Verteidigung eingegangen waren, richtete der Verteidiger eine Ein⸗ gabe an das Justizministerium. In dieser Eingabe wird dargelegt, daß von Jagow sich einer Untersuchungshaft von möglicherweise unabsehbarer Dauer nicht aussetzen wolle, daß er sich aber imerhalb weniger Tage stellen werde, wenn der gegen ihn verhängte Haft⸗ befehl aufgehoben wird. Der Verteidiger von Gordon bittet, zu erwägen, ob es nicht im allseitigen Interesse angezeigt erscheine, den Oberreichsanwalt anzuweisen, keinen Widerspruch gegen die Auf⸗ hebung des Haftbefehls zu erheben, wenn die Verteidigung des Herrn von Jagow wiederholt einen diesbezüglichen Antrag stellt. Ferner wird um eine Unterredung mit dem Reichsjustizminister selbst ge⸗ beten. — Dieser Antrag des Geheimrats von Gordon wurde ab⸗ gelehnt: Auf das Schreiben vom 24., betreffend das Strasverfahren
gegen von Jagow, wird erwidert, daß der Minister sich nicht in der Lage sehe, die erbetene Anweisung an den Oberreichsanwalt ergehen zu lassen. Das Reichsgericht hat durch Beschluß vom 28. August die Amnestie vom 4. August mit Rücksicht auf die Stellung des Beschuldigten im Kapp⸗Unternehmen für nicht an⸗ wendbar erklärt. Der Beschuldigte ist flüchtig und hält sich ver⸗ borgen. Die Umstände, die zum Erlaß des Haftbefehls geführt haben, bestehen somit fort. Bei dieser Sachlage glaubt der Minister auch eine mündliche Besprechung als nicht zweck⸗ entsprechend bezeichnen zu sollen.
Am 21. Dezember 1920 ergehen erneut Eingaben des Ver⸗ teidigers. Und nun kommt der Beschluß des Reichsgerichts vom 26. März 1921. Das ist derjenige Beschluß, der die Aussetzung der Vollstreckung des Haftbefehls gegen Leistung einer Sicherheit anordnet. Dieser Beschluß lautet: Auf die Anträge des Verteidigers des Angeschuldigten von Jagow vom 9. und 12. November 1920 und 24. und 25. Fe⸗ bruar 1921 wird nach schriftlicher Aeußerung des Oberreichs⸗ anwalts beschlossen:
Der Antrag auf Einstellung des Verfahrens gegen den An⸗ geschuldigten von Jagow und Aufhebung des Haftbefehls wird abgelehnt. Jedoch ist von Jagow gegen Sicherheitsleistung von 500 000 ℳ, zu erlegen in barem Gelde oder mündelmäßigen Wertpapieren zum Kurswerte, mit der Untersuchungshaft zu ver⸗ schonen.
Gründe: Der Angeschuldigte von Jagow ist nach dem Stande der Vgxuntersuchung als Urheber und Führer des hoch⸗ verräterischen, gegen das Reich gerichteten Unternehmens ver⸗ dächtig. Durch Sicherheitsleistung im angebotenen Betrage ist jedoch Fluchtgefahr als ausgeschlossen anzusehen, und es war, da
Verdunkelungsgefahr nicht besteht, der § 117 der Strafprozeß⸗
ordnung anzuwenden.
(Zuruf von den Vereinigten Kommunisten: Wo kommt die halbe Million her?) — Es gibt noch andere Leute als Herrn von Jagow, die das Geld hergegeben haben können. Mit dieser Möglichkeit müssen wir doch wohl rechnen. Jedenfalls hatte das Reichsgericht keine Veranlassung, nach dieser Richtung hin Nachforschungen an⸗ zustellen. (Zuruf bei den Vereinigten Kommunisten: Bei anderen lehnen Sie das ab!) Dieser Beschluß erging gegen den lebhaften Widerspruch des Oberreichsanwalts. Der Oberreichsanwalt sprach sich dahin aus, daß er die Aufhebung des Haftbefehls gegen Sicher⸗ heitsleistung auch nach wie vor für nicht angebracht halte. Trotzdem hat das Reichsgericht diesen Beschluß erlassen. Es hat sich dabei über die Frage der Bedeutung, die es dem Gesundheitszustand des Herrn von Jagow beimißt, nicht geäußert. Der Schluß, daß deshalb ieser Gesundheitszustand gar keine Rolle für das Reichsgericht gespielt habe, ist indes voreilig, und wenn Herr von Jagow in seiner zweiten Erklärung hierauf den Ton legt, um mir einen Irrtum achzuweisen, so ist das auf seiner Seite irrig. Die Gesichtspunkte, nter denen das Reichsgericht einen Fluchtverdacht nach hinterlegter Kcution für ausgeschlossen gehalten hat, sind in dem Beschluß einfach icht wiedergegeben, sondern es ist im wesentlichen nur der Wortlaut es Gesetzes wiederholt worden.
Der Herr Abgeordnete Rosenfeld hat nun weiter gefragt, warum nicht Kollusionsgefahr angenommen worden ist. Ich bemerke, daß tejenigen Gründe, die er ins Feld geführt hat, daß sich nämlich die ngeklagten untereinander verständigen können und aus diesem
unde die Nachprüfung des Richters über ihr Tun erschweren können, in dieser Allgemeinheit nicht ausreichen, um die Haft zu ermöglichen. (Hört, hörtl bei den Unabhängigen Sozialdemokraten nd den Vereinigten Kommunisten.) Das Gesetz sagt ausdrücklich: Es müssen Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß der Angeschuldigte Spuren der Tat vernichten oder Zeugen oder Mitschuldige zu einer falschen Aussage oder Zeugen dazu verleiten werde, sich der Zeugnispflicht zu entziehen. Diese Tatsachen sind aktenkundig zu machen.
einigten Kommunisten.) Die Akten ergeben irgendwelche Tatsachen dieser Art nicht.
Nachdem der Beschluß ergangen war, wurde er dem Oberreichs⸗ anwalt am 31. März 1921 zugestellt. Anfang April 1921 erfolgte die Zustellung des Beschlusses an den Verteidiger von Gordon, Mitte April 1921 die Leistung der Sicherheit. Daraufhin wurde der An⸗
schienen war und habe deshalb selbst angenommen, daß sein Aufent⸗ halt unbekannt sei. Meine Ausführungen von den Nürnbergern, die keinen hängen, den sie nicht haben, bezog sich nicht auf diesen Augen⸗ blick, sondern auf die Zeit, in der der Beschluß des Reichsgerichts erlassen worden ist. (Lachen auf der äußersten Linken.) Natürlich! Denn daraus folgt allerdings, wie Sie sehen werden, daß das Reichs⸗ gericht, um den Angeschuldigten überhaupt vor die Schranken zu be⸗ kommen, diesen Beschluß erlassen hat. Die Hauptsache aber ist folgende. Objektiv stand fest — und darauf allein kommt es an —, daß der Angeschuldigte von Jagow sich frei bewegen konnte, nachdem das Gericht die Ausführung des Haft⸗ befehls unter gewissen Bedingungen aufgehoben und der Angeschuldigte von Jagow diese Bedingungen erfüllt hatte. Wäre das in der Oeffent⸗ lichkeit bekannt gewesen, so wären eine Menge an sich durchaus ver⸗ ständlicher Rekriminationen, Vorstellungen, Irrtümer und Angriffe unterblieben. Nun aber ist damit natürlicherweise, wie ich ohne weiteres an⸗ erkenne, die Angelegenheit nicht erledigt. Es war, wenn dieser Be⸗ schluß ergangen ist, immerhin zu prüfen, ob die Voraussetzungen, unter denen der Beschluß aufgehoben werden konnte, nicht jetzt gegeben seien; und hierauf hat der Herr Abgeordnete Dr. Rosenfeld durchaus mit Recht verwiesen. “ Der Sicherheitsleistung ungeachtet ist der Angeschuldigte zur
Haft zu bringen, wenn er Anstalten zur Flucht trifft, wenn er auf ergangene Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder wenn neu hervorgetretene Umstände seine Verhaftung erforderlich machen.
Die ersten beiden Voraussetzungen liegen unstreitig nicht vor. Der Angeschuldigte von Jagow hat sich zur Vernehmung gestellt. Er hat nicht nachweisbar Anstalten zur Flucht getroffen, sondern im Gegenteil sich vollkommen frei bewegt. .
Dagegen ist allerdings zu prüfen, ob seine Erklärung, daß er jetzt völlig gesund sei — eine Erklärung, die in einem krassen Widerspruch zu seinen früheren Angaben stand — (sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten), nicht eine neue Tatsache darstellt, aus der die Ver⸗ haftung ausgesprochen werden konnte. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten. — Zuruf von den Vereinigten Kommunisten: Na, Sie werden doch nicht?! — Heiterkeit bei den Vereinigten Kommunisten.) Ich habe diese Frage geprüft und bin zu der Ueberzeugung gekommen, daß in der Tat diese Frage zu bejahen sein wird. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)
Ich habe deshalb an den Herrn Oberreichsanwalt die Weisung gerichtet, eine Entscheidung dieser Frage beim Reichsgericht herbei⸗ zuführen. (Zuruf von den Unabhängigen Sozialdemokraten: Jetzt? — Lachen auf der äußersten Linken.) Ich habe diese Weisung, unmittelbar nachdem ich diese Tatsachen erfahren habe, an den Ober⸗ reichsanwalt ergehen lassen, kann aber feststellen, daß in der Zwischenzeit der Oberreichsanwalt selbst in demselben Sinne dieser Frage nähergetreten ist.
Der Oberreichsanwalt hat an den Ersten Strafsenat des Reichs⸗ gerichts folgenden Antrag gestellt: G
Nach Blatt 1691 hat der Senat entgegen meinem Antrage beschlossen, den Angeschuldigten von Jagow gegen eine Sicherheit von 500 000 ℳ mit der Untersuchungshaft zu verschonen. In dem Beschlusse ist ausgeführt, daß durch die angebotene Sicherheit Fluchtgefahr als ausgeschlossen anzusehen sei.
Ich glaube jedoch annehmen zu dürfen, daß für diesen Beschluß des Senats die Erwägung jedenfalls mitbestimmend gewesen ist, daß der Angeschuldigte von Jagow nach seinen wiederholten, auch belegten Ausführungen kvank und die Untersuchungshaft für ihn mit Lebensgefahr verbunden sei.
Hierauf folgen die Hinweise, die ich vorhin bereits zitiert habe, auf die Eingaben der Verteidigung über den Gesundheitszustand des Herrn von Jagow. 1
Der Antrag fährt fort:
Im Widerspruch und im krassen Gegensatz zu diesen Aus⸗ führungen veröffentlicht der Angeschuldigte von Jagow in der „Kreuzzeitung“, daß er seit März 1920 nicht einen Tag krank gewesen sei.
Hiernach halte ich die früheren Anführungen für unwahr und beantrage nunmehr, den Beschluß aufzuheben, damit ich seine Inhaftnahme veranlassen kann, dem sein Gesundheitszustand nach seiner eigenen Einlassung nicht entgegensteht.
Auf diesen Antrag hat das Reichsgericht am gestrigen Tage folgendermaßen beschlossen:
In der Strafsache gegen den Generallandschaftsdirektor Kapp in Königsberg und Genossen wegen gemeinschaftlichen Hochverrats, hier gegen den Mitangeklagten von Jagow, Regierungs⸗ präsident z. D., in Potsdam, hat das Reichsgericht, Erster Straf⸗ senat, in nichtöffentlicher Sitzung vom 4. Juli 1921 auf den Antrag des Oberreichsanwalts vom 1. Juli dieses Jahres — den Beschluß vom 26. März 1921, daß der Angeschuldigte von Jagow gegen Sicherheitsleistung von 500 000 ℳ mit der Untersuchungs⸗
Das Gesetz sagt in § 120 der Strasprozeßordnun;:;
lassung des Beschlusses vom 26. März 1921 nicht enlsched waren. (Hört, hört! rechts.) Vielmehr beruht dieser Beschluß der Erwägung, daß daburch die Gestellung des Angeschatben erreicht und damit die Untersuchung gefördert werd. e Dieser Beschluß bestätigt meine Annahme, daß der 82 stellungsbeschluß des Reichsgerichts in der Tat von dem Verlen diktiert war, auf irgendeine Weise eine der aus dem Kapp⸗den angeklagten Persönlichkeiten vor die Schranken des Gerichts ü bringen. Nachdem die Versuche, sich auf andere Weise bemächtigen, fehlgeschlagen waren, glaubte das Reichsgericht de leten Weg, sie zur Aburteilung zu bringen, nicht verschließen z sollen, gerade um es zu ermöglichen, daß vor dem Reichsgeis dieser ganze Fall zur Aburteilung gelangt. (Rufe von der äußerse Linken: Wer lacht da!) Das Reichsgericht hat damit jedenfalle nächst den Erfolg erzielt, daß Herr von Japow sich zur Vernehu gestellt hat. Das Reichsgericht ist der Ansicht, daß Herr von Imn in Konsequenz dieser seiner Haltung sich auch zur Hauptverhandlu stelen werde. (Lachen und Zurufe links.) Das Reichsgericht nimn an, daß es im andern Fall zur Hauptverhandlung nicht kommh kann, und man mag über den Beschluß im übrigen denken, wie ng will, daß er sachlich durchaus erwägenswert ist, daß er durchaus sa liche Gesichtspunkte enthält, und daß er vom Standpunkte derjenige die den entscheidenden Wert, wie ich, darauf legen, daß diese Angeleger heit vor dem Reichsgericht zur Aburteilung gelangt —, ich glan⸗ vom Standpunkte derjenigen wird man für diesen Beschluß de Reichsgerichts jedenfalls Verständnis und vor allen Dingen Achtun haben können. (Große Unruhe und Lachen links.)
Es fragt sich mm, wie das Verfahren weitergeht. Ich 8 nach dieser Richtung folgendes sagen: Nachdem der Angeschubdigh von Jagow am 3. Mai, wie ich bereits mitgeteilt habe, vernommn worden war, wurde zunächst auf Grund seiner eigenen Angaben nat eine Anzahl weiterer Zeugen vernommen. Aber schon am 9. Mi wurde die Voruntersuchung abgeschlossen, das Aktenmaterial de Staatsanwaltschaft übergeben. In den nächsten Wochen kam vah eine große Anzahl von Nachstücken ein von Antworten auf E⸗ kundigungen und Anfragen, die der Untersuchungsrichter hatte a⸗ gehen lassen, die in das große und weitschichtige Material verarbeite werden mußten. Das geschah bis zum 18. Juni.
An diesem Tage begann die Aufstellung der Anklageschrift. d. es sich bei dieser Anklageschrift um Verarbeitung eines Aka⸗ materials von 30 Aktenbänden handelt (hört! hört! und Lache links), so werden Sie begreifen, daß es die Bedeutung der Ang⸗ legenheit mit sich brachte (Rufe von den Unabhängigen Sozialdemo⸗ kraten und den Vereinigten Kommunisten: Sondergerichtel), da es in der Tat notwendig war, für die Herstellung dieser Anklag⸗ schrift auch bei Einsetzung aller Kräfte die seitdem verflossene, nich erhebliche Zeit zu benutzen. Die Anklageschrift ist im Entvuf fertig. Ich nehme an, daß sie in 8 bis 10 Tagen dem Reichsgerict zugehen wird (Zuruf von den Vereinigten Kommunisten: 8 br 10 Jahren!), worauf dann die entscheidende Entschließung d Reichsgerichts kommen wird.
Meine Damen und Herren, ich glaube, daß Sie aus meime Darlegung das eine wohl ersehen haben werden, daß jedenfalls di Justizverwaltung alles getan hat, was in ihren Kräften stand, m dem Verfahren gegen Jagow Fortgang zu geben. (Widerspruch und lautes Lachen auf der äußersten Linken.) Wenn Sie glauben, di das nicht der Fall ist, so wäre ich begierig, diejenigen Punkte be⸗ zeichnet zu sehen, in denen dies nicht geschehen ist. Daß insbesonden ich in der Zeit meiner Amtsführung das, was der Herr Abgeordner Dr. Rosenfeld selbst verlangt und was er offenbar nicht erwvarte hatte, immer getan habe, habe ich Ihnen ja eben nachgewiesen, un ich wüßte wirklich nicht, was ich in der Zeit anders und met hätte tun können. (Zuruf von den Vereinigten Konzmunisten: De Prozeß wird im Jahre 2000 beendet!)
Nunmehr liegt die Angelegenheit in den Händen des Reiche⸗ gerichts. (Zuruf von den Vereinigten Kommunisten: Da liegt see in guten Händen!) — Ja, da liegt sie in guten Händen, das it allerdings meine Ueberzeugung. Und wenn Sie genau so wie Her von Jagow gegen das Reichsgericht, gegen die Autorität, gegen das Ansehen und gegen die Pflichttreue des Reichsgerichts Sturm laufe, so machen Sie sich desselben Vergehens schuldig, dessen sich Hen von Jagow schuldig gemacht hat. (Zuruf von den Unabhängiger Sozialdemokraten: Unerhört!) Das ist in der Tat doch der Fel⸗ Sie betonen ja stets, daß Sie zu der Rechtsprechung des Reichs⸗ gerichts kein Vertrauen haben. (Zurufe von der äußersten Linken, Aber ich bitte Sie, doch auch in diesem Augenblick sich a folgendes zu erinnern. Sie mögen an die von Ihrem Standpunk aus vielleicht berechtigten Beschwerden denken, die Sie gegen d Rechtsprechung, wie sie gehandhabt wird, haben mögen. In einet Hinsicht aber, glaube ich, sollten Sie ihren Beschwerden gewist Schranken ziehen, daß Sie nämlich den Willen nach Gerechtigket und Unparteilichkeit (Zuruf von der äußersten Linken: Gerade da ist es!) bei den Richtern und den Gerichten nicht in Zweifel ziehen. Ich kann in dieser Beziehung darauf hinweisen, daß ein Mitzlid der Unabhängigen Sozialdemokratie, der Abgeordnete Liebknecht, ver
132. Sitzung vom 6. Juli 1921, Vormittags 11 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“]
Präsident Löbe eröffnet die Sitzung erst nach 11 ½ Uhr.
Der Gesetzentwurf über das deutsch⸗bel⸗
ische Abkommen zu Artikel 312 des Friedens⸗ 8 rtrages (Regelung der Sozialversicherung aus An⸗ laß der Abtretung der Kreise Eupen und Malmedy) und eine Novelle zum Reichsbeamtengesetz werden in allen drei Lesungen ohne Debatte angenommen.
Der Gesetzentwurf über Beamtenver⸗ vertretungen wird in der ersten Beratung auf Antrag des Abg. Steinkopf (Soz.) ohne weitere Erörterung an den sozialpolitischen Ausschuß überwiesen.
In zweiter und dritter Beratung-wird der Gesetz⸗ entwurf angenommen, der“ die im Handelsgesetzbuch und in der Gewerbeordnung vorgesehenen Gehalts⸗ grenzen bei den Kündigungsfristen und dem Wettbewerbsverbot entsprechend der Geld⸗ entwertung erhöhen will, und zwar im Handelsgesetz⸗ buch in § 68 auf 30 000 ℳ, in § 742 auf 12 000 ℳ, in § 75 5b auf 40 000 ℳ und in der Gewerbeordnung im § 133a, b auf 30 000 ℳ. Dazu wird ferner auf Antrag des sozialpolitischen Ausschusses eine von dem Berichterstatter Abg. Thiel (D. V.) befürwortete Ent schließung angenommen, die die Er⸗ wartung ausspricht, daß das im Reichsarbeitsministerium vorbereitete Gesetz über die vorläufige Regelung des Wett⸗ hewerbsverbots für die technischen Angestellten so rechtzeitig vorgelegt wird, daß es noch während des nächsten Tagungs⸗ abschnitts des Reichstags verabschiedet werden kann.
Es folgt die zweite Beratung des Gesetzent⸗ wurfes über die anderweite Festsetzung der Leistungen und Beiträge in der Invaliden⸗ versicherung. Der Ausschuß hat an Stelle der neun Lohnklassen der Regierungsvorlage acht angenommen, die erste bis 1000 ℳ, die zweite von 1000 bis 3000, die dritte von 3000 bis 5000, die vierte von 5000 bis 7000, die fünfte von 7000 bis 9000, die sechste von 9000 bis 12 000, die siebente von 12 000 bis 15 000 und die achte von mehr als 15 000 . Der Grundbetrag der Invalidenrente beträgt für alle Lohn⸗ klassen 360 ℳ. Dazu kommt dann ein Steigerungssatz für jede Beitragswoche, der nach den Ausschußbeschlüssen in der ersten Tohnklasse 10, der zweiten 30, der dritten 50, der vierten 70, der fünften 90 ₰ beträgt, für die sechste Lohnklasse schlägt der Ausschuß 1,20 ℳ, die siebente 1,50 ℳ und die achte 1,80 ℳ vor. Der Anteil der Versicherungsanstalt an der Altersrente soll betragen in der ersten Lohnklasse 300 ℳ, der zweiten 500, der dritten 700, der vierten 900, der fünften 1100, der sechsten 1400, der siebenten 1700 und der achten 2000 ℳ. Bis zum 31. Dezember 1926 sollen als Wochenbeitrag erhoben werden in Lohnklasse 1 3,50 ℳ, Lohnklasse 2 4,50 ℳ, Lohn⸗ klasse 3 5,50 ℳ, Lohnklasse 4 6,50 ℳ, Lohnklasse 5 7,50 ℳ, Lohnklasse 6 9 ℳ, Lohnklasse 7 10,50 ℳ und Lohnklasse 8 12 ℳ. Als Beitragswochen der Lohnklasse 2 werden ohne das Beiträge entrichtet zu werden brauchen, die vollen ochen angerechnet, in denen der Versicherte 1. in Mobilmachungs⸗ oder Kriegszeiten militärische Dienstleistungen verrichtet hat, 2. wegen einer Krankheit zeitweise arbeitsunfähig und nach⸗ weislich verhindert gewesen ist, seine Berufstätigkeit fort⸗ zuseten. 8
Präsi öbe teilt mit, daß zu diesem Gegenstand bereits 13 uö vorliegen, und bittet die Redner, sich kurz zu
fassen. h 1 1 tr.): Es ist bedauerlich, daß in letzter äe venc steches werden muß. In so
Stunde dieser Gesetzentwurf d s kurzer gnet gen sich die Mitglieder des Hauses in die Materie
nicht hineinfinden. Die soziale Belastung für die ö. kichh die und kleinen Haushalte schon sehr och. 829 liegt für uns kein Grund vor, über die Vorschläge der Hegiarung vorschläge hinauszugehen, und wir werden die weitergehenden An⸗ träge ablehnen.
se og. 8 Behm (D. Nat.): Ich bedaure, daß dee Geschäfts⸗ lage des Hauses es nicht erlaubt hat, die Hausgewerbereeibenden in die Invalidenversicherung und Krankenversicherung vinpebegtehen. Im Namen aller Heimarbeiterinnen spreche ich die Erwartung aus, daß der Reichstag in der nächsten Tagung in. v ersten Sitzungen sih mit 5 Frage beschäftigt. Wir im ozi politischen Ausschuß sind alle bereit, die Sache vorzuberei “
ben uns entschlossen, schon acht Tage voy dem Zusammentritt de .8 Hauses uns als niederes Haus Fessin e ef gde. 86 hofh. daß dann der Reichstag in einer seiner ersten Sitzungen die Reform vollziehen kann. 8 3
Abg. Kn 8 sten (U. Soz.): Der Gesetzentwurf sieht 8 8
hebliche Steigerung der Beiträge vor. Wir begrüßen diese 8. 8 rungen und stimmen ihnen zu, aber mit dem Vorbehalt, d8 eine Steigerung der Leistungen Hand in Hand geht. veüf e vis 1 es nicht verantworten, daß jährlich 3 bis 4 Milliarden 8 . Beiträgen mehr eingenommen werden, ohne daß eine en g der Leistungen vorgenommen wird. Wir be alten uns un 5 8.*ꝙ stimmung für die dritte Lesung vor, je nachdem unsere
rungsanträ ledigt werden. 1 nchagtc ege Feleatz (Dem). Die Beschlüsse des Ausschusses können unter den heutigen Verhältnissen durchaus verantworte
werden. Gegenüber den Bedenken des Abgeordneten Veltin weise ich darauf Rn⸗ daß die Ansprüche an die Invalidenverstcherung ganz besonders gestiegen sind. Es ist ja durchaus Sens b 18 die dac den Krieg entstandenen Mehrbelastungen von 6 v. 8 kasse gedeckt werden sollen. Wenn man davon absieht, so tu s es in Rücksicht auf die Finanzverhältnisse des Reiches. Irg
woher muß aber eine Deckung erfolgen,
versicherung bloß um das Drei⸗ bis Vierfache steigen. Die
sein, da die Preise für Getreide, für Eier usw. um das Zehn⸗ bis Zwanzigfache gestiegen sind, während die Lasten der Sozial⸗ in⸗ richtung der höheren Lohnklassen mit den wesentlich erhöhten Bei⸗ trägen ist angesichts der Zeitverhältnisse durchaus zu rechtfertigen. Die Versicherung hat enorme Aufwendungen zu machen und braucht dafür erhöhte Mittel. Die niederen Lohnstufen bringen diese Mittel nicht mehr ein. Gehen wir nicht dazu über, die qualifi⸗ zierten Arbeiter mit den höheren Löhnen entsprechend zur Bei⸗ tragszahlung heranzuziehen, dann können die Anstalten überhaupt nicht mehr auf eine gesunde, finanzielle Grundlage kommen. Heute stehen die höheren Lohnklassen günstiger da als die niederen, und dieses Mißverhältnis soll “ ausgeglichen werden. Was der Kollege Veltin bezüglich der Dienstboten sagte, stimmt düicht Die Dienstboten werden nicht in den hohen Klassen ver⸗ ichert.
Der Antrag IS Vp.) auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage bezüglich der Lohnklassen wird abge⸗ lehnt. Die Lohnklassen werden nach dem Beschluß des Aus⸗ schusses angenommen.
Abg. Karsten (U. Soz.) befürwortet zu § 1255 der Reichs⸗ versicherungsordnung den Antrag seiner Partei, den Renten⸗ zuschuß von einem Drittel auf die Hälfte zu erhöhen. Auch für die Unfallbeschädigten sei ebenso wie für die Kriegsbeschädigten jetzt der Begriff der Schwerbeschädigten eingeführt. Die ärzt⸗ lichen Gutachten lauten sehr häufig so, daß die Grenze der Er⸗ werbsunfähigkeit von 663½ % nicht erreicht wird. 1 88
Der Antrag wird abgelehnt.
Zu § 1258 befürwortet 8
Abg. Aufhäuser (U. Soz.) einen Antrag seiner Partei, das Erfordernis der dauernden Invalidität der Witwe bei der Witwenrente zu streichen. Es dürfe kein Unterschied zwischen invaliden und gesunden Witwen gemacht werden. Gerade die Frau, die viele Jahre keine Erwerbstätigkeit ausgeübt habe, be⸗ Se. sehr schwer wieder als Witwe eine Anstellung im Erwerbs⸗ eben.
Abg. Kaiser (Soz.) erklärt, daß seine Partei grundsätzlich auf dem Standpunkt stände, daß möglichst alle Witwen eine Rente bekommen sollen, aber angesichts der Notlage der Versicherungs⸗ träger sei diese Forderung vorläufig nach Vereinbarung im Aus⸗ schuß bis zur Beratung der Novelle zur “ im Herbst zurückgestellt. Deshalb müsse mit solchen Wünschen vorläufig zurückgehalten werden.
Abg. Bartz (Komm.) spricht sich für den Antrag der Un⸗ abhängigen aus; die Arbeiterwitwe dürfe nicht schlechter gestellt werden als die Beamtenwitwe, die immer eine Pension bekomme.
Der Antrag wird abgelehnt.
Zu § 1285 wird ein Antrag der Unabhängigen Sozialisten, der den bisherigen Reichszuschuß zur Rente streichen und dafür im § 1287 entsprechend höhere Leistungen vorsehen will, nachdem die Abgg. Aufhäuser und Karsten dafür eingetreten sind, abgelehnt.
In § 1392 wird die Festsetzung der Beiträge nach den Ausschußbeschlüssen angenommen.
Angenommen wird weiterhin ein Antrag Erkelenz (Dem.) und Gen., wonach als Beitragswochen der Lohn⸗ klasse 2 die vollen Wochen angerechnet werden, in denen der Versicherte in Mobilmachungs⸗ oder Kriegszeiten zur Erfül⸗ lung der Wehrpflicht eingezogen gewesen ist oder freiwillig militärische Dienstleistungen verrichtet hat.
Im übrigen bleibt die Vorlage unverändert.
In zweiter und dritter Lesung wird der Gesetz⸗ entwurf über die Gebühren der Rechts⸗
anwälte und Gerichtsvollzieher unverändert an⸗ genommen.
Es folgt die zweite Beratung des Gesetzent⸗ wurfs über Wochenhilfe und Wochenfürsorge.
Nach den Beschlüssen des sozialpolitischen Ausschusses erhält im Rahmen der Reichsversicherungsordnung die versicherte Frau ärztliche Behandlung, falls solche bei der Entbindung der bei Schwangerschaftsbeschwerden erforderlich wird, einen einmaligen Beitrag zu den Entbindungskosten von 100 ℳ, ein Wochengeld in Höhe des Krankengeldes, jedoch mindestens 4 ½ ℳ täglich für 10 Wochen, von denen mindestens 6 in die Zeit nach der Niederkunft fallen müssen. Das Wochengeld für die ersten vier Wochen ist spätestens mit dem Tage der Ent⸗ bindung fällig. Das Stillgeld soll in Höhe des halben Kranken⸗ geldes gegeben werden, jedoch mindestens 1 ½ ℳ täglich. Die⸗ selben Vorschriften sollen auch für Mitglieder einer Ersatz⸗ kasse gelten.
Außerdem soll das Gesetz über die Wochenfürsorge vom 22. Mai 1920 dahin geändert werden, daß der Anspruch einer minderbemittelten Wöchnerin auf Beihilfe besteht, wenn das Einkommen 10 000 ℳ nicht übersteigt.
Der Reichsarbeitsminister soll das Inkrafttreten der Vor⸗ lage bestimmen. 8
Berichterstatterin Abg. Frau Schröder (Soz.) erwähnt in ihrem Referat, daß die Vorlage nur ein Notgesetz sei, das ganze Problem der Mutterschaftsfürsorge aber später gelöst werden
müsse.
stesg. Frau Agnes (u. Soz.) befürwortet eine Reihe von Abänderungsanträgen ihrer Partei. Danach soll statt der ärzt⸗ lichen Behandlung eine Schwangerenunterstützung für acht Wochen vor der Entbindung in Höhe des Grundlohnes, aber mindestens 10 ℳ täglich gewährt werden; der einmalige Beitrag 8 den Ent⸗ bindungskosten soll 150 ℳ betragen; das Wochengeld soll für 12 Wochen gegeben werden; das Stillgeld soll mindestens dem Tagespreis für ein Liter Milch täglich entsprechen, jedoch mindestens 4 ℳ täglich betragen; die Einkommensgrenze der un⸗
Frage die Krankenkassen, selbstverständlich auch das Finanz⸗ ministerium. Ich habe soeben durch einen Sachverständigen unseres Amtes einmal eine provisorische Berechnung anstellen lassen, welche weiteren Ausgaben uns wohl infolge dieser Anträge entstehen würden. Das Ergebnis dieser Berechnung ist folgendes:
Die Leistungen, die nach dem bisherigen Stande der betreffenden Gesetzgebung und nach den Beschlüssen des Ausschusses aufzubringen sein werden, beziffern sich auf rund 275 Millionen Mark. Wenn der Reichstag aber die Anträge Frau Agnes und Genossen annehmen würde, so ergäbe das einen Mehraufword von mindestens 1 Milliarde 185 ½ Millionen. (Zuruf von den Vereinigten Kommunisten.) Das ist noch nicht einmal der gesamte Kostenaufwand sondern nur eine vorläufige Berechnung derjenigen Mehrleistungen, die sich ohne weitere Unterlagen veranschlagen lassen. Die tatsächlichen Kosten würden noch größer werden. Nun entfallen diese Kosten, die da aufzubringen sein werden, nicht etwa bloß auf die Reichskasse, sondern ungefähr zur Hälfte auf die Krankenkassen. Diese würden aber unter einer solchen Auflage zusammenbrechen. (Abg. Höllein: Sie sind zusammengebrochen unter den Kriegsanleihen!) Sie sind noch nicht zusammengebrochen und arbeiten vorläufig weiter und ich glaube, daß auch Ihre Auftvaggeber wünschen, daß den Krankenkassen die Möglichkeit des Weiterarbeitens nach wie vor erhalten bleibt.
Ein weiterer Ausbau der Wochenhilfe, darin gebe ich den beiden Damen, die vorhin geredet haben, recht, ist durchaus wünschens⸗ und auch durchaus erwägenswert, wenngleich wir immerhin hervorheben müssen, daß nicht bloß mit den Mitteln der Gesetzgebung und der Staatshilfe alle die Not gelindert werden kann, die hier zu lindern ist. Es wird auch ein Gegenstand steter Sorge der Regierung sein, diesen Ausbau weiter zu betreiben; aber wir müssen das, wie gesagt, mit den in Betracht kommenden Instanzen vorher reiflich überlegen können. Wir können derartige Anträge nicht mit der Plötzlichkeit durchführen, wie es hier gewünscht wird. (Sehr richtig! im Zontrum.)
Abg. Frau Schröder (Soz.): Ueber die Notlage der
Wöchnerinnen sind wir wohl alle einig. Die Unabhängigen aber haben wieder dasselbe Verfahren eingeschlagen wie vor einem Jahre. Ihre Vertreter im Ausschuß, ein Arzt und eine Frau, 8 sich ebenso wie im vorigen Jahre mit den Ausschuß⸗ eschlüssen einverstanden erklärt und keine weiteren Anträge ge⸗ stellt, wovon sie im Interesse des sofortigen Zustander mmens des Gesetzes absehen wollten, um nicht das ganze Problem der Mutterschaftsfürsorge aufzurollen. Nun aber nimmt die Unab⸗ hängige Fraktion ihre früheren Anträge in etwas veränderter Form wieder auf, ohne uns die Möglichkeit zu geben, mit den⸗ jenigen in Verbindung zu treten, die sie zu bezahlen haben. Die “ würden unter einer derartigen Belastung zusammen⸗ brechen. Gerade im Interesse dieser Einrichtungen, die von Ar⸗ beitern gschossen sind, treten wir für die Kommissionsbeschlüsse ein. (Beifall.) 6 he
Die Anträge Agnes werden entsprechend einem Antrag der Frau Schr5d r dem Ausschuß für Sozialpolitik über⸗ wiesen. — Die Vorlage selbst wird nach den Beschlüssen des Ausschusses angenommen.
Es folgt die Abstimmung über den Antrag 1d- Hoff⸗ mann (Komm.) u. Gen. Der Reichstag wolle be⸗ chließen, die Behandlung des Falles Jagow durch den Reichsjustiz⸗ minister entspricht nicht der Auffassung des Reichstages.
Der Antrag wird gegen die Stimmen der Unabhängigen und der Kommunisten abgelehnt. 8
Nunmehr folgt die dritte Lesung der Vorlage über die Gewährung von Beihilfen an Renten⸗ empfänger ausder Angestelltenversicherung.
Abg. Thiel (D. PVp.): Mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der Gewährung von Beihilfen stellen wir unsere Bedenken gegen die Beschlüsse der zweiten Lesung zurück. 8
Abg. Lambach (D. Nat.) erklärt, daß seine Partei für das ganze Gesetz stimmen werde, ohne die Verantwortung für alle Einzelheiten zu übernehmen.
Das Gesetz gelangt mit großer Mehrheit zur Annahme.
Der Ausschuß für Bevölkerungspolitik beantragt, die Regierung zu ersuchen, den Gesetzentwu rfgegen den Alkoholmißbrauch vorzulegen, mit den Ländern in Verbindung zu treten, um dem Ueberhandnehmen von Bars, Dielen, Likörstuben, sog. „Familienrestaurants“ in den oberen Stockwerken schonungslos entgegenzutreten, dem Drängen auf Verlängerung der Polizeistunde nicht nachzugeben und das Ueberwuchern der Alkoholreklame bei den Reichseisenbahnen nicht zuzulassen.
Abg. Brodauf (Dem.): Wir wollen uns gegen die ersten beiden Punkte nicht wenden, lehnen aber den dritten Punkt ab. Bei der Polizeistunde kommen nicht nur Interessen der Bevölke⸗ rungspolitik, sondern auch der . eg ens Volkswirtschaft in Be⸗ tracht, und zwar 1855 für die Arbeitgeber als auch für die Arbeit⸗ nehmer. Je mehr die ordentlichen Restaurants behindert werden,
desto mehr blühen die geheimen. Was die Regierung gegen die delteam⸗ in den Eisenbahnen tun soll, ist unverftändlich.
Die Beratung dieses Gegenstandes wird vertagt.
Das Haus geht über zur dritten Lesung des Nach⸗ tragsetats für 1921.
Reichskanzler und Reichsminister der Finanzen Dr. Wirth: Meine Damen und Herren! Wir werden ja nach den gestrigen An⸗ regungen des Seniorenkonvents Anfang September uns mit den großen steuerlichen Plänen und Vorlagen und mit den allgemeinen
o blieb nur die Er⸗ bemittelten Wöchnerinnen soll auf 15 000 ℳ festgesetzt werden nne und schließlich 8 das 6. des Gesetzes sofort für den 1. Oktober 1921 bestimmt werden. Die Rednerin erklärt, daß diese Anträge das mindeste darstellen, was unter den heutigen Ver⸗ hältnissen gefordert werden müsse. Allerdings kosteten alle diese Forderungen viel Geld, aber das Reich habe ja Geld für Dinge, die viel weniger wichtig seien. In nicht langer Zeit müsse das Gesetz über die ochenhilfe eine vollständige Umgestaltung und bei dieser Gelegnheit werden die Unabhängigen
Problemen der Reparation hier in diesem hohen Hause zu beschäftigen haben. Es ist aber gewünscht worden, noch vor Antritt der Ferien in einigen Grundzügen, soweit das heute möglich ist, zu den Steuerplänen der Regierung im allgemeinen diese Umrisse zu zeichnen. Ich bin dieser Aufforderung heute morgen in einem Ausschuß des Reichswirtschafts rats nachgekommen und komme auch hier in diesem Hause der An
höhung der Beiträge. Der sozialpolitische Ausschuß des Reichs⸗
srats ich einstimmi für erklärt. An dem Deckungs⸗ wirtschaftsrats hat sich einstimmig dafür g . An brabepelassen
wenigen Tagen im preußischen Abgeordnetenhaus ausdrücklich 18 hat, er behaupte nicht, daß die Richter etwa wissentlich parteiss betebee üe äufig nichts geändert.
28 Feng 3 F b läufig nichts geändert. Ob wir es seien, daß sie wissentlich parteiisch Recht sprechen. (Zuruf von de 11.g. welden wir uns Urerie serechattan. äußersten Linken: Ich will Ihnen Beweise geben!) Ich finde Den Antrag der Unabhängigen auf Steigerung vmhasfe den ntrog, immerhin in dieser Aeußerung einen Weg, auf dem wir doch en über das k. tehende Maß hinaus le men ₰ die Regierungsvorlage Stück Wegs zusammengehen können. Es ist etwas sehr Ernstes un der bezüglich der Beltrage und Lohnklassen die Rieg
geschuldigte von Jagow zu Händen seines Verteidigers vor den Untersuchungsrichter zum 3. Mai 1921 geladen. Die Ladung wurde weiterübermittelt. Der Angeschuldigte von Jagow erschien, ließ sich ernehmen und gab bei der Vernehmung seine Wohnung als in
Potsdam, Bayerstraße 7, gelegen an.
8 Meine Damen und Herren, an dieser Stelle glaube ich, daß ein
haft zu verschonen sei, aufzuheben — beschlossen: der Antrag wird abgelehnt. (Lachen und lebhafte Rufe auf der äußersten Linken: Hört, hört!) Die Gründe des Reichsgerichts gehen dahin:
Die Annahme des Beschlusses vom 26. März 1921, daß nach
Mangel im Verfahren vorliegt, und ich sehe diesen Mangel darin, daß
on diesem Beschluß und von der Vernehmung des Herrn v. Jagow der Oeffentlichkeit keine Kenntnis gegeben worden ist. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.) Wäre das nämlich geschehen, so hätte
man vielleicht den Beschluß kritisch betrachten, angreifen können, aber⸗
es wäre diese Verwirrung in der öffentlichen Meinung vermieden worden, die dadurch entstand und entstehen mußte, daß man nunmehr Herrn von Jagow offen herumgehen sah und fragte, warum er nicht verhaftet werde, wenn ein Verhaftungsbefehl erlassen sei. Denn in der Tat liegt es so, daß, nachdem Sicherheit gestellt war, nachdem sich Herr von Jagow zur Vernehmung gestellt hatte, nachdem er die Wohnung angegeben hatte, der Haftbefehl nicht vollstreckt werden konnte, daß er also durchaus unter dem Schutze des Gesetzes stand, wenn er sich frei bewegte. Da aber die Oeffentlichkeit das nicht wußte, mußte sie an der freien Bewegung des Herrn von Jagow Anstoß nehmen, und ich selbst stand unter dem falschen Eindrucke, der durch diese Unterlassung hervorgerufen war. Ich selbst habe damals in der Tat nicht gewußt, daß Herr hon Jagow zu seiner Vernehmung er⸗
Anschrift des Angeschuldigten bekanntgegeben, und ist dieser zum
hängigen Sozialdemokraten: Arbeiter hört! Unabhängige Justiz!),
Hinterlegung der angebotenen Sicherheit Fluchtgefahr als aus⸗ geschlossen zu erachten sei, hat sich bisher als richtig erwiesen. Nachdem die beschlußmäßige Sicherheit geleistet und vom Unter⸗ suchungsrichter darüber eine entsprechende Bescheinigung vom 22. April 1921 ausgestellt, sodann diese Bescheinigung und eine Ladung zur Vernehmung auf den 3. Mai 1921 dem Angeschuldigten durch den Verteidiger übermittelt worden war, hat der Verteidiger dem Untersuchungsrichter unter dem 30. April/1. Mai 1921 die
Vernehmungstermin in Leipzig vor dem Untersuchungsrichter er⸗ schienen. Zurzeit besteht kein greifbarer Anhalt dafür, daß die Voraussetzungen des § 120 der Strafprozeßordnung in irgendeiner Richtung als gegeben anzusehen wären. Der Umstand, daß der Angeschuldigte nach einer Erklärung in der „Kreuzzeitung“ seit März 1920 nicht krank gewesen ist, bildet keinen neu hervor⸗ tretenden Umstand im Sinne dieser Gesetzesstelle (lautes Lachen und Rufe von den Vereinigten Kommunisten und den Unab⸗
Trauriges, wenn weite Kreise unseres Volkes der Meinung sind, das objektiv unsere Rechtsprechung sich mit ihren Rechtsanschauungen nicht deckt. Aber es ist unerträglich, wenn weite Kreise unserts Volkes dahin kommen sollten, auch die subjektive Ehrlichkeit und Unparteilichkeit der Richter in Zweifel zu ziehen. (Erregte Zurif von der äußersten Linken.) Ich habe Ihren eigenen Genossen üitiet und kann Sie nur bitten, Ihrem eigenen Genossen zu folgen, ein Anschauung zu betätigen. Ich glaube, damit vergeben Sie sich nichte und damit nützen Sie doch der Allgemeinheit. Ich kann nur saben, daß ich unter voller Anerkennung der Autorität des Reichsgerichts im vollen Vertrauen zur bewußt gewollten Unparteilichkeit unserer Richter von mir aus, vom Standpunkt der Justizverwaltung aus alles tun werde, um dem Recht nicht nur theoretisch zur Anerkennung zu verhelfen, sondern ihm den wirklichen Erfolg unter Einsetzung aller Machtmittel des Staates zu gewährleisten (Lärm und Pfuirust auf der äußersten Linken.) 8
meedecgersteäen “ Wir lehnen die Beitragserhöhung ab, die wir den Arbeitern gegenüber nicht -S en bis nicht auch eine Verbefserung der Leistungen erzielt, e. für
Abg. Andre (Zentr.): Man kann doch nicht Abl. . der eine Erhöhung der Leistungen eintreten und für die, klich fefte daß Beitragserhöhung. Im übrigen stelle ich ausdrü sG dern auch nicht nur eine Erhöhung der Beiträge stattfindet, Grundbeträge “ 89 deePens ““ (ctge ngssüte Warum
en erhöht, und dazu 8 5 rmit wenigen mußten wir diese Vorlage machen? Isch möchte nnn r während Worte inweisen, daß die Versicherungsiwage in⸗ des EE1“ soziale Tätigkeit der dentschen “ heit viele sozialen Lasten abgenommen haben, e 8 sie süterangsanftaten sogot weit übfte dsegth und dazu iwmant, die eisten mußten. Alles das räch ,. iegs⸗ stige eäcfen., durch das Heilverfahren für die 88e ges kranken und Kriegsverletzten. Ich bedauere außerorden . sinde⸗ unter dem Antrag Lang ein Kollege meiner Fraktion nch bhn rh — Seit wir von Weimar weg sind, ist eine kolossale Ge bin 8* 88 eingetreten. Die Herren Landiwirte können doch woh zufrieden
ahren, 89 die Verstaatlichung des Hebammenwesens beantragen, damit keine Frau mehr ohne Hebammenhilfe zu entbinden brauche. Tausende von Kindern gingen zugrunde, weil in der schweren Stunde jede Hilfe fehle. Mutter und Kind müßten in Deutsch⸗ land jeden möglichen Schutz genießen, aber die sozialistische Gesell⸗ schaftsordnung werde der jungen Mutter Gelegenheit geben, ihrer schweren Stunde mit Ruhe entgegenzusehen und ihrem Kinde die Pflege angedeihen zu lassen, die das Menschenkind brauche.
Abg. Frau Wackwitz (Komm.): Ich bitte um Annahme der Anträge Agnes. Es darf uns nicht abschrecken, wenn sogar eine Summe von hundert Millionen sich als notwendig heraus tellen sollte. Das Elend in den Arbeiterfamilien ist ungeheuerlich.
Reichsarbeitsminister Dr. Brauns: Meine Damen und Herren! Der Antrag auf Nr. 2464 der Drucksachen ist in diesem Umfang im Ausschuß des Reichstags nicht zur Beratung gestanden. Teile dieses Antrags sind zwar in dem sozialen Ausschuß des Reichs⸗ wirtschaftsrats beraten worden; aber die Niederschrift über diese Ver⸗ handlungen ist uns erst heute zugegangen. Es ist gänzlich unmöglich, mit den in Betracht kommenden Instanzen diese Anträge jetzt noch
) Mi e der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der e vesnachm. die im Wortlaute wiedergegeben sind.
weiter zu beraten und zu behandeln. Es komunen insbesondere in
regung gerne nach. G
Es sind nun gerade zwei Jahre her, daß die Nationalversammlun an die ungeheuer schwere Aufgabe der finanziellen Liquidation de Weltkrieges herangetreten ist. Der Bedarf von Reich, Ländern un Gemeinden wurde damals auf etwa 25 Milliarden Mark geschätzt Bei dieser Schätzung des Reichsfinanzministeriums aus dem Jahr 1919 wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es sich bloß um eine Annäherungswert handeln könne, daß vor allem eine große Unbekannt noch nicht feststehe, nämlich die Summe, die wir jährlich aus dem Friedensvertrag verschulden würden. Das war die eine große Un bekannte, welche in der Rechnung von 1919 vorhanden war.
Es waren aber noch zwei unbekannte Faktoren in jener Bedarfs schätzung gegeben, deren Vorhandensein wir in den letzten zwei Jahre mit immer größerer Deutlichkeit zu spüren bekommen haben. Der eine Faktor ist die Geldentwertung, der andere Faktor ist der, den ma als nachträgliche Kriegsausgabe bezeichnen könnte.
Was den letzteren Faktor betrifft so ist er in all den vielen