der deutschen Einfuhr in deutscher Währung
scheine von der
Leine oder andere Ausschreitung aus der
schäftsführer schwer mißhandelt wurde. D nicht ein. Lediglich ein einziger Gendarm versuchte, Herrn Hirsch zu schützen, wurde jedoch entwaffnet. Der Starost sowie an⸗ geblich auch der Militärkommandant waren abwesend. Erst als der Pogrom programmäßig durchgeführt war und die Arbeiter sich bereits zerstreuten, schritt das Militär gegen 7 Uhr Abends ein. Von dem Pogrom wurden hauptsächlich deutsche und jüdische Geschäftsleute betroffen. Insgesamt sind gegen 50 deutsche Familien geschädigt worden. Vollständig ausgeraubt wurde das Geschäftslokal des Uhrmachers Karl Retzlaff, der selbst am schwersten verletzt worden ist. Die Wohnung des Kaufmanns August Grün⸗ berg wurde gleichfalls ausgeraubt, Grünberg selbst nebst Frau und Dienstmädchen mit Stöcken und eisernen Stäben schwer nißhandelt. Die Arbeiter hielten noch an demselben Abend eine Versammlung ab, in der die Deutschen öffentlich aufgefordert wurden die Stadt spätestens bis zum 8. Juni zu verlassen. Die Deutschen sollten dabei nichts mitnehmen. Derartige Drohungen wurden noch an den folgenden Tagen fortgesetzt an die Adresse der Deutschen gerichtet. 1
Eine öffentliche Mißbilligung der Vorgänge durch den Starosten ist bisher nicht erfolgt. Der Starost hat lediglich auf die Notwendigkeit eines besonderen Schutzes der an⸗ geblich in holländischem Eigentum stehenden Fabrik Deines durch eine Bekanntmachung im Amtsblatt hingewiesen. Bekanntmachungen des Bürgermeisters wurden von der Arbeiterschaft entfernt. Irgendeinen Schutz ist den Deutschen von dem Starosten nicht zugesichert worden.
Holizei
schritt
Die französische Regierung hat dem deutschen Botschafter in Paris laut Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ auf die deutsche Note vom 16. Juni über
die Zustände in Oberschlesien folgende Antwortnote
übergeben: “ Herr Botschafter!
1 Sie bchen “ Ihr “ m 16. laut einer Protestnote der deutschen Regierung wegen der Ereigni in Oberschlesien übermittelt. Dieses Schriftstüch gibt eine Wisf stellung, gegen die ich Einspruch zu erheben verpflichtet bin. Die französische Regierung verkennt keineswegs die Ausschreitungen, deren sich die polnischen Insurgenten schuldig gemacht haben. Sie hat diese von Anfang an verurteilt, aber sie kann deshalb das Bild, das Sie von der Lage entwerfen, nicht als zutreffend an⸗ erkennen. Die Interallijerte Kommission hat unaufhörlich die größten Anstrengungen gemacht, um die Achtung vor Leben und Eigentum zu gewährleisten, und ihre Bemühungen sind sehr oft von Erfolg ge⸗ krönt worden. Die alliterten Regierungen haben Schritte unter⸗ nommen, um die Freilassung der Geiseln zu erwirken, deren Namen Ihnen mitgeteilt worden sind, und die polnische Regierung hat dem Aufstand keineswegs die Unterstützung zuteil werden lassen, welche Sie brandmarken.
Wenn im übrigen die deutsche Regierung glaubt, eine Reihe von Beschwerden vorbringen zu sollen, muß sie diese an die Inter⸗ alliierte Kommission richten. Diese trifft in ihrer Gesamtheit ihre Entscheidungen, 88 ich sehe mich meinerseits nicht in der Lage Kritiken anzunehmen, die darauf hinzielen, den Präsidenten der Kommission allein verantwortlich zu machen. Ueberdies wäre die Lage heute anders, und die Ordnung in Oberschlesien wäre bereits wiederhergestellt, wenn die deutschen Selbstschutz⸗ organisationen nicht eine Haltung angenommen hätten, welche in gleicher Weise, wie der polnische Aufstand, eine Herausforderung der Kommifsion darstellt. In demselben Augenblick, in dem die polnischen Insurgenten durch Taten ihre Bereitwilligkeit erwiesen, sich den Be⸗ fehlen der Kommission zu unterwerfen, in dem Augenblick, in dem sie begannen, sich zurückzuziehen und die Waffen nieder⸗ zulegen, besteht die Gefahr, daß durch das Verhalten des Generals Hoefer und der Führer der deutschen Parteien in Oberschlesien die bereits erzielten Ergebnisse aufs Spiel gesetzt werden. Es kommt im gegenwärtigen Augenblick nicht darauf an, die Vergangenheit ans Licht zu darum, durch Taten die Autorität der General Hoefer verkennt durch seine Zaltu Die deutsche Regierung verfügt über hinreichende Machtmittel, um ihn zu der Einsicht zu bewegen, daß allein völliger Gehorsam gegenüber den Anordnungen der Interalliierten Behörden die Wiederherstellung der gesetz⸗ lichen “ beschleunigen kann, deren Sicherstellung den deutschen Selbstschutzorganisationen angeblich am Herzen liegt. Es ist wahr, daß die deutsche Regierung zu verschiedenen Malen die Versicherung abgegeben hat, dem General Hoefer Zurückhaltung an⸗ geraten zu haben; aber im gegenwärtigen Augenblick handelt es sich nicht um Zurückhaltung, sondern es handelt sich um Unterwerfung. Allein durch Unterwerfung aller unter die Interalliierten Behörden kann die Rube in Oberschlesien wiederkehren. Die französische Re⸗ gierung würde glücklich sein, zu erfahren, daß sich alle Bemühungen der deutschen Regierung in diesem Sinne bewegen. 8
ziehen, sondern es handelt sich Kommission wiederherzustellen. Haltung diese Autorität.
“
In Ziffer IX des in dem Londoner Ultimatum an⸗ genommenen Zahlungsplans hat die deutsche Regierung die Verpflichtung üͤbernommen, den Gegenwert der von irgend⸗ einer alliierten Macht erhobenen Reparationsabgabe von in das betreffende Land dem Exporteur zu bezahlen, wobei die von den alliierten Mächten einbehaltenen Beträge Deutschland auf seine jährlichen Reparationszahlungen gutgebracht werden sollen. Wie „Wolffs Telegraphenbüro“ mitteilt, liegen bei England die Voraus⸗ setzungen für die Bezahlung des Gegenwertes vor, und dem⸗ gemäß werden die von englischen Behörden nach Annahme des Ultimatums, also nach dem 12. Mai 1921, ausgestellten Gut⸗ deutschen Regierung eingelöst werden.
Diese Gutscheine sind bei der Friedensvertrag⸗Ab⸗
rechnungsstelle, G. m. b. H., Berlin NXW. 7 (Am Weiden⸗ damm 1a), im Original von der Firma einzureichen, die im Gutschein als Versender benannt ist. Die Firmen werden
gebeten, die Gutscheine mit einem Begleitschreiben vorzulegen,
in dem das Ausstellungsland, das Datum des Gutscheins, der
Valutenbetrag, die Art der ausgeführten
Ware, der Empfänger Zahlungsüberweisung g er Währung erfolgt Tage der Ausstellung des Gut⸗
der Ware und die Art der gewünschten angegeben sind. Die Auszahlung in deuts unter Zugrundelegung des am
scheins an der Berliner Börse amtlich festgestellten Geld⸗ kurses, und zwar je nach Wunsch des Berechtigten durch Reichs⸗
weiterer Unterlagen zu ersuchen, die ihre Berechtigung weisen können.
bankgiro, Banküberweisung, Postscheck oder Postbarscheck. Die Friedensvertrag⸗Abrechnungsstelle ist in den Fällen, die zu Zweifeln Anlaß geben, berechtigt, die Firma um die Einreichung
nach⸗
Alle Zahlungsüberweisungen erfolgen unter
dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall, daß sich heraus⸗ stellt, daß die Forderung an das Reich zu Unrecht gestellt
weitergehende Wünsche geäußert.
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1
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worden ist und der Betrag Deutschland nicht auf seine Re⸗ parationszahlungen gutgeschrieben wird.
Der Reparationsausschuß des vorläufigen Reichs⸗ wirtschaftsrats hat bei seiner Beratung am 21. Juni 1921 Es wird geprüft werden, ob
diesen weitergehenden Wünschen stattgegeben werden kann, und
gegebenenfalls eine entsprechende ergänzende Regelung erfolgen. Um die Einlösung der Gutscheine aber nicht oufzuhalten, werden die Auszahlungen zunächst in der oben angegebenen Weise erfolgen.
Bei anderen Staaten,
abgaben erheben welche gleichfalls solche Neparations⸗
ist bie Abführung der erhobenen Abgabe an
Es. 1 3 Juni den Wort⸗
die Reparationskommission und die Gutschrift der einbehaltenen Summen für die deutsche Regierung noch nicht klargestellt. Die von solchen Staaten ausgestellten Gutscheine können daher erst eingelöst werden, wenn und soweit die Anrechnung auf die deutschen Reparationszahlungen sichergestellt ist.
Zur Frage des Verbots der Herstellung von Luft⸗ fahrtmaterial hat die Botschafterkonferenz laut Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ am 18. Juni folgende Entscheidung getrofsen, deren Durchführung sie der Interalliierten Luftfahrt⸗Ueberwachungskommission über⸗ tragen hat:
Die deutsche Regierung muß in kürzester Frist das gesamte Luft⸗ fahrtmaterial, das im Widerspruch mit den Beschlüssen von Boulogne hergestellt worden ist, beschlagnahmen und der Interalliierten Luft⸗ fahrt⸗Ueberwachungskommission ausliefern. Es wird Aufgabe der Kommission sein, dieses Material in zwei Gruppen zu teilen. Das als „militärisch“ charakterisierte Gerät wird endgültig den alliierten und assoziierten Hauptmächten und Belgien über⸗ antwortet werden, da Artikel 198 des Friedensvertrags Deutschland die Unterhaltung einer militärischen Luftfahrt untersagt. Was das als „zivil“ charakterisierte Gerät anbetrifft, so sind gleich⸗ falls 25 vH davon den alliierten und assoziierten Hauptmächten und Belgien zu überantworten. Der Rest des zivilen Luftfahrtgeräts wird an Deutschland zu vollem Eigentum zurückfallen, sobald der deutschen Regierung die Ermächtigung erteilt sein wird, den Bau von Luftfahrt⸗ gerät wiederaufzunehmen.
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Preußen.
Die in Oppels und Oberglogau abgehaltenen Be⸗ sprechungen zwis dem Zwölferausschuß, General Höfer und den nach öG entsandten Vertretern der Regierungsparteien haben nach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ Uebereinstimmung in allen Punkten ergeben. Insbesondere wurde der letzte im Einver⸗ ständnis mit dem Zwölferausschuß gemachte Räumungsvorschlag General Höfers eingehend besprochen. Die Vertreter der Regierungsparteien erklärten ihr volles Einverständnis mit diesem Vorschlage; sie erblicken in ihm die beste Garantie zur baldigen und reibungslosen Räumung Oberschlesiens.
Kunst und Wissenschaft.
In der Junisitzung der Anthropologischen Gesell“ schaft gedachte der Vorsitzende, Geheimrat Prof. Hans Virchom, des jüngst dahingeschiedenen Forschers Prof. Pfeiffer⸗Weimar in einem ehrenden Nachruf für die Verdienste des Archäologen und Ethnologen. Den Vortrag des Abends hielt Dr. Max Schneider über die Steinzeitsiedlung Schmergow (Mark) und ihre Probleme. Der Forscher wies im Eingange seiner Dar⸗ bezungen darauf hin, wie, viel Widersprüche sich heute noch in der Chronologie der jüngeren Steinzeit finden, wie man die klassische Einfachheit, die die Formen der ersten Bronzezeit aufweisen, gar nicht recht in Einklang zu bringen weiß mit den mannigfach ausgebildeten Stilarten, die in den Gefäßen der jüngeren Steinzeit vorkommen: ein Problem, dessen Erklärung man darin gefunden zu haben meinte, daß in der ersten Bronzezeit eine große Volksbewegung stattgefunden habe, so daß die Träger dieser Periode nicht die Nachkommen der Stämme gewesen seien, die in der ausgehenden jüngeren Steinzeit in Deutschland ansässig waren. Die Beigaben in den Gräbern der jüngeren Stein⸗ zeit, auf die sich die Forschung über deren Kunstformen bisher vielfach stützte, brauchten nicht notwendig Gegenstände des täglichen Gebrauchs zu sein, die man den Verstorbenen mitgab, es konnten Andenken der Vorfahren sein. Die Siedlungsforschung, wie sie nament⸗ lich bei uns in der Mark von Dr. Kiekebusch geleitet wird, kann uns näheren Aufschluß über die Zeitfolge der Perioden der jüngeren Steinzeit bieten. Es fragt sich nun, ob Grundunterschiede vorhanden sind in den Befunden der Siedlungen von Trebus „Göttin“ bei Werder in der Nähe von Ketzin und von Schmergow, das zwei Stunden von Werder an der Havel gelegen ist. In Trebus fand Dr. Kiekebusch das Pfostenhaus“ und eine Tiefstichkeramik, Dinge, die auch in Schmergow ans Tageslicht traten. Schmergow war bis vor 30 Jahren ziemlich isoliert. Bei dem Bau einer Chaussee konnte in dessen Nähe gelegentlich des Durchschnitts eines Hügels bis zu 10 Meter Tiefe eine Siedlung freigelegt werden. In 1,75 m Tiefe fand man Reste eines Skeletts, an dessen Fuß⸗ knochen ein „Wendenpfennig“ aus der Zeit Kaiser Ottos des Großen lag, und dabei slawische Scherben und in der größeren Tiefe konnte der Grundriß eines Pfostenhauses festgestellt werden. Es muß ein fast rechteckiger, 6,40 m langer und 3,20 m breiter Bau gewesen sein, also, den germanischen Fuß nach Schuchhardt zu 2 ½ cm gerechnet, 20 Fuß lang und 10 Fuß breit gewesen sein. Die Pfostenlöcher weisen im Gegensatz zu denen von Trebus einen sehr geringen Durch⸗ messer auf, sie messen nur 28 cm, manche nur 20 cm; während man sonst solche Pfostenlöcher von 35 bis 40 cm, ja selbst solche von 1 m Durchmesser kennt. Die Pfosten selbst müssen einst sehr stark verkeilt gewesen sein. Das Profil der Fundstelle stellt sich in folgender Weise dar: unter einer 30 cm starken Sandschicht lag eine 20 bis 30 cm starke Kulturschicht, ihr folgte nach unten eine Steinlage, dann weiter in der Tiefe Spuren von Brand und endlich der Boden der Steinzeitsiedlung. Eine Steinlage an dem Wohnraum ließ auf eine Schwellenanlage für einen Vorbau schließen; vielleicht mag der Raum auch eine in Angeln hängende Tür besessen haben, die von Süden her das Licht in das Innere hineinließ. im Innern fanden sich 2 Herde von verschiedener Größe. Die Pfosten waren, wie die Abdrücke in den Resten auf⸗ weisen, mit Flechtwerk verkleidet und mit Lehm verschmiert. Ein besonderes Problem bieten die „Ortsteinbänder“, die sich durch die Wand hindurchziehen und wohl mit den vorgeschichtlichen Siedlungen in Beziehung stehen müssen, da ihre Richtung durch die Pfostenlöcher abgelenkt wird. Der „Ortstein“ kann sich aus abgesunkenem Humus erst bilden, wenn die Siedlung vergangen ist; erst dann kann er durch vneea e h der Kohlensäure aus den abgesunkenen Teilen des Erd⸗ reiches entstehen, doch ist die Art, wie er sich bildet, noch strittig unter den Geologen. Was nun die Funde selbst angeht, so bestehen sie aus Steinwerkzeugen; man fand Messer, Schaber, Pfeilspitzen, Steinbeile, die Aehnlichkeit mit den Formen der Campignien auf⸗ weisen, dazu ein Stück Blei, das sehr selten in Ho Fund⸗ stätten vorkommt. Die Keramik Pöpserkunfg) wie sie in der Schmergower Siedlung sich an den Resten zeigt, bietet nun die schwierigsten Probleme für die zeitliche Einordnung. Wir haben da den Tiefstich als Verzierung, wie er auf den Gefäßen aus den ältesten sogenannten Megalith⸗(großen Steinsetzungs⸗)gräbern in Dänemark und südlich bis zur Elbe und zur Oder vorkommt; ferner haben wir die Stichreihen⸗ und Bandkeramik, die von Mitteldeutschland bis nach Jütland nordwärts vorhanden ist, woraus sich der Schluß ergibt, daß wir im Elbe⸗Saale⸗Havelgebiet eine Misch⸗ kultur vor uns haben, aber es kommen selbst die Formen des „Rössener“ Stils und die der Kugelamphoren . vor so daß Schmergon eine Auswahl fast sämtlicher Stilarten der Tör er⸗ kunst bietet. Bogen, Winfelstich, selbst das Symbol der „9“ spielt auf den dort gefundenen Gefäßresten eine Rolle, die zum Teil Schnur⸗ ösen gehabt haben müssen. Auch Zapfenbecher sind vorhanrden. Es
entsteht nun die Frage: Woher stammen diese Kulturen? Darauf kann man antworten: Wir müssen die Schmergower Siedlung ans Ende der jüngeren Steinzeit setzen, wofür schon das Vorkommen der aus dem Süden Mitteleuropas stammenden Kugelamphoren spricht, und können deuten: Vor 4000 Jahren etwa wohnten am Ufer der Havel in einem Dorfe in einem viel kühleren Klima als dem heutigen
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Leute, die ein rechtwinkliges Pfostenhaus besaßen, dessen Pfosten sie
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mit Flechtwerk verkleideten. Sie lebten von zucht und Jagd, besaßen, darauf deutet der Fu 1 Svinnwirtels mit der charakteristischen „9“ als Verzierum en webte Gewänder und ein hochentwickeltes Kunstempfinden! hin Formen der Töpferwaren deutlich beweisen. Es fragt si 8— wie welchem Volke gehörten diese frühen Siedler unserer n: Das Vorkommen von Leistenverzierungen auf den Scherb. en sonders der “ Hohlkehlen, wie die Lausitzer en. ware sie uns bietet, deren Hersteller man als landfremd 1. hat, scheint hier eine Andeutung zu bieten, oder aber wäne Scherben mit der Hohlkehlenverzierung an die Havel versg Im Südosten der Mark, über die Lausitz bis nach Böhmecen haben wir das Gebiet der Buckel⸗ und Hohlkehlenverzierung Töpferware, die Rudolf Virchow als Lausitzer Keramik hanf, hat. Dieselbe Verzierung fand nun Goetze in Troja. Dort sind drei Thraker oder Illyrer als die Träger der Kultur anzusehen hold Ornamente in ihrer Keramik aufweist. Sonach könnte 8 ti nehmen, daß diese Stämme etwa 1500 Jahre vor Cbrimn,n den Süden der Mark eingerückt seien; über die Lausitz könnine gekommen sein und sie haben sich bis nach Anhalt hinaus gen, Schuchhardt hält nun die germanischen Semnonleie die ältesten Siedler der Marken; das Lausitzer Hohlkehlenomig kommt bis in die älteste Bronzezeit auf den Gefäßen vor. 8 Vortragende hat dieses Ornament von der Mark aus Sachsen⸗Thüringen nach Mähren bis nach Bulgarie folgt und sprach die Vermutung aus, es könne die gower Hohlkehlenverzierung vielleicht schon in der T der großen “ (Megalithperiode) seine haben. Nach der Ansicht von Dr. Schneider lehrt ung Schmergower Siedlung, daß Fäden der Kuliurverbindung zusst der Steinzeit und der Bronzezeit vorhanden sind. Die Völke Steinzeit sind wohl nicht verschwunden, wie man vielfach angengn hat, das beweist die Aehnlichkeit der Kulturen. Auch sü g- deutschland und für Mitteldeutschland dürfen wir uns nict jüngere Steinzeit und die älteste Bronzezeit durch einen Bruß der kulturellen Entwicklung geschieden vorstellen. Die Lausitzer gu ist nicht fremd in ihrem Gebiet, und vor 4000 Jahren finden! schon das Megaron, d. h. das rechteckige Haus in einem germe schen () Dorfe. Danach liegt der Schluß wohl nicht fern, we wir die Vorväter der Schöpfer der bronzezeitlichen Kultur ermanischen oder den Germanen ähnlichen Ursprungs be⸗
r. Kiekebusch konnte die Mitteilungen des Vortragenden un mancher Richtung hin ergänzen. 8
Professor Franz Boas aus New York,
Westfale, der in der Sitzung anwesend war, konnte vo die ihm von der Gesell bhaßt verliehene goldene daille, freilich in Bronze ausgeführt, in Empfang nehmen. hat sich u. a. sehr um die Unterstützung deutscher Wissenschat Amerika verdient gemacht und als Spende der Emergency Scocs in aid of European science and art der Antheopologisehe Gesellschaft einen Scheck über 11 111 ℳ überbracht. Ir fessor Boas ist selbst seit mehr als 30 Jahren Mitgli “ “
Ackerbau,
ein gebere Vorsitzen a
Theater und Musik.
Im Opernhaufe wird morgen, Freitag, „Tannhäuser“, m den Damen Bettendorf, Stolz als Gast, Escher⸗Vespermann und d. Herren Soot als Gast, Schlusnus, Her ers, Stock, Nos, Lücke n. Faber besetzt, aufgeführt. Dirigent ist Dr. Stiedry. Anfang 6 lh
Im Schauspielhause wird morgen „Peer Gynt“ m Gustav May in der Titelrolle gegeben. Anfang 6 ½ Uhr.
eronautisches Observatorium. Lindenberg, Kr. Beeskow. — Drachenaufstieg von 5 ¼ bis 7 ½ Uhr Vormittag
Wind Richtung Eeüna⸗
22. Juni 1921.
8 Relative Luftdruck Temperatur C° Feuchtig⸗ opben unten best % 73 100 84 86 74 75
Seehöhe Sekund⸗ Meter
m mm. 122 748,6 610 704 720 696 1000 671 2000 591 2380 564 2490 557 3100 514 1
Wolkig, fr.⸗str., in
WNW 8 NW 16 NW 14
9,0
NW 14 NW 14 32 NWzW 1 35 NWzW 15
610 m Höhe. — Sicht: 20 km.
(Fortzetzung des Nichtamtlichen in der
und Zweiten Beilage)
haus. (Unter den Linden.) Freitag: 157. Daun bezugsvorstellung. Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Warg burg. Anfang 6 Uhr. Sonnabend: Josephs⸗Legende. — Hierauf: Till Eulen spiegel. (Tondichtung.) — Silhouetten. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Freitag: 158. Daues
bezugsvorstellung. Peer Gynt. Anfang 6 ½ Uhr. Sonnabend: Das Glück im Winkel. Anfang 7 Uhr.
Familiennachrichten.
“ Eine Tochter: Hrn. Nikolaus Graf von Büöman
arzin).
Gestorben: Hr. Generalleutnant a. D. Oskar Romundt G — Hr. Oberst a. D. Eugen von Fritsche (Bad Harzburg) Hr. Gustav Simon (Frankfurt a. M.).
Verantwortlicher Schriftleiter: I. V: Weber in Berli
den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschj echnungsrat Mengerina in Berlin
Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt. Berlin Wilhelmstr. 32. Fünf Beilagen seinschließlich Börsenbeilage) und Erste, Zweite und Dritte Zentral⸗Handelsregister⸗
NW 14%
fsstell
Deutschen Reichsa
Erste Beilage
Berlin, Donnerstag, den 23. Funi
nzeiger ind Preußischen Staatsanzeiger
Nichtamtliches.
(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)
“ Bayern. .“ In der gestrigen Sitzung des Landtags beantwortete der ministerpräsident von Kahr die Interpellationen der sozialisti⸗ shen Parteien wegen der Ermordung des Abgeordneten
gerein. Bericht des „Wolffschen Telegraphenbüros“ gab der ministerpräsident namens der Regierung dem Abscheu über den Fubel an Gareis Ausdruck und betonte, daß vor endgültiger Auf⸗ hean der Motive kein Recht dazu gegeben sei, den Mord als itisch hinzustellen. Er dankte den Teilen der Arbeiterschaft, die 8 von politischen Streiks ferngehalten haben. Nationalistischen Ekaurinismus werde die Regierung immer ablehnen und nie billigen. gh Rechtsmöglichkeiten zum Einschreiten gegen die Rechts⸗Ultras c as seien, sei stets eingegriffen worden. Der Minister⸗ räsj schließlich die Parteien, als erste Aufgabe 1g politische Erziehung und die höhere politische Kultur zu lgen; diese brauche man in erster Linie. Dann werde das gegen⸗ 1— Mißverstehen zwischen Nord und Süd, zwischen Reichspolitik nd bayerischer Politik verschwinden. Die wirtschaftliche und soziale Sirüktur Bayerns sei eine andere als im Reiche und in gewissen, volitisch besonders einflußreichen Teilen dieses Reichs. Diese Ver⸗ scheedenheit bedinge auch eine Verschiedenheit der Politik hier und dort, die sich praktisch darin ausdrücke, daß in Bayern immer ine im Grunde stärker nach rechts Ferfeste Politik getrieben vende, als dies im Reiche der Fall sei. Man müsse im Feche erkennen, daß kein anderer der nationalen Einheit gräßere Opfer gebracht habe und fortwährend bringe, als Bayern, und man müsse sich namentlich in unitarischen Kreisen hüten, Bayern nelr zuzumuten, als nach der Eigenart seiner Verhältnisse und nch den Zielen, die es unverrückt festhalten müsse, wenn g sich nicht als Staat aufgeben wolle, was es niemals m werde, erträglich sei. Dank erwarten wir nicht für unsere Ovfer, sagte Kahr, aber wir verlangen, daß uns das fteudige Fest⸗ salten am Reich nicht schwerer gemacht wird, als unbedingt not⸗ wendig ist. Diese grundsätzlichen Dinge müssen ausgesprochen werden, wenn man ernstlich die Atmosphäre verbessern will. Die Regierung vir,, getreu ihren Grundsätzen, die von ihr festgelegten Linien mit eller Festigkeit und Unparteilichkeit einhalten. Sie vertraut auf den zesunden Sinn des Volks in allen Schichten, daß es dem Radikalismus von links und rechts kein Gehör schenken wird. Und sie richtet an alle, die auten Willens sind, die ernstliche Mahnung, mit ihr zusammen unter )Zurückstellung aller Sonderwünsche und aller Klassen⸗ und Partei⸗ gegensätze dem Ziel zuzustreben, das allein heute Berechtigung zat: Das Vaterland zu retten und der Not und dem Elend zu steuern, in das wir geraten sind und in dem wir versinken, wenn wir zicht alle zusammen zu einträchtigem Handeln uns verbünden. (Die Rede des Ministerpräsidenten wurde wiederholt von den bürgerlichen Parteien mit Zustimmungskundgebungen, von der Linken mit Lachen aufgenommen.)
Nach der Rede des Ministerpräsidenten trat das Haus in de Besprechung der Interpellationen ein.
Im Namen der Koalitionsparteien gab der Abg. Stang (Bater. Volksvartei) eine Erklärung ab, in der Abscheu über die Mordtat und die Hoffnung ausgesprochen wird, daß die Beweggründe des Mordes aufgeklärt werden. Die Koalitionsparteien legen auf das entschiedenste Verwahrung dagegen ein, daß der Fall Gareis zum bewußten Kampf gegen die Staatsregierung ausgewertet werde. Noch banßten seam sei es, wenn vom Reichstag aus der Vorwurf erhoben
—‿
eben gewesen nendent mahnte
werde, daß der unbekannte Mörder der politischen Abteilung der
Münchener Polizei sehr nahestehe. Gänzlich unverständlich sei auch die Behauptung, daß das, was in letzter Zeit an einigen plätzen geschehen sei, geeignet erscheine, die Einheit des Reichs zu zer⸗ stiren. Die Erklärung stellt fest, daß die allgemeinen Sicherheits⸗ zustände in Bayern im Vergleich mit dem übrigen Deutschland gewiß
treffend, daß die Uebergriffe einzelner Soldaten gegen Ehre, V Leben und Gut unserer Volksgenossen im besetzten Gebiet sich in den letzten Wochen auffallend gemehrt hätten. Es sei deshalb ein besonderer Beauftragter zum Oberbefehlshaber gesandt worden. Der General habe erklärt, daß er mit rücksichtsloser Schärfe alle Diszi⸗ plinwidrigkeiten verfolgen lasse. Alle Ausschreitungen würden ge⸗ nauestens untersucht und aufgeklärt werden. Die hessische Regierung habe die Reichsregierung bei allen schweren Fällen ersucht, von der französischen Regierung ein angemessenes Sühnegeld zu fordern. Es sei zu hoffen, daß es gelingen werde, mit der Zeit iu dieser Beziehung eine erfolgreiche Regelung zu erreichen. ö“
“
—
Oesterreich.
Der neue Bundeskanzler Schober führte gestern im Nationalrat in seiner Programmrede, dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ 1 unter anderem aus:
Der Friedensvertrag und die von der Regierung Mayr ein⸗ geleitete Kreditaktion des Völkerbundes bilden im Zusammenhang mit den von den Parteien des österreichischen Nationalrats angenommenen entsprechenden Verpflichtungen auch die Basis für die nächsten Aktionen der neuen Regierung. Die Organe des Völkerbundes warten nur den formellen Beitritt aller beteiligten Staaten zur Sistierung des Generalpfand⸗ rechts ab, um an die Arbeit zu gehen. Oesterreichischerseits sind die dafür notwendigen Finanzmaßnahmen zum Teil vorbereitet, zum Teil soll der Nationalrat in dieser Session damit befaßt werden. Insbe⸗ sondere wird die Regierung um die Ermächtigung bitten, die er⸗ warteten internationalen Kredite sowie die auf deren Rechnung flüssig zu machenden 18 aus den dafür in Aussicht ge⸗ nommenen Einnahmequellen des Staates sicherzustellen. Das Vertrauen der Großmächte und gute Beziehungen zu allen unseren Nachbarstaaten zu erhalten, wird das Bestreben der Regierung ebenso sein, wie die . unseres Verhältnisses zum stammverwandten Deutschen Reich. (Lebhafter Beifall.) Hierzu gehört der Abbau der Paß⸗ und Grenzplackereien, insbesondere im Verkehr mit unseren Nachbarstaaten, um dadurch dem Wirtschafts⸗ verkehr den Boden zu ebnen. Sodann entwarf der Bundeskanzler das innerpolitische Arbeitsprogramm und verwies dabei besonders auf die in Vorbereitung befindliche Verwaltungsreform.
id Groß⸗
Die Rede wurde von den Christlichsozial deutschen mit Beifall aufgenommen.
Großbritannien und Irland.
Der König hat gestern das irische Parlament in Belfast mit einer Rede eröffnet, in der er sagte: „Ich bete aus vollem Herzen, daß meine Reise nach Irland sich als der erste Schritt zur Beendigung des Zwistes erweisen möge. Ich fordere alle Iren auf, innezuhalten, die Hand zur Nachsicht und Versöhnung auszustrecken, zu vergeben, u vergessen und sich zu einigen, um für das Land, daß sie heet eine neue Epoche des Friedens, der Zufriedenheit und des guten Willens heraufzuführen“.
— Auf der zweiten Sitzung der britischen Reichs⸗ konferenz wurden von den Vertretern der Dominions und Indiens Besprechungen über die Friedenspolitik des Reiches abgehalten.
Der Premierminister Hughes trat sehr stark für eine Er⸗ neuerung des Bündnisses mit Japan ein. Die Grundbedingung für einen derartigen Vertrag sei jedoch, daß er die Mög⸗ lichkeit eines Krieges mit den Vereinigten Staaten aus⸗ schließe und mit den Bedingungen des Völkerbundes überein⸗ stimme. Hughes machte den Vorschlag, die Vereinigten Staaten, Japan und Frankreich zu einer gemeinsamen Konferenz mit Großbritannien aufzufordern. Der Premierminister von Süd⸗ afrika, General Smuts, erklärte, das einzige Ziel der britischen
zu ihrem Vorteil bestehen könnten. Hierauf ergriffen die Vertreter
er Linken das Wort, wobei der Abg. Bauer (Unabh. Soz.) zwei⸗
mal einen Ordnungsruf erhielt. Der Abg. Ackermann (Soz.) er⸗ klärte, seine Partei sei von
in keiner Weise befriedigt. Der Abg. Blumtritt (Unabh. Soz.) füßrte aus, die Stimmung der Arbeiterschaft sei so, daß, wenn noch ein Arbeiterführer beseitigt werde, dafür drei auf der anderen Seite daran glauben müßten. Der Kommunist Aenderl bezeichnete den Mord cls das erfe sichtbare är⸗ 1 dafür, daß sie dem System des Meuchelmordes huldigen. Im weiteren Verlauf der Sitzung nahm noch das Wort der Staatssekretär Schweyer. Auch dieser Redner verurteilte das Verbrechen an Gareis und wandte sich dagegen, daß der Mord an Gareis partei⸗ vpolitich von den Linksparteien ausgebeutet werde. Wenn von einer Atmosphäre gesprochen werde, die zu der Tat geführt Habe, erinnere er an das Vorgehen der „Roten Fahne“, der „Freiheit“, des „Kampfes“, der „Neuen Zeitung“ und ähnlicher Blätter. Die
Regierung verurteile aus voller Ueberzeugung die antisemitische Hetze
und den Kampf gegen die Reichsregierung. Sie werde mit allen ihr iu Gebote stehenden Mitteln gegen solche Auswüchse einschreiten. zn der Aufforderung zum Generalstreik lag die Gefahr eines Revolutionsspiels. Das konnte die Regierung nicht dulden. Gegenüber den Anschuldigungen der Interpellanten, daß in Bayern eine ununterbrochene Kette schlimmster politischer Verbrechen zu verzeichnen sei, verwies der Staatssekretär auf die zahlreichen Mordtaten und Attentate, die nach der Repolution in München, Berlin und anderen Orten unter sozialistischer Re⸗ gierung und sozialistischen Polizeipräsidenten erfolgten. Er wurde viederholt von der Liksseite unterbrochen. Er schloß mit der Mah⸗ nung zur Mäßigung auf allen Seiten.é Der Justizminister Dr. Roth wies die Angriffe gegen die baverische Rechtspflege scharf zurück. Liotz aller Schmähungen und Drohungen würden die baverischen Richter den Weg des Rechts und der Gerechtigkeit weitergehen.
Damit war die Besprechung der Interpellation zu Ende.
Hessen.
„ In der gestrigen Sitzung des Landtags erklärte der Stgatspräsident Ulrich in Beantwortung einer Anfrage des volfsparteilichen Abgeordneten Dingeldey wegen der Ueber⸗ iisfe der Besatzungstruppen im besetzten Gebiet den, „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge: Es sei richtig, daß seit etwa einem Monat die Zahl der Be⸗ ahungstruppen wesentlich erhöht worden sei. Die ülastung, welche die Bewohner hierdurch erführen, habe außer⸗ Prüani zugenommen. Die Truppenvermehrung hänge eng mit der dli ache zusammen, daß entgegen der durch die Annahme des sortnatums geschaffenen Rechtsgrundlage die Sanktionen noch naldauerten. Die Regierung habe die furchtbaren Wirkungen, rieder die Sanktionen im unbesetzten Gebiet ausübten, 18 Föolt den zuständigen Berliner Stellen dargelegt und dringend känne hilfe ersucht. Nach den letzten hierher gelangten Nachrichten defuchä an davon überzeugt sein, daß die Reichsregierung nichts un⸗ nh lassen werde, um eine bal ige Aufhebung der Sanktionen Der Staatspräsident erklärte ferner, es zu⸗
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den Ausführungen des Ministerpräsidenten
Zeichen bei den reaktionären Organisationen
Politik müsse die Sicherung eines wirklichen Friedens für das Reich und die Welt sein. Die Politik des britischen Reiches müsse ein Wettrüsten unmöglich machen. Der größte Fehler würde ein Wett⸗ rüsten mit den Vereinigten Staaten sein. Smuts sagte, die euro⸗ päische Bühne sei nicht von erster Bedeutung, der Schwerpunkt habe sich nach dem fernen Osten und nach der Südsee verschoben. In Mitteleuropa züngeln noch immer Flammen, gelegentlich koche der Topf über. Dies seien jedoch nicht mehr Ereignisse von erster Bedeutung; dieser Zustand werde wahrscheinlich noch viele Jahre fortdauern, und keinerlei Unternehmen von seiten des britischen Reiches könns dort die Lage wesentlich verändern. Smuts riet daher zur Vorsicht und Zurückhaltung in kontinentalen Ver⸗ pflichtungen und zur Vermeidung irgendeiner parteiischen Haltung in den Fragen des europäischen Kontinents sowie zur Aufrecht⸗ erhaltung einer unparteiischen Haltung gegenüber allen. Die Probleme des Stillen Ozeans seien Weltprobleme für wenigstens die nächsten 50 Jahre. Die Konferenz müsse die Führung über⸗ nehmen und die in Frage kommenden Mächte, Großbritannien, die Vereinigten Staaten, Eina und Japan in ein System freund⸗ schaftlichen Wettbewerbs führen. Der Premierminister von Neusee⸗ land, Assey, erklärte, er sei nicht optimistisch genug, um zu glauben, daß dies der letzte Krieg gewesen sei. Er hoffe daher, daß eine genügende starke Seestreitkraft beibehalten werden würde, um die Verbindung zwischen den verschiedenen Teilen des Reiches aufrecht⸗
zu erhalten. — Lord Grey erklärte in einer vorgestern abend
Sheffield gehaltenen Rede über den Völkerbund:
Die Vereinigten Staaten hätten den größten Wunsch, den Frieden der Welt zu bewahren. Wenn in Angelegenheiten der Welt Schwierig⸗ keiten entstehen sollten, dann müßten England und Amerika zu demselben Zwecke zusammenwirken. England mit anderen
in
sei 47 Nationen im Völkerbunde, der viel zu gut und wohl begründet sei, um einfach gestrichen zu werden. Es gäbe drei Arten von Politik, die befolgt werden könnten: erstens die Politik der glänzenden Vereinsamung. Diese Politik würde heut⸗ zutage zwecklos und teuer sein. Eine weitere Politik sei die der Sonderbündnisse. Diese führe zu Gegenbündnissen und Rüstungs⸗ wettbewerben und schließlich zum Ausbruch eines Sturmes. Schließlich
— Die Senatskommission für auswärtige An⸗ gelegenheiten hat gestern unter dem Vorsitz von Poincaré eine Sitzung abgehalten, der Ministerpräsident Briand beiwohnte. Briand sprach sich über die oberschlesische Angelegenheit, die Lage im Orient und die Verhandlungen mit Deutschland aus.
In Oberschlesien könne man, so führte er dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge aus, nach den jüngsten Verhandlungen erwarten, daß sich die englische These, was das Verfahren anbetreffe, der französischen These nähern werde, der auch die Regierung von Rom sich zuzuwenden geneigt sei. Es scheine schon jetzt sicher, daß der Oberste Rat nur über ein einmütiges Abkommen entscheiden werde, das die Interalliierte Kommission allein oder mit Hilfe von Technikern, Diplomaten und IJuristen, die ihr beigegeben wurden, angenommen habe. Die augen⸗ blicklichen Kommissionen würden an Ort und Stelle ver⸗ bleiben. Im Orient könne man eine gleiche Annäherung der französischen und der englischen These ins Auge fassen, der auch die italienische Regierung zustimme. Es sei wahrscheinlich, daß die Türken und die Griechen in Anbetracht der kritischen Lage, in die eine neue Offensive sie bringen könne, die angebotene Vermittlung der Alliierten annehmen würden. Die türkische Regierung müsse eine unerläßliche Freiheit erhalten und die Möglichkeit, ein Friedens⸗ element zu werden, so daß sie mitarbeiten könne an den Interessen und am Einfluß Frankreichs in der Levante. Was die deutsch⸗ französischen Verhandlungen anbetreffe, so sei es ver⸗ früht, die Ergebnisse vorauszusehen.
Der Ausschuß trat dann in einen Meinungsaustausch ein, an dem sich u. a. Ribot, de Selves, Noulens, de Constant beteiligten.
— Gestern hat unter dem Vorsitz des früheren Minister⸗ präsidenten Leygues der Kammerausschuß für auswärtige Angelegenheiten die gegenwärtige Lage besprochen und be⸗ schlossen, den Ministerpräsidenten Briand aufzufordern, sobald wie möglich über die oberschlesische und kleinasiatische Frage sowie über die Angelegenheit der Sanktionen Auskunft zu erteilen.
Schweiz.
In der Sitzung des Völkerbundsrates, in der über die Frage der militärischen Verteidigung des Frei⸗ staats Danzig entschieden wurde, trat der Vertreter Danzigs, Senatspräsident Dr. Sahm, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ berichtet, gegen die Verquickung der Verteidigung Danzigs mit der Aufrechterhaltung der Ordnung auf. Ebenso erklärte er sich dagegen, daß in Ausführung des Artikels 28 den Polen die Ausfuhr aller Waren über Danziger Gebiet ge⸗ stattet und das militärische Mandat gesichert werde. Der polnische Vertreter forderte auf Grund des Gutachtens der Ständigen Militärkommission befestigte militärische Stützpunkte und eine Garnison auf dem Gebiet der Freien Stadt. Diese Forderung wurde vom Völkerbunds⸗ rat abgelehnt. Eine etwaige militärische Verteidigung Danzigs durch Polen könnte laut Beschluß des Rates nur auf Grund einer jeweiligen Entscheidung des Völkerbundsrates bezw. des Oberkommissars erfolgen. Damit ist für Danzig das Problem in dem Sinne entschieden, daß nunmehr von einer polnischen Garnison in dem Freistaat nicht die Rede sein kann. Die Garantie für die Unabhängigkeit der Stadt liegt danach in den Händen des Völkerbundes, worin der Danziger Vertret⸗ wertvollste Ergebnis der Genfer Be⸗ schlüsse sieht.
Griechenland.
Nach einer Havasmeldung haben der französische, der englische und der italienische Gesandte in Athen am 20. Juni der griechischen Regierung das Vermittlungsangebot im griechisch⸗türkischen Konflikt überreicht. Der Minister für auswärtige Angelegenheiten hat erklärt, daß die Angelegen⸗ heit einer Prüfung unterzogen werde, sobald der Minister⸗ präsident Gunaris von Cordelio zurück sei.
Amerika. 1“
Wie die „Chicago Tribune“ aus Washington meldet, ist in gemeinsamer Sitzung des Repräsentantenhauses und des Senats gestern auf Betreiben der Mitglieder des Repräsentanten⸗ hauses die Resolution Porter, die den Friedenszustand mit Deutschland erklärt, zurückgestellt worden. Die vereinigten Parlamentsmitglieder haben alsdann auf Antrag des Senators Borah an dem Flottenbudget einen Abstrich von 86 Mil⸗ lionen Dollar vorgenommen.
Asien.
Nach einer Meldung der Times aus Bombay hat ein Ausschuß des Nationalkongresses unter dem Vor⸗ sitzenden Ghandi eine Entschließung angenommen, in der es heißt:
Wenn die britische Regierung sich in die seligkeiten gegen die Regierung von Angora einlasse, dann sei es di flicht jer Inders, sich der Unterstützung aller derartigen mit den hamedanis⸗ mus unmittelbar in Widerspruch stehenden Feindseligkeiten zu ent⸗ halten. Die indischen Soldaten müßten sich daher weigern, in einem
solchen Feldzuge ihre Dienste zu leisten.
Deutscher Reichstag. 119. Sitzung vom 21. Juni 1921. Nachtrag.
sei noch die Völkerbundspolitik vorhanden. Unter Beifall erklärte Grey, Deutschland müsse in den Völkerbund aufgenommen werden und schließlich müsse auch die Aufnahme Rußlands erwogen werden.
— JIn einer gestern abgehaltenen Beratung der Arbeiter⸗ partei in London wurde der Vorschlag, den Anschluß der kommunistischen Partei an die Arbeiterpartei zu gestatten,
abgelehnt. Frankreich.
Der Ministerpräsident Briand hat gestern vormittag Vertreter der im Exil befindlichen bürgerlichen Regierungen der vier kaukasischen Staaten Armenien, Georgien, Nordkaukasus und Aserbeidschan empfangen, die in Paris eine gemeinsame Erklärung 8 Herstellung eines wirt⸗ schaftlichen und politischen Bundes der genannten Völker unter⸗ zeichnet haben.
Die Rede, die bei der zweiten Beratung des Gesetz⸗ entwurfs über die Erhebung einer Abgabe zur Förderung des Wohnungsbaues (Miet⸗ steuer) zu § 1 desselben der Reichsarbeitsminister Dr. Brauns gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf über eine Abgabe zur Förderung des Wohnungsbanues ist in der ersten Lesung ohne Debatte dem Ausschuß überwiesen worden. Ich muß annehmen, daßzeine allgemeine Aussprache jetzt bei der zweiten Lesung nunmehr gewünscht wird. Sie werden deshalb auch gestatten, daß ich mit wenigen Worten dies sprache einleite, um den Standpunkt der Regierung zu diese umstrittenen Gesetz wenigstens in Kürze darzulegen.