1922 / 20 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 24 Jan 1922 18:00:01 GMT) scan diff

u“

Zuwiderhandlungen werden nach § 3675 Strafgesetzbuchs bestraft.

§ 4. Diese Bestimmungen treten am 1. Februar 1922 in Kraft. Berlin, den 18. Januar 1922. D Preußische Minister für Volkswohlfahrt.

J. A.: Gottstein. Ministerium fuͤr Wissenschaft, und Volksbildung. Der Oberschulrat Pretzel bei dem Provinzialschulkollegium

i Berlin ist zum Oberregierungsrat und Abteilungzleiter bei dieser Behörde ernannt worden.

Kunst

Akademie der Wissenschaften.

Die Preußische Akademie der Wissenschaften hat den ordentlichen Professor an der Universität Berlin Dr. Schur zum ordentlichen Mitgliede ihrer physikalisch⸗mathematischen Klasse und den Direktor des Botanischen Gartens und Museums der Universität Wien Dr. Wettstein, den ordentlichen Professor an der Universität Freiburg i. B. Dr. Oltmanns und den ordentlichen Professor an der Universität Christiania Dr. Nordal Fischer Wille zu korrespondierenden Mit⸗ gliedern derselben Klasse gewählt. 1b

Nichtamtliches. Deutsches Reich. Die vereinigten Ausschüsse des Reichsrats für Rechts⸗

pflege, für Volkswirtschast und für Durchführung des Friedens⸗

vertrags, die vereinigten Ausschüsse für Rechtspflege und für Volkswirtschaft, der Ausschuß für Rechtspflege, die vereinigten Ausschüsse für Volkswirtschaft und für Rechtspflege, die ver⸗ einigten Ausschüsse für Volkswirtschaft und für Verkehrswesen, die vereinigten Ausschüsse für Volkswirtschaft, für Haushalt und Rechnungswesen und für Durchführung des Friedens⸗ vertrags hielten heute Sitzungen. 8

Die Arbeiten der deutsch⸗polnischen Wirischafts

mmission sind laut Bericht des „Wolffschen Telegraphen⸗

büros“ soweit vorgeschritten, daß die Verhandlungen der Unter⸗ kommissionen 1 bis 10 teils beendet sind, teils unmittelbar vor hrem Abschluß stehen. Der Reichsminister a. D. Schiffer st vorgestern früh wieder in Oberschlesien eingetroffen. Die Rückkehr des Ministers Olszowski aus Warschau wird heute erwartet. Sodann werden die noch bestehenden Differenz⸗ punkte, deren Zahl sich übrigens in den letzten Tagen ver⸗ ndert hat, zwischen den beiden Bevollmächtigten unmittelbar rörtert werden. 8 Die Unterkommissionen 11 und 12, Minoritätenschutz und Vorbereitung der gemischten Kommission und des Schieds⸗ erichts, werden, wie von Anfang an vorgesehen, ihre Ver⸗

Hershe⸗ erst in Genf zu Ende führen. Den Vorsitz der

beiden Kommissionen führt der Staatssekretär. Dr. Lewald. Da Dr. Lewald sedach durch die Vertretung des deutschen Bevollmächtigten

wird der Reichsminister a. D. Dr. Simons den Vorsitz der 12. Unterkommission während der Verhandlungen in Genf

übernehmen.

DBMABraunschweig.

Wie die „Braunschweigische Landeszeitung

nach dem nun vorliegenden nichtamtlichen Ergebnis die Land⸗ tagswahlen, wie folgt, ausgefallen: Landeswahlverband 100 718 Stimmen, Demokraten 28 373, Mehrheitssozialdemo⸗ kraten 52 406, Unabhängige 74 499 und Kommunisten 10 230. Dem Blatt zufolge erhalten der Landeswahlverband 23 Sitze, die Demokraten 6, die Mehrheitssozialdemokraten 12, die Un⸗ abhängigen 17 und die Kommunisten 2 Sitze, so daß sich eine sozialdemokratische Mehrheit von zwei Sitzen ergibt.

8— 8

Oesterreich.

Die Delegierten bei der in Graz jagenden Paßkonferenz sind nach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“, soweit Oesterreich, Italien, die Tschecho⸗Slowakei und Ungarn in Betracht kommen, zu einer vollständigen Einigung gelangt. Südslawien und Rumänien haben ihre Vorbehalte noch nicht aufgegeben. Der polnische Delegierte hat erklärt, daß er unter Aufrechterhaitung seines Standpunttes zur Unterzeichnung er⸗ mächtigt sei.

Ungarn.

Miit Bezug auf den vom südslawischen Minister des Aeußern zur Sprache gebrachten Schritt der Kleinen Entente in Budapest, betreffend die Habsburger Frage, erhielt der „Pester Lloyd“ an Stelle folgende Auf⸗ klärung: Die Vertreter der Kleinen Entente haben beim Mi⸗ nister des Aeußern, Grafen Banffi, vorgesprochen, um sich über die umlaufenden Gerüchte, betreffend die der früheren Königin Zita zugeschriebenen Absichten, und über die Stellung⸗ nahme der ungarischen Regierung zu erkundigen. Graf Banfsi hat die notwendigen beruhigenden Aufklärungen erteilt, womit die Angelegenheit ihren Abschluß fand.

1 Frankreich. Der Ministerpräsident Poincaré hat gestern den Präsidenten des Senats Bourgeois und den Abgeordneten Viviani

empfangen. Stellungnahme zur Konferenz von Genua besprochen.

Das Ministerium des Aeußern hat der „Agence Havas“

zufolge gestern dem Botschafter in London de Saint Aulaire

Weisungen gegeben, daß er dem Foreign Office die Ansicht der französischen Regierung über die zwischen den beiden Regierungen schwebenden Fragen, besonders bezüglich des französisch⸗britischen Abkommens, darlege. Wie der „Matin“ mitteilt, verlangt die französische Regierung von der

englischen, daß der Schutzvertrag nicht für die Dauer von 10,

n für die Dauer von 25 Jahren abgeschlossen werden olle. Die bees. vege verlange ferner, daf jede Verletzung von den Alllierten besetzten Linien seitens

8

Thronsaal

Angaben macht,

owie durch seine Beteiligung an den all⸗ Artitel 379 des Versailler Vertrags vorgesehen wurde.

gemeinen Fragen in hohem Maße in Anspruch genommen ist,

daß dies die Bedingungen für

Nach dem „Temps“ wurde namentlich die

Deutschlands als ein feindseliger Akt betrachtet werde, der den casus foederis schaffe. Ein deutscher Angriff gegen die eng⸗ lischen Linien im Rheinland solle ebenfalls als Kriegsakt be⸗ trachtet werden, durch den die französische Hilfe von selbst

gegeben sei. Schließlich verlangt Frankreich, daß die militärische

Hilfe zwischen den beiden Mächten in einer Militärkonvention klar zum Ausdruck gebracht werde.

Nach einer Havasmeldung hat der Finanzminister de Lasteyrie die Vorsitzenden der Finanzkommission des Senats und der Kammer schriftlich davon in Kenntnis gesetzt, daß die Regierung die Bekanntgabe der Akten der Banque Industrielle de Chine gestatte.s b

Der Moskauer Sowjet hat die Neuwahlen für den 23. bis 31. Januar anberaumt.

Die Hoffnungen der Sowfetregierung, Brot aus Sibirien zu erhalten, sind nach einer Meldung der „Berlingske Tidende“, infolge des Zerfalls des russischen Verkehrswesens und des Mangels an Heizmaterial gescheitert. Die einzige große Eisenbahnwerkstätte in Sibirien, die sich in Omsk be⸗ findet, ist niedergebrannt, was zur Folge haben wird, daß lange Zeit hindurch Ausbesserungen an sibirischen Eisenbahn⸗

wagen und Lokomotiven nicht vorgenommen werden können.

Italien. .“

Der Botschafter in Paris Graf Bonin⸗Lon gare ist der „Agenzia Stefani“ zufolge auf sein dringendes Ersuchen vom Ministerium des Aeußern zur Disposition gestellt und an seiner Stelle Graf Sforza zum Botschafter ernannt worden.

Die sterbliche Hülle des Papstes wurde gestern vom des Vatikans nach der Sakramentskapelle der St.⸗Peters⸗Kathedrale zur öffentlichen Aufbahrung übergeführt.

Kardinäle, Prälaten, das diplomatische Korps, die päpstlichen

Hofchargen und die päpstliche Leibwache bildeten das Gefolge. Große Volksmassen strömen nach der St.⸗Peters⸗Kathedrale.

Belgien. G

Die belgische Regierung hat nach einer Meldung der „Chicago Tribune“ die französische Regierung um eine Re⸗ vision des französisch⸗belgischen Defensivab⸗ kommens vom August 1920 ersucht. Als Grund gibt das Blatt an, daß Llond George Belgien einen Garantiepakt unter der ausdrücklichen Bedingung vorgeschlagen habe, daß Belgien keinen Vertrag abschließe, der mit dem englischen, auf die Wiederherstellung der anerkannten Neutralität Belgiens ab⸗ zielenden Abkommen unvereinbar wäre. Die Brüsseler Re⸗ gierung sei dadurch gezwungen, die Auflösung der Allianz mit Frankreich nachzusuchen, die von Marschall Foch entworfen und bestimmt sei, die Scheldelinie im Falle eines deutschen Angriffes zu verteidigen. .“ 8

Alle Regierungen, die auf der Verkehrskonferenz von]

Barcelona 1921 vertreten waren, also auch Deutschland, sind vom Verkehrs⸗ und T“ des Völker⸗ bundes um Informationsmaterial ersucht worden, das der Ausarbeitung eines internationalen Eisenbahnabkommens dienen soll, das dann auf der neuen Konferenz beraten werden kann. Die amtliche Mitteilung des Völkerbundssekretariats, die diese hebt hervor, daß ein solches Abkommen im⸗

7 1

. p.“ Das Amtsblatt veröfsentlicht ein Königliches Dekret, wo⸗ nach das Parlament aufgelöst wird. Die Wahlen finden in der Zeit vom 1. bis 11. März statt. Die neue Nationalversammlung, die den Charakter einer Konstituante haben wird, wird am 23. März einberufen werden.

Amerika.

Auf Grund der in Washington getroffenen Verein⸗ barungen über die Einschränkung der Seerüstungen hat

das Arsenal von Rosyth, wie „Wolffs Telegraphenbüro“

mitteilt, Weisungen erhalten, die nach dem alten Marinebau⸗ rogramm vorgesehenen Arbeiten allmählich einzu⸗ Jede Woche sollen 200 Arbeiter entlassen werden,

so daß nach drei bis vier Monaten nur noch 2600 Arbeiter in

dem Arsenal verbleiben. Dies ermöglicht eine jährliche Er⸗ sparnis von 100 000 Pfund Sterling; allerdings ist zu berück⸗ sichtigen, daß die entlassenen Arbeiter, falls sie keine andere Beschäftigung finden, Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung haben würden.

Die Sektion Vereinigte Staaten der Inter⸗ amerikanischen Oberkommission, deren Vorsitzender Hoover ist, hat einen Bericht veröffentlicht, worin es dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge heißt:

Bevor ein endgültiger Fortschritt in der Richtung einer dauernden wirtschaftlichen Wiederherstellung Europas oder der Welt erhofft werden kann, müssen zwei Hauptprobleme gelöst werden, 1. die Neuregelung der deutschen Reparationen auf einer Grundlage innerhalb der praktischen Zahlungsfähigkeit des deutschen Volkes und

2. die Verminderung der von gewissen Nationen auf dem europäischen

Kontinent noch aufrechterhaltenen bewaffneten Streitkräfte.

Die „Times“ sagt hierzu, es könne kein Zweifel darüber bestehen, daß alle Teile des amerikanischen Volkes mit dieser Erklärung vollkommen übereinstimmen. Der amerikanische Präsident und das Kabinett, beide Häuser des Kongresses, die

Handelskammern, die Bankiers, Vertreter der Industrie, des

Handels und der C sie alle seien der Ansicht, u ir die Wiederherstellung der Welt

seien, und daß nur diese Bedingungen die Teilnahme der Ver⸗

einigten Staaten an der Konferenz von Genua ermöglichen.

Gegenwärtig wird ein Plan erwogen, die Großen Seen im Norden der Vereinigten Staaten durch einen großen Kanal mit dem St. Lorenzstrom in Kanada zu verbinden. Hierdurch würde es den Seeschiffen ermöglicht werden, vom St. Lorenzstrom aus alle Häfen an den Großen Seen anzulaufen, dort amerikanische Ackerbau⸗ und Industrie⸗ erzeugnisse zu laden und nach allen Ländern der Welt zu trangportieren, ohne daß eine Umladung nötig wäre. Der Präsident Harding hat gestern in einer Ansprache bei Er⸗ öffnung des landwirtschaftlichen Kongresses der Vereinigten Staaten hervorgehoben, welche günstige Wirfung die Durch⸗ führung des Plans auf die wirtschastliche Entwicklung der Vereinigten Staaten haben würde.

nimmt die

sammer eine Bescheinigung darüber erteilt hat, daß ihr

gerufen hat,

ggischen; Massstab. anlegt

unter

dieses Gese

8

Deutscher Reichstag. 157. Sitzung vom 23. Januar 1922, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“*))

Dem Reichstag ist das Schreiben der italienischen Botschaft mitgeteilt worben, wonach Deutschland zu den Verhandlungen in Genua eingeladen ist.

An Stelle des bisherigen Schriftführers Dr. Pfeiffer (Zentr.), der sein Amt infolge seiner Ernennung zum Ge⸗ sandten in Wien niedergelegt hat, wird auf Vorschlag des Abg. v. Guerard (Zentr.) die Abg. Frau Teusch (Zentr.) zur Schriftführerin durch Zuruf gewählt. Die Gewählte

ahl an.

Zur zweiten Beratung steht der Gesetzentwurf über den Verkehr mit ausländischen Zah⸗ lungsmitteln.

Abg. Schlack (Zentr.) berichtet namens des Ausschusses für volke brtschc t über die dieses ööö dem das Gesetz überwiesen war. Der Ausschuß hat die Vorlage, die für den Abschluß von Devisengeschäften den Bankenzwang einführt, im wesentlichen unverändert angenommen. Vom 1. Mai 1922 ab unterliegen auch Devisengeschäfte der im Handelsregister oder Genossenschaftsregister eingetragenen Vereinigungen dem Banken⸗

zwang, soweit ihnen nicht auf ihren Antrag die zustandige 1e ewerbe⸗

rieb schäfte über ausländische Zahlungsmittel regelmäßig mit G daac. den Beschlüssen 8 Ausschusses r das Gesetz am 1. März in Kraft. . Die Vorlage wird in zweiter Lesung ohne weitere Er⸗ örterung nach den Ausschubbeschlüssen angenommen. Gegen die sofortige Vornahme der dritten Lesung ist, wie Präsident

Löbe mitteilte, Widerspruch erhoben worden. Auf Aufrage

des Abg. Dr. Hertz (U. Soz.), von wem dieser Widerspruch ausgegangen sei, der lediglich geeignet wäre, den Eindruck in der Oeffentlichkeit zu verstärken, daß es sich nicht um sachliche

Gründe handele, teilt Präsident Löbe mit, daß der Einspruch

von den Abgg. Gothein (Dem.) und Schultz⸗Bromberg D. Nat.) ausgegangen sei. (Hört, hört! auf der äußersten inken.)

Abg. öö“ (Dem.) bemerkt, daß der Einspruch erfolgt sei, weil Ausschußmitglieder der demokratischen Partei, die zur dritten 188 noch Anträge stellen wollten, heute nicht anwesend wären. as Gesetz könne ja morgen endgültig erledigt werden

Der Einspruch des Abg. Schultz Bromberg wird nun⸗

mehr zurückgezogen; nach einer weiteren kurzen Erörterung über die 2 ngelegenheit. an der sich die Abgg. (U. Soz.), Dr. ecker⸗Hessen (D. Vp.) und G. (Dem. beteiligen, zieht auch Abg. Gothein seinen Widerspruch zurück, so daß die dritte Lesung vorgenommen werden kann. Die Vorlage wird in dritter Lesung unverändert nach den Aus⸗ schußbeschlüssen angenommen.

Es folgt die erste Beratung des Gesetzentwurfs zur Ausführung des Artikels 146 Absatz 2 der Reichsverfassung Reichsschulgese tz). Namens des Reichsministers des Innern begründet Sctaatssekretär Schulz die Vorlage. Nach dem Echo, das der Gefetzentwurf in der Presse und in der Oeffentlichkeit hervor⸗ müßte man darauf schließen, daß wir vor einer stürmischen parlamentarischen Debatte stehen. Hoffentlich täuschen wir uns darin. Der Gesetzentwurf ist seiner

iten. Wenn mans an diesen Gesetzentwurf 8 den päda⸗ so könnte man zu falschen Schlüssen lit. falsch, wenn man an das Gesetz vorzugs⸗ weise mit gefühlsmäßigen Empfindungen herangeht. Bei der Vor⸗ bereitung des Entwurfs haben die beteiligten Persönlichkeiten der Regierung ihre persönlichen Wünsche und Fe. bewußt und entschlossen zurückgestellt und versucht, kühl und sachlich Würdigung der inneren und äußeren Schwierigkeiten zu einem Ergebnis zu gelangen. Dieses 8F hat aler eigentlich niemand befriedigt. rin sehe ich aber keinen Na teil, sondern eher einen Vorteil, und ich würde viel 2 Bedenken empfunden haben, wenn eine Partei diesem Entwurf vor⸗ behaltlos zugestimmt hätte. Es ist vielfach die Zurückziehun des Entwurfs verlangt worden. Zu einem Zurückziehen war gewi mehrfach Gelegenheit, denn inzwischen ben sich zwei neue Regierungen dem Reichstage vorgestellt. Aber ein Zurückziehen des Entwurfs würde die Lösung dieser schwierigen Frage nur für unabsehbare Zeit verzögert haben. Die Verabschlernne des Ent⸗ wurfs drängt aber III Bei der Schaffung des Schul⸗ kompromisses in Weimar ist den Parteien versprochen worden, daß e esetz im Winter 1919/20 vorgelegt werden sollte. Die Zu⸗ stände, die durch die lange Verzögerung eingetreten sind, sind auf die Dauer unerträglich. Durch das deutsche Volk geht eine leiden⸗ schaftliche S über diesen Entwurf, Schulkämpfe und Schul⸗ streiks sind aufeinander gefolgt. Es muß daher die Entscheidung in dieser Frage bald erfolgen, und zwar kann diese Entscheidung nur im Reichstage fallen. Nur dabdurch, daß alle Parteien durch eventuelle Abänderungsanträge an dem Gesetz mitarbeiten, und

mmen. Es it auch sa

wogen werden, ist zu erhoffen, daß der Gesetzentwurf mit großer Mehrheit angenommen wird. In einer Entschließung gegen den Gesetzentwurf wird zum Ausdruck gebracht, daß der Entwurf ledig⸗ lich eine Fortsetzung des Weimarer Schulkompromisses sei. Der Entwurf will aber auch nichts anderes sein, er ist das tunss, gesetz den Ist es aber richtig, daß der Gesetzennvwu diheich die Ausführung des Weimarer Schulkompromisses ist, so darf man sich nicht und man könnte höchstens in Erörterungen darüber eintreten, ob 8 eine loyale Durchführung des Kompromisses darstellt. Ueber ie bracht ist, ob also das Weimarer Schulkompromiß eine Notwendig⸗ keit war oder nicht, darüber erscheint mir eine Erörterung über⸗ füücig Weder der Krieg, noch die Revolution haben die ver⸗ chiedenen Weltanschauungen innerhalb unseres Volkes aufzuheben vermocht. Die durch die Neuordnung der Dinge eingetretene Be⸗ wegungsfreiheit auf allen Gebieten hat diese Weltanschauungen noch erstarken lassen. Bei den großen politischen Parteien haben sich die maßgebenden Weltanschauungen lit schin. d. jede Partei ist von der Richtigkeit ihrer Weltanschauung überzeugt und glaubt etwas Gutes zu tun, der Jugend ihre Weltanschauung zu vermitteln. Bei der Verfassungsberatung standen sich die drei großen Verfossungsparteien in dieser Frage grundsätzlich gegen⸗ über. Eine Partei wollte die Bekenntnisschule, die andere die Simultanschule und die dritte die weltlichen Schule, sodaß die Be⸗

dadurch, daß diese zeuehe im Ausschuß gegeneinander abge⸗

ratungen schließlich in eine Sackgasse gerieten. Dazu kamen dann

außenpolitische Schwierigkeiten, und in der Frage der Unter⸗ zeichnung des Friedensvertrages trennte sich die eine Verfassungs⸗ partei, sodaß Zentrum und Sozialdemokratie übrigblieben, die, bevor sie die Verantwortung für die Unterzeichnung des Versailler Vertrages übernahmen, sich zu einem Uebereinkommen in der Schulfrage gezwungen sahen. Dieses Uebereinkommen war un⸗ endlich schwer, die Lösung wurde dadurch gefunden, daß die beiden Parteien erklärten: überzeugen können wir uns nicht, also müssen wir uns dulden. Deshalb schaltete man den Faktor des Erziehungs⸗ berechtigten ein. Ich teile die Bedenken gegen diese nicht. Die Be⸗ ziehungen zwischen Haus und Schule werden inniger und ver⸗

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden

der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

werfassung zu erwarten war.

Dr. Her B., Her

ntstehung und finems Fpece nach das Ergebnis ernster politischer Notwendig⸗

weite Elternkreise noch veeedseser. haben, wir müssen mit dieser Tatsa

acehören.

gegen die Tendenz dieses Gesetzentwurfes wenden, e

rundsätzliche Frage⸗ ob das Gesetz überhaupt zu Recht einge⸗

nensvoller sein, wenn die Eltern ihr Kind in eine Schule schicken mnen, von der sie sich den besten Erziehungserfolg versprechen. ber das Elternrecht darf nicht den Staatsgedanken aufheben. Der iehungsberechtigte soll nur einen Einfluß auf die letzte Welt⸗ tnchauungsfärbung der Schule haben, nicht aber auf die sonstige kalmäßige Gestaltung. Für diese sind nach wie vor pädagogische weorie und Praxis maßgebend. Damit durch die Einführung des riehungsberechtigten nicht die eechnische Leistungsfähigkeit rSchule in Gefahr kommt, spricht die Verfassung von dem gordneten Schulbetrieb“. Unser Schulwesen muß so leistungs⸗ vaig wie möglich gestaltet werden und den modernen sozialpäda⸗

gichen Forderungen gerecht werden. Die soziale Einheits⸗ zle ist nicht die nationale, nicht die ENö. t ist zurzeit in Deutschland nicht möglich. it dieser Tat⸗ cce müssen wir uns abfinden. Aber wir müssen dafür die innere bäbeitli kkeit der Schule erstreben, die Schule muß die sinder körperlich, geistig und sittlich zu vollentwickelten zerfönlichkeiten erziehen. Dabei wird Freiheit gelassen, in gelcem religiösen Bekenntnis oder welcher Neiaaeeahs die ginder gleichzeitig erzogen werden, denn körperliche Gesundheit, gitige Leistungsfähigkeit und sittliche Kraft sind von dem Faubensbekenntnis vollkommen unabhängig. Duldsamkeit ist wiwendig in Uebereinstimmung mit dem essingschen fia von den drei Ringen. Aus jeder Schulart müssen tü⸗ tige faalsbürger erstehen. Für den Grundgedanken des Ge etz⸗ alwurfs berufe ich mich auf Diesterveg, der 1864 im preußischen kandꝛage bei dem damaligen Schulgesetz zu den Eltern sagte: Follt Ihr die Konfessionsschule, Ihr sollt sie haben; wollt Ihr sie ESimultanschule, Ihr sollt sie haben; wollt Ihr eine konfessions⸗ sese Schule, in Gottes Namen, warum nicht; wollt Ihr eine pari⸗ tüische Schule, wohlan, Ihr sollt sie haben. Euer Wunsch soll ent⸗ scheiden.“’ Nur dadurch können wir Ruhe und Ordnung bekommen, az die Väter das Recht haben, über die religiöse Ausbildung hrer Kinder zu entscheiden, also volle Freiheit der Schule, Frei⸗ teit der Selbstverwaltung und Freiheit der Selbsttätigkeit! Der Feratung des Seeeg sieht die Reichsregierung mit lebhafter Spannung entgegen. as Reichsministerium des Innern wird inen dankbar sein, wenn durch glückliche Verbesserungen das cwierige Werk gefördert wird. Wenn dies bei der schwierigen ee hen und politischen Lage und der Zerrissenheit des bolkes im Geiste der Versöhnung erfolgt, so wird dies die Reichs⸗ egierung mit besonderer Freude begrüßen.

Abg. Hellmann (Soz.): Wir stehen hier vor einer sehr teenklichen Sache. Meine Partei steht diesem Gesetzentwurf mit goßer Unbehaglichkeit gegenüber. Das Weimarer Schulkompromiß stunter dem schwersten politischen Druck geschlossen worden. Wir sihen ihm innerlich ablehnend gegenüber. Der Gesetzentwurf hat goße Erregung und Enttäuschung hervorgerufen, weil er noch weer von einer heilsamen Schulentwicklung abweicht, als nach der 1b 1 Aber wir wollen mit den Männern iht rechten, die auf diesem unfruchtbaren Boden etwas hervor⸗ ringen sollten, für die Halbheiten und Unklarheiten, die Miß⸗ sständnisse und Unaufrichtigkeiten, die damit verbunden waren. as Gesetz ist voller Fußangeln für den, der zu einer zeit⸗ rsprechenden, namertlich den Wünschen des arbeitenden Volkes isprechenden Schule kommen will. Der Geserentwurf hat das ute, daß es der erste gesetzliche Schritt überhaupt ist zugunsten h weltlichen Schule. Nach unserer Anschauung ist die Volks⸗ neinschaft der oberste Wächter über die Erziehung, und Ver⸗ kter der Volksgemeinschaft ist der Staat. Daraus folgt logisch, ch der Staat der alleinige Schulherr sein müßte, und daß umentlich unser demokratischer Staat aus staatsbürgerlicher Not⸗ eindigkeit zur weltlichen Schule kommen muß, als der alles ver⸗ ünenden und alle Spannung lösenden Schule. Wenn der demo⸗ tmtische Staäat aus freiem Entschluß anderen Körperschaften bis hiner gewissen Grenze Einfluß auf die Schule gibt, so ist das anur ein freies Entgegenkommen des Staates und ein Rudi⸗

in der alten Auffassung aus der Zeit, wo der Staat mit der Beschämend. ist, daß man

srche um die Schule ringen mußte. ser im Reichstag die weltliche Schule noch immer gegen den Vor⸗ burf verteidigen muß, sie sei religi G e ungeheuren erzieherischen Schwächen des heutigen Religions⸗ unterrichts will ich hier nicht kritisch vorgehen. Die Tatsache, daß nötigt uns, Geduld zu e rechnen. Ich muß gestehen, ich mit der sogenannten Weltanschauungsschule des Entwurfs nichts anzufangen weiß, diese Mißgeburt ist uns wohl nur aus Persehen beschert worden. Ich würde raten, im Ausschuß den Persuch zu machen, diese Weltanschauungsschule überhaupt los u werden. Die Bekenntnisschule des Gesetzentwurfs bedeutet eine ußerordentliche Verschärfung der Konfessionalität. Geist und Lille der Verfassung sind damit verletzt. Eine eklatante Ver⸗ setung des § 146 der Verfassung ist darin zu erblicken, daß nach em Entwurf Erziehungsberechtigte ihre Kinder zum Religions⸗ inerricht einer Fn isthe anmelden dürfen, der sie selbst nicht an⸗ Es Heigt ich, daß der ganze Paragraph und seine Be⸗ gündung nichts anderes als Kautschuk sind. Das Weimarer chulkompromiß wird durch diesen Entwurf wesentlich ver⸗ shlechtert. Von einer Rückverweisung des Entwurfs an die Regie⸗ ung versprechen wir uns nichts. Wir beantragen Ueberweisung es Entwurfs an den weil aus rein menschlichen eüüngen schon eine baldige gesetzliche Regelung dringend erforder⸗ ich ist.

Abg. Rheinländer (Zentr.): Namentlich in den ersten dagen der Revolutionsregierung ist wegen der Angriffe auf die sirche eine große Erregung durch das Volk gegangen. Und die Forge um die christliche Schule ist nicht mehr eingeschlafen. Mit spannung hat man die Einbringung dieses Entwurfs erwartet und mit großem Interesse folgt man seiner Beratung. Wir sind bereit im Deutschen Reiche eine Einheitsschule zu schaffen, telche die bestmöglichsen Hedingungen für die Ausrüstun inserer Jugend für das praktische Leben enthält, aber für uns is sse wesentliche Einheit gegeben in dem gemeinsamen Bildungs⸗ fdanken, der das ganze Schulwesen zu einem lebendigen Organis⸗ nus zusammenfassen muß, und dieser Gedanke ist ausgedrückt in len Sätzen: Wir wollen charakterfeste deutsche Menschen erziehen, je alle Menschen als Brüder anerkennen, die in sich selbst ein bles Menschentum verkörpern, aber auch gottesfürchtige Menschen ünd. (Beifall im Zentrum.) Durch das Schulkompromiß in beimar ist es uns gelungen, der konfessionellen Schule ver⸗ sisungsmäßiges Recht zu sichern. Die Frage aber, ob der Ge⸗ sttentwurf hält, was in der Verfassung versprochen wird, werden gir nicht restlos bejahen, sondern zu einem Teil verneinen müssen. is Weimarer Kompromiß wollte die alte Simultanschule zur brundlage machen. Daraus ist nun hier die Gemeinschaftsschule fworden. Der einzig richtige Name wäre „die gemeinsame shule“, und diese sollte die alte Simultanschule sein. Es ist aber ine weltliche Schule daraus geworden. (Sehr wahr! im gentrum.) Diese Schulart lehnt sich an den Gedanken der Sozial⸗ mokratie an, daß Religion Privatsache ist. Nach unserer snschauung aber ist der Religionsunterricht nicht bloß ein wesent⸗ sher Vestandteil des Schulunterrichts, sondern Seele. Mittelpunkt ind Grundlage des gesamten Erziehungswesens. Daß als Be⸗ ingung für die Erteilung des Religionsunterrichts auch noch die hanzselle Leistung der Gemeinde in Frage kommen kann, das d für uns gar nicht diskutabel, dazu steht uns der Religions⸗ wierricht zu hoch. Auch für die Gemeinschaftsschule müßte eine

jindestzahl von zehn Kindern festgelegt werden als Bedingung

bedie Erteilung des Religionsunterrichts. Die Pezeichnung eltanschauungsschule“ ist ebensowenig passend gewählt wie die dund nung „Gemeinschaftsschule“. Wir stehen auf dem Stand⸗

18 daß die Eltern in erster Linie die Pflicht haben, ihre in er zu erziehen für Gott und das kirchliche Leben, wie es

seen durch Gehot Gottes zur heiligen Pflicht gemacht worden

di In der Verfassung ist das Elternrecht festgelegt worden. Wir

bünschen, daß es aber auch in diesem Entwurf zur Geltung

umt Das Elternrecht ist ein Gewissensrecht (sehr richtig!

das Elternrecht kann nicht den Landesgesetzen über

onslos, Festlgs. heidnisch. Gegen e

im Zentrum), aber der Entwurf wirkt fast wie eine Sperr⸗ mauer gegen das Elternrecht. In den Ländern der Simultan⸗ schule soll das Gesetz bis auf weiteres nicht angewendet werden, das heißt wahrscheinlich bis zum Nimmerleinstag. Wir wollen, daß auch die Eltern in diesen Gebieten nicht vom Elternrecht ausgeschlossen sind. Die Landesgesetzgebung soll das ändern können, aber, wenn wir den Streit um die Schule wieder in die Landesvertretungen verlegen, so würde das Friedenswerk von Weimar hinfällig werden. Die gläubige Bevölkerung wünscht, daß die Eltern auch in den erwähnten Gekbieten die Bekenntnis⸗ schule sobald wie möglich einführen können, sie will nicht unter ein Ausnahmerecht gestellt werden. Die Eltern in jenen Gebieten wollen keine Staatsbürger minderen Rechts sein. Auf die Landes⸗ gesetzgebung wird in dem Entwurf nicht weniger als vierzehnmal Ffeichessen. Die ee. nach den be-Aerh. des ei setes von der Landesgesetzgebung geregelt werden. Das ü ist bisher in den deutschen Ländern in guten Händen gewesen, und es ist sn grüßen, daß die Länder die Freiheit haben. Aber die Ents 229. über werden,

denn es soll im ganzen Reiche gelten. Ein Mangel des Gesetzes ist es, daß, obwohl der Re igionsunterricht gerade das gestaltende Prinzip für die Schularten ist, der Religionsunter⸗ richt selbst in diesem Gesetz nicht geregelt wird, sondern wieder einem besonderen Gesetz überlassen wird. Wir wollen zum Bei⸗ spiel, daß die Zahl der Religionsstunden nur im Einvernehmen mit den kirchlichen Behörden festgesetzt wird, daß die Religions⸗ stunden zur rechten Zeit gelegt werden und daß das Visitations⸗ recht der Kirche gesetzlich gesichert wird, damit nicht etwa eine Landesbehörde einem Bischof die Tür vor der Nase zuschlägt, wenn er die Schulen seiner Diözese besuchen will. Auch die Schul⸗ bücher und Religionsbücher müssen im Einvernehmen mit den kirchlichen Behörden bestimmt werden. Der Begriff des geord⸗ neten Schulbetriebs darf ferner nicht so ausgelegt werden, daß nur ein mehrklassiges Schulsyssem darunter verstanden werden kann, denn auch in den einklassigen Schulen kann der Ge⸗ danke des geordneten Schulbetriebs vollkommen zur Geltung kommen. Den Kindern soll ein gewisses Maß von Wissen und Fertigkeit durch die Schule vermittelt werden und darin hat die einklassige Schule niemals versagt. Ich lege dagegen Verwahrung ein, daß diese Schule weniger leistungsfähig ist als die Groß⸗ stadtschule. Wir legen entschieden Verwahrung dage en ein, daß Eltern gezwungen werden sollen, ihre Kinder in Schulen zu schicken, die sie ablehnen. Es handelt sich hier auf der einen Seite um die Gewissensfreiheit, also um ein Naturrecht, auf der anderen Seite stehen umstrittene schultechnische Fragen. Wir wollen eine . Schule, die aus dem Willen der Eltern⸗ schaft heraus wächst. die konfessionelle Schule ist niemals eine Sonderschule gewesen, keine Schule hat sich durch Jahrhunderte hindurch so bewährt, wie gerade die konfessionellen Schulen. Nach der Verfassung ist die Bekenntsnisschule nicht eine Kannschule, sondern es handelt sich um eine Mußvorschrift. Die Bekenntnis⸗ schule steht also gleichberechtigt neben der Gemeinschaftsschule. Die Bekenntnisschule ist nach ihrer geschichtlichen Sesethe die beste Schulform, die es überhaupt gibt, die einzige wahre Einheits⸗ schule dem Geiste nach. Wir verlangen, daß der Lehrer an der Bekenntnisschule demselben Bekenntnis angehört wie die Kinder, die er unterrichtet, und wir werden verlangen, daß durch reichs⸗ gesetzliche Regelung für die Heranbildung ausreichender be⸗ kenntnistreuer Lehrer gesorgt wird. Wir fordern auch, daß die Lehrbücher und die Lehrpläne, soweit Religion in Frage kommt, auf das Bekenntnis Rücksicht nemen. Wenn der Entwurf schon unseren Forderungen nicht gerecht wird, und wenn der Entwurf, wie hier angedeutet worden ist, noch eine Verschlechterung er⸗ fahren sollte, so weiß ich allerdings nicht, wie wir zu einem Er⸗ gebnis kommen sollen. Wir legen entschiedenen Protest dagegen ein, daß die Bekenntnisschule als eine Schule zweiter Ordnung betrachtet wird. Wir wollen eine durch Reichsgesetz festgelegte

Bekenntnisschule. Trotz aller Mängel des Entwurfs werden wir

ihn nicht ablehnen, sondern wir sind für Ausschußkeratung und werden versuüchen, eine neue Auslegung der Verfassung zu finden. Wir wollen im Hinblick auf unsere schwierige politische Lage keinen Kampf. Aber unsere Geschichte beweist, daß wir einen Kulturkampf siegreich zu führen wissen. Wir wollen keinen Kampf, sondern nur freie Bahn für die konfessionelle Schule, an der die Kinder durch bekenntnistreue Lehrer im Sinne der Er⸗ ziehungsberechtigten erzogen werden. (Lebhafter Beifall im Zenterum.)

Abg. Mumm (D. Nat.): Die ganze Schwierigkeit der Situation zeigt sich darin, daß dieses Gesetz über drei Viertel Jahre im Reichs⸗ tage geruht hat, ohne daß die Mehrheitsparteien auch nur die erste Beratung in Angriff genommen hätten. Unsere Verbesserungs⸗ vorschläge werden wir im Ausschuß vortragen. Wie in Weimar, so steht auch heute die deutschnationale Fraktion geschlossen und

entschlossen zur christlichen Volksschule. Wir bekennen uns zu der,

Losung des neuen Reichsverbandes der christlich⸗nationalen Elternbünde. Es gibt kein Reichsschulgesetz ohne freie Bahn für die christliche Schule. Wir bekennen uns zu dem Satz unseres Parteiprogramms: „Die stärkste Grundlage der Willens⸗ und Charakterbildung sind ein wahrer Hristlicher Religionsunterricht und ein vom vaterländischen Geist erfüllter Geschichtsunterricht, die sich nur auswirken können, wenn die Schule das Gepräge einer einheitlichen Weltanschauung trägt. Deshalb ist grundsätzlich die Bekenntnisschule der Simultanschule vorzuziehen.“ Die Bekenntnis⸗ schule dient dem religiösen Frieden besser als eine Schule, in der die Kinder mehrfach in der Woche zum Religionsunterricht aus⸗ einandergezogen werden und dann in unreifer Art über die Ver⸗ schiedenheit ihres Bekenntnisses streiten. In unserer Stellung sind wir einig mit weiten Kreisen der deutschen Lehrerschaft. Heute 38. 50 000 Lehrer und Lehrerinnen christlich⸗konfessionellen Lehrerverbänden an. Auch wir Deutschnationalen treten für die Einheitsschule als Unterbau ein, auch unser Ideal ist die Er⸗ ziehung zur. geistigen Einheit der Nation. Aber starker als bisher muß, in der Schule der nationale Wille, das Bekenntnis zum Deutschtum, ausgebildet werden. Gerade weil wir eine Charakter⸗ chule wollen, wünschen wir keinen staatlichen Zwang für die Teilnahme am Religionsunterricht. (Zuruf des Abg. Adolf Hoff⸗ mann: Richtet euch nach meinen Worten, aber nicht nach meinen Taten!) Es freut mich, Herr - daß Sie sich von dem Perlendiebstahl so rasch wieder erholt haben. Als Sie seinerzeit auf einem Parteitag verlangten, daß das Buch, nachdem Sie Ihren Namen tragen, die zehn Gebote, in den Katalog des „Vor⸗ wärts“ aufgenommen würde, da hat vor versammeltem Parteitag Ihr Genosse, Verlagsdirektor Fischer, erklärt, daß man nur Bücher aufnehmen könnte, die auf einem gewissen Bildungsniveau ständen. Große S Für die Wiedereinführung der geistlichen

schulaufsicht ist heute in der evangelischen Kirche niemand zu haben. Nachdem Artikel 146 einmal zu Recht besteht, und eine Zwei⸗Drittel⸗Mehrheit für eine Aenderung sich kaum finden wird, werden religionslose Schulen eingerichtet werden. Wir bekämpfen diese Schulen und werden den Eltern ins Gewissen reden, ihre Kinder nicht in diese Schulen zu senden, aber wir denken nicht daran, durch Chikanen solche Schulen zu verhindern. Im Aus⸗ schuß wird man auch den Wünschen der kleineren evangelischen Gemeinden, der Brüdergemeinde, der Alt⸗Lutheraner usw., die ebenfalls für die evangelische Schule eintreten, Rechnung tragen müssen. Die einklassige Schule darf nicht zurückgesetzt werden, wir lassen den Landlehrerstand nicht als minderwertig darstellen. Man hat den Ausdruck „geordneter Schulbetrieb“ gegen diese Schulen ausnutzen wollen. aber der verstorbene Delbrück, der dieses Wort in die Verfassung hinsihebraäct hat, war ein warmer Freund der Bekenntnis, hule. Wir sind nicht bildungsfeindlich,

wenn wir für die einklassige Schule eintreten. Neben der Ver⸗

mittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten ist das oberste Ziel der Schule die christlich⸗nationale Charakterbildung. Ueber die Rechte der Erziehungsberechtigten werden wir im Ausschuß verhandeln. Eine Monopolisierung der Schulbücher würde kulturwidrig sein und jeden gesunden Wettbewerb ausschließen. Der Kampf um die Volksschule ist uns durch die Revolution aufgezwungen worden.

Diejenigen, die dadurch zur Macht gelangt 19 haben die Fackel der Zwietracht in das Volk geworfen. Die Seele des Kindes darf aber nicht zum Opfer gebracht werden. Seit der deutsche Reichs⸗ tag besteht, hat nie eine Eingabe auch nur halb so viel Unter⸗ 2 gefunden, wie jene Eingabe um die Erhaltung des christ⸗ lchen Religionsunterrichts im sehe 1919, die sieben Millionen Wahlberechtigte unterschtieben haben. Der religiöse Sinn in unserem Volke ist im Wachsen begriffen. 113 Lehrer der Berliner Universität, Professoren aller Fakultäten, haben am 15. Januar 1919 den schärfsten Einspruch dagegen erhoben, daß der Religionsunterricht als Eckstein unseres ganzen Erziehungsunter⸗ richts aus dem Lehrplan der Schule entfernt und zu einem ee Lehrgegenstand herabgesetzt wird. Wir müssen aller⸗ ings die Verfassung in Rechnung stellen. Bisher hatten wir eine Einheitsschule auf christlich⸗vaterländischem Boden. Der Ansturm von links hat diese Gesinnungseinheit Frichlagen. Da ist es besser, den Gedanken der Freiheit, statt der Einheit ins Auge zu fassen, aber wenn dann in dieser Freiheit die religionslose Schule ihre innere Kraftlosigkeit offenbart und an vielen Orten zugrunde geht an der I1“ Qualität ihres Schülermaterials und der Uneinigkeit ihres Lehrerpersonals, wird wieder ein Weg zur christ⸗ lich⸗nationalen Einheitsschule zu finden sein. In diesen Schul⸗ fragen pulsiert das Herz unseres Volkes. (Beifall rechts.)

Abg. Dr. Runkel z. Vp.): In ihrer Versammlung in Stutt⸗ gart hat sich die ganze von diesem Schulgesetzentwurf abgekehrt. Schlimm ist der von seinen Fraktions⸗ freunden behandelt worden. Ich stimme mit dem sozialdemo⸗ kratischen Redner, wenn auch aus anderen Gesichtspunkten, darin überein, daß manches in diesem Entwurf verfassungswidrig ist. Verfassungswidrig ist der Abbau der Simultanschulen und ihre au v Auch die Gemeinschaftsschule des Entwurfs ist ver assungswidrig, denn die Kompromißs 4† der Peelah ist die Simultanschule, nicht die ve E; aftsschule. Die Kompromißschule kann nicht die religionslose Schule sein,

ondern nur die christliche Gemeinschaftsschule, d. h. die Simultan⸗ chule. Auch die Gemeinschaftsschule dieses Gesetzentwurfs wird eine weltliche Schule fein und dann bestehen drei weltliche Schulen, die Gemeinschaftsschule, die weltliche Schule und die Weltanschauungsschule, neben einer einzigen Bekenntnisschule evangelischen oder katholischen Glaubens. Wenn irgendeine Schul⸗ unseres Schulwesens zertrümmert wird, so wird es die ltanschauungsschule sein. Sie ist allerdings in der Verfassung festgelegt, aber es wird geradezu katastrophal werden, wenn man allen eevegr. ah. in Deutschland will, Schulen zu errichten. Die Weltanschauungsschulen werden am Mark unseres Volkes zehren. Ich bin immer gegen die geistliche Larn unsents ö2 aber man darf doch die großen Verdienste der Kirche um ie Schule nicht vergessen; die Schule ist doch eigentlich die Tochter der Kirche. Meine Partei tritt für die alte Simultanschule, für die christliche Schule, ein. In der 0 Schule kann sich die Persönlichkeit nicht so auswirken wie in der konfessionellen, weil der Materialismus nicht die Ideale in sich birgt wie die chriftliche Weltanschauung. (Zurufe des Abg. Adolf Hoffmann.) Ihnen, 1 Hoffmann, mache ich keine Opposition, da Sie einmal mein orgesetzter waren. (Große Heiterkeit rechts.) Wir gestehen Ihnen (zur Linken) aus unseren liberalen Anschauungen heraus und pfli A. die weltliche Schule zu, aber wir siad davon überzeugt, daß sich diese Schulen bald von selbst aufsssen. und daß die Eltern ihre Kinder wieder unseren Schulen zuführen werden, weil die christliche Schule den tieferen Gemütsreichtum hat.

Hierauf wird die weitere Besprechung auf Dienstag, 1 Uhr, vertagt. (Außerdem Anfragen.) Schluß gegen 6 Uhr.

Parlamentarische Nachrichten. 1 8

Im Reichstagsausschuß für auswärtige An⸗ gelegenheiten berichtete, wie das „Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger“ mitteilt, der Reichskanzzer Dr. Wirth eingehend über die wirtschaftlichen und politischen Be⸗ ziehungen Deutschlands zu Rußland. Die Aus⸗ führungen des Reichskanzlers gipfelten in der Erklärung, daß Deutschland den baldigsten Wiederaufbau Rußlands wünsche. Auch wünsche Deutschland kein deutsches Wirtschaftsmonopol, sondern die deutsche Regierung sei gern bereit, mit anderen Interessenten gemeinsam zu operieren im Einvernehmen und mit Zustimmung derjenigen Gebiete, für die derartige Syndikate errichtet werden sollen. In dem hierauf folgenden vertraulichen Gedankenaustausch innerhalb des Ausschusses kam trotz der natürlicherweise verschiedenen Stellung der einzelnen Parteien zu dem russischen Problem allgemein der Wunsch zum Ausdruck, daß ein Weiterausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zu g eg auf das dringendste zu erstreben sei. In der Diskussion spra die Abgg. Gothein (Dem.), Wels (Soz.), Stöcker (Komm.), voy Rheinbaben (D. V.), Dr. Hoetzsch (D. Nat.), Ditt mann (u. Soz), Dernburg (Dem.), Berustein (Soz.), Ministerial⸗ direktor von Maltzahn, der Leiter der russischen Abteilung im Auswärtigen Amt, antwortete in eingehenden Darlegungen den Rednern. Den Vorsitz des Ausschusses führte der Abg. Müler⸗ anasn (Soz.) in Vertretung des erkrankten Abg. Dr. Stresemann

Im sozialpolitischen Ausschuß des Reichs⸗ tags wurde gestern der Entwurf eines Arbeitsnach⸗ weisgesetzes beraten. Ministerialdirektor Ritter (Reichs⸗ arbeitsministerium) führte hierzu aus: Der vorliegende Entwurf sei das Ergebnis umfangreicher Vorarbeiten. Sein Zweck sei, den Ausglei von Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage zu er⸗ leichtern und nach Möglichkeit sicherzustellen, daß die Arbeit den Leidenschaften der Parteikämpfe entrückt nach den Grundsätzen wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit und sozialer Gerechtigkeit verteilt wird. Es wird dies durch em Netz von öffentlichen, paritätischen Arbeitsnachweisen zu er⸗ reichen sein, das den Ausgleich von Beruf zu Beruf, von Ort zu Ort, von Gebiet zu Gebiet, durch das ganze Reich hindurch vermittelt und mit weitgebendem Selbstverwaltungsrecht aus⸗ estattet dabei der Eigenart der Berufe und örtlichen Bedürfnissen Rechnung tragen solle. Die gewerbsmäßige Stellenvermittlung will diese neue Organisation, die sich ausschließlich ven kozialen und volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten leiten lassen muß, allmählich völlig ausschalten, als Zeitpunkt hierfür sieht der Entwurf den 31. Desember 1930 vor; der Reichswirtschaftsrat hält einen früheren Zeitpunkt für angebracht. Dagegen sollen die gemeinnützigen Arbeitsnachweif erhalten bleiben,. um im Zusammenhang mit der Fürsforgearbeit au die Arbeitsvermittlung für ihre Betreuten durchführen zu können Die planmäßige Zusammenfassung der Arbeitsnachweise sei nicht auf zuschieben. Nur mit Hilfe eines vollkommen organisierten Arbeits nachweises sei das Ziel der Ausnutzung jeder vorhandenen Arbeits stelle und der notwendigen Umstellungen in der Bevölkerung er reichbar. Auch die fast allseitig gewünschte Arbeitslosenversicherung könne nicht geschaffen werden, wenn nicht der Arbeitsnachweis den Arbeitswillen feststellt und Arbeitslosigkeit verhütet und lindert.

Der Arbeitsausschuß des Vorläufigen Reichswirt⸗ schaftsrats zur Beratung der Besitzsteuergesetze hielt heute

Sitzung. Statistik und Volkswirtschaft.

Arbeitsstreitigkerten.

Die Eisenbahngeneraldirektion Dresden teil B“ zusolge unter dem Datum des gestrigen Tages mit: E. werden Nachrichten verbreitet, daß die Eisenbahner in Ehemnitz in den Streik getreten seien. iese Nachrichten sind erfuliden In Chemnitz wird weder in den Werkstätten no im Betriebe gestreikt. Auch in Leipzig wird nur in den Werkstätien von Engelsdorf gestreift, während das Betriebepersonal die Arbeit ununterbrochen weiterführt.