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abkommen vom 13. August, der Kohle im allgemeinen und ihrem hohen Preis, den Sac rgruben und der Ver⸗ teilung der ersten Milliarde, 2. mit der Frage der Besatzungskosten und 3. mit dem Wiesbadener Ab⸗ kommen.
— Nach langen, besonders zwischen Frankreich und England geführten Verhandlungen ist es den französischen Delegierten dem „Matin“ zufolge gelungen. für die Fabrikation von Flugzeugen in Deutschland eine Entscheidung über neun Punkte herbeizuführen, die als Vorbedingung für die Fabrikation von Flugzeugen gelten sollen. Die ersten sieben Punkte sind kechnischer Art, sie betreffen die Bestimmung des Militärflugzeuges. Jedes Flugzeug, dessen Motorkraft eine bestimmte Stärke übersteigt, das eine gewisse Eigen⸗ geschwindigkeit und die Möglichkeit besitzt, in bestimmter Zeit eine gewisse Höhe zu erreichen, das ferner eine bestimmte Nutzlast und gleichzeitig ein bestimmtes Gewicht der inneren Einrichtung zu tragen imstande ist, das ein bestimmtes Verhältnis der Tragfläche zur Motorkraft aufweist, wird als ft dis gus angesehen und muß zerstört werden.
Entspricht das Flugzeug aber den aufgestellten Bedingungen, so wird es als Handelsflugzeug bezeichnet und kann fabriziert, verwendet und exportiert werden. Der achte Punkt erstreckt sich auf die Kontrolle der Fabriken und ihres tech⸗ nischen Personals. Der neunte Punkt, um den am heftigsten gestritten wurde, betrifft die Frage der ständigen Kontroll⸗ ommissionen. Hierüber soll eine Einigung erzielt worden sein, die der deutschen Regierung notifiziert werden wird. Deutschland soll demnächst auch in die Internationale Luftfahrtkonvention aufgenommen werden. Rußland.
Nach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ herrscht zwischen Petljura, der sich zurzeit unter fremdem Namen in Warschau aufhält, und dem General Wrangel in Moskau vorliegenden Nachrichten zufolge ein lebhafter Verkehr. Petljura verfügt über eine militärische Macht von 15 000 Mann; eine Ahteilung davon befindet sich in Warschau, der Stab ie Tarnow. Mitte Dezember wurden 3000 Wrangelsoldaten nach Beßarahien befördert. Der Stab Wrangels befindet sich in Sofia. Zu Anfang des Jahres soll ein Bündnis zwischen Petljura und Wrangel zustande⸗ gekommen sein, und ihre vereinigten Streitkräfte sollen 50 000 Mann betragen.
— In der zweiten Sitzung des Allukrainischen Kongresses der landlosen Bauern führte der Stell⸗ vertretende Vorsitzende des Rates der Volkskommissare, Manuills ki, aus:
Die Gründe, aus denen wir nach Genua eingeladen worden sind, liegen in der schlechten wirtschaftlichen Lage der kapitalistisch regierten Léänder. Der Völkerbund ist eine internationale Gesellschaft von Aktionären zur Ausbeutung von Kolonien. Zwischen Frankreich und England, die an der Spitze des Völkerbundes stehen, ist der Kampf auf allen Fronten entbrannt. Die Anstrengungen Frankreichs, ein von Meer zu Meer gehendes großes Polen zu schaffen und die militärische und wirtschaftliche Macht Deutschlands zu zerstören, laufen den Interessen Englands zuwider. Die Interessen dieser beiden Mächte gehen auch auf dem Balkan auseinander, und unsere Einladung nach Genua ist weiter nichts als ein Versuch, uns zu einer Kolonie zu degradieren und aus uns, wie früher aus der Türkei, ein Ahzsbeutungsobjekt der Kapitalisten zu machen. Ich erkläre nach⸗ drücklich und endgültig, daß sie das nie erreichen werden, auch nicht die Verminderung unserer Armee. Der Strom der Revolution wird seinen Lauf nicht ändern oder aufhalten lassen.
Belgien.
Der Minister des Aeußern Jaspar und der luxemburgische Staatsminister Reuter haben gestern im Ministerium des Aeußern die Ratifikationsurkunden des belgisch⸗luxem⸗ burgischen Abkommens ausgetauscht.
Italien. Die Regierung hat nunmehr ihre Zustimmung zur Er⸗ öffnung der Genueser Konferenz am 10. April gegeben. Fiume.
Das revolutionäre Komitee in Fiume, das die Macht in Händen hat, hat vorgestern nach einer Meld ung der „Grazer Tagespost“ die Vereinigung Fiumes mit Italien proklamiert. ö
8 Spanien. 88 In der Kammer fand eine Aussprache über die seit drei Jahren aufgehobenen Verfassungsgarantien statt. Die Liberalen verlangten ihre Wiederherstellung, der Minister⸗ präsident Maura erklärte aber, weiterer besonderer Voll⸗ machten zu bedürfen. Die Lage der Regierung ist andauernd schwierig. Schweiz. . Der Bundespräsident Dr. Haab hat, wie „Wolffs Tele⸗ graphenbüro“ mitteilt, durch den deutschen Gesandten in Bern dem Reichspräsidenten und der Reichsregierung für die innige und freundnachbarliche Teilnahme an dem so plötz⸗ lichen und tragischen Hinscheiden des Ministers von Planta seinen herzlichen Dank ausdrücken lassen. Er erblicke, so schmerzlich der Anlaß auch fei, in dieser Teilnahme einen neuen
Beweis der aufrichtigen, guten Beziehungen zwischen der Eid⸗
genossenschaft und dem Deutschen Reich.
Polen.
Das neue polnische Budget für 1922, das Ende der kommenden Woche der Finanzkommission vorgelegt wird, balanciert in Ausgabe und Einnahme mit 900 Milliarden Mark, wovon 270 Milliarden für Abschreibung von Schulden an das Ausland angesetzt sind.
6 Südflawien.
Der Ministerrat hat vorgestern der „Grazer Tages⸗ post“ zufolge nach einer Erklärung des Ministers des Aeußern über die letzten Ereignisse in Fiume beschlossen, an die Große und die Kleine Entente eine Note zu richten, in der die sofortige Bestimmung der Grenze des Staates Fiume verlangt wird. Der südslawische Gesandte in Rom hatte vorgestern wegen der Ereignisse in Fiume eine längere Besprechung mit der italienischen Regierung.
— Gestern sind in Belgrad die Vertreter der der Kleinen
Entente angehörenden Staaten zu Verhandlungen über ein
gemeinsames Programm für die Konferenz in Genua zusammengetreten. 1 Türkei.
Die Große türkische Nationalversammlung hat Mustapha Kemal zum Präsidenten und Roauf Bei, den ehemaligen Minister der öffentlichen Arbeiten, zum Vizepräsidenten wiedergewählt.
— cäsident Harding hat eine Verordnung erlassen, rschiffung von Waffen und Munition nach China verbietet.
— Der amerikanische Senat hat gestern eine Ent⸗ schließung angenommen, in der die Regierung gefragt wird, welche Wirkung die Ratifikation des Viermächte⸗ vertrags auf das im Jahre 1917 zwischen Lansing und
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Wshit geschlossene Abkommen haben werde. In diesem
Abkommen erklärten die Vereinigten Staaten und Japan, sie hätten nicht die Absicht, irgend etwas zu unternehmen, was die Unabhängigkeit Chinas oder seine territoriale Integrität schmälern könnte. Sie würden sich immer an den Grundsatz
der offenen Tür und der Gleichberechtigung aller am Handel
und der Industrie Chinas beteiligten Fremden halten.
Parlamentarische Nachrichten.
Im Hauptausschuß des Reichstags wurde gestern die Etatsberatung über den Haushalt der Reichsmarine be⸗ endigt. Nach kurzer Debatte wurden, wie das „Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger“ berichtet, die Etatspositionen für Nn tandhaltung der Seestreitkräfte, der Werft Wilhelmshaven und des Ar enals Kiel vom Hauptausschuß bewilligt. Angenommen wurden ferner die Forderungen für Artillerie und Befestigungen, Torpedo⸗ wesen, Minenwesen, Küsten⸗ und Vermessungswesen ustv. Emn An⸗ dß der Abgeordneten Heile (Dem.), von Gallwitz (D. Nat.), Brüninghaus (D. Vp.) und Genossen verlangte, daß die in einzelnen Kapiteln des Marinehaushalts angeführten Be⸗ amten des ehemaligen militärischen Fachpersonals in den Besoldungs⸗ gruppen VII bis X, sofern sie nicht schon aus einer entsprechenden oder höheren Gruppe ihre Gebührnisse beziehen, gemäß § 23 des Be⸗ soldungsgesetzes jeweilig die Gebührnisse der Gruppe beziehen sollen, aus der sie ihre Gebührnisse bezogen hätten, wenn sie Militärpersonen geblieben wären. Dieser Antrag wurde auf Beschluß des Haupt⸗ ausschusses dem Reichstagsausschuß für Beamten⸗ angelegenheiten zur Behandlung überwiesen. Damit wurde der Etat des gesamten Wehrministeriums verabschiedet.
Es folgte die Beratung des Haushaltsplans für das Auswärtige Amt. Als Berichterstatter referierte Abgeordneter Dr. Hoetz sch (D. Nat.). Er betonte, man müsse anerkennen, daß bersacft werde, die Uebertreibungen des früheren Reformgedankens zu mildern. Die gesunde Grundlage der Idee in ihrer Dreigliederung der Organisation des Auswärtigen Amts sei beibehalten worden, nämlich 1. die Zusammenlegung der diplomatischen und konsularischen Laufbahn, 2. die Regionalteilung der Zentrale und 3. die Versorgung des Auswi rtigen Amts mit wirtschafllichen Nachrichten. Im Etat ergebe sich die Zunahme an Einnahmen aus den bekannten Er⸗ böhungen der Paß⸗ und sonstigen Konsulatsgebühren. Die Ausgaben wiesen in erster Reihe wegen der gewaltigen Spannung beim Kurs⸗ ausgleich große Steigerungen auf. Der Redner besprach dann aus⸗ führlich die vom Auswärtigen Amt dem Hauptausschuß überreichten
enkschriften über das Besoldungssystem der im Auslande be⸗ chäftigten Beamten, das sich auf einem sorgfältig durchdachten Be⸗ rechnungsmodus aufbaue, und über die Verteilung und die Zahl der Beamten in den Missionen. Bezüglich der Auslandsvertretungen war der Redner der Ansicht, daß das Konsulat in St. Gallen aus arsamkeitsrücksichten gestrichen werden könne: ebenso könnten die Gesandtschaften in Adis⸗Abeba und in Havanna ausgelöst werden. 2 ielleicht wäre auch die Auflösung der Gesandtschaft in Siam in Betracht zu ziehen. Die Besetzung der staftabischen und der süd⸗ amerikanischen Posten habe namentlich bei kaufmännischen Kreisen Bedenken gezeitigt. Am wichtigften sei nach wie vor die Besetzung der Botschaft in Washington. Was die Unterbringung der Botschaft in Rom betreffe, so könne man die räumlichen Verhältnisse als durch⸗ aus unwürdig bezeichnen. Aber das sei eine Frage der deutsch⸗ italienischen Beziehungen, die einseitig vom Auswärtigen Amt nicht gelöst werden könne. Allgemeine politische Auslassungen behielt sich der Redner noch vor. Abgeordneter Dr. Schreiber (Zentr., stellte den Antrag auf feste Etatisierung der Auslandsvertretungen an Stelle des Systems der fliegenden, Stellen bei den Auslandsmissionen. Bei der Besoldungsordnung für die Auslandsbeamten müsse das Reichsfinanzministerium ein entscheidendes Wort mitzusprechen haben. Mehr als 20 sogenannte Kanzlerposten könnten bei den Auslandsver⸗ tretungen abgebaut werden. Das Berufsbeamtentum dürfe durch die große Zahl der Angestellten nicht erschüttert werden. Gerade das Aus⸗ wärtige Amt verlange ein hervorragendes Berufsbeamtentum. Die bisherige Taktik gegenüber dem mittleren Beamtentum sei verhängnis⸗ voll gewesen. A geordneter Stücklen (Soz.) sprach sich dagegen aus, daß einzelne Arbeitsgebiete sowohl im Auswärtigen Amt wie auch in anderen Ministerien behandelt würden. Dadurch werde Doppel⸗ arbeit geleistet, die erspart werden könne. Der Redner erwähnte in diesem Zusammenhang die Fürsorgetätigkeit für die Auslandsdeutschen, die jetzt im Auswärtigen Amt und im Ministerium des Innern aus⸗ geübt werde. Abgeordneter von Rheinbaben (D. Vp.) befür⸗ wortete die Einrichtung eines ständigen Staatssekretärs, der in der Reihe der beim parlamentarischen Regime notwendigerweise wechselnden Minister den ruhenden Pol darstellen und damit Gewähr für die Ständigkeit der äußeren Politik bieten solle. Abgeordneter Graf Bernstorff (Dem.) warnte vor Ueberspannung des Spar⸗ samkeitsprinzips, besonders bei Beurteilung der Notwendigkeit der Gesandtschaften und übrigen Missionen in Süd⸗ und Mittelamerika. Insbesondere Südamerika sei für Deutschland wi rtschaftlich das Land der Zukunft, und deshalb seien alle Beziehungen mit besonderer Sorg⸗ falt zu pflegen. Abgeordneter Müller⸗Franken (Soz.) hielt die Zahl der Außenseiter im Auswärtigen Amt für nicht erheblich. Nach dem Kriege sei es in vielen Fällen garnicht möglich gewesen, die Be⸗ rufsdiplomaten der Vorkriegszeit auf manche Außenposten zu setzen. Er erinnere nur an die Botschaft in Paris, die doch unmöglich durch einen ehemaligen kaiserlichen Diplomaten hätte versehen werden können. Der Einrichtung eines ständigen Staatssekretärs im Aus⸗ wärtigen Amt wäre der Redner durchaus zugeneigt.
Der Ministerialdirektor Gneist vom Auswärtigen Amt er⸗
widerte, es brauche wohl nicht betont zu werden, daß bei Aufstellung
des Haushaltsplans seitens des Auswärtigen Amtes mit der größten Sparsamkeit vorgegangen sei. Gegenüber 33 etatsmäßigen vor⸗ tragenden Räten, die im Amte vor dem Kriege vorhanden gewesen, seien jetzt 36 vortragende Räte etatsmäßig vorhanden. Dabei möge man bedenken, daß durch die Ausführung des Friedensvertrages, durch die Entstehung einer großen Zahl neuer Staaten und durch den Wiederaufbau unserer durch den Weltkrieg teilweise völlig ver⸗ nichteten Auslandsvertretungen sich der Aufgabenkreis des Aus⸗ wärtigen Amtes geradezu ins Riesenhafte erweitert habe. Die Festsetzung des für die Beamten im Ausland ge⸗ schehe naturgemäß im engsten Einvernehmen mit dem Reichsfinanz⸗ ministeriium. Seitens des Finanzministeriums sei übrigens fest⸗ gestellt worden, daß die Besoldungssätze sich durchaus im Rahmen der vertretbaren Grenzen hielten. Eine Zusammenlegung von Missionen bedeute in vielen Fällen kéine Ersparnis, da alsdann für entsprechende konsularische Vertretungen gesorgt werden ncse außerdem bedeutende Reisekosten usw. entständen. Die Frage be⸗ züglich Havannas sei ernstlich zu erwägen. Was die sogenannten Außenseiter im Auswärtigen Amt betreffe, so hätten von den jetzt im Amt befindlichen 36 vortragenden Räten 10 nicht die übliche diplomatische Vorbildung, das gleiche treffe bei 19 von den 42 Legationsräten zu, und in Auslandsposten bis zu den Gesandschafts⸗ räten hinab seien ebenfalls 19 nach ihrer Vorbildung keine Berufs⸗ diplomaten. Die Zahl sei also nicht unerheblich, und man könne den Reklamationen der in ihrem Aufstieg sich gehemmt fühlenden höheren Beamten der diplomatischen Laufbahn eine gewisse Be⸗ rechtigung nicht absprechen. Im Interesse einer arbeitsfreudigen Pflichterfüllung sei es zu wünschen, daß der Aufstieg aller sich dem diplomatischen Fach widmenden Beamten den Fähigkeiten ent⸗ sprechend gefördert werde, und deshalb sei eine Einstellung von so⸗
t eenseitern nur ür b henenntet Ane sece Posten unter der Berufsdiplomatie ge⸗ eignete Kräfte nicht vorhanden seien. Was des Konsulats in St. Gallen betreffe, so sei zu bedenken, daß dort die Einnahmen aus dem Paßverkehr die hgheen des ““ e einbrächten, so daß eine Auflösung aus -“ ni stng wendig wäre. — Nach einer weiteren Aussprache über Heeetede Etatspositionen, die die Unterstützung des 1e2 und die Verbreitung deutscher Wissenschag. und Kunst 85 be⸗ treffen und die im Hauptausschuß Bewilligung fanden, vertagte sich der Ausschuß auf Dienstag.
— Im EEE111“ für Steuerfragen stellte Abg. Bruhn (D. Nat.) den Antrag, im § 27, betreffend die Inseratensteuer, die Rterh lichekiche Be⸗ rechnung festzusetzen und dieser Bestimmung vru ckwi 8 ende Kraft für 1921 zu geben. Die Mehrheit des Ausschusses stimmte dem Antrag zu. . .
Der Ausschuß wandte sich dann dem Entwurf eines Vet⸗ sicherungssteuergesetzes zu. Gemäß einem Antrage Lange⸗Hegermann (Zentr.) wurden die Versicherungen von Vieh aus kleinen Viehhaltungen nunmehr steuerfrei gelassen, wenn die Versicherungssumme 25 000 ℳ (nach dem Beschlusse bei der ersten Lesung 10 000 ℳ) nicht übersteigt und wenn die Versicherung bei einem Versicherungsverein auf Gegei⸗ seitigkeit genommen ist. In § 20 wurde noch die Abänderung ge⸗ troffen, daß Versicherungen, für die das Entgelt in der Zeit vom 1. Januar 1922 bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes für einen Zeitraum von mehr als einem Jahre gezahlt worden ist, diesem Gesetze unterliegen, soweit sich das Entgelt auf den Zeitraum von mehr als einem Jahre bezieht. Bei der ersten Lesung war als Stichtag der 1. Juli 1921 gewählt worden. Schließlich wurde noch
festgesetzt, daß der Reichsminister der Finanzen ermächtigt wird, den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes zu bestimmen. Im übrigen blieb es bei den Beschlüssen erster Lesung. 18
In der Nachmittagssitzung des Reichstagsausschusses für Steuer⸗ fragen wurde der Entwurf eines Kapitalverkehrs⸗ steuergesetzes in zweiter Lesung beraten. In § 1 wurde auf Antrag Lange⸗Hegermann (Zentr.) die Besteuerung der Gewerbeanschaffung gestrichen für die somit die Kapitalverkehrssteuer nicht erhoben wird. Es wurde vom Antrag⸗ steller darauf verwiesen, daß die aus dieser Steuer zu erwartenden Erträgnisse in keinem Verhältnisse zu den Verwaltungskosten ständen, welche die Erhebung der Steuer verursachen würde. Die Befreiungs⸗ vorschriften des § 4 wurden zunächst auf Antrag des Abg. Dr. Fischer⸗Köln (Dem.) abgeändert. Von der Steuer befreit sollen sein a) inländische Aktiengesellschaften. Kommandit⸗ gesellschaften auf Aktien und Fee mit beschränkter Haftung, deren Erträgnisse ausschließlich dem Reiche, einem Lande oder einer Gemeinde zufließen. Auf Kreditanstalten der Gemeinden sollen jedoch die Befreiungsvorschriften keine Anwendung finden. Befreit sind hin⸗ gegen die öffentlichen oder dem öffentlichen Verkehr dienenden Spar⸗ kassen, die sich auf die Pflege des eigentlichen Sparkassenverkehrs beschränken, und gemeinnützige Kreditanstalten, die von Körperschaften des öffentlichen Rechts gegründet und geleitet werden. Von der Steuer befreit sind ferner b) gemäß den Beschlüssen erster Lesung die unter Beteiligung des Reichs, eines Landes oder einer Gemeinde aus⸗ schließlich dem öffentlichen Verkehr dienenden Gesellschaften, falls die Beteiligung in unentgeltlichen Zuwendungen in Höhe von mindestens einem Zehntel des Mrtien⸗ oder Stammkapitals oder in der Ueber⸗ nahme von mindestens einem Viertel Kapitals oder in der Uebernahme einer entsprechenden Gewährleistung besteht. (Gemäß einem Antrage des Abg. Lange⸗Hegermann (Zentr.) werden als Abschnitt e unter diesen Befreiungen Gesellschaften auf⸗ geführt, deren verfassungsmäßiger und tatsächlicher Zweck ausschließlich gemeinnützig ist und wesentlich der Förderung minderbemittelter Volkskreise dient. Ein Abschnitt d umschreibt näher den Begriff der gemeinnützigen Gesellschaften; ebenso geschieht dies durch eine neu Vorschrift, die dem § 4 als Absatz 2 zugefügt wird. Der Schluß des § 4, der den Instanzenweg festlegt, wurde dahin abgeändert, die Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen der Absätze 1 und bei einer Gesellschaft vorliegen, das Landesfinanzamt, in den Fäl des Absatzes 1 a und b im Benehmen mit der zuständigen Land behörde trifft. § 6 wurde dahin gefaßt, daß die Gewahrung r Darlehen an die Gesellschaften dann steuerpflichtig sind, wenn es sachlich bei den Darlehen um eine Beteiligung handelt. Bei die Fassung konnte die in erster Lesung für die Banken aufgenomme Sondervorschrift in Fortfall kommen.
Ein Antrag der Abgg. Dr. Rießer (D. Vp.) und 2 Fischer⸗Köln (Dem.) wünschte Ermäßigung der Steuer bei Ar gabe von Aktien an Vereinigungen von Personen, die zu der Gese schaft in einem Arbeitsverhältnis stehen, im Anschluß an di Schaffung von solchen Aktien bei der Firma Krupp. Dr. Rieß (D. Vp.) führte hierzu aus, daß es sich hierbei um Aktien hande die keine Spekulationsobjekte werden könnten. Abg. Dr. Fischern Köln (Dem.) begründete ebenfalls den Antrag auf steuerrechtliche B ünstigung der Arbeiteraktien. Abg. Kah mann (Soz.) trat de Antrag entgegen. Der Tarif des Arbeiters sei seine Anteilnahn Abg. Dr. Helfferich (D. Nat.) pflichtete dem Antrage bei, der dazu dienen solle, die Arbeiter zu entproletarisieren. — Der Antrag wurde schließlich zurückgezogen zugunsten eines An trags des Abg Dr. Becker (D. Vp.), die Regierung zu ersuchen, die Ausgabe vo Aktien, Gesellschaftsanteilen an Arbeiter und Angestellte des Betrieb durch weitgehende Ermäßigung der Gesellschaftssteuer auf Grund des § 108 der Reichsabgabenordnung zu fördern, solange eine geset⸗ liche Ermäßigung noch nicht besteht. Auf Antrag der Abgg. Di Rießer (D. Vp.) und Dr. Fischer⸗Köln (Dem.) wurde schließlich der Stempel für die obligationsähnlichen Vorzugsaktien mit einfachem Stimmrecht auf 5 vH ermäßigt.
— Der Reichstagsausschuß für soziale Angelegen⸗ heiten setzte seine Beratungen über den Entwurf eines Arbeitsnachweisgesetzes fort. Behandelt wurde zunächst § 18 des Gesetzes. Der Entwurf rechnet mit zwei verschiedenen Arten von Landesämtern, solchen, die anderen Behörden (Staats⸗ oder kommunalen Verwaltungsbehörden) angeschlossen und solchen, die als selbständige Behörden errichtet sind. Der bezeichnete Paragraph 888 nun in Verbindung mit anderen die Einheitlichkeit des sachlichen Vorgehens für alle Landesämter gewährleisten, während im übrigen die Länder in der Gestaltung und Führung de Landesämter selbständig sein follen und vor allem das Reichsamt nu⸗ eine sachliche Aufsicht ausüben soll. Entsprechend einem Antrage der Abgg. Aufhäuser (U. Soz.) und Giebel Scz) wurde die Fassung des Abs. 2 des § 18 folgendermaßen abgeändett: „Der Reichsarbeitsminister stellt mit Zustimmung des Reichsrats und im Benehmen mit dem Verwaltungsrat beim Reichsamt Grund⸗ sätze für die Verfassung der Landesämter auf.“ Mit dieser Aenderung wurde § 18 vom Ausschuß angenommen. Ferner wurden ohne wesentliche Aenderungen die § 19 und 20 angenommen. Ge⸗ mäß einem Antrage der Abgg. Hoch (Soz.) und Frau Schroeder (Soz.) wurde alsdann die Fassung des § 21 folgender maßen geändert: „Die Vertreter der Arbeitgeber im Verwaltung⸗ ausschuß werden durch die Arbeitgeberabteilung, die der Arbeit nehmer durch die Arbeitnehmerabteilung des Weirkomirtschgftsran gewählt. Die näheren Bestimmungen über die Wahl erläßt der Reichsarbeitsminister nach Anhören des Reichsamts. Die Wahlzeit dauert drei, Jahre. Angenommen wurden alsdann, teilweise mit sinigen Aenderungen, die §§ 22 bis 25, welche die Zuständigkeit des Verwaltungsausschusses, die Auswahl des Geschäftsführers und ge⸗ wisse Rechte und Verpflichtungen der Landesämter zur Beschaffung der “ 8 die richtige Beurteilung des Arbeitsmarktes gegenüber sachverständigen und mi Wirtschafts üpften “ gen und mit dem Wirtschaftsleben verknüpfte
— Der Arbeitsausschuß des Behthänfüßsn Reichswirt⸗ e
1.“ zur Beratung des Besitzsteuergesetzes bielt heute eine
dann erwünscht, wenn für die von den
Statistik und Volkswirtfchaft.
ie Teuerung hat im Monat Februar stark zu⸗ enommen. Die Reichsinderziffer für Lebens⸗ saltungskosten, die vom Statistischen Reichsamt auf Grund der Erhebungen über die Kosten für Ernährung, Heizung,
Beleuchtung und Wohnung berechnet wird, ist vom Januar zum
Februar von 1640 auf 1989, also um 349 Punkte oder um 21,3 vH estiegen. Verglichen mit dem Stande vor einem Jahre (Februar 1920, bedeutet dies eine Verteuerung der erwähnten vier Lebens⸗ bedürfnisse um 120,8 vH. Die Kosten der Lebenshaltung haben sich h seitdem weit mehr als verdoppelt. Zu der Verteuerung im Monat Februar tengen vor allem die E. rnährungsausgaben bei, deren Inderziffer von 2219 im Januar um 23 vH auf 2727 gestiegen ist, Außer Schelffischen, veren Preise sich teilweise etwas ermöäßigen konnten, wurden alle Lebensmittel viel teurer. Be⸗ sonders stark zogen die Preise für Kartoffeln und Gemüse an, da die lange Kälteperiode und die zu Beginn des Monats ungünstigen Verkehrsverhältnisse die Teuerung für diese Lebensmittel sehr verschärften. Inzwischen sind diese Preise ebenso wie die für Eier etwas zurückgegangen. Die um die Mitte des Monats ein⸗ getretene Brotpreiserhöhung kommt in den Inderziffern für Februar erst zur Hälfte zum Ausdruck. Auch die Ausgaben für Heizung, Be⸗ leuchtung und die Wohnungsmiete haben sich weiter gesteigert. Die Aufwärtsbewegung der Preise war, wie im Vormonat, innerhalb des Reichs nicht einheitlich. (W. T. B.)
- Arbeitsstreitigkeiten. Die Hafen⸗ und Kohlenarbeiter des Stettiner Hafens, die sich seit Mittwoch voriger Woche im Ausstand be⸗ fanden, haben „W. T. B.“ zufolge auf Grund eines von beide Parteien angenommenen Schiedsspruchs die Arbeit gestern wieder aufgenommen.
Der Vorsitzende des Verbandes derenglischen Maschinenindustrie forderte, wie „W. T. B.“ aus London erfährt, Lloyd George dringend auf, die am nächsten Sonnabend drohende Aussperrung in der Maschinenindustrie zu verhindern. Die Arbeitseinstellung werde eine Million Ge⸗ werkschaftler berühren und die Zahl der Erwerbslosen noch steigern. Die Aussperrung würde auch andere Erwerbszweige in Mitleidenschaft ziehen und bedeuten, daß insgesamt 7—8 Millionen Menschen darunter
iden hätten.
Kunst und Wissenschaft.
Die physikalisch⸗mathematische Klasse der Preußischen Akademie der Wissenschaften hielt am 12. Januar eine Sitzung, in der Herr Beckmann über die Neigung der Hydroxyl⸗Aminverbindungen zu Um⸗ jagerungen sprach. Es wird mitgeteilt, wie in qualitativer und quantitativer Hinsicht die Existenzbedingungen beeinflußt werden können. — Herr Correns legte eine Arbeit von Prof. Dr. F. Bernstein und Dr. P. Schläper aus dem Institut für mathematische Statistik an der Unipersität Göttingen vor: „Ueber die Tonlage der menschlichen Singstimme“. (Ein Beitrag zur Statistik der sekundären Geschlechtsmerkmale beim Menschen.) Die Verfasser haben statistische Untersuchungen über die Singstimme von je mehr als 1000 Männern und Frauen (nach der Mutation) angestellt. Geprüft wurden Umfang und Lage der Stimme. Die Masse sowohl der Männer⸗ als der Frauenstimmen zerfällt in wei deutlich getrennte Gruppen, die nach dem Sprachgebrauch als Baß und Tenor bezw. Sopran und Alt bezeichnet werden können. Sie haben, für sich genommen, jede sowohl nach mittlerer Stimmlage als nach stimmlichem Umfang nahezu Gauß⸗Charakter; sind also im wesentlichen natürliche Gruppen. Das Zahlenverhältnis ist sowohl für Baß: Tenor wie für Sopran: Alt auffallend genau 5: 1.
In, der am 2. Februar abgehaltenen Sitzung der physi⸗ kalisch⸗mathematischen Klasse sprach Herr Correns über Vererbungsversuche mit buntblättrigen Sippen, VI. und VII. VI. Einige neue Fälle von Albo⸗ maculatio. Es werden die Vererbungsverhältnisse des weißbunten Zustands für Stellaria media, Hieracium Auricula, Senecio vul- garis und Taraxacum officinale besprochen. Bei den letzten beiden vurde auch die Verteilung der Früchtchen mit den verschiedenartigen sweißen, bunten, grünen) Embryonen über den Fruchtboden fest⸗ gestellt. Es handelt sich um den zuerst für Mirabilis Jalapa be⸗ schriebenen status albomacnlatus. Im Anschluß daran wird das Zustandekommen der bunten Sämlinge erörtert. VII. Ueber die
eraurea-Sippe. Für diese bisher nur im heterozygotischen Zustand ekannte, gelbgrüne Sippe der Urtica urens ließen sich die peraurea- Homozygoten nachweisen, die fast immer schon als junge Embryonen absterben; nur ganz einzelne (eine auf mehr als tausend) bringen es bis zur Keimfähigkeit. — Herr Einstein legte eine Mitteilung vor: Zur Theorie der Lichtfortpflanzung in dispergjerenden Medien. Es wird gezeigt, daß — entgegen dem Ergebnis einer früher vom Verfasser angegebenen elementaren Ueberlegung — das von bewegten Kanalstrahlteilchen emittierte Licht in dispergierenden Medien auch nach der Undulationstheorie keine Krümmung er⸗ keidet. — Herr Schmidt legte eine Mitteilung„ Ueber Potenz⸗ reihen mit endlich vielen verschiedenen Koeffi⸗ zienten“ von Herrn Dr. Szegö in Berlin vor. Es wird be⸗ wiesen, daß eine Potenzreihe, unter deren Koeffizienten nur endlich diele voneinander verschiedene vorkommen, entweder den Einheitskreis zur natürlichen Grenze hat oder eine periodische Verteilung der
Kreffizienten aufweist und somit eine rationale Funktion darstellt.
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Im Auftrage der Preußischen Akademie der Wissen⸗ schaften tns am SDne begt, den 11. d. M., Abends 7 ½ Uhr, im Festsaal der Akademie, Unter den Linden 38, der Professor Dr. Küstner, Bonn, über „Altes und Neues vom Firsternhimmel“ einen öffentlichen Vortrag halten, dessen Ertrag für wissenschaftliche Zwecke bestimmt ist. Einzelkarten zum Preise von 4 ℳ (numerierter Sitzplatz) und zu 1 ℳ (Stehplatz) sind zu haben bei A. Wertheim, Leipziger Straße, und beim Pförtner der Akademie.
CEine Forschungsreise nach dem Kaxakorum. Der ttalienische Forschungsreisende Dr. Filippo de Filippi bereitet eine wissenschaftliche Reise nach Zentralasien vor, für die er hauptsächlich englische Unterstützung gefunden hat. Der Forscher will, wie die „Umschau“ mitteilt, seine 1914 durch den Ausbruch des Weltkriegs unterbrochene Forschungsreise nach dem 20 000 Fuß hohen Eisplateau des Karakorumgebirges nördlich von Kaschmir von neuem aufnehmen. Filippi will meteorologische Stationen in einer Höhe von 18 000 Fuß einrichten und von dieser Höhe aus Registrierballons ablassen, die mit selbstregistrierenden Instrumenten ausgestattet sind und über die bisher unbekannten atmosphärischen Bedingungen in solchen Höhen Auskunft
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geben sollen. Literatur. VVon einer Schriftenfolge, die den Titel „Die Mache im Welt⸗ wahn“, Schriften für echten Frieden, trägt und die Ferdinand Avengrius im Verlag von Reimar Hobbing in Berlin heraus⸗ giht, ist das Doppelheft 1/⁄2 erschienen. Es führt den Untertitel Propaganda und Wahrheit.“ 1. Die, photogra⸗ vhischen Dokumente. Avenarius bietet hier ein reiches Material dafür, in welch gyoßem Umfang und mit welcher Skrupel⸗ losigteit das Bild während des Krieges in den Ententeländern in den ienst der Unwahrheit gestellt und zur Schürung des Hasses ver⸗ wendet wurde. Mag man über die oftmals witzlosen und gehüsscgen Karikaturen als Erhesontse einer leidenschaftlich bewegten Zeit lächeln mag man über die falsche Ausdeutung an sich harm⸗ loser Bilder als Zeichen deutscher Schwäche und Kriegsmüdig⸗ feit hinwegsehen: die große Mehrzahl der in den Keften
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aturgetven wiedergegebenen Bilder erweisen sich als grobe, lediglich
[zur Schürung des Haffes erfonnene Fäkschungen, und jeden auch nur einigermaßen objektiven Beschauer muß die Empoörung darüber erfassen, daß mit so niedrigen Mitteln das Empfinden der Völker so gründ⸗ lich vergiftet wurde, daß die Folgen dieser Gemütsvergiftung vielfach noch den Krieg überdauern. Da findet man Bilder von tatsächlichen Vorkommnissen, die durch kleine Retouchen und falsche Bezeichnungen als im Krieg von den Deutschen begangene Greuel den gutgläubigen Beschauern vorgeführt wurden. So wurde eine Postkarte, die ein Pogrom aus dem Jahre 1905 darstellt, vergrößert und als „die Verbrechen der deutschen Horden in Polen“ verbreitet; eine Photographie, die das Abliefern von Postsäcken vor dem Feldpostamt Kavevara zeigt, wird als Wäscheraub der Deutschen in Serbien in die Welt gesandt, eine Photographie, die die Verhaftung einer plündernden Italienerin durch deutsche Soldaten wiedergibt, wird mit der Bezeichnung „die unaus⸗ sprechlichen Hunnen beim Plündern“ verbreitet. Andere Bilder sind zu ihrem unlauteren Zwecke frei erfunden, wie eine Zeichnung „nach der Natur die einen von einem deutschen Basonett durchstochenen Knaben zeigt, während im Hintergrunde die Städte Reims und Löwen in Flammen stehen. Hierher gehört auch eine übertuschte Photographie, auf der der Einsturz der von den Deutschen beschossenen Kathedrale von Reims vorgetäuscht wird, deren Turm noch beute steht. Der Herausgeber hat mit großem Fleiß nicht nur die gefälschten Bilder gesammelt, sondern ihnen in den meisten Fällen auch die diesen Fälschungen zugrunde liegenden Originale gegenübergestellt, so daß die Täuschung völlig augenscheinlich wird. Zahlreiche Fälschungen sind freilich so vlump, daß man sich ihre gutgläubige Aufnahme nur aus einer Art Haßpsychose erklären kann. Den Heften ist eine weite Verbreitung, namentlich im Auslande, zu wünschen. Sie würden dann zur Entgiftung der Gemüter beitragen und damit dem „echten Frieden“ gute Dienste leisten.
Ign den Veröffentlichungen des Archivs der Deutschen Scewarte ist eine Schrift erschienen, in der der Abieilungsvorstand bei der See⸗ warte Dr. Wilhelm Brennecke „Oie ozeanographischen Arbeiten der Deutschen Antarktischen Expedition 1911 — 1912“ behandelt hat. Der Verfasser hat die Expedition als Ozeanograph begleitet, um mit den Erfahrungen, die er auf einer früheren Reise mit dem Vermessungsschiff „Planet“ im Jahre 1907 in der Technik der Tiefseeforschung gemacht hatte, neues Beobachtungs⸗ material aus unbekannten Gebieten zu sammeln und zu bear⸗ beiten. Während der ganzen Dauer der Reise, auch während der monatelangen Trift im Treibeise der Weddell⸗See konnten Beobachtungen angestellt werden, aber immer wieder drängte sich die Ueberzeugung auf, daß eine eindeutige Lösung vieler Fragen wegen Fehlens exakter Messungen über die Richtung und Geschwindig⸗ keit des Wassers in den Schichten unter seiner Oberfläche nicht mög⸗ lich sei. Die in der vorliegenden Schrift gezogenen Schluß⸗ folgerungen aus der vertikalen Verteilung von Temperatur, Salz⸗ gehalt und Sauerstoffgehalt bedürfen also noch der Bestätigung durch Messungen der wirklich erfolgenden Bewegung des Wassers in den Tiefenschichten. Der Verfasser bezeichnet es als das erste Ziel jeder künftigen derartigen Forschungsreise, ein⸗ wandfreie Messungen über die Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit der Wassermassen in den verschiedenen Tiefenschichten der Ozeane beizubringen. Die Schrift, deren Heraus⸗ gabe durch den Krieg verzögert wurde, zerfällt in 8 Kapitel, in denen die Grundlagen für die auszuführenden Untersuchungen, die Ergebnisse der Tiefseelotungen, die Beobachtungen der Meeresoberfläche, die Reihenmessungen, ihre Hauptergebnisse, weitere Untersuchungen im Anschluß an die Reihenmessungen, chemisch⸗physikalische Sonderunter⸗ suchungen sowie die Trift des Expeditionsschiffes im Eis der Weddell⸗ See behandelt sind. Dem Tert sind 41 Textfiguren und 15 Tafeln beigegeben. t.
Theater und Musik.
Im Opernhause wird morgen, Mittwoch, „Tosca“, mit den Damen Schwarz, Jäger⸗Weigert und den Herren Hutt, Armster, Heyer als Gast, Krasa, Lücke und Hieber besetzt, gegeben. Musikalischer Leiter ist der Generalmusikdirektor Leo Blech. Anfang 7 ½ Uhr.
Im Schauspielbhause wird morgen „Don Carlos“ mit Johanna Hofer, Bruno Decarli, Ernst Deutsch, Arthur Kraußneck und Lothar Müthel in den Hauptrollen wiederholt. Anfang 7 ½ Uhr.
Im Großen Schauspielhause beginnt der Stammsitz⸗ kartenverkauf für die Spielzeit 1922/23 am 15. März. Es sind sechs verschiedene Werke in Aussicht genommen, für die Hebbels „Nibelungen“, 1. und 2. Teil, Shake⸗ spveares „Gezähmte Widerspenstige“, Grabbes „Napoleon“, Gozzis „Turandot“ und Raimunds „Verschwender“ in Betracht kommen, außerdem ein von Max Reinhardt in Szene gesetztes Werk Offenbachs. Jede Dauerbezugskarte lautet wiederum auf einen bestimmten Tag und ein bestimmtes Datum. Als besondere Vergünstigung für die Dauerbezieher ist die Einführung getroffen, daß jeder Stammsitzinhaber das Recht hat, unter Vor⸗ zeigung des Dauerbezugshefts für die Spielzeit 1922/1923 auf Wunsch eine 7. und 8. Vorstellung zu den Dauerbezugspreisen des Großen Schauspielhauses im Deutschen Theater zu be⸗ anspruchen. Berechtigungsscheine hierfür werden der Daue kasse des Großen Schauspielhauses ausgegeben.
Konzerte.
Der bekannte Dirigent ongo Reichen berger hatte für sein Konzert mit dem Philharmonischen Orchester am 3. März in der Philharmonie keinen geringeren als Eugen d'Albert zur Mitwirkung gewonnen, der mit Beethovens Es⸗Dur⸗ Konzert und Liszts „Totentanz“ in die Schranken trat. Die bravouröse, wenn auch nicht immer saubere Technik und das ungezügelte Temperament sind ihm verblieben, wohin hat sich aber der poesievolle Anschlag von früher verflüchtigt? Die schönsten Stellen in Beethovens Werk wurden hart und gläsern herausgestochen, und das maßlose Toben der linken Hand im Rondo verlieh diesem einen geradezn gewaltsamen Anstrich. In dem Lifztschen Werk, wo es hart auf hart zwischen Flügel und Orchester geht, fühlte er sich aber in seinem Element. Den Anfang des Konzerts bildete eine einstündige Symphonie in D⸗Moll von Robert Heger, die als eine fleißige Schularbeit ohne jede cha⸗ rakteristische Note anzusprechen ist. Verwunderung erregte die nüchterne, jeden feineren Klangsinn vermissen lassende Instrumentation. Nichtsdestoweniger muß man Herrn Reichenberger dankbar dafür sein, daß er wagemutig und mit großer Liebe für unbekanntes Nenland warb. Er erwies sich wieder als ein vorzüglicher Dirigent. — Ein Neuling als Konzertdirigent ist Ignatz Waghal ter, der Kapellmeister des Deutschen Opernhauses. Er erwies sich bei seinem in der Philharmonie mit dem Philharmoni⸗ schen Orchester gegebenen Konzert wieder als erfahrener und zu⸗ verlässiger Führer, hätte aber besser getan, an dieser Stelle nicht gerade Brahms Symphonie Nr. 1 in C⸗Moll und Tschaikowskys „Pathetische“ auf sein Programm zu setzen, die zu den Glanzleistungen Nikischs gehörten. Das forderte zu Vergleichen heraus, die nicht zugunsten Waghalters ausfielen. Waghalters Art, zu dirigieren, kennt man von der Oper her; sie 8 ziemlich derb und grob, aber recht temperamentvoll. — Die vom Bildungsausschuß des Deutschen Beamtenbundes veranstalteten Orchesterkonzerte lassen hn ihren starken Besuch erkennen, daß das Verlangen nach guter Kunst in den Kreisen der Groß Berliner Beamtenschaft sehr rege ist. Ihre Daseinsberechtigung ist dadurch vollauf erwiesen. Der kürzlich veranstaltete „Wagnerabend“ mit dem Bluthnerorchester unter der Leitung von Dr. Felix M. Gatz im Marmor⸗ saal des Zoologischen Gartens hatte sich eines ebenso lebhaften Zuspruchs zu erfreuen wie kürzlich die an gleicher Stelle erfolgte Aufführung don eethovens 9. Symphonie. Die Leistungen des Orchesters, das unter Dr. Gatz;⸗ [sicherer und geschmeidiger Führung schon bei verschiedenen Gelegen⸗
heiten die auch diesmal vorgeiragenen Wagnerschen Werke gespielt
hat, waren auch hier voll anzuerkennen. Der Erfolg erreichte mit dem zum Schluß rhythmisch straff und temperamentvoll dargebotenen Meistersingervorspiel, das dem Dirigenten wie den ausführenden Musikern stürmischen Beifall eintrug, seinen Höhepunkt. Solisten von Rang, wie Karl Armster von der Staatsoper, der zuerst in Gemeinschaft mit Frau Zuska, einer bewährten Sängerin des Breslauer Stadttheaters, das Duett (Holländer und Senta) aus dem „Fliegenden Holländer“, und später Wotans Abschied aus der „Walküre“ ebenso kraftvoll wie wohllautend sang, und Manja Barkan, die vier von den „Fünf Gedichten“ („Der Engel“, „Stehe still“, „Schmerzen“ und „Träume“) ebenso tonschön wie ausdrucksvoll vortrug, wirkten mit. — Das III. Winterkonzert des Berliner Sängervereins in der Singakademie brachte das Volks⸗ lied zu Ehren. Der stattliche Verein, der über ein prächtiges Stimmenmaterial und eine vorzügliche Schulung verfügt, zeigte sich in dem größten Teil seines Programms auf der Höhe seines gut⸗ gepflegten Chorgesangs, so daß es dem als Stimmbildner und Vor⸗ tragskünstler hochangesehenen Chormeister Max Eschke ni schwer fiel, seine eifrige Sängerschar zum Siege zu führen Der Beifall war so stark, daß viele Wiederholungen statt⸗ finden mußten. Der Solist des Abends, Dr. Wal demar Staegemann aus Dresden, konnte rein stimmlich als Sänger weniger befriedigen, zeigte sich aber als ein Vortragsmeister ersten Ranges besonders in heiteren Volksliedern. — Sicher sehr gut gemeint war das erste diesjährige Kammerkonzert von Helene Siegfried (Alt) im Bechsteinsaal. Das Programm: alte Meister, und die Mitwirkenden: Mitglieder der Kapelle der Staatsoper, ließen einen recht interessanten Abend erwarten. Leider wurde man aber enttäuscht, weniger durch die Sängerin, deren unbedeutende Stimmittel und bescheidene Gesangs⸗ kunst man ja schon kennt, als durch das Zusammenspiel der anderen Mitwirkenden, das vermutlich wegen Mangels an Proben recht viel zu wünschen übrig ließ. Hervorzuheben ist nur Professor Flemmings ausgezeichnetes Oboespiel. — In der Sing⸗ akademie ergötzte die Triovereinigung Pozuiak, Deman, Dechert, der sich die Herren Cavallery, Wagner und M. Poike (Kontrabaß) hinzugesellten, um am Schluß das Forellen⸗ quintett Op. 114 von Schubert zu spielen. Vor diesem Werk wurde ein seltsam anmutendes Streichquartett Nr. 2 in C⸗Dur von Haus Hermann, unter Benutzung von Suaheli⸗ und Wanjamwesi⸗ motiven zum ersten Mal aufgeführt. Es ist eine stark aphoristische, mosaikartige Arbeit, die uns nicht nur wesensfremd anmutet, sondern der durchsichtigen Klarheit ermangelt und weit hinter den bisher be⸗ kannten Kompositionen des Dresdener Meisters zurückbleibt. Sie entbehrt auch trotz ihrer exotischen Motive der Eigenart und wirkt nur gesucht; das ist ihr größter Fehler.é Ein Hochgenuß war dagegen die Musik Volkmanns und Schuberts, die vollendet vorgetragen wurde. — In seinem an gleicher Stelle veranstalteten dritten Abonnements⸗ konzert brachte Professor Heinrich Grünfeld mit seinen be⸗ währten Triogenossen Ph. Schwarwenkas Sonate in G⸗Moll für Violincello und Klavier (Opus 116) und Joh. Brahms Trio Nr. 1 in H⸗Dur (Neue Ausgabe) zum Vortrag. Sowohl Professor Grün felds Cellospiel wie die Leistungen des Pianisten Professors Mayer⸗ Mahr (Klavier) und des Geigers Alfred Wittenberg waren vovn hohem künstlerischen Rang. Als Solistin wirkte Gertrud Bindernagel von der Staatsoper mit und erntete mit dem Vortrag von Beethovens „Ah perfido“, R. Strauß „Glückes genug“ und „Hat's gesagt, bleibt's nicht dabe“ sowie P. Scheinpflugs „Liebes⸗ fahrt“ reichen Beifall. Unter Walter Moldenhauers vorzüg⸗ licher Begleitung bestand die Sängerin auch im Konzertsaal mit Ehren. Alles in allem war es ein genußreicher Abend, der einen zahlreicheren Besuch verdient hätte, als er ihm zuteil wurde. — Im Beethovensaal spielte der hier schon rühmlich bekannte Pianist Bruno Eisner eine Chaconne in D⸗Moll von Carl Nielsen, die wegen ihres klaren und verständlichen Aufbaues recht gefiel. Der folgenden Sonate von Paul Dessau konnte man dagegen Klarhoit und Verständlichkeit nicht nachrühmen. Herr Eisner spielte wieder vor⸗ trefflich; bewunderungswürdig war es auch, daß er fähig war, Dessaus Sonate im Gedächtnis zu behalten. — Egon das Klavier⸗ phänomen, bewunderte man wieder in der Hochschule für Musitk. Aber trotz seiner staunenswerten Technik und seines feinausgeprägten Klangsinns reißt sein Spiel doch nicht fort, weil es sich zu sehr in Nebensächlichkeiten verliert. — Etwas einförmig spielte Frederic Lamond im Eröffnungskonzert des August Förster⸗ Saals, einer neuen, der Musik gewidmeten Stätte, welche die Klavierfabrik von August Förster⸗Löbau in der Keithstraße 11. errichtet hat. Dieser neue Saal wird sich, so wenig man sich der dadurch verursachten Vermehrung des Konzert⸗ betriebes freuen kann, sicher sehr bald eines guten Zuspruchs er⸗ freuen. Er ist mäßig groß, in lichten Farbtönen gehalten und zeichnet sich durch eine sehr gute Akustik aus. — Auch Rich ard Byk, der sich im Schwechtensaal hören ließ, ist ein bemerkenswerter Pianist. Zwar war technisch noch einiges unklar (Pedal), aber von seiner Auffassung bei Chopin und Schumann ist nur gutes zu sagen. Die Pianistin Edith Haber (Meistersaal) scheint es mit ihrer Kunst emst zu nehmen. Sie hat jedenfalls technische und musikalische Begabung, aber im ganzen fehlt ihren Leistungen noch die Ausgeglichenheit. — Im Meistersaal gab Georg Friedmann ein Konzert und bewies an Mozart und Bach, daß er ein guter Flötist ist. Recht interessant war Busonis Bearbeitung des Bachschen „Capriccio über die Abreise des vielgeliebten Bruders“. Die Mitwirkenden, Henriette Gottlieb vom Deutschen Opern⸗ hause und der Pianist Exwin Bodky, boten ehenfalls Vortreffliches. — Der Sänger Ehm Pfeffer, der einen Liederabend im Bech⸗ steinsaal gab, verfügt über eine schöne Stimme und hat eine gute Ausbildung genossen. Leider singt er alles zu gleichförmig empfindsam. — Besser war es um Elisabeth Schumann⸗ZRaff bestellt, die mit dem Sänger Paul Haubrich im Meister⸗ saal konzertierte. Die Stimme der Sängerin ist zwar in der Höhe etwas scharf, doch hilft der hervorragende Vortrag über diesen Mangel hinweg. Paul Haubrichs Bariton ist voll und schön, sein Vortrag dem der Sängerin ebenbürtig. Das Programm wies viel ungewohnte Namen auf, doch waren bemerkenswerte neue Lieder nicht darunter. — Grete Hellemann, die in der Sing⸗ akademie mit Michael Raucheisen am Flügel Lieder von Schubert, Wolf, van Evken und Brückler (Nachlaß) sang, hat trotz unzureichender technischer Ausbildung der Stimme eine sichere Ton⸗ gebung, Sinn für den Vortrag und gute Aussprache. — Von drei weiteren Sängerinnen zeichnete sich Elli Sendler im Beethoven⸗ saal besonders aus. Mit ihrer wohlklingenden Stimme und ihrem durch⸗ geistigten Vortrag, der nach persönlichem Ausdruck strebt, erzielte sie einen lebhaften Erfolg bei ihren Hörern. — Auch Elisa Stünzner aus Dresden, die man im Bechsteinsaal kennen lernte, hat kein unsympathisches Organ; ihre Schulung ist gut, und was ihrer Stimme zuweilen an Reiz gebricht, ersetzt sie durch Innerlichkeit des Ausdrucks. — Die dritte Sängerin, Ol ga Matteini aus Mailand, trat im Schwechtensaal auf. Sie hat einen leichten, beweglichen Koloratursopran, der aber in der Höhe leicht scharf und hart klingt. Sie beherrscht mit einem gewissen virtuosen Können die Figuren der altitalienischrn Arien und Lieder, von denen sie eine ganze Reihe auf ihrer Vortragsfolge hatte, und unter denen zwei Arien aus dem 18. Jahrhundert von Pasquini und Bononcini mit obligater Violine, die von Hans Bassermann mit bekannter Ton⸗ schönheit gespielt wurde, am meisten gefielen.
Handel und Gewerbe.
Fonds⸗und Aktienbörse. Berlin, 7. März 1922.
Auch die heuti e Börse stand unter dem Einfluß der Geld⸗
versteifung, die der Spekulation wie dem Publikum die Möglichkeit benahm, sich wie seither stärker zu engagieren. Die jüngsten Erklaäͤrungen
der Verwaltungen großer Bergwerksgesellschaften inbetreff der allge.
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