1922 / 30 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 04 Feb 1922 18:00:01 GMT) scan diff

Im Reichs kabinett ist, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ mitteilt, bereits vor einigen Tagen ein Nachtragsetat zum Reichshaushaltsplan für das Jahr 1921 verabschiedet worden, durch den die Mittel für die Bewilligung von Wirtschafts⸗ beihilfen an die Reichsbeamten in Orten mit besonders chwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen in Anlehnung an die den Arbeitern bewilligten Teuerungszuschüsse bereitgestellt werden. Dieser Nachtragsetat ist bereits den Landesregierungen zugegangen und wird voraussichtlich Mitte nächster Woche ver⸗ abschiedet werden, so daß dann der Reichstag darüber Beschluß fassen kann.

Der französische Botschafter in Berlin hat dem Reichskanzler vorgestern eine Aufzeichnung über die Vorgänge in Petersdorf bei hi en übergeben. Die Aufzeichnung enthält eine Darstellung des Verlaufs der Schießereien in Petersdorf und verschiedener Waffenfunde in Oberschlesien. Der französische Botschafter hat auf Grund dieses Tatbestands darauf hingewiesen, daß an der Schießerei in Petersdorf anscheinend eine militärisch ausgebildete Geheim⸗ organisation beteiligt gewesen sei, deren Wurzeln nach seiner An⸗ gabe über Oberschlesien hinaus nach Mittel⸗ und Nieder⸗ schlesien reichen sollten. Im Namen der französischen Re⸗ gierung hat er die Reichsregierung ersucht, bei der Feststellung und gerichtlichen Verfolgung der Teilnehmer dieser militärischen Organisation mitzuwirken. Der Reichskanzler hat die Mit⸗ wirkung der deutschen Behörden bei der Aufklärung des Tatbestandes und der Feststellung und Verfolgung der Schuldigen zugesagt.

Hierzu bemerkt das „Wolffsche Telegraphenbüro“: ü.

Die in der französischen Presse verbreiteten Meldungen, die französische Regierung habe Sanktionen in Aussicht gestellt, klangen von Anfang an wenig wahrscheinlich, denn der Vorfall hat sich innerhalb des Machtbereichs der Interalliierten Kommission zugetragen, in dem nicht die deutsche Regierung,

sondern die Interalliierte Kommission für die Aufrecht rhaltung von 85 84 8 rha 8 g 8: 2

Ruhe und Ordnung allein verantwortlich ist. 8

8

2

Uebersicht über die Finanzgebarung des Reichs.

Vom 21 Januar 1922 bis 31 Januar 31. Januar

1922 1922

Tansend Mark

Vom 1. April 1921 bis

Einnabme.

Allgemeine Finanzverwaltung: ¹) Steuern, Zölle, Abgaben, Gebühren 1 942 973 60 641 840 (darunter Reichsnotopfer) (7 852 909) Schwebende Schuld 2 241 020 89 349 023 Fundierte Schuull . 1 219 109 103

Summe der Einnahme 4 185 212 150 099 966

1 Ausgabe.

Allgemeine Verwaltungsausgaben unter Gegenrechnung der Einnahmen . . . ..

Schuldenzinsen für die schwebende Schuld.

Schuldenzinsen für die fundierte Schuld ..

226 434

Betriebsverwaltungen. Reichs⸗Post⸗ und ⸗Telegraphenverwaltung: 2121228 805 Reichseisenbahnverwaltung: 532 227

11ö11““ mithin Zuschuß Summe der Ausgabe.

Die schwebende Schuld betrug an dis⸗ kontierten Schatzanweisungen am 20 Ja⸗ nar 1992. . .. 253 497 190

Es traten hinzu 22 865 795

Es gingen ab 20 624 775

mithin zu ²) 2 241 020 ergibt 255 678 210

¹) Das tatsächliche Steuern⸗ usw. Aufkommen bis einschl. Dezember 1921; von da ab das Aufkommen nach Abzug der von den Oberfinanz⸗ und Finanzkassen geleisteten Ausgaben.

²) Das Anwachsen der schwebenden Schuld ist verursacht fast ausschließlich durch Devisenbeschaffungen, Lieferungen und sonstige Aus⸗ gaben für Reparationszwecke, im übrigen durch Fehlbetrag der Betriebs⸗ verwaltungen.

1“

182 511 4 186 102 150 100 408

2 2 .

Grosbritannien und Ir’and.

Der Premierminister von Ulster, Craig, ist gestern

in London zu Besprechungen mit Mitgliedern des Kabinetts⸗

ausschusses für die irische Frage eingetroffen.

Frankreich.

Die „Agentur Havas“ bestätigt offiziös, daß der Minister⸗ präsident Poincars eine Note an die alliierten Regierungen gerichtet hat, in der er sie auffordert, sich vorher zu verständigen, um eine gemeinsame Linie für die wirtschaftliche Konferenz in Genua zu finden. Wenn die alliierten Regierungen sich nicht der Gefahr aussetzen wollten, von den ehemals feindlichen Völkern oder von der Sopjet⸗ regierung mattgesetzt zu werden, dann müßten sie in Genua eine Einheitsfront bilden. Er sei nach Anhören von Sach⸗ verständigen und Juristen zu der Ueberzeugung gekommen, daß die Grundsätze, die in der Resolution vom 6. Januar angenommen worden sind, der erste Gegenstand der Beratung in Genua sein müssen. Sie müssen besser begründet und enauer festgelegt werden. Außerdem müsse es außer Zweisel ein, daß Art. 2 des Programms, der sehr allgemein gehalten sei und der laute: „Aufrichtung des europäischen auf fester Grundlage“, den bestehenden Verträgen in keiner Weise Abbruch tun dürfe, z. B. daß etwa Aenderungen in der ober⸗ schlesischen Frage getroffen werden könnten, oder daß das Reparationsproblem unter diesem Vorwand in Frage gestellt werde. Wenn die französische Regierung nach dieser Richtung keine Bürgschaften erhalte, werde sie sich gezwungen sehen, sich ihre Handlungsfreiheit zu wahren.

In der gestrigen Sitzung der Senatskommission

für auswärtige Angelegenheiten gab der Minister⸗

präsident Poincaré Erklärungen ab, die sich auf die Kon⸗ ferenz von Genua, auf die deutsche Antwort an die Reparationskommission und auf das französisch⸗ enaglische Abkommen bezogen. Die Orient⸗ und die Angora⸗ fraue kam wenig zur Sprache, da die Verhandlungen zwischen London und Paris fortgeführt werden und man nichts in die

8 I

3 373 876,119 497 824 18Ss 17 420 073

3 782 680] 136 917 897

Oeffentlichkeit gelangen lassen will, bevor man zu einem grund⸗ sätzlichen Einverständnis gelangt ist. . Laut Bericht der „Agence Havas“ erklärte der Vorsitzende der Kommission Doumergue, daß die Kommission durchaus der An⸗ sicht sei, daß die bevorstehende Konferen; von Genua weder eine Revision der Friedensverträge noch eine Verminderung der Frankreich geschuldeten Reparationen, noch einen Angriff auf den Völkerbund, noch die Zulassung der Sowjetdelegierten obne wirksame Garantien für ihre Absichten mit sich bringen dürfe. Darauf legte Poinecaré seine Politik dar und sagte, er werde nur nach Genua gehen, wenn das rogramm der Konferenz genau festgesetzt und die Bedingungen gut ormuliert seien. Die Einladung, die an die Sowjetregierung ergangen sei, setze z. B. nicht fest, daß diese die Bedingungen ihrer Zulassung 82 ihr Kommen würde also nur implicite die Annahme der Bedinagungen bedeuten; in dieser Hinsicht müsse man sicher gehen. Die Konferenz von Genua werde übrigens bedeutend hinausgeschoben werden; die italienische Ministerkrise könne noch etwa 10 Tage dauern, und die Anwesenheit des italienischen Minister⸗ präsidenten sei unbedingt nötig. Man habe also noch Zeit zum Ueberlegen. Weiter sprach Poincars vom Völkerbund Wund von der Reparationskommission. Er erklärte, die französische Außenpolitik müsse sich auf die vollständige Auf⸗ rechterhaltung der Befugnisse der Reparationskommission und der Bekugnisse des Völkerbunds stützen. Was den französischen⸗ englischen Pakt anbelange, so würden die Verhandlungen bis jetzt mit voller Herzlichkeit weitergeführt. Bevor er Ministerpräsident geworden sei, habe er eine private Zusammenkunft mit Lloyd George

gehabt, und die Unterredung über diesen Punkt sei mehr als freund⸗

schaftlich gewesen, was ein gutes Vorzeichen sei.

Die Kammer hat die Besprechung der Interpellation Boutet über die Vorfälle in Oberschlesien auf kommenden Dienstag festgesetzt.

Der Finanzausschuß der Kammer hat sich mit den vorgestrigen Erklärungen des Kriegsministers über das

neue Militärgesetz nicht zufrieden gegeben. Der Ausschuß

2

hat gestern be chlossen, den Ministerpräsidenten, den Kriegs⸗ minister und den Finanzminister über die Angelegenheit in einer mit dem Heeresausschuß gemeinsam zu veranstaltenden Sitzung zu hören.

Die linksrepublikanische Gruppe der Kammer beschättigte sich gestern mit der Frage der Ernennung des Marschalls Petain zum Generalinspekteur der Armee. Nach längerer Aussprache wurde beschlossen, Abgeordnete zum Kriegsminister und zum Ministerpräsidenten zu entenden, um Aufklärung über die neue Einrichtung zu verlangen, die durch diese Ernennung geschaffen ist. Durch diesen Beschluß setzt sich die linksrepublikanische Gruppe in Widerspruch zu dem Heeresausschuß der Kammer, der sich nach den Erläuterungen, die der Kriegsminister Maginot vor einigen Tagen in dieser Angelegenheit gab, für befriedigt erklärte.

Auf dem Kongreß der Pressearbeiter erstattete Sinowjew einen Bericht über die wirtschaftliche Lage und bemerkte dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge u. a., ein bedeutender Teil der Arbeiter sei jetzt in Privatunternehmungen beschäftigt, in Moskau mehr als 20 000, in Petersburg 5000. Offenbar müßten die Gewerkschaften für diese Arbeiter gelegentlich Ausstände organisieren, während diese in den Staats⸗ unternehmungen nach wie vor unzulässig seien. Sos⸗ nowski berichtete über die Lage der Presse, der es außer an Geld auch an journalistischen Kräften, an Papier und typographischen Mitteln fehle. Der Informations⸗ dienst stehe auf äußerst schwachen Füßen, aber es fehle auch ganz an der nötigen Beleuchtung des lokalen Lebens in den Provinzzeitungen, wo man wohl Artikel über die Intrigen Lloyd Georges finde, aber nicht die Mitteilungen und An⸗ regungen, nach denen die Bauern und Arbeitermassen schmachteten. Bei alledem sei die Sowjetpresse jedoch eine be⸗ deutende Größe und die ausländische Bourgeoisie wisse sehr gut, daß die Sowjetpresse eine mächtige Waffe zur Verteidigung der Revolution sei. Italien.

Der König hat gestern die Präsidenten der Kammer und Senats empfangen.

Schweiz.

5 Nach dem „Journal de Gendve“ beriet der Bundesrat vorgestern über die Konferenz von Genua, auf der die Schweiz durch zwei Delegierte und einen oder zwei Sach⸗ verständige vertreten sein wird. Der Bundesrat glaubt, daß die Konferenz infolge der italienischen Krise auf kurze Zeit verschoben werden wird.

Norwegen.

In der Erklärung der norwegischen Regierung die der Ministerpräsident gestern im Storthing abgab⸗ heißt es laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbüros“:

Es sei klar, daß die Regierung sofort zurücktreten werde, wenn eine Regierung auf sicherer parlamentarischer Grundlage gebildet werden könne. Die Regierung habe es jedoch nicht für richtig gehalten, das Land in eine Regierungskrise zu bringen, bevor das neugewählte Stor⸗ thing nicht Gelegenheit gehabt habe, sich mit der Lage zu beschäftigen. Die jetzige Regierung könne nicht auf eine feste parlamentarische Mehrheit hauen; sie sei ausschließlich auf Grund des Programms der Linken gebildet, die kein Bündnis mit anderen Gruppen habe. Die Regierung glaube aber, daß die Linke die Partei sei, die im Storthing die größte Aussicht habe, Anschluß an andere Parteien zu finden, um ihre Politik zu fördern. Das Weiterbestehen der Regierung hänge vom Storting ab. 8

Tschecho⸗Slowakei. österreichische Bundesminister für Fivanzen Dr. ist gestern vormittag in Prag eingetrofsen und hat

dem Ministerpräsidenten Dr. Benesch einen

Der Gürtler Nachmittags Besuch abgestattet.

LI „.

„Der Handelsminister Dr. Spaho hat dem Minister⸗

präsidenten sein Rücktrittsgesuch überreicht, weil die Forde⸗

rungen der muselmanischen Partei nicht berücksichtigt erscheinen. Griechenland.

Nach einer Meldung der „Agence d'Athones“ beruft ein königlicher Erlaß die aus Mazedonien und vom Archipel stammenden Reservisten der Jahrgänge 1910 und 1911 zum 13. Februar ein. Diese Maßnahme steht in teiner Beziehung zu der allgemeinen militärischen Lage, sondern soll nur die militärischen Verpflichtungen der neuen Provinzen mit denen von Alt⸗Griechenland in Uebereinstimmung bringen.

1 Türkei. VVon gut unterrichteter Seite wird einer Exchangemeldun zufolge mitgeteilt, daß der Kommissar für die Ausnärtigen

Angelegenheiten der Angoraregierung, Jussuf Kemal, dem⸗

im Ministerium vernommen worden.

nächst nach Rom, Paris und London reisen werde, um den

Alliierꝛen die Bedingungen auseinanderzusetzen, unter denen en zu unterzeichnen.

die Angoraregierung bereit ist, den Frie

Die Kommission der Washinatoner Konferenz für den Fernen Osten hat bezüglich der ostchinesischen Bahn eine Entschließung angenommen, durch die China die finanzielle Verantwortung für die Bahn übertragen wird und wonach auf diplomatischem Wege versucht werden soll, die Schwierigkeiten, die sich einem normalen Bahnbetriebe ent⸗ gegenstellen, zu beheben. Auf eine Anfrage Chinas, ob Frankreich die Absicht habe, das Pa chtgebiet von Kwangtschou aufzugeben, erklärte Sarraut, daß Frankreich die Aufgabe unter der Bedingung angeboten habe, daß alle Mächte, die Pachtgebiete besäßen, sie an China zurückgäben.

Das amerikanische/Repräsentantenhaus hat die Abänderungen des Senats zu dem Gesetzentwurf über die Konsolidierung der alliierten Schulden angenommen. Der Präsident Harding wird demnächst einen Ausschuß er⸗ nennen, der Verhandlungen mit den Schuldnerstaaten eröffnen soll.

Der General Pershing hat dem Kongreß einen Ge⸗ setzentwurf übermittelt, der die Herabsetzung der Zahl der Armeeoffiziere von 17 000 auf 12 000 vorsieht.

Parlamentarische Nachrichten.

- Hauptausschuß des preußischen Landtags

setzte gestern, wie das „Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungs⸗ verleger“ berichtet, die Vorberatung des Haushalts des Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volks⸗ bildung fort. Ueber den Abschnitt „Universitäten und Cbaritskrankenbaus in Berlin“ erstattete den Bericht Abg. Cunow (Soz.). Er wies darauf hin, daß nach einer bestimmten Be⸗ währungsfrist den Privatdozenten eine Entschädigung gezahlt werden solle. Ueber Technische Hochschalen und das Materialprüfungs⸗ amt in Berlin⸗Dahlem berichtete Abg Dr. Faßbender (Zentr). Eine Zusammenlegung oder eine Arbeitsgemeinschaft zwischen einzelnen Hochschulen sei zu erstreben. In der Aussprache forderte Abg. Haenisch (Soz.) neue Professuren für Volkswirtschaft und Staatswissenschaften. Das Beamtentum sei meist nur formal juristisch, nicht volkswirtschaftlich geschult. Es sehle auch an Staatsrechtslebren, die auf dem Boden des ge enwärtigen Staates stehen. Für den Arbeiterunterricht an den Hochschulen müßten Mittel zur Verfügung gestellt werden. Die Stellung der Privat⸗ dozenten sei nach esner etwa dreijährigen sichern. Geändert werden müsse die Stellung der Kuratoren. 2 Universitätsrichter sei abzuschaffen. Es empfehle sich eine soz'ale Staffelung des allgemeinen Studiengeldes an Stelle des bisherigen Kollegiengeldes. Der Redner mißbilligte die Rede des Professors Stutz nach seinem Kolleg am 27. Januar 1922. Abg. Dr. Weyl (U. Soz.) vermißte im Etat die Position von 800 000 zur Förderung der Tuberfuloseforschung, wünschte Lebraufträge für Antialkoholismus, bessere Ausgestaltung der Berufsberatung, Ledigen⸗ heime für die Studierenden, soziale Stanelung der Semestergebühren nach dem Einkommen des Vaters rité brer für jede Entbindung, während die städtischen Anstalten anf solche ver⸗ zichteten. Der Minister für Wissensckaft, Kunst und Volksbildung Dr. Boelitz ging auf den Fall Stutz ein. Professor Stutz sei Er habe zweifellos die Grenzen der Lehrfreibeit überschritten und eine politische Demonstration ver⸗ anstaltet. Wie gegen ihn werde vorgegangen werden, nicht gesagt werden. Der

über die Grundlinien der neuen Universitäts⸗

verfassung, die demnächst ale Ministerialverfügung herauskommen— In die engere Fakultät und in den Senat seien Vertretergen

werden. trete. Extraordinarien und der Privatdozenten auffenommen Der große Sengt oder das Generalkonzil werde auch an kleineren Universitäten eifs gerichtet; er werde auch die Wahl des Rektors vorzunehmen haben Zum Dekan könne nur ein ordentlicher Professor gewählt werden. Zwischen den Fakultäten würden Arbeitsgemeinschaften geschaffen. Ebenso

sollten die Studenten mit den Fakultäten zu Arbeitsgemeinschaften Eine Vertretung der Studenten im

zusammengeschlossen werden. Senat sei von Studenten und Fakultäten abgelehnt worden. Das Amt des Kurators solle ein Hauptamt werden. Der Name „Univer⸗ sitätsrichter“ sei unglücklich; die Einrichtung selbst sei angesichts der vielen Disziplinarfälle notwendig. d deren Bezüge stark erböht würden. Vorlesungen über die Anti⸗ alkoholfrage sollten gehalten werden. Er sei nicht Gegner der Berufsberatung, wohl aber Gegner einer Ueberwertung psycho⸗ technischer Verfahrensweisen In berug auf die Akademie in Düsseldorf sei der Finanzminister noch zu ückhaltend; die Ver⸗

handlungen mit der Stadt hätten begonnen. Abgeordneter Dr. M p er

(Kom.) wandte sich gegen das nach seiner Ansicht ungenügende 5 1 us⸗

schweifungen. Universitätsrichter und Kurator seien unnötig. Ausländer

gehen der Behörden gegen nationalistisch⸗monarch stische dürften nicht ausgeschlossen werden. Die psychotechnischen Untersuchungen seien durch Lehrausträge zu fördern. Die Betätigung in einem Beruf dürse die Zulassung zur Universität und zu den Prüfungen nicht hindern. Abg. Dr. Preuß (Dem.) trat für Freiheit der wissenschaftlichen Lehre ein Ausschreitungen wie in den Fällen Stutz und Roethe müßten aber zurückgewiesen werden. Zu begrüßen seien die Ausführungen des Staatssekretärs über die Universitätsreform. die Vertassungskämpfe in der Studentenschaft. Notwendig sei eine klare Stellungnahme des Ministers. Rechts⸗ und Stagtswissenschaft sollten nicht getrennt werden; die Schaffung einer besonderen staats⸗ wissenschaftlichen Fakultät würde emen Räückschritt bedeuten. Die persönlichen Ordinarien müßten möglichst bald verschwinden. Abg. Baecker (Dnat.) stimmte der beabsichtigten Universitäts⸗ reform zu. Die Parlamente dürften sich nicht in die Studenten⸗ kämpfe einmischen. Nichtakademische Einflußnahme auf Berufungen dürfe nur eine Ausnahme bilden. Auch er begrüße die geplauten Arbeitsgemeinschaften für die Professoren und die Studenten. Der gesunde Sinn der akademischen Jugend werde auch auf dem Ge⸗ biet der studentischen Selbstverwaltung das Richtige finden. Die Freiheit der politischen Meinungsäußerung dürfe weder Pro⸗ fessoren noch Studenten verkümmert werden. Ob die akademische Jugend für den Geist der Republik gewonnen werde, hänge davon ab, ob der neue Staat Verhältnisse schaffe, die den Idealismus der Jugend befriedigen. Vorsicht und Auswahl sei für die Zulassung von Ausländern geboten. Unsere Hochschulen müßten in erster Linie die eigenen nationalen Bedürfnissen berücksichtige. Der Landtag solle

den Hochschulen eine Stütze bieten, sie aber nicht reglementieren. Ein

Kommissar des Kultusministeriums erklärte, die Prüfungsbedingungen sollten einer freien Gestaltung des Studiums entgegenkommen. Das volkswirtschaftliche Studium an den Technischen Hochschn'en werde gefördert. Beginnen werde man damit in Berlin in Verbindung mit der Handelshoch⸗ schule Abg Schuster (D. Vp.) begrüßte gleichfalls die Reform. Die Politssierung der Wissenschaft müsse verhindert werden. Privat⸗ dozenten sollten nicht Beamte werden. Die Erklärung über die Lektoren babe nicht voll befriedigt. Das Lektorat habe jetzt eine erhöhte Bedeutung, da die Studenten nicht ins Ausland gehen könnten. Für die Pirchologischen Institute in Göttingen und Marburg müßten Mittel eingestellt werden. Die Leibesübungen an den Hoch⸗ schulen bätten nach dem Wegfall der militärischen Dienstzeit erhöhte Be⸗ deutung. Universitätsbibliotheken und Seminare müßten reicher aus⸗ gestattet werden. Ahg. Dr. Launscher⸗Bonn (Zentr.) erklärte ein Hinein⸗ regieren in die Hochschusen von Staats und Parlaments wegen für bedenklich. Die Umwandlung persönlicher Ordinariate in planmäßige müsse schneller geschehen. Der Notlage der Privatdozenten und

Bewährungstrist zu. Der

Die Charité erhebe Gebühren

könne noch Staatssekrelär Becker äußerte sich

Die Lektoren seien Hiliskräfte,

Unerfreulich seien

Assistenken müsse durch Schaffung ausreichend bezahlter Stellen ab⸗ eeholten werden. Der Redner trat zum Schluß für besondere Wünsche der Universität Bonn em. Angesichts der ungenügenden Er⸗ nährung vieler Studenten müsse der Staat mit großen Mitteln hellen. Ein Kommissar des Ministeriums erklärte, daß in der Ausländerfrage eine mittlere Linie innegehalten werden müsse Für das letzte Semester hätten 4000 Anmeldungen vor⸗ elegen. 1700 Zulassungen seien erkolgt. Abg. Dr. Pinkerneil D. Vp.) wünschte Vorlesungen an den Technischen Hochschulen über das Arbeitsrecht. In die Studentenorganisationen gehörten politische und Weltanschauungskämpfe nicht hinein. Der Minister für Missen⸗ schaft, Kunst und Volksbildung Dr. Boelitz erklärte, daß sich das Ministerium den Verfassungskämpfen der Sltudentenschaft gegenüber zurückhalte. Die Entpolitisierung der Studentenorganisationen sei dringend notwendig. Abg. Heilmann (Soz.) bemerkte, er habe von Idealismus nicht viel bei den Studenten gefunden, und wandte sich gegen Professor Stutz. Zu einem durch das Ministerium herbei⸗ zuführenden Wandel an den preußischen Universitäten, aus denen die wenigen aufrechten Demokraten wie Schücking geflüchtet seien, habe er kein rechtes Vertrauen. Der Redner trat für die Studenten aus dem Osten ein. Wenn die Nationen sich gegenseitig förderten, so förderten sie damit die Weltwissenschaft und Weltwirtschaft. Der Staatssefretär Becker erklärte, dem Professor Schücking sei von der Unterrichtsverwaltung großzügig entgegengekommen worden. Damit war die allgemeine Ausspiache heendet. In der Einzel⸗ beratung traten verschiedene Redner für einzelne Universitäten ein. Angenommen wurde u. a. ein Antrag aller Parteien mit Ausnahme der Kommunisten, zur Unterstüitzung der Uni⸗ versität Königsberg einen besonderen Fonds von hinreichender Höhe einzustellen. 3

Der finanzvpolitische Ausschuß des Reichswirt⸗ schartsrats beschäftigte sich in seiner Sitzung am 3. Februar mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Aenderung des Landessteuergesetzes vom 30. März 1920, der dem Reichs⸗ wirtschaftsrat vom Reichsfinanzminister zur Begutachtung überwiesen worden ist. Der Entwurf schlägt eine Reihe von Aenderungen des Landessteuergesetzes vor, wie sie sich aus der Steuergesetzgebung des Jahres 1921 und den noch zur Beratung stehenden Gesetzentwürfen als notwendig ergeben. Der Ausschuß setzte zur Durchberatung des Gesetzentwurss und Vorbereitung des Gutachtens einen zwölfgliedrigen Arbeitsausschuß ein.

Der Arbeitsausschuß des vorläufigen Reichswirt⸗ schaftsrats zur Beratung des Hausgehilfengesetzes hielt heute eine Sitzung ab.

Dem preußischen Landtag ist eine Nach⸗ weisung der im Rechnungsjahre 1920 bei der Domänenverwaltung infolge von Ver⸗ kauf bezw. Kauf und Tausch vorgekommenen A15“*“* eine Denk⸗ chrift, betreffend die in dieser Nachweisung mitenthaltenen Veräußerungen von Domänen und Domänengrundstücken, bei denen der Kaufpreis 100 000 Mark im einzelnen Falle übersteigt, zugegangen. Er⸗ werbungen von Domänen und Domänengrundstücken zu einem im einzelnen Falle über 100 000 Mark betragenden Kaufpreise sind im genannten Rechnungsjahre nicht vorge⸗

kommen.

„Der erwähnten Denkschrift über die Ver⸗ äußerungen von Domänen und Domänen⸗ grundstücken zu 100 000 Mark im einzelnen Falle über⸗ stegenden Preisen entnehmen wir die folgenden Mitteilungen:

Im Regierungsbezirk Potsdam hat zur Errich⸗ tung von Kleinsiedlungen (Wohnhäusern mit Gärten) für Arbeiter und gering besoldete Beamte die „Gemeinnützige Sied⸗ lungsgenossenschaft, e. G. m. b. H.“ in Zehdenick a. d. H. von der Domäne Zehdenick das zwischen dem Stadtpark und dem Friedhof in Zehdenick gelegene Gelände von 24,0090 Hektar mit einem Grundsteuerreinertrage von 181 83 Mark freihändig er⸗ worben. Der Kaufpreis hat 120 045 Mark (das ist für 1 Quadratmeter 0,50 Mark) betragen. Der Fiskus hat sich aber das Recht vorbehalten, nachträglich eine Erhöhung des Kaufgeldes auf eine Mark für das Quadratmeter eintreten zu lassen, falls und soweit das Gelände nicht binnen drei Jahren zu Siedlungszwecken verwendet sein sollte.

Von den Baustellen, die im Rechnungsjahre 1920 durch die Kommission zur Aufteilung der Domäne Dahlem im ehemaligen Gutsbezirke Berlin⸗Dahlem verkauft worden sind, haben neun je einen Erlös von mehr als 100 000 Mark gebracht. Die in den letzten Vorjahren festgestellte rege Nachfrage nach Baustellen hat auch im Berichtsjahre (1. Oktober 1920/21) nicht nur angehalten, sondern stetig und gegen dessen Schluß in ganz erheblichem Maße zugenommen, so daß es der Aufteilungs⸗ kommission nur unter besonderer Anspannung aller Kräfte möglich war, die Verkaufsgeschäfte zu bewältigen. Im ganzen sind 379 616 Quadratmeter zum Verkauf gekommen. Der Gesamterlös stellte sich auf 15 970 806 Mark, also im Durchschnitt auf 42 07 Mark je Quadratmeter. Im Jahre 1919/20 waren 113 256 Quadratmeter für 3 199 952 35 Mark, das sind 28.25 Mark je Quadratmeter, verkauft worden. Die Preise sind also im Jahre 1920/21 gegen das Vorjahr um 50 v. H. gestiegen. Die Auf⸗ teilungskommission bleibt angesichts der außerordentlich großen Kauflust (insbesondere in kaufmännischen Kreisen) andauernd be⸗ müht, die Preise weiter zu steigern, um so mehr, als sie bei den gegenwärtigen Wertverhältnissen immer noch nicht recht be⸗ friedigen. Der Bau neuer Straßen ist in einem dem Bedarf ent⸗ 1““ wenn auch dem Vorjahre gegenüber geringeren Um⸗ ange fortgesetzt worden. Die private Bautätigkeit (Villenbau) ist nach wie vor in Dablem recht lebhaft. F

Im E “” Königsberg ist die kriegs⸗ besch digte Domäne Großhof im Kreise Wehlau von rund 276 Hektar mit einem Grundsteuerreinertrage von 5 324,79 Mark am 1. Juni 1920 verkauft worden. Zur Aufteilung und Besiedlung sind 229 Hektar an die Ostpreußische Landgesell⸗ schaft und 33 Hektar an die Stadtgemeinde Tapiau überlassen worden, während der Rest von 14 Hektar an den Provinzial⸗ verband der Provinz Ostpreußen für dessen besondere Zwecke ver⸗ äußert wurde. Als Kaufpreis sind insgesamt 445 050 Mark erzielt worden.

Im Regierungsbezirk Gumbinnen wurden das Hauptvorwerk und einige Teilflächen des Vorwerks Kohlau der kriegsbeschädigten Domäne Friedrichsberg, Kreis Dar⸗ kehmen, von zusammen rund 511 Hektar mit einem Grundsteuer⸗ reinertrag von 5096.37 Mark am 1. Juli 1920 zu Siedlungs⸗ 1 an die Ostpreußische Landgesellschaft für 770 724 Mark erkauft.

Im Regierungsbezirk Allenstein sind einige Teilflächen der 899 Hektar großen Domäne Ribben, Kreis Sensburg, von zusammen rund 39 Hektar mit einem Grundsteuer⸗ reinertrage von 214,74 Mark zum Preise von 102 570 Mark an kleinere Besitzer und Arbeiter in der Gemeinde veränßert worden.

Im Regierungsbezirk Frankfurta. d. O. wurden zur Anlegung von Kleinsiedlungen und zur Bebauung der Stadtgemeinde Neudamm einige Parzellen der Domäne Neu⸗ damm im Kreise König berg i. N.⸗M. von zusammen 5.5613

Kektar mit einem Grundsteuerreinertrage von 34,40 Mark frei⸗

händig zum Kaufpreise von 110 000 Mark überlassen.

Im Regierungsbezirk Stettin ist auf Grund des Reichssiedlungsgesetzes die 502 9703 Hektar mit einem Grund⸗ steuerreinertrage von 7124.110 Mark umfassende Domäne Heidchen im Kreise Greifenbagen zum 1. Juli 1920 an die Ferhershe Landgesellschaft in Stettin für den Ertragswert von 506 394 Mark zur Aufteilung und Besiedlung verkauft

5 88

88

worden. Feine, ace um Laad für Siedlaugszyecke zur Ver⸗ fügung zu stellen, die in gesamt 582,5172 Hektar mit einem Grundsteuerreinertrage von 10 042,71 Mark umfassende Domäne Lindenberg im Kreise Demmin zum 1. Oktober 1920 für 1 163 905 Mark veräußert. Ein Teil der Domäne von 216,4457 Hektar wurde auf Grund des Reichssiedlungsgesetzes zum Ertragswerte von 350 000 Mark an die Pommersche Landgesellschaft zur Aufteilun verkauft. Der Rest der Domäne von 366,0715 Hektar mit allen 2 den Grundstücken belindlichen domänenstaatlichen Gebauden, An⸗ lagen und Einrichtungen und mit der Fischerei im Augraben, so⸗ weit sie zur Tomäne gehörte jedoch ausschließlich des Kirchen⸗ Ee ist freihändig an den Amtsrat Hardt als den derzei igen . ächter der Domäne, ohne dessen Entgegenkommen eine vorzeitige Auflösung des noch bis zum 1. Juli 1929 lausenden Pachtvertrages nicht möglich gewesen und damit auch die Siedlungsmöglichkeit entfallen wäre, zu dem durch Tae auf den Betrag von 813 905 Mark festgestellten gemeinen Wert veräußert worden.

Im Regierungsbezirk Köslin ist die Domäne Hygendo rf l im Kreise Bütow von 691,510 Hektar mit einem Grundsteuerreinertrage von 5687,76 Mark zum 1. Juli 1920 nach vorzeitiger Auflösung des noch bis zum 30. Juni 1937 währenden Pachtrechtes zur Förderung von Siedlungsinter⸗ essen veräußert worden. 67,992 Hektar zum Kauf⸗(Ertrags⸗) Werte von 48 554,53 Mark hat die Siedlungsgenossenschaft für Kriegsbeschädigte und Kriegsteilnehmer des Kreises Bütow, e. G. m. b. H., in Bütow erhalten; 247,620 Hektar zum Kauf⸗ (Er rags⸗)Werte von 178 126,33 Mark sind der Pommerschen Landgesellschaft m. b. H. in Stettin zur Aufteilung überlassen, und der Rest von 375 898 Hektar mit allen darauf befindlichen domänenfiskalischen Gebäuden, Anlagen und Einrichtungen ist für den dem gemeinen Werte entsprechenden Betrag von 750 000 Mark an den Oberamtmann War enberg als den derzeitigen Pächter der Domäne verkauft worden. Als Kauferlös sind insgesamt 976 680,86 Mark erzielt.

„Im Regierungsbezirk Breslau hat. um das Land⸗ bedürfnis in der Gemeinde Kottwitz, Kreis Breslau, befriedigen zu können, der Pächter der Domäne Kottwitz auf das noch bis sumn 1. Juli 1924 währende Pachtrecht, ohne besondere Ent⸗ chädigung zu verlangen, verzichtet. Nach Ausscheidung von 0,3830 Hektar für die Errichtung eines Forstschreibergehöftes sind die verbliebenen 145,0440 Hektar, deren Grundsteuerreinertrag 2890,32 Mark ausmacht, mit Wirkung vom 1. Januar 1921 ab an die Schlesi che Landgesellschaft in Breslau zum Zwecke der Auf⸗ teilung und Besiedlung für den Taxwert von 473 270 Mark verkauft worden.

Im Regierungsbezirk Magdeburg ist die im Kreise Oschersleben gelegene Domäne Emmeringen mit einem Flaächengebalt von 303 8457 Hektar und einem Grundsteuer⸗ reinertrage von 10 494,48 Mark zum 1. Juli 1920 für 1 625 000 Mark auf Grund des Reich ss vom 11. August 1919 an die Siedlungsgesellschaft „Sachsenland“ in Halle a. d. S. verkauft worden. Der noch bis zum Jahre 1934 laufende Pachtvertrag wurde im Einverständnis mit den Domänenpächtern zwecks Frei⸗ gabe der Domäne zu Siedlungszwecken vorzeitig auf⸗ gehoben. Von der im Kreise Quedlinburg gelegenen mäne Schadeleben sind 19,5531 Hektar zum Preise von 164 250 Mark freihändig an die konsolidierte Braunkohlengrube „Georg“ bei Aschersleben zu Bergbauzwecken verkauft worden. Dem Kaufpreise liegt ein Taxwert von 8400 Mark je Hektar zugrunde. Der Verkauf lag im Hinblick auf die herr⸗ schende Kobhlennot und die schnelle Erschöpfung der der Grube gehörigen Flächen im volkswirtschaftlichen Interesse.

Im Regierungsbezirk Hannover sind zur Er⸗ richtung von Kleinwohnungsbauten 8,3872 Hektar der Domäne Blumenau im Kreise Neustadt an die „Gemein⸗ nützige Siedlungsgesellschaft Wunstorf⸗Luthe“, die aus Unter⸗ beamten, Arbeitern und mittleren Beamten besteht, aus freier Hand zum Preise von 100 650 Mark verkauft worden. Dem Flecken Liebenau waren durch Vertrag von 1912 von der aufgeteilten Domäne Liebenau 48.601 Hektar und das ehemalige Domänen⸗ gehöft mit Nebenberechtigungen verpachtet worden. Nachdem bereits einige kleinere Teilstücke dieser Fläche verkauft worden waren, hat der Magi rat von Liebenau in dem Bestreben, bedürftigen Ackerbürgern Liebenaus Gelegenheit zur Festigung bzw. Erweiterung ihrer Wirtschaft zu bieten, beantragt, ihm eine 25,5682 Hektar große Fl’'he der ge⸗ nannten ehemaligen Domäne nebst den auf dieser stehenden Gebäuden aus freier Hand zum Preise von 206 040 Mark zu ver⸗ kaufen. Da der gebotene Kaufpreis als angemessen anzusehen war, ist dem Antrage stattgegeben.

m Regierungsbezirk Lüneburg sind von der Domäne Königshorst 14,0969 Hektar mit einem Grundsteuer⸗ reinertrage von 322 05 Mark an die Gemeinde Wustrow für 140 970 Mark zu Besiedlungszwecken verkauft.

Im Regierungsbezirk Osnabrück wurden in dem Stadtbezirk Osnabrück von den fiskalischen Grundstücken 3,9714 Hektar für einen Kaufpreis von 395 710 Mark an die Direktion der Osnabrücker Kupfer⸗ und Drahtwerke zu Osnabrück veriußert Die Firma war infolge der Vergrößerung ihres Be⸗ tiebes genötigt, für die zahlreichen Angestellten und Arbeiter des Werkes Wohnungen zu beschaffen. Das fiskalische Gelände war zur Bebauung mit Wohnhäusern besonders geeignet. Durch Auferlegung der Bauverpflichtung und Be⸗ schräntung des Rechts der Verzußerung isk der Verwendungszweck ö und eine mißbräuchliche gewinnbringende Verwertung ausgeschlossen worden. 1

Im Regierungsbezirk Aurich ist von den in der Gemarkung Süderneuland 1 im Kreise Norden belegenen domänenfiskalischen Weideländereien eine Fläche von 86,0463 Hektar deren Grundsteuerreinertrag 5 710 Mark beträgt, an die „Ver⸗ einigung der Kriegsbeschädigten von Stadt und Kreis Norden“ zu Siedlungszwecken aus freier Hand verkauft worden. Der Kaufpreis ist unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des Siedlungsgesetzes (Paragraph 2) nach dem Durchschnittsertrage der Friedensjahre auf 3 850 Mark je Hektar bemessen worden. Der Gesamtkaufpreis beträgt 331 300 Mark.

Im Regierungsbezirk Cassel hat die Stadt Steinau im Kreise Schlüchtern zur Herstellung von Klein⸗ wohnungsbauten und Eigenheimen in Verbindung mit dem bestehenden gemeinnützigen Bauverein behufs Verminder⸗ ung der herrschenden Wohnungznot und zur Schaffung von Klein⸗ gärten . die minderbemittelten Einwohner von dem Vorwerk Viebof der Domäne Steinau⸗Hundsrück eine Fläche von 17 9141 Hektar mit einem Grundsteuerreinertrage von 554,04 Mark freihändig erworben. Der gezahlte Kaufpreis von 265 000 Mark ist in Anbetracht der vom Erwerber verfolgten Zwecke angemessen. Die Stadt Hanau hat zum Zwecke umfangreicher Siedlungen, die in Gemeinschaft mit der Beamtengenossenschaft und der „Eigen⸗ hbeim“⸗Baugenossenschaft behufs Behebung des herrschenden Wohnungsmangels zur Ausführung kommen sollen, sowie zur Schaffung von Kleingärten von dem domänenfi kalischen Gelände in den Gemarkungen Hanau und Kesselstadt eine Fläche von 89 4736 Hektar und von der Domäne Wilhelmsbaderhof eine Fläche von 22 3688 Hektar, zusammen 111,8424 Hekttr mit einem Grundsteuerreinertrage von 3 510,86 Mark erworben. Mit Rücksicht auf die vom Erwerber in Aussicht genommene Verwen⸗ dung der Grundstücke ist der gezahlte Kaufpreis von 2 171 100 Mark als angemessen anzusehen. Von dem durch Einzelverpachtung ge⸗ nutzten Gelände der aufgelösten Domäne Eichenzell im Kreise Fulda haben die umliegenden Gemeinden, Engelhelm, Brozell und Eichenzell sowie der Kreiskommunalverband Fulda insgesamt 109 4484 Hektar mit einem Grundsteuerreinertrage von 1 601,94 Mark freihändig erworben. Die Grundstücke sollen zu Siedlungszwecken und zur Stärkung des klein⸗ bäuerlichen Besitzes durch Verkauf bezw. Verpachtung Ver⸗ wendung finden. Der gezahlte Kaufpreis von 307 600 Mark ist unter diesen Umständen als angemessen anzusehen.

Im Regierungsbezirk Wiesbaden sind von dem domänenfiskalischen Streubesitz in der Gemarkung Nieder⸗

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lahnstein (Kreis St. Goarshausen) 7,5402 Hektar mit einem Grundsteuerreinertrage von 635,55 Mark für 205 950 Mark frei⸗ händig an die Stadt Niederlahnstein verkauft worden. Der Ver⸗ kauf dient in erster Linie der Schaffung von Klein⸗ wohnungsbauten, um der großen Wohnungsnot, die durch die Besatzung noch verschärft ist, abzuhelfen. Ferner verfolgt die Stadt als weitere gemeinnützige Zwecke eine günstige Beeinflussung der Preisbildung im örtlichen Grundstücksverkehr und Fürsorge für. Kriegsbeschädigte und Arbeiter. Ferner ist die Domäne Burg⸗ hof bei Dernbach im Unterwesterwaldkreise mit einem Flächen⸗ gehalte von 39,4907 Hektar und einem Grundsteuerreinertrage von

1 306,89 Mark auf Grund des Reichssiedlungsgesetzes 150 000 Mark freihändig an die Nassauische Siedlungsgesellschaft m. b. H. in Wiesbaden zum Zwecke der Aufteilung und Be⸗ siedlung verkauft worden. Der Kaufpreis entspricht dem Tax⸗ werte des Grund und Bodens, einschließlich der fiskalischen Wohn⸗ und Wirtschaftsgebäude. v11.“

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Statistik und Volkswirtschaft.

Arbeitsstreitigkeiten.

Der Reichspräsident hat gestern, wie „W. T. B“* meldet, dem Reichs kanzler die Bitte des Vorsitzenden des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes übermittelt, die Ver⸗ treter der Gewerkschaften zur Streiklagezuhören. Der Reichskanzler hat daraufhin dem Vorsitzenden des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes mitgeteilt, daß er vereit sei, die Ver⸗ treter der Gewerkschaften zu empfangen. Der Empfang der Spitzenverbände derdrei Gewerkschaftsrichtungen durch den Reichskanzler fand gestern nachmittag statt. In. Anwesenheit der beteiligten Ressortchefs ertolgte eine eingehende Aussprache über die Streiklage. Auf Grund dieser Aussprache haben die Spitzenverbände einen Aufruf zur Beendi⸗ gung des Streiks erlassen (s. unten). Im Anschluß an diese Besprechung wurde im Beisein von Vertretern der Gewerk⸗ schaften der Vorstand des Allgemeinen Deutschen. Beamtenbundes empfangen, nachdem er die ausdrückliche Erklärung abgegeben hatte, daß er den Streik ablehne und das Vor⸗ gehen der Reichsgewerkschaft mißbillige. Der Reichskanzler sagte zu, daß die Erörterungen mit den Spitzenorganisationen über die grund⸗ e Fragen der Beamtenbesoldung alsbald fortgesetzt werden ollen. nes Die Gewerkschaften haben gestern folgenden Aufruf er⸗ assen: G

An die Beamten, Arbeiter und Angestellten!

Unter pölliger Nichtachtung der anerkannten gewerkschaftlichen Grundsätze hat die Reichsgewerkschaft deutscher Eisenbahnbeamten und zanwärter anläßlich einer noch im Gange befindlichen Lohnverhandlung durch Aufforderung zum Streik den Eisen bahnverkehr auch den für die Ernährung des Volfes nötigen lahmgelegt. Obwohl gerade die werktätige Bevölkerung unter den Folgen am schwersten zu leiden hat und die Besoldungs⸗ ordnung der Beamten mit den zurzeit stattfindenden Verhand lungen über die Löhne und Gehälter der Arbeiter und Angestellten in Staatsbetrieben im engsten Zusammenhange steht, hat es die Reichsgewerkschaft absichtlich unterlassen, dem Wunsche der übrigen betroffenen Gewerkschaften nach einem gemeinsamen Vorgehen nach⸗ zukommen. Dieserbe Reichsgewerkschaft, die jetz Hilfe von den Arbeitern und Angestellten fordert hat auch diesmal ihre Sonderbestrebungen den gemeinsamen Interessen aller Arbeitnehmer übergeordnet. Es ist unerträglich, wenn eine einzelne undisziplinierte Gruppe in solch unverantwortlicher Weise mit dem Schicksal der gesamten Bevölkerung spielt. Dieser Lohnstreik einer Beamtengrupre muß bei der derzeitigen wirtschaftlichen Lage auch bei nur kurzer Dauer die Lebensbedingungen aller Arbeitnehmer, besonders in den Groß⸗ städten, aufs verhängnisvollste gefährden. Geradezu katastrophal aber wirkt dieser Streik bereits jetzt drei Wochen vor der Konserenz in Genua auf die Außenpolitik Deutschlands ein. Die Verant⸗

wortung gegenüber den von ihnen vertretenen Beamten, Arbeitern

und Angestellten, wie gegenüber dem gesamten Volke, legt deshalb⸗ den unterzeichneten Spitzenorganisationen aller Gewerkschaftsrichtungen

die gebieterische Pflicht auf, alle im Streik befind⸗

lichen Eisenbahner aufzufordern, die Arbeit so⸗ fort wieder aufzunehmen. Von der Reichsgewerkschaft wird erwartet, daß sie sich ebenso ihrer schweren Verantwortung bewußt wird und den Streik unverzüglich beendet. Die für diesen

besonderen Streikfall der Reichsbahnbeamten erlassene Verordnung

des Reichspräsidenten wird mit der Beendigung des Streiks

gegenstandslos. Die unterzeichneten Spitzengewerkschaften haben bei

ihren Verhandlungen mit der Reichsregierung von dem folgenden

Stand der Besoldungsfrage Kenntnis genommen: Die

Reichsregierung hat gemäß ihrer bei der Verabschiedung der letzten Besoldungsvorlage gemachten Zusage bereits am 25. Januar d. J., also vor Ausbruch des Streiks, die Frage der Gewährung

von Wirtschaftsbeihilfen an Beamte in Orten mit be⸗

sonders schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen in Anlehnung an die

den Arbeitern bewilligten Ueberteuerungszuschüsse mit dem 23. Aus⸗

schuß des Reichstags eingehend geprüft. Das Reichskabinett hat bald darauf den Gesetzentwurf, welcher die für die Gewährung

der Wirtschaftsbeihilten nötigen Mittel bereitstellen soll, genehmigt,

sowie die erforderlichen Maßnahmen für eine beschleunig e Verab⸗ schiedung der Vorlage durch die gesetzgebenden Körperschaften des

Reichs und für eine möglichst baldige Ausführung der Zahlungen

getroffen Auch hat die Reichsregierung ihre Bereit⸗

willigkeit erklärt, mit den Spitzenverbänden, die Beamte ver⸗ treten, in Erörterungen über die weiteren grund⸗

sfätzlichen Besoldungsfragen und sonstigen Wünsche

der Beamten einzutreten. Die Reichsregierung erklärte

ferner ausdrücklich, daß alle Gerüchte und Behauptungen über eine

beabsichtigte Beschränkung des verfassungsmäßigen Koalitionsrechts

durchaus unbegründet sind. Damit ist die Berücksichtigung der be⸗

rechtigten Beamtenforderungen und der Schutz des Koalitionsrechts aller Arbeitnehmer gesichert. Wir erwarsen von der organisierten

Arbeitnehmerschaft, daß sie sich ausschließlich an die Weisungen ihrer Spitzenorganisationen hält.

Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund: Leipart. Deutscher Gewerkschaftsbund: Baltrusch. Gewerkschaftsring Deutscher Arbeiter⸗ Angestellten⸗ und Beamten⸗ verbände: Hartmann. Schneider.

Allgemeiner freier Angestelltenbund: Aufhäuser. Süß. Gewerkschafts⸗

Der Vorstand des Deutschen bundes hat sich, wie „W. T. B.“ berichtet, in einer gestern mittag abgebaltenen Sitzung mit dem Ausstand einiger Eisen⸗ bahnergruppen beschäftigt. Er erblicke in dem Vorgehen der Reichsgewerkschaft Deutscher Eisenbahnbeamten⸗ und zanwärter eine mit gewerkschaftlichen Grundsätzen nicht zu vereinbarende Handlung, die jede Rücksicht auf die politische und wirtschaftliche Lage Deutschlands vermissen lasse. Der Vorstand spreche seine Genugtuung darüber aus, daß die ihm angehörenden Verkehrspersonalverbände gegen diesen wilden Streik Stellung genommen und zur Fortsetzung der Arbeit aufgerufen haben. Dem deutschen Volke werde nete⸗ gelegt, die aus der Streiklage sich ergebenden, nur wemahe Tage dauernden Störungen zu ertragen. Mit aller Schärfe sei die Haltung des Deutschen Eisenbahnerverbandes zu verurteilen, der sich als Verhand an dem Streik zwar nicht beteiligen wolle, aber zusehe. wie seine großen Ortsgruppen Berlin, Königsberg usw. aktiv ein⸗ und durch ihre Stellungnahme den durch und durch ungewerk⸗ chaftlichen Streik fördern. Diese zwiespältige Haltung, die einerseits den wesentlich von der Sozialdemokratie beherrschten Staat schützen andererseits aber auch die agitatorischen Möglichkeiten restlos aus⸗ schöpfen wolle, verdiene nachdrücklichste Verurteilung. Die Autorität der Reich regierung dürfe durch unverantwortliche Treibereien nicht fortgesetzt untergraben werden.

Die Streiklage in Berlin hat sich, wie die hiesige Eisen⸗ bahndirektion mitteilt, seit Donnerstagabend dadurch ver. schärft, daß fast die gesamten Weichensteller und Aulsichts⸗ beamten der großen Rangier⸗ und Güterbahnhöfe sowie die dem

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