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““
Der Herr Reichspräsident hat sich laut „W. T. B.“ damit einverstanden erklärt, daß der Reichsminister der Justiz nach Aufhebung der außerordentlichen Gerichte die ordent⸗ lichen Gerichte zur Aussetzung der Vollstreckung und zum Erlaß der von den außerordentlichen Gerichten er⸗ kannten Strafen in demselben Umfang ermächtigt, in dem den preußischen Gerichten die Befugnis für die von ihnen ver⸗ hängten Strafen zusteht. Der Reichsminister der Justiz hat mit
Zustimmung des preußischen Justizministers von dieser Ermäch⸗
tigung gegenüber den preußischen Gerichten Gebrauch gemacht. 5
Die Verhandlungen zwischen den Ministerih Rathenau und Loucheur haben, wie „W. T. B.“ au Wiesbaden gemeldet wird, den größten Teil des Sonnabend in Anspruch genommen und sind erst am späten Abend beendi worden. Sie wurden zum Teil zwischen den beiden Ministe persönlich, zum Teil unter Beteiligung der Referenten geführ die sich zwischendurch zu mehreren Sondersitzungen zusammen fanden. Die Verhandlungen sind am Abend des Sonnabend z einem grundsätzlichen Abschluß gelangt. Das Hauptabkommen mit dem zugehörigen Anner bezieht sich auf die Sachleistungen für den Wiederaufbau und deren Finanzierung. Beide Dokumente wurden fertiggestellt und vorbehaltlich der Zustimmung der beiderseitigen Regierungen paraphiert. Auch die Zustimmung der Reparationskommission ist vorbehalten ge⸗ blieben. Die vier Nebenabkommen, welche die Restitution von industriellem Material, von rollendem Material, die Lieferung und Restitution von Vieh sowie den Kohlenfobpreis betreffen ind die mit dem Hauptabkommen nicht in unmittelbarem Zu⸗ sammenhang stehen, bleiben weiterer Verhandlung vorbehalten, da wesentliche Unterlagen noch der Prüfung bedürfen, für welche erschöpfendes Material nicht zur Stelle war. Die beiden Minister haben Wiesbaden inzwischen verlasen.
Der deutsche Geschäftsträger in Paris, Bot⸗ schaftsrat von Hoesch, hat nach Mitteilung des „W. T. B.“ dem französischen Ministerpräsidenten Briand als Vor⸗ sitzendem des Obersten Rats am 26. d. M. die folgende Note übergeben:
Euer Exzellenz haben mir mit Schreiben vom 14. August d. J. i Namen der im Obersten Rat vertretenen alliierten Mächte den Beschluß des Obersten Rats vom 13. August d. J. über eine teil⸗ veise Aufhebung der Sanktionen zum 15. September d. J. nitgeteilt. Im Namen meiner Regierung beehre ich mich, Euerer Erzellenz als dem Vorsitzenden des Obersten Rats während seiner etzten Tagung hierauf folgendes zu erwidern:
Die Deutsche Regierung hat seinerzeit gegen die Verhängung er Sanktionen als einer mit dem Vertrag von Versailles und dem
Völkerrecht unvereinbaren Maßnahme Verwahrung eingelegt. Nach⸗ em deutscherseits das Ultimatum angenommen und alle bisherigen
Zahlungsfristen pünktlich eingehalten worden sind, glaubte sich die
deutsche Regierung zu der bestimmten Erwartung berechtigt, daß die
ktionen alsbald restlos aufgehoben werden würden. Sie bedauert tiefste, daß sich die alliierten Regierungen hierzu nicht haben nischließen können,
Die Deutsche Regierung sieht sich genötigt, den ihr gemachten Vorwurf zurückzuweisen, daß sie bei Handhabung des deutschen Ein⸗ und Ausfuhrsystems unter Verstoß gegen die Vorschriften der Artikel 264/,267 des Vertrages von Versgilles Angehörige oder Waren irgendeiner der alliierten Mächte schlechter behandelt habe als die⸗ jenigen eines anderen Landes. Dieser Behauptung können nur ge⸗ legentliche Mißgriffe nachgeordneter Stellen zugrunde liegen. Die Deutsche Regierung ist durchaus entschlossen, die in den Artikeln 264/267 übernommenen Verpflichtungen sowohl im besetzten wie im unbesetzten Gebiet Deutschlands zu erfüllen, sie sieht sich aber genötigt, darauf hinzu⸗ weisen, daß weder der Vertrag von Versailles noch das Rheinlandabkommen den alliierten Mächten oder den an der Besetzung des Rheinlandes beteiligten Staaten ein Kontrollrecht über Einhaltung dieser Be⸗ timmungen in bezug auf das besetzte Gebiet gibt. Um indessen den Aiierten Regierungen die Ueberzeugung von der loyalen Handhabun der deutschen Ein⸗ und Ausfuhrbestimmungen zu verschaffen, will hg die Deutsche Regierung mit der Schaffung des unter Ziffer 2a der Note Euerer Erzellenz vorgesehenen Organs einverstanden erklären. Sie knüpft aber dieses Zugeständnis an die Voraussetzung, daß das allijerte Organ sich bei seiner auf das besetzte Gebiet beschränkten Jätigkeit jeder Einmischung in die deutsche Exekutive enthalten wird. Die Deutsche Regierung glaubt, daß die Frage nur in der Form einer wechselseitigen Verständigung zwischen der Deutschen Regierung und den Regierungen der beteiligten alliierten Mächte geregelt werden kann. Demnach würde also auch die Einführung der zu verein⸗ barenden Regelung im besetzten Gebiet der Deutschen Regierung zu⸗ fallen, so daß eine Verordnung der Interalliierten Rheinland⸗ kommission nicht in Frage käme. Die Interalliierte Rheinland⸗ kommission wäre hierzu auch nicht befugt, da ihr ein Verordnungs⸗ recht gemäß Artikel 3 des Rheinlandabkommens nur zusteht, soweit dies für die Gewährleistung des Unterhalts, der Sicherheit und der Bedürfnisse der Streitkräfte der alliierten und gssoziierten Mäͤchte nötig ist. Eine Erweiterung dieser Befugnisse durch einseitigen Beschluß des Obersten Rates ist weder im Rheinlandabkommen noch im Friedensvertrag vorgesehen. Die Deutsche Regierung sieht die wesenkliche Aufgabe des interalliierten Organs darin, die Beschwerden der Angehörigen der Alliierten über die Handhabung der Aus⸗ und Einfuhrgenehmigung durch deutsche Behörden in bezug auf das besetzte Gebiet möglichst schnell aufklären bezw. beilegen zu können, und gibt sich der Hoffnung hin, daß es den beiderseitigen Bepollmächtigten bei den in Aussicht stehenden Verhandlungen in Koblenz gelingen wird, für das alliierte Organ eine Form zu finden, die für sie annehmbar ist. Die Deutsche Regierung köͤnnte sich leichter mit der in Aussicht genommenen Ein⸗ richtung abfinden, wenn deren Tätigkeit von vornherein ein festes zeitiges Ziel gefetzt werden würde.
Unter grundsätzlicher Wahrung ihres Standpunktes über die recht⸗ liche Unzulässigkeit der Sanktionen ühberhaupt will die Deutsche Regierung gegen die Gültigkeit aller Handlungen, die während der Dauer der Sanktionen nach Maßgabe der von der Interalliterten Rheinlandkommission in Ausführung der Beschlüsse der Londoner Konferenz vom März 1921 erlassenen Verordnungen vorgenommen worden sind, keine Einwendungen erheben und auch von allen gerichtlichen und herwaltungsenässgen Maßnahmen gegen die Urheber solcher Handlungen absehen. Sie erwartet aber, daß in der Uebergangszeit bis zum 15. September d. J. teine das augenblickliche Bedürfnis der besetzten Gebhiete sberschreitenden Aus⸗ und Einfuhrbewilligungen fir das Aus⸗ land erteilt werden, und daß auch bei dem Erlaß der in Ziffer 3 der Note Euerer Erzellenz vorgesehenen Uebergangsbestimmungen auf den Schutz des deutschen Wirtschaftslebens und der deutschen Finanzen größtmögliche Rücksicht genommen wird, womit die allijierten Mächte zugleich der Reparationsfähigkeit Deutschlands und damit ihren eigenen Interessen dienen würden.
Indem die Deutsche Regierung die Ehre hat, mitzuteilen, daß mit der Führung der Verhandlungen auf deutscher Seite der Gesandte von Mutius beauftragt ist, spricht sie nochmals die feste Erwartung aus, daß auch die militärischen Sanktionen alsbald auf⸗ gehoben und die neubesetzten Gebiete von der drückenden Last der Besetzuns und des militärischen Regimes befreit werden.
Der englische und der italienische Botschafter und der französische Geschäftsträger haben unter Bezug⸗ nahme auf die Kollektivnote vom 3. d. M. der Reichs⸗
resgierung die Mitteilung gemacht, daß ihre Regierungen
beschlossen haben, unverzüglich je zwei Bataillone Truppen⸗ besce h büns na SbesAhen zu entsenden und die Reichsregierung zu ersuchen, die für den Durchtransport der Truppe erforderlichen Anordnungen treffen zu wollen. Genaue Angaben über die Stärke der Truppen und den —2 ihres Transports bleiben bis zu einem späteren Zeitpunkt vor⸗ behalten.
In der am Sonnabend veröffentlichten Mitteilung des
W. T. B.“ über die Vereinbarung mit den Organisationen
über Füfbellerung der Bezüge der Reichsbeamten, Angestellten und Arbeiter hat sich in Ziff. 9 Satz 2.
durch -v Kommas eine Entstellung des Sinnes
ergeben. Die Vereinbarung geht dahin, daß die Bezüge der volljährigen männlichen Angestellten gemäß Ziff. 2 der Ve⸗ einbarung erhöht werden, d. h. daß die Gesamtbezüge der An gestellten in den ersten 5 Vergütungsstufen des Tarifvertrags vom 4. Juli 1920 ab 1. August d. J. ebenso hoch sein werde wie in der 6. und 7. Vergütungsstufe.
Die Bezüge der weiblichen volljährigen Angestellten werden in den ersten fünf Vergütungsstufen mindestens den Bezügen der weiblichen außerplanmäßigen Beamten in den ersten fünf Dienstjahren entsprechen.
Gefangenenlöhnung und Beihilfe für infolge der Gefangennahme erlittene Vermögensschäden und Verluste. Die Bearbeitung der Anträge auf Nach⸗ zahlung der Löhne und Gewährung von Entschädigungen für abgenommene Gegenstände erfolgt vom 15. August 1921 ab lediglich durch die Landeshilfsausschüsse bezw. Hilfsausschüsse. Es gelten demnach alle bis zum 15. August v on den Kriegsgefangenenstellen oder der Reichszentralstelle noch nicht erledigten Anträge vorbezeichneter Art für die Reichs⸗ regierung als erledigt, so daß die ehemaligen Kriegsgefangenen sich nunmehr mit ihren Anträgen an die zuständigen Hilfs⸗ ausschüsse zu wenden haben unter etwaiger Wiederholung eines bereits gestellten, aber noch nicht erledigten Antrags. Es liegt im eigensten Interesse der ehemaligen Kriegsgefangenen, wenn hache Anträge möglichst bald an die Hilfsausschüsse ein⸗ reichen.
In der am N. August 1921 von dem Vorsitzenden, Ge⸗ heimen Justizrat Dr. Kempner abgehaltenen Vollsitzung des Reichskalirats wurde in der Hauptsache der erneute Antrag des Kalisyndikats wegen Erhöhung der Inlandshöchstpreise für Kalisalze erörtert. Dieser Antrag, welcher mit Wirkung vom 1. September 1921 ab eine Preiserhöhung
von 30 vH für Kalirohsalze,
„ Düngesalze mit 18 — 22 vH K;20⸗Gehalt, 8 38 — 42 „ K20⸗ „ und für Chlorkallum, 8
„ schwefelsaures Kali und schwefelsaure Kali⸗
magnesia
der bisherigen Kaliinlandshöchstpreise vorsieht, wurde ein⸗ stimmig angenommen. Die bis zum Schluß der Geschäfts⸗ stunden am 20. August 1921 eingegangenen Aufträge prompter Lieferung sind auch nach dem I. September 1921 zu den bisherigen Preisen auszuführen. Die Vertreter der Land⸗ wirtschaft stimmten nach Benehmen mit allen in Betracht kommenden landwirtschaftlichen Instanzen der neuen Preis⸗ festsetzung zu wegen des Ausbleibens des für 1921 erhofften Auslandsgeschäfts und in Würdigung der Lage der Verhältnisse in der Kaliindustrie. Außerdem wurde zu den in der Bekannt⸗ machung des Reichskalirats vom 3. Mai 1921 festgesetzten Inlandshöchstpreisen für Rohsalze zu industriellen Zwecken auch zu Bade⸗ und Klärzwecken, ein Preisaufschlag von 30 vS und für Kainit und Rohsalze mit 12 — 15 Prozent K.0 für 1 vH im Doppelzentner nebst einer Anfuhrgebühr bis zur Station beim Bezuge von Stückgut in Höhe von 125 ₰ für den Doppelzentner und für hochprozentigen Carnallit mit einem Mindestgehalt von 12 vH Kz O zur Darstellung von Magnesium⸗ metall auf 117 3 für 1 vH im Doppelzentner nebst einer Ausklaubungsgebühr von 7 ℳ für den Doppelzentner fest⸗ gesetzt. Desgleichen wurden für die nachgenannten Kalisalz⸗ fabrikate Aufschläge zu den Höchstpreisen für das Inland ge⸗ währt, und zwar für doppelt gereinigtes und chemisch reines Chlor⸗ kalium mit über 60 vH Kz 0⸗Gehalt ein Aufschlag von 225 ℳ für den Doppelzentner K 2O und für doppelt gereinigtes und chemisch reines schwefelsaures Kali ein Aufschlag von 270 ℳ für den Doppelzentner KzO. Es wurde Stellung genommen zu einem Gesetzentwurf des preußischen Handelsministeriums auf dem Gebiet des Bergrechts. Schließlich beschäftigte sich der Reichskalirat mit dem Stillegungsantrag eines Kaliwerks,
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Nach einer im Reichsversicherungsamt gefertigten Zu⸗ sammenstellung sind von den bestehenden Landesver⸗ sicherungsanstalten und Sonderanstalten bis einschließlich 30. Juni 1921 2 999 601 Inpalidenrenten, 498 837 Kranken⸗ renten, 826608 Altersrenten, 131 737 Witwen⸗ und Witwerrenten, 8118 Witwenkrankenrenten, 600 011 Waisenrenten (Rente an Waisenstamm), 488 Iefesranm⸗ bewilligt worden. Davon sind in dem letzten Kalendervierteljahre 39 884 Invaliden⸗ renten, 5208 Krankenrenten, 11 946 Altersrenten, 6587 Witwen⸗ und Witwerrenten, 317 Witwentrankenrenten, 9618 Waisenrenten, 32 Zusatzrenten festgesetzt worden. Infolge Todes oder aus anderen Gründen sind bereits 1 992 142 Invalidenrenten, 424 914 Krankenrenten, 567 677 Alters⸗ renten, 25 376 Witwen⸗ und Witwerrenten, 3868 Witwen⸗ krankenrenten, 86 604 Waisenrenten, 156 Zusatzrenten weg⸗ gefallen, so daß am 1. Juli 1921 noch 1 007 459 Invaliden⸗ renten, 73 923 Krankenrenten, 258 931 Altersrenten, 106 361 Witwen⸗ und Witwerrenten, 4250 Witwenkrankenrenten, 514 307 Waisenrenten, 332 Zusatzrenten liefen. Danach hat sich im letzten Vierteljahre der Bestand an Invaliden⸗ renten um 13 148, an Altersrenten um 5320, an Witwen⸗ und Witwerrenten um 5152, an Witwenkrankenrenten um 79, an Waisenrenten um 4365, an Zusatzrenten um 13 erhöht und der Bestand an Krankenrenten um 4047 vermindert.
Bis eenschließlich 30. Juni 1921 ist Witwengeld in 207 023 Fällen (davon entfallen 3716 auf das letzte Viertel⸗ ahr) und Waisenaussteuer in 33 081 Fällen -r ent⸗ sallon 2598 auf das letzte Vierteljahr) bewilligt worden.
Auf Kriegsteilnehmer entfallen his Ende Juni 1921 56 213 Invalidenrenten, 265 396 Krankenrenten, 6435 Witwenrenten, 2575 Witwenkrankenrenten, 354 765 Waisen⸗ renten, 20 Zusatzrenten, 110 934 Witwengelder und 12 144 Waisenaussteuern, insgesamt 808 482 Fälle.
Danzig.
Der Generalkommissar der Republik Polen in Danzig hat dem Senat die Mitteilung zugehen 8 daß die polnische Regierung gegen die Entscheidung des Oberkommissars des Völkerbunds in der Frage der Eisenbahnen vom 15. August an den Rat des Völkerbundes keine Berufung einlegen wird und diese Entscheidung in vollem Umfange annimmt.
— b Oesterreich. 8 In der am Sonnabend abgehaltenen Sitzung des Ausschusses des Aeußern legte der Bundeskanzler Schober eine Note der ungarischen Regierung vor, in der die ungarische Regierung sich damit einverstanden erklärt, Ver⸗ handlungen, die den ganzen Komplex der zwischen beiden ETEö“ Fragen umfassen sollen, unter ge⸗ wissen Bedingungen einzuleiten. “
s Die e; Regierung verweist nach Mitteilung des „W. T. B.“ in der Note auf die öffentliche Meinung Ungarns, die es unmöglich mache, die bisherige Politik aftlicher Aus⸗ einandersetzungen fortzuführen, falls Oesterreich auf dem bisher ein⸗ genommenen Standpunkt beharren sollte. Die österreichische Regierung erklärte sich in einer Antwort durch den jüngsten Beschluß des Aus⸗ schusses, Verhandlungen erst nach Uebergabe Westungarns an Oester⸗ reich zu führen, für gebunden, versprach jedoch, die ungarische Note vor dem Uebergangstag, dem 29. August, dem Ausschuß vorzulegen und dessen Beschlußfassung noch vor diesem Tage der unga⸗ rischen Regierung zur Kenntnis zu bringen. Der Bundes⸗ kanzler stellte dem Ausschusse zur Erwägung, der ungarischen Regie⸗ rung jenes Entgegenkommen zu bezeigen, welches den Beweis des ee s Willens zur Erhaltung des freundschaftlichen Verhältnisses in deutlicher Weise zum Ausdruck bringe. Für den Fall der be⸗ friedigenden Erledigung ihrer Vorschläge kündigte die ungarische Regierung an, daß sie sofort zu Verhandlungen über den Komplex bereit sei. In einer weiteren Note vom 25. d. M. verlangte sie Garantien, betreffend die Ablösung der in Westungarn gelegenen Staatsgüter bezw. die Teilung der dort befindlichen gemeinsamen Güter, wobei die ungarische Regierung diese Güter mit rund 3500 Millionen ungarischen Kronen bewertet.
Nach längerer Beratung faßte der vnsschu des Aeußern einstimmig den Entschluß, an seinem Beschluß vom 13. August, die Verhandlungen mit Ungarn nach erfolgter Ueber⸗ gabe Westungarns an Oesterreich zu festzuhalten. Der Ausschuß ermächtigte die Regierung, sofort nach ungestörter Uebergabe die in Aussicht genommenen Verhandlungen mit der ungarischen Regierung aufzunehmen, schon heute aber der unga⸗ rischen Regierung mitzuteilen, daß Oesterreich den Abschluß des Ver⸗ trags anstrebt, in dem das künftige Verhältnis zwischen Ungarn und Oesterreich vereinbart, die Abgrenzungsfragen vorbehaltlich der Zustimmung der Signatarmächte des Friedensvertrages von St. Germain auf Grund der Willensäußerung des burgen⸗ länpeschen Volkes selbst einer eingehenden Lösung zugeführt werden.
— Nach einer Meldung des „Wiener Telegr.⸗Korr.⸗Büros“ ist es beim Einmarsch der österreichischen Truppen in das Burgenland zu mehreren Zusammenstößen ge⸗ kommen. Die österreichische Hauptabteilung wurde zwei Kilo⸗ meter vor Oedenburg von ungarischen Abteilungen unter Feuer genommen, das von österreichischer Seite erwidert werden
mußte. 1
Ungarn.
Wie das „Ungarische Telegr.⸗Korr.⸗Büro“ meldet, hat die Regierung angeordnet, daß die Uebergabe Westungarns ihren Anfang nehme. Die Truppen der Oedenburger Garnison verließen heute früh die Stadt. Morgen verlassen die un⸗ ggarische Gendarmerie und die Finanztruppen die Stadt, worauf die österreichische Gendarmerie einzieht.
Wie das „Ungar. Telegr.⸗Korr.⸗Büro’d von zuständiger Seite erfährt, ist die militärische Räumung West⸗ ungarns gestern vollendet. Die Zurückziehung der Gen⸗ darmerie und der Zollwache, außer aus zwei kleineren Zonen, werde jedoch vorläufig in der Schwebe gelassen. Die ungarische Regierung sei wohl zur Durchführung der Bestimmungen des Trianon⸗Vertrages fest iiFlöfe. indessen biete der am 27. d. M. gefaßte Beschluß des österreichischen auswärtigen Ausschusses, wiewohl er als Verhandlungsgrundlage im Prinzip annehmbar erscheine, keinerlei Bürgschaften hinsichtlich der Be⸗ rücksichtigung der von ungarischer Seite erhobenen Forde⸗ rungen. So verbürge er namentlich nicht die Erfüllung mehrerer wesentlicher Forderungen materieller Natur, welche den österreichischen Staat infolge der Räumung unzweifelhaft belasten würden. Im übrigen könne festgestellt werden, daß auch die Räumung des von den Serben besetzt gehaltenen Ge⸗ bietes noch nicht vollständig beendet sei.
ö“ ““ Dr. Nan ist zur Aufnahme der Verhandlungen mi den Sowjetbehörden über die internationale Hilfsaktio: von Riga nach Moskau abgereist. Er wird nach Mitteilun des „W. T. B.“ begleitet von Gorvin, Generalsekretär de internationalen Kommission für die Kredithilfe, Lodge, Experten des Völkerbundes, Frick, Delegiertem der gemischten Kom mission des Internationalen Rotkreuzkomitees und de Liga der Rotkreuzvereine, Mackenzie, Generalsekretär des Internationalen Kinderhilfswerks usw. Vor seiner Abreise aus Riga hatte Dr. Nansen eine lange Konferenz mit den Delegierten Hoovers. — Hoover hat derselben Quelle zu⸗ folge erklärt, daß er wegen seiner anderweitigen Inanspruch⸗ nahme das ihm von der Konferenz angebotene Amt eines Oberkommissars nicht annehmen könne, daß aber trotz der Um⸗ stände, welche für die amerikanische Hilfsaktion eine unabhängige Organisation und Verwaltung notwendig machten, die Cheßs dieser Organisation in enger Berührung und in steter Zu⸗ sammenarbeit mit dem von der Genfer Konferenz beschlossenen Hilfswerk vorgehen würden. — Das Präsidium des All⸗ russischen Hilfskomitees sieht sich zu der Erklärung ver⸗ anlaßt, daß seine Tätigkeit frei von seder politischen Tendenz sei. Das Komitee verfolge rein sachliche Ziele, wie dies im Dekret der Allrussischen Exekutive pvom 21. Juli genau fe gelegt worden sei, und arbeite unter dem Zeichen des Roten Kreuzes. Jedes Hineinbringen politischer Elemente in die Hilfsaktion betrachte das Komitee als vollkommenen Wider⸗ spruch mit der ihm gestellten Aufgabe. Ein erfolgreiches Arbeiten zugunsten der Hungernden sei nur mäöglich, wenn das Hilfskomitee auch weiterhin seinen unpolitischen Charakter beibehalte. “ Schweiz. Nach einer Matinmeldung aus Genf
8 1 ld findet die Er⸗ öffnungssitzung des Völkerbundsrats zur Besprechung der oberschlesischen Frage heute nachmittag 4 Uhr statt,⸗
Portugal.
Griechenland.
Der König ist von seiner Erkrankung genesen und hat
Regierungsgeschäfte wieder übernommen.
11 amtliche griechische Heeresbericht vom 24. August lautet: b
Der Feind hat eine lange Linie vorbereitet, welche an dem Ver⸗ einigungspunkt des Puriak mit dem Sakaria in der Nähe des alten Gordium beginnt und dann nach Süden auf dem Ostufer des Sakaria nach Trekieus verläuft und dann nach Osten bis Emberli weiter und am Nordufer der Flüsse Ghuk und Kapradji entlang läuft. An ahlreichen. Stellen befindet sich hinter der 80 km langen Linie eine weite Linie. Der Feind hat sich auf dem Ostufer des Sakaria nördlich von Gordium auf den Höhen von Akdusen, Inkirmak und Schiesleik verschanzt. Unsere Armee hat südlich vom Sakaria folgend de feindlichen vorgeschobenen Stellungen südlich des Ghuk und Kapradji flüchtig besetzt. Unser linker Flügel überschritt den Ghuk⸗ fluß und besetzte 2 abend Stellungen auf der Hügelkette nördlich des Flusses. Während der Nacht hat der einen heftigen An⸗ griff unternommen, der leicht zurückgewiesen wurde. Nördlich von Kapradji sind die feindlichen vorgeschobenen Stellungen nach Kampf besetzt worden. Während der Nacht hat sich der Feind auf seine Hauptstellungen nördlich des Flusses zurückgezogen.
Serbien.
Nach einer Havasmeldung aus Belgrad hat der Minister⸗ rat die Entsendung von mehreren Ministern zum König Alexander beschlossen, um ihn über die laufenden Angelegenheiten zu informieren und Nachricht über seinen Gesundheitszustand einzuholen. Nach einer Meldung des „In⸗ transingeant“ aus Paris hat sich der Zustand des Königs ver⸗ schlimmert.
Amerika.
Wie „New York Herald“ aus Washington meldet, er⸗ klärte der Präsident Harding, der Abschluß des Friedens⸗ vertrages mit Deutschland habe ihn ganz besonders des⸗ halb befriedigt, weil dieser Vertrag mit e2 so sehr voneinander abweichender politischer Gruppen in den Vereinigten Staaten zustandegekommen und auch für die Alliierten und für Deutschland annehmbar sei. Wie erwartet wird, wird der Senat sofort nach seinem Wiederzusammentritt, der am 21. September erfolgt, den Vertrag ratifizieren. — Im Hinblick auf die vom Weißen Hause ausgehende Ankündigung, daß die amerikanischen Truppen Deutschland in sehr kurzer Feit verlassen würden, wird in einer Depesche der „New York Tribune“ hervorgehoben, es sei klar, daß diese dutüciehamg nur erfolgen werde, um Deutschland von der wirtschaftlichen Last zu befreien, und außer Fusanemehdans mit dem Friedensvertrag stehe. Nach einer Havasmeldung würde übrigens die Frage der Zurückziehung der Truppen nicht aufgeworfen werden, ohne daß die Allliierten befragt würden. Einer Meldung der „New York Times“ zu⸗ folge wird Präsident Harding voraussichtlich vor der end⸗ gültigen Ratifizierung des Friedensvertrags eine Friedens⸗ proklamation erlassen.
— Nach einer Havasmeldung aus Santiago de Chile hat der Minister des Aeußern dem Wunsch Ausdruck gegeben, die zwischen Chile und Peru schwebende Frage von Tacna und Arica durch Volksabstimmung zu lösen. Chile bietet Peru an, den Zeitpunkt der Volksabstim mung mit ihm gemeinsam festzusetzen.
— Nachrichten aus La Paz melden, daß die revolutio⸗ näre Bewegung in Peru fortdauert. Die Meuterer in Jquitos setzten eine vorläufige Regierung ein.
Nach Meldung des „W. T. B.“ aus New York wurden üe Eisenbahngesellschaften östlich des Mississippi amtlich ermächtigt, ihre Tarife für die Erzeugnisse der Eisen⸗ und Stahlindustrie, die zur Ausfuhr bestimmt sind, um 20 bis 25 % herabzusetzen. Die Metallindustrien hatten eine Herabsetzung gefordert, damit die Amerikaner dem fremden Wettbewerb entgegentreten könnten.
Der Sonderberichterstatter der „Information“ meldet aus Konstantinopel: Es bestätigt sich, daß der rechte Flügel der Griechen, der versucht hatte, die befestigte Stellung am Sakaria zu umgehen, in der Gegend der Salzwüste überrascht wurde und in einen Kampf geriet, in dessen Verlauf er von den Türken vollständig geschlagen und von der übrigen Armee ahgeschnitten wurde. Das griechische Oberkommando soll keinerlei Nachricht von diesen Truppen haben.
Aus Kalkutta wird gemeldet, daß der Stamm der Moplachs alle Häuser der Hindus in Brand gesteckt und von den Eigentümern bedeutende Summen erpreßt habe. Bei Mangeri (2), wohin die Meuterer in Stärke von etwa 15 000 Mann vorgerückt seien, wäre eine starke Bande in den auf dem Hügel erbauten Tempel eingedrungen, der bereits früher der Schauplatz von Unruhen gewesen sei.
—
Parlamentarische Nachrichten.
Der Arbeitsausschuß des Vorläufigen Reichswirt⸗ schaftsrats zur Beratung des Arbeitsnachweisgesetzes hielt heute
ein Sitzung.
Parteinachrichten. 1
In Frankfurt a. M. fand im Anschluß an den Katho⸗
eine Sondersitzung der anwesenden Vorstände der Ie2l en Zentrumspartei und der 119518 raktion des Zenkrums statt, in der folgender Aufruf beschlossen wurde: —
Mitglieder der Zentrumspartei! Der Abgeordnete Frebfäger ist einem ruchlosen Meuchelmord zum Opfer gesallen. Tief erschüttert sieht die Zentrumspartei an seiner Bahre, war doch sein ganzes Leben, seine Ipoengfraft wie sein Mannesalter, dem Dienste der Partei gewidmet. Wenige haben so rastlos und bingebend gearbeitet im öffentlichen Leben wie er. Cxzberher stand im Vordergrund des politischen Kampfes, und wie ist dieser Kampf gegen ihn geführt worden? Nicht mit ehrlichen Waffen — mit leiden chaftlichem Haß, auch mit Lug und Verleumdung wurde die öffentliche Meinung ver⸗ oiftet, und das Ergebnis ist der gemeine Mord. Und die Folge flf unser gesamtes Volk? Verwüstung der politischen Sitten, Verfall jeder Ordnung und aufreibender Pürverbie Wir verurteilen segliche Gewalt im Kampf der politischen Meinungen, omme sie von rechts oder links. Wir verdammen den politischen Mord. Wir warnen und beschwören unser gesamtes Volk: Laßt ab von aller politischen Leidenschaft, von aller persönlichen Ver⸗ beßung bannt den Geist, der solche Früchte zeitigt. Wer es gut mit unserm Volke meint, der hewahre es vor inneren Erschütterungen, der trete ehrlich auf den Boden der Verfassung, die das deutsche Polk und alle seine Stämme in freier Selbstbestimmung sich gegeben haben. Für Verfassungskämpfe ist heute weniger
likentag gestern nachmitta
Raum denn je, aufbauende Arbeit sei der Wahl⸗ spruch. Parteifreunde! Das Grab Erzbergers darf sich nicht schließen, ohne daß ihr in machtvollen Kundgebungen diesem Gedanken Ausdruck gebt. Tretet zusammen in allen deutschen Gauen, um laut und feierlich Verwahrung einzulegen gegen jeden Kampf mit ver⸗ gifteten Waffen, gegen die verhängnisvolle Meinungsverhetzung, gegen jegliche Gewalttat. Gelobet einhellig, treu zu stehen zur Ordnung und Verfassung, eingedenk unseres alten Wahln
Recht und Freiheit!
Statistik und Volkswirtschaft.
Arbeitsstreitigkeiten.
Die ausständigen Arbeiter der terbofnnun⸗ werke in Breslau haben „W. T. B.“ zufolge am Sonnabend heute, Montag, früh die Arbeit wieder auf⸗ zunehmen.
Die Bergarbeiterverbände des Ruhrgebiets haben, wie dem „W. T. B.“ aus Essen gemeldet wird, die bestehende Lohnordnung gekündigt. Der Zechenverband bat sich daraufhin bereit erklärt, bereits Aufang kommender Woche mit den Bergarbeiterverbänden des Ruhrgebiets in Verhandlungen über die Lohnfrage einzutreten. Die Bergarbeiter verlangen emn Heir⸗ liche Lohnregelung für ganz Deutschland.
Die Arbeiter der Metallindustrie im Sieger⸗ land sind, wie „W. T. B.“ erfährt, in den Ausstand getreten. Nur in wenigen Werken wird noch gearbeitet.
In Roubaigx wurden Textilarbeiter, die sich in ihre Fabriken begeben wollten, von Ausständigen 1. zur Umkehr gezwungen. Züge von Ausständigen, die in Tourcoing auf zwei La heenan mit Leinenballen trafen, stürzten die Wagen um und warfen die Ladung weg.
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Gesundheitswesen, Tierkraukheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Das Völkerbundskomitee für Hygiene hielt am 25. August in Genf seine erste Sitzung ab. Zum Präsidenten wurde einstimmig Dr. Madsen⸗Kopenhagen gewählt.
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Flugpostverbindungen zur Nordischen Woche in Lübeck und zur Kieler Messe. Zu der in Lübeck statt⸗ findenden Nordischen Woche wird vom 31. kS; ze bis zum 12. Sep⸗ tember eine Flugpostverbindung zwischen Hamburg und Travemünde über Lübeck mit täglich ehnsfigimn Hin⸗ und Rückflug hergestellt. Die Flugzeuge verlassen Nachmittags Hamburg 2,30 Uhr, Lübeck 3 Uhr und treffen 3,10 Uhr in Travemünde ein. Rückflug erfolgt Vormittags von Travemünde 8 Uhr, von Lübeck 8,10 Uhr. Ankunft in Hamburg 8,40 Uhr. Am 31. August sindet nur der Flug Hamburg — Travemünde und am 12. September nur der Flug Travemünde — Hamburg statt. Ferner wird vom 31. August bis zum 21. September zur Nordischen Woche und daran anschließend zur Kieler Messe ein Flugpostdienst zwischen Travemünde und Kiel eingerichtet: ab Trave⸗ münde 5,30 Uhr Nachmittags, Ankunft in Kiel 6,30 Uhr Nach⸗ mittags; Rückflug ab Kiel 9 Ühr Vormittags, an Travemünde 10 Uhr Vormittags. Am 31,. August findet nur der Flug Trave⸗ münde- Kiel und gm 21. September nur der Flug Kiel —Trape⸗ münde statt. Die Flüge werden von der Deutschen Luftreederei aus⸗ sefübrt. ei den Flugpostsendungen, die planmäßig erst in den ten Nachmittagsstunden am Bestimmungsort eingehen, kann auf Zustellung am Flugtage nur gerechnet werden, wenn Eilbestellung verlangt ist. In jedem Falle empfiehlt sich die Porausbezahlung des Eilbestellgeldes bei der Auflieferung. Nähere Auskunft erteilen die Postanstalten. 8— 1““
Der Postfrachtstückverkehr nach Spanien über Hamburg (See) 5 wegen der sehr großen Schwierigkeiten, die sich durch Beibringung der Ursprungszeugnisse erffben eingestellt werden müssen. Postpakete — Pakete im Gewicht bis 5 kg, die den Be⸗ stimmungen des internationalen ostpaketvertrags entsprechen — werden dagegen nach wie vor nach Spanien über Hamburg an⸗
Theater und Musik.
Schloßparkthoater (Steglitz. er Fünsiseiisc. Ernst, mit dem am Ausbau des Spielplans des Schloßparktheaters in Steglitz gearbeitet wird, verdient An⸗ erkennung und Fördepaaf⸗ Mit der Wahl von Hebbels düsterem bürgerlichen Trauerspiel „Maria Magdalene“, das am Sonnabend zum ersten Male dort aufgeführt wurde, hatte sich indessen die junge Bühne eine Aufgabe gestellt, die vorläufig noch über ihre Kräfte ging, d. h. wenn man viese mit dem Maßstab messen soll, den man an die Kunst der Darstellung in Groß Berliner Theaters anzulegen gewöhnt ist, Die Aufrufe und der Arbeitsplan des Schloßpark⸗ theaters deuten aber darauf hin, daß man sich dort nicht auf der Ftgc kleinerer Provinzbühnen bewegen will, sondern zum mindesten ufführungen erstrebt, wie sie an den besten Berliner Volkstheatern geboten werden. Aeußerlich entsprach die Aufführung von „Marxia Magdalene“ durchaus auch verwöhnten Ansprüchen, aber für die Be⸗ setzung der Hauptrollen sind Phftgfete Darsteller, wie es scheint, nicht serse hen Rudolf Klix; Meister Anton hatte nicht die eisen⸗ arte Starrheit des eigenwilligen Sonderlings und Glaubensfanatikers, aus dessen Religion die Liebe verbannt ist; die Umrisse der Gestalt schwankten, der Ton wurde mitunter zu weich, und man merkte es dem Darsteller an, wie er sich Zwang antun mußte. In der Auffassung einheitlicher war die Clara in der Wiedergabe von Lotte Fließ, aber die Folterquglen, die diese Mädchenseele erdulden n kamen nicht unmittelbar zum Ausdruck, Kunst hat sich bei ihr noch nicht in Natur gewandelt. Völlig ftte ae und unglaubhaft war Hermann Greids Leonhard, dagegen fiel wieder Karl Ludwig Achaz als Sekretär, wie schon früher, durch seine frische, ursprüngliche Begabung auf. Die übrigen Mitwirkenden genügten, ohne im guten oder schlechten Sinne besonders aufzufallen. Der Spielleiter Robert Forsch hatte, soweit es anging, mit den vorhandenen Kräften gute Arbeit geleistet und es glücklich vermieden, durch ein allzu langsames Spieltempo das Quäle⸗
rische des Hebbelschen Trauerspiels mehr als nötig zu betonen. p.
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Im Deutschen Theater geht am Donnerztag, den 1. Sep⸗ tember, Shaws Komödie „Caesar und Kleopatra“ in Szene. Die Hauptrollen liegen in den Händen von Werner Kreuf⸗ Erika von Thelmann, Max Gülstorff, Margarete Kupfer, Wilhelm Diegel⸗ mann, Hugo Döblin, August Eichhorn und Hectutö Krüger.
Die Altistin Jenny Sonnenberg wird am Mentae⸗ den 19. September, im Beethovensaal einen Lieder⸗ und Arien⸗ ahend gehen. Jenny Sonnenherg kommt nach einjähriger Pause wieder 8 Berlin, nachdem sie durch Südafrika eine erfolgreiche Konzertreise unternommen, und zuletzt in London am 9. Juni ein
Konzert gegeben hatte. ascha Spiwakowsky gibt am Sonntag, den 25. Sep⸗
2942 Abends 8 Uhr, einen Klavierabend im Beethovensaal. Mannigfaltiges.
Der Herr Reichspräsident wohnte gestern den Armee⸗ wettspielen der Reichswehr und der Reichsmarine im Stadion bei. Zugegen waren ferner der Reichswehrminister
spruchs: Für cttis
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Geßler, der ef der Heeresleitung ven Seekt, der Minister r. Mikesdert Kunst und Volksbildung Frnn un 2 Staatskommissar Weißmann. (W. T. B.)
Gegen die Kleingeldhamsterei. Der Umlauf des von zahlreichen Stellen ausgegebenen Notgeldes in Scheinen unter 127 bildet eine Anomalie im deutschen Zahlungswesen und hatte seine Henechtisamng nur so lange, als die Münzstätten nicht in der Lage waren, den durch die besonderen Verhältnisse der Kriegs⸗ und Nach⸗ kriegszeit hervorgerufenen Hen ge⸗ el zu beseitigen. Inzwischen ist es durch eine Reihe von Maßnahmen gelungen, die Münz⸗ ausprägungen erheblich zu steigern und Kleingeld in 5⸗,10⸗ und 50⸗Pfennigstücken in verstärktem Ausmaß dem Verkehr zuzuführen. Gleichwohl wollen die Klagen über Mangel an Kleingeld nicht verstummen, und nach wie vor laufen bei den Landesregierungen Anträge von Kommunen und anderen Stellen auf Genehmigung zur Ausgabe weiteren Not⸗ geldes ein, während das Febreben doch sein muß, nicht nur neue Ausgaben zu vermeiden, sondern das noch N Notgeld aus⸗ zumerzen. Der trotz stärkster Steigerung der Ausprägungen immer noch in die decean tretende Mangel an Kleingeld läßt sich nur so erklären, daß die Münzen von einem Teil der Bevölkerung in er⸗ heblichem Umfange dem Verkehr entzogen und zurückgehalten werden. Nne st ag ger seic die völlige Zwecklosigkeit, ja Schädlich⸗ keit eines solchen Verfahrens gebührend zu kennzeichnen. Die Hamsterei dieser Münzen ist zwecklos, da sie einen dem Nenn⸗ wert auch nur einigermaßen nahe kommenden Materialwert nicht besitzen. Das 5⸗Pfennig⸗Stück aus Eisen hat einen Material⸗ wert von etwa 1 Pfennig die 10 Pfennig⸗Cisenmünze einen solchen von noch nicht fennig, die 10⸗Pfennig⸗Zinkmünze einen solchen von 2 Pfennig und das Aluminium⸗50⸗Pfennig⸗Stück einen Material⸗ wert von etwas über 4 Pfennig. Eine Möglichkeit, sich etwa durch Einschmelzen der Münzen für den Nennwert bezahlt zu machen, be⸗ steht also nicht. Unterscheiden sich mithin die Münzen hinsichtlich ihres Materialwertes nicht wesentlich vom apiergeld, so auch nicht hinsichtlich ihre Wertbeständigkeit. 8 wäre ebenso ver⸗ fehlt, die Münze etwa deswegen zurückzuhalten und zu Hause aufzustapeln weil man Wertveränderungen des Papiergeldes efürchtet, von denen das Metallgeld verschont bliebe. Daß eine Abstempelung des Feere de⸗ nicht beabsichtigt ist, ist von der Reichsregierung wieder⸗
olt und kategorisch erklärt worden. Das Hamstern von Klein eld in Münzen ist aber nicht nur völlig zwecklos, es schädigt auch den einzelnen. Er hat die Mühe der Aufbewahrung, die um so spößer ist, je kleiner die von ihm zurückgehaltenen Münzen sind, äuft obendrein noch die Gefahr des Verlustes des ganzen Betrages durch Diebstahl, Brand und dergl. und muß auf die Zinsen ver⸗ zichten. Größer und einschneidender als die mee für den einzelnen sind die aus der Hamsterei der kleinen Münzen sich für die Gesamt⸗ heit ergebenden Schädigungen. Die Bedeutung des Geldes beruht auf seiner zirkulatorischen Verwendbarkeit. Nur insoweit, als das Geld umläuft, erfüllt es seinen Zweck. Diese Regel trifft namentlich für die kleinen Münzen zu. Sie gehören in den Perkehr In dem Augenblick, in welchem sie zurückgehalten werden, werden sie ihrer eigentlichen Aufgabe entzogen, und erhebliche wirtschaft⸗ liche Werte gehen verloren. Um 10 000 ℳ zurückzuhalten, sind 200 000 5⸗ Pfenns stücke, 100 000 10⸗Pfennigstücke oder 20 000 50⸗Pfennigstücke notwendig. Die volk irtschaftlichen Werte, die auf diese Weise brachliegen, sind ni gering; denn die fertige Münze kostet nicht nur den geringen Materialwert, sondern erfordert auch Arbeitslöhne für das Walzen und Stanzen der Plättchen und für die Prägung. Indem die kleinen Münzen ihrer eigentlichen Bestimmung entzogen werden, wird ferner die Regierung veranlaßt, zur Behebung der durch das sinnlose Hamstern künstlich erzeugten Kleingeldnot die Münzpresse immer stärker arbeiten zu lassen und eine Ueherfülle von Kleingeld zu erzeugen. Es muß, wenn es einmal aus seinen Verstecken zurück⸗ strömt, den Verkehr in unnstiger Weise belästigen und den ohnehin überlasteten Organen der Zahlungsvermittelung eine Fülle unproduktiver Arbeit aufhürden. In einer Zeit aber, die sparsamste Perwendung aller Mittel und Krüöfte mehr als je gebjetet, ist der Mißbrauch des Kleingeldes zu Zwecke der Thesaurierung doppelt zu verurteilen. Die Zwecklosigkeit der Hamsterns von Kleingeld und die Schädlichkeit sowohl für de einzelnen wie für die Gesamtheit steht mithin außer allem Zweifel, und es sollten in der ernsten Finanzlage, in der sich das Reich be⸗ findet, keine Werte verschwendet werden. Jeder sollte an seinem Teil dazu beitragen, daß sich die ebherzeugung von der Sinn⸗ losigkeit der Kleingeldhamsterei allgemein durch setzt, und dahin wirken, daß jeder Empfänger von Kleingeld nur den notwendigsten Bedarf bei sich trägt, keine Münzen zu Hause aufspeichert und Ueberschüsse alsbald wieder dem Verkehr, der Pos⸗ der Reichsbank oder einem anderen Geldinstitut zuführt.
Auswüchse des Reklamewesens. In letzter Zeoit sin wiederholt Nachahmungen von Nn de hten 8. sn genannte Blüten) d Reklamezwecken verbreitet worden. Trotz der vorhandenen Abweichungen zeigen diese Blüten, besonders wenn si . sind, eine gewisse Aehnlichkeit mit den echten Noten, o daß es in einer ganzen Reihe von Fällen bereits Betrügern gelungen ist, sie zu sslungen zu verwenden Es erscheint angebracht, das hi ikum, insbesondere di gewerblichen Kreise darauf hinzuweisen, daß nach § 360 Züff. 6 Str.⸗G.⸗B. die Anfertigung und Verbreitung von Warenempfehlungs karten, Ankündigungen oder anderen Drucksachen oder Ahbildunger welche in Form oder Verzierung dem Papiergeld ähnlich sind, strafba ist. Das Reichsbankdirektorium warnt daher vor An ertigung, Verbreitung und gleichzeitig auch vor Annahme derartig
lüten. (W. T. B.)
Der Verband Deutscher Bücherrevisoren V.
hält vom 2. bis 5. September d. J. in Berlin seinen 12. Verbands
tag ab. Aus Anlaß des 25 jährigen Bestehens des Vereins wird
innerhbalb der Verbandstagung am 4. September, Nachmittags 5 Uhr
im g. 82 der Handelshochschule eine Jubiläumsfestsitzung ab alten werden.
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Alpenfilm „Wunder des Schneeschuhs“ wird in de Treptower Sternwarte am Mittwoch, Abends 8 Uhr, an Sonnabend, Abends 8 Uhr, und am nächsten Sonntag, Nachm 4 und Abends 8 Uhr, vorgeführt werden. Außerdem finden noch folgende Vorträge statt: morgen, Dienstag, Abends 7 Uhr; „Sternbilder und praktische Anleitung zu deren Auffindung“ (Lichtbildervortrag 6 des Herrn Direktors Dr. Archenhold); Sonntag, den 4. September Abends 6 Uhr: „Das Berner Oberland“ (Filme). Mit dem großen eernrohr werden bei klarem Wetter und Auftreten von Flecken vo
6 Uhr die Sonne, von 6—9 ½ Uhr Fixsterne oder Doppelsterne von 9 ½ — 11 Uhr Ringnebel in der „Leier“ beobachtet. Führungen durch das Astronomische Museum finden täglich von 2 Uhr Nach mittags bis 8 Uhr Abends statt.
otsdam, 28. August. (W. T. B.) Der Jugendbund der Deutschnationalen Volkspartei hatte für heute in Potsdam eine Erinnerungsfeier an die Schlacht von Tannen berg unter freiem Himmel geplant. Da die „Rote Fahne“, das Berliner kommunistische Organ, ihre Parteigenossen zu Gegenkundgebungen aufgerufen hatte, waren vom c- rSI in Potsdam Versammlungen unter reiem immel verboten worden. Die Deutsch⸗ nationalen hielten ihre Tannenbergfeier in der großen Luftschiffhalle bei Wildpark und in der Aula eines Potsdamer Gymnasiums ab. Sie nahm einen ungestörten Verlauf. Dem Rufe der Kommunistischen Parteileitung