1922 / 43 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 20 Feb 1922 18:00:01 GMT) scan diff

tretern an Ort und Stelle erörtert werden. Herren! Ich fasse zusammen: die deutsche Reichsregierung, die für die deutsche Wirtschaft und die deutschen Finanzen verantwortlich ist, muß alle Mittel anwenden, um das in Ost und West durch die Besetzung großer Landstriche schon angerissene und angeschnittene deutsche Wirtschaftsland möglichst intakt in die Zeiten kommender Konsolidierung hinüberzuretten, und sie muß. es auch dann tun, wenn sie nicht immer voll zum Ziele führen, auch dann, wenn sie, wie im vorliegenden Falle, sicherlich nach der anderen, nach der politischen Seite hin zu Härten führen. Die Reichsregierung glaubt aber, daß der Rest der Härten, der nach den jetzt geplanten Ver⸗ besserungen noch übrig bleiben wird, auch in Deutsch⸗Oesterreich, auch von unseren Volksgenossen im Südosten verstanden werden wird, und die Reichsregierung geht davon aus, daß diese Härten, die nun einmal für die nächste Zeit noch bleiben müssen, den großen Gedanken der Kultur⸗ und Schicksalsgemeinschaft zwischen uns und Oesterreich ebenso wenig stören und zerstören können, wie der Friedensvertrag das getan hat, der nach Natur und Geschichte, kulturell und sprachlich zusammengehörende Völker auseinanderhält, die sich dennoch immerdar als volle Gemeinschaft fühlen werden. (Bravo!) 8 Abg. Simon⸗Schiwaben (Soz.): Wir begrüßen die Zusagen isters. Gerade wir in Bayern hoffen, daß die Schikanen r der beiden Staaten aufhören werden. Der Zweck der Elemente fernzuhalten, wird doch nicht erreicht, denn diese scheren sich den Teufel um den Paßzwang, und ebenso steht es mit der Kapitalflucht. (Beffall.) g. Dr. Schreiber (Zentr.): Wenn 3 pellation eingebracht ist, so hätte man eigentlich wünschen sollen, aus stärker besetzt sei. Auch wäre es wünschenswert, daß Ministerium des Auswärtigen vertreten wäre. Ein größeres Interesse für diese Angelegenheit hätte um so mehr vorhanden sein müssen, weil aus einer bescheidenen Paßangelegenheit all⸗ eine Aussprache politischer Art über die deutsch⸗öster⸗ Der Minister hat darauf

des Min im Verke

bestehenden zweifelhafte

Maßnahmen,

daß das da

mähli reichischen Beziehungen geworden ist. t esen, daß die Hauptschwierigkeiten finanzeller Art sind und estehenden Sicherungen gegen die Kapitalflucht nicht aus⸗ iun es andererseits möglich wäre, zu uns einreisen, stehen, daß nicht auch Angehörige der Balkanländer ohne Paß nach Deutschland hineinkommen. Immerhin stimmen wir dem Interpellanten zu, daß es möglich sein muß, eine Reihe von Schikanen zu beseitigen, und der Minister hat ja bereits angedeutet, daß Bemühungen nach dieser Viel ernster sind die wirtschaftlichen ch der Donau⸗Wasserweg eine Verkehrs⸗ straße ersten Ranges und soll er doch den Wiederaufbau von Süd⸗ Ost⸗Europa ermöglichen. In vieler Hinsicht bezeichnet Wien nach zur Adria. Wichtiger aber noch

anz wie die deutsche Schweiz bi wir mit Deutschösterreich eine Kulturgemeinschaft, und diese Kultur efahr, zu verkümmern. Seite steht sie auf dem schwankenden Moorboden der Kronen⸗ Wissenschaft und Kunst sind dort in ernster Krisis. Es vollzieht sich ein Ausverkauf von Kunstwerken, wie es kaum je ein Kulturstaat erlebte. Wir in Deutschland wünschen nicht, daß die österreichische Kultur von Mozart und Liszt, vom Burgtheater und iener Neuromantik zertrümmert wird. Besonders leidet der österreichische Mittelstand. Nach wie vor hat Wien die große ch den Deutschen in den Sudetenlanden, in Sieben⸗ bürgen und Iugoslawien deutsche Kultur zu bringen und zu erhalten. Das ist eine Tätigkeit, die Berlin nicht vollziehen kann. Darum muß uns sehr viel daran liegen, Erschwerungen des Ver⸗ kehrs möglichst zu beiseitigen und die österreichische Kultur zu stützen. Heute ist auch die Frage des Anschlusses von verschiedenen Rednern wieder beleuchtet worden. Wie ich zu meiner Freude fest⸗ stelle, mit viel Takt und kluger Besonnenheit. Nach wie vor stehen rage des Anschlusses sympat reisen ist der

hingewi

daß die eschaltet werden können. Personen aus Oesterreich so würden gar keine Garantien

8

ohne Paß

Richtung im Gange sind. Erschwerungen.

wie vor auch den Zug kulturelle Erwägungen.

ist in ernster

währung.

von der

Aufgabe

wir der unseren blieben. (Leb im Hause.)

Abg. Körner (D. Nat.): Wir in Süddeutschland hoffen, daß im nächsten Sommer für den Erholungs⸗ und Touristenverkehr größere Erleichterungen im Süden wünschen die deutschen Volke wünscht man eine Erleichterung des Verkehrs mit Oesterreich. Gewiß müssen Maßnahmen gegen die Kapitalflucht gerade Paßvorschriften das richtige Vor unangenehmer

ffen werden. rleichterungen,

etroffen werden, ittel dazu sind, möchte ich sehr bezweifeln. Einwanderung haben sie uns beispielsweise nicht schützen können. (Sehr wahr! rechts.) Wir freuen uns, daß Erleichterungen ge⸗ troffen worden sind, und wir haben den Wunsch, daß sie bis zur alleräußersten Grenze des Möglichen ausgedehnt werden möchten, damit wir zu den Deutschösterreichern in ein recht freundschaft⸗ liches und gutes Verhältnis kommen. Abg. von Kemnitz pellanten,

ganze deutsche Volk wünscht, und unseren Brüdern und Schwestern in staltet werden möchten, wie es nur irgend möglich ist. tt, daß dieser einmüti 1 b ndern andere ges Widerhall finden wird (Beifall), und er unsere Brüder je Grenze ermutigen wird, auszuharren in der furchtbaren der sie zu ringen haben, bis auf den Tag, der ihnen Erlösung en wir (Beifall.) Es ist nicht zu verkennen, daß gewisse Schrwierigkeiten der sofortigen Aufhebung des Sichtvermerks ent⸗ gegenstehen. Das ist einmal die Tatsache, daß sich infolge der Um⸗

auch in Oesterreich und speziell in mente zusammengefunden haben, Regierung ebenso unwillkommen

Ich bin überzeu

die nicht wir, chaffen haben,

bringen wird.

wäͤlzun

aller Verhältnisse seiner

Hauptstadt allerhand Ele⸗ die vielleicht der österreichischen sind, wie sie uns sein würden. Das ist ferner die Tatsache, daß der Friedensvertrag den Alliierten, also speziell auch Polen, das Recht einräumt wenigstens bis zum Jahre 1924 —, alle Ver⸗ günstigungen, die wir Oe einräumen, für sich in An daß wir innen⸗ und außenpolit flucht zu steuern. Aber vielleicht ließe sich dieses e erreichen, daß beide gegenseitig ihre Staatsange wachen. Was wir aber un sofort alles geschieht, um die Erleichterungen, die die P kehrskonferenz auf dem Gebiete des durchzuführen. seits immer noch ni Erteilung des Sich

terreich au zu nehmen. isch verpflichtet

tvermerks bestehen Sichtvermerk immer nur für eine besteht offenbar eine reicher möglichst von Aufenthaltsgenehmigung

tschland leben wollen, auße

der

die Deu an ein das in der Praxis führt. einmal die Bestimmungen Febern die en. Man vermi Berfean nis dofgn t bei den unteren um Ausländer eine ren Willen handelt. aßstellen und Polizeib reichern gegenüber in zeigen, das mit den be

haben, werden.

wie

Meine Damen und

Wenn eine solche Inter⸗

cch der wirtschaftlichen

sch gegenüber. Gerade in edanke stets lebendig ge⸗

Aber nicht nur wir sondern im

(Beifall.) Die Absicht der Inter⸗ den Verkehr mit Oesterreich nach Möglichkeit zu er⸗ wird wohl vom ganzen Hause einmütig gebilligt; daß die Beziehungen zwischen uns Oesterreich so eng ge⸗ e Wille jenseits der Grenze, den lebhaftesten

f dem Gebiet des Paßwe kommt endlich,

der Kapital⸗ 3 Ziel besser auf de Staaten sich gesetzlich verpflichteten, örigen in dieser Beziehung zu über⸗ eedingt fordern müssen,

, Paßwesens beschlos In zwei wesentlichen Punkten ist das deut t geschehen; einmal ist die Prüfung eeblieben, und dann wird bestimmte Zeit erteilt. die dahin gerichtet ist, die Oester⸗ nd fernzuhalten, und deshalb wird für Deutschösterreiche 2 rordentlich erschwert.

zelnen Fällen dar, zu welchen unglaublichen Kon Das schlimmste dabei ist, da an sich sind, die so bedauerli

und Weise,

nd

das ist, daß

rganen üere Irganen ganz und gar da es sich bei diesen bgenannten Auslündern

besonderen Art, um Und deshalb sollte die Zentralstelle ehörden allgemein anweisen, den Oester⸗ sen Dingen jedes Entgegenkommen zu 6 8 stehenden Bestimmungen überhaupt ver⸗ einbar ist. In dieses Gebiet fällt auch die Notwendigkelt, eine

Ausländer gegen

bessere Zugverbindung zwischen

-s Man sage nicht, das seien Kleinigkeiten, es han i um Dinge, die eine ganz erhebliche politische Tra⸗ weite haben, und es ist Gefahr im 82255 wenn es so weitergeht wie bisher, so wird der Anschlußgedanke nicht gefördert, sondern in den Hintergrund gedrängt. Nicht nur auf dem Gebiet des Paß⸗ wesens, sondern auf allen Gebieten müssen wir alles tun, um die veee zwischen Deutschland und Oesterreich enger zu ge⸗ stalten. Die leider immer noch bestehende Briefzensur muß voll⸗ ständig aufgehoben werden. Vor allen Dingen sollten wir Oester⸗ reich in der Frage der Ein⸗ und Ausfuhrverbote weiter entgegen⸗ kommen. Ist es 899% eine bedauerliche Tatsache, daß Deutschland ogar die österreichischen Nachfolgestaaten, insbesondere die Tschechoslowakei, in dieser Frage besser behandelt als Oesterreich. Alle diese Dinge beweisen, daß wir es nicht verstehen, die hoch⸗ wichtige Frage unserer Beziehungen zu Oesterreich unter großen nationalen Gesichtspunkten zu behandeln. Man mag über die politischen Umwälzungen des Jahres 1918 denken wie man will eins haben sie gebracht: sie haben den Weg bes cweeln für den Anschluß Oesterreichs an Deutschland, und diesen Weg müssen wir unbeirrt weitergehen. Sorgen wir dafür, daß man nicht dermal⸗ einst sagen wirs daß der große Augenblich ein kleines deutsches Geschlecht gefunden hat. Hier soll nicht allein der Verstand, das Herz 989. Herz wollen unsere österreichischen Pzrüder von uns sehen. Der Tag des Anschlusses zu einer natio⸗ nalen Einheit wird kommen. Gott gebe es, daß wir nicht nur nach außen, sondern auch im Innern ein einig Volk sind. (Leb⸗ hafter Beifall.) b 8

Dr. Breitscheid (U. Soz.): Auch wir meinen, daß die Paßschwierigkeiten basdmöglichst beseitigt oder mindestens beschränkt werden sollten. Die Valuta und die Paßschwierigkeiten haben trennende Mauern zwischen den Völkern errichtet, die zwischen uns und Oesterreich doppelt schmerzlich empfunden werden. Diese anze politische Frage allgemein zu erörtern, würde vor einem so schwach besetzten Hause unwürdig sein, aber wir hätten gewünscht, daß die Interpellation sich nicht allein auf den Paßverkehr zwischen Deutschland und Oesterreich beschränkt, sondern einen etwas all⸗ gemeineren Charakter angenommen hätte. Könnte die deutsche Regierung nicht die Initiative ergreifen, um dem unseligen Zu⸗ stand der lächerlichen Absperrung zwischen den einzelnen Staaten ein Ende zu bereiten? r heute ins Ausland reist, kommt sich fast wie ein Verbrecher vor, der von allen Behörden überwacht wird, als ob etwas an ihm nicht in Ordnung sei. Unsichere Ele⸗ mente kommen doch über die Grenze. Wie den Deutschnationalen die Ostjuden unerwünscht sind, so ist uns der Eintritt der Vertreter reaktionären Russentums unerwünscht. Die Paßschwie 1- sind nur Hindernisse für die anständigen Elemente. Die Mörder Erz⸗ bergers sind ohne Paßschwierigkeiten nach Ungarn gekommen. Auch die Kapitalverschiebung wird durch die Finanzkontrolle nicht be⸗ hindert. Es scheint fast, als ob die Paßabteilungen nicht um der Pässe willen, sondern dazu da wären, eine Unzahl von Beamten unterzubringen. Wir ersuchen die Regierung, eine internationale Regelung zur Beseitigung dieser Schranken einzuleiten. ,

Abg. Schwarzer (Bayer. Vp.): Was wir heute an Grenz⸗ schikanen erleben gegen harmlose Reisende, ist eine Erbschaft des Krieges. Es mag sein, daß während des Krieges scharfe Kontrolle nötig war, aber selbst diese hat die Spionage nicht verhindert. Die Konfulate haben große Einnahmen, die sie mit 888e und dazu kommt, daß man alte Gewohnheiten nicht gern aufgeben will. Der Apparat der Grenzkontrolle kostet das Zehnfache von dem, was er einbringt. Die Kommunisten scheinen gute Verbindungen zur Er⸗ langung von Pässen zu haben, das zeigt der Fall Zetkin.

Abg. Koenen (Komm.): Alle Parteien sind mit der Regierung in dieser Sache unzufrieden. Der Polizeigeist ist es, der die Schikanen aufrechterhalten möchte. Wo es sich um rechtsstehende Elemente handelt, ist aber der Polizeiapparat korrupt. Die Mörder Erzbergers sind entkommen, aus Bayern wurden Orgeschwaffen nach Tirol geschafft. Im Verkehr mit Rußland werden meinen Parteigenossen ganz besondere Schwierigkeiten gemacht. Ohne jeden Grund konfisziert man Papiere. Wenn wir über die Grenze wollen, werden wir viel nach den dummen Vorschriften fragen. Die 1““ i Minister, die zur Zeit des Sozialistengesetzes elbst unter solchen Schikanen gelitten haben, sollten wirklich diese Vorschriften aufheben.

Feßeuf nimmt abermals der Reichsminister des Innern Dr. Köster das Wort, dessen Fse.e wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms erst in der nächsten Nummer dieses Blattes im Wortlaut wiedergegeben werden.

Abg. Gothein (Dem.): Die Besprechung hat Ueber⸗ einstimmung darin 1 daß es so nicht weitergehen kann. Auf die Antwort des Ministers kann man sagen: Du sprichst ver⸗ gebens viel, um zu versagen, der andere hört von allem nur das nein! Daß nicht schikanös verfahren werden soll, ist eigentlich bei einem Minister selbstverständlich, aber es fragt sich, ob er das bei den nachgeordneten Stellen duürchsetzen kann. Im Steuer⸗ ausschuß ist seinerzeit vom Finanzministerium selbst zugegeben worden, daß das Kapitalflu⸗ ügeses überall übertreten werden kann und eigentlich nur die moralische Wirkung hat, einige Leute von einer Uebertretung abzuhalten. Was spielt das für eine Rolle gegenüber der Leichtigkeit, mit der man sein Kapital auf dem Wege eines ausländischen Kontos hinausbringen kann! Der Reichsbankpräsident selbst hat die öö des Gesetzes zu⸗ heenbes. Zu den Paßgebühren kommen für die deutschen Ar⸗

iter noch 40 oder sogar 100 Mark hinzu, die die Arbeiter⸗ legitimationskarte kostet. Wenn ein deutscher Geschäftsmantt tele⸗ graphisch ins Ausland verußer wird, braucht er erst acht Tage und länger, um einen Paß, iu bekommen. Unter der Frage der ein⸗

schriebenen Briefe leide ich selbst; wenn ich an die „Freie

resse“ oder ein anderes ausländisches Blatt eingeschrieben einen Artikel schicke, dann dauert die Finanzkontrolle des Briefes mehr als acht Tage, und dann ist der Artikel nicht mehr aktuell. Ist der Brief nicht eingeschrieben, hat man gar keine Sicherheit, daß er 81ö Außerordentlich schwierig ist die Versendung eines Buches ins Ausland. Es dauert acht bis zehn Tage ehe man die Genehmigung bekommt. Die Einwanderung unerwünschter Ele⸗ mente verhindert man nicht, denn diese finden den Weg auch ohne Paß.

Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Dienstag, 2 Uhr (Ab⸗ stimmung über die Mietssteuer und das Mietzinsgesetz, Etatsberatung).

Berlin und Wien auf der Strecke] auch nicht sagen, wie sich das Serea es über München, also unter ünsehang der Tschechoflowakei 2 heit zu den Anträgen der Herren

as Staatsministerium in seiner Gesamt⸗ on der Unabhängigen Partei und der Kommunistischen Partei stellen wird. Die Stellungnahme meines Ressorts werde ich im Laufe meiner Ausführungen mit⸗ teilen. Ich glaube aber, daß es im Lande nicht verstanden werden würde, wenn die Regierung zu den Bemerkungen schweigen wollte, die soeben der Herr Abgeordnete Baecker gemacht hat. Ich fühle mich deshalb verpflichtet, diesen Ausführungen sowie auch ver⸗ schiedenen Auslassungen einiger anderer Herren aus dem Hause

t entgegenzutreten. 1 1.“ bn. delbgeordnete Baecker hat zum Schluß seiner Aus⸗ führungen dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß es recht bald ge⸗ linken möge, unser Volk wieder zu einer großen Volksgemeinschaft, zu einer Notgemeinschaft zu einen. Ich teile diesen Wunsch durch⸗ aus, bin aber der Meinung, daß Reden wie Lah⸗ eben gehaltene zu diesem Ziele nicht führen können (sehr richtig; Furks), sondern ungefähr das Gegenteil davon erreichen. Eehr richtig! links. Widerspruch und Rufe rechts: Hat gesessen!) n. Was der Herr Abgeordnete Baecker zu mir und meiner Ausführung gefagt hat, das, meine Herren Sie werden es schon noch erfahren, und zwar zu Ihrem Leidwesen —, hat gar nicht gesessen; das Füer alles Blindgänger. (Lachen und Rufe rechts: Ach! Na, nal) Ich habe seit jeher die Gepflogenheit beobachtet, alle Heren von den Oppo⸗ sitionsparteien zunächst reden zu lassen und dann meine Meinung zu ihren Ausführungen darzulegen. Die Herren von der Linken haben ihre Stellung zu der vorliegenden Materie bei der Be⸗ gründung ihrer Anträge vorgetragen, und der Herr Abgeordnete Baecker hat schon die Ansichten der Deutschnationalen zum besten gegeben. Darum rebe ich jetzt, aus keinem anderen Grunde; das war meine Absicht schon vor Ihren Ausführungen, Herr Kollege Baecker! Sie sagen: Für uns ist der Staat nicht die jeweilige Mimsterbank. Ich möchte wissen, wie Sie mit diesen und ähn⸗ lichen Ausführungen die Volksgemeinschaft zustande bringen wollen. (Sehr richtig! links.) Sie sind ein frommer Christ, Herr Baecker (Rufe links: Na, na!) ich nehme es an. Sie wissen, daß irgendwo geschrieben steht: Jedermann sei untertan der Obrigkeit die Gewalt über ihn hat. (Rufe rechts: Sie hat ja keine Gewaltz Große Heiterkeit rechts. Zuruf von der außersten Linken: „Die Schupo hat sie! Heiterkeit.) Mit diesen Ausführungen, daß nicht die jeweilige Ministerbank den Staat darstellt, begegnen Sie sich wieder mit den Ausführungen der Herren von der äußersten Linken. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Auch der Herr Abgeodnete Knoth hat davon gesprochen, daß der Staat nicht die Allgemeinheit sei, und wenrk ich in den letzten Tagen angenommen habe, daß die engste Verbrüderung zwischen rechts und links nur im Reichstag vorkommen könnte, so haben die heutige Debatte und die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Baecker mich davon überzeugt, daß eine noch engere Verbindung zwischen rechts und links hier im Hause besteht. (Sehr richtig! Heiterkeit. Wider. spruch und Zurufe rechts.) „Durch den Streik ist nichts und wieder nichts erreicht worden; das, was jetzt die Sthethanden erreicht haben, hätten sie schon früher haben können“ so hat der Herr Abgeordnete Baecker seine Ausführungen zu dem Ergeb⸗ nisses des Streiks präzisiert. In der „Deutschen Tageszeitung“, die Herrn Baecker sehr nahe stehen soll, las man es vor einigen Tagen anders. Da sollte die Beendigung des Streiks einen großen Erfolg der Streikenden gehabt haben. Ich bin aber mit dem Herrn Abgeordneten Baecker von heute der Meinung, daß die Streikenden durch diese Bewegung nichts gewonnen haben, und daß sie das, was sie bekommen haben, durch Verhandlungen vor der Ein⸗ reichung des Ultimatums hätten erreichen können. (Zuruf rechts: Ist genau dasselbe!) Aber dann dürfen Sie die Beendigung der Bewegung nicht als eine Niederlage der Reichsregierung be⸗ zeichnen. (Sehr richtig!) 8

Herr Abgeordneter Baecker hat auf Erklärungen eines sozial⸗ demokratischen Reichskanzlers und eines sozialdemokratischen Ministerpräsidenten zum Beamtenstreik Bezug genommen und gemeint, daß, sich, wenn trotz dieser klaren Darlegungen der sozialdemokratische Minister inzwischen eine Wandlung in der Haltung der Sozialdemokratischen Partei oder der Regierung ein⸗ getreten sei, doch inzwischen fremde Einflüsse hätten demerkbar machen müssen. Ich weiß von diesen Einflüssen nichts, obgleich ich eine ziemlich enge Verbindung auch mit der Reichsregierung unterhalte. Das weiß ich aber, wenn zwei, drei Jahre lang die Autorität der Regierung so systematisch herabgesetzt wird, wie das durch die deutschnationale Presse (sehr richtig! links. Zu⸗ rufe und Unruhe bei der Deutschnationalen Volkspartei), durch deutschnationale Versammlungsredner geschieht, daß dann Beamte, die die Zusammenhänge im politischen Leben, die Einrichtungen im Staatsgefüge nicht kennen, zu der Auffassung gelangen könnten, daß ein kühner Husarenritt sie über diese schwache Re⸗ gierung hinwegsetzen kann. Wenn Sie sich darüber beklagen, daß die Beamten zu diesem Mittel ihre Zuflucht genommen haben, dann glaube ich aussprechen zu sollen, daß ihre ver⸗ hetzende Tätigkeit in der Presse und in Volksversammlungen nicht zum geringsten zu der Auffassung der Reichsgewerkschaft bei⸗ getragen hat, daß nur ein Streik notwendig sei, um die Regierung vollständig aus den Fugen zu reißen. (Lebhafte Zurufe vechts. Sehr richtig! links. Glocke des Präsidenten.)

Ich kann dem Herrn Präsidenten bestätigen, daß ich die Tätigkeit der Herren von der Deutschnationalen Volkspartei in

2 f

Nachtrag. 2 Bei der gemeinsamen Beratung des Antrages Leid⸗ Rabold (U. Soz.) auf Außerkraftsetzung der anläßlich des Streiks erlassenen Verfügung des Berliner Polizeipräsidenten vom 1. Februar und Einleitung eines Verfahrens gegen den Polizeipr e wegen Ueberschreitung Fmna Amtsbefugnisse sowie des ,ae; Antrags Dr. Meyer⸗Ostpreußen, das Staatsministerium zu 28 in, auf die Reichsregierung und die städtischen Behörden Groß Berlins einzuwirken, schon vollzogene Maßregelungen rückgängig zu machen und weitere beabsichtigte Maßregelungen zu 1 hat der Minister 2 2,931 Severing die folgenden Ausführungen ge⸗ macht: Meine Damen und Herren! Es ist sonst nicht üblich, daß Vertreter der Staatsregicrung zu vorliegenden Anträgen aus dem Hause schon während der Beratung Stellung nehmen. Ich kann

der Presse und in Volksversammlungen gemeint habe, und ich

glaube, daß niemand aus dem Hause an dieser Erklärung Zweifel

hegt. Denn ich habe in den voraufgegangenen Sätzen nur vondieser Tätigkeit und dieser Handlung gesprochen. Meine Herren, wenn Sie von dem Reichskanzler als dem Knecht und dem Gerichts⸗ vollzieher der Entente sprechen (Pfuirufe im Zentrum), wenn Sie von diesem Mann sprechen als einem Minister, der kein Rückgrat zeige, der überall hatzbuckele, wenn Sie diese Charakteristik auf andere Minister ausdehnen, glauben Sie, daß das nicht auf Beamte abfärbt, die eben nicht genau darüber unterrichtet sind, daß auch die Regierung, wenn sie zu der Kraftprobe eines Be⸗ amtenstreiks aufgerufen hat, doch noch Macht in die Wagschale zu werfen hat? (Stürmische Zurufe rechts.) Was wir in der Kritik der früheren Regierung in der Presse und in Versamm⸗ lungen vorgetragen haben, das war dagegen die minste Limonade. 8 Heiterkeit. Zuruf rechts: Dies Kind, kein Engel ist so rein!)

Und nun, meine Damen und Herren, die Blindgänger des Herrn Abgeordneten Baecker. Er hat davon gesprochen, doß in Frankfurt a. M. ein Lokomortvführer von drei Streikende odet

1 in den Dienstbetrieb der Eisenbant

gemischt hätten, bedroht worden sei und daß e diesem Vorgange untätig zugesehen habe. Das ist eine Ente, die schon vor drei Tagen in einer Pressekonferenz berichtigt 1eneeze st, an der auch ein Vertreter der „Deutschen Tageszeitung“ teil⸗ gewmmen hat. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Die Deutsche Tageszeitung“ hat es nicht für notwendig gehalten na dieser Berichtigung Notiz zu nehmen, und Herr Abgeordneter Baecker hat, trotzdem verschiedene Blätter die Berichtigung ge⸗ bracht haben, heute den Mut gefunden, diese Erfindung als Tat⸗

von der Landtagstribüne herab vorzutragen. (Lebhafte Zurufe und Unruhe bei den Sozialdemokraten.)

Der Herr Abgeordnete Baecker hat ferner Reichsverkehrsminister habe erklärt, 8— früher als mach der Verordnung des Herrn Reichspräsidenten ein⸗ gesetzt werden können. Erstens hat der Herr Reichsverkehrsminister das nicht erklärt. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokvaten.) Selbst wenn er & erklärt hätte, was, wie gesagt, nicht der Fall ist, wäre es unrichitg. (Zuruf rechts.) Er hat es nicht erklärxt.

Meine Herren, die preußische Regierung hat nicht erst auf die Anregung aus dem Reichsverkehrsministerium oder auf Anregung aus einer anderen Reichsstelle gewartet, sondern sie hat ihrerseits zeiitig genug die notwendigen Maßnahmen getroffen, weil sie mit der Möglichkeit des Ausbruchs eines Eisenbahnerstreiks rechnete. Bereits am 29. Januar habe ich mit dem Polizeipräsidenten von Berlin über die Maßnahmen gesprochen, die in Berlin zu ergreifen seien (hört, hört! bei den Kommunisten), um Sabotageakte und Belästigungen von Arbeitswilligen entgegenzutreten. (Hört, hört! bei den Kommunisten. Bravol bei den Sozialdemokraten.) Bevor irgend eine Anregung von irgendeiner Reichsstelle an die preußische Regierung gelangte, sind diese vorbereitenden Maßnahmen ge⸗ troffen. (Bravo!) Am Sonntag, den 29. Januar, mittags, ist folgendes Telegramm an die Regierungspräsidenten gegangen: Sollte angekündigter Streik der Eisenbahnbeamten ausbrechen sind Sie angewiesen, dem Eisenbahndirektionspräsidenten in Be⸗ strebungen auf Aufrechterhaltung des Eisenbahnbetriebes im Interesse der Allgemeinheit zu unterstützen.

(Bravo!) Schutz der Eisenbahnanlagen als lebenswichtige Betriebe und Aufrechterhaltung der Ordnung ist ecforderlichenfalls durch Ein⸗ satz von Schutzpolizei herbeizuführen. (dört, hört! bei den Kommunisten. Bravo! bei den Sozial⸗ demokraten.) Am 29. Januar, Herr Abgeovdneter Baecker! (Zu⸗ wuf des Abgeordneten Baecker [Berlin].) Sie haben von der Schutz⸗ poligei gesprochen. (Widerspruch des Abgeordneten Baecker Berlin].) Ich weiß nicht. Herr Abgeordneter Bcecker hat, als ich ihn durch einen Zwischenruf darüber belehrte, daß der Polizei⸗ präsident von Berlin das Streikpostenstehen nicht verboten habe, in einer Anwandlung der Erkenntnis, daß er doch wohl auf ver⸗ vrenem Posten stände, gefagt: na, so im einzelnen bin ich nicht so bertraut; der Herr Minister muß es wohl besser wissen. (Zuruf uchts.) Herr Abgeordneter Baecker, nicht allein in bezug auf das Streikpostenstehen wissen Sie von der Sachlage nichts, sondern Sie find auch gänzlich ahnungslos davon, wie sich der Einsatz der Tech⸗ iischen Nothilfe vollzieht: Die Technische Nothilfe kann ohne die Ackung der Schutzpolizei gar nicht eingesetzt werden. (Hört, hört!) harüber müssen Sie vollständig ins klare kommen, und Einsatz er Technischen Nothilfe in Betriebe ist gleichbedeutend mit Einsatz Schutzpolizei. (Sehr richtig!) Ich habe weiter am 2. Februar, als mir von verschiedenen ewellen gemeldet wurde, daß die Bahnhöfe sich nicht in genügendem echutz der Polizei befänden, an die Regierungspräsidenten noch mmal folgende Aufforderung gerichtet: Kräfte zur Aufrechterhaltung der Ordnung überall, besonders auf Bahnhöfen, verstärken. Gegen Sabotageakte und unberech⸗ tigte Eingriffe der Streikenden in Dienstbetrieb energisch ein⸗ schreiten. 1 Hört, hört! und Zurufe bei den Kommunisten. Bravo!) 1 Und nun, meine Damen und Herren, das angebliche Verbot des Streikpostenstehens. Der Herr Abg. Baecker hat davon gespwochen, daß in der zivilen Leitung der Schutzpolizei ein Geist herrsche, der die Herren von der Deutschnationalen Volkspartei veranlassen werde, beim Etat des Ministeriums des Innern eingehend diese Dinge zur Erörterung zu bringen. Ich freue mich schon darauf. Bei der Gelegenheit werde ich Ihnen, glaube ich, den Nachweis führen können, daß alle Ihre Angriffe gegen die zivile Leitung der Schutzpolizei unberechtigt sind, daß Sie aber mit Fug und Recht einige Angriffe gegen die Stellen richten können, die den sidilen Geist der Schutzpolizei ablehnen und die Schutzpolizei in militärisches Fahrwasser leiten möchten. Wenn eine solche Selbst⸗ verständlichkeit, wie sie der Abg. Baecker ausgesprochen hat, nämlich die Polizei anzuhalten, durch falsche Maßnahmen nicht die Lituation zu verschärfen. (Widerspruch des Abg. Baecker.) Ich bitte Sie, nicht nervös zu werden Herr Baecker. Herr Baecker hat einen Erlaß des Ministers des Innern verlesen: In der Frage der Behandlung der Streikposten hat der Minister des Innern eine Entscheidung dahin getroffen, daß in die Lage polizeilicherseits keine unnötige Verschärfung gebracht werden soll. Gegen die Streikposten ist nur dann vorzugehen, wenn sie nachweislich durch Worte oder Taten zum Streik auffordern oder Arbeitswillige fernhalten. Das Postenstehen an sich soll nicht Anreizung zum Streik oder als Fernhalten Arbeitswilliger angesehen werden. Ver diese Selbstverständlichkeit als Minister des Innern in Streik⸗ kagen herausgibt, der ist nicht nur wert, daß er von seinem Posten sfort entfernt wird, sondern der verdient sogar die Vor⸗ würfe des Herrn Baecker. Herr Baecker ist nämlich der keinung, daß der Minister des Innern diese Anordnung getroffen hat. Der hat sie nicht getroffen. Diese Anweisung ist herausgegeben von einem Polizeihauptmann des Kommandos

rlin, ohne daß er dazu autorisiert war, ohne daß er irgendwie von seinem Chef zu dieser Anweisung berechtigt gewesen wäre. (Zuruf vechts.) Es gibt darunter Leute, die keine Ahnung davon haben, daß große Streikbewegungen anders behandelt werden müssen wie offene Feldschlachten draußen. (Bravo! bei den Sozial⸗ demokraten.) Dieser Ankündigung stehe ich wie gesagt durch⸗ ins fern, und der Schutzpoligeibeamte ist gestern sofort, nachdem ich diese Dinge in der „Deutschen Tageszeitung“ gelesen habe, aus dem Kommando der Schutzpolizei in Berlin entfernt worden.

Maßnahme die, daß ich entweder den Magiftrat der Stadt Berlin

Wie wenig der Abg. Baecker von all den Fragen überhaupt versteht, möchte ich Ihnen durch einige beweisen. Wenn es ihm auf sachliche Kritik des Verhaltens der Regierung im Eisenbahnerstreik allein angekommen wäre, wenn er nicht diese Gelegenheit auch hätte benutzen wollen, um gegen die Regierung Wirth vorzugehen, hätte er sich sagen müssen, daß das Streikpostenstehen in diesen Tagen und die Behandlung der Streik⸗ posten eine sehr kitzliche Sache war. Man kann sich auf den Stand⸗ kunkt stellen, daß es Advokaten und Richter geben kann, die meinen, wenn rechtsgültig eine Verordnung des Reichspräsidenten den Streik verbietet, dann ist auch das Streikpostenstehen zu ver⸗ bieten, wenn durch dieses Streikpostenstehen der hinreichende Ver⸗ dacht erweckt wird, daß es zum Streik oder zur Fortsetzung des Streikes auffordert. Darüber sind sich aber die Gelehrten noch See e ich kenne sogar Richter, die an dieser Auffassung

Aber es kam nach folgendes hinzu: Am zweiten Ta ikten in Berlin nicht allein die F“ nc⸗z 1922 ordnung des Reichspräsidenten das Streikrecht abgesprochen wurde, sondern es streikten auch ebensoviele Eisenbahnarbeiter. Und diese haben zweifellos das Streikrecht. (Zuruf bei der Deutschnationalen Volkspartei: Wo steht das geschrieben?!) In § 152 der Reichs⸗ gewerbeordnung. (Große Heiterkeit links.) Herr Abgeordneter Becker hat davon gesprochen, daß er den unglückseligen Schupo⸗ mann bedauert hätte, der nach der Anweisung des Kommandos der Schutzpolizei Streikposten hätte beobachten müssen. Nun, ich hätte mehr den armen Schupomann bedauert, der die Anweisung bekommen hätte, gegen die streikenden Eisenbahn beamten mit aller Schärfe vorzugehen, aber die streikenden Eisenbahn⸗ arbeiter ungeschoren zu lassen. Da hätte jeder Posten seine Legitimation mitbringen müssen, und ich glaube, mancher Schupo⸗ mann hätte vorbeigegriffen; gestern ist mir gesagt worden: viel⸗ leicht wäre es vorgekommen, daß er im Zweifelsfalle beide ver⸗ haftet hätte. (Heiterkeit.)

Nun, Herr Abgeordneter Becker, meinen Sie nicht auch, daß, wenn alle diese Lohnbewegungen, wie Sie selbst zugestehen, letzten Endes die Folgen der Erfüllungspolitik, d. h. der kolossalen Lasten sind, die wir dem Auslande gegenüber abzutragen haben, und wenn Sie der Meinung sind, daß mit dieser Bewegung unser Wirtschaftskörper noch nicht vollständig in Ordnung ist, sondern daß die Befürchtung besteht, daß wir noch weitere Zuckungen be⸗ kommen werden, meinen Sie nicht auch, daß es gerade dann die Aufgabe der Polizei ist, solche Bewegungen möglichst zu lokalisieren, dafür zu sorgen, daß sie nicht an Ausdehnung ge⸗ winnen? (Zurufe bei den Kommunisten.) Ich habe mich bemüht, daß sich mit der streikenden Reichsgewerkschaft, die bis zum zweiten und dritten Tage vollständig isoliert war, nicht auch der Eisen⸗ bahnerverband solidarisch erklärte. (Bravo! in der Mitte und rechts. Lebhafte Rufe: Hört, hört! bei den Kommunisten. Heiterkeit.) Aber, Herr Abgeordneter Katz, wünschen Sie denn, daß ich es anders mache? (Zurufe.) Ich bin der Meinung: Offenheit ist stets die beste Politik, und ich sage ganz offen auch für alle künftigen Fälle: Sollte ich in die Lage kommen, Streiks und gewaltsame Volksbewegungen von Staats wegen bekämpfen zu müssen, so werde ich auch in aller Zukunft mein hauptsächlichstes Augenmerk darauf richten, diese Bewegung zu lokalisieren, sie auf einen möglichst engen Herd zu beschränken. (Sehr gut! und Bravo! in der Mitte und rechts. Hört, hört! bei den Kommunisten.) Denn wir haben schon zu viel an lebendiger Volkskraft und an Gütern zerschlagen, als daß wir uns den Luxus großer Be⸗ wegungen gestatten könnten. (Lebhafte Zustimmung.)

Also mit den Streikposten ist es auch nichts, und ich möchte nun den Herrn Abgeordneten Becker fragen: Was bleibt noch von seinen ganzen Anwürfen und Vorwürfen gegen die preußische Staats⸗ regierung? Die Technische Nothilfe! (Zurufe bei den Kommunisten.) Ich habe keineswegs die Absicht, den Vertretern der preußischen Staatsregierung Lorbeerkränze ums Haupt zu winden; aber das muß ich doch sagen: daß in den Berliner Gemeindebetrieben die Technische Nothilfe eingesetzt worden ist, geschah durch die Ent⸗ scheidungen des preußischen Ministers des Innern (Bravo! rechts. Hört, hört! bei den Kommunisten), kein anderer hat dazu die Initiative ergriffen.

Bei der Gelegenheit, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, einige Worte über die Technische Nothilfe zu sagen. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß die Technische Nothilfe eine Not⸗ wendigkeit ist. (Sehr gut! und Bravol in der Mitte und rechts. Hört, hört! und Zurufe bei den Kommunisten.) Ich bin auch einmal Metallarbeiter gewesen, jawohl, ich bekenne mich mit Stolz dazu; ich war auch Gewerkschaftssekretär und Führer von Lohn⸗ bewegungen, jawohl! Aber es besteht ein Unterschied zwischen damals und heute. Der Krieg und seine Folgeerscheinungen haben auch das Gefüge der gewerkschaftlichen Organisation ge⸗ lockert, und leider haben nicht zuletzt durch Ihre gewissenlose Agitation, meine Herren Kommunisten, die Gewerkschaftsführer mit Verantwortlichkeitsgefühl so sehr bei den Massen an Ansehen verloren, daß es ihren Ratschlägen heute nicht immer gelingt, Schäden vom Volkskörper abzuhalten. [Zustimmung bei den Sozialdemokraten. Zurufe bei den Kommunisten.) Herr Katz, ich weiß nicht, wohin Sie dann kommen müssen; nicht einmal der Teufel wird Sie haben wollen. (Stürmische Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, daß es am besten wäre, wenn bei großen wirtschaftlichen Kämpfen, die lebenswichtige Betriebe betreffen, die Gewerkschaftsorganisationen

die Notstandsmaßnahmen selbst ausführen. Dieser Auffassung habe ich wiederholt in Wort und Schrift Ausdruck verliehen. Wenn ich in Berlin eine amtliche Stellung zu nehmen hatte zu Bewegungen der Gemeindearbeiter in den städtischen Betrieben

in Elektrizitätswerken und Wasserwerken, dann war meine erste

oder den Herrn Polizeipräsidenten bat, sich direkt mit der Streik⸗ leitung in Verbindung zu setzen, um festzustellen, ob die Streik⸗ leitung geneigt und imstande sei, die Notstandsarbeiten von den Streikenden selbst ausführen zu lassen. Nur dann habe ich die Zustimmung zum Einsetzen der Technischen Nothilfe gegeben, wenn die Antwort verneinend oder nicht ausreichend war. So war es auch in diesem Falle. Es ist uns schriftlich von der Streik⸗ leitung erklärt worden, daß die Versorgung der Berliner Be⸗ völkerung mit Wasser nicht zu den Notstandsarbeiten gehöre. (Lebhaftes hört, hört! bei den Sozialdemokvaten, in der Mitte und rechts.) Nachdem nicht einmal Garantien gegeben wurden, daß

(Bravo ͤbei den Sozialdemokraten)

sorgt werden konnten, daß die Krankenhäuser am Streiksonntag mit Licht beliefert werden konnten, da gab es kein Zaudern mehr für die Regierung, da habe ich im Einvernehmen mit dem Reichs⸗ minister des Innern den Polizeipräsidenten gebeten, die not⸗ wendigen Mannschaften der Schutzpolizei einzusetzen, um der Technischen Nothilfe den Einsatz in die Elektrizitätswerke zu ermöglichen. (Zustimmung bei den Sozialdemokraten, in der Mitte und rechts.) So wird es auch in Zukunft gehandhabt werden, und ich hoffe, auch die Unterstützung der Herren von der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei zu finden. Wir müssen uns im öffentlichen Leben, wenn wir zur Volksgemeinschaft kommen wollen, ein bißchen politische Ehrlichkeit angewöhnen. Rechts und links darf kein Unterschied bestehen zwischen den Reden auf der Landtagstribüne und zwischen den Taten im Berliner Rathaus. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten, in der Mitte und rechts.) Das alles muß aus einem Guß sein, die Haltung hier und dort. Wenn ich aber sehe, daß die a1nabhängigen Stadt⸗ räte Schlichting und Brühl einverstanden sind, Lie Technische Not⸗ hilfe auch in den Gasbetrieben einzusetzen, wenn ich sehe, daß die Herren damit einverstanden sind, daß Beschlüsse des Magistrats von Berlin nun auch ausgeführt wurden, um ein für allemal den Streikenden zu zeigen, daß auch die Gewerkschaftler eine Grenze ihrer Macht haben, dann verstehe ich es nicht, wie auf der anderen Seite die Wortführer dieser Partei sich darüber beklagen können, daß die Staatsregierung und die Reichsregierung den Magistrat in diesem Bestreben unterstützen. Das ist eine Politik mit doppeltem Boden. (Sehr richtig! rechts Zurufe links.) Ja, wer das nicht versteht und wer nicht den Mut hat, den Arbeitern zu sagen, daß auch die Macht der Gewerkschaften eine Grenze hat, ist ein Verräter an der Arbeiterschaft. (Sehr gut! Zurufe bei den Kommunisten.) Als ich Gewerkschaftssekretär war, habe ich meinen größten Ehrgeiz darin gesehen, meinen Kollegen die Keuntnis von den Zusammenhängen des Wirtschaftslebens und des politischen Lebens beizubringen, und biese Kenntnis hat sie dazu geführt, an⸗ zuerkennen, daß außer den gewerkschaftlichen Organisationen auch noch andere Menschen und Berufsvereinigungen auf der Welt sind. (Bravo! Zurufe bei den Kommunisten: Sie sind immer als Bremser bekannt gewesen!) Ich danke Ihnen sehr für das Zu⸗ geständnis, da Sie damit zum Ausdruck bringen, daß ich mich nicht gewandelt habe. Ich habe die Politik, die ich heute verfolge, gradlinig genommen.

Wer nämlich der Meinung ist, daß nach einem verlorenen Streik nur durch Verharren im Streik die Sache der Arbeiter ge⸗ wonnen werden kann, der treibt die Abeiter, d. h. in diesem Falle die gewerkschaftlichen Organisationen, zum Weißbluten und ver⸗ hindert die Möglichkeit, daß im gegebenen Moment die Gewerk⸗ schaften wieder eingesetzt werden. (Sehr richtig! bei den Sozial⸗ demokraten.) Das ist der bisherige Erfolg Ihrer Agitation in den Gewerkschaften. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten. Zuruf bei den Kommunisten: Ihr wollt sie einsetzen, wenn Eure Minister nach Hause gejagt sind)) Der Herr behüte mich vor meinen Freunden in der Kommunistischen Partei. (Zuruf bei den Kommunisten: Als Sie in Not waren, riefen Sie uns! Große Heiterkeit.)

Wie in diesen Tagen die Schutzpolizei verdächtigt worden ist, das geht eigentlich, verzeihen Sie den Ausdruck, auf keine Kuhhaut,

Notiz, in der es zum Schluß hieß:

zeitung“ nahm von dieser amtlichen Berichti gung keine Noti aber dann brachte sie am 12. Februar eine Zuschrift aus Efes mit folgender Ueberschrift: „Kommunistische Ente über die Pssener Schutzpolizei“. (Heiterkeit.) Es hieß in der Zuschrift:

und darin haben besonders die Herren von der Deutschnationalen Partei das Menschenmögliche geleistet. (Zuruf bei der Deutsch⸗ nationalen Volkspartei: Da hört alles auf!) Ja gewiß, da hört alles auf! (Große Heiterkeit.) Sie haben durch Ihre Zeitungsnotizen im Tag, im Lokalanzeiger, in der Deutschen Zeitung, im Deutschen Tageblatt und in der Deutschen Tages⸗ zeitung den Eindruck hervorgerufen oder hervorrufen wollen, als ob die Schutzpolizet auch drauf und dran wäre, mit fliegenden Fahnen in das Lager der Streikenden zu eilen. Dieser Eindruck mußte durch diese vielen Veröffentlichungen dieser Art entstehen. Berichtigungen nützten gar nichts. Kamen diese Berichtigungen von einer Stelle, die dem preußischen Ministerium des Innern nahestand, dann wurden sie nicht aufgenommen oder mit dem be⸗ kannten Schwänzchen versehen. (Hört! Hört!) Da zeichnete sich besonders die Deutsche Tageszeitung des Herrn Abgeordneten Baecker aus. (Abg. Baecker [Verlin!: So harmlos sind wir nicht, daß wir gewissen Berichtigungen glauben! Große Heiterkeit.) Aber wenn ich Herrn Baecker sage, daß er sich selbst schon mal berichtigt hat und dann diese Berichtigung widerrief, als eine ähn⸗ liche Berichtigung von der amtlichen Pressestelle kam, was wird er dann sagen? (Abg. Baecker (Berlin]: Das zunächst für unwahr⸗ scheinlich halten!) Ach nein, hier ist der Beweis. Meine Damen und Herren, folgendes: Am 6. Februar veröffentlichte unter der Spitzmarke „Streikgeldersammlung in der Schutzpolizei“ die Deutsche Tageszeitung des Herrn Abgeordneten Baecker eine

Die Erklärung der Schutzpolizei in Essen, daß keinem Streikführer ein Haar gekrümmt werden dürfe, zeigt ja Herrn e- hüh Herrn Abeggs Tätigkeit dafür gesorgt

„daß der nächste Streik wahrscheinlich v n. hrscheinlich von der Schupo ans.

Ich habe das sofort berichtigen lassen. Die „Deutsche Tages⸗

. Die Nr. 32 der in Düsseldorf erscheinenden „Kommmn. nistischen Freiheit“ vom 8. Februar bringt unter der Ueber. schrift „Bravo Schupo“ eine Nachricht aus Essen, laut der in einer Versammlung der städtischen Beamten, Justizbeamten und Polizeibeamten alle Anwesenden den streikenden Eisenbahnern ihre Sympathie ausgesprochen hätten und besonders die Poligeibeamten dafür eingetreten seien, keine Verhaftungen von Streitenden vorzunehmen. Beide Mitteilungen sind, soweit die städtischen Polizeibeamten in Betracht kommen, unrichtig. Als das sogenannte Ortskartell, dem alle Essener Beamtenschaften also auch die Polizei, angeschlossen sind, am 4. Februar eine Sym⸗ pathieerklärung zum Eisenbahnerstreik beschloß, war weder ein Bertreter der Schutzpolizei noch der sonstigen Beamtenschaft des Polizeiprästdiums zugegen. Der in der Versammlung zu⸗ nächst anwesende Vertreter der Schupo hatte sich vor der en. schließung entfernt, nachdem er erklärt hatte, die Schutzpolizei

die Krankenhäuser ees gee mit elektrischer Energie ver⸗

gleichen teilnehmen, sie tue es auch nicht.

könne nach ihren Bestimmungen an keinem Streik oder der⸗