soll. Aber er ist ein vecn am untauglichen Objekt mit untaug⸗ lichen Mitteln. Denn Deutschland hat heute in internationalen
Dingen nicht mitzureden. Solche Verträge werden nach Bedarf als Fetzen e und zerrissen. Eine wirkliche Friedens⸗ olitik ist in der kapitalistischen Welt gat nicht möglich. Wir ten uns nicht a Schriftstücke fe 1 die in Wirklichkeit seinen Wert haben; dagegen müußten wir Verträge abschließen, die die politische Macht Deutschlands stärken können, wie zum Beispiel ein Vertrag mit Rußland. Perßunlich bemerkt “ Abg. Schückingt. Der Abgeordnete Kahl schien das, was er, Schücking, über Preußen gesagt habe, vollständig mißverstanden zu haben. Im preußischen Abgeordnetenhaus sei aber einmal ein sozialdemokratischer Redner zur Ordnung gerufen worden, weil er sagte, der Krieg sei ein Verbrechen an Gott und der
Menschheit. 3 4 Der Vertvag wird hievauf ohne weitere Debatte auch in iter und dritter Lesung einstimmig angenommen, ebenso
in der Gesamtabstimmung. — In allen drei Lesungen
debattelos erledigt wird der Gesetzentwurf über den
Vertrag zwischen Deutschland und Oester⸗
reich in Angelegenheiten Kriegsbeschädigter
und ihrer Finterbliebenen.
Nunmehr wird die zweite Lesung des Gesetzentwurfs über die wexvv vge vee
Auf Anr ung des Ab azille „Nat.) gibt min ainerekcor itter Auskunft über die Gründe, die den Reichsrat zu der v. veranlaßten, es handele sich um ein verfassungänderndes Gesetz. Die Reichsregierung teile diese Ansicht nicht. 1
1. 8 (Gesetzliche Miete neben der Vertragsmiete) be⸗ antrag Abg. Stresemann (D. Vp.), den Absatz 3 zu treichen, wonach auf Verlangen der Gemeindebehörde das 7 samt Vereinbarungen über die Miete von Ge⸗ bäuden und Gebäudeteilen nachzuprüfen und bei schweren Unbilligkeiten an Stelle der Vertragsmiete die gesetzliche Miete festzusetzen hat. b
Ueber den Antrag wird durch Hammelsprung entschieden. Der Ant wird mit 169 gegen 128 Stimmen abgelehnt. Geschlossen stimmen nur die gesamte Rechte und die Kommu⸗ nisten, alle übrigen Parteien ,1,80 geteilt.
Angenommen wird dagegen ein Kompromißantrag auf Wiederherstellung der Bestimmung der Regierungsvorlage, wo⸗ nach die oberste Landesbehörde für das ganze Land oder be⸗ stimmte Gemeinden oder Gemeindeteile anordnen kann, daß das Mieteinigungsamt die Nachprüfung und Festsetzung der Vertragsmiete auch von Amts wegen vornehmen kann. und daß Vereinbarungen über die Höhe des Mietzinses der Ge⸗ meindebehörde oder dem Mieteinigungsamt anzuzeigen sind; — der ganze § 1 wird angenommen.
Zu 2 Gerechnung der gesetzlichen Miete durch Zuschläge zu der sogenannten Friedensmiete vom 1. Juli 1914) be⸗ fürwortet
Abg. Winnefeld (D. 8* worin ausdrücklich bestimmt wird, 1 (Friedensmiete) die angemessene Verzinsung des im Hause e. legten Kapit sowie eine entenessen bschreibung enthalten muß. Redner polemisiert gegen frühere Auslassungen des “ schlack, die gegen das Eigentum gerichtet
ien.
Gutknecht (D. Nat.) wendet si⸗ i die Grund⸗ bene des ganzen 3e 8. sich ge⸗
Abg. Schlack Gee stellt dem Abg. egas ase gegenüber fest, 208 er lediglich auptet habe, daß es ein absolutes Eigen⸗ tumsrecht, wie es vielfach vor dem Kriege betont worden sei, heute nicht mehr gäbe, daß der Besitz heute vielmehr vom sozialen christ⸗ lichen Standpunkt aus zur höeerag des --e, . Wohl⸗ standes verwaltet werden müsse; im übrigen habe das Zentrum niemals, auch vor dem Kriege nicht, ein absolutes Eigentumsrecht in dem Sinne anerkannt, daß man es auch zum Schaden der gemeinheit Frver in könne.
Abg. Bazille (D. Nat.): Auch wir haben stets auf dem Standpunkt B8 daß der Begriff des Eigentums durch Rück⸗ sichten des Allgemeinwohls begrenzt sein muß. Was hier aber verlangt wird, ist eine Beraubung des Besitzes. Und das können wir nicht mitmachen.
Damit schließt die Besprechung. Der Antrag Strese⸗ mann wird mit 164 gegen 135 Stimmen abgelehnt. Einem 1 entsprechend wird die Bestimmung ge⸗ strichen, wonach der Umstand, daß am 1. Juli 1914 in einer Gemeinde das Angebot von Räumen die Nachfrage überstieg, eine Erhöhung der Miete nicht rechtfertigen soll.
Die Beratung über die §§ 3 (Zuschläge zur Grundmiete) und 4 (Definition des Begriffs Betriebskosten) wird ver⸗ bunden. Nach § 3 treten Fuschläge zur Grundmiete erstens für die Steigerung der Hypothekenzinsen, zweitens für die Be⸗ triebskosten, drittens für die Kosten der laufenden Instand⸗ setzungsarbeiten. Nach § 4 sind Betriebskosten u. a. „die Kosten für eigene und fremde Verwaltungstätigkeit.“
Nach unerheblichen Erörterungen wird unter Ablehnung deutschnationaler und kommunistischer Abänderungsanträge zu * ein Kompromißantrag angenommen, wonach die Zus läge
r Betriebskosten und Instandsetzungsarbeiten nicht in
Hundertsätzen der Friedensmiete, wie die Kommission vor⸗
schlägt, sondern in Hundertsätzen der Grundmiete festzusetzen
sind. Zu § 4 wird ein Kompromißantvag angenommen, wo⸗ nach Betriebskosten u. a. „die Verwaltungskosten“ (statt der
Kommissionsfassung: „die Kosten für eigene und fremde Ver⸗
waltungstätigkeit“) sein sollen.
Zu § 7 (Große Instandsetzungsarbeiten), dem der Kompromißantrag die bereits gestern mitgeteilte Fassung geben will, befürwortet Abg. Gutknecht (D. Nat.) einen Antrag auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage, wonach das Einigungsamt Zuschläge zum Mietzins für die großen Instandsetzungsarbeiten anordnen kann. § 7 wird in der Fassung des Kompromißantrages angenommen.
Gemäß dem Kompromißantrag wird ein neuer Para eingefügt, wonach die Gemeindebehörde beim Versäumnss Vermieters die großen Instandsetzungsarbeiten selbst auf Kosten des Hauskontos vornehmen kann.
Angenommen wird § 82 in der Fassung des Kompromiß⸗ wonach der Vermieter beim Erwerb des Gebäudes nach dem 1. Januar die Gewährung von Mitteln für große Instandsetzungsavbeiten zur Beseitigung solcher Mängel nicht verlangen kann, die beim Erwerb bereits vorhanden waren, und 66 er gekannt hat oder kennen mußte.
1 9 betrifft die besonderen Zuschläge zur gesetzlichen Miete
far gewebich benutzte Räume. Noc der Ausschußfassung
ollte das Mieteinigungsamt solche Zuschläge stsetzen können, der Kompromtzantrag bestimmt, das solche Zu⸗ rage festgesett werden 15he⸗ n. Dabei soll auf die wirt⸗ schaftliche Lage der Gewerbe Rücksicht genommen werden. Der Zuschlag kann nach Klassen abgestuft werdben.
11“
einen Antrag Stresemann, aaß die sogenannte Grundmiete
Die Abg. Stresemann (d. V.) und Genossen beantragen den Zusatz, daß die Mieteinigungsämter Er⸗ höhungen der Mieten festsetzen sollen, welche dem jetzigen Be⸗ triebsgewinn gegenüber der Billigkeit entsprechen, ohne die Efisteng, namentlich kleinerer Betriebe, zu gefährden oder un⸗ billig zu belasten.
Von den Unabhängigen Sozialisten und Kommunisten wird entschiedener Widerspruch Fegen diese Ausbeutungs⸗ freiheit der Hausbesitzer gegen das Gewerbe erhoben.
Abg. Beythien (D. Vp.) befürwortet den Kompromiß⸗ antrag mit dem Hinweis darauf, daß auch der senwärtige Zu⸗ ne 8 . daß gewerbliche Betriebe eine 5 ve Miete zu zahlen haben.
Unter E1“ Antrags Stresemann wird 8 9 in der Fassung des Kompromißantvags angenommen.
Bei § 10 CFestsetzung der Hundertsätze der Mietszuschläge durch die oberste Landesbehörde) befürwortet
Abg. Winnefeld (D. V.) einen Antrag seiner Fraktion auf Einfügung des folgenden arnzarageanzr. „In Feng. in denen das Geset bei seiner Anwendung zu Härten führt, ins⸗ besondere, wenn die Zuschläge in einzelnen Fällen nicht ausreichen, um die Bewirtschaftung des Hauses zu ermö 5* hat das Miets⸗ einigungsamt die erforderlichen höheren Zuschläge festzusetzen.“
Der Antrag wird im Hammelsprung mit 150 gegen 130 Stimmen abgelehnt und § 10 nach deann Ausschußbeschluß angenommen. 8
§, 11 (Sammelheizung, Warmwasserversorgung und Nebenleistungen) wird mit einem Kompromißantrag ange⸗ nommen, wonach außer den Kosten für Heizstoffe usw. auch „Kosten für besondere von der obersten Landesbehörde be⸗ stimmte Nebenleistungen“ getrennt von der gesetzlichen Miete zu berechnen sind. 3
§ 13 (Untermiete) wird in der Fassung des angenommen, wonach die oberste Landesbehörde nähere Be⸗ stimmungen über die Berechnung der Untermiete zu treffen hat. (Nach dem Kommissionsbeschlusse sollte das Mieteinigungsamt auf Anrufung eines Seeest oder der Gemeindebehörde den be der Untermiete zu zahlenden Mietszins festsetzen.)
§ 16 handelt von der Mietervertretung; danach sind die Mieter eines Hauses berechtigt, einen oder mehrere von ihnen mit ihrer Vertretung in Mietsangelegenheiten zu beauftragen.
Abg. Kültz (Dem.): Das Gesetz, und speziell der § 16, macht dem guten Willen seiner Urheber gewiß alle Ehre. Aber ich bin überzeugt, daß sie alle miteinander jeder praktischen Ere Fruens in Mietsangelegenheiten stehen. möchte wohl wissen, ob auch nur einer von ihnen in einem Mietseinigungs⸗ amt praktisch tätig gewesen ist. Wenn eine solche Mietervertretung auf Grund freiwilliger Vereinbarungen sich bildet, dann mag sie Ersprießliches leisten. Aber so, wie sie hier vorgesehen ist, wird sie nur eine dauernde Quelle für häuslichen Klatsch und Tratsch bilden. Ich bitte Sie dringend, streichen Sie diesen Paragraphen ganz: es muß auch in Deutschland schließlich auch Leute geben, die keinem Rate angehören. (Beifall und Heiterkeit.)
Abg. Gutknecht (D. Nat.) schließt sich diesen Ausführungen an. Meistens wird man nur die rakbiatesten Mieter in den Mieterrat hineinwählen. Die Hamburger Baugenossenschaft, die Mieterräte eingeführt hatte, hat damit die allerschlechtesten
rfahrungen gemacht.
Abg. Beuthien (D. Pp.) erklärt sich für seine Fraktion gegen die Einführung einer Mietervertretung.
Abg. Silberschmidt (Soz.): Die Zeit, da der Mieter nur ein Objekt im Hause war, und der Hausbesitzer der absolute Herr im Hause war, ist ein für allemal vorbei. Es handelt sich bei Einführung der Mietervertretungen nicht um ein Ausnahme⸗
jetz gegen die Vermieter, sondern um die Aufhebung eines uner⸗ träglichen Ausnahmerechts der Vermieter. (Beifall links.)
Abg. Kuhnt (U. Soz.) bstreitet die Behauptung des Ab⸗ geordneten Gutknecht über die Erfahrungen, die man in Hamburg mit den Mieterräten gemacht habe.
Abg. Tremmel (Zentr.): Wenn man den Mietern so viel Zuschläge aufpacken will, dann müssen wir ihnen auf der anderen Seite auch Rechte geben, und ich verstehe einfach nicht, wie man gegen die hier vorgeschlagene Einrichtung Sturm laufen kann, um so weniger, da der Paragraph doch nur die Möglichkeit gibt, eine Mietervertretung zu schaffen und keinerlei Zwang in der Rich⸗ tung ausübt. Ich glaube, die Hausbesitzer täten besser, den Mietern freiwillig das einzuräumen, was ihnen auf die Dauer nicht vorenthalten werden kann. Hätte man vor dem Kriege den berechtigten Wünschen und Forderungen weiter Volkskreise auch auf anderen Gebieten mehr Rechnung getragen — ich bin über⸗ zeugt, es wäre manches anders gekommen, und mancher würde nicht auf der äußersten Linken sitzen, den wir heute dort sehen. Also, heben Sie den Mietern das, worauf sie einen gerechten Anspruch
Caben. (Beifall im Zentrum.)
Der Antrag auf Streichung des § 16 wird mit 151 gegen 122 Stimmen Lüorsena 1 99
„Nach § 17 kann die oberste Landesbehörde von dem Ver⸗ mieter ein Mietenverzeichnis verlangen. Der Paragraph wird entgegen einem deutschnationalen Antrag auf Streichung auf⸗ rechterhalten, ebenso § 22, der für die vorsätzliche Unterlassung dieser Angaben oder für wissentlich falsche Angaben eine Strafe bis zu 100 000 Mark (Vorlage 10 000 Mark) androht. Die übrigen Teile des Gesetzes werden gemäß den Kompromiß⸗ anträgen angenommen. Danach bestimmt die oberste Landes⸗ behörde den Tag des Inkrafttretens, jedoch spätestens für den 1. April 1922. Entgegen dem Kommissionsvorschlag, wonach das Gesetz am 1. April 1926 außer Kraft treten sollte, wird nach dem Kompromißantrag die Entschließung angenommen: „Die Reichsregierung hat bis zum 1. April 1926 den Entwurf eines Gesetzes über Aenderung oder Aufhebung des Reichs⸗ mietengesetzes vorzulegen.“
Eine Entschließung der Unabhängigen Sozialisten, die Reichsregierung zu Accer. alsbald ein Bodensperr⸗ und ein Belastungs (Hypotheken)sperrgesetz vorzulegen, wird abgelehnt.
„Damit ist die zweite Lesung beendet. — Die dritte Lesung wird voraussichtlich am Dienslag nächster Woche stattfinden.
Außerhalb der Tagesordnung erklärt
Abg. Dittmann (uU. Soz.): Der Verkehrsminister Groener hat gestern den Reichstag in den Glauben zu versetzen gesucht, daß bereits eine Verfügung erlassen sei, wonach die Kündigungen Fn Seee 898 ““ und ⸗arbeitern ge⸗ milder rden sollen. Nach zuverlässigen Informationen stelle ich fest, daß eine solche Verfügung zur Zeit, ren Groener dies behauptete, noch nicht ergangen war (lebhaftes Hört, hört! links) und genau bis 12 Uhr heute mittag noch nicht ergangen war.
Staatssekretär Stieler: Diese kett öffentlich bezweifelte Verfügung liegt in einem Erlaß vor, den der Minister gestern, mittags 12 Uhr, also ehe er vor diesem Hause gesprochen hatte, unterzeichnet hat, und der gestern abend noch an alle Direktionen abgeagnht 89 5 hört!) 4
Dittmann verlangt noch einmal das Wort dazu.
Präsident Löbe gibt es ihm aber nicht mehr. 3
Darauf vertagt sich das Haus um 6 ¼ Uhr. Nächste Sitzung Freitag 2 Uhr: Wohnungsabgabe; Rechtspflegemaß⸗ nahmen für das Saargebiet; Interpellation der okraten wegen Paßerleichterungen im Verkehr mit Deutsch⸗Oesterreich.
1.“
S Preußischer Landtag. 99. Sitzung vom 16. Februar 1922, Mittags 12 Uhr.
(Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleaer“). Präsident Leinert eröffnet die Sitzung gegen 191 Uhr.
i dritter Beratung genehmigt das Haus den Gesetz⸗ GA“ verʒ von Pyrmont Preußen ohne Evörterung nach
den Beschlüssen zweiter Lesung.
In der dritten Beratung des vom Hause auf Antrag Limbertz u. Gen. in zweiter Lesung bereits angenommenen Gesetzentwurfs zur Aenderun des Diäten⸗ gesetzes (Entziehun der Ents ädigung bei Ausschluß aus der ”llsi un g) erklärt 2
Abg. Dr. Meyer⸗Ostpreußen (Komm.): Der⸗ Fesarf hat den ausgesprochenen Zweck, unbequeme Mitglieder des Hauses ümwftresen ur Raison zu bringen. Die Se wird sich dur eine solche Polizeiverordnung nicht abhalten assen, nach wie vor im Auftrage und im Interesse ihrer Wählerschaft hier klar und deutlich zu Peer. was sie für notwendig hält. axae⸗ .
Der Entwurf wird darauf gegen Unabhängige Sozial⸗ demokraten und Kommunisten endgültig genehmigt.
Darauf setzt das Haus die erste Beratung der Vorlage wegensofortiger Bereitstellung von Staats⸗ mitteln zur Durchführung drre nnch EEE1“ im rheinisch⸗westfä⸗
ischen Industriegebiet fort.
Abg. Limbertz⸗Essen (Soz.): Die Deutschnationalen haben gestern die Besetzung der Polizeipräsidentenstellen mit Berufs⸗ beamten 8. kommt nicht so sehr darauf an, daß die
erren 6 altem Schema gelernt haben, sondern daß wir im Feerin iet zur Leitung der Polizei Männer haben, die mit der Bevölkerung umzugehen wissen, die dort heechacssen sind und die in Fren Situationen das richtige zu teehen 168 Das Ideal der Deutschnationalen ist wie das der früheren Konservativen eine Polizei als dienstbares Instrument der herrschenden Klassen zur Schuhriegelung der großen Masse. Wir wollen, daß die Polizei das Vertrauen der Bevölkerung erwirbt. Es ist nicht wahr, sondern absolut falsch, daß die Arbeiterschaft im Ruhrgebiet die Vorlage als eine Provokation ansieht, sie hat von Tag zu Tag die Polizei freundlicher anzusehen gelernt. Es ist auch nicht wahr, daß die grüne Polizei nur eine grün angestrichene Reichswehr ist. Wir wollen aus der Polizei ein wirksames Instrument zum Schutz der Herigssang und der öffentlichen Ordnung und Sicherheit machen. Der Abgeordnete Otter hat gestern auf unberechtigte Ausweisungen ostjüdischer Arbeiter aus dem Industriegebiet hingewiesen. Es kann sich hier nur um einzelne Fälle und um das Vorgehen unter⸗ geordneter Polizeiorgane handeln. Man soll sich in solchem Falle an den Regierungspräsidenten oder an den Minister Severing wenden, dann werden solche Un ö ihre Abstellung finden. Auch mir ist eine angebliche Verfügung des Regierungs⸗ präsidenten von Düsseldorf bekannt geworden, die in dieser Be⸗ ziehung Unglaubliches leistet. Es hat sih aber herausgestellt, daß es sich nur um einen sogenannten Referentenentwurf eines Regierungsrats reaktionärster Sorte handelt, auf den ich hiermit die Aufmerksamkeit des Ministers lenken möchte. Man sollte sich doch lieber gegen die Elemente zur Wehr setzen, die als Gauner, Schieber und Wucherer über die Grenze kommen, als Arbeiter auszuweisen, die froh sind, wenn sie arbeiten können.
Abg. Sobottka (Komm.): Der Abgeordnete Otter hat durch⸗ aus recht gehabt, wenn er den Entwurf eine Provokation der Arbeiterschaft nannte. Die Begründung spricht ja selbst davon, daß die bisherige Zersplitterung der olizeiverwaltung im rheinisch⸗westfälischen Industriegebiet eine ernste Gefahr für die Sicherheit und Ruhe des Gebietes in sich schließt. Die wirtschaft⸗ lichen Verhältnisse führen unaufhaltsam zur weiteren rsklavung der Arbeitermassen und damit auch der Bergarbeiter. Im Falle von Unruhen gedenkt man nun den Bergarbeitern mit der Zentral⸗ gewalt der Polizei unter Führung monarchistischer Offiziere bei⸗ zukommen. Gegen die monarchistischen Umtriebe wird aber nicht vorgegangen, kein Wunder, wenn die Spitzen der Schutzpolizei durchweg Monarchisten sind. Wir lehnen die Vorlage ab, weil sie nur eine weitere Knechtung und Knebelung der Arbeiterschaft bedeutet.
Abg. Langner (D. Vp.): Die große Mehrheit der Arbeiter⸗
chaft des Ruhrgebiets verlangt den Schutz der Polizei in stärkerem
aße als bisher. Wir begrüßen daher die Vorlage und werden alles tun, † schleunigst zu verabschieden.
Abg. Bartelt⸗Hannover (Dem.): Wir sind derselben Auf⸗ ellung. Die Einzelheiten werden im Ausschusse zu prüfen sein.
ei der Besetzung der Stellen muß in erster Linie auf die städtischen Poligeibeamten zurückgegriffen werden. 8
Abg. Otter (u. Soz.): Die Begründung spricht doch selbst aus, daß die neu uniformierte Schutzpolizei im Industriegebiet hieren swehr ersetzen solle. Wir Laen dort schon viel zu viel
olizei.
Die Vorlage geht an den Hauptausschuß.
Es folgt die erste und zweite Beratung des Gesetz⸗ entwurfsüberdie Erhöhungvon andesrecht⸗ lich festgelegten Geldbeträgen. 1
Abg. Dr. Deerberg (D. Nat.): Der Geist der Praxis der Gerichte läßt sich von der Tendenz leiten: Einschränkung der Frei⸗ heitsstrafen, zeitgemäße Erhöhung der Geldstrafen. Der Gesetzent⸗ wurf bedarf keiner weiteren Begründung. Die vorgesehenen Geld⸗ strafen wollen den geänderten Geldverhältnissen Rechnung tragen. Eine Erhöhung der Geldstrafen auf 1000 Mark halten wir für durchaus berechtigt. Gegen die Erhöhung der Freiheitsstrafe tragen wir Bedenken. Wir fürchten, daß bei der jetzigen Zu⸗ sammensetzung der Polizeidezernate nicht mit der Zuverlässig eit und Gründlichkeit verfahren wird, die wir allein im richterlichen Verfahren haben. Wir müssen befürchten, daß auch politis Ge⸗ sichtspunkte einem mißliebigen Mitbürger gegenüber zu Geldstrafen führen können, die nach der Sachlage nicht gerecht ertigt erscheinen. Die Erhöhung der Freiheitsstrafe ist ein eklatanter Widerspruch zu dem Willen des Re Gsqeseges. Wir hoffen, daß die Zeit der straf⸗ rechtlichen Novellen endlich einmal keendet wird und eine groß⸗ zügige organisatorische und umfassende Neuschöpfung des ge amten Strafvechts kommt, die von einem sozialen Verständnis für die ungeheure Not unserer Tage getragen ist. Wir beantragen, den Bhhesehrr dem Rechtsausschuß zu überweisen.
bg. Dr. Rosenfeld (U. Soz.): Wir schließen uns dem Antrage an, die Vorlage dem Rechtsausschuß zu überweisen. Ich stimme mit dem Vorredner überein, daß in der Vorlage durch Erhöhung der Freiheitsstrafe ein Widerspruch besteht.
Es folgt die zweite und dritte Beratung des Gesetz Auf Antrag des Abg. v. Eynern (D. Vo.) soll der Ent⸗ lage ausführlich im 1es eeeele beraten worden sei. v. Eynern wird er in der Abstimmung abgelehnt. Das lage. Ein neu gewählter Propinzialausschuß sei in Niederschlesten schusses kann im gegenwärtigen Augenblick nicht in Frage kommen
Damit ist die Aussprache geschlossen. Der Gesetzentwurf wird dem Rechtsausschuß überwiesen. entwurfs, betreffend die Neuwahl der Be⸗ zirksausschüsse in Breslau und Liegnit. wurf dem Gemeindeausschuß überwiesen werden. g. Scholich (Soz.) widerspricht dem Antrag, da die Vor⸗ läge gar kein Grund zur Zurückverweisung vor. dach kurzer Begründung des Antrages durch den Abg, Haus tritt in die zweite Beratung ein. 1 Berichterstatter Abg. Scholi 825 begründet die Vor⸗ noch nicht vorhanden. Neuwahlen könnten noch nicht vorgenommen werden. Eine 16“ beaene chen Provinzialaus⸗ *) Mit Auznahme der d erdruck hervorgehobenen Redes der Herren Minister, die im a. r 853433 18 —
a aber in der Provinz Niederschlesien ein Mit⸗ Bener der Hegirkeanesauße welhlestewenre E onderes Gesetz notwendig. Als Wahlkörper ist ohne weiteres das Kollegium der Mitglieder des gemeinschaftlichen Provinzial⸗ ausschusses gegeben. Gegenüber dem deutschnationalen Antrag den Landeshauptmann zu dem Wahlkollegium hinzuzuziehen, hat die Regierungsvorlage ausdrücklich den Landeshauptmann aus dem Wahlkörper herausgelassen. Ich beantrage, die Regierungsvorlage nach dem Beschluß des Gemeindeausschusses anzunehmen
Abg. Dr. von Dryander (D. Nat.) begründet den deutsch⸗ nationalen Antrag über Hinzuziehung des Landeshauptmanns zum Wahllörper. Es wäre weitfichtigen gewesen, alle Wahlen in Schlesien durch ein Gesetz zu regeln, anstatt jede einzelne Frage durch ein besonderes Gesetz zu erledigen. Der Gesetzentwurf ent⸗ hält unseres Erachtens eine Lücke, esee der Landeshauptmann nicht dem Wahlkörper angehört. Der rovinzialausschuß für die beiden schlesischen Provinzen hat sich einstimmig auf den Stand⸗ punkt gestellt, daß der Landeshauptmann zu dem Wahlkörper ge⸗ hören müsse. Bisher ist nirgends ein triftiger Grund angegeben worden, warum der Landeshauptmann nicht mitgewählt werden soll. Mit einer Zurückverweisung der Vorlage an den Gemeinde⸗ ansscht stud 2 einverstanden.
Abg. von Ehnern (D. Vp.): Wir sehen ni f der Landeshauptmann von Naesensh hien fehe 1I geringeren Rechtes sein soll. Im Ausschuß wird wohl Gelegenheit sein, von der Staatsregierung zu hören, warum sie die Vorlage gerade so gestaltet hat. Ich erlaube mir deshalb den Antrag auf Zurückverweisung zur dritten Lesung noch einmal zu stellen.
Damit ist die Besprechung geschlossen. Der deutsch⸗ nationale Antrag auf Hinzuziehung des Landeshauptmanns wird Eig geannhen. 5
Abg. Scholich (Soz.): Ich möchte feststellen, daß di 1 stimmung jedem Gesetz und Recht direkt nis egenen, döba ie g Parteien, die das gemacht haben, auch das Zentrum und die Demokraten, haben im Gemeindeausschuß ausdrücklich gegen den⸗ selben Antrag gestimmt. (Lebhaftes Sehr richtig! kinks.) Hier im Plenum geben sie ein Schauspiel, daß sie plötzlich den Antrag für Herghtige halten. (Während der in erregter Form vor⸗ getragenen Worte des Redners strömen die Abgeordneten in den Saal.) Ich bitte zu beachten: die Herrschaften, die der Meinu sind, die Sache sei nicht geklärt und müsse an den Ausschuß zurück, stimmen jetzt für diese rechtlich ungeklärte Sache. Ich möchte nur feststellen, daß es in Niederschlesien einen Landeshauptmann nicht gibt. Daher kann ein Landeshauptmann auch gar nicht mit⸗ reden. Den Landeshauptmann, der von früher her noch besteht, haben Sie (nach rechts) als angebliches Organ der Selbst⸗ SeGnns vorgeschoben und damit das Recht gebeugt und gebrochen.
Abg. Dr. von Dryander (D. Nat.): Ich verweise den Abg. Scholich auf den 6 5 des Gesetzes vom 4¹ erbei 1919, betreffend die Errichtung einer Provinz Oberschlesien. Dort ist ausdrücklich ausgesprochen, daß bis zum Zustandekommen des Ab⸗ kommens zwischen den beiden Provinzen die Provinzialverwaltung und Vertretung der beiden neuen Provinzialverbände durch die bisherigen Organe der ungeteilten Provinz Schlesien wahr⸗ zunehmen sind.
bg. von Eynern (D. Pp.): Einen besseren Weg gibt es gar nicht als die Zurückverweisung der Angelegenheit an den Gemeindeausschuß.
In der weiteren Abstimmung werden die reestlichen Paragraphen der Vorlage angenommen.
„Vor Eintritt in die dritte Beratung des Gesetzentwurfs wird der wiederholte Antrag des v. v. Eynern auf Zurückverweisung an den Gemeindeausschuß unter Heiterkeit des Hauses angenommen.
Die Ergänzung der Verordnung über Familiengütex in der Fassung vom 30. Dezember 1920 wird in allen drei Lesungen ohne Erörterung perabschiedet.
Für den Ausbau von Wasserkräften im oberen Quellgebiet der Weser werden weitere 55 Millionen Mark gefordert.
Abg. Kalle (D. Vp.) begrüßt die Vorlage sympathisch und empfiehlt ihre Verweisung an den Hauptausschuß; eine nähere Prüfung müsse schon deswegen erfolgen, weil die vergleichende Tabelle über den Kostenaufwand vom Preisstand vom April 1921 ausgehe, also inzwischen längst überholt sei. b
Abg. Christian (D. Nat.), der sich von der Vorlage ins⸗ besondere eine Vermehrung von Arbeitsgelegenheit verspricht, ist für Ausschußberatung.
Es wird demgemäß beschlossen.
In wiederholter namentlicher Schlußabstimmung wird der auf Antrag aus dem Hause angenommene Gesetz⸗ entwurf zur Aenderung des Staatsschulden⸗ verwaltungsgesetzes mit 192 gegen 95 Stimmen endgültig genehmigt. 1 1
Die Vorlagewegen Bereitstellungweiterer Staatsmittel für den durch das Gesetz vom 8. Mai angeordneten Ausbau von Wasser⸗ kräften des Mains geht ohne Erörterung an den Hauptausschuß. 3
Die Vorlage wegen Einführung der Grundsätze der Ver⸗ hältniswahl 182 die Wahl der Vertrauensmänner des Aus⸗ schusses zur Auswahl der Schöffen und Geschworenen wird in zweiter Beratung ohne Erörterung nach dem Vorschlag des Rechtsausschusses mit der Aenderung angenommen, daß statt „Vertrauensmänner“ gesagt wird: „Vertrauenspersonen“. In der dritten Beratung geht “ u“
Abg. Lichtenstein (u. Soz.) ausführlich auf die Not⸗ wendigkeit ein, den Arbeitern die Zulassung zum Schöffen⸗ und Geschworenenamt zu erleichtern, und sucht darzulegen, daß die be⸗ ügliche Verfügung des Justizministers von den untergeordneten
tellen fabotiert wird. Seinem Versuche, an Schöffen⸗ und Schwurgerichtsurteilen Kritik zu üben und die Weltfremdheit dieser Urteile nachzuweisen, macht Vizepräsident Garnich mit dem Hinweis darauf ein Ende, daß diese Fälle bei der Verhandlung über den Justizetat vorzubringen sind. 1
Der Gesetzentwurf wird hierauf in zweiter und sofort auch in dritter Beratung angenommen. 1
Die Vorlage wegen Bestätigung des Kirchengesetzes vom 5. Dezember 1921 wegen Abänderung des Kirchengesetzes vom 7. Juni 1900 betr. die Bildung von Gesamtverbänden in der evangelisch⸗lutherischen Kirche der Provinz Hannover wird in
ritter Lesung endgültig angenommen. 8 88s
Es folgt die dritte Beratung der Ergänzung b Gesetes über die Bereitstel hung von Mitteln zur Aufbesserung des Diensteinkommens der katholischen Pfarrer vom 17. Dezember 1920.
Abg. König⸗Swinemünde (Soz.): Da in dieser Ergänzung des Gesetzes von 1920 keine Staatsmittel verlgas werden, sondern vielmehr den Kirchengemeinden die Zurückzahlung bereits er⸗
haltener Vorschüsse 1ig wird, stimmen wir der Vorlage zu.
Abg. Dankter (D. Pp.): Auch wir find für das Geset und wünschen darüber hinaus, dat die Fursorge auch den Hilfsgeistlihen beider Konfessionen recht bald zuteil werden möge. — Re bes benutzt die Gelegenheit, um gegen frühere Ausführungen des bommunistischen Abgeordneten Schulz⸗Neukölln zu poleg seh.
Abg. Scholem (Komm.): Der Abgeordnere Sch9. Nen ub laun heute nicht hier sein. Ich muß ihn Fezin den Vorre Mer. 8 Schutz nehmen; Schulz hat damals nur ausgeführt daß die; rchen 1 ihre Geistlichen selbst bezahlen sollen. Natürlich vve. ün
orlage nicht zustimmen, die mit unserer grundsätzlichen Ste b
r Frage des Verhältnifses von Staat und Kirche im veee teht. Wir bedauern, daß die Mehrheitssozialisten ihr zustimmen,
Sdseee
wir können den optimistischen Flauben nicht keilen, daß der Staat diese Vorschüsse zurückkriegen wird. Wir verlangen, daß die Geist⸗ lichen von ihren eigenen Gläubigen hezahlt werden. ((Probe Unruhe rechts und im Zentrum.) Wenn die katholischen Geistlichen mit ihren Gehältern nicht auskommen, so können sie, die sie ihre Zeit owieso nicht ausfüllen, doch arbeiten gehen, auch in die
ergwerke. (Exneute goße Unruhe rechts und im Zentrum. Rufe: Unerhört!) Die Vorlage widerspricht auch dem Zeist der
Reicheesasung. Abg. Gronowski (Zentr.): Nicht weil der Vorredner als gesprochen hat, halte ich mich verpflichtet
Kommunist hier zu antworten — feine Rede war keine Antwort wert,
äaber die Pflicht der Dankbarkeit genüber der katholischen Geistlichkeit zwingt mich, seine Her.e des kacholi Klerus mit aller utschiedenheit zurückzuweisen. u stimmung im Zentrum.) Das vorliegende Gesetz wird von den Kommunisten als gegen den Geist der Verfassung bezeichnet. Das sagt ein Abgeordneter, dessen Fraktion, solange sie hier und im
eichstage tätig ist, bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegen die Reichs⸗ und Staatsverfassung mit 188 Sturm gelaufen hat. (Lebhaftes richtigt) Und um das Maß der Gedanken⸗ berirrung und Rechtsverwirrung voll zu machen, bezeichnet er Fane Anschauung als moderne Auffassung. Diese moderne Auffassung 9 nicht wert, daß sie begraben wird. (Sehr gut!) Die katholischen
farrer sollen in den Bergwerken arbeiten. wiß, ich kenne viele von den Herren und weiß, daß sie sich nicht scheuen und schämen, jede Arbeit zu verrichten, wenn es sein müßte, aber ausgerechnet zur ö“ in den Bergwerken spricht ein Kommunist, der sein Lebelang mit Mut und Kraft der Arbeit aus dem Wege gegangen ist. (Große Feiterkei und lebhafte Zu⸗ — Zuruf des Abg. Scholem: Woher wissen Sie das!) Weil hr Fanses Fasson für meine Ansicht spricht. (Heiterkeit.] Die atholische Geistlichkeit hat auf sozialem Gebiete, auf dem Gebiet der christlichen Charitas und in der Jugendfürsorge so unendlich große Verdienste, 2 . Katholiken die gehörten Anrempelungen als eine schamlose Verleumdung empfinden. Keine Arkeit auf diesem Gebiete ist den Herren neben ihrer Seelsorge zuviel. Be⸗ sonders in den Industriegebieten wird mehr geleistet, als der Abg. Scholem es ahnen kann. Und diesen Stand, den wir nicht ent⸗ behren können und wollen, zu verteidigen, ist eine Pflicht der Dankbarkeit und des gesunden Rechtsempfindens. (Sehr richtig!) Wir wollen vom Staate nichts geschenkt haben für unsern Klerus. Wir wollen nur, daß die bestehenden Staatsverträge mit der Kirche eingelöst werden, ganz gleich, welche Staatsform vor⸗ herrschend ist. Recht bleibt Recht. Diese Grundanschauung ist für meine Freunde maßgebend und für jeden Mitmenschen, der ein gesundes Rechtsempfinden in seinem Innern trägt. (Lebhafter Beifall im Zentrum.)
IIr Dr. Meyer⸗Ostpreußen (Komm.): Herr Gronowski und das Zentrum verlangen, da die katholischen Geistlichen auch von dem Teil des Volkes mit bezahlt werden, der sich mit kirchlichen Anschauungen nicht identifiziert, der aus den Kirchengemeinschaften Feicstereen 6% oder anderen Kirchengemeinschaften angehört: diese Volksteile sollen also mit ihren Steuern für die katholischen Geist⸗ lichen mit aufkommen. Mit der gleichen Entrüstung und Ge⸗ hössigkeit hat sich die katholische Kirche noch allemal vernehmen assen, wenn es gegen ihre angeblichen Rechte ging, so auch gegen Luther und gegen die Reformation. Nicht wir sind die Fanatiker, sondern Herr Gronowski und seine Freunde. Die Trennung von Kirche und Staat ist eine unbedingte Notwendigkeit; die Ver⸗ quickung beider führt nur zur Heuchelei.
Abg. Dr. Bredt (Wirtschaftsp.): Der Unterhalt der Kirche ist uxsprünglich lediglich aus Stiftungsvermögen bestritten worden. Bei der Umstellung des Stiftungsvermögens in den Dienst der evangelischen Kirche hat die katholische Kirche den Hauptteil ihres Vermögens verloren. In den bezüglichen Staatsverträgen ist aber ausdrücklich statuiert, daß für die finanzielle Sicherstellung der Kirche Sorge getragen werden muß.
92 Koch⸗Oeynhausen (D. Nat.) weist die Angriffe des Abg. Scholem gegen seine Partei wie die gegen die katholische Geistlichkeit zurück. 1
g. Holtz (U. Soz.): Es handelt sich darum, daß staatliche Gelder für kirchliche Zwecke verwendet werden. Wir sind in unserem politischen Bestreben bemüht, die Barmherzigkeitstätigkeit der Kirche überflüssig zu machen. (Lachen rechts.)
Abg. Dr. 1“ (Komm.); Die Deutsch⸗ vacleaelen und das Zentrum sind sich darin einig, die materielle Basis für den Stand zu bessern, der ihnen besonders am Herzen liegt. Der Herr Abg. Bredt hat vergessen, daß ein großer Teil des Kifchengutes zusammengestohlen und erschlichen worden ist. (Lärm und lebhafter Widerspruch bei den vereen . Das Recht der Revolution ist stärker als das Recht von entflohenen Monarchen. Redner antwortet im weiteren auf verschiedene Zwischenrufe, wird dann aber vom Präsidenten ersucht, nicht auf jeden Zuruf ein⸗ zugehen. 8 1 1 Nach kurzen Worten des Abg. König⸗Swinemünde (Soz.), der sich aus Staatsinteresse für das Gesetz ausspricht, wird die Besprechung geschlossen. -
Die Vorlage wird gegen die Stimmen der Kelegn und Unabhängigen angenommen. (Als sich der Abg. Scholem bei der Abstimmung irrtümlich miterhebt, ruft das im Hause schallendes Gelächter hervor.)
In einer persönlichen Bemerkung des Abg. Scholem (Komm.) stellt dieser fest, daß der Herr Präsident in weit⸗ gehender Toleranz die Ausführungen des Abg. Gronowski, der ihn als schamlosen Verleumder bezeichnet habe, ohne Ordnungsruf habe vorübergehen lassen. 1 188 G
Vizepräsident Garnich: Wenn ich mich nicht irre, ist nur „schamlose Verleumdung“ gesagt worden. Ich werde es im Steno⸗ gramm “ lassen. .
Abg. Gronowsli wiederholt seine Worte. 6
Abg. Koch⸗Oeynhausen begründet seine Auffassung, zwischen den Abga. Scholem und Dr. Meyer einen Unterschied gemacht zu haben, Fes daß er gehört habe, bei den Kommunisten gebe es drei Gruppen: Ideologen, Wenigerbegabte und andere. (Große
eiterkeit. 4 * 1 8 Vleit, asdent Garni d.. mach Feststellung im Steno⸗ gramm die Aeußerung „schamlose Verleumdung“ des A der Ab⸗
Gronowski. Das Haus tritt dann in die Beratun „Ab
änderung der Anordnung über die eschäfti⸗ ung weiblicher Angestellter in Gast⸗ und
chankwirtschaften ein. Der befürwortet die Annahme der Abänderungsvorlage und ersucht in einer Entschließung das Staatsministerium, die Aufsicht über die Gast⸗ und Schankwirtschaften mit weiblicher Bedienung weib⸗ lichen Aufsichtsbeamten im Benehmen mit den Organisationen der Gastwirtsgehilfen und Gehilfinnen zu übertragen. Ein weiterer 0 verlangt ausschließliche Beaufsichti⸗ ung der weiblichen Gastwirtsangestellten 9“ weibliche
ewerbeaufsichtsbeamte. Ein sozialdemokratischer Antrag ver⸗ langt, daß als Tarifvereinbarungen für weibliche Gastwirts⸗ angestellte nur solche Abmachungen gelten, bei denen eine ge⸗ werkschaftliche Arbeitnehmerorganisation beteiligt ist. Ein An⸗ trag der Demokvaten fordert, da Zimmermädchen in Logier⸗ häusern, Hotels und Gastwirtschaften nicht unter die An⸗ ordnung fallen. 1 Abg. Frau Dr. Lauer (Zentr.): Wir hätten gewünscht, daß die Anordnung über die Beschäftigung weiblicher Angestel. ter in Gastwirtschaften nicht schon wieder e wird, da viele Aende⸗ rungen nur die Durchführung erschweren. Auf die Bekämpfung der Animierkneipen legen wir .eae. ert. Den demo⸗ Bveöhen 218 werden wir ablehnen. Gerade die Zimmer⸗
0
ädchen in den Hotels sind besonders gefährdet. Dem Antrag der Heut dmationalen auf Milderung des armgraphen 5 der Anord⸗
mieden sehen wollen. Dagegen werden wir den Ausschußantrag ablehnen, der eine Bennfsichtigung ausschließlich durch Aufsichts⸗ beamtinnen fordert. Mit der Tendenz des Antrages sind wir ein⸗ g wir dürfen aber kein Vakuum schaffen, das bei An⸗ nahme des Antrages eintreten würde, da wir noch nicht genügend Gewerbeaufsichtsbeamtinnen haben. Der Sesscsebmnt wonach die Aufsicht über die Angestellten im Benehmen mit den Gast⸗ wirtsangestellten⸗Organisationen ersolgen soll, werden wir auf Grund der Aussprache im Ausschuß zustimmen. Wir werden auch für den sozialdemokratischen Antrag Ich bitte dringend, die Vorlage heute zu verabschieden. 8 —
Abg. Frau Noack (D. —3: tritt ebenfalls für endgülti Erledigung der Vorlage ein und fordert vor allem eine energische Bekämpfung der Animtjertneien.
Abg. Frau Garnich (D. V.) spricht ihre Zustimmung zu dem sozialdemokratischen Antrage aus, unter der ööö daß augh nichtfreigewerkschaftliche Organisationen von Gastwirts⸗ angestellten zum Abschluß von Tarifverträgen zugelassen sind, und wendet sich gegen die Mitwirkung der Organisationen der Gast⸗ wirtsgehilfen und Gehilfinnen bei der Ausübung der Aufsicht über die Gast⸗ und Schankwirschaften mit weiblicher Bedienung. Abg. Frau Hanna (Soz.) befürwortet ben Antrag ihrer Partei, der eine wirksame Bekämpfung der Animierkneipen be⸗ 222 Es muß vor allem eine ausreichende Entlohnung der weib⸗ ichen Angestellten erreicht werden. Noch heute ist ein monatliches Entgelt von 45 Mark nicht selten. Gerade die Zimmermädchen in den Hotels sind besonders fittlich Füthben und müssen unter die
nung werden wir zustimmen, da auch wir unnöti heaß ver⸗
Anordnung fallen. Wir lehnen deshalb den demokratischen Antrag ab. Wenn gesagt worden ist, die Zimmermädchen seien durchbeg anständige Mädchen, so bedeutet das eine schwwere Beleidigung der übrigen weiblichen Gastwirtsangestellten. Die Anordnung bedeutet einen Versuch der Bekämpfung der Animierkneipen.
Frau Kuhnert (I. Soz.): Wir werden dem sozial⸗ demokratischen Antrage zustimmen, lehnen aber den demokratischen ab, da die Zimmermädchen in den Hotels eines besonderen Schutzes bedürfen. Der Besitzer eines Berliner Absteigequartiers nahm für stundenweise Benutzung von Zimmern 50 bis 60 Mark, und obwohl das Geschäft bei der herrschenden Wohnungsnot Fet ne ging, erhielten seine Angestellten eine unwürdige Ent⸗ ohnung. Dieser Würdenmann, ein Herr Röder, steht der Wirt⸗ schaftlichen Vereinigung außerordentlich nahe.
Nach kurzen Ausführungen der Abg. Frau Arensee (Komm.) und des Abg. Goll (Dem.) wird die Besprechung geschlossen. .
Der Ausschußantrag, der Abänderung der Anordnung über die Beschäftigung weiblicher Angestellter in Gastwirt⸗ schaften zuzustimmen, wird angenommen. Der deutsch⸗ nationale Abänderungsantrag zu der Anordnung wird ab⸗ gelehnt.
Bei der folgenden Abstimmung stellt sich durch Hammel⸗ sprung Beschlußunfähigkeit heraus.
Das Haus vertagt sich um 5 ½ Uhr auf Freitag, den 17. Februar, Mittags 12 Uhr: Weiterberatung, Inter⸗ pellationen über die letzten Streiks.
äufiger Reichswirtschaftsrat. 35. Sitzung vom 16. Februar 1922. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger)
Vorsitzender Cohen eröffnet die Sitzung um 10 Uhr 50 Minuten. b 8
Als erster Punkt steht auf der Tagesordnung der Bericht des Ausschusses für Siedlungs⸗ und Wohnungswesen zu dem Entwurf eines Gesetzes über Mieterschutz und Mieteinigungsämter.
Frau Kromer (Verbrauchervertreter) beantragt im Namen der Gruppe 7, den Entwurf an den Ausschuß zurückzuverweisen, da die Gruppe schwerwiegende Bedenken gegen das Gesetz habe.
Oberbürgermeister Dr. Luther: Den Bedenken der Gruppe 7 kann ich nicht beitreten. Trotzdem schließe ich mich namens der Gruppe 1 dem Antrag auf Zurückverweisung an, da sich die Grund⸗ leen, auf denen der Ausschuß gearbeitet hat, inzwischen verschoben
aben.
Herr Stüler (Arbeitnehmervertreter der Industrie): Die hier gestellten Vertagungsanträge laufen ja nur darauf hinaus, einen weiteren Abbau der Bwangswittschaft aut dem Wohnungsmarkt herbeizuführen. Dieser würde aber das größte Elend besonders für diejenigen heraufbeschwören, die von ihrer Hände Arbeit leben müssen.
Herr Baltrusch spricht sich in scharfer Weise gegen die Zurück⸗ verweisung aus, da diese Art der Geschäftsführung dem Ansehen des Reichswirtschaftsrats sehr schade. .
Berichterstatter Humar tritt ebenfalls für die Vertagung ein und richtet an die Reichsregierung die Frage, ob sie bereit ist, die etwaigen Abänderungsbeschlüsse des Reichsrats dem Reichswirtschafts⸗
rat zu übermitteln. b G Ein Vertreter des Reichsarbeitsministeriums
teilt mit, daß der Reichsrat bisher Beschlüsse nicht gefast hat, daß aber verschiedene Landesregierungen Abänderungsanträge gestellt haben. Die Abänderungsbeschlüsse des Reichsrats werden dem Reichswirt⸗ schaftsrat zugehen.
Nach weiterer kurzer Aussprache wird nie Zurückverweisung mit 107 gegen 96 Stimmen beschlossen.
Es folgt der Bericht des finanzpolitischen Ausschusses zu der Entschließung, betr. die Frage der Regelung der Klein⸗ aufträge an der Berliner Börse.
Die Entschließung hält eine Einschränkung der Börsenversamm⸗ lungen für verfehlt. Gegen die Beschränkung des Umsatzes in Klein⸗ aufträgen bei den amtlichen Maklern bestehen nur dann keine Be⸗ denken, wenn auch Kleinaufträge in vollem Umfange bei der Kurs⸗ festsetzung ihre Berücksichtigung finden. Die Skontrierung von Kassen⸗ geschäften müsse in ernste Erwägung gezogen werden. G
Den Bericht erstattet Hauptschriftleiter Bernhard, der die Annahme der Entschließung empfiehlt.
Herr Dr. Schwartz (Dieektor der Preuß. Zentralbodenkredit⸗ A⸗G.) stimmt für die Abt. I der Entschließung so weit zu, als sie nicht rein börsentechnische Dinge betrifft.
Herr Marx (Vertreter der Bankbeamten) tritt für die Ent⸗ schließung ein, und fordert ein Mitbestimmungsrecht für die Angestelltenorganisationen bei den jetzt allein vom Börsenvorstand zu treffenden Maßnahmen.
Die Entschließung des finanzpolitischen Ausschusses wird darauf angenommen mit Ausnahme der Empfehlung an die Börsenbehörden, die Skontrierung von Kassengeschäften in Er⸗ wägung zu ziehen.
Das Haus tritt sodann in die Beratung des Berichts des finanzpolitischen Ausschusses zu dem Antrag Mitzlaff auf Aenderung der Organisation der Steuerbehörden ein. Namens des Ausschusses befürwortet der Berichterstatter Dr. Haekel eine große Reihe von Vorschlägen zur Verbesserung und ee. der Steuerveranlagung, so u. a. möglichst ein⸗ fache Gestaltung aller neuen Steuergesetze, beschleunigten Crsaß ein⸗ fachster Ausführungsanweisungen und Schaffung gemeinverständlicher Steuerformulare, großsüägige technische Ausbildung ausreichenden Steuerpersonals mit besonderen Spezialisten für schwierige Steuergebiete, größere Freiheit der Landesfinanzämter in der Einstellung von Hilfskräften und in Hrganisationsfragen von nicht grundsätzlicher Bedeutung und Entlastung der zugleich
mit den Aufgaben der Landesvermögens. und Landessteuer⸗ verwaltung belasteten füddeutschen Finanzämter. Die Veruan⸗
lagung soll nicht geändert h In die Steuerausschüsse sollen