die Equitable Trust Co. und die Guaranty Trust Co. Die Zahlungen erfolgten durch Banküberweisungen.

Der amerikanische Senat nahm gestern den Gesetz⸗ entwurf über die Marineausgaben, die sogenannte Naval Bill Appropriation, an, indem er die Summe von 494 Millionen Dollar bewilligte und den Zusatz des Senators Borah guthieß, der den Präsidenten Harding beauftragt, eine Konferenz von Vertretern Amerikas, Englands und Japans einzuberufen, um die Abrüstungsfrage zu erörtern.

Asien.

Nach einer Kabelmeldung der „Chicago Tribune“ aus Peking hat der Generalstabschef der japanischen Streitkräfte in Wladiwostok, General Komura, das russisch⸗japanische Ver⸗ mittlungskomitee unterrichtet, daß er die Absicht habe, innerhalb eines Monats japanische Truppen zu einer Expedition in die Küstenprovinzen auszuschicken. In der russischen Antwort wurde gesagt, daß ein solches Vorgehen als unmittel⸗ bare Verletzung des russisch⸗japanischen Vertrags von 1905 an⸗ gesehen werden müsse.

Preußischer Landtag. 8 23. Sitzung vom 1. Juni 1921, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“*).) Vizepräsident Dr. von Kries eröffnet die Sitzung nach 12 ½ Uhr und teilt dem Hause mit, daß der Staatshaushalts⸗ plan dem Landtage zugegangen ist. Des ferneren rügt er auf

geworfen haben, als ungehörig.

Zur Geschäftsordnung beantragt 6

Abg. Dr. Meyer⸗Ostpreußen (Komm.), den Bericht des Sondergerichte auf die heutige Tages⸗ Tag mehren sich die Fechne Aesh väfl⸗

lautenden Urteile dieser andjustiz. (Lebhafte üüceenes Pflicht dieses oder aber zum Deffentlichkeit zu sagen, daß Sie diese Schand⸗ (Großer Lärm, Abg. Paul Hoffmann

Rechtsausschusses über die ordnung zu setzen. Jeden Jahre 8 Pfuirufe bei den Kommunisten, große Unruhe.) Hauses ist es, hiergegen Stellung zu nehmen wenigsten vor aller

justiz beibehalten wollen. wird wegen eines ungehörigen Zurufes 18. Ordnung gerufen.)

Da Abg. Dr. Negenborn (D. Einspruch erhebt, ist die heutige Beratung Lärm links, Ruf von den justiz! Vizepräsident Dr. v. Kr. rufer zur Ordnung, Ruf von den den Ruf aufrecht!)

Der Gesetzentwurf prüfungsgericht wird ohne fassungsausschuß überwiesen.

über das Wa Aussprache dem

Auf Antrag des Abg. Kloft (Ztr.) wird dessen Antrag 28 1 8 betreffend Erhebung von Nach⸗ an

auf Annahme eines Gesetzes, Erhe b durch Gemeinden und Gemeindverbände, den Gemeindeausschuß zurückverwiesen.

Darauf wird die gestern abgebrochene Aussprache über die AX“ die V eines Gesetzes zur Abänderung de om⸗ ear g Provinzialabgaben⸗

Verbindung mit dem Antrag Altegoer (Ztr.) durch die Gemeinden

große Anfrage der

nunal⸗, Kreis⸗ und

esetzes in g über die Realsteuern und ihre Erhebung ortgesetzt.

Ples Goll (Dem).: Wir sind d Frage dem Gemeindeausschuß überwiesen wird. gestrige Erklärung der Regierung, Kommunalabgabengesetz eingebracht erstaunt, denn es bedarf

werden wird,

—, Mit Ausnahme der durch ick hervo der h.it dacgec did ne Wortlaute wiedergegeben sind.

1

Grund des Stenogramms der gestrigen Sitzung einen während der Rede des Abg. Katz gefallenen Zwischenruf des Abg. Müller⸗Hameln und die Erwiderung des Abg. Katz darauf, wobei sich beide Frechheit und Unverschämtheit es.

at.) gegen diesen Antrag nicht möglich. (Großer Kommunisten: Zuhälter der Schand⸗ Kries ruft den unbekannten Zwischen⸗ Kommunisten: Wir alle halten

I⸗ er⸗

Wir sind damit einverstanden, daß diese Ueber die

daß alsbald eine Novelle zum sind wir

nicht nur einer solchen Gesetzesänderung,

Sperrdruck hervorgehobenen Reden

sondern einer grundsätzlichen Auseinandersetzung zwischen dem Reich und den Gemeinden. dringendsten Notstände der Gemeinden durch eine Novelle beseitigt werden. Bei der Uebertragung der Steuerhoheit auf das Reich ist den Interessen der Gemeinden sehr wenig Rechnung getragen worden. 8.

ihre Kulturaufgaben, die sie bisher vorbildlich erfüllt haben, weiter zu erfüllen. Dazu ist eine gesunde Finanzpolitik erforder⸗ lich. (Beifall.) ;

zuwehren, sind andere Mittel notwendig als nur eine Aenderung von Gesetzen. Parteien nicht verantwortlich zu machen, denn es ist in allen Ge⸗ meinden gleichermaßen meinden ungeheure Lasten aufgebürdet worden, die ihnen das Reich nicht zurückerstattet hat.

ihre Ausgaben schon auf das Minimum der notwendigen Ver⸗ waltungsausgaben beschränkt und für soziale Zwecke nichts mehr übrig haben. die Steuern nach sozialen Gesichtspunkten zu höheren Einkommen höher zu besteuern. Antrag Altegoer die Erwerbsstände nicht durch Steuern gefährdet haben will und wenn er darüber die Berufsvertretungen erst hören will, dann bedeutet er geradezu eine Gefahr, denn jeder Er⸗ werbsstand erklärt heute, nicht einen Pfennig mehr zahlen zu können. Die Wohnungsluxussteuer in Berlin haben zum Beispiel die Rechtsparteien durch Sabotage verhindert. des Kommunalabgabengesetzes wünschen wir nach der Richtung, daß die Gemeinden in der sozialen Staffelung jeder Steuer freier werden. meinden noch nicht helfen, es muß vielmehr dafür gesorgt werden, 2,Ias. Produktionsfähigkeit und Konsumtionsfähigkeit gesteigert wird. werden die Quellen fließen, aus denen geschöpft werden kann. Aber gerade die kapitalistischen Kreise wollen alle Produktions⸗ gebiete dem Privatkapital erhalten und den Gemeinden nicht aus⸗ liefern. Dem Antrag Altegoer, wie er hier vorliegt, werden wir im Ausschuß mit aller Entschiedenheit den Kampf ansagen.

Kommunalabgabengesetzes Weise Reichs⸗, Staats⸗ und Kommunalabgaben hineinbringen soll. Die direkten und enr.e2a auch die indirekten Steuern sollten dem Reiche überlassen bleit

aber und sonstigen Abgaben den Ländern und Gemeinden. neue Reichssteuergesetzgebung hat die Abtrennung beseitigt. organische Zusammenhang muß nun wieder hergestellt werden. Derjenige, der die Aufgabe Preußens zuerst in die Debatte ge⸗ worfen hat (Abg. Preuß sitzt unmittelbar vor dem Redner) sieht nun, was er angerichtet hat. Die alte Einrichtung der Provinzial⸗ landtage war, da sie mit Fachmännern 8. waren, eine durchaus brauchbare und geeignete.

als gegenseitige Konkurrenten hin.

fügen

sind. parc größten Teil schuld an dem enormen Geldbedürfnis der meinden. Einzelne Einrichtungen, wie die Wohnungsämter usw., sind zu enormen Riesenapparaten angewachsen, Unkersuchungsver⸗ fahren gegen einzelne Beamte beanspruchen riesige Aufwendungen an Personal und Ausgaben, und es kommt nichts bei der ganzen Sache heraus. dann

er auch tüchtig bezahlen. Einstweilen ist er dazu noch nicht wieder in der Lage.

nicht beteiligen r - 3 dem Hannoverschen Stadtparlament hier angeführt hätte. Dabei hat er Behauptungen aufgestellt, die nicht der Wahrheit ent⸗ sprechen. Nicht richtig ist es, daß die Sozialdemokratische Partei in dem Stadtkollegium die Mehrheit besitzt. Grund der m t gewählt worden, dann ist er zu den Unabhängigen übergetreten, ohne sein Mandat niederzulegen, und als er sich in seiner neuen Partei nicht durchsetzen konnte, trat er zu den Kommunisten über. (Heiterkeit.) eine

Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung ein Vertreter der Rechtsparteien erklärt hat: 1 6

Partei mehr finden, bitte kommen Sie zu uns herüber. Heiterkeit.) Unxrichtig ist es, daß die Stadt Hannover die Spar⸗ kasse über Gebühr für städtische Einrichtungen nommen r

blieben, b.

wenden. z 1 - 8 ptur der Bevölkerung das Vertrauen in die Gemeindeeinrichtungen

untergraben, um nach Münchener Muster in Hannover eine Räte⸗ republik zu errichten.

Hannover sein. wurde, riefen mir die Kommunisten zu: Orgesch⸗General!

allen passenden und unpassenden Gelegenheiten wird dies wieder⸗ holt. Die Hannoversche Einwohnerwehr ist beseitigt worden, ihre Waffen sind restlos abgeliefert. (Lachen bei den Komm.) Herr Katz sonstige Wohssslggir kennt, so müssen diese anderen Zwecke dienen. (Sehr gut.) nicht

einer Einwohnerwehr und dem Schutze der Republik dienen, sondern zu gegenteiligen Hannover wie in andern 1 ge G Moral und Sicherheit stark vermindert, die Polizei kann nicht vHe; sein, fetroffen, fenof (Lachen bei den Komm.) Nur wenn Sie Gu den Komm.) si 2 2 lch Einrichtung bekämpfen, der Sie den größten Widerstand

Kommunisten, die, abgesehen von ihrem Mundwerk, keine Rolle bei uns spielen, getroffen worden.

Das schließt nicht aus, daß die

Die Gemeinden müssen in den and gesetzt werden,

Abg. Leid (U. Soz.): Um den Bankrott der Gemeinden ab⸗ Für das Finanzelend der Gemeinden sind einzelne

vorhanden. Im Kriege sind den Ge⸗

Der Mahnruf an die Gemeinden ur Sparsamkeit muß ungehört verhallen, weil die Gemeinden

Die Gemeinden müssen in die Lage gebracht werden, zu schaffen und die Wenn allerdings der

Eine Aenderung Aber auch solche kleinen Flickereien können den Ge⸗

Erst wenn das Wirtschaftsleben wieder in Gang kommt,

Abg. Dr. Bredt (Wirtschaftspartei): Der große Wert des liegt darin, daß er in großzügiger in ein System

en, die Realsteuern Die Der

Heute stellen sich die einzelnen Organe Länder und Gemeinden ver⸗ etzt nur noch über Steuern, die im Reichstag durchgefallen

Die ungeheure Vermehrung des Beamtenapparates ist en Ge⸗

Ist der Grundbesitz wieder gesundet, dann mag

Abg. Leinert (Soz.): Ich würde mich an der Aussprache wenn nicht der Abg. Katz gestern Vorgänge aus

Herr Katz ist auf

Stadtverordneten

sozialdemokratischen Liste zum

Es ist so weit gekommen, daß in einer der letzten

Herr Katz, wenn Sie keine andere (Große

in Anspruch ge⸗

Im Gegenteil, sie ist unter hrer Befugnis ge⸗ 8 zu 35 % der Einlagen für städtische Zwecke zu ver⸗ Herr Katz will mit seinen falschen Behauptungen bei

Dann soll ich Vorsitzender der Orgesch in

Als ich zum Präsidenten dieses Hauses gewählt Bei

Wenn iese dürften dann nicht den Zwecken

Zwecken verwendet werden. Nun ist in großen Städten infolge des Krieges

und deshalb haben wir eine kommunale Einrichtung

die bei Nacht die Bevölkerung vor Räubern und Dieben

mit Räubern und Dieben identisch erklären, können Sie

entgegensetzen. Diese Einrichtung die Leute sind mit Gummi⸗ knüppeln bewaffnet ist von allen Parteien mit Ausnahme der

Für diesen Ortsschutz haben wir natürlich ein Büro, das von einem Mitgliede des Magistrats geleitet wird, der Ortsschutz hat keinen General, keinen Kom⸗ mandeur, keinen Mann, der in irgendwelcher Weise militärische Vrgangenheit hätte. Er ist keine Orgesch, kein eingetragener Verein und keine politische Organisation. Das Recht, lediglich gegen Diebe und Räuber vorzugehen, muß, solange der Staat nicht die nötigen Machtmittel hat, jeder Stadt überlassen bleiben. (Lebhafte bütenna im ganzen Hause mit Ausnahme der äußersten Linken.) ährend des Kapp⸗Putsches war Herr Katz von dem früheren Oberpräsidenten in Schutzhaft gesetzt, weil sein Wirken außerordentlich gefährlich gewesen war. Ich habe dann in jenem Augenblick, als in Rheinland⸗Westfalen die aller⸗ schwierigste Situation bestand, es als Staatskommissar im Interesse der Erhaltung unserer Republik nicht für zweckmäßig erachtet, Herrn Katz freizulassen. (Lärm bei den Komm.) Die Kommunistische Partei sollte nicht mehr das Schlagwort Orgesch gebrauchen, es ist abgebraucht; die Lächerlichkeit tötet auch die Kommunistische Partei. Als die Gefahr vorüber war, habe ich sofort Herrn Katz aus der Haft entlassen, ich würde auch jeden andern, der die Republik stürzen will, verhaften lassen. Die Kommunistische Partei war ja in dem Sturz der Republik mit Herrn Kapp völlig einig, nur wollte dieser eine schwarz⸗weiß⸗rote Monarchie, die Kommunisten wollten die rote Sowjetrepublik. Ich habe übrigens Herrn Katz nicht in Haft genommen, er saß schon in Haft. Gerade dadurch haben wir in Hannover Ruhe bekommen und nur geringe Verluste an Menschenleben gehabt. Herr Katz sprach auch von einer Milchsteuer in Hannover. Bei der heutigen Aufhebung der Zwangswirtschaft für Milch und Butter haben die Städte das Recht erhalten, ihrerseits die Ver⸗ teilung der Milch zu gewährleisten. Die landwirtschaftlichen Organisationen verlangten einen Stallpreis von 2 für die

Kinder und Kranken, sondern auch

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zu verbilligen, schlugen wir noch 28 Pfennig darauf, so daß der Preis 3,20 beträgt. Wir werden daraus einen Fonds von 888 Millionen bekommen, aus dem wir den Milchpreis für die edürftigen um 1 verbilligen können. (Hört, hört!) Herr Katz folgert hieraus eine ungeheuerliche Säuglingssterblichkeit, während diese Einrichtung gerade getroffen ist, um die Säuglings⸗ sterblichkeit zu vermindern. Solche Einrichtungen sind mir lieber, als die Versuche mit der Sowjetrepublik, wo nicht nur die ; . 3 änner und Frauen und Gesunde in großen Massen sterben. (Hu, hu! bei den Komm.)

Abg. Katz (Komm.): Der Ortsschutz in Hannover ist eine Orgesch⸗Organisation nur mit anderem Namen. Welche Ruhe und Ordnung soll denn aufrechterhalten bleiben? Doch nur die kapita⸗ listische Ruhe und Ordnung, und ein Sozialdemokrat stellt sich an die Spitze dieser Organisation. Angeblich will man sich vor Dieben und Mördern schüßen. (Ruf bei den Sozialdemokraten: Dazu gehörst Du auch!) Das sind jetzt alles Leute, die durch die kapita⸗ listische Wirtschaftsordnung auf diese Bahn getrieben sind. (Stür⸗ mischer Wiceeseuch) Herr Leinert ist jetzt allerdings Oberbürger⸗ meister und hat es nicht mehr nötig, zu stehlen. (Stürmisches, lange andauerndes Gelächter.) Diese Orgesch⸗Organisation dient nur zur Niederknüppelung der revolutionären Arbeiter. Beim Kapp⸗Putsch ist Herr Leinert gemeinsam mit einem Kappisten⸗ general tätig gewesen, das Generalkommando ist immer im Ein⸗ verständnis mit Leinert gewesen. c die Milchsteuer in Han⸗ nover müssen nicht nur die wohlhabenden Schichten, sondern auch die ganze Arbeiterschaft beitragen, um nur eine kleine Zahl der Allerbedürftigsten billiger versorgen zu können. Das ist systema⸗ tischer Kriegermord. Zahlen muß der am meisten, der die meisten Kinder hat und am meisten Milch verbraucht. (Gelächter.) Eine Staffelung des Milchpreises ist von den Sozialdemokraten abge⸗ lehnt worden, Herr Leinert kann auf seine Leistungen stolz sein.

Abg. Leinert (Soz.): In Hannover gibt es Milch nur auf Milchkarten, aber ohne Niicksicht auf die gesellschaftlichen Schichten, denn wir haben keine überflüssige Milch. Wenn die Aermsten und Bedürftigsten sich SS eine Milch kaufen können, wirdͤ Leben und Gesundheit der Bevölkerung gefährdet. Auf die logischen Gedankenstriche des Herrn Katz kann ich nicht eingehen. (Ruf bei den Kommunisten: Erwerbslofe!) Wir haben in Hannover für die Erwerbslosen mehr getan, als andere Städte. Als die Absicht be⸗ stand, einen Freistaat Hannover zu errichten, trat man von welfischer Seite an mich heran, Präfibent dieser Republik Hannover zu werden. (Lebhaftes Hört, hört!) Diese Tatsache ist nicht weg⸗ zuleugnen. Meine Täaͤtigkeit den Welfen und Kommunisten gegen⸗ über ging dahin, die Gefär rlichkeit dieser Politik aufzudecken. Die Kommunisten erfreuen sich der besonderen Fürsorge, Ansehens und besonderer Liebe bei den Welfen. Ich freue mich, daß ich die Gefahr beschworen habe. (Unruhe bei den Welfen.) Die Tatsache, daß Escherich in Hannover gesprochen hat, beweist nichts, das haben alle Parteien gemacht, besonders häufig die Kommunisten. Abg. Biester (D. Hann.): Herr Leinert hat sich als Retter des Reiches hingestellt. Wir aber wissen, daß er sich den Posten als Staatskommissar ohne Einwilligung seiner Parteifreunde er⸗ schlichen hat. Ihm waren die Ereignisse, die den Kapp⸗Tagen vor⸗ angingen, als einzigem seiner Partei bekannt, er wußte, daß das Hindenburg⸗Bataillon und andere Bataillone anrückten. Das Blut, das in Hannover geflossen ist, ist auf das Konto des Herrn Kollegen Leinert zu setzen. (Lebhaftes Hört, hört! Großer Lärm.) Herr Leinert hat uns mit dem Brustton der Ueberzeugung in unglaublicher Weise verdächtigt, wir hätten zur Entente in Be⸗ ziehungen gestanden. Als Zeuge in einem Prozeß, bei dem auch Herr Leinert anwesend war, kann ich mitteilen, daß vom Gericht einwandfrei festgestellt worden ist, daß alle diese Behauptungen Leinerts eben nur Behauptungen sind. (Lebhaftes Hört, hört!) Ihnen fehlt jede Grundlage. Dann ist eine Mappe verloren⸗ gegangen, die in die Hände des Herrn Leinert gegangen ist. Jeder anständige Mensch hätte einen derartigen Funddiebstahl durch Zu⸗ rückgabe der Mappe aus der Welt geschafft. Jedenfalls ist uns durch nichts bewiesen, daß wir Beziehungen zur Entente unter⸗ halten hätten. h

Abg. Leinert: Abg. Biester hat die ungeheuerliche Be⸗ hauptung ausgestellt ich sei an den Vorkommnissen in Hannover schuld, und das Blut der Erschossenen käme auf mein Haupt. (Lebhafte Bewegung, Zustimmung und Widerspruch.) Ich ver⸗ stehe nicht, wie Herr Biester eine solche kommunistische Lüge, die in Hannover verbreitet worden ist, hier aufwärmen kann, um den Kommunisten zu nützen. Das ist jedenfalls sehr merkwürdig. Daß ich von dem Hindenburg⸗Bataillon nichts wußte, kann ich ein⸗ wandfrei nachweisen. (Abg. . ruft: Lügen⸗Leinert! Vize⸗ präsident Garnich ruft den Abg. Katz zur Ordnung.) Abg. Blank der Zentrumsvertreter für Hannover, wird mir bestätigen, daß i ihm, als er bei mir anläutete, erklärte, ich wisse absolut nichts davon. Ich erfuhr erst von dem Einrücken, als vor dem Gewerk⸗ schaftshaus eine Ansprache gehalten wurde, ich saß auf dem Rat⸗ haus und konnte nicht überall sein. (Zuruf von den D. Hann.: Das sagt er mit eiserner Stirn!) Wenn Herr Biester sagt, es sei unwahr, daß mir das Amt des Präsidenten der Hannoverschen Republik angetragen worden sei, so mag er doch noch eine kleine Achtung vor dem Eide haben, unter dem ich vor Gericht das Ent⸗

gengesetzte festgestellt habe. Zwei Vertreter der Welfischen Partei

aamen zu mir, es sei nicht mehr aufzuhalten, von allen Seiten kämen Deputationen und die Leute vom Lande, die hannoversche Republik müsse errichtet werden. Der Generalsekretär Berger öffentlich erklärt, man habe mir die Hand geboten, sie hätten aber nicht einmal den kleinen Finger bekommen. (Zuruf: Wo bleibt die Staatsanwaltschaft wegen Hochverrats?) Die Amnestie hat die ganze Geschichte vor Gericht zunichte gemacht. Sie sehen, daß in Hannover die Zeiten sehr ernst waren, und ich verdenke es Herrn Biester nicht, wenn er jetzt aus dieser verunglückten Sache mög⸗ lichst noch etwas zu retten sucht, und mich als den Schuldigen hinstellt. Welfische Delegierte sind auch in Mainz für die Wieder⸗ herstellung eines selbständigen Hannovers eingetreten. (Lebhaftes Hört, hört!) und in Versailles wurde mir diese Wiederherstelkung nahegelegt. (Hört, hört.) Ich glaube, daß es der Würde eines Abgeordneten nicht entspricht, einem andern nachzusagen, er habe einen Funddiebstahl begangen. Die Briefe sind mir von einem Mitgliede der Preußischen Landesversammlung in meiner Eigen⸗ schaft als Mitglied der Preußischen Landesversammlung über⸗ geben worden, von einer Mappe weiß ich nichts. Es geht mich auch nichts an, wo die Briefe herstammen. Es ist selbstverständlich, daß ich sie politisch ausnutzte. Das Bekanntwerden dieser Briefe hat bewirkt, daß die Deutsch⸗Hannoveraner bei den Reichstags⸗ wahlen 40 000 Stimmen gegenüber den Landtagswahlen verloren haben.

und Preuß (Dem.) wird die Debatte geschlossen. Die zur Beratung stehenden Gegenstände werden an den Gemeindeausschuß verwiesen. .“ Es folgt die Beratung des Antrags Lüdicke (D. Natl.) auf Vorlegung eines Gesetzentwurfs über die Stärkung der Selbständigkeit der Verwal⸗ tungsbezirke in Groß⸗Berlin und die Be⸗

damit die Beratung eines Antrages der Deutschen Volksparte:t über denselben Gegenstand.

Abg. Koch⸗Berlin (D. Nat.): Die Finanzen Groß⸗Berlins sind durch die Kriegs⸗ und Nachkriegszeit in größte Unordnung geraten, daher kam der Plan, einen Gesetzentwurf zur Schaffung eines Groß⸗Berlin hier einzubringen, der dann auch mit größter Beschleunigung durchberaten wurde. Am 1. April 1914 hatte die Stadt Berlin überhaupt keine schwebende Schuld, die Vororte nur eine solche von etwa 14 Millionen Mark. Diese schwebende Schuld üne bis zum 1. April 1919 auf 745 Millionen. (Hört, hört! Ruf von Ru die übrigen Schulden Berlins sind ins Ungeheure gewachsen. Am 1. Oktober 1920, als Groß⸗Berlin in die Erscheinung trat,

Milch. Wir setzten deshalb den Milchpreis auf 2,92 für die eilch. Wi ben fest. Um aber die Milch für die Bedüistigen 88 6 8 8*

stiegen die Schulden der Stadt in einem halben Jahre um

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kräte steht.

zeiten der Notwendigkeit

die sogenannte sozialistisch⸗kommunistische

Auf Antrag der Abg. Brust (Ztr.), v. Campe (D. Vp.)

schränkung der Zentralgewalt, in Verbindung

den Kommunisten: Durch Eure frevelhafte Kriegspolitik.)

1859 Millionen, also mehr als in fünf Kriegsjahren vorher. Am 1. April 1920 haben die Schulden der Stadt Groß⸗Berlin die 5 Milliarden überschritten und werden im Laufe des Jahres auf 6 Milliarden anschwellen. Ein ganzes Jahr lang hat Groß⸗Berlin ohne Etat gewirtschaftet, der Etat wurde erst am Anfang März vorgelegt. So bietet die Berliner Stadtverwaltung ein einzig⸗ artiges Bild. Der Etat schließt mit einem Anleihebedarf von 1 263 239 914 ab; Berlin kann nun solche Anleihe aber gar nicht aufnehmen, denn es hat keinen Kredit mehr. Im abgelaufenen Jahr sind 1,6 Milliarden verbraucht worden, für die keine Ein⸗ nahme vorhanden war. Woher ist das Geld gekommen? Herr Katz hat mir gesagt, die Sparkassen seien ausgeräubert worden und die Reichssteuern seien nicht abgeliefert, sondern vorläufig für städtische Zwecke verwandt worden. In der Stadtverordnetenversammlung bekommt man keine Antwort, woher der Kämmerer das Geld ge⸗ nommen hat. Noch trauriger wird der Haushalt für das neue Jahr werden. Die wichtigsten Kulturaufgaben müssen zurück⸗ gestellt werden. Das sind die Folgen der Revolutionswirtschaft. Ohne jede Pecheg sind die 5 bis 6 Millionen für die Mehr⸗ forderungen der Schwerarbeiter bewilligt worden. Die Vorlage des Magistrats sagt einfach: „Deckung dafür ist nicht vorhanden.“ (Hört, hört! rechts.) Für die Volksbühne hat die Stadt eine Bürg⸗ schaft von 8 Millionen übernommen, für die Kinderpflege sind 15 Millionen bewilligt. Das sind insgesamt 29 Millionen, die an einem Tage gestern bewilligt sind ohne jede Deckung! Die Straßenbahnen erfordern Zuschüsse. Wie es in einem kommunali⸗ sierten agrarischen Betrieb aussieht, zeigen die Rieselfelder. Die tädtischen landwirtschaftlichen Betriebe weisen im Etat, nicht in der Rechnung, einen Fehlbetrag von 15 Millionen auf. (Hört, hört! rechts, Zwischenrufe links.) Die Herren von der Linken werden sich gefallen lassen müssen, daß wir ihnen ihre Sünden in der Stadtverwaltung vorhalten. Zur Zeit des schlechtesten Valutastandes hat die Stadt für 800 Mil⸗ lionen Lebensmittel, Hülsenfrüchte, Speck und Gefrierfleisch an⸗ gekauft und ungeheure Verluste daran erlitten. Der kommunali⸗ sierte und sozialisierte Speck (Heiterkeit) ist ohne jede Sachkenntnis behandelt worden. Große Mengen Kartoffeln konnte die Stadt nicht absetzen, weil der freie Handel billiger war. Das städtische Anschaffungsamt hat aus der Sparkasse 15 Millionen entnommen, um alle möglichen Dinge anzukaufen und damit dem privaten Handel Konkurrenz zu machen. Es ist ein Projektemachen ohne Ende. Plakatwesen, Friedhöfe alles mögliche wird kommunali⸗ siert. Die Stadt beschäftigt 5000 Arbeiter zu viel. (Fortgesetzte Unruhe und Zwischenrufe links.) Das ist nur möglich, weil die Stadtverwaltung unter dem Terror der Betriebs⸗ und Arbeiter⸗ Für die städtischen Betriebe müssen Generaldirektoren angestellt werden, weil die Herren Stadträte nicht genügend aus⸗ gebildet sind. Stadtschulrat Paulsen hat in den wenigen Wochen, seit er in Berlin Schulmonarch (zur Linken: Verzeihung! Schulpräsident) ist, gezeigt, daß er seinem Amte so wenig ge⸗ wachsen ist, daß noch mehrere andere Schulräte angestellt werden müssen. Bei der Einteilung der Bezirke ist auf die geschichtliche Entwicklung keinerlei Rücksicht genommen, die Selbständigkeit der Gemeinden ist vollständig zerstört worden. Das Gesetz Groß Berlin enthält darüber Kautschukbestimmungen. Die früher blühenden selbständigen Ortschaften sind jetzt in den Bankerott Groß Berlins hineingerissen worden. Das Gesetz Groß Berlin mußte schleunigstt gemacht werden, lediglich um der sozialistischen Ziele willen. Man wird die Folgen dieser Vööö (Beifall rechts.) Abg. Hirsch (Soz.): Die Rede des Abge. Koch war längst Behauptungen. Hier den der Rechten. Hätte diese bei⸗ einer Einheitsgemeinde Berlin Rech⸗ nung getragen, dann wäre das Gesetz wohl besser geworden. Dieses Gesetz hat die Fehler, die jedes Kompromiß hat. Es ist aber zweckmäßig, nicht jetzt schon diese Fehler ausmerzen zu wollen, sondern abzuwarten, wie sich die in dem Gesetz geschaffenen Organe entwickeln. Die Angriffe des Abg. Koch treffen zum größten Teil die frühere Verwaltung Berlins, auf die die Sozialdemokratie keinen influß hatte. An den traurigen Finanzverhältnissen trägt nicht Berliner Verwaltung die Schuld, die nur in der Phantasie des Herrn Koch besteht. Die Deutschnationalen haben ja selbst alles ausgeboten, um einen Un⸗ abhängigen zum Bürgermeister zu machen. Die Zahlen des Abg. Koch stimmen nicht. Wie können Sie, Herr Koch, es mit Ihrer Pflicht als Stadtverordneter vereinbaren, die falsche Behauptung aufzustellen, Berlin sei um das Doppelte überschuldet? (Abg. Koch: Das sind die Zahlen des Kämmerers!) Wenn der Kämmerer wirklich Ihnen so etwas gesagt hätte, dann verdiente er, nicht ine Stunde länger auf seinem Platze zu bleiben. (Beifall bei den Soz. und U. Soz.) Berlin hat zum Glück einen besseren Kredit, und die angeblich sozialistisch⸗kommunistische Verwaltung vwird Berlin schon wieder auf die Höhe bringen. Die schlechte Finanzlage Berlins ist hauptsächlich verschuldet durch den Krieg nd seine Folgen; diese Finanzlage ist aber im ganzen nicht chlechter als die der meisten deutschen Städte. Wenn Herr Koch eine Ahnung hätte von der sicheren Finanzlage der Volksbühne, dann würde er die Bürgschaft nicht bemängeln. Mit der Be⸗ villigung der notwendigen Summen für die Schwerarbeiter und ür die Kinderfürsorge konnte natürlich nicht gewartet werden. Die weiteren Ausführungen des Abg. Koch zeigten, daß er auch das Betriebsrätegesetz nicht kennt. Wie kann ein Berliner Stadt⸗ bverordneter nach dem Eingreifen der Staatsaufsicht rufen und so die Interessen seiner Gemeinde verletzen? Zu einer Aenderung es kaum in Kraft getretenen Gesetzes Groß Berlin ist der Zeit⸗ bunkt noch nicht gekommen. Mit solchen Anträgen will man nur erhindern, daß die Berliner Verwaltung in Ruhe arbeiten kann. Die Abgrenzung der Befugnisse von Zentrale und Bezirken werden vpir in Berlin selbst am besten vornehmen, und wir wollen uns abei vom Ueberzentralismus fernhalten. Der Antrag der Volks⸗ artei enthält an sich beachtenswerte Vorschläge, aber wir lehnen dennoch ab, weil jetzt der Zeitpunkt zu so einschneidenden enderungen noch nicht gekommen ist. Wir lehnen beide Anträge (Beifall bei den Soz.)

Zu dem Antrag der Deutschnationalen:

„Der Landtag wolle das Staatsministerium beauftragen, dem Landtage unverzüglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, dürch den den unhaltbaren Zuständen in der neuen Stadtgemeinde Gern abgeholfen und den in den Verwaltungsbezirken vereinigten Gemeidnen eine wirkliche Selbständigkeit durch Beschränkung der Zentralgewalt gegeben wird, und hierbei auch zu prüfen, in wie weit der räumliche Umfang der neuen Stadtgemeinde Berlin zu beschränken ist“, gaben die Abgeordneten Dr. von Krause, Dr. Leidig, on Eynern und die übrigen Mitglieder der D. Vp. olgende Zusätze beantragt:

St v. Verwaltungsbezirke oder die gegebenenfalls an deren b le tretenden geschichtlichen Gemeinden bilden Förefesche hen F. öffentlichen Rechts, die zu der Stadtgemeinde Groß Berlin Pernaes und dieser im allgemeinen unterstellt sind. Als Selbst⸗ füberis ungsangelegenheiten sind den Bezirken mindestens zu dasie h 2) das höhere und niedere Schulwesen mit Aus⸗ Fachschulwesens, b) das Straßenbau⸗ und Flucht⸗ 8 örtliche Wohnstraßen sowie die Straßenreini⸗ 4 89 ie Verwaltung der in dem Bezirk gelegenen vor⸗ 8* 8 der Devölkerung des Bezirks dienenden Anstalten. Die Le waltung der den Bezirken übertragenen Selbst⸗ buns srungsangelegenheiten erforderlichen Mittel werden teils leich ihnen zu überlassende Steuern, teils durch nach festen und glei mmaßtgen Grundsätzen u bemessende Dotationen der Stadt⸗ U e Groß Berlin dasgebrache, Außer den Selbstverwal⸗ 1“ sind den Organen der Bezirke städtische wosstvagaangelegenheiten in weitem Umfange gesetzlich zuzu⸗ 28 als solche kommen in erster Linie das Wohnungswesen, 88 Fürsorgewesen. und die Jugendwehren in Betracht.“

Abg. Leidig (D. V.): Man darf neue, unerprobte ge⸗

ein Konglomerat’ von lär rächen sich die alten Sünden

89 D. B.)

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davon nichts verstehen oder sich infolge ihrer Unerfahrenheit nur sehr langsam hineinarbeiten können. Wir stehen in dem neuen Groß Berlin jetzt vor dieser Tatsache und nliüchen damit rechnen, so wenig man auch aus der Unerfahrenheit einen Vorwurf zu konstruieren beabsichtigt. Es kommt hinzu, daßesich in Berlin die politische Leidenschaft, das politische Agitationsbedürfnis und die Widerstandslosigkeit gegen die Rufe der Straße noch stärker be⸗ merkbar machen als anderswo. Wir stehen in Berlin jetzt vor einem Chaos. Seit fast zwei Jahrzehnten stehe ich in der Kom⸗ munalverwaltung und ⸗vertretung in Groß Berlin und habe mit großer Freude mitgearbeitet; meine Tätigkeit als Stadtverordneter von Groß Berlin aber ist für mich geradezu eine Qual, nicht deshalb, weil wir dort in der Minderheit sind, sondern weil die dortige Verwaltung in unverantwortlich leichtsinniger und leicht⸗ fertiger Weise geführt wird. Es ist eine Karrikatur der Selbstverwal⸗ tung. (Zuruf des Abg. Dr. Weyl.) Gegen einen so parteiischen Vor⸗ sitzenden wie den Dr. Weyl muß man alle geschäftsordnungsmäßigen Mittel anwenden, um ihm zu zeigen, daß er nicht mit uns Schind⸗ luder spielen kann. (Zuruf links: Gut gebrüllt, Löwe!) Das Gesetz über Groß Berlin ist nicht mit übermäßigem Aufgebot von Ge⸗ dankenreichtum hergestellt worden. Diesen Vorwurf muß man be⸗ sonders gegen die Staatsregierung erheben. Es ist unmöglich, eine Stadtvertretung von 225 Mitgliedern so in alle Einzelheiten der v einzuführen, wie es in Kommunen von 100 000 oder 200 000 Seelen möglich ist. Jetzt ersticken wir geradezu in Kleinigkeiten; soll nicht ein völliger Stillstand eintreten, so muß reformiert werden. Das ist gar keine Parteifrage, sondern eine bittere Notwendigkeit. Wie sich der Reichstag von einer ähnlichen Fülle von Kleinarbeit befreit hat, indem er die ganze Uebergangswirtschaft ständigen Ausschüssen überwies, muß auch für Groß Berlin das gleiche vorgesehen werden. Bis zur Reform der Gemeindegesetzgebung überhaupt können wir damit nicht warten; der für die neuen Aufgaben passende Rahmen muß in Groß Berlin vorher geschaffen werden. Für diesen Zweck deutet unser Antrag die Richtlinien an, er versucht, auf dem Boden des nun einmal bestehenden Gesetzes die Voraussetzungen für eine gesunde Arbeit zu schaffen. Die Stadtverordnetenversammlung von Groß Berlin faßt ihre Beschlüsse nicht nach sachlichen, sondern nach parteiprogramatischen, vielleicht parteiagitatorischen Gesichts⸗ punkten. in Mindestmaß von Tätigkeit für die Bezirke muß gesetzlich festgelegt werden. Bei der jetzigen Organisation ist der Sefe der ehrenamtlichen Tätigkeit ungemein erschüttert, seines Inhalts fast ganz beraubt worden. Bei einer Seelenzahl von 4 Millionen ist das Wort Einzelgemeinde Schall und Rauch. Es muß innerhalb dieses weiten Bezirkes dezentralisiert werden, wir müssen die Einheitsgemeinde aus Untergemeinden zusammensetzen. Die Feeanisation allein tuts nicht, wenn nicht Männer mit vollem Pflichtbewußtsein dahinter stehen. Gewiß hat uns die Reichssteuer⸗ gesetzgebung und die traurige Finanzlage in diese so ungemein schwierigen Verhältnisse gebracht; aber wenn wir überhaupt hoffen dürfen, zum Wiederaufbau zu gelangen, sind wir geradezu ver⸗ pflichtet, Deutschland und dem Auslande zu zeigen, daß das große Gemeinwesen Berlin nicht dem Chaos und dem Untergang preis⸗ gegeben, sondern wieder aufgerichtet werden wird. Ich beantrage Ueberweisung der Anträge an den Gemeindeausschuß.

Abg. Dr. Faßbender (3.) empfiehlt die Verweisung an einem besonderen Ausschuß von 21 Mitgliedern.

Hierauf wird die Beratung abgebrochen.

Ohne Erörterung wird der Antrag des Abg. Dr. Meyer⸗ Ostpreußen (Komm.) auf Abänderung des § 70 der Geschäftsordnung, betr. Vertagung oder Schluß einer Besprechung, dem Geschäftsordnungs⸗ ausschuß überwiesen. 1 EFin Antrag der Abg. Frau Ege (Soz.), auch den Antrag Siering auf Annahme eines Gesetzentwurfs über das Hebammenwesen in gleicher Weise sofort dem Bevölkerungs⸗ ausschuß zu überweisen, wird nach längerer Erörterung zurück⸗ gezogen.

Präsident Leinert schlägt vor, die nächste Sitzung morgen um 12 Uhr abzuhalten mit der Tagesordnung: 1. Entgegennahme einer Erklärung des Staatsministeriums über den Staatshaus⸗ haltsplan für 1921, 2. Antrag des Justizministers auf Erteilung der Genehmigung der Strafverfolgung des Abg. Scholem (Komm.) wegen Hochverrats, 3. Rest von heute.

Abg. Dr. Meyer⸗Ostpreußen beantragt, morgen an erster Stelle den Bericht des Rechtsausschusses über die Sondergerichte zu besprechen, um darlegen zu können, in welcher gemeinen, infamen Weise diese Sondergerichte wirtschaften, vor die der dö. Scholem gestellt werden soll.

Präsident Leinert: Sie dürfen das nicht sagen, daß die Sondergerichte in gemeiner, infamer Weise wirtschaften. (Stür⸗ mischer W deflernch bei den Kommunisten.)

Abg. Dr. eyer (fortfahrend): Ich bedauere, daß mir nicht noch schärfere Ausdrücke zur Verfügung stehen. Sie (nach rechts) wollen unbegreiflicher Weise also nicht hören, wie diese Gerichte arbeiten, Sie wollen ohne weiteres ein Mitglied dieses Hauses diesen Gerichten überliefern.

Abg. Siering (Soz.): Der Vorredner weiß ganz genau, daß das reuß ch⸗ Parlament diese Sondergerichte nicht abschaffen kann. ine vvE“ der Sache selbst halten auch wir für dringend notwendig, wenn auch nicht an erster Stelle.

bg. Dr. Meyer: Diese Aeußerung des Abg. Siering ist eine ebensolche Halbheit, wie alles, was die Rechtssozialisten tun, es s anscheinend eine Sympathieerklärung für die Arbeiterschaft, in Wirklichkeit eine Verbeugung vor der kapitalistischen Mehrheit. Das Abgeordnetenhaus kann wenigstens verhindern, daß diesen Sondergerichten eine neues Opfer zugeführt wird.

Der Antrag Meyer wird abgelehnt, da die bürgerlichen Parteien dagegen stimmen. Schluß 6 Uhr.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Aeltestenrat des preußischen Landtages be⸗ sprach am Mittwoch vor Beginn der Vollsitzung die Geschäftslage. Der Finanzminister wird am heutigen Donnerstag den Staatshaus⸗ haltsplan einbringen. Er wird dazu lediglich finanztechnische Aus⸗ führungen ohne politischen Charakter machen. Das Haus will sich dann bis Montag vertagen. Am Montag und Dienstag soll die erste Beratung des Haushaltsplans stattfinden. Es sollen zwei Redner⸗ reihen sprechen. Darauf soll der Haushaltsplan dem Hauptausschuß überwiesen werden. Um diesem Zeit für kräftige Förderung der Arbeiten zu geben, sollen für die weiteren Tage der Woche keine Vollsitzungen stattfinden. Man will auf alle Fäne den Haushalts⸗ plan vor Eintritt in die Sommerferien, ssi tlich Juli beginnen werden, verabschieden. ““

Statistik und Volkswirtschaft

Arbeitsstreitigkeiten.

Zum Ausstand der EH in Potsdam (vgl. Nr. 122 d. Bl.) teilen hiesige Blätter mit, daß, da die Straßen⸗ bahner entgegen der Aufforderung des Magistrats gestern die Arbeit nicht wieder aufgenommen haben, ihnen wegen Vertragsbruchs die fristlose Kündigung zugest elbt worden ist. Der Beschluß, im Ausstand zu verharren, wurde von den Straßenbahnern mit 124 geseen 2 Stimmen angenommen. Die Straßenbahner ver⸗ suchen die Arbeiter des Elektrizitätswerks in Potsdam in den Ausstand 111“” In dieser Hinsicht ist bereits seit einigen Tagen eine lebhafte Propaganda im Gange. In den übrigen städtischen Betrieben herrscht dagegen keine große Geneigtheit, in den Sympathicausstand einzutreten. Sollte es zur

Arbeitseinstellung im Elektrizitätswerk kommen, so wird der Bürger⸗

um Mitte ““

baltige Organisationen nicht Leuten in die Hände geben, die

bund auch seinerseits in Abwehrmaßregeln eintreten.

Die englischen Eisenbahn⸗ und Tranzport arbeiter haben, wie „W. T. B.“ aus London erfährt, b. schlossen, das Verbot der Kohlenbeförderung vpollständig aufzuheben.

Nach einer von „W. T. B.“ übermittelten Stefanimeldung aus Rom sind die Staatsbeamten in eine Reihe von Einzelausständen eingetreten, da der Finanzminister die Befriedigung ihrer Gehaltsforderungen mit Rücksicht auf die Lage der Staatsfinanzen abgelehnt hat. Die Eisenbahner und gewisse Klassen anderer Beamten haben sich dem Ausstand nicht angeschlossen. Die Regierung hat Maßnahmien getroffen, um der Lage zu begegnen. Giolitti wurde gestern in Rom erwartet.

In der Schweiz, wo die Metallarbheiter im Aus⸗ stande sind, lehnte, wie „W. T. B.“ aus Bern erfährt, der Metallarbeiterverband in der Urabstimmung den Vermittlungsvorschlag des eidgenössischen Arbeitsamts und den Abbruch des Ausstands ab. b

Nach einer Ügwrüe aus Buenos Aires wird die Arbeit in den Häfen trotz des von den Arbeiterverbänden erklärten Ausstands fortgeführt. Die Verhaftungen Agitatoren dauern fort.

Einer weiteren von „W. T. B.“ wiedergegebenen Havasmeldung aus Kalkutta zufolge sind ungefähr 5000 Dockarbeiter und Arbeiter der maritimen Werften von Howrah in einen Lohnausstand eingetreten.

Kunst und Wissenschaft.

Die physikalisch⸗mathematische Klasse, der preußischen Akademie der Wissenschaften hielt am 12. Mai eine Sitzung, in der Herr Fick über Gewichts⸗ und Querschnittsbestimmungen berichtete, die er im Anschluß an seine Versuche über die Gelenkformentwicklung an den Musken zweier Hunde ausgeführt hat. Es ergaben sich kennzeichnende Unter⸗ schiede zwischen Vierfüßler und Mensch sowie Beispiele für die Tätigkeitsanpassung der Muskeln.

In der an demselben Tage abgehaltenen Sitzung der 27 ilo⸗ sophisch⸗historischen te fse sprach Herr W. Schulze über das Tocharische. Die Herausgeber der „Tocharischen Sprachreste“, Sieg und Siegling, haben das sachliche und gram⸗ matische Verständnis der von ihnen veröffentlichten Texte in solchem Umfang und so überzeugend erschlossen, daß die Ergebnisse ihrer Arbeit von dem eigentümlichen Formenaufbau dieser neuen Indo⸗ germanensprache ein fast vollständiges Bild gewähren. Die sprach⸗ geschichtliche Einordnung ihrer Erkenntnisse wird man 8 mit rechtem Erfolge erst dann versuchen können, wenn au die Denkmäler der Mundart B. in gleich zuverlässiger und vollständiger „Bearbeitung zugänglich sein werden. Herr Seckel sprach über „die karthagische Sncn CII. 25045 ein kirchenrechtliches Denkmal des Mon⸗ tanismus?“ Es wurde gezeigt, daß das neuerdings gefundene Inschriftenfragment, das zu ergänzen und zu deuten bisher nicht ge-. lungen ist, ein Synodaldekret der montanistischen Kirche Afrikas ent. hält. Weiter wurde versucht, die Inschrift, von der nur ein Drittel

von

Diels legte eine Abhandlung von Professor Dr. MN. Wellmann, Die Georgika des Demokritos, vor. Dieser merkwürdige Neupythagoreer, der in hellenistischer Zeit (um 200 v. Chr.) eine ganz neue, romantisch gefärbte Richtung der Natur forschung eingeieitet hat, die fortan das Altertum bis ins Mittelalter hinein beherrscht und in mancher deutschen Sage widerklingt, ist auch Verfasser eines kulturgeschichtlich wichtigen Werkes über Landwirtschaft, das vielfach dem Abderiten zugesprochen wurde. Mit Hilfe der bisher unausgenutzt gebliebenen arabischen Fachliteratur gelingt es, den Nachweis zu fuͤhren, daß dies Buch

Stellung eingenommen hat wie auf dem naturwissenschaftlichen und chemisch⸗technischen Gebiete sein Sympathiebuch, sein Zauberbuch und

stützung der Akademie von Richard Foerster herausgegebenen Werke des Libanius (ECeipzig 1921).

Die Wiener Akademie der Wissenschaften wählte Dr. Karl Kupelwieser zum Ehrenmitglied ““ 8 den Präsidenten der schwedischen Akademie der Wissenschaften Pro⸗ fessor Montelius zum Ehrenmitglied der philosophisch⸗historischen Klasse, die Professoren Rubner und Correns zu korrespon⸗ dierenden Mitgliedern der mathematisch⸗naturwissenschaftlichen Fhasfe-

Die wissenschaftliche Literatur Dänemarks seit 1 919, die von den deutschen Bibliotheken bisher wegen der sclchten Valuta nicht beschafft werden konnte und in allen wissen⸗ schaftlichen Kreisen stark vermißt wurde, ist jetzt als Geschenk der Dänischen Akademie der Wissenschaften bei fangreiche Sendung umfaßt die wichtigsten Werke aller Wissenschafts⸗

gebiete, zum Teil in mehreren Exemplaren, welche nach dem Willen

der Schenkerin auf die Bibliotheken Berlin, München, Leipzig, Kiel

und Göttingen verteilt wurden. Für diese Hilfe und tatkräftige Förderung des Gedankens der internationalen Zusammenarbeit kann die Kopenhagener Akademié des Dankes der deutschen Wissenschaft versichert sein.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.

Das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfun der Tuberkulose beabsichtigt, den Bericht über die Mülans G lungen des vom 19. bis 21. Mai in Bad Elster abgehaltenen Deutschen Tuberku Losekongresses gedruckt herauszugeben. Die Vorträge werden ausführlich, die Erörterung in gekürzter Form (nach Selbstberichten der Vortragenden) gebracht werden. Der Um⸗ fang des Berichts ist auf 15 bis 20 Druckbogen veranschlagt, der Preis wird sich bei Herstellung von 500 Stück auf etwa 30 ℳ, bei 1000 Stück auf etwa 20 stellen. Die Vorträge geben für viele Fwe der Tuberkulosebekämpfung und ⸗behandlung einen Ueber⸗ bli über den ge enwärtigen Stand der Forschung und Erfahrung. Der Kongreßbericht dürfte sich deshalb zur Anschaffung für Aerzte und für alle in der sozialen Arbeit tätigen Stellen empfehlen. Ve⸗ stellungen werden bis zum 20. Juni 1921 an die Geschäftsstelle, Berlin W ugusta⸗Straße 7, erbeten. 6

Verkehrswesen.

Ueber die Postpaketbestellung auf dem Lande teilt der Reichspostminister ansglic⸗ einer Anfrage der Abge-⸗ ordneten Dr. Graf von Bernstorff und Alpers (deutsch⸗hann. P.) dem Reichstage mit: Nach 8 36 der Postordnung vom 28. Juli 1917 mit Nachträgen ist die Postverwaltung verpflichten sewöhnliche und eingeschriebene Pakgte sowie Wertpakete bis 1000 4ℳ im Land⸗ bestellbezirk den Empfängern ins Haus bestellen zu lassen, soweit die Sendungen im einzelnen nicht über 5 kg wiegen, in der Landbesteller⸗ tasche hener ⸗8fes oder durch andere Vorkehrungen gegen Nässe usw. ge ützt werden können, und soweit der auf den Sendungen etwa lastende

achnahmebetrag 1000 nicht übersteigt. Hinsichtlich der Wert⸗ und Nachnahmegrenze sind die Oberpostdirektionen ermächtigt, unter ge⸗ eigneten Verhältnissen (genügende Sicherheit der usw.) die Zustellung bis zu Beträgen von 5000 zuzulassen. ie Abholung durch den Empfänger wird nur für Sendungen verlangt, bei denen die angeführten Voraussetzungen nicht zutreffen; in Föllen dieser Art wird dem Empfänger die Paketkarte, bei Nachnahmesendungen von höherem Betrage ein Benachrichtigungszettel mit der Aufforderung zugestellt, die Sendung am Bösichafhe abzuholen oder einzulösen.

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Eine besondere Abtragegebühr wird für di Zust der Pakete seit 1. Oktober 1919 nicht mehr 8 2 2

der Zeilen erhalten ist, dem Sinne nach wiederherzustellen. Herr

neben dem Werke des Karthagers Mago eine ähnliche zentrale

seine BA4elKA. Vorgelegt wurde der 10. Band der mit Unter⸗ —⸗

der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft eingetroffen. Die um-⸗