1921 / 288 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 Dec 1921 18:00:01 GMT) scan diff

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ndlungen delegierk, um die preußischen Interessen zu vertreten; denn es handelt sich um altes preußisches Land und um preußisches Staatsgebiet.

Wie schwer Preußen getroffen wird, dafür nur einige Zahlen. Von unserem Steinkohlenvor⸗ kommen des oberschlesischen Kohlenbeckens fallen 90 an Polen, während bei Deutschland nur rund 10 verbleiben. (Hört, hört!) Hierbei ist zu berücksichtigen, daß in dem deutsch bleibenden Teile die Vorbedingungen für den Bergbau ungünstiger sind. Von den 61 Steinkohlengruben fallen voraussichtlich 49 ½ an Polen und nur 11 ½ bleiben deutsch. Von 4 preußisch⸗staat⸗ lichen Kohlengruben werden 2 ganz, eine dritte zum Teil polnisch. (Hört, hört!) Die Kohlenförderung betrug in Oberschlesien im Jahre 1920 rund 31,75 Millionen Tonnen; davon kommen an Polen rund 24,6 Millionen Tonnen = 78 %9&, und es verbleiben bei Deutschland 7,15 Millionen Tonnen = 22 %. Deutschland bezog bisher aus Oberschlesten monatlich gegen 1,1 Millionen Tonnen Kohlen. Es verbleiben für Deutschland in Zukunft nur 370 000 Tonnen, so daß 730 000 Tonnen eingeführt werden müssen, sei es aus dem polnischen Oberschlesten, oder sei es aus andern Ländern. Es ist kaum zu befürchten, daß Deutschland diese Mengen in Zukunft nicht aus dem polnisch werdenden Oberschlesien wird beziehen können; jedoch ist zu besorgen, daß es nicht mehr die guten Sorten erhält, die wir bisher bekommen haben. Dagegen ist die Preisfrage ungeklärt.

Die oberschlesische Koksindustrie bleibt zur Hälfte deutsch, da die Backkohlen im westlichen Teile des oberschlesischen Zentral⸗ reviers vorkommen. Der aussichtsreichere Teil der Koksindustrie ist jedoch der an Polen fallende.

Von 4 oberschlesischen Brikettfabriken werden 3 polnisch.

Sämtliche Eisenerzgruben fallen an Polen, mit einer Gesamterzeugung von rund 61 000 Tonnen qhört hört!), was für die deutsche Eisenerzerzeugung nicht allzu große Bedeutung hat.

Von 16 in Betrieb befindlichen Zink⸗ und Bleierz⸗ gruhen bleiben nur 4 ganz dentsch und eine weitere teilweise deutsch mit einer Jahresprodnktion der deutschbleibenden Gruben von 70 000 bis 80 000 Tonnen Zinkerz gegen bisher 266 000 Tonnen und einer Bleierzproduktion von rund 5000 Tonnen gegen bisher rund 22 000 Tonnen jährlich.

Sämtliche Zinkhütten gehen an Polen über, sowie die zwei vorhandenen Blei⸗ und Silberhütten mit einer Produktion von 3000 kg Silber (1919) und mit einem Werte von rund 15 Millionen Mark.

Von insgesamt 37 Hochöfen auf 8 Hochofenwerken bleiben 15 auf 3 Hochofenwerken deutsch, 22 fallen an Polen mit einer Roheisen⸗Jahresproduktion von rund 400 000 Tonnen chört, hört!), während die Jahresproduktion der deutschbleibenden Hoch⸗ öfen rund 170 000 Tonnen beträgt.

Von 14 Stahl⸗ und Walzwerken werden 9 polnisch, darunter insbesondere die Bismarckhütte und die Königs⸗ und Laurahütte. Von 25 Eisen⸗ und Stahlgießereien bleiben 10 deutsch. Von größeren Eisenwerken bleiben deutsch nur die Donnersmarkhütte und das Borsigwerk, nicht die Betriebe der Grafen Henkel von Donnersmark, die jetzt in englische Hände übergegangen sind. Insgesamt verliert Deutschland an Polen monatlich eine Stahl⸗ erzeugung von rund 50 000 Tonnen und eine Walzwerkerzeugung von rund 60 000 Tonnen. (Hört, hört!)

Das private Stickstoffwerk Chorzow, das östlich von Königs⸗ hütte liegt, geht an Polen verloren mit einer Produktion von jährlich 20 000 Tonnen Stickstoff.

Der preußische Bergfiskus hat in Oberschlesten außerordentlich schwere Verluste. (Sehr richtig!) Der Bergfiskus hat bekanntlich in Oberschlesien bisher die besten Grubenfelder gehabt. Es ist das Verdienst des Grafen Reden, der derzeitig bei Erschließung der Steinkohlenfelder in Oberschlesien sich darum ein besonderes Verdienst erworben hat. Es ist anders als im Ruhrrevier, wo sich der Staatsbesitz wesentlich in Randzechen auswirkt. Von den betriebenen Steinkohlenbergwerken verliert der preußische Fiskus in Oberschlesien an Polen die ganze Berginspektion I mit einer anstehenden Kohlenmenge, soweit nach heutigen Begriffen sicher abbauwürdig bis 1000 Meter, von 201 Millionen Kubikmeter, mit einer Belegschaft von 10 534 Mann, mit 4 Schachtanlagen und einer durchschnittlichen Förderung von 2 180 000 Tonnen im Werte von 153 Millionen Goldmark, die Berginspektion III mit den noch in Ausban begriffenen und zukunftsreichsten Rheinbabenschächten bei Bielschowitz sowie einschließlich der Spülsandfelder bei Neudorf, jedoch ausschließlich Guidogrube und Delbrückschächte, mit einer anstehenden Kohlenmenge von 500 Millionen Kubikmeter, einer großen Schachtanlage (die Zeche ist im Werden begriffen) mit einer Belegschaft von 1719 Köpfen und einer Jahresförderung von 340 000 Tonnen im Werte von 51 Millionen Goldmark. Es geht ebenfalls an Polen über die zukunftsreichste Berginspektion IV bei Knurow, die noch in der Entwicklung begriffen ist, mit einer anstehenden Kohlenmenge von 233 Millionen Kubikmeter, einer Belegschaft von 3303 Köpfen, mit zwei Schachtanlagen, 508 000 Tonnen Förderung im Werte von 50 360 000 Goldmark, dazu die größere der beiden Anlagen der staatlichen oberschlesischen Wasser⸗ versorgungsanlage im Werte von 3 600 000 Goldmark.

Damit ist jedoch der Verlust des preußischen Bergfiskus noch

erschöpft. Große unerschlossens Steinkohlenfelder von Quadratkilometern mit 7,7 Milliarden Kubikmeter bau⸗ würdiger Kohle bis 1000 Meter Tiefe und einem Werte von 289 Millionen Goldmark gehen ebenfalls an Polen über. (Hört, hört!) Diese Felder, die kohlenreichsten im ganzen Bezirk, find besonders für die Zukunft von großem Wert.

Die Bleie und Silberhütte Friedrichshütte bei Tarnowitz und 37 Prozent des Anspruches auf Ablieferung der im Reservatfelde Friedrich beim privaten Bergbau auf Zinkerze fallenden Bleierze

Werte von 29 250 000 Goldmark gehen ebenfalls an Polen

er, dazu Salz⸗ und Solquellengerechtsame im Werte von elj Millionen Goldmark. Soweit man überhaupt gegenwärtig von Zahlen sprechen kann, und ich bitte, die Zahlen überhaupt mit außerordentlicher Vorsicht aufzunehmen, beträgt der Gesamtwert des an Polen fallenden bergfiskalischen Eigentums nach gegen⸗ wärtigen Schäͤtzungen rund 538 Millionen Goldmark. (Hört, hört!) 1 Das sind für Preußen und für die deutsche Volkswirtschaft große und schwere Verluste. Es ist selbstverständlich, daß wir alles un müssen, um diesen Verlust, soweit es überhaupt möglich ist, auszugleichen. Jedoch wird man zu dieser Frage erst Stellung nehmen können, wenn die Verhandlungen über Oberschlesten völlig

nicht

übgfschlossen sind. Ich würde es für dringend wünschenswert

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halten, wenn das hohe Haus zu den oberschlesischen Frage

bevorstehenden Debatte nicht Stellung nehmen würde, und zwar

spreche ich diesen Wunsch deshalb aus, um die Verhandlungen in keiner Weise zu gefährden. Wie groß der Verlust in Oberschlesien ist, tritt besonders bei Beurteilung unserer gesamten Kohlenwirt⸗ schaft in die Erscheinung.

Wir können feststellen, daß, soweit die ersten zehn Monate des Jahres in Frage kommen, die Kohlenproduktion gegen das Vorjahr gestiegen ist. Die deutsche Steinkohlen⸗ produktion betrug in den ersten zehn Monaten dieses Jahres rund 112 1% Millionen Tonnen, im Vorjahre rund 107 ½ Millionen Tonnen. Wir haben allerdings die Jahres⸗ produktion in dem letzten Friedensjahre 1913 mit rund 145 ½ Millionen Tonnen noch nicht erreicht. Wir haben dem⸗ nach eine geringe Steigerung gegenüber dem Vorjahre um rund fünf Millionen Tonnen und immer noch einen erheblichen Abfall gegen das letzte Normaljahr zu verzeichnen. Die monatliche Stein⸗ kohlenförderung, die im Anfang dieses Jahres infolge des Ver⸗ fahrens der Ueberschichten 12 Millionen Tonnen betrug, ist in den Sommermonaten nach Wegfall der Ueberschichten und als Folge des oberschlesischen Aufstandes ständig gesunken. Sie blieb im Monat Mai unter neun Mkllionen Tonnen, stieg dann nach Einsetzen der Arbeit in Oberschlesien wieder langsam an, betrug im Juli 10,7 Millionen Tonnen und erreichte im Oktober wieder 11,97, also fast 12 Millionen Tonnen.

Die Koksproduktion betrug in den Monaten Januar bis Oktober dieses Jahres rund 23,16 Millionen Tonnen, des Vorjahres rund 20,58 Millionen Tonnen. Auch hier haben wir eine recht nette Steigerung, wenn auch die Koksproduktion des letzten Friedensjahres 1918 mit 25,38 Millionen Tonnen noch nicht ganz erreicht ist. Immerhin ist eine Steigerung gegenüber dem Vorjahre von 12 ₰G festzustellen.

Die Entwicklung der Braunkohlenförderung zeigt ein wesentlich günstigeres Bild. Es wurden in den Monaten Januar bis Oktober in diesem Jahre gefördert 101,5 Millionen Tonnen, im vergangenen Jahre nur 91,7. Im letzten Friedens⸗ jahre waren es allerdings nur 72,8 Millionen Tonnen. Die Braunkohlenförderung ist somit in der Berichtszeit gegen das Vor⸗ jahr um rund 10 und gegen das letzte Friedensjahr sogar um nicht weniger als 40,4 gestiegen.

Die Produktion an Braunkohlenbriketts stellte sich in den Berichtsmonaten des laufenden Jahres auf 23,7, des Vor⸗ jahres auf 20,1, des Jahres 19138 auf 17,9 Millionen Tonnen. Hier zeigt sich gegen das Vorjahr eine Steigerung von 18 ₰, also fast das Doppelte der Steigerung der Braunkohlenförderung, was aus einer Vermehrung und Vergrößerung der Brikettfabriken zu erklären ist.

Zusammenfassend ist also festzustellen, daß gegen das Vor⸗ jahr die Steinkohlenförderung um etwa ein Zwanzigstel, die Rah⸗ braunkohlenförderung um ein Zehntel und die Braunkohlenbrikett⸗ produktion um ein Sechstel gestiegen ist.

Diese starke Steigerung in der Produktion ist außerordentlich erfreulich. Sie übt allerdings keinen Einfluß auf die Ver⸗ sorgungslage aus. (Hört, hört!) Ich will weiter erfreulicherweise feststellen, daß die Leistungen je Schicht und Kopf der Arbeiter unter Tage in Westfalen im Sommer ganz erfreulich gestiegen sind. (Hört, hört!)

Die Versorgungslage hatte sich im Frühjahr dieses Jahres dank dem Verfahren von Ueberschichten im Ruhrrevier sowie auf der anderen Seite bei dem Rückgang der Konjunktur und dem dadurch hervorgerufenen Minderbedarf der Industrie an Brennstoffen günstiger gestaltet, insbesondere wurden die minder⸗ wertigen Steinkohlensorten sowie der Koks und die Rohbraunkohle allmählich immer flüssiger. Ein völliger Umschwung trat jedoch im Laufe des Sommers ein. Zunächst trug hierzu der Polen⸗ aufstand in Oberschlesten bei und der durch ihn bewirkte erhebliche Ausfall der Zufuhr oberschlesischer Kohle, der sich auf 3,9 Millionen Tonnen, also nahezu 4 Millionen Tonnen bezifferte. Hierzu trat erschwerend der mehrere Wochen andauernde Streik im Walden⸗ burger Bezirk hinzu. Besonders in Mitleidenschaft gezogen wurde hierdurch der Osten Deutschlands, dem nur durch Zuweisung westfälischer Kohle geholfen werden konnte. Die Nachwirkungen dieser schweren Störung werden sich noch längere Zeit bemerkbar machen.

Noch vergrößert wurden diese Schwierigkeiten durch die außer⸗ gewöhnliche, monatelang anhaltende Trockenheit, die ein Ver⸗ sagen der Schiffahrt in allen großen Strömen und gleich⸗ zeitig eine Beschränkung der Ausnutzung der Wasserkräfte zur Folge hatte. Die hierdurch eingetretene Notlage in der Kohlenversorgung wurde noch ver⸗ mehrt durch die ziemlich plötzlich einsetzende Steigerung des Be⸗ schäftigungsgrades fast der gesamten deutschen Industrie, dem eine Vermehrung der Erzeugung an hochwertigen Brennstoffen nicht gegenüberstand. Schließlich verschärfte auch noch die Entente ihre Anforderung an guter Kohle, und in letzter Zeit sehr erheblich an Koks. So ist die Lage der Versorgung außerordentlich schwierig geworden und tritt ganz besonders unangenehm gerade in diesen Monaten in Erscheinung, wo der Mehrbedarf des öffentlichen Dienstes Reichseisenbahnen, Gas⸗ und Glektrizitätswerke sowie des Hausbrandes sehr hohe Anforderungen stellte. Be⸗ sonders die Gasanstalten sind, da Vorräte meist fehlen, bielfach in schlimmer Lage. Dasselbe gilt von der Industrie, soweit sie hoch⸗ wertige Kohlen verbraucht. Die Kohlenwirtschaftsstellen suchen soweit als möglich auszugleichen und sind, um Stillegungen einzelner Werke und Arbeiterentlassungen zu vermeiden, mehr als je auf Beschlagnahmungen angewiesen, ein Mittel, das allerdings bei den hiervon Betroffenen keine Freude auslöst. 1

Die zukünftige Entwicklung der Kohlenversorgung zu über⸗ blicken, ist gerade jetzt außerordentlich schwer. Sie wird im wesent⸗ lichen davon abhängen, ob uns die oberschlesischen Kohlen auch weiterhin im genügenden Ausmaß zur Verfügung stehen werden. In jedem Falle aber ist damit zu rechnen, daß der starke Mangel an hochwertigen Kohlensorten noch weiter anhält. Eine Einfuhr ausländischer Kohle wird bei dem gegenwärtigen Stande unserer Mark kaum in Betracht kommen.

Meine Damen und Herren, ich hätte mich aufrichtig gefreut, wenn ich Ihnen ein wesentlich besseres Bild über unsere Kohlen⸗ lage hätte geben können; leider ist dies nicht der Fall. Aus den einzelnen Zahlen ergibt sich, daß unter diesen Schwierigkeiten be⸗ sonders unsere Kohlen verbrauchende Industrie zu leiden hat.

Biele Hochöfen sind schon ausgeblasen, und wenn die Verhältnisse

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nicht günstiger werden, so muß damit gerechnet werden, daß eins weitere erhebliche Einschränkung unserer Industrie eintreten muß. (Hört, hört!)

In welch schwierige Lage besonders auch das besetzte Gebiet kommt, mag daraus zu erkennen sein, daß sich für Freitag eine Abordnung der Belegschaft von Rote Erde bei mir angemeldet hat, die vorstellig werden will, weil die Befürchtung besteht, daß, wenn nicht eine bessere Kohlenversorgung eintritt, über 1000 Arbeiter entlassen werden müssen.

Besonders fühlbar macht sich gegenwärtig ein erheblicher Wassermangel, der sich namentlich in Recklinghausen bemerkbar macht. Die dortige Bergwerksdirektion teilt mit, wenn nicht dieser Wassermangel bald behoben wird, sicherlich damit zu rechnen ist, daß Feierschichten eingelegt werden müssen. Auch hat das Ruhr⸗ revier ständig an Wagengestellung zu leiden. (Sehr richtig!) Ich habe als eine der ersten meiner Amtshandlungen ansehen müssen, sofort mit dem Herrn Verkehrsminister über diese sehr wichtige Frage Rücksprache zu nehmen. Ich habe besonders dahin gewirkt, daß einmal, um die Versorgung der Bergarbeiter im Ruhrrevier mit Lebensmitteln sicherzustellen, dafür gesorgt wird, daß die Wagengestellung besser werden muß, daß aber auch der Abtrans⸗ port der Kohlen, um eine Stillegung der Industrie, besonders im Osten Deutschlands, zu vermeiden, unter allen Umständen einzu⸗ treten hat.

Das Interesse der Kohlenwirtschaft der Welt verlangt es, daß die Entente darauf verzichtet, von uns monatlich 2 Millionen Tonnen Kohle zu erhalten. Schon jetzt leiden die Bergarbeiter der Ententeländer unter unserer Zwangslieferung, ganz besonders aber leiden die Bergarbeiter des Saarreviers darunter. Ich habe be⸗ reits in anderem Zusammenhange darauf hingewiesen.

Ernste Sorge macht gegenwärtig die Ernährung der Bergarbeiter im Ruhrbergbau. Ganz außerordentlich be⸗ sorgniserregend ist die Kartoffelversorgung. Wir haben im Rhein⸗ land, wie in vielen anderen Provinzen, eine sehr mäßige Kar⸗ toffelernte gehabt. Dazu kommt, daß die Bevölkerung des Ruhr⸗ reviers sich ständig im Herbste für den ganzen Winter eindeckt. Während in anderen Jahren die holländischen Kartoffeln für die Versorgung der dortigen Bevölkerung eine große Rolle spielten, schieden sie diesmal durch den Stand der deutschen Mark fast ganz aus. Dieser offenbare Mangel hat dazu geführt, daß sich in der Bevölkerung große Sorge bemerkbar machte, und die Folge waren Angstkäufe, die die Preise immer höher trieben. Diese exorbitant hohen Preise bestehen leider noch heute; denn noch in den letzten Tagen wurde mir aus Essen berichtet, daß dort ein Zentner Kar⸗ toffeln 150 koste, chört, hört! links) und in den anderen Orten ist es nicht besser. Wenn man für einen Zentner Kartoffeln 150 zahlen muß, so ist das eine wucherische Ausbeutung einer Notlage der werktätigen Bevölkerung, (sehr wahr! links und in der Mitte) gegen die mit allen Mitteln der Staatsgewalt angegangen werden muß. (Sehr richtig! links und in der Mitte.) Auch der solide Handel wendet sich gegen diesen Wucher, wie ich erfreulicherweise feststellen möchte. Ich habe deshalb die Maßnahmen des Herrn Ministers des Innern auf Bekämpfung des Wuchers lebhaft unter⸗ stützt, und es steht zu erwarten, daß die in allen Orten zu bildenden Kommissionen, zu denen auch die Kreise des Handels hinzugezogen werden sollen, geordnete Preisverhältnisse herbeiführen.

Lebhafte Klage ist auch bei den Beratungen des Hauptaus⸗ schusses über die Staatsbergwerke im Direktions⸗ bezirk Recklinghausen geführt worden. Es soll mein auf⸗ richtiges Bemühen sein, die Rentabilität der Staatsbetriebe zu steigern, indem alle überflüssigen Ausgaben beseitigt werden und die Verwaltung nach kaufmännischen Grundsätzen durchgeführt wird, soweit dies erforderlich und noch nicht geschehen ist. Dadurch wird sich der Ertrag sicherlich noch erhöhen lassen. Es darf aber darauf hingewiesen werden, daß die Staatsbergwerke im Direktions⸗ bezirk Recklinghausen gegenwärtig immer mehr an dem Zeitpunkt angelangt sind, an dem man mit Ueberschüssen rechnen kann. Auch die noch bestehenden unliebsamen Differenzen bei der Berginspektion V müssen beseitigt werden. Ich hoffe, so⸗ bald es meine Zeit irgendwie gestattet, durch Verhandlungen an Ort und Stelle für Abstellung der dort bestehenden Differenzen zu sorgen. Soweit noch Unternehmerarbeiten in Staatsbetrieben bestehen, hoffe ich alsbald, daß diese Arbeiten der Vergangenheit angehören. 8

Der Hauptausschuß hat in der Beratung des Haushalts de Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenverwaltung in einer ganzen Reihe von Entschließungen seine Wünsche zum Ausdruck gebracht, und ich darf wohl annehmen, daß das Hohe Haus diesen Beschlüssen beitritt. Im allgemeinen bin ich mit diesen Entschließungen einverstanden und begrüße es besonders, daß von mir verlangt wird, den Berg⸗ arbeitern Pachtland für Kleingärten zur Verfügung zu stellen und den Bau von Bergarbeitersiedlungen zu fördern. Ich halte es ferner für unerläßlich, daß das berg⸗ männische Fortbildungsschulwesen möglichst für alle Bergarbeiter durchgeführt wird. Was die Reform des Knappschaftswesens anbetrifft, so kann ich die erfreuliche Mitteilung machen, daß voraussichtlich damit zu rechnen sein wird, daß das Reichsknappschaftsgesetz zum 1. April nächsten Jahres in Kraft treten wird; jedenfalls sollen die Vorarbeiten be⸗ schleunigt werden. (Bravol! Rnks und in der Mitte.) Allerdings möchte ich darauf aufmerksam machen der Herr Berichterstatter hat das ja auch schon getan —, daß in dem Antrage des Haupt⸗ ausschusses zu 2p im Schlußsatz verlangt wird, daß die Beiträge auf die Selbstkosten des Bergbaues umgelegt werden. Der Herr Berichterstatter hat ja nicht mit Unrecht darauf aufmerksam ge⸗ macht, daß ja jetzt eigentlich schon eine Umkage auf din Selbstkosten

erfolge; die Beiträge der Bergarbeiter zu dem Knappschaftswesen seien in ihren Löhnen enthalten, während die Beiträge der Arbeit⸗ geber ja auch nicht aus ihrem Privatvermögen zur Verfügung ge⸗ stellt würden. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokvaten.) Das ist an sich durchaus richtig; aber ich mache doch darauf aufmerksam, daß mit dieser Beschlußfässung ein ganz neuer Weg beschritten wird, den wir gegenwärtig in der Sozialgesetzgebung, abgesehen von der Unfallversicherung, nicht kennen. Ich würde die dringende Bitte aussprechen, nicht diese Frage allein herauszulösen und hier durch eine Festlegung zu regeln, sondern sie bei der allgemeinen Reform der sozialen Versicherung zu ordnen. (Sehr richtig!)

Ueber die Schulung der bergmännischen Be⸗ triebsräte brauche ich besondere Ansführungen jetzt nicht zu machen. Ich habe in dem ersten Teil meiner Ausführungen bereits anerkannt und mich verpflichtet, in dem von dem Ausschuß ge⸗ wünschten Sinne zu wirken.

Förständigen

pnen Mark Stammaktien.

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guch mit der Erweiterung des Aufsichtsrats der

tiengesellschaft Hibernia um drei Abgeordnete bin ftaaas einverstanden.

Soweit ich gegen die einzelnen Beschlüsse des Hauptausschusses enken habe, möchte ich ganz kurz darvauf eingehen. In dem

trag zu 2 k bitte ich, den letzten Satz nicht anzunehmen. Dieser

chlußsatz lautet: 2 8 8 Der Kohlenpreis wird von der Werksleitung in Gemeinschaft nit den Vertretern der Beamtenschaft festgesetzt.

eser Schlußsatz widerspricht dem § 10 des Beamtendienstein⸗ mensgesetzes, welcher in Abs. 1 bestimmt:

Staatsseitig gewährte Feuerungsmittel können mit einem ssenen Betrag auf das Diensteinkommen angerechnet Die Höhe des anzurechnenden Betrages wird von der Behörde unter Mitwirkung der zuständigen Beamten⸗ festgesetzt. In Zweifelsfällen entscheidet der zu⸗ sändige Minister in Gemeinschaft mit dem Finanzminister

ültig.

v den Sozialdemokraten: Das ist doch dasselbe!) Nein, ine Damen und Herren, das ist ein Irrtum, es ist nicht das⸗ bbe. In dem von mir zuerst verlesenen Satz wird verlangt: der phlenpreis wird von der Werksleitung in Gemeinschaft mit den rtetern der Beamtenschaft festgesetzt. Ich habe ausdrücklich auf aufmerksam gemacht, daß es an sich selbstverständlich ist, die zuständige Beamtenvertretung gehört wird, und daß die he des anzurechnenden Betrages auch unter ihrer Mitwirkung plgt. Da aber auch Zweifelsfälle eintreten können, hat der inister selbst die Entscheidung zu treffen, damit unnötige Miß⸗ aigkeiten vermieden werden. Gegenwärtig kommen Sie, auch

Ministerium und ich nicht an den Bestimmungen des umtendiensteinkommensgesetzes vorbei.

Dann wird in der Entschließung zu 2 die alsbaldige Vorlage er Neugestaltung der Betriebe der staatlichen Berg⸗ ree, Hütten und Salinen gewünscht, und zwar soll ich diese llage möglichst noch in diesem Herbst dem Hause unterbreiten.

Herr Berichterstatter hat schon darauf aufmerksam gemacht, sich dieser Zeitpunkt mit dem besten Willen nicht innehalten en wird; er hat aber gebeten und als einen Wunsch des

paausschusses zum Ausdruck gebracht, daß diese Borlage als⸗ Id dem hohen Hause unterbreitet werden soll. Meine Damen d Herren, das ist gegenwärtig ganz unmöglich. Worauf es in ger Linie ankommt, ist doch, daß die Staatsbetriebe aus ihrem

en Etatverhältnis herausgelöst werden müssen. Um dies zu

angeme werden.

mwöglichen, wird es nötig sein, für die Staatsbetriebe an Ein⸗

men und Ausgaben nur je einen gemeinsamen Betrag in den

at einzusetzen, damit zunächst Ausgleiche möglich sind. Außer⸗

m wird dem hohen Hause in den nächsten Tagen der Gesetzent⸗ urf über den Sonderstock, der schon den Staatsrat passiert hat, gehen. Damit will ich durchaus nicht betonen, daß mit dieser gelung eine Neugestaltung erfolgt ist. Aber diese Frage ist auch

anderen Gründen gegenwärtig sehr schwierig, weshalb ich ten möchte, nicht darauf zu dringen, daß dieser Gesetzentwurf hohen Hause alsbald zugehen soll.

Ich will dies an einem einzigen Beispiel einmal näher zeigen. hmen wir einmal an, daß die westfälischen Werke, um über⸗ upt schätzungsweise eine Zahl zu nennen, ungefähr 500 Mil⸗

hnen Mark Vilanzwert haben. Diese Zahl wird man nur sehr

sichtig nennen müssen, sie soll auch nur in diesem Fall ein Bei⸗ el sein. Bei der Umwandlung der Staatsbergwerke in eine tiengesellschaft würde nach den bestehenden Gesetzen, das heißt ch dem Grunderwerbssteuergesetz vom 12. September 1919, eine gabe von etwa 9 Millionen Mark zu zahlen sein. Das wäre sich das wenigste. Wir haben aber gegenwärtig im Reichstag ie ganze Reihe neuer Steuergesetze in Arbeit, und nach diesen en Steuergesetzen, wenigstens nach den geplanten Entwürfen, ren weiter zu zahlen einmalig eine Kapitalverkehrssteuer von 5 Millionen Mark, eine Gewerbeanschaffungssteuer von 11,12 illsonen Mark, dazu Grunderwerbssteuer von 8,88 Millionen ark, in Summa 57,50 Millionen Mark. Dazu käme dauernd Vermögenssteuer jährlich mindestens 1,5 Millionen Mark, so insgesamt rund 60 Millionen Mark. Diese Gesetze sind in⸗ ischen wesentlich geändert, besonders auf die Einwirkung meiner rren aus dem Ministerium, die darauf aufmerksam gemacht ben, daß es auch staatliche Aktiengesellschaften gibt, um diese datsbetriebe dann möglichst freizustellen. Aber auch nach den ünderten Gesetzen würde immer noch ein Betrag von rund Millionen übrig bleiben. Ich bin der Auffassung: zu dieser lage kann in meinem Ministerium erst Stellung genommen rden, wem die Steuergesetze endgültig verabschiedet sind. Es d also nicht möglich sein, alsbald, wie es der Ausschuß in em Antrag zugrunde gelegt hat, dem hohen Hause eine abge⸗

älossene Vorlage vorzulegen.

Es ist angeregt worden, die Staatswerke in Recklinghaufen die Hibernia anzugliedern. Das ist ein besonderer Wunsch des iebsrats der Hibernia. Ich möchte auf die Frage ganz kurz gehen.

Gemäß § 2 des geltenden Körperschaftssteuergesetzes sind von Körperschaftssteuer befreit u. a. die Unternehmungen, deren träge ausschließlich den Ländern zufließen. Schon bei der

mböpfung dieses Gesetzes im Jahre 1919 ist mit Rücksicht auf die

eteiligung des preußischen Staates bei der Bergwerks⸗ 2esellschaft Hibernia eine lockerere Fassung erstrebt, aber cht erzielt worden. Bekanntlich gehören dem preußischen Staat n den 70 Millionen Mark Aktienkapital der Bergwerksgesellschaft bernia die 10 Millionen Mark Vorzugsaktien und über 59 Mil⸗ Ein Teil der noch fehlenden über 0000 Mark Aktien ist in festen Händen; von einem anderen Teil t überhaupt nicht festgestellt werden können, wo er sich befindet. hört, hört! links.) Der Umstand, daß während des Krieges eine mje Reihe von Dividendenkoupons nicht eingelöst sind, läßt darauf gließen, daß die Eigentümer im Auslande wohnen. Ein belgischer ktionär hat sich inzwischen gemeldet. Es wird versucht, dessen ktien zu erwerben. Die Höhe des Betrages ist nicht bekannt. er Entstehung der Gesellschaft, die bekanntlich eine Gründung Irländern und Engländern ist, entsprechend, werden sich wohl ich Aktien in großbritannischem Besitz befinden. Die Bergwerks⸗ sellschaft Hibernia muß daher damit rechnen, daß sie niemals Zschließlich im Eigentum des preußischen Staates stehen wird mnd infolgedessen Körperschaftssteuer eutrichten muß. Eine endgültige Veranlagung der GCesellschaft zur Körper⸗

haftssteuer hat bisher noch nicht stattgefunden

An vorläufigen

Beträgen hat sie entrichtet für das Jahr 1920 rund 64 000 Mark, für das Jahr 1921 rund 766 000 ℳ. Das sind nach den heutigen Geldbegriffen ja keine großen Beträge. Nach dem Gesetz⸗ entwurf über die Aenderung der Körperschaftssteuer soll diese auf das Dreifache erhöht werden. Der Abschluß für das laufende Jahr liegt noch nicht vor, aber soweit man überhaupt in der jetzigen Zeit Schätzungen abgeben kann, ist mit einer höheren Dividende als im Vorjahre zu rechnen. Demnach wird auch die Körperschafts⸗ steuer schon ohne die vom Gesetzgeber geplante Steigerung einen wesentlich größeren Betrag erreichen. Einigermaßen zuverlässige Schätzungen lassen sich im Augenblick nicht machen, aber das eine kann gesagt werden: wenn man, wie auch von Vertretern des Betriebsrats vorgeschlagen ist, den staatlichen Bergwerksbesitz in Westfalen in die Bergwerksgesellschaft Hibernia einbringen wollte, so würde sich allein auf steuerlichem Gebiet die Lage des Berg⸗ fiskus gesentlich verschlechtern. Ich bitte Sie deshalb dringend, die Bestimmung „möglichst noch im Herbst“ umzuändern in „so bald als möglich“. Am besten wäre es, wenn man von dem Ver⸗ langen gegenwärtig ganz Abstand nehmen würde, und zwar nicht etwa, um das, was das hohe Haus wünscht, nicht durchzuführen, sondern nur aus diesen Erwägungen heraus, die sicherlich auch von den Damen und Herren hier berücksichtigt werden. Ich bin der Auffassung, man sollte zunächst einmal abwarten, wie sich das Gesetz über den Sonderstock auswirkt.

Ein weiterer Teil der Beschlüsse verlangt bessere Schulung und einen besseren Ausbau der Schulen. Ich will darauf nicht näher eingehen, sondern nur erklären, daß ich gern diesen Anträgen zustimme.

Meine Damen und Herren, anläßlich des beklagenswerten Grubenunglücks auf Konstantin der Große hat das Hohe Haus in einem Beschluß die Schaffung eines Grubensicherheitsamts ver⸗ langt. Mein Bestreben geht dahin, dieses Grubensicher⸗ heitsamt so schnell wie irgend möglich durchzuführen. (Bravo!) Wir müssen die Gesundheit und das Leben der Bergarbeiter wie der Arbeiter überhaupt nach besten Kräften zu schützen suchen.

Meine Damen und Herren, mit außerordentlich großer Be⸗ trübnis haben wir heute erst gehört, daß im Saarrevier in der Dynamitfabrik Nobel bei Saarwellingen eine schwere Explosion eingetreten ist, bei der nach den Abend⸗ zeitungen 60 Tote verblieben sein sollen. Wir wollen hoffen, daß es nicht so viel sind. Dieser Anlaß hat aber der Staatsregierung Veranlassung gegeben, dem Bürgermeister von Saarwellingen das Beileid der preußischen Staatsregierung auszusprechen und für die erste Hilfeleistung einen größeren Betrag von 300 000 Mark zu Verfügung zu stellen. (Bravo!)

Was die Zusammensetzung des Grubensicherheitsamts, das der Landtag gewünscht hat, anlangt, so möchte ich in kurzen Um⸗ rissen auf die Gestaltung desselben eingehen. Ich will hoffen, daß es mir gelingt, bereits zu Anfang des neuen Jahres das Amt in Tätigkeit zu setzen. Seine Aufgabe soll im wesentlichen darin liegen, die allgemeinen bergpolizeilichen Angelegenheiten, soweit fie die Grubensicherheit betreffen, das Unfallwesen und die Unfall⸗ verhütung im Bergban, die Versuche zur Verbesserung der sicher⸗ heitstechnischen Einrichtungen im Bergwerkbetrieb, die Angelegen⸗ heiten der Grubensicherheitskommission und ihrer Fachausschüsse zu bearbeiten. Außerdem soll das Grubensicherheitsamt mitwirken bei der Ausübung der Grubenkontrolle durch die Staats⸗ aufsichtsbehörden, der Heranziehung der Betriebsräte auf dem Gebiete der Unfallverhütung, bei dem Arbeiterschutz im Bergbau. Zu den Aufgaben des Grubensicherheitsamts gehört es ferner, sich ständig über den sicherheitlichen Zustand der Gruben zu unter⸗ richten und zu diesm Zweck Befahrungen und Besichtigungen in den einzelnen Bergwerksbezirken vorzunehmen. (Sehr gut!)

Die Hauptkommission besteht aus 19 Mitgliedern. Zu diesen gehören der Leiter des Grubensicherheitsamts als Vorsitzender, je ein Vertreter der fünf Oberbergämter, fünf Vertreter der Berg⸗ werksbesitzer, fünf Vertreter der Arbeitnehmer (technische Beamte oder Angestellte und Arbeiter der Bergwerke) und drei Mitglieder des preußischen Landtags. Es ist selbstverständlich, daß für alle Mitglieder Stellvertreter eingesetzt werden sollen.

Für den Bezirk jedes Oberbergamtes wird eine Bezirks⸗ kommission gebildet, die bestehen soll aus einem Vertreter des Oberbergamts, zwei Bergrevierbeamten, zwei Vertretern der Bergwerksbesitzer, zwei Vertretern der Arbeitnehmer (technische Beamte oder Angestellte und Arbeiter der Bergwerke), zwei Mit⸗ gliedern des preußischen Landtags, die im Oberbergwerksbezirk ihren Wohnsitz haben.

Inwieweit das Grubensicherheitsamt der großen Aufgabe ge⸗ wachsen sein wird, wird die Zukunft lehren müssen. Ich bin der Auffassung, daß das Leben und die Gesundheit der Bergarbeiter ein außerordentlich kostbares Gut ist. Wir haben deshalb alles zu tun, um es zu schützen. Wir dürfen uns nicht nur bei einem großen Unglück an das kostbare Leben und die Gesundheit der Ar⸗ beiter erinnern, sondern wir müssen zu jeder Zeit und Stunde daran denken und alle Kräfte daran setzen, um für die Zukunft Unglück in einer Grube zu verhindern. Wenn wir diese Not⸗ wendigkeit erkennen, dann hoffe ich auch auf Anerkennung bei den Bergarbeitern insofern, als sie für unsere gegenwärtige schwere Zeit Verständnis aufbringen werden.

Ich habe aus meinen Darlegungen deutlich zu erkennen ge⸗ geben, daß wir, trotzdem die Kohlenförderung recht nennenswert gegenüber dem Vorjahre gestiegen ist, doch unter einer großen Kohlenknappheit leiden. Ich weiß sehr wohl, daß die Herren sagen werden, daß viele Gruben große Haldenbestände haben. Ich bin überzeugt, daß, wenn wir mit größerem Nachdruck zu Werke gehen, wir auch erreichen werden, daß die Wagengestellung in den Kohlen⸗ bezirken erheblich besser werden wird. Wir kommen aber trotzdem nicht um die große Aufgabe herum, alle Kräfte einzusetzen, um die Kohlenproduktion zu steigern. Kohle ist eins der Hauptmittel, die wir haben müssen, um unsere Wirtschaft überhaupt aufzubauen. Wenn wir das nicht erkennen, werden wir die großen Aufgaben des uns bevorstehenden schweren Winters nicht lösen. Ich darf

deshalb die Hoffnung aussprechen, daß die Verhandlungen, die im Gange sind, eine Verbesserung unserer Kohlenförderung zu er⸗ zielen, von Erfolg gekrönt sein werden. Jedenfalls wird es meine Aufgabe sein müssen, alle Bestrebungen, die Kohlenförderung zu steigern, in hervorragendem Maße zu unterstützen. Das sind die Ausführungen, die ich bei Beginn der zweiten Etatsberatung Ihnen zu machen habe. Ich hoffe, wenn ich es übernommen habe, ein außerordentlich wichtiges Ministerium zu leiten, au5 die Unter⸗ stützung dieses hohen Hauses. (Lebhafter Beifall.) 8

Parlamentarische Nachrichten.

Im Reichstagsausschuß für Steuerfragen wurde gestern, wie das „Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungs⸗ verleger“ berichtet, der Entwurf eines Umsatzsteuer⸗ gesetzes weiterberaten. Ein deutschnationaler Antrag wünschte im § 2 des geltenden Gesetzes als Nr. 12 hinzuzufügen daß Umsätze von nachweislich durch Seuchen, die zur Zwangstötung des Tieres geführt haben würden, eingegangenen oder wegen Seuchen⸗ gefahr auf amtliche Anordnung getöteten und daher um wenigstens ie Hälfte ihres Wertes entwerteten Tieren steuerfrei sein sollen. Von deutschnationaler Seite wurde ferner beantragt, daß die von dem eersteller von Weinen als Verkäufer zu entrichtende, nach dem Weinsteuergesetz dem Verbraucher besonders anzurechnende Verbrauchs⸗ steuer fortfällt. Von verschiedenen Mitgliedern des Ausschusses wurde 75 diesen Antrag Stellung genommen und darauf hingewiesen, daß s che Spezialbestimmungen und Ausnahmen das Gesetz zu sehr komplizieren und unwirksam machen würden. Ministerialdirektor Dr. Popitz wies darauf hin, daß das Umsatzsteuergesetz seiner Natur nach die privaten Verhältnisse unberücksichtigt lasse, und sprach sich daher aus grundsätzlichen Erwägungen gegen die beantragte Befreiung der Einnahmen aus an Seuchen eingegangenen Tieren und gegen die Befreiungen beim Umsatz von Wein aus. Die deutschnationalen Anträge wurden nunmehr vom Ausschuß abgelehnt. Zur Debatte standen ferner die Anträge der Abgg. Hammer (D. Nat.) und Genossen und die identischen Anträge der Abgg. Breitscheid (U. Soz.) und Genossen, daß erstens von der Umsatzsteuer befreit sind die Genossenschaften, die einem Revisionsverbande an⸗ gehören und die der gemeinschaftlichen Verwertung von Er⸗ zeugnissen der Genossen oder dem gemeinschaftlichen Einkauf von Waren für die Genossen oder der Herstellung von Häusern für die Genossen dienen, und zwar derjenige Teil des Umsatzes, der den für die Erzeugnisse der Genossen oder den für die eingekauften Waren oder für die Herstellung der Häuser gezahlten Entgelten ent⸗ spricht. Das gleiche gilt bei den in ihrer Hauptbestimmung als Zentralen der Genossenschaften wirkenden Genossenschaften, Gesell⸗ schaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften, deren Gesellschafter ausschließlich oder doch überwiegend die in Absatz 1 bezeichneten Genossenschaften sind. Zweitens sollen von der Besteuerung ausgeschlossen sein die Leistungen der Revisionsverbände gemäß §8 54 ff. des Genossenschaftsgesetzes. Oberregierungsrat Grabower bat, die vorgeschlagene Vergünstigung der Genossenschaften abzulehnen, da auch eine derartige würde und die Genossenschaften bei den großen wirtschaftlichen Vor⸗ teilen, die sie aus der Form des Genossenschaftswesens ziehen, die entsprechenden steuerlichen Nachteile in Kauf nehmen müssen. Das verlangen auch die Klassen des Einzelhandels. Nach lebhafter Erörterung wurden die gestellten Anträge mit großer Mehrheit an⸗ genommen.

Zu § 3 lagen ein demokratischer (Keinath und Genossen) und ein volksparteilicher Antrag (Dr. Scholz und Ge⸗ nossen) vor. Der demokratische Antrag wollte die Steuerfreiheit der Gas⸗, Elektrizitäts⸗ und Wasserwerke der Gemeinden beseitigen und dafür eine Beteiligung an dem Aufkommen der Steuer eintreten lassen. Der Antrag Dr. Scholz wollte den Anteil der Ge⸗ meinden bei gemischtwirtschaftlichen Betrieben von der Steuer befreien. Ministerialdirektor Dr. E sah es bei der Viel⸗ estaltigkeit der Auffassungen über die Fragen der Umsatz⸗ -1 ga ger. der Gas⸗, Elektrizitäts⸗ und Wasserwerke bei ge⸗ meindlichen und gemischtwirtschaftlichen Betrieben, die auch in den Verhandlungen des Reichswirtschaftsrats zum Ausdruck kamen, als wenig zweckmäßig an, den gegenwärtigen gesetzlichen Zustand, der übrigens in den verschiedenen Vorläufern des Umsatzsteuergesetzes verschiedene Regelung fand, zu ändern. Die Fragen der Beteiligung der Gemeinden an dem Aufkommen gehörten zweckmäßigerweise in das Landessteuergesetz; ein Entwurf einer Novelle zu diesem Gesetz gehe in diesen Tagen Bei der Abstimmung wurde der demokratische Antrag ab⸗ elehnt, der volksparteiliche Antrag angenommen. Gemäß dem

egierungsentwurf wurde § 4, der die Vergütung für die Umsatz⸗ steuer für die Ausfuhr vorsieht, gestrichen. eschlossen wurde ferner gemäß einem der Abgg. Keinath und Genossen (Dem.) und Dr. Scholz (D. Vp.) und Genossen, daß die Zwischenlieferung von Elektrizität, Gas und Wasser von Werk zu Werk steuerfrei bleiben soll. Steuerpflichtig foll die erste Lieferung sein. Zu § 8 wurde nach eingehender Aussprache, in der geltend Fnakt wurde, daß die Inseratensteuer für die Annoncen⸗ expeditionen nicht tragbar sei, folgender Antrag der Abgg. Keinath und Genossen (Dem.) nach einer Erklärung des Ministerialdirektors Dr. Popitz, daß die Regierung gleichfalls die beantragte Ver⸗

ünstigung befürworte, angenommen: „Die Anzeigenvermittler Annancenexpeditionen) sind befugt, der Berechnung der Umsatzsteuer lediglich die Vermittlungsgebühr zugrunde zu legen, die fie als Ent⸗ elt für zugewiesene Anzeigeneinrückungen erhalten, selbst wenn sie gierbei im eigenen Namen und für eigene Rechnung tätig gewesen sind.

Abg. Hammer (D. Nat.) begründete seinen Antrag, die §§ 15 bis 24 des Umsatzsteuergesetzes zu streichen, die darauf bezüg⸗ lichen Ausführungsbestimmungen zu beseitigen und die Reichsregierung zu ersuchen, alsbald einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den wirklichen Luxus trifft, aber die hochwertige deutsche Arbeit schont. Abg. Dr. Richter (D. Vp.) fragte, wie bei der großen Zahl der Ausführungsbestimmungen, die von den amten nicht zu übersehen seien, Industrie und Handel sich hierin zurecht⸗ finden sollen. Die Luxussteuer erbringe nur 5 Prozent der gesamten Umsatzsteuer. Der Reichswirtschaftsrat habe richtig erkannt, daß ein völliger Umbau der Luxussteuer nötig sei. Die qualifizierte Arbeit müsse geschützt und feserven werden. Die Luxus⸗ steuer habe notwendig einen auf den nese gehabt und den selbständigen Künstler und den hochqualifizierten rbeiter geschädigt. In den Luxusgegenständen stecke bis 70 % Arbeit, die also durch die Luxussteuer besteuert werde. Redner empfahl, die eigentlichen arec4 1 egenstände besonders zu spezialisieren und herauszuhe 8. der Frage der Lugxussteuer legte Ministerialdirektor r. Popitz in längeren Ausführungen dar, daß der Luxussteuer gerade jetzt ein durchaus gesunder Gedanke zugrunde liegt. Das habe auch der Reichswirtschaftsrat auf Grund sehr eingehender Erwägungen anerkannt. Es würde also bei allen denen, die nicht kaufkräftig genug siad, luxussteuerpflichtige Waren zu er⸗ werben, kein Verständnis finden, wenn gerade unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Verhältnisse die Luxussteuer als solche aufgehoben wird. Ebensowenig würde aber auch eine derartige Maßnahme im Auslande verstanden werden, wo fast in allen Staaten ein Luxus⸗ steuergesetz besteht, teilweise sogar erst in den letzten Monaten ein⸗ geführt ist. Andererseits enthalte das Lugxussteuergesetz, gerade weil es die Sonderinteressen der Steuerpflichtigen nach Möglichkeit zu berücksichtigen suche, in seinen Aus⸗ ö“ zahlreiche Angriffspunkte. eer gelte es zu heseitigen. Daher werde der Vorschlag des Reichswirtschaftsrats der Sachlage am meisten gerecht, auf dem Boden der jetzigen Vorschriften den Umbau des Gesetzes durchzuführen. Hierbei werde auch nicht der bisherige Betrag der Luxussteuer übersehen werden dürfen, über den br cs dae Zahlen im Umlauf seien. Die Luxussteuer habe im Laufe eines Jahres etwa 1 Milliarde Mark erbracht, also einen Betrag, demgegenüber sowohl die oft übertriebenen Verwaltungskosten sowie die Vergütungsbeträge weit zurücktreten. Der Reichstag habe es jetzt schon und später in der Macht, die Bestimmungen über die Luxussteuer aufzuheben. Abg. Kahmann (Soz.) bemerkte: Man dürfe nicht den Anträgen der Betriebsräte und In⸗ dustriellen auf Aufhebung der Luxussteuer sich unterwerfen. Auf die aus der Luxussteuer zu erwartenden Einnahmen könnten wir nicht verzichten. Ein Abbau im Sinne der Vereinheitlichung unter Heranziehung einer Delegation des Reichs⸗ wirtschaftsrats sei zu begrüßen. Abg. Dr. Breit cheid (U. Soz.) führte aus: Der Begriff des Luxus sei schwer zu fassen, da es eine allgemeine Meinun 8 ber 8 was Luxus sei, nicht gebe.

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Vergünstigung den Grundsatz des Gesetzes durchbrechen

dem Reichsrat zu.

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